Universität Karlsruhe (TH) Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik Stabilität von Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ Diplomarbeit von Christoph Peters Referentin: Prof. Dr.-Ing. Ellen Ivers-Tiffée Betreuer: Dipl.-Ing. Thomas Schneider Abgabe: 14.12.2004 Danksagung Ganz besonders möchte ich mich bei Herrn Dipl. - Ing. Thomas Schneider für die hervorragende Betreuung dieser Diplomarbeit bedanken. Den Mitgliedern der Sensorrunde danke ich für die gute Zusammenarbeit und die gemeinsamen zwei Jahre. Dr. Heike Störmer (LEM) danke ich für die TEM-Untersuchungen, Volker Sonn für seine Unterstützung bei den EIS-Messungen. Frau Prof. Dr.-Ing. Ivers-Tiffée und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am IWE danke ich für die angenehme Arbeitsatmosphäre. Meiner Mensarunde danke ich für alles Nichtfachliche, meiner Familie und meiner Freundin, dass es sie gibt. Erklärung Ich versichere, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Karlsruhe, den 14. Dezember 2004 Christoph Peters Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis............................................................................................. iii 1 2 Einleitung.............................................................................................................1 1.1 Motivation .....................................................................................................1 1.2 Aufgabenstellung...........................................................................................1 Grundlagen ..........................................................................................................3 2.1 3 Definition Stabilität .......................................................................................3 2.1.1 Chemische Stabilität ..............................................................................3 2.1.2 Elektrische Stabilität ..............................................................................4 2.2 Einsatz- und Messbereich des Sensors ...........................................................4 2.3 Modellansätze................................................................................................5 2.3.1 Chemisches Modell................................................................................6 2.3.2 Elektrisches Defektmodell ...................................................................11 Experimente.......................................................................................................17 3.1 Übersicht Versuche......................................................................................17 3.2 Alterungen...................................................................................................18 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität..............................................................19 3.3.1 Optische Untersuchung ........................................................................19 3.3.2 REM ....................................................................................................20 3.3.3 XRD und Rietveld Refinement.............................................................21 3.3.4 HT-XRD..............................................................................................25 3.3.5 TEM ....................................................................................................27 3.3.6 Thermogravimetrie (TG)......................................................................29 3.3.7 Dilatometrie (Dil).................................................................................29 3.3.8 Differential Scanning Calorimeter (DSC).............................................29 3.4 Versuche zur elektrischen Stabilität .............................................................29 3.4.1 Leitfähigkeitsmessung mit Gasmischungen..........................................29 3.4.2 Leitfähigkeitsmessung mit Sauerstoffpumpe ........................................29 ii Inhaltsverzeichnis 4 Diskussion ..........................................................................................................29 5 6 4.1 Farbänderungen ...........................................................................................29 4.2 Thermischer Ausdehnungskoeffizient ..........................................................29 4.3 Chemische Stabilität ....................................................................................29 4.4 Elektrische Stabilität ....................................................................................29 4.5 Reversibilität................................................................................................29 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung ..........................................29 5.1 Motivation und Herstellung..........................................................................29 5.2 Messergebnisse und Diskussion ...................................................................29 5.2.1 Defektchemie .......................................................................................29 5.2.2 Messergebnisse ....................................................................................29 Zusammenfassung .............................................................................................29 Literaturverzeichnis..................................................................................................29 Abbildungsverzeichnis ..............................................................................................29 Tabellenverzeichnis ...................................................................................................29 Anhang I. Bestimmung des pO2 ..........................................................................................29 II. Elektrische Impedanzspektroskopie .................................................................29 Abkürzungsverzeichnis CTE Coefficient of thermal expansion DSC Differential Scanning Calorimeter EDX Energy Dispersive X-Ray Analysis EIS Elektrische Impedanzspektroskopie ENB Elektroneutralitätsbedingung FoM Figure of Merit HT-XRD High-Temperature X-Ray Diffraction IWE Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik, Universität Karlsruhe (TH) JSI Institut „Jožef Stefan“, Ljubljana, Slovenien LEM Laboratorium für Elektronenmikroskopie, Universität Karlsruhe (TH) LSM Lambdasonde, potentiometrisch LSTF La0.1Sr0.9(Ti0.65Fe0.35)O3-δ LSU Lambdasonde universal, amperometrisch MIT Massachusetts Institute of Technology, Boston, USA REM Rasterelektronenmikroskopie SFO SrFeO3-δ STF Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ STO SrTiO3-δ TCR / TCσ Temperature Coefficient of the Resistance / Conductivity TEM Transmissionselektronenmikroskopie TG Thermogravimetrie XRD X-Ray Diffraction iv Abkürzungsverzeichnis 1 Einleitung 1.1 Motivation Zur Regelung von Verbrennungsmotoren ist eine genaue und schnelle Bestimmung des Sauerstoffgehalts im Abgas nötig. Bisher wird die planare Breitband-Lambdasonde als Sauerstoffsensor eingesetzt [8]. Zukünftig sollen Sauerstoffsensoren verwendet werden, die auf dem resistiven Prinzip beruhen. Dabei dient der elektrische Widerstand als Sensorsignal zur Bestimmung des Sauerstoffpartialdrucks. Gegenüber den bisherigen Systemen zeichnen sich resistive Sensoren durch folgende Vorteile aus: • geringe Ansprechzeit (τ ≈ 5 ms), so dass eine zylinderselektive Regelung von Verbrennungsmotoren möglich ist • hohe Sensitivität • Temperaturunabhängigkeit von 750 bis 1000 °C • kostengünstige Herstellung. Am Institut für Werkstoffe der Elektrotechnik (IWE) an der Universität Karlsruhe (TH) wird Strontiumtitanferrit Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ (STF) als resistives Material verwendet. STF zeigt die o.g. Vorteile, jedoch ist bisher ungeklärt, wie sich der Materialverbund bei extrem niedrigen Sauerstoffpartialdrücken, die v.a. beim Kaltstart und bei Beschleunigungen des Fahrzeugs herrschen, verhält. 1.2 Aufgabenstellung Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung der chemischen und elektrischen Stabilität von Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ (STF). Die möglichen Einsatzgrenzen des Materials sollen ermittelt und neue Kenntnisse über das Materialsystem STF gewonnen werden. In Kapitel 2 werden die Grundlagen des Materialsystems erläutert und ein Modellansatz zur Stabilitätsuntersuchung vorgestellt. Kapitel 3 stellt die Ergebnisse der durchgeführten Experimente vor, die im 4. Kapitel diskutiert werden. Im Ausblick (Kapitel 5) wird ein Lösungsansatz zur Verbesserung des Materialsystems erarbeitet. 2 1 Einleitung 2 Grundlagen Neben der Definition von Stabilität und der Beschreibung des Einsatz- und Messbereichs des Sensors liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung zweier Modelle: eines chemischen Modells von Sr(Ti0.65, Fe0.35)O3-δ und eines elektrischen Defektmodells. 2.1 Definition Stabilität Ein Abgassensor ist im Auto extremen Sauerstoffpartialdruck- und Temperaturbereichen ausgesetzt. In den verschiedenen Betriebspunkten erfährt der Sensor Sauerstoffpartialdruckwechsel, wird durch Spritzwasser in Sekundenbruchteilen um einige Hundert Grad Celsius abgekühlt oder stundenlang bei hohen Temperaturen betrieben. Damit dem Sauerstoffpartialdruck ein Widerstandswert des Sensors eindeutig zugeordnet werden kann, muss die elektrische Kennlinie des Sensors bei diesen Bedingungen erhalten bleiben. Es wird zwischen chemischer Stabilität und elektrischer Stabilität unterschieden. 2.1.1 Chemische Stabilität Unter chemischer Stabilität versteht man das Fehlen von Phasenumwandlungen während des gesamten Sensorbetriebs. Eine Phasenumwandlung ist eine Umordnung von Gitterionen, so dass eine neue Kristallstruktur entsteht. Sie bewirkt eine Veränderung zahlreicher Materialeigenschaften. U.a. wird dadurch durch eine chemische Instabilität die elektrische Leitfähigkeit (Kapitel 2.1.2) beeinflusst, was zu einem veränderten Sensorsignal führt. Außerdem ändert sich mit einer Phasenumwandlung meist das Volumen des Materials bzw. der thermische Ausdehnungskoeffizient, was bei einem Multi-LayerAufbau (Bild 2-1) die Haftfestigkeit des STF auf dem Substrat vermindert und zu einem Abplatzen der Schicht führen kann. Eine Änderung der Materialstöchiometrie wie sie durch den Ein- und Ausbau von Sauerstoffionen in das Gitter erfolgt, ist nicht gleichbedeutend mit einer chemischen Instabilität, kann aber ab einem bestimmten Maß zu einer Strukturänderung führen. Auf Diffusionsprozesse von STF in das Sensorsubstrat, die ebenfalls Ursache für chemische Instabilität sind [2], wird in dieser Arbeit nicht eingegangen. Um Diffusionsprozesse zu unterbinden, entwickelte Endler [6] einen Bufferlayer zwischen resistiver Schicht und Substrat. 4 2 Grundlagen Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3 Kontaktierung Bufferlayer Al2O3 ZrO2 Pt-Heizer mit Al2O3-Schutzschicht ZrO2 Bild 2-1 Sensoraufbau 2.1.2 Elektrische Stabilität Das Ziel, zuverlässig den Sauerstoffpartialdruck des Abgases durch das Messen des Sensorwiderstandes zu bestimmen, setzt elektrische Stabilität voraus. Bei elektrischer Stabilität erreicht der Sensorwiderstand bei gleichen Bedingungen (T, pO2) nahezu instantan den gleichen Wert unabhängig von seiner Historie, z.B. nach einem RedOxZyklus. 2.2 Einsatz- und Messbereich des Sensors Sowohl aus ökologischer als auch aus ökonomischer Sicht ist es sinnvoll, möglichst wenig fossile Energie zu verbrauchen. Deshalb wurde für den Automobilbereich das Magermotorkonzept entwickelt. Dabei wird λ 1 so geregelt, dass sich der Motor im Mageren (λ>1) befindet. Zwar nehmen die Leistungsfähigkeit und die Laufruhe des Motors im Magerbetrieb etwas ab. Dafür sinkt der Kraftstoffverbrauch und somit die CO2Emission. Wird eine höhere Motorleistung abgefragt, wird λ kurzzeitig ins Fette (λ<1) geregelt. Die maximale Motorleistung steht zur Verfügung [2] [8]. Die Betriebstemperatur des Abgassensors beträgt T = 750 bis 1000 °C. In diesem Messbereich muss ein bestimmter Sauerstoffpartialdruck eindeutig einem Sensorwiderstand zugeordnet werden können (bijektive Verknüpfung). Über einen erweiterten Tempera- 1 Luftzahl λ= aktuelles Luft-Kraftstoffverhältnis stöchiometrisches Luft-Kraftstoffverhältnis 2.3 Modellansätze 5 turbereich von 0 °C bis 1000 °C („Überlebensbereich“) erfährt der Sensor während des Betriebs plötzliche Temperaturschwankungen wie sie z.B. durch Spritz- und Schwallwasser oder das Aufheizen des Sensors mit 500 K pro Sekunde nach einem Kaltstart entstehen. Diese Belastungen dürfen den Sensor nicht zerstören. Im Magerbetrieb kommen Sauerstoffpartialdrücke von pO2 = 10-5 bar bis 0,21 bar vor. In diesem Bereich wird der λ-Wert durch Messung des Sensorwiderstandes ermittelt. Im Fetten hingegen wird der Sensor einem λ von bis zu 0,7 ausgesetzt, was bei 750 °C einem Sauerstoffpartialdruck von pO2 = 10-20 bar entspricht [8], [23]. Bei 1000 °C erhält man für λ = 0,7 einen Sauerstoffpartialdruck von pO2 = 10-15 bar. Für diesen Betriebspunkt ist in Bild 2-2 der Messbereich (flächig) und der Überlebensbereich (gestreift) des Sensors über dem Sauerstoffpartialdruck aufgetragen. σ / (Ω cm) -1 1 Sr(Ti0,65Fe0,35)O3 950°C 900°C 0,1 850°C 800°C 750°C -20 -15 -10 -5 0 log (pO2 / bar) Bild 2-2 Sensorkennlinie; Messbereich (flächig) und Überlebensbereich (gestreift) über dem Sauerstoffpartialdruck [9] 2.3 Modellansätze Um Aussagen über die chemische Instabilität von STF zu erhalten, wird in Kapitel 2.3.1 die Idee des Mischkristallsystems verfolgt. STF wird als „solid solution“ von 65vol% SrTiO3 (STO) und 35vol% SrFeO3 (SFO) angesehen. Aus der Literatur werden die Ergebnisse von Stabilitätsuntersuchungen zu STO und SFO zusammengestellt, die Aufschlüsse über die Stabilität von STF geben sollen. Diese Erkenntnisse werden mit MALT2-Berechnungen verglichen [11]. Kapitel 2.3.2 beschäftigt sich mit zwei Defektmodellen von STF, die von Rothschild [26] und Schreiner [3] entwickelt wurden. Die Beschreibung der Sensorkennlinie im 2 MALT: MAterials-oriented Little Thermodynamic