20 | Magdeburger Lokalanzeiger Volksstimme Donnerstag, 16. März 2017 Westernplan: Abwechslung und Gartengrün Serie Neues Bauen in den 1920er Jahren: Siedlung Westernplan war zunächst als Gartenstadt geplant / Neues Bauen in der Gellertstraße Siedlung Westernplan Kurzinterview Oasen mitten im Viertel -Straße tein ße stra lert Gel e Fr eih e rrvo m t r. ß Stra fer do r -S aße rnstr n Ebe Nexö- S ndersenMartin-A e lstraß Röde ter-Straße Albert-Va Im Gespräch mit Werner Kaleschky, Baubeigeordneter a. D. Gage Grundschule Stadtfeld straße Herder Wilhelmstädter Platz Grafik: ProMedia Barleben GmbH Kartenmaterial: © OpenStreetMap-Mitwirkende Die Volksstimme beleuchtet in einer Serie Magdeburger Siedlungen, die vor 100 Jahren das Neue Magdeburger Bauen begründeten. Inspiriert von der Bauhausbewegung gab es ihr zugleich frühe Impulse: Mit pfiffigen Konzepten wurde modern, farbig und sozial auf die Wohnungsnot Stadtfeld Ost (kai) l Die Siedlung Westernplan und Gellertstraße wird nur in Teilen zu den Projekten des Neuen Bauens gerechnet. Insgesamt jedoch stellt sie eine wichtige städtische Siedlung der 1920er und der ersten Hälfte der 1930er Jahre dar. Sie entstand im städtischen Siedlungsprogramm im nordöstlichen Bereich der damaligen Wilhelmstadt in gemischter Bauweise. 825 