Database, http://www.kagaku.com/malt/product.html 6 2 Grundlagen Messbereich liegt dem Modell von Rothschild, die Beschreibung der gesamten Kennlinie dem Modell von Schreiner zugrunde. Es wird gezeigt, dass die unterschiedliche Abhängigkeit der Leitfähigkeit vom pO2 physikalisch erklärt werden kann. Der nichtlineare Verlauf der Sensorkennlinie in Bild 2-2 stellt also keine elektrische Instabilität dar. 2.3.1 Chemisches Modell Sowohl Strontiumtitanat als auch Strontiumferrit kristallisieren in der kubischen Perovskitstruktur. Bild 2-3 zeigt die Elementarzelle des Kristalls. An den Ecken befinden sich zweiwertige Strontiumatome Sr2+, flächenzentriert zweiwertige Sauerstoffatome O2- und volumenzentriert ein vierwertiges Titanatom Ti4+ bzw. ein drei- oder vierwertiges Eisenatom Fe3+, Fe4+. Sr Ti, Fe O Bild 2-3 Kubischer Perovskit Bild 2-4 zeigt die Idee des Mischkristallsystems: STF setzt sich zu 65vol% aus STOund zu 35vol% aus SFO-Einheitszellen zusammen. Es wird angenommen, dass sich diese Einheitszellen statistisch verteilt und voneinander unabhängig im STF befinden. + Stabilität SrTiO3-δ Stabilität SrFeO3-δ Stabilität Sr(Ti,Fe)O3-δ Bild 2-4 STF als Mischkristallsystem aus SrTiO3 und SrFeO3 Um die Idee der „solid solution“ zu bestätigen, wurde STF-Pulver am JSI3 mittels Tranmissionselektronenmikroskopie (TEM) bzw. energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDXS) untersucht (Bild 3-15). In Tabelle 3-8 ist exemplarisch das Ergebnis einer 3 JSI: Institut „Jožef Stefan“, Ljubljana, Slovenien 2.3 Modellansätze 7 EDXS-Aufnahme mit der stöchiometrischen Elementzusammensetzung von STF verglichen. Zwar gibt es geringe Abweichungen zwischen der theoretischen Materialzusammensetzung von STF und der ermittelten. Außerdem sind teilweise Inhomogenitäten zu beobachten. Aber es wird deutlich, dass es in den STF-Körnern keine reinen STO- bzw. SFO-Bereiche gibt. Da die Einheitszellen statistisch verteilt vorliegen, ist STF ein Mischkristallsystem. Für die Idee der getrennten Betrachtung der STO- und SFO-Einheitszellen wird außerdem angenommen, dass die Einheitszellen unabhängig voneinander im Korn vorliegen, d.h. dass keine Zelle stabilisierend auf die Nachbarzelle wirkt. Durch die Untersuchung der Stabilität von STO und SFO sollen ersten Anhaltspunkte auf die Stabilität von STF gewonnen werden. 2.3.1.1 Strontiumtitanat SrTiO3-δ STO ist über einen weiten Sauerstoffpartialdruck- und Temperaturbereich chemisch und elektrisch stabil. Durch Leitfähigkeitsuntersuchungen stellte Moos [10] elektrische Stabilität zwischen einem Sauerstoffpartialdruck von pO2 = 10-20 bar und 1 bar und einer Temperatur von T = 1000 °C und 1400 °C fest. Balachandran [5] hat ebenfalls durch Messungen von σ in einem Bereich von pO2 = 10-22 bar bis 1 bar und T = 850 °C bis 1050 °C elektrische Stabilität festgestellt. Aufgrund der elektrischen Stabilität kann auf eine chemische Stabilität von STO im untersuchten pO2- und T-Bereich geschlossen werden. Der grau hinterlegte Bereich in Bild 2-5 kennzeichnet den von Moos und Balachandran untersuchten Stabilitätsbereich. Da Strontiumtitanat bei niedrigeren Temperaturen ebenfalls als kubischer Perovskit vorliegt, kommt es im gesamten Einsatzbereich des Sensors zu keiner chemischen Instabilität der STO-Einheitszellen. 8 2 Grundlagen 1400 [10] T / °C 1200 1000 [5] 800 600 50 0 -25 -20 -15 -10 -5 0 log (pO2 / bar) Bild 2-5 Bereich chemischer Stabilität von SrTiO3 als Funktion des pO2 und der T [5], [10] 2.3.1.2 Strontiumferrit SrFeO3-δ Bei Untersuchungen von Strontiumferrit wurden Phasenumwandlungen abhängig vom Sauerstoffpartialdruck und der Temperatur festgestellt. Bild 2-6 fasst die Ergebnisse aus mehreren Veröffentlichungen zusammen. Perovskit 1200 ungeordnete Sauerstoffleerstellen 1000 T / °C 800 600 400 50 0 -25 [15] [13] [18] [16] MALT Brownmillerit geordnete Sauerstoffleerstellen -20 -15 -10 -5 log (pO2 / bar) Bild 2-6 Bereich chemischer Stabilität von SrFeO3-δ als Funktion des pO2 und der T [13], [15], [16], [18] 0 2.3 Modellansätze 9 Oberhalb und rechts einer Stabilitätsgrenze befindet sich SFO in der perovskitischen Phase. Unterhalb und links dieses grauen Bandes liegt SFO in der Brownmilleritstruktur vor. Der Phasenübergang findet nach Grenier ( , [15]) bei niedrigeren Temperaturen statt, was nach Schmidt ( , [16]) auf einem Messfehler beruht. Grenier achtete beim Erstellen des Phasendiagramms nicht auf das Einstellen des thermodynamischen Gleichgewichts. Erhöht sich die Temperatur von Strontiumferrit, entstehen Sauerstoffleerstellen. In der perovskitischen Struktur liegen die Leerstellen ungeordnet und statistisch verteilt im Kristall vor. Die Brownmilleritstruktur zeichnet sich durch eine Ordnung dieser Sauerstoffleerstellen aus ( in Bild 2-7). Dadurch verschieben sich die volumenzentrierten Fe-Atome (durch Pfeile gekennzeichnet) und es kommt zu einer Verzerrung des Gitters. Bild 2-7 Brownmillerit SrFeO2,5+δ ohne Sr-Atome ( Oox , Vo , x FeFe ) Eisen wechselt bei der Phasenumwandlung die Valenz. Während Eisen im Perovskit bei Stöchiometrie vierwertig (Fe4+) vorliegt, ist es im Brownmillerit bei Stöchiometrie dreiwertig (Fe3+). 10 2 Grundlagen 2.3.1.3 Strontiumtitanferrit Sr(Ti0,65,Fe0,35)O3-δ 1400 Stabilität von SFO T / °C 1200 1000 800 λ = 0,7 600 50 0 -25 Stabilität von STO -20 -15 -10 -5 0 log (pO2 / bar) Bild 2-8 Stabilität von STF als Mischkristallsystem von STO und SFO Bild 2-8 fasst die Erkenntnisse über die Stabilität von STO und SFO zusammen. Nach dem Modell des Mischkristallsystems ist STF rechts von λ = 0,7 instabil. Zwar liegt STO im gesamten Einsatzbereich chemisch stabil als Perovskit vor (gestreift). Allerdings kommt es zu einer Phasenumwandlung der SFO-Einheitszellen. Strontiumferrit liegt nur bei hohen Temperaturen und hohen Sauerstoffpartialdrücken als Perovskit vor (grau hinterlegt). Der überlappende Bereich kennzeichnet den Stabilitätsbereich von STF. 2.3.1.4 MALT4 Mit der Software MALT lässt sich das chemische Potenzial von Elementverbindungen in Abhängigkeit von Temperatur und Sauerstoffpartialdruck errechnen [11]. Die Berechnung erfolgt unter Berücksichtigung der thermodynamischen Daten der beteiligten Elemente Strontium, Titan, Eisen und Sauerstoff. Für einen festen pO2- und T-Wert ergeben sich die möglichen Materialverbindungen des Systems im thermodynamischen Gleichgewicht. Für Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ wird wieder die Idee des Mischkristallsystems aufgegriffen und eine „solid solution“ aus SrTiO3, SrFeO3 und SrFeO2.5 angesetzt. Alle drei Stoffe liegen in der perovskitischen Phase vor. SrFeO2.5 berücksichtigt die Menge der Sauerstoffleerstellen im Kristall (δ). Bei sinkendem pO2 erhöht sich mit der Anzahl der Sauerstoffleerstellen die Unterstöchiometrie des Materials. 4 MALT: MAterials-oriented Little Thermodynamic Database, http://www.kagaku.com/malt/product.html 2.3 Modellansätze 11 In Bild 2-9 wird von einem Mol Gesamtstoffmenge ausgegangen. Sr1(Ti0.65,Fe0.35)1O3 („113“) setzt sich also aus 0,65 Mol Sr1Ti1O3 und 0,35 Mol Sr1Fe1O3 zusammen. Laut MALT ist STF bei T = 900 °C bis zu einem Sauerstoffpartialdruck von 10-18 bar chemisch stabil. Bei einem geringeren pO2-Gehalt entstehen zwei zusätzliche Phasen: eine Phase der Form 214 (Sr2Ti1O4, Sr2Fe1O4 bzw. Sr2Fe1O3.5 für das defizitär angesetzte Strontiumferrit) und eine Phase der Form 327 (Sr3Ti2O7, Sr3Fe2O7 bzw. Sr3Fe2O6 für das defizitär angesetzte Strontiumferrit). Außerdem lagert sich metallisches Eisen aus. 1.0 SrFeO 2.5 T = 900 °C SrFeO 3 SrTiO 3 Molanteil 0.8 Fe 113 214 327 0.6 0.4 0.2 0.0 -25 -20 -15 -10 -5 0 log (pO / bar) 2 Bild 2-9 MALT-Berechnung des Systems Sr-Ti-Fe-O bei T = 900 °C, Abkürzungen sind im Text erläutert 2.3.2 Elektrisches Defektmodell Der Messbereich des STF-Sensors wird nach dem defektchemischen Modellansatz von Rothschild beschrieben, der Überlebensbereich nach dem defektchemischen Modellansatz von Schreiner. Es wird gezeigt, dass die nichtlineare Kennlinie aus defektchemischer Sicht keinen Hinweis auf eine elektrische Instabilität im Einsatzbereich des Sensors gibt. Außerdem wird erklärt, warum die Leitfähigkeit von STF vom Sauerstoffpartialdruck und nicht von der Temperatur abhängt [3], [4], [20], [26]. STF ist ein Mischleiter. Im Messbereich ist die ionische Leitung durch Sauerstoffleerstellen im Vergleich zur elektronischen Leitung sehr gering, so dass sie vernachlässigt werden kann und sich die elektrische Leitfähigkeit ausschließlich aus der elektronischen ergibt. Für die elektronische Leitfähigkeit gilt: σ (T , pO2 ) = e ⋅ µ p (T ) ⋅ p (T , pO2 ) (2.1) 12 2 Grundlagen wobei für die Beweglichkeit der Löcher gilt: µ p = µ0 ⋅ T − m (2.2) Der Exponent m setzt sich aus Werten für die Phononenstreuung, lokalen Ladungsanreicherungen und Kristalldefekten zusammen. m kann bei Mischkristallen wie STF, bei denen die Sauerstoffleerstellen statistisch im Kristall verteilt sind, 4,5 betragen [19]. Laut Blaise ist die Beweglichkeit durch einen Hoppingmechanismus geprägt, der grundsätzlich durch (2.3) beschrieben ist. µ hop E − C 1 ∝ ⋅ e kT (kT )4.5 (2.3) Heilig führte an STF25 zwischen 572 °C und 886 °C Halleffekt-Messungen durch [20], aus denen Rothschild m mit 4,4 ± 0,9 abschätzte. Die Ladungsträgerkonzentration in Gleichung (2.1) wird von drei physikalischen Prozessen beeinflusst: der intrinsischen Ladungsträgergeneration, dem Eisengehalt im SrTiO3-Kristall und einer Austauschreaktion des Sauerstoffs in der umgebenden Atmosphäre mit dem Material. Obwohl diese physikalischen Prozesse im Folgenden separat betrachtet werden, hängen sie über die Materialkonstanten miteinander zusammen. So sinkt z.B. mit zunehmender Fe-Dotierung der Bandabstand EC-EV und das Ferminiveau rückt näher an die Valenzbandkante heran, was die intrinsische Ladungsträgergeneration beeinflusst. • intrinsische Ladungsträgergeneration Die Löcherkonzentration folgt einem Arrhenius-Gesetz: p(T )intr = NV (T ) ⋅ e − EF (T ) + EV k ⋅T (2.4) NV: effektive Zustandsdichte ⎛ NV (T ) = 2 ⋅ ⎜ 2 ⋅ π ⎝ k ⋅T ⋅m ⋅ 2 h * p 1.5 ⎞ ⎟ ⎠ (2.5) EF: Fermienergieniveau ⎛ k ⋅T ⎞ ⎡ ⎟ ln ⎢ ⎝ 4 ⎠ ⎢ ⎣ EF (T , pO2 ) = EF ,0 − ⎜ pO2 ⎤ ⎥ ( pO2 )0 ⎥⎦ (2.6) EF,0 ist die Fermienergie bei dem Referenzsauerstoffpartialdruck pO2,0. • Ladungsträgergeneration durch Eisendotierung Um den Eisengehalt von STO zu erhöhen, wird bei der Herstellung von STF Fe2O3 als Eisenspender verwandt. Fe-Atome auf vierwertigen Titanplätzen können leicht ionisiert werden, so dass dreiwertiges Eisen entsteht. Bei der Ionisierung wird ein Elektron vernichtet bzw. ein Defektelektron entsteht. Die Ionisierung von Eisen erfolgt nach Glei- 2.3 Modellansätze 13 chung (2.7). ⎡ Fe ⎣ 3+ ⎡ Fe ⎣ ⎤⋅h ⎦ 4+ pFe = ⎤ ⎦ =k1 ⋅ e ⎡ Fe ⎣ 4+ ⎤ ⎦ ⎡ Fe ⎣ 3+ ⎤ ⎦ − ∆H Fe kT ⋅ k1 ⋅ e − (2.7) ∆H Fe kT Die entstehenden Löcher werden durch die Reaktion e′ + h• ↔ nil (2.8) vernichtet. Die Elektronen für diese Reaktion stammen aus der Ionisierung von Sauerstoffatomen, die im Kristall die geringste Ionisierungsenergie besitzen. Der Sauerstoff ist nur noch schwach im Gitter gebunden, so dass einzelne Ionen das Gitter verlassen. Es entstehen Sauerstoffleerstellen nach Gleichung (2.9). Es wird die Defektnotation von Kröger und Vink verwandt [27]. ⎡ Fe ⎣ 3+ ⎤ ⎦ = 2 ⋅ ⎡⎣Vo•• ⎤⎦ (2.9) Insgesamt verändert sich durch die Eisendotierung die Ladungsträgerkonzentration nicht. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass sich die Defekte des Kationengitters nach dem Sintern in einem „eingefrorenen“ Zustand befinden, während sich die Defekte des Anionengitters ins Gleichgewicht setzen (s.u.). • Ladungsträgergeneration durch den Ein- und Ausbau von Sauerstoff Der Ein- und Ausbau von Sauerstoff ins bzw. aus dem Gitter erfolgt nach Gleichung (2.10). 1 Vo•• + O2 ↔ Oox + 2h• 2 (2.10) bzw. 1 Oox ↔ Vo•• + 2e′ + O2 2 Durch Anwendung des Massenwirkungsgesetzes erhält man Gleichung (2.11). −1 K ox = pV2 •• ⋅ ⎡⎣Vo•• ⎤⎦ ⋅ pO2 − o 1 2 = kox0 ⋅ e 1 pV •• = kox0 ⋅ ⎡⎣Vo•• ⎤⎦ ⋅ pO2 2 ⋅ e − − ∆H ox kT ∆H ox kT (2.11) o bzw. 1 0 K red = nV2 •• ⋅ ⎡⎣Vo•• ⎤⎦ ⋅ pO2 2 = k red ⋅e o − ∆H red kT 14 2 Grundlagen − −1 1 0 nV •• = kred ⋅ ⎡⎣Vo•• ⎤⎦ ⋅ pO2 2 ⋅ e − ∆H red kT o Die Anzahl der Ladungsträger und damit die elektrische Leitfähigkeit hängen also direkt vom Sauerstoffpartialdruck der Umgebung ab. Für höhere Sauerstoffpartialdrücke steigt die Löcherdichte mit pO2+0,25 , für geringere Sauerstoffpartialdrücke sinkt sie mit pO2−0,25 . Trotz der Generation und Vernichtung von Ladungsträgern bleibt die Quasineutralität des Kristalls gewahrt (2.12): Die positiven Sauerstoffleerstellen werden durch Elektronen im Leitungsband ausgeglichen. 2 ⋅ ⎡⎣V0⎤⎦ + p = n′ + [ FeTi′ ] (2.12) Moos [4] berichtet bei STO von Strontiumleerstellen, die ebenfalls durch Sauerstoffleerstellen ausgeglichen werden. Diese Art von Defekten spielt hier keine Rolle. Die Löcherkonzentration setzt sich also zusammen aus dem intrinsischen Teil, dem FeBeitrag und dem Anteil aus der RedOx-Reaktion. p ( T , pO2 ) = ∑p intr , pFe , pV •• (2.13) O Für die Temperaturabhängigkeit von p gilt: p ( T ) = cintri ⋅ T 1,5 ⋅e − EFO + EV kT + cV •• ⋅ e − ∆H ox 2 kT (2.14) O Bei Temperaturen von 750 °C bis 1000 °C und hohen Sauerstoffpartialdrücken kompensieren sich für eine 35%ige Eisendotierung (STF) die Temperaturabhängigkeiten der Löcherkonzentration und der Beweglichkeit gerade. Deshalb ist die Leitfähigkeit in diesem Bereich unabhängig von der Temperatur. Für die Temperaturkoeffizienten der Beweglichkeit (TCRµ) und der Löcherkonzentration (TCRp) gilt: TCR := TCRges 1 dR ⋅ R dT = TCRµ + TCR p = 0 TCRµ = −TCRp TCRµ > 0 TCR p < 0 (2.15) 2.3 Modellansätze 15 EF0 = 0,1 eV 0.004 EF0 = 0,2 eV EF0 = 0,3 eV EF0 = 0,4 eV TCR 0.002 0.000 -0.002 -0.004 600 650 700 750 800 850 900 950 1000 1050 1100 T / °C Bild 2-10 TCR von STF für unterschiedliche EF0 Bild 2-10 zeigt den TCR über der Temperatur. Die Konstante EF0 (2.6), die nicht bekannt ist, wurde mit 0,1 bis 0,4 eV, pO20 (2.6) mit 0,2 bar und m (2.2) mit 4,5 angenommen. Die restlichen Konstanten wurden [26] entnommen. Ab 700 °C ergibt sich eine temperaturunabhängige Kennlinie mit einem TCR von kleiner als 0,2%. Der Bereich von ca. 10-7 bar bis ca. 10-12 bar in Bild 2-2 wird intrinsischer Bereich genannt. Die elektrische Leitfähigkeit ist minimal und die Ladungsträgerkonzentration ist nahezu konstant. Es gilt: σ el ,min = 2e ⋅ ( µn µ p N C NV ) ⋅ e 1/ 2 − Eg kT (2.16) Die Beweglichkeiten der Elektronen und Löcher und die effektiven Zustandsdichten des Leitungsbandes NC und des Valenzbandes NV haben folgende Temperaturabhängigkeiten: µ n T −1,5 ; µ p T −4,5 ; N C T 1,5 ; NV T 1,5 (2.17) Daraus ergibt sich eine Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit im intrinsischen Bereich von σ ~ T-1,5. Es herrscht also keine Temperaturunabhängigkeit mehr. Elektrische Instabilität liegt vor, falls die Sensorkennlinie eine Abweichungen von 16 2 Grundlagen σ ~ pO2-0,25 im linken, σ ~ pO2+0,25 ~ T0 im rechten und σ ~ pO20 ~ T+1,5 im mittleren Bereich aufweist. Tabelle 2-1 Physikalische Konstanten Defektchemie STF Gleichung Variable Wert Quelle (2.2) µ0 1,1 ּ106 cm² / Vs m 2,36 [10], Untersuchungen an STO m 4,5 [19] m 4,4 ± 0,9 [20], [26] NC 7,1 ּ 1016 T1,5 [cm³]-1 Waser, Bieger, Maier : „De- NV 2,5 ּ 1016 T1,5 [cm³]-1 termination of Acceptor Con- (2.4),(2.5) centration and Energy Levels in Oxides Using an Optoelectrochemical Technique“. Solid State Commun. (1990), 76, S. 1077-81 (2.6) EF0 nicht bekannt (2.7) k1 NV Choi, Tuller : “Defect Struc- ∆HFe 0,94 – (3,5 ּ10-4 ּ T) [eV] ture and Electrical Properties of Single-Crystal Ba0.03Sr0.97 TiO3”. J. Am. Ceram. Soc. (1988), 71, 201-05 (2.8) Eg 3,26 – 1,93x + 0,54x² [eV] [26] 2,65 eV für STF (2.11) 0 kred (1,53 ± 0,17)ּ1069 [Pa0,5cm-9] ∆Hred 5,18 ± 0,18 [eV] Choi, Tuller, Goldschmidt : „Electronic-Transport Behavior in Single-Crystalline Ba0.03 Sr0.97TiO3“. Phys. Rev. B: Condens. Matter (1986), 34, 6972-79 0 kred 5ּ1071 [bar0,5cm-9] ∆Hred 6,1 [eV] [10], Untersuchungen an STO 3 Experimente Um die Überlegungen zum Mischkristallsystem (Bild 2-8) und die Ergebnisse der MALTSimulation (Bild 2-9) zu veri- bzw. falsifizieren, wurden Alterungsversuche durchgeführt und die Proben auf Mikrostruktur- und Leitfähigkeitsänderungen untersucht. Ziel war es, eine Grafik zu erstellen, die die Bereiche chemischer und elektrischer Stabilität von STF aufzeigt. 3.1 Übersicht Versuche Es wurden gezielt Arbeitspunkte des Sensors eingestellt, in denen eine Pulverschüttung oder eine Keramikprobe mehrere Stunden ausgelagert wurde. Eine Übersicht über die Alterungsversuche zeigt Bild 3-1. 1400 2 T / °C 1200 3 8|7|6|5|4 1000 1 800 λ = 0,7 600 50 0 -25 -20 -15 -10 -5 0 log (pO2 / bar) Bild 3-1 Übersicht Alterungsversuche Tabelle 3-1 referenziert die Nummern in Bild 3-1 und gibt die Versuchsparameter an. 18 3 Experimente Tabelle 3-1 Übersicht Alterungsversuche Gasmischung T / °C t/h TWasserbad / °C pO2 / bar p (λ = 0,7) / bar 1 Luft 1000 12 - 0,2 - 2 100% N2 1300 50 - 10-4 - 3 100% N2 1000 12 - 10-4 - 4 10% H2, 90% N2 1000 50 45 2,48 · 10-15 10-15 5 10% H2, 90% N2 1000 12 10 4,06 · 10-17 10-15 6a 20% H2, 80% N2 1000 2 10 1,02 · 10-17 10-15 6b 20% H2, 80% N2 1000 12 10 1,02 · 10-17 10-15 7 50% H2, 50% N2 1000 12 10 1,63 · 10-18 10-15 8 70% H2, 30% N2 1000 12 10 8,29 · 10-19 10-15 Es wurden Keramiken und Pulverschüttungen gealtert. Zur Herstellung der Keramiken wurde STF-Pulver leicht uniaxial vorgepresst („Handdruck“), in eine Folie geschweißt und in einem Wasserbad unter hohem Druck isostatisch verpresst (p = 2500 bar). Die Grünlinge wurden bei 1300 °C für 10 h an Luft gesintert. Nach dem Sintern wurden sie mit einer Diamantsäge in 6 x 3 x 12 mm große Quader geschnitten. Zur Untersuchung der elektrischen Stabilität (Kapitel 3.4) wurden die Keramiken kontaktiert: Entweder wurde an den Stirnflächen der Keramiken Silberleitlack aufgebracht, Platinkontakte eingebrannt [21] oder die Keramiken mit Platindraht umwickelt. Die Leitfähigkeit der Keramiken wurde in Abhängigkeit der Temperatur und des Sauerstoffpartialdrucks gemessen (3.4.1 und 3.4.2). Neben den Experimenten zur Untersuchung der elektrischen Stabilität wurden Versuche durchgeführt, um die Grenzen der chemischen Stabilität zu evaluieren. Die Keramiken wurden optisch (3.3.1) und mittels Rasterelektronenmikroskop (3.3.2) untersucht. Zusätzlich wurden Thermogravimetrie - (3.3.6) und Dilatometer - (3.3.7) Untersuchungen durchgeführt. Um STF mittels Röntgenbeugung (3.3.3) und Transmissionselektronenmikroskopie (3.3.5) untersuchen zu können, wurden die Keramiken gemörsert, so dass ein feines Pulver entstand. Teils wurde das STF-Pulver auch direkt prozessiert. Für den Einsatz im Automobil muss der Sensor einem λ-Wert von 0,7 standhalten. Bild 3-1 zeigt den Grenzsauerstoffpartialdruck über der Temperatur als schwarze Linie. 3.2 Alterungen Es wurden Keramiken und Pulverschüttungen gealtert. Dazu wurden die Proben in einem Al2O3-Behälter in einen Rohrofen (4) geschoben. Die Probe wurde auf Temperatur gebracht und gleichzeitig das gewünschte Gas durch den Ofen geleitet. 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 19 (2) (1) 1 2 (3) 3 60.5 (6) (5) (4) Bild 3-2 Versuchsaufbau Alterungen; Gasversorgung (1), Gasmischbatterie (2), Blubberflasche und Thermostatbecken (3), Rohrofen mit Probe (4), λ-Sonde (5), Blubberflasche (6) In Bild 3-2 ist der Versuchsaufbau für die Alterungen schematisch dargestellt. Über separate Rohrleitungen gelangen Stickstoff und Wasserstoff (1) zur Gasmischbatterie (2). Die Gasmischung, die mittels Flowmeter eingestellt wird, wird zu einer Blubberflasche geführt, die in einem Kältebad steht (3). Die zu alternde Probe befindet sich im Rohrofen (4). Von dort gelangt das Gas zu einer Messkammer, in der eine λ-Sonde den pO2-Gehalt der Gasmischung misst (5). Eine zweite Blubberflasche verhindert eine Rückdiffusion von Sauerstoff in das System (6). Über eine Freileitung gelangt das Gas in die Umgebungsluft. Ein Sauerstoffpartialdruck von 10-4 bar wird durch 100% Stickstoff eingestellt (Versuche 2,3 in Bild 3-1). Durch Diffusionsprozesse entweicht der Großteil des Sauerstoffs aus dem System und der pO2 sinkt. Um Sauerstoffpartialdrücke zu erreichen, die nahe bei λ = 0,7 liegen (Versuche 4 bis 8), wird ein Wasserstoff-Stickstoff-Gemisch eingesetzt. Der Wasserstoff reagiert chemisch mit Sauerstoff zu Wasser, so dass der pO2 sinkt. Der Zusammenhang zwischen Gasmischung und pO2 ist in Anhang I gezeigt. 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 3.3.1 Optische Untersuchung STF erscheint nach seiner Herstellung schwarz. Während der Alterung im Schweißgas (Versuch 4) wurden die Keramiken braun (Bild 3-3). 20 3 Experimente Bild 3-3 Links gealterte STF-Keramik, rechts ungealterte STF-Keramik Einige Keramiken sprangen während der Alterung in zwei oder mehr Teile (Bild 3-4). Die Risse waren sehr geradlinig und die Bruchstücke oberflächig braun. Um thermische Spannungen als Grund für den Bruch auszuschließen, wurden die Bruchstücke zersägt. Auf den nun auftretenden Innenseiten erschienen die Bruchstücke schwarz. Bild 3-4 Zerborstene Keramik; das Innere ist ungealtert, der Randbereich ist gealtert Der Prozess der Farbänderung bei hohen Temperaturen ist reversibel, d.h. eine braune Keramik, an Luft bei 1000 °C ausgelagert, wird instantan schwarz. Die abgebildeten Keramiken wurden unter Schweißgas abgekühlt, um die braune Farbe zu konservieren. 1 6 7 8 3 Bild 3-5 Pulverschüttungen nach Auslagerungen Bild 3-5 zeigt die Farbänderungen der Pulverschüttungen während der Alterung. Während die in Luft und Stickstoff ausgelagerten Proben schwarz sind, erkennt man bei den in Wasserstoff gealterten Proben eine Braun- (Versuch 6) bzw. Graufärbung (Versuch 7, 8). 3.3.2 REM Im Rasterelektronenmikroskop (LEO 1530, [2]) wurde der Einfluss der Alterung bzw. Auslagerung auf die Mikrostruktur der Probe bestimmt. Bild 3-6 zeigt das REM-Bild einer ungealterten, gebrochenen Keramik. Deutlich ist die offene Porosität der Keramik zu erkennen. Nach der Auslagerung in Stickstoff bei 1300 °C hat die Porosität deutlich abgenommen (Bild 3-7). Die gealterte Keramik (Bild 3-8) hat eine ähnliche Porosität wie die ungealterte Keramik. 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 21 Bild 3-6 Ungealterte STF-Keramik Bild 3-7 Ausgelagerte STF-Keramik (Versuch 2) Bild 3-8 Gealterte STF-Keramik (Versuch 6) Bild 3-9 Bruchfläche; während der Alterung gebrochen 3.3.3 XRD und Rietveld Refinement XRD steht für X-Ray Diffraction. Es wurde das Siemens D5000 verwandt5. Monochromatische Röntgenstrahlung wird am Kristall reflektiert. Die Reflexe bilden ein materialspezifisches, charakteristisches Spektrum, so dass man anhand der Reflexe Auskunft über die Probenzusammensetzung erhält. Genauer ist das Messprinzip in [2] dargestellt. Mittels Rietveld Refinement wird aus dem gemessenen Spektrum eine Kristallstruktur errechnet, deren theoretische Peaks möglichst gut mit dem realen Gitter übereinstimmen. Normalerweise bezieht ein Rietveld Refinement die Gitterparameter (a,b,c,α,β,γ), die Millerschen Indizes (h,k,l), das Braggsche Reflexionsgesetz und die Strukturfaktoren F(h,k,l), die 5 Zur Aufnahme aller Röntgendiffraktogramme wurde verwandt: Siemens D500-Diffraktometer, Quelle: CuKα1, CuKα2 (Peaks wurden mit Software nachträglich entfernt), Beschleunigungsspannung 40 kV, Strahlstrom 30 mA, Blende V6, step size 1s, step 0,0142814°, scan type locked coupled 22 3 Experimente die Beugung der Röntgenstrahlung am jeweiligen Atom beschreiben, in die Simulation mit ein. Die Strukturfaktoren können in diesem Abschnitt vernachlässigt werden, da eine elementunabhängige Bestimmung der Gitterstruktur ausreicht. Es handelt sich bei dem hier vorgestellten Rietveld Refinement um ein sog. „indexing“. (1) (2) 0 30 0 0 60 0 80 30 40 50 60 70 80 (3) 90 2θ / ° Bild 3-10 Prinzip XRD – Rietveld-Refinement; gemessenes XRD-Spektrum (1), Diskretisierung (2), errechnetes Spektrum (3) Bild 3-10 zeigt das prinzipielle Vorgehen: mittels XRD werden die Gitterebenenreflexe auf- 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 23 genommen (1) und diskretisiert (2). Dabei werden die Maxima des kontinuierlichen Spektrums markiert. Dieses diskrete Spektrum wird in die Software „Win-Index“6 importiert, das zu den Peaks nach dem Bragg’schen Gesetz (3.1) die passende Gitterzelle errechnet. Das untere Spektrum (3) in Bild 3-10 zeigt die errechneten Peaks. 2d ⋅ sin Θ = m ⋅ λ (3.1) d: Gitterebenenabstand; Θ: Reflexionswinkel; m: Ordnung des Reflexes; λ: Wellenlänge der Quelle Zur Bestimmung der Genauigkeit dieser Methode wurde die Eichprobe SiO2 vermessen. Tabelle 3-2 vergleicht die Kristallparameter, bekannt aus der Literatur, mit den mittels Indexing bestimmten. Tabelle 3-2 Vergleich der Gitterparameter von SiO2 Datenbank vs. indexing Quelle Kristallstruktur Gitterkonstanten JCPDS-ICDD 33-11617 hexagonal a = 4,91340 Å b = 4,91340 Å c = 5,40530 Å XRD-Messung, indexing hexagonal a = 4,91557 Å b = 4,91557 Å c = 5,40336 Å Die Abweichung zwischen Literaturwerten und ermittelten Werten beträgt weniger als 0,1%. Der Fehler setzt sich zusammen aus einem Messfehler durch das XRD, einer Ungenauigkeit beim Ermitteln der Intensitätsmaxima und einem Fehler beim Indexing. Trotz dieser Fehler zeichnet sich die Kombination Diffraktometrie und Indexing durch eine hohe Genauigkeit aus. Tabelle 3-3 gibt die ermittelten Gitterparameter für die Ausgangspulver Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ an. Neben der Pulver-ID sind die Kristallstruktur und die ermittelte Gitterkonstante in Angström angegeben. Je größer das Gütemaß „Figure of Merit“ ist, desto besser stimmen das errechnete und das gemessene Spektrum überein. Die Anzahl der Lösungen steht für die Anzahl der Fits, die bei den gemessenen Intensitätspeaks möglich sind. Allerdings weisen die nicht aufgeführten Lösungen eine schlechte Güte auf (FoM < 20). Tabelle 3-3 Gitterparameter STF35 Pulver-ID Kristallstruktur Gitterkonstante / Å Figure of Merit Anzahl der weiteren Lösungen STF_3_Siem kubisch a = b = c = 3,896 FoM = 309 3 STF_8_Siem kubisch a = b = c = 3,896 FoM = 322 0 STF_9_Siem kubisch a = b = c = 3,895 FoM = 413 3 STF_10_Siem kubisch a = b = c = 3,895 FoM = 390 0 6 Win-Index Version 3.0.8, SIGMA-C GmbH Thomas-Dehler-Str. 9, 81737 München 7 Eichsubstanz SiO2, JCPDS-ICDD (Joint Commitee on Powder Diffraction Standards – International Centre for Diffraction Data) 33-1161 24 3 Experimente Tabelle 3-4 Bestimmung der Gitterparameter mittels TEM und Literaturangabe Messmethode Quelle Material Kristallstruktur Gitterkonstante / Å TEM Heike Störmer, LEM STF kubisch a = b = c = 3,8925 ± 0,01 XRD Steinsvik [22] STF40 kubisch a = b = c = 3,900 ± 0,001 Um die mittels XRD und Rietveld-Refinement bestimmten Gitterparameter abzusichern, wurden Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) - Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis (Tabelle 3-4) liegt in guter Übereinstimmung mit den ermittelten Konstanten. Steinsviks [22] Untersuchungen an STF40 zeigen ebenfalls eine kubische Struktur. Die Gitterkonstante liegt etwas über der von STF. Nach der N2-Alterung (Versuch 2) wurde eine kubische Struktur mit einer geringfügig größeren Gitterkonstante (+ 0,008 Å) gemessen als beim ungealterten Pulver. Die Gitterebenenabstände von STF nach den H2-Alterungen sind ebenfalls in Tabelle 3-5 aufgeführt. „Pseudokubisch“ heißt, dass neben einer kubischen Gitterstruktur noch weitere Kristallstrukturen im Material gefunden wurden. Tabelle 3-5 Gitterebenenabstände und –struktur nach Alterung von STF Gitterstruktur Gitterpara- FoM meter 1 kubisch 3,895 413 STF_9_Siem einphasig 2 kubisch 3,903 261 STF_8_Siem einphasig 3 kubisch 3,906 348 STF_9_Siem einphasig 4 kubisch 3,910 553 STF_9_Siem einphasig 5 kubisch 3,898 899 STF_9_Siem einphasig 6a kubisch 3,899 255 STF_9_Siem einphasig 6b pseudokubisch 3,914 149 STF_9_Siem mehrphasig 7 3,906 pseudokubisch Pulver Bemerkung Anzeichen für Fe-Auslagerung, Zweitphasenbildung, teils unsymmetrische Peaks 273 STF_9_Siem mehrphasig Fe-Auslagerung, Zweiphasenbildung 8 pseudokubisch 3,906 202 STF_9_Siem mehrphasig Fe-Auslagerung, Zweiphasenbildung Jede Alterung wurde mindestens zweimal durchgeführt. 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 25 Bild 3-11 zeigt eine Überlagerung der XRD-Spektren von verschieden gealterten Pulvern (Versuche 4-8). Man erkennt deutlich eine Veränderung des Spektrums mit zunehmender Wasserstoffkonzentration. Die Tendenzen sind durch Pfeile markiert. 10000 10% H2 / 90% N2 20% H2 / 80% N2 Intensität / cts 8000 50% H2 / 50% N2 70% H2 / 30% N2 6000 4000 2000 0 31 32 33 40 42 44 46 2θ / ° Bild 3-11 XRD-Spektrum nach unterschiedlichen Alterungen Neben einmaligen Alterungen wurde das Pulver RedOx-Zyklen ausgesetzt. Die reduzierende Phase entsprach Versuch 8, die oxidierende Phase Versuch 1. Tabelle 3-6 Ergebnisse der RedOx-Zyklen Gitterstruktur 1 kubisch 8 Gitterparameter FoM Bemerkung 3,897 197 einphasig mehrphasig, Fe-Auslagerung, Zweitphasenbildung 1 kubisch 8 1 3,899 382 einphasig keine XRD-Analyse 8 mehrphasig, verstärkte Umlagerung im Kationengitter 1 kubisch 3,898 131 einphasig 3.3.4 HT-XRD HT-XRD steht für High Temperature X-Ray Diffraction. Bild 3-12 zeigt den Aufbau des Versuchs. 26 3 Experimente 30 kV 1 2 40.451 STOP 3 60.5 Bild 3-12 Versuchsaufbau Hochtemperatur-XRD Die Messungen wurden mit der HTK 16 durchgeführt. Diese Hochtemperaturkammer wurde auf das Goniometer des XRD geschraubt. Das zu untersuchende Pulver wurde auf ein Platinband aufgebracht und mit einigen Tropfen Isopropanol eben auf dem Band verteilt. Die Probe lässt sich auf dem Platinband bis auf 1600 °C erhitzen und kann unterschiedlichen Gasatmosphären ausgesetzt werden. An der HTK sind zwei gasundurchlässige Kaptonfolien befestigt, durch die die Röntgenstrahlung zur Probe bzw. zum Detektor gelangt. Der Vorteil des Systems ist die Möglichkeit von In-situ-Messungen. Das Beugungsspektrum der Probe wurde in Abhängigkeit von der Temperatur aufgenommen. Mittels des in Kapitel 3.3.3 beschriebenen Verfahrens wurden die Gitterkonstanten des gemessenen Spektrums bestimmt (Bild 3-13). Bei hohen Temperaturen kam es zu einer Peakverbreiterung des XRD-Spektrums und die Genauigkeit der ermittelten Gitterparameter nahm ab. 3.97 3.96 3.95 a/Å 3.94 3.93 3.92 3.91 3.90 3.89 0 200 400 600 800 1000 T / °C Bild 3-13 HTXRD: Gitterkonstante von STF, grau hinterlegt der Messbereich des Sauerstoffsensors In Bild 3-14 sind die Gitterkonstanten von STF in Luft ( ), Stickstoff ( ) und einer 10%igen Wasserstoff-Stickstoffmischung ( ) aufgetragen. 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 3.97 27 Luft 100% N2 3.96 10% H2 / 90% N2 3.95 3.94 3.93 3.92 3.91 3.90 3.89 0 200 400 600 800 1000 T / °C Bild 3-14 Gitterparameter von STF in Luft ( ), N2 ( ) und 10% H2 in N2 ( ), grau hinterlegt der Messbereich des Sauerstoffsensors 3.3.5 TEM Die TEM-Untersuchungen wurden am Jožef Stefan Institut (JSI) in Ljubljana, Slovenien und am Laboratorium für Elektronenmikroskopie (LEM), Universität Karlsruhe (TH) durchgeführt. Die gesinterten und gealterten Proben wurden mit einer Diamantsäge in 200 µm dicke Blöcke geschnitten und mit einem Ultraschallfräser zu Scheiben zerkleinert. Die Scheiben wurden mit Diamantpaste und Argonionen ausgedünnt. Mit einem JEM-2010F TEM/STEM wurden Hellfeld- und Dunkelfeldabbildungen der Probe aufgenommen. Die analytischen Aufnahmen wurden mit einem Oxford Instruments ISIS 300 EDXS System erstellt. Zum besseren Verständnis von TEM-Aufnahmen sei auf [14] verwiesen. Um die Idee der „solid solution“ zu bestätigen (2.3.1), wurde STF-Pulver am JSI mittels TEM bzw. energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDXS) untersucht (Bild 3-15). In Tabelle 3-8 ist exemplarisch das Ergebnis einer EDXS-Aufnahme mit der stöchiometrischen Elementzusammensetzung von STF verglichen. 28 3 Experimente 0,5 µm Bild 3-15 TEM-Aufnahme von STF, EDXS-Aufnahmen ( ) Am JSI wurden drei Keramiken untersucht: eine ungealterte Keramik (JSI_bulk_5) und zwei bei unterschiedlichen Temperaturen gealterte Keramiken (JSI_bulk_3, JSI_bulk_4). Alle Proben wurden 10 h bei 1300 °C gesintert. In Tabelle 3-7 sind die Ergebnisse der EDXS und STEM-Untersuchungen qualitativ zusammengefasst. Eine quantitative Elementverteilung zeigt Tabelle 3-8. Die ungealterte Probe zeigt neben reinen STF-Körnern einige inhomogene Bereiche (Agglomerate, Lamellen). In den Inhomogenitäten ist eine unterschiedliche Elementzusammensetzung zu beobachten. Die gealterten Proben weisen eine höhere Homogenität auf. Tabelle 3-7 TEM-Ergebnisse der untersuchten Proben Sample – ID Prozessierung JSI_bulk_5 ungealtert Ergebnis der Untersuchung Körner: STF (PK) JSI_bulk_4 5% H2, 900 °C JSI_bulk_3 5% H2, 700 °C Agglomerate: STO Lamellen: mit 15%iger Fe- etwas an Sr Dotierung verarmt homogener als an KG leichte AnJSI-bulk-5 reicherung von Fe Eine brownmilleritische Phase, wie sie bei SFO bekannt ist, wurde bei den TEMUntersuchungen des JSI nicht gefunden (vgl. STF (δ=0,5) in Tabelle 3-8). Zur Absicherung wurde eine ungealterte STF-Probe und die Probe JSI_bulk_4 am LEM erneut untersucht. Zusätzlich wurde eine Probe untersucht, die bei 1000 °C für 12 h einer 70%igen Wasserstoffatmosphäre ausgesetzt war (Versuch 8). Für die ungealterte Probe wurde eine kubische Struktur mit einer durchschnittliche Gitterkonstante von a = 3,914 ± 0,007 Å bestimmt. Insgesamt wurden 20 Beugungsbilder analysiert. Außerdem wurden Ausscheidungen und Lamellen detektiert, die eisenreich waren. 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 29 Tabelle 3-8 Prozentuale Elementverteilung der untersuchten Proben Sample – ID Prozessierung Ti (at%) Fe (at%) Sr (at%) O (at%) Sr/(Ti+Fe) JSI_bulk_5 ungealtert 13,9 7,3 20,1 58,8 0,95 JSI_bulk_4 5% H2, 900 °C 12,6 7,4 21,6 58,2 1,08 JSI_bulk_3 5% H2, 700 °C 12,8 7,0 22,1 58,0 1,12 STF (δ=0) 13,0 7,0 20,0 60,0 1,00 STF (δ=0,5) 14,4 7,8 22,2 55,6 1,00 Bei der mit 5% H2 gealterten Probe (JSI_bulk_4) wurde ebenfalls eine kubische Struktur identifiziert. Die mittlere Gitterkonstante wurde aus 9 Beugungsbildern bestimmt: a = 3,917 ± 0,004 Å. Die gealterte Probe wies gegenüber der ungealterten mehr Defekte auf. Bild 3-16 zeigt zwei Arten auftretender Defekte: links ist eine Ausscheidung zu erkennen, die die gleiche Gitterkonstante hat wie das umliegende Material; rechts sieht man eine Lamellenstruktur. Beide Defektarten wurden auch bereits bei der ungealterten Probe detektiert. 30 nm 10 nm Bild 3-16 TEM-Aufnahme von JSI_bulk_4 (gealtert mit 5% H2, 900 °C); links Ausscheidung, rechts Lamellenstruktur Für die Ausscheidungen wurde die gleiche Gitterkonstante wie für das Wirtsgitter ermittelt. Da SrTiO3 mit a = 3,905 Å nahezu die gleiche Gitterkonstante hat wie STF, könnte es sich bei den Ausscheidungen um leicht Fe-dotiertes STO handeln. SrFeO3 kommt als Ausscheidung mit einer Gitterkonstanten von a = 3,85 Å nicht in Frage. Neben den JSI-Proben wurde eine gealterte STF-Keramik (Versuch 8) am LEM untersucht. Diese Aufnahmen wurden nicht mit dem Philips CM 200 FEG/ST, das hochauflösende Untersuchungen ermöglicht, gemacht, da bei der gealterten Probe eine Magnetisierung festgestellt wurde, die das Gerät zerstört hätte. Stattdessen wurde zur Untersuchung ein Zeiss 912 Omega verwandt, das einen Energiefilter besitzt. 30 3 Experimente (1) 181 nm (2) (2) (3) Bild 3-17 TEM-Aufnahme eines gealterten STF-Kristalls, lamellare Strukturen (1), Eisenausscheidungen (2), Matrix (3) Im oberen Teil des Bildes Bild 3-17 sind die lamellaren Strukturen (1) zu erkennen, die bereits bei der ungealterten Probe gefunden wurden. EDX-Untersuchungen ergaben ein Ti/FeVerhältnis von kleiner 0,35. Im unteren Teil des Bildes ist die Kristallmatrix (3) zu erkennen, die reich an Titan ist. Neben lamellenartigen Strukturen und der Kristallmatrix sind deutlich zwei Ausscheidungen zu sehen, die aus nahezu reinem Eisen bestehen (2). Sr 500 Fe Intensität / cts 400 300 Ti 200 Sr 100 Fe Ti 0 0 2 4 6 8 10 12 14 E / keV Bild 3-18 EDX-Scan der Eisenausscheidung (schwarz) im Vergleich mit dem Scan der Matrix (grau) Die Beobachtung des JSI, dass sich Eisen an den Korngrenzen angelagert habe, konnte nicht bestätigt werden. 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 31 3.3.6 Thermogravimetrie (TG) Mittels einer Balkenwaage wurde die Gewichtsänderung von STF relativ zu einer Referenzmasse (Saphirscheiben) in Abhängigkeit zur Temperatur und zum Sauerstoffpartialdruck bestimmt. 60.5 1 2 3 protective: N2 60.5 Bild 3-19 Versuchsaufbau Thermogravimetrie Die Massenänderung von STF-Pulver ( ) und einer STF-Keramik ( sel Stickstoff zu Luft sind in Bild 3-20 gezeigt. ) nach einem Gaswech- 98.8 98.7 m/m0 / % 98.6 98.5 98.4 98.3 98.2 0 60 120 180 240 300 t/s Bild 3-20 Massenänderung von STF-Pulver ( ) und STF-Keramik ( ) nach einem Gaswechsel N2 – Luft Beide Proben reagierten nahezu zeitgleich auf den Gaswechsel. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass STF gleich schnell auf Alterungen (3.2) reagiert, unabhängig davon, ob STF als Pulverschüttung oder in Form einer Keramik vorliegt. 32 3 Experimente 100.0 m/m0 / % 99.5 99.0 98.5 0 200 400 600 800 T / °C Bild 3-21 Massenänderung mit steigender Temperatur von STF (grau) und Saphir (schwarz) Bild 3-21 zeigt den Massenverlust mehrerer STF-Proben (grau) über der Temperatur. Deutlich sind mehrere Bereiche zu erkennen: nach einem großen Massenverlust bis ca. 200 °C flacht die Kurve ab. Die Massenänderung ist minimal. Ab 400 °C ist ein nahezu kontinuierlicher Massenverlust zu erkennen. 3.3.7 Dilatometrie (Dil) Es wurde das Dilatometer Netzsch DIL 402C verwandt. Bild 3-22 zeigt den Versuchsaufbau. 1 2 3 60.5 Bild 3-22 Aufbau Dilatometer In einem Ofen liegt die Probe auf einer geeignet geformten Auflage. Eine Schubstange überträgt die thermische Ausdehnung der Probe auf einen Wegaufnehmer, der die Verschiebung misst. Die thermische Ausdehnung der Schubstange wird vom gemessenen Ergebnis subtrahiert, so dass man die Probenausdehnung erhält. Mittels Dilatometermessung können Sintervorgänge (irreversible Schrumpfung des Materials), Phasenumwandlungen und thermische Ausdehnungskoeffizienten erkannt bzw. ermittelt werden. Bild 3-23 zeigt die thermische Ausdehnung von STF in Luft (schwarz) und Stickstoff (grau). Man erkennt jeweils einen leichten Knick in der Kennlinie bei ca. 400 °C. 3.3 Versuche zur chemischen Stabilität 33 1.4 1.2 ∆l / l0 / % 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 0 200 400 600 800 TT / °C Bild 3-23 Längenänderung einer STF-Keramik beim Aufheizen in Luft (schwarz) und Stickstoff (grau), Führungslinie (gepunktet) 3.3.8 Differential Scanning Calorimeter (DSC) Ein Calorimeter dient zur Messung von Wärme. Es wird die Differenz der Wärmeströme vom Ofen zur Probe und vom Ofen zur Referenzprobe über der Zeit gemessen. Peaks, die sich oberhalb der Messkurve befinden, sind charakteristisch für eine exotherme Reaktion, bei der Wärme frei wird. Befindet sich ein Peak unterhalb der Messkurve, fand eine endotherme Reaktion statt, bei der Wärme aufgenommen wurde. Glatte Kurven bedeuten, dass es keine Wärmeströme zwischen den Proben gegeben hat und es somit zu keiner Reaktion gekommen ist. Durch Integration der Wärmestromdifferenzkurve über der Zeit erhält man einen Wert für die von der Probe aufgenommene oder abgegebene Wärme. Diese „Peakfläche“ entspricht z.B. der Reaktionsenthalpie oder Umwandlungsenthalpie. 34 3 Experimente 10 9 8 Udiff / mV 7 6 5 4 3 2 1 0 0 100 200 300 400 500 600 700 800 T / °C Bild 3-24 DSC-Ergebnis von STF Bild 3-24 zeigt das Ergebnis der DSC-Messung von STF-Pulver. Im interessanten Bereich zwischen T = 300 °C und T = 550 °C ist keine Reaktion zu erkennen. Die Signale bei niedrigeren Temperaturen sind auf die Verdunstung von Wasser an der Probe zurückzuführen. 3.4 Versuche zur elektrischen Stabilität Zur Messung der elektrischen Leitfähigkeit standen zwei Messplätze zur Verfügung. In 3.4.1 werden die Ergebnisse des sog. „Leitfähigkeitsmessplatzes“ dargestellt, in dem der Sauerstoffpartialdruck mit einer Gasmischung aus Luft, Stickstoff und Wasserstoff eingestellt wurde. Eine zweite Möglichkeit, den Sauerstoffpartialdruck einzustellen, nutzte der Messplatz „Sauerstoffpumpe“ in Kapitel 3.4.2. Durch einen Ionenleiter wurden solange Sauerstoffionen von der Messkammer in die Umgebungsluft gepumpt, bis der gewünschte Sauerstoffpartialdruck erreicht war. Dieses Prinzip wird auch bei der amperometrischen Lambdasonde verwandt. Um während der Alterung Veränderungen an den Korngrenzen von STF zu detektieren, wurden Versuche mittels elektrischer Impedanzspektroskopie (EIS) durchgeführt. Allerdings konnten die Ergebnisse nicht reproduziert werden. Die Möglichkeiten der EIS bei der Untersuchung der Stabilität von STF und die Probleme, die während der Messungen auftraten, sind in Anhang II zusammengefasst. 3.4.1 Leitfähigkeitsmessung mit Gasmischungen Am Leitfähigkeitsmessplatz wurde der elektrische Widerstand in Abhängigkeit der Temperatur und der Gaszusammensetzung gemessen. Die Temperatur betrug T = 1000 °C. 3.4 Versuche zur elektrischen Stabilität 35 Tabelle 3-9 elektrischer Widerstand bei unterschiedlichen Gaszusammensetzungen Gas Luft (12h) 100% N2 (1h) 10% H2 / 90% N2 (8h) Luft (16h) R/Ω 9,94 53 nicht messbar 15,3 (4h), 13,6 (16h) Tabelle 3-9 zeigt die Ergebnisse eines RedOx-Zyklus. Der Ausgangswert des elektrischen Widerstands wird nach der Alterung in dem H2/N2-Gasgemisch nicht mehr erreicht. 3.4.2 Leitfähigkeitsmessung mit Sauerstoffpumpe Der schematische Aufbau der Sauerstoffpumpe ist in Bild 3-25 gezeigt. Herzstück des Messplatzes ist ein sauerstoffionenleitendes ZrO2-Rohr, in dem sich die Probe befindet. Eine Insitu-Messung der elektrischen Leitfähigkeit der Probe ist in Abhängigkeit des Sauerstoffpartialdrucks und der Temperatur möglich. Spülgas O2 Aluminiumoxidröhre Probe YSZRöhre O2 Spülgas Dichtungsring Wasserkühlung Ofen (bis 1000 o C) Thermoelement Bild 3-25 Schematischer Aufbau der Sauerstoffpumpe [36] Es wurden zwei STF-Proben vermessen. Die Proben wurden vier bzw. fünf unterschiedlich langen RedOx-Zyklen ausgesetzt. Eine der beiden Proben wurde in reduzierter Atmosphäre auf Raumtemperatur heruntergekühlt. Dabei zersprang die Keramik. Die Bruchstücke wurden gemörsert und das Pulver mit dem XRD untersucht. Das Ergebnis ist in 4.4 präsentiert. Die zweite Probe wurde in oxidierter Atmosphäre heruntergekühlt. Bild 3-26 zeigt den zeitlichen Verlauf des Probenwiderstandes über mehreren RedOx-Zyklen, wobei „Red x“ die reduzierende Phase und „Ox x“ die oxidierende Phase kennzeichnet. Es fällt auf, dass der Widerstand während der oxidierenden Phase relativ schnell seinen Ausgangswert von knapp 20 Ω erreicht. Im Reduzierten hingegen steigt der Widerstand langsam bis auf einen konstanten Wert an bzw. sinkt wieder leicht ab. Dieser Anstieg deutet auf eine elektrische Instabilität hin, die in Kapitel 4.4 diskutiert wird. 3 Experimente R/Ω 36 10 0 10 20 Red 5 Red 4 Red 3 100 Ox 3 30 40 Ox 4 50 60 70 Ox 5 80 t/h Bild 3-26 Widerstand R einer STF-Probe B über RedOx-Zyklen, 900 °C Bild 3-27 zeigt einen Ausschnitt der elektrischen Instabilität der zweiten gealterten Probe. Grau ist die Nernstspannung eingezeichnet, die mit geringerem Sauerstoffpartialdruck wächst. log (pO2 / bar) -21 -20 1.20 70 1.15 60 -19 1.10 -18 1.05 -17 80 UNernst / V 50 40 1.00 10000 R/Ω 1.25 30 20000 30000 40000 50000 60000 70000 t/s Bild 3-27 Zersetzung von STF bei 900 °C, Widerstand: schwarz, Nernstspannung: grau Durch Umrechnung des Widerstandes auf die Leitfähigkeit der Probe und der Nernstspannung auf den pO2 erhält man die Sensorkennlinie von STF (Bild 3-28). Dabei ist zu beachten, dass das Ziel der Messung nicht das Aufnehmen der Sensorkennlinie war – dazu hätten unterschiedliche Sauerstoffpartialdrücke als Messpunkte angefahren und das Einstellen des thermodynamischen Gleichgewichts abgewartet werden müssen. Stattdessen wurde versucht, den 3.4 Versuche zur elektrischen Stabilität 37 Grenzdruck an Restsauerstoff in der Messkammer zu evaluieren, bei dem ein Abweichen von der bekannten Sensorkennlinie (Bild 2-2) sichtbar wurde. Diese Grenze ist in Bild 3-28 deutlich bei ca. 10-19 bar zu erkennen (Markierung). Alle anderen Abweichungen von der Sensorkennlinie sind auf Kinetikprobleme zurückzuführen (grau gestrichelter Bereich). σ / S / cm 1 0.1 0.01 -25 -20 -15 -10 -5 0 log (pO2 / bar) Bild 3-28 Leitfähigkeit mehrerer RedOx-Zyklen (schwarz) über pO2 bei 900 °C, Sensorkennlinie (grau) 38 3 Experimente 4 Diskussion 4.1 Farbänderungen Wie in Kapitel 3.3.1 gezeigt, verfärben sich die Keramiken während der Alterungen von schwarz über braun zu grau mit sinkendem Sauerstoffpartialdruck. Es ist zu klären, ob Phasenumwandlungen Ursache für diese Farbwechsel sind. Durch einen Vergleich der XRD-Spektren der gealterten Proben mit denen von FeO bzw. Fe2O3 kann die Bildung von Eisenoxid insbesondere bei der braunen Probe ausgeschlossen werden. Die Farbänderung der grauen Probe könnte durch die entstehenden Zweitphasen erklärt werden, auf die später eingegangen wird. Allerdings liegen die braunen Proben weiterhin als kubischer Perovskit vor, unter Berücksichtigung der Auflösungsgrenze des XRD und der punktförmigen Untersuchungen im TEM. Von Strontiumferrit ist bekannt [15], dass Eisen bei hohem pO2 vierwertig, bei sehr geringem pO2 dreiwertig vorliegt. Ob diese Valenzänderung ebenfalls bei STF vorliegt, konnte in dieser Arbeit nicht geklärt werden. Eine Untersuchung mittels Mössbauer-Spektroskopie würde Aufschlüsse geben. Ein Valenzwechsel könnte evtl. den Farbwechsel schwarz – braun erklären, allerdings nicht die weitere Verfärbung zu grau bei sinkendem pO2 . Neben dem Bandabstand, der die Energie absorbierter und emittierter Photonen und somit deren Wellenlänge bestimmt, spielt die Anzahl der Ladungsträger für die Farbe eines Festkörpers eine Rolle. Je mehr Ladungsträger der Festkörper enthält, desto häufiger wird einfallendes Licht im Körper gestreut und schließlich absorbiert. Das Material erscheint also schwarz. STF enthält bei hohem pO2 viele Defektelektronen (p-Leitung) und in sehr reduzierter Atmosphäre viele Elektronen (n-Leitung), die jeweils als Streuzentren wirken. Deshalb erscheint das Material schwarz bzw. grau. Für mittlere pO2-Drücke befindet sich STF im intrinsischen Minimum und enthält relativ wenig Ladungsträger. Deshalb wird die Farbe des Materials durch den Bandabstand Eg bestimmt. Mit E g ( x ) = 3, 26 − 1,93 ⋅ x + 0,54 ⋅ x 2 eV x : Eisengehalt [26] (4.1) ergibt sich bei einer 35%igen Eisendotierung ein Bandabstand von 2,65 eV. Mit Eg = h ⋅υ (4.2) und λ= c υ (4.3) 40 4 Diskussion ergibt sich eine Wellenlänge λ von 468 nm, was dem Farbton „blau“ entspricht. Strahlt man mit weißem Licht auf eine STF-Keramik, absorbiert sie die „blaue“ Wellenlänge und reflektiert grün (λ = 555 nm) und rot (λ = 670 nm). Die Überlagerung von grünem und rotem Licht vermittelt dem Betrachter den braunen Farbeindruck. Durch eine optische Untersuchung der Keramiken erhält man also Hinweise auf den pO2Gehalt, dem die Keramiken während der Alterung ausgesetzt waren. Außerdem lassen sich Teile von Rothschilds Defektmodell [26] für STF durch die Farbbestimmung verifizieren. Die beobachteten Farbwechsel sind somit kein eindeutiger Beweis für eine Phasenumwandlung. Vielmehr können die Farbänderungen mittels des zugrunde liegenden defektchemischen Modellansatzes erklärt werden. 4.2 Thermischer Ausdehnungskoeffizient Die Untersuchungen mittels Dilatometer (3.3.7) zeigen eine Ausdehnung der STF-Keramik mit der Temperatur. Bemerkenswert ist die Änderung des linearen, thermischen Ausdehnungskoeffizienten bei ca. 450 °C. Bild 4-1 zeigt das Ergebnis der Dilatometermessung im Vergleich zu der thermischen Ausdehnung von MgO (1), Al2O3 (2), ZrO2 (3) und Spinell (MgAl2O4, 4). Man erkennt, dass die Ausdehnung von STF die der anderen Schichten im Sensor für höhere Temperaturen übersteigt. Der resistive Abgassensor ist als Multilayeraufbau konzipiert (Bild 2-1). Um die Haftfestigkeit zwischen den Schichten bei verschiedenen Temperaturen zu gewährleisten, sind aber ähnliche Ausdehnungskoeffizienten der einzelnen Schichten entscheidend. 16 1 2 3 14 ∆L/L * 1000 12 10 4 8 6 4 2 0 0 200 400 600 800 1000 TT // °C °C Bild 4-1 Lineare Längenausdehnung von STF ( ), MgO (1), Al2O3 (2), ZrO2 (3) und MgAl2O4-Spinell (4) an Luft Dass die Ausdehnung materialspezifisch und nicht etwa auf die nichtlineare Ausdehnung der Poren in der Keramik zurückzuführen ist, zeigen die Ergebnisse der HT-XRD-Untersuchung 4.2 Thermischer Ausdehnungskoeffizient 41 (3.3.4). Es sind ebenfalls zwei Bereiche zu erkennen, in denen sich der Kristall linear ausdehnt. Die Grenze der Bereiche liegt auch hier bei T = 450 °C. Die Ergebnisse der DSC-Untersuchung (3.3.8) weisen darauf hin, dass eine Phasenumwandlung als Ursache für die Nichtlinearität der thermischen Ausdehnung nicht in Frage kommt. Im kritischen Bereich zwischen T = 300 °C und 500 °C lässt sich keine Exotherme (Anstieg der DSC-Kurve) oder Endotherme (Abfall der DSC-Kurve) erkennen. Im Bereich einer etwaigen Phasenumwandlung würde das System Wärmeenergie aufnehmen, ohne dass sich die Temperatur des Materials erhöht. Wäre die Phasenumwandlung abgeschlossen, bewirkte eine weitere Erhöhung der thermischen Energie wieder eine Temperaturerhöhung im Material. Eine Phasenänderung ohne eine Änderung der Enthalpie ist nicht möglich. Allerdings wurde von Krügel und Ivers-Tiffée darauf hingewiesen, dass aufgrund der unzureichenden Messgenauigkeit des verwendeten Instruments eine Phasenumwandlung trotzdem nicht auszuschließen sei [37]. Laut TG-Untersuchung (3.3.6) verliert die Probe mit steigender Temperatur an Gewicht. Diese Massenänderung kann nicht durch ein Abdampfen von Atomen des Kationengitters (Sr, Ti, Fe) erklärt werden, da es bei erhöhter Temperatur nicht zu einer Strukturumwandlung im Kristall kommt (DSC, HT-XRD mit anschließendem Indexing). Stattdessen spricht für eine Umwandlung im Anionengitter (O) ab 450°C: • Umwandlungen im Anionengitter sind gegenüber Umwandlungen im Kationengitter kinetisch schnell. • Die Umgebungsatmosphäre dient als Senke für den Ausbau und Quelle für den Wiedereinbau von Sauerstoff in den Kristall. • Je reduzierender die Umgebungsatmosphäre, desto größer die Massenänderung (s.u.). Bisher wird der lineare thermische Ausdehnungskoeffizient ε nach (4.4) beschrieben. ε= ∆L = ( CTE ) ⋅ ∆T L0 (4.4) CTE steht für „coefficient of thermal expansion“ und beschreibt die lineare, eindimensionale Ausdehnung des Materials mit der Temperatur. Der CTE ist temperaturunabhängig und konstant. Der Atomabstand bei 0 K sei a0. Mit zunehmender Temperatur erhöht sich die thermische Energie im Kristall. Die Schwingungsenergie der Atome nimmt zu. Da die anziehenden Kräfte im Kristall mit 1/r² und die abstoßenden Kräfte mit 1/r9…12 in die Gesamtenergie eingehen, schwingen die Atome nicht symmetrisch um a0. Der mittlere Atomabstand nimmt zu, der Kristall dehnt sich aus [32]. Adler [29] führt neben der „thermal expansivity“ (thermische Expansion) die „chemical expansivity“ (chemische Expansion) ein. Bei Übergangsmetalloxiden wie STF wirkt eine steigende Temperatur reduzierend, so dass der Sauerstoffgehalt (und die Kationenvalenz) im Material abnimmt. Viele drei- und vierwertige Kationen ändern ihre Oxidationsstufe mit dem Sauerstoffgehalt, ohne dass es zu einer Phasenumwandlung kommt. Damit verbunden ist ein Anwachsen der mittleren Metall- 42 4 Diskussion Sauerstoff-Bindung, was einen nichtlinearen Anteil an der thermischen Expansion hat. Thermische und chemische Expansion sind unabhängig voneinander. Der nichtlineare, thermische Ausdehnungskoeffizient α setzt sich zusammen aus α1, das die lineare thermische Expansion ε nach Gleichung (4.4) wider gibt und α2, einem Wert für die Addition aus thermischer und chemischer Expansion. Zusammenfassend sind in Tabelle 4-1 die bekannten linearen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von MgO, Al2O3, Spinell und ZrO2 wieder gegeben. Außerdem zeigt die Tabelle die Ergebnisse der Dilatometer– und HT-XRD–Untersuchungen. Tabelle 4-1 Thermischer Ausdehnungskoeffizient α Material α / K-1 MgO 13 · 10-6 Al2O3 9 · 10-6 – 11 · 10-6 MgAl2O4 7,5 · 10-6 [30] ZrO2 9 · 10-6 – 13 · 10-6 STF α = 12,3 · 10-6 K-1 0 – 400 °C HT-XRD α2 = 19,2 · 10-6 K-1 500 – 1000 °C HT-XRD α1 = 12 · 10-6 K-1 0 – 400 °C Dilatometer α2 = 18 · 10-6 K-1 500 – 900 °C Dilatometer α = 11,7 · 10-6 K-1 0 – 450 °C Dilatometer α2 = 16,6 · 10-6 K-1 450 – 800 °C Dilatometer STF40 [31] Die Diskrepanz zwischen den Dilatometer- und den HT-XRD-Ergebnissen könnte auf der Porosität von STF beruhen. Während eine Veränderung der Gitterkonstante im XRD direkt bemerkbar ist, puffern die Hohlräume zwischen den Körnern in der STF-Keramik einen Teil der Ausdehnung ab. Der thermische Ausdehnungskoeffizient ist somit geringfügig kleiner. Auch Fagg führt als Begründung für die Unstetigkeit im Ausdehnungskoeffizienten den Einfluss von Sauerstoffleerstellen an, deren Konzentration bei höheren Temperaturen zunähme und einen Einfluss auf den Koeffizienten habe [12], [31]. Mittels einer 40%igen Lanthandotierung des A-Platzes erreichte Fagg eine Stabilisierung des Ausdehnungskoeffizienten. Dieser Ansatz wird im Ausblick (Kapitel 5) aufgegriffen. 4.3 Chemische Stabilität 43 1.6 STF in N2 STF in Luft 1.4 1.2 ∆L/L0 / % 1.0 0.8 0.6 0.4 0.2 0.0 0 200 400 600 800 1000 T °C T // °C Bild 4-2 Dilatometermessung: Ausdehnung von STF über T in Luft und Stickstoff Bild 4-2 vergleicht die thermische Ausdehnung einer STF-Keramik in Luft und Stickstoff. Die Ausdehnung in Stickstoff ist größer als die in Luft, was ebenfalls darauf hindeutet, dass Sauerstoffleerstellen die Ursache für die erhöhte Ausdehnung oberhalb von 450 °C sind. Diese Beobachtung stimmt mit den Ergebnissen der gasabhängigen HT-XRD-Analyse (Bild 3-13) überein. Je reduzierender die umgebende Atmosphäre, desto größere Gitterkonstanten werden gemessen. Obwohl die Ausdehnungskoeffizienten des Multilayersystems nicht als angepasst bezeichnet werden können, hat sich in der Arbeit von Endler [6] eine gute Haftfestigkeit zwischen den Schichten gezeigt. Dieser Widerspruch kann durch die hohe Porosität der resistiven Sensorschicht und durch die Bildung starker Verbundschichten erklärt werden. 4.3 Chemische Stabilität Laut XRD- (Tabelle 3-3) und TEM-Untersuchungen (Tabelle 3-4, Tabelle 3-5) liegt STF nach dem Sintern als kubischer Perovskit mit einer Gitterkonstante von a ≈ 3,895 Å vor. Kommt es während des Betriebs im Automobil zu einer Änderung dieser Phase, ist STF als resistives Sensormaterial zur Messung des Sauerstoffpartialdrucks nicht einsetzbar. Die Automobilindustrie gibt als Betriebsbedingung λ = 0,7 vor, was bei 1000 °C einem Sauerstoffpartialdruck von ca. 10-15 bar entspricht. In Kapitel 2.3.1.3 wurde das Modell eines Mischkristallsystems von STO und SFO vorgestellt. Daraus wurden die Stabilitätsgrenzen von STF abgeleitet. Da STO im gesamten Einsatzbereich des Sensors als stabil angesehen wird, begrenzt SFO den Stabilitätsbereich von STF. In dem Modell des Mischkristallsystems liegt die Stabilitätsgrenze zwischen pO2 = 10-8 und 10-7 bar für T = 900 – 1000 °C, was auf einer Phasenumwandlung der SFO-Einheitszellen 44 4 Diskussion beruht. Eine Umwandlung von ungeordneten Sauerstoffleerstellen (Perovskit) zu geordneten Sauerstoffleerstellen (Brownmillerit) wurde von Steinsvik [22] bei STFx, x > 0,5 beobachtet. Für STF gibt es in der Literatur keine Hinweise auf ein sog. „ordering“. Es wird davon ausgegangen, dass die STO-Einheitszellen stabilisierend auf das Gesamtsystem wirken, so dass die in Kapitel 2.3.1.3 ermittelten Stabilitätsgrenzen zwar einen ersten Anhaltspunkt bieten, von der tatsächlichen Stabilitätsgrenze allerdings weit entfernt sind. In der MALT-Simulation (2.3.1.4) wurde ebenfalls von der Idee des Mischkristallsystems für STF ausgegangen und für T = 900 °C eine Stabilitätsgrenze von pO2 = 10-17 bar ermittelt. Unterhalb dieser Grenze ist mit einer Eisenauslagerung und Zweitphasenbildung zu rechnen. STF-Keramiken wurden bei T = 1000 °C für t = 12 h unterschiedlichen pO2-Drücken ausgesetzt (3.2) und im XRD untersucht (3.3.3). Bild 4-3 zeigt das XRD-Spektrum der ungealterten Probe. Intensität / cts 15000 10000 3000 2000 1000 20 30 40 50 60 70 80 90 2θ / ° Bild 4-3 XRD-Spektrum STF ungealtert In Bild 4-4 sind ausgewählte Peaks der gealterten Probe gezeigt. Das Spektrum der ungealterten Probe ist zum Vergleich grau hinterlegt. 4.3 Chemische Stabilität 45 10000 (1) Intensität / cts 7500 5000 (5) 2500 (2) (4) (3) 0 30 31 32 33 40 42 44 46 48 2θ / ° Bild 4-4 STF gealtert (schwarz, Versuch 8) und ungealtert (grau) Vier Veränderungen im Spektrum fallen auf: der Peak bei 32,5° spaltet sich auf (1), der Peak bei 40° verliert an Intensität (2) und im Bereich bei 42° (3) und 45° (4) sind zusätzliche Peaks zu erkennen. (4) lässt sich als Fe-Peak identifizieren (Bild 4-5). Die zusätzlichen Reflektionen bei 42° (3) weisen auf die Bildung von Zweitphasen hin wie sie durch die MALT-Simulation (2.3.1.4) prognostiziert wurden. Bild 4-6 zeigt die „Diffraction Pattern“ von Sr3Ti2O7 und Sr3Fe2O7, deren Peaks auch die Aufspaltung (1) erklären. Eine Abnahme der Intensität des 40°-Peaks (2) könnte damit begründet sein, dass sich die SFO-Einheitszellen im STF-Kristall während der Alterung zersetzen. Aus den SFO-Zellen bildeten sich dann Zweitphasen, die an Fe verarmt sind (Sr3Fe2O7) und metallisches Eisen. Bild 4-7 zeigt die Peaks reiner STO- und SFOKristalle. Zur besseren Übersichtlichkeit sind die eingefügten Peaks nicht auf die Intensitätsverteilung des gemessenen Spektrums skaliert. 46 4 Diskussion Intensität / cts 5000 2500 0 30 31 32 33 40 42 44 46 48 2θ / ° Bild 4-5 STF gealtert (Versuch 8) mit Fe-Auslagerung (grau, JCPDS-Kartei Nr. 06-06968) Intensität / cts 5000 2500 0 30 31 32 33 40 42 44 46 48 2θ / ° Bild 4-6 STF gealtert (Versuch 8), Sr3Ti2O7 (hellgrau, JCPDS-Kartei Nr. 78-2479), Sr3Fe2O7 (dunkelgrau, JCPDS-Kartei Nr. 70-1395) 8 Die “Diffraction Pattern” sind der Datenbank der JCPDS-ICDD (Joint Commitee on Powder Diffraction Standards – International Centre for Diffraction Data) entnommen. 4.3 Chemische Stabilität 47 Intensität / cts 5000 2500 0 30 31 32 33 40 42 44 46 48 2θ / ° Bild 4-7 STF gealtert (Versuch 8), STO (hellgrau, JCPDS-Kartei Nr. 89-4934), SFO (dunkelgrau, JCPDSKartei Nr. 40-0905) Durch Alterungsversuche mit verschiedenen H2/N2-Konzentrationen wurde eine Stabilitätsgrenze von 10-17 bar bei 1000 °C festgestellt (Bild 3-11). Mittels TEM konnte ebenfalls eindeutig eine Auslagerung von Eisen nach der Alterung gezeigt werden. Obwohl die Thermogravimetriemessung an Luft einen nichtlinearen Massenverlust von STF über der Temperatur zeigt (Bild 3-21), wird davon ausgegangen, dass es sich nicht um eine chemische Instabilität des Materials handelt. Vielmehr wird der Massenverlust unterhalb von 200 °C mit der Verdunstung von Wasser erklärt, das während des Abkühlens der Probe nach dem Sintern kondensiert ist. Ab 400 °C beginnt der Ausbau von Sauerstoff aus dem Kristall nach Gleichung (2.10), was den Massenverlust erklärt. Die Überlegungen decken sich mit den Dilatometer- und HT-XRD-Messungen. Bild 4-8 fasst die Ergebnisse zur chemischen Stabilität von STF zusammen. Die Markierungen symbolisieren die Stabilitätsgrenze. Rechts dieser Grenze ist STF chemisch stabil, links davon instabil. Neben den Ergebnissen der XRD-Untersuchungen, der MALT-Simulation und der TEM-Untersuchungen ist das Ergebnis des Mischkristallansatzes eingefügt. Dass dieses Ergebnis von den übrigen abweicht, beruht auf der Annahme, dass die Stabilität der STO- und SFO-Einheitszellen unabhängig voneinander untersucht wurde. Offensichtlich wirken die STO-Einheitszellen stabilisierend auf das Gesamtsystem. Zur TEM-Untersuchung ist anzumerken, dass lediglich zwei Proben untersucht werden konnten: ungealtertes STF (stabil) und nach Versuch 8 gealtertes STF (instabil). 48 4 Diskussion 1100 1000 900 T / °C 800 700 λ = 0,7 600 XRD MALT TEM STO / SFO 500 50 0 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 log (pO2 / bar) Bild 4-8 Zusammenfassung chemische Stabilität 4.4 Elektrische Stabilität Für die elektrische Stabilität sind sowohl die Gleichgewichtswerte der Leitfähigkeit mit der Temperatur und dem Sauerstoffpartialdruck als auch die Kinetik entscheidend. Dazu wurden Leitfähigkeitsmessungen mit Gasmischungen (3.4.1) und mittels Sauerstoffpumpe (3.4.2) durchgeführt. Da die Ergebnisse aus dem ersten Messplatz durch die Polarisation der Pt-Kontakte aufgrund der H2/N2-Gasmischung wahrscheinlich verfälscht sind, werden sie nicht zur Diskussion der elektrischen Stabilität herangezogen. Die Sensorkennlinie in Bild 4-9 wurde in (2.3.2) mit den Defektmodellen von Rothschild und Schreiner vorgestellt. Abweichungen von dieser Kennlinie weisen auf eine elektrische Instabilität hin. 4.4 Elektrische Stabilität 49 σ / S / cm 1 0.1 -22 -20 -18 -16 -14 -12 -10 -8 -6 -4 -2 0 log (pO2 / bar) Bild 4-9 Kennlinie von STF ohne Instabilitäten nach Schreiner [3] σ / S / cm 1 reduzierende Messung oxidierende Messung elektrische Instabilität 0.1 -22 -20 -18 -16 -14 -12 -10 -8 -6 -4 -2 0 log (pO2 / bar) Bild 4-10 Messplatz Sauerstoffpumpe: Sensorkennlinie bei 900 °C ohne Einstellen des Gleichgewichts bei mittleren Sauerstoffpartialdrücken Bild 4-10 zeigt die Sensorkennlinie, ohne dass für mittlere Sauerstoffpartialdrücke ein Gleichgewicht erreicht wurde; das Ziel dieser Messung war nicht das Aufnehmen einer korrekten Kennlinie, sondern die Untersuchung des Materials bei niedrigen Sauerstoffpartialdrücken. Die „Badewannenkurve“ ist trotzdem schemenhaft zu erkennen. Eine leichte Verschiebung der Kennlinie in y-Richtung gegenüber der in Bild 4-10 ist durch die Ungenauigkeit der Messungen der Probengeometrie und Kontakte zu erklären, mit der der elektrische Widerstand jeweils auf die Leitfähigkeit umgerechnet wurde. Auffällig ist das Absinken der Leitfähigkeit für pO2 < 10-20 bar, obwohl es laut Defektmodell 50 4 Diskussion zu einer erhöhten Ladungsträgergeneration (n-Leitung) und somit zu einem Anstieg der Leitfähigkeit kommen müsste. Dieses Abweichen von der theoretischen Kurve weist auf eine Instabilität des Materials hin. Die Instabilität steigt mit zunehmender Dauer (Bild 4-11, „Instabilität I, II“). Korngrenzen haben auf die Leitfähigkeit in Metalloxiden einen großen Einfluss. Häufig behindern Korngrenzen den Transport von Ladungen und Ionen; der Korngrenzwiderstand wird durch eine Raumladungszone verursacht, in der sich keine freien Ladungen befinden. Deshalb wird vermutet, dass sich die Korngrenzen von STF ändern und somit die elektrische Instabilität verursachen. Souza [34] setzt für eine Korngrenze in eisendotiertem SrTiO3 zwei Schottky-Übergänge als Modell an. Die Grenzfläche ist in diesem Modell positiv geladen, was zu einer Verarmung von Sauerstoffleerstellen und Löchern in den Körnern führt. Die positive Korngrenze wird also durch eine negative Raumladungszone der unbeweglichen, negativ geladenen Eisenionen FeTi′ kompensiert. Mit der Poissongleichung lässt sich der Potentialverlauf über eine Korngrenze errechnen (für die mathematische Ausführung siehe [34]). Für Ladungsträger stellt dieser Potentialverlauf eine Barriere dar. Mit zunehmender Reduzierung steigt diese Barriere an, so dass der Widerstand der Probe steigt bzw. die Leitfähigkeit sinkt. Ein Widerstandsanstieg wurde auch bei den Untersuchungen zur elektrischen Impedanz festgestellt (Anhang II). Da die Messungen bei 100 °C durchgeführt wurden, lag bereits der Ausgangswiderstand mit ca. 10 kΩ deutlich über dem Ausgangswiderstand des Leitfähigkeitsmessplatzes (10 Ω, 900 °C). Nach der Alterung (Versuch 8, S. 18) erhöhte sich der Widerstandswert um mehrere Dekaden (die Proben waren weitgehend isolierend), während sich der Widerstand während der Alterung im Leitfähigkeitsmessplatz maximal verdoppelte. Die starke Temperaturabhängigkeit der Widerstandsänderung spricht ebenfalls für eine Veränderung der Korngrenzen. Bei einer hohen Temperatur von 900 °C überwinden die Ladungsträger die Potentialbarriere leichter als bei der niedrigen Temperatur von 100 °C. Der starke Widerstandsanstieg nach 128 h in Bild 4-11 ist auf Rissbildung in der Probe zurückzuführen. Die Risse entstanden nach einer T-Variation von 900 auf 850 °C. 4.4 Elektrische Stabilität 51 sinkender pO2 R/Ω steigender pO2 1E9 1E7 100000 1000 300 Instabilität II Instabilität I 200 100 0 15 30 45 111 125 t/h Bild 4-11 Messplatz Sauerstoffpumpe: Reversibilität bleibt erhalten bis zum Zerspringen der Probe, T = 900 °C Auf die Reversibilität des elektrischen Widerstandes während der RedOx-Sprünge wird in Kapitel 4.5 eingegangen. Um die Ergebnisse zur chemischen und elektrischen Stabilität zu korrelieren, wurde die im Leitfähigkeitsmessplatz gealterte Probe im XRD untersucht. Bild 4-12 zeigt das Ergebnis: Deutlich sind die Eisenauslagerung und Zweitphasenbildung zu erkennen, die auch während der Alterung im Rohrofen festgestellt wurden. Da STF auch in der Sauerstoffpumpe zersetzt wurde, ist die Eisenauslagerung und Zweitphasenbildung kein chemisch initiierter Prozess, der z.B. auf dem Gas Wasserstoff beruht. 52 4 Diskussion 50000 Intensität / cts 40000 30000 20000 10000 0 31 32 33 40 41 42 43 44 45 46 47 48 2Θ / ° Bild 4-12 XRD-Spektren der in der Sauerstoffpumpe gealterten Probe (schwarz), mit Gasmischungen gealterte Probe (grau) Die Zusammenfassung der Ergebnisse zur Untersuchung der elektrischen Stabilität zeigt Bild 4-13. Während Moos [4] und Schreiner [3] ebenfalls STF untersuchten, bezieht sich die Stabilitätsgrenze von Fagg [12] auf STF40. Die durch den Leitfähigkeitsmessplatz ermittelten Stabilitätsgrenzen sind durch Sternchen gekennzeichnet, wobei die Grenze elektrischer Stabilität mit der RedOx-Zyklenanzahl variiert. 1100 1000 λ = 0,7 T / °C 900 800 Moos, interner Bericht, 1995 Schreiner [3] Fagg STF40 [12] 700 RedOx-Zyklen 600 500 50 0 -30 -25 -20 -15 -10 -5 log (pO2 / bar) Bild 4-13 Zusammenfassung elektrische Stabilität 0 4.5 Reversibilität 53 4.5 Reversibilität Die chemische Reversibilität wurde anhand dreier RedOx-Zyklen untersucht. Ein RedOxZyklus bestand aus einer zwölfstündigen Auslagerung in einer 70% H2 / 30% N2 – Gasmischung (Versuch 8, Tabelle 3-1) und einer anschließenden Auslagerung an Luft (12h). Der Versuch fand bei 1000 °C statt. XRD-Untersuchungen ergaben, dass es während jedes Zyklus zu einer Fe-Auslagerung und einer Zweitphasenbildung kam, dass sich diese Zersetzung während der anschließenden oxidierenden Phase aber komplett zurück bildete. Wie Tabelle 3-6 zeigt, wurden an Luft jeweils nahezu identische Gitterkonstanten ermittelt. Fagg stellte für STF40 ebenfalls eine Reversibilität der chemischen Zersetzung fest [12]. Elektrisch war ebenfalls eine Reversibilität der Instabilität zu beobachten. Nach einer mehrstündigen Auslagerung bei 900 °C und bis zu 10-21 bar wurde die STF-Probe einer oxidierenden Atmosphäre ausgesetzt. Nahezu instantan erreichte die Probe ihren Ausgangswiderstand. Diese Ergebnisse widersprechen der Vorstellung, dass Umlagerungen im Kationengitter irreversibel zu einer Änderung des elektrischen Widerstandes führen bzw. dass die Zeitkonstanten für eine Umwandlung in den Ausgangskristall in derselben Größenordnung liegen wie die der Zersetzung. Evtl. liegen die Zeitkonstanten für die chemische Zersetzung tatsächlich in der gleichen Größenordnung wie die für die Umwandlung in das Ausgangskristall. Die XRDUntersuchungen fanden jeweils nach 12 h in reduzierter und 12 h in oxidierte Atmosphäre statt. Dass elektrisch der Widerstand instantan seinen Ausgangswert erreicht, könnte mit der Größe der Eisenausscheidungen zu tun haben. Zwar erhöhten die Eisenpartikel die Gesamtleitfähigkeit, aber gleichzeitig erhöhte sich auch der Bandabstand des Halbleiters aufgrund der geringeren Fe-Konzentration in der Matrix. Außerdem verminderte sich die ionische Leitfähigkeit des Festkörpers. Insgesamt ist es also trotz Umlagerungen im Kationengitter möglich, dass die Leitfähigkeit der Keramik an Luftatmosphäre den gleichen Wert beibehält. 54 4 Diskussion 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung 5.1 Motivation und Herstellung In den vorherigen Kapiteln wurde zum einen gezeigt, dass sich STF in einer reduzierenden Umgebung bei hohen Temperaturen zersetzt. Zum anderen liegt der thermische Ausdehnungskoeffizient von STF über dem der anderen Materialien, aus denen das Multilayersystem Sensor besteht. In dieser chemischen Zusammensetzung ist STF somit nicht als resistives Sensormaterial einsetzbar. In dem Ausblick soll gezeigt werden, dass eine Lanthandotierung stabilisierend auf das Materialsystem Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ wirkt. Grund für den Sprung im thermischen Ausdehnungskoeffizienten von STF (siehe 4.2) ist die hohe Anzahl von Sauerstoffleerstellen, die durch die 35%ige Eisendotierung entstehen (siehe 2.3.2). Wird die Eisendotierung reduziert, vermindert sich auch die Anzahl der Sauerstoffleerstellen. Allerdings bestimmt die Eisenkonzentration (x) ebenfalls die Bandlücke im Halbleiter gemäß Eg = 3,26 – 1,94 x + 0,54 x² eV [26]. Mit einem veränderten Bandabstand verliert STF seine Temperaturunabhängigkeit (siehe 2.3.2). Eine weitere Möglichkeit, die Sauerstoffleerstellenanzahl zu reduzieren, ist die Dotierung von STF mit einem Donator. Die Ionisierungsenergie des Donators liegt unterhalb der Energie, die aufgewendet werden muss, damit Sauerstoffatome das Gitter verlassen und zwei Elektronen abgeben. Der Akzeptor Eisen erhält sein zusätzliches Elektron deshalb vom Donator und nicht von der Sauerstoffleerstelle. Lanthan wirkt sozusagen als Gegendotierung zum Akzeptor Eisen. Mit einer Donatordotierung verschiebt sich das intrinsische Minimum hin zu höheren Sauerstoffpartialdrücken. Der Gesamtwiderstand steigt leicht an. Die Kinetik und die Ansprechzeit des Sensors ändern sich nicht [3] [24]. Mit der üblichen „Mixed-Oxide-Technik“ wurde La0.1Sr0.9(Ti0.65Fe0.35)O3-δ (L10STF) hergestellt, d.h. 10% der Sr-Atome wurden dabei durch La-Atome ersetzt. Problematisch erwies sich während der Präparation, dass Lanthan mit Wasser leicht ein Hydroxid bildet (5.1). Der Rohstoff La2O3 bildete also keine stabile Einwägeform. Es ist somit unwahrscheinlich, dass die La-Dotierung tatsächlich 10% betrug. Rechnet man die Elementverbindungen auf die Molmassen um, erhält man eine verminderte Einwaage von 14,2%, was La0.085Sr0.9(Ti0.65Fe0.35)O3-δ entspräche. ⎯⎯ → 2 La (OH )3 + 3H 2 2 La + 6 H 2O ←⎯ ⎯ (5.1) Deshalb hätte zur Einwaage besser nicht hygroskopisches Lanthanoxycarbonat (LaO)2CO3 verwandt werden sollen. 56 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung 5.2 Messergebnisse und Diskussion 5.2.1 Defektchemie Lanthan wird nach Gleichung (5.2) in das Gitter eingebaut. ( Sr 2+ 1-α Laα3+ ) ( Ti0.65 , Fe0.35 ) O3-δ (5.2) Die Anzahl der ionisierten Lanthanatome lässt sich nach Gleichung (5.3) beschreiben. Dabei ist KD die Massenwirkungskonstante und ED die Ionisierungsenergie von Lanthan. • ⎡ La ⎤ ⋅ n ⎣ ⎦ [ La ] = KD ⋅ e − ED kT (5.3) Alle La-Atome sind als Donator elektrisch aktiv, weil Lanthan schon bei 4,2 K vollständig ionisiert ist [25]. Die entstehenden Elektronen rekombinieren mit den Defektelektronen (siehe Gleichung (2.7)) nach Gleichung (2.8). Es gilt die erweiterte Elektroneutralitätsgleichung (5.4). 2 ⋅ ⎡⎣V0⎤⎦ + p + ⎡⎣ LaSr• ⎤⎦ = n′ + [ FeTi′ ] (5.4) Nach Moos [4] kann es bei einer Lanthandotierung von STO zur Bildung von Sr-Leerstellen ´´ ⎡VSr ⎤ kommen (5.5), was zur Bildung von Ruddlesden-Popper-Strukturen führt. ⎣ ⎦ 1 20 Sr0.9 La0.1TiO3 + O2 → SrO ⋅ 20 Sr0.85 La0.1VSr 0.05TiO3 2 ≡ Sr18 La2Ti20O61 (5.5) Mittels XRD können diese Strukturen der Form Srn+1TinO3n+1 nur für n ≤ 3 detektiert werden. Die in (5.5) beschriebene Struktur liegt also unterhalb der Auflösungsgrenze des XRD. 5.2.2 Messergebnisse Um Informationen über die Gitterstruktur des La-dotierten STF-Pulvers zu erhalten, wurde eine XRD-Untersuchung durchgeführt. Es fällt auf, dass die Peaks der La-dotierten Probe gegenüber den Peaks der undotierten Probe aufgeweitet sind (Bild 5-1). 5.2 Messergebnisse und Diskussion 57 2000 Intensität / cts 1500 1000 500 0 76 78 80 82 84 86 88 2θ / ° Bild 5-1 Abflachung der Peaks, STF (schwarz) LSTF (grau) Während das Indexing bei der STF-Probe eindeutig eine kubische Gitterstruktur ergab, ließ sich den Peaks der La-dotierten Probe keine einphasige, insbesondere keine rein kubische Struktur zuordnen. Wahrscheinlich befand sich das LSTF-Pulver in einem mehrphasigen Zustand. Da sich aber durch Nichtbeachten einiger Peaks beim Indexing eine kubische Struktur mit hohem FoM im Spektrum fand, wurden die HT-XRD-Untersuchungen mittels „pseudokubischem Indexing“ ausgewertet. Bild 5-2 zeigt die Gitterkonstante des undotierten, rein kubischen STF ( ) und die Gitterkonstante des pseudo-kubischen L10STF ( ). Zwar sind sowohl beim STF als auch beim LSTF zwei unterschiedliche Ausdehnungskoeffizienten zu erkennen. Beim LSTF ändert sich die Steigung der Geraden aber nur geringfügig. 58 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung 3.97 3.96 3.95 a/Å 3.94 3.93 3.92 3.91 3.90 3.89 0 200 400 600 800 1000 T / °C Bild 5-2 HT-XRD: Veränderung der Gitterkonstante bei kubischem bzw. pseudo-kubischem Indexing für STF ( ) und L10STF ( ) In Bild 5-3 ist die thermische Ausdehnung von STF (schwarz) und LSTF (grau) über der Temperatur aufgetragen. Die Messung erfolgte mittels Dilatometer. Zur besseren Orientierung ist gestrichelt eine Gerade mit der Steigung des Ausdehnungskoeffizienten bei niedrigen Temperaturen eingefügt. Auch dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass der Ausdehnungskoeffizient durch die LaDotierung stabilisiert wird. Die gleichen qualitativen Ergebnisse wurden für STF40 von Fagg [12] erzielt. Bei einer 40%igen La-Dotierung erreichte Fagg eine vollständige Stabilisierung des Ausdehnungskoeffizienten. Derart hohe Dotierungen kommen für das STF-System nicht in Frage. Bei einer 40%igen LaDotierung erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit der Zweitphasenbildung bei niedrigem Sauerstoffpartialdruck und damit die chemische Instabilität des Materials. Neue Bänder entstünden. Das Material verlöre seine Temperaturunabhängigkeit. Hinzu kommt, dass mit zunehmender Lanthandotierung die Sensitivität des resistiven Materials abnimmt. 5.2 Messergebnisse und Diskussion 59 14 12 ∆ L/L0 *10 3 10 8 6 4 2 0 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 T °C T // °C Bild 5-3 Dilatometerkurve von STF (schwarz) und LSTF (grau), Stützgerade (gestrichelt) -1 Tabelle 5-1 Thermische Ausdehnungskoeffizienten in ppm K Al2O3 0 – 1000 °C 9 – 11 MgO 0 – 1000 °C 13 ZrO2 0 – 1000 °C 9 – 13 Sr(Ti0.65Fe0.35)O3-δ 0 – 400 °C 12 400 – 1000 °C 18 – 19 0 – 400 °C 12 400 – 1000 °C 16 – 17 100 – 300 °C 12.33 ± 0.05 [12] 300 – 800 °C 12.97 ± 0.02 [12] (La0.10Sr0.90)(Ti0.65Fe0.35)O3-δ La0.20Sr0.70Ti0.6Fe0.4O3-δ Das zweite Problemfeld von STF ist seine chemische Instabilität bei niedrigen Sauerstoffpartialdrücken und hohen Temperaturen. Bild 5-4 vergleicht die XRD-Spektren einer gealterten STF- und einer gealterten LSTF-Probe. 60 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung 5000 Intensität / cts 4000 Bereich 1 3000 2000 Bereich 3 Bereich 2 1000 0 30 31 32 33 40 42 44 46 48 2θ / ° Bild 5-4 Teilstabilisierung durch 10%ige Lanthandotierung (grau), STF (schwarz) Der Vergleich der XRD-Spektren zeigt folgendes: Die Ausbildung der 327-Phase (Bereich 1) fällt bei der dotierten Probe geringer aus. Der ursprüngliche STF-Peak (Bereich 2) hat bei der LSTF-Probe eine größere Intensität. Der Eisenpeak der LSTF-Probe ist kleiner als der von STF (Bereich 3). Die Lanthandotierung wirkt stabilisierend auf das Materialsystem Sr(Ti0.65,Fe0.35)O3-δ. Allerdings kann eine 10%ige Dotierung die Eisenauslagerung und Zweitphasenbildung nicht vollständig unterbinden. RedOx-Zyklen zeigen eine Zersetzung im Reduzierten und eine Umwandlung in das Ursprungsgitter im Oxidierten (Tabelle 5-2). 5.2 Messergebnisse und Diskussion 61 Tabelle 5-2 Ergebnisse der RedOx-Zyklen von LSTF Gitterstruktur Gitterparameter 1 pseudo-kubisch 3,904 8 1 Bemerkung 166 mehrphasig mehrphasig, Fe-Auslagerung, Zweitphasenbildung 1 pseudo-kubisch 3,896 8 FoM 151 mehrphasig keine XRD-Analyse 8 mehrphasig, verminderte Umlagerung im Kationengitter 1 pseudo-kubisch 3,896 180 mehrphasig Die stabilisierenden Eigenschaften der Lanthandotierung sollten in zukünftigen Versuchen weiter untersucht werden. Es bleibt zu testen, ob mit einer 20%igen La-Dotierung die gewünschte Stabilisierung bei bestehender Temperaturunabhängigkeit und Sensitivität erzielt werden kann. Zwar erreichte Fagg mit dieser Dotierung keine komplette Stabilisierung des Ausdehnungskoeffizienten [12]. Allerdings ist die Differenz der Ausdehnungskoeffizienten in dem Multilayersystem Sensor so gering, dass eine gute Haftfestigkeit zwischen den Schichten bestehen könnte. Ebenso ist wahrscheinlich, dass eine 20%ige La-Dotierung die Teilstabilisierung im Reduzierten weiter erhöht. Vor weiteren Untersuchungen ist allerdings die Präparationsmethode des Pulvers auf die Zugabe von Lanthanoxycarbonat statt Lanthanoxid umzustellen. 62 5 Ausblick: Stabilisierung durch Lanthandotierung 6 Zusammenfassung Das resistive Material Sr(Ti0.65Fe0.35)O3-δ liegt über einem weiten Temperatur- und Sauerstoffpartialdruckbereich selbst bei großer Unterstöchiometrie als kubischer Perovskit vor. Bei sehr niedrigen pO2-Werten und hohen Temperaturen kommt es allerdings zu einer Zersetzung des Materials. Die Stabilitätsgrenze ist pO2- und T-abhängig. Sie liegt in der gleichen Größenordnung wie die Messbereichsgrenze (λ = 0,7). Bild 6-1 zeigt die Ergebnisse der Untersuchungen. Neben Angaben aus der Literatur (graue Symbole) sind in schwarz die theoretisch (Ansatz Mischkristallsystem ( ), MALT( )) und experimentell (XRD( ), Leitfähigkeit( ), TEM( )) ermittelten Grenzwerte zu sehen. Bei dem TEM-Ergebnis ist zu beachten, dass lediglich eine gealterte Probe (T = 1000 °C, pO2 = 8ּ10-19 bar) untersucht wurde. Das Ergebnis ist nicht als Stabilitätsgrenze, sondern vielmehr als Bestätigung der übrigen Messwerte zu interpretieren. Grundsätzlich gilt: links des Symbols ist STF instabil, rechts davon stabil. 1100 1000 900 λ = 0,7 T / °C 800 XRD (3.3.3) MALT (2.3.1.4) TEM (3.3.5) Leitfähigkeit (3.4.2) 700 600 Moos [38] Leitfähigkeit Schreiner [3] Leitfähigkeit Fagg STF40 [12] XRD, Dil 500 50 Mischkristall (2.3.1) 0 -30 -25 -20 -15 -10 -5 0 log (pO2 / bar) Bild 6-1 Stabilitätsgrenzen von STF über T und pO2 Bereich chemischer Instabilität (grau) Durch gezielte Substitution von Sr durch La kann das Materialsystem stabilisiert und die Stabilitätsgrenze zu niedrigeren Sauerstoffpartialdrücken hin verschoben werden. Die richtige Dotierungskonzentration wurde noch nicht gefunden. 64 6 Zusammenfassung Literaturverzeichnis [1] [2] [3] [4] Schneider, Thomas: Neuartige Abgassensoren für die Gemischregelung in Magermotoren: Untersuchung der Degradation von Sr(Ti,Fe)O3-δ unter realen Betriebsbedingungen. 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2-5 Bereich chemischer Stabilität von SrTiO3 als Funktion des pO2 und der T [5], [10]..8 Bild 2-6 Bereich chemischer Stabilität von SrFeO3-δ als Funktion des pO2 und der T [13], [15], [16], [18]........................................................................................................................8 Bild 2-7 Brownmillerit SrFeO2,5+δ ohne Sr-Atome ( O , V , Fe o x o x Fe ) ...........................9 Bild 2-8 Stabilität von STF als Mischkristallsystem von STO und SFO................................10 Bild 2-9 MALT-Berechnung des Systems Sr-Ti-Fe-O bei T = 900 °C, Abkürzungen sind im Text erläutert........................................................................................................................11 Bild 2-10 TCR von STF für unterschiedliche EF0 ..................................................................15 Bild 3-1 Übersicht Alterungsversuche ..................................................................................17 Bild 3-2 Versuchsaufbau Alterungen; Gasversorgung (1), Gasmischbatterie (2), Blubberflasche und Thermostatbecken (3), Rohrofen mit Probe (4), λ-Sonde (5), Blubberflasche (6)................................................................................................................19 Bild 3-3 Links gealterter STF-Keramik, rechts ungealteter STF-Keramik .............................20 Bild 3-4 Zerborstene Keramik; das Innere ist ungealtert, der Randbereich ist gealtert ...........20 Bild 3-5 Pulverschüttungen nach Auslagerungen..................................................................20 Bild 3-6 Ungealterte STF-Keramik.......................................................................................21 Bild 3-7 Ausgelagerte STF-Keramik (Versuch 2) ................................................................21 Bild 3-8 Gealterte STF-Keramik (Versuch 6) .......................................................................21 Bild 3-9 Bruchfläche; während der Alterung gebrochen .......................................................21 Bild 3-10 Prinzip XRD – Rietveld-Refinement; gemessenes XRD-Spektrum (1), Diskretisierung (2), errechnetes Spektrum (3)......................................................................22 Bild 3-11 XRD-Spektrum nach unterschiedlichen Alterungen ..............................................25 Bild 3-12 Versuchsaufbau Hochtemperatur-XRD.................................................................26 Bild 3-13 HTXRD: Gitterkonstante von STF, grau hinterlegt der Messbereich des Sauerstoffsensors .................................................................................................................26 Bild 3-14 Gitterparameter von STF in Luft ( ), N2 ( ) und 10% H2 in N2 ( ), grau hinterlegt der Messbereich des Sauerstoffsensors .................................................................27 70 Abbildungsverzeichnis Bild 3-15 TEM-Aufnahme von STF, EDXS-Aufnahmen ( ) ...............................................28 Bild 3-16 TEM-Aufnahme von JSI_bulk_4 (gealtert mit 5% H2, 900 °C); links Ausscheidung, rechts Lamellenstruktur ................................................................................29 Bild 3-17 TEM-Aufnahme eines gealterten STF-Kristalls, lamellare Strukturen (1), Eisenausscheidungen (2), Matrix (3) ....................................................................................29 Bild 3-18 EDX-Scan der Eisenausscheidung (schwarz) im Vergleich mit dem Scan der Matrix (grau) ...................................................................................................................................29 Bild 3-19 Versuchsaufbau Thermogravimetrie .....................................................................29 Bild 3-20 Massenänderung von STF-Pulver ( ) und STF-Keramik ( ) nach einem Gaswechsel N2 – Luft...........................................................................................................29 Bild 3-21 Massenänderung mit steigender Temperatur von STF (grau) und Saphir (schwarz) .............................................................................................................................................29 Bild 3-22 Aufbau Dilatometer ..............................................................................................29 Bild 3-23 Längenänderung einer STF-Keramik beim Aufheizen in Luft (schwarz) und Stickstoff (grau), Führungslinie (gepunktet) .........................................................................29 Bild 3-24 DSC-Ergebnis von STF ........................................................................................29 Bild 3-25 Schematischer Aufbau der Sauerstoffpumpe [36]..................................................29 Bild 3-26 Widerstand R einer STF-Probe B über RedOx-Zyklen, 900 °C .............................29 Bild 3-27 Zersetzung von STF bei 900 °C, Widerstand: schwarz, Nernstspannung: grau ......29 Bild 3-28 Leitfähigkeit mehrerer RedOx-Zyklen (schwarz) über pO2 bei 900 °C, σ ∝ pO20,25 (grau) ...................................................................................................................................29 Bild 4-1 Lineare Längenausdehnung von STF ( ), MgO (1), Al2O3 (2), ZrO2 (3) und MgAl2O4-Spinell (4) an Luft ................................................................................................29 Bild 4-2 Dilatometermessung: Ausdehnung von STF über T in Luft und Stickstoff ..............29 Bild 4-3 XRD-Spektrum STF ungealtert...............................................................................29 Bild 4-4 STF gealtert (schwarz, Versuch 8) und ungealtert (grau).........................................29 Bild 4-5 STF gealtert (Versuch 8) mit Fe-Auslagerung (grau, JCPDS-Kartei Nr. 06-0696)...29 Bild 4-6 STF gealtert (Versuch 8), Sr3Ti2O7 (hellgrau, JCPDS-Kartei Nr. 78-2479), Sr3Fe2O7 (dunkelgrau, JCPDS-Kartei Nr. 70-1395) .............................................................................29 Bild 4-7 STF gealtert (Versuch 8), STO (hellgrau, JCPDS-Kartei Nr. 89-4934), SFO (dunkelgrau, JCPDS-Kartei Nr. 40-0905) .............................................................................29 Bild 4-8 Zusammenfassung chemische Stabilität ..................................................................29 Bild 4-9 Kennlinie von STF ohne Instabilitäten nach Schreiner [3].......................................29 Bild 4-10 Messplatz Sauerstoffpumpe: Sensorkennlinie bei 900 °C ohne Einstellen des Gleichgewichts bei mittleren Sauerstoffpartialdrücken .........................................................29 71 Bild 4-11 Messplatz Sauerstoffpumpe: Reversibilität bleibt erhalten bis zum Zerspringen der Probe, T = 900 °C.................................................................................................................29 Bild 4-12 XRD-Spektren der in der Sauerstoffpumpe gealterten Probe (schwarz), mit Gasmischungen gealterte Probe (grau)..................................................................................29 Bild 4-13 Zusammenfassung elektrische Stabilität................................................................29 Bild 5-1 Abflachung der Peaks, STF (schwarz) LSTF (grau) ................................................29 Bild 5-2 HT-XRD: Veränderung der Gitterkonstante bei kubischem bzw. pseudo-kubischem Indexing für STF ( ) und L10STF ( ) ...............................................................................29 Bild 5-3 Dilatometerkurve von STF (schwarz) und LSTF (grau), Stützgerade (gestrichelt)..29 Bild 5-4 Teilstabilisierung durch 10%ige Lanthandotierung (grau), STF (schwarz) ..............29 Bild 6-1 Stabilitätsgrenzen von STF über T und pO2 Bereich chemischer Instabilität (grau)..29 Bild II-2 Ersatzschaltbild des idealisierten Systems Elektrode, Keramik, Elektrode..............29 Bild II-3 Nyquist-Plot des idealisierten Systems Elektrode, Keramik, Elektrode...................29 Bild II-4 Nyquist-Plot STF bei 50 °C mit Variation der rel. Feuchte.....................................29 Bild II-5 Logarithmischer Nyquistplot einer ungealterten Probe (schwarz) und zweier gealterten Proben (dunkelgrau, hellgrau) ..............................................................................29 72 Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 2-1 Physikalische Konstanten Defektchemie STF ....................................................16 Tabelle 3-1 Übersicht Alterungsversuche .............................................................................18 Tabelle 3-2 Vergleich der Gitterparameter von SiO2 Datenbank vs. indexing .......................23 Tabelle 3-3 Gitterparameter STF35 ......................................................................................23 Tabelle 3-4 Bestimmung der Gitterparameter mittels TEM und Literaturangabe...................24 Tabelle 3-5 Gitterebenenabstände und –struktur nach Alterung von STF ..............................24 Tabelle 3-6 Ergebnisse der RedOx-Zyklen ...........................................................................25 Tabelle 3-7 TEM-Ergebnisse der untersuchten Proben .........................................................28 Tabelle 3-8 Prozentuale Elementverteilung der untersuchten Proben ....................................29 Tabelle 3-9 elektrischer Widerstand bei unterschiedlichen Gaszusammensetzungen .............29 Tabelle 4-1 Linearer thermischer Ausdehnungskoeffizient α ................................................29 Tabelle 5-1 Thermische Ausdehnungskoeffizienten in ppm K-1 ............................................29 Tabelle 5-2 Ergebnisse der RedOx-Zyklen von LSTF...........................................................29 Tabelle I-1 Sauerstoffpartialdruck in Abhängigkeit der Gasmischung bei 1000 °C ...............29 74 Tabellenverzeichnis I. Bestimmung des pO2 In Luftatmosphäre beträgt der Sauerstoffpartialdruck pO2 = 0,2 bar. In einer 100%igen Stickstoffatmosphäre erreicht man einen Sauerstoffpartialdruck von pO2 = 10-4 bar. Durch Diffusionsprozesse entweicht der Großteil des Sauerstoffs aus dem System. Zur Herstellung einer reduzierten Atmosphäre wird ein H2 / N2 – Gasgemisch verwendet. Der Wasserstoff bindet den Restsauerstoff, der sich im Probenraum befindet, unter der Bildung von Wasser (I.1). Aus ⎯⎯ → H 2 + 1 O2 H 2O ←⎯ ⎯ 2 (I.1) folgt pO2 ( T ) = K 2 Gg (T ) ⎛ ⋅⎜ ⎝ pH 2O ⎞ ⎟ pH 2 ⎠ 2 (I.2) mit der Massenwirkungskonstante 0 K Gg (T ) = K Gg ⋅e − EGg kT (I.3) 1 0 K Gg = 906,6 bar 2 und EGg = 2,587 eV können aus der Literatur entnommen werden [4]. Aus Formel (I.2) wird deutlich, dass der Sauerstoffpartialdruck nicht nur vom Wasserstoffpartialdruck pH2 und der Probentemperatur T abhängt, sondern ebenso vom Wasserdampfpartialdruck pH2O. Deshalb werden die eingeleiteten Gase, bevor sie den Rohrofen durchströmen, durch eine Befeuchtung geführt, die in einem temperierten Wasserbad steht. Die Feuchte der Gase und somit der pH2O hängen von der Wasserbadtemperatur ab. Der Dampfdruck von Wasser über der Temperatur ist in [33] aufgeführt. Bei 10 °C beträgt der Dampfdruck des Wassers pH2O = 0,012281 bar, bei 45 °C 0,095898 bar. Der Gesamtdruck des nach außen hin offenen Systems beträgt ca. 1 bar und setzt sich aus dem Sauerstoff-, Wasser- und Wasserstoffpartialdruck zusammen: pges ≈ 1 bar = pN2 + pH2 + pH2O + pO2 (I.4) Für die Experimente wird Stickstoff 5.0 verwandt, der eine Reinheit > 99,999Vol.% aufweist. Angenommen, die Unreinheit beschränkt sich auf Wasserdampf, befindet sich weniger als 0,001Vol.% Wasserdampf im N2-Gas. Bei einer 10%igen H2 / N2 – Gasmischung liefert die Unreinheit des Stickstoffs einen Beitrag zum Wasserpartialdruck von 9 ּ 10-6 bar. Das entspricht einer Erhöhung um 0,07%. Somit ist die Verunreinigung des Stickstoffs mit Wasserdampf bei der Berechnung des pO2 vernachlässigbar. Angenommen die Unreinheit besteht ausschließlich aus Sauerstoff (pO2,N2 = 9 ּ10-6 bar bei 10%igen H2 / N2 – Gasmischung), so reagiert der Sauerstoff mit dem Wasserstoff zu Wasser (I.1). Dadurch erhöht sich der Wasserpartialdruck um pH20 = 3 ּ pO2,N und der Wasserstoffpartialdruck wird um pH2 = 2 ּ pO2,N gesenkt. Insgesamt wird der Sauerstoffpartialdruck um 76 Anhang I 1,85 ּ 10-19 bar oder 0,45% erhöht. Somit ist auch eine Verunreinigung des Stickstoffs durch Sauerstoff vernachlässigbar. Für alle anderen H2 / N2 – Gasmischungen fällt der Beitrag der Verunreinigung sogar geringer aus. Zur Kontrolle der reduzierenden Atmosphäre wurde den Alterungsöfen eine LSM11 Lambdasonde9 nachgeschaltet. Diese potentiometrische Sonde beruht auf dem Nernstschen Prinzip. Ihre Spannung ist eine Funktion des Sauerstoffpartialdrucks (I.5) und ist in Tabelle I-1 aufgeführt. Uλ = RT ⋅ ln 2F pO2 Luft pO2 Abgas (I.5) Das Gas wird im Ofen auf 1000 °C geheizt. Anschließend kühlt das Gas in der Schlauchverbindung zwischen Rohrofen und Lambdasonde auf Raumtemperatur ab, so dass es zur Kondensation von Wasser am Schlauchrand kommt. Der pH2O und somit der pO2 sind in der Messkammer der Lambdasonde folglich geringer als im Rohrofen. Deshalb lassen sich aus den gemessenen Spannungen qualitative, aber keine quantitativen Schlüsse ziehen. Für eine Ofentemperatur TOfen von 1273 K, einer Wasserbadtemperatur TWasserbad von 10 °C bzw. 45 °C und verschiedenen H2 / N2-Gasmischungen ergeben sich folgende Sauerstoffpartialdrücke: Tabelle I-1 Sauerstoffpartialdruck in Abhängigkeit der Gasmischung bei 1000 °C pO2 / bar Gasgemisch TWasserbad / °C Uλ / V 2 ּ 10-1 Luft - 0,00 1 ּ 10-4 100 % N2 - 0,19 4,06 ּ 10-17 10 % H2 / 90 % N2 10 1,07 1,02 ּ 10-17 20 % H2 / 80 % N2 10 1,10 1,63 ּ 10-18 50 % H2 / 50 % N2 10 1,14 8,29 ּ 10-19 70 % H2 / 30 % N2 10 1,141 - 1,148 2,48 ּ 10-15 10 % H2 / 90 % N2 45 - 9 Robert Bosch GmbH, Erstausrüstungs-Informationen Lambda-Sonden, Stuttgart, 1995 II. Elektrische Impedanzspektroskopie Ziel der Untersuchungen mittels elektrischer Impedanzspektroskopie (EIS) war es, Erkenntnisse über den Alterungsvorgang von STF in reduzierenden Atmosphären zu gewinnen. Als Arbeitshypothese wurde vermutet, dass der Widerstandsanstieg während der Alterung durch eine Veränderung der Korngrenzen verursacht wird. Aufgrund von Messproblemen bei der EIS von STF konnte diese These nicht bestätigt werden. Um zukünftigen Arbeiten zu diesem Thema den Einstieg zu erleichtern, sollen hier trotzdem kurz die Messungen beschrieben und auf einige Messprobleme hingewiesen werden. Die Einleitung zur elektrischen Impedanzspektroskopie wurde [35] entnommen. Impedanzmessungen bieten die Möglichkeit, verschiedene Beiträge zum Ladungstransport (Probenvolumen, Korngrenzen, Elektroden) innerhalb des Festkörpers zu separieren. An eine STF-Keramik wird eine Wechselspannung der Form Uˆ = U 0 ⋅ e jωt (II.6) angelegt, so dass bei linearem Verhalten ein Strom entsteht: j ωt +Φ Iˆ = I 0 ⋅ e ( ) (II.7) Es resultiert ein komplexer Widerstand, der nach (II.8) definiert ist. Uˆ Zˆ = = Zˆ ⋅ e jΦ Iˆ (II.8) Die Darstellung erfolgt im Nyquistplot (Im{Z} über Re{Z}) oder im Bode-Diagramm (log |Z| über log f und φ über log f). Zur Interpretation der EIS-Messergebnisse wird ein elektrisches Ersatzschaltbild entworfen, das eine Idealisierung der realen Prozesse im Festkörper repräsentiert. Das Ersatzschaltbild besteht meist aus einem Konstantphasenglied (reeller Widerstand) und mehreren RCGliedern. Für den Aufbau Elektrode – Keramik – Elektrode ergibt sich folgendes Modell (Bild II-2), das noch um die induktiven und reellen Beiträge der Kontaktierung erweitert werden kann. Neben dem reinen Keramikbeitrag (Rbulk) lassen sich Korngrenzbeiträge (RKG) und Elektrodenbeiträge (REl) identifizieren. Bild II-2 Ersatzschaltbild des idealisierten Systems Elektrode, Keramik, Elektrode Um den Einfluss der Kontaktierung auf die Gesamtimpedanz möglichst gering zu halten, wird meist eine Vierpunktkontaktierung verwandt, bei der der stromführende Pfad und der Pfad zur Spannungsmessung getrennt werden. So wird das Ergebnis nicht durch einen Spannungsabfall 78 Anhang II über der Leitung verfälscht. Bild II-3 zeigt einen Nyquist-Plot des idealisierten Systems. In der Praxis existieren lokal unterschiedliche R- und C-Werte. Diese Nichtlinearitäten führen dazu, dass die gemessenen Impedanzverläufe nahezu immer vom idealen Halbkreis-Verlauf abweichen. Typischerweise sind die gemessenen Halbkreise flacher, die Mittelpunkte liegen unterhalb der reellen Achse. Bild II-3 Nyquist-Plot des idealisierten Systems Elektrode, Keramik, Elektrode Die Separierbarkeit der verschiedenen Impedanzanteile wird durch die unterschiedlichen Relaxationszeiten der Prozesse begrenzt. Es gilt: ω0 = 1 τ = 1 RC (II.9) Aufgenommen wurden die Impedanzspektren durch die Analysegeräte „Zahner IM6“ bzw. „Novocontrol High Resolution Dielectric Analyzer“. Als Kontaktierung erwiesen sich das Aufbringen von Silberleitlack, das Anlegen von Goldnetzen und das Einspannen mit Gold-Federstiften in eine Teflonmesskammer als ungünstig. Die Umwicklung mit Platindraht bzw. das Einbrennen von Platinkontakten war als Kontaktierung aber geeignet. Neben dem Einsatz als resistiver Sauerstoffsensor wird SrTiO3 auch zur Detektion von Feuchte eingesetzt [4]. Um zu evaluieren, welchen Einfluss die Feuchte der umgebenden Atmosphäre auf die Spektren hat, wurde die relative Feuchte von 15% über 30% zu 85% in einer Klimakammer geregelt. Man erkennt, dass Messungen bei niedrigen Temperaturen ohne definierte Feuchte nicht reproduzierbar sind (Bild II-4). Elektrische Impedanzspektroskopie 79 0 Im (Z) / Ω -5000 -10000 -15000 85% RF 30% RF 15% RF -20000 -25000 -30000 0 20000 40000 60000 80000 Re (Z) / Ω Bild II-4 Nyquist-Plot STF bei 50 °C mit Variation der rel. Feuchte Die aufgenommenen Spektren wurden mit der Software ZView 2.80 gefittet. Dabei wurden Ersatzschaltbilder mit zwei RC- bzw. RQ-Gliedern mit seriellem R zugrunde gelegt. In-situ-Messungen bei hohen Temperaturen (1000 °C) waren nicht möglich. Deshalb wurden die STF-Keramiken einer Eingangsmessung unterzogen, gealtert (70% H2, 30% N2, 1000 °C, 12 h, Versuch 8) und erneut vermessen. Während sich das EI-Spektrum der ungealterten Probe durch ein RC-Glied anfitten ließ, waren bei den gealterten Proben mindestens zwei Prozesse und damit zwei RC- bzw. RQGlieder zu erkennen. Der Widerstand der gealterten Probe ist während der Alterung um ca. den Faktor 1000 angestiegen. Bei weiteren Messungen kam es wiederholt zum Brechen der Keramiken während der Alterung. Um die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu testen und den Einfluss des Messplatzes zu evaluieren, wurden die Messungen an einem modifizierten Messplatz wiederholt. Diese gealterten Proben waren bei 100 °C vollständig isolierend, so dass das aufgenommene Spektrum nicht durch ein elektrisches Ersatzschaltbild angefittet werden konnte. Da die gealterten Proben am Leitfähigkeitsmessplatz bei 900 °C durchaus eine elektrische Impedanz aufwiesen, könnten die Korngrenzen bei 100 °C elektrisch isolierend, bei 900 °C elektrisch leitend sein. Aufgrund der hohen Änderung der Polarisationswiderstände sind zur Identifizierung einzelner Prozesse deshalb In-situ-Messungen nötig. Bild II-5 macht den enormen Anstieg des Widerstandes mit zunehmender Alterung deutlich. Ob es überhaupt zu einer Veränderung an den Korngrenzen mit der Alterung von STF kommt, bleibt bei Abschluss dieser Arbeit unklar. XRD- und TEM-Untersuchungen belegen allerdings die Ausbildung ganzer Eisenkörner und nicht nur Eisenanlagerungen an den Korngrenzen. 80 Anhang II Alterung 70% H2 10 10 Alterung 10% H2 Im (Z) / Ω ungealtert 10 8 10 6 10 4 10 2 10 0 0 10 2 10 4 10 6 10 10 8 10 10 Re (Z) / Ω Bild II-5 Logarithmischer Nyquistplot einer ungealterten Probe (schwarz) und zweier gealterten Proben (dunkelgrau, hellgrau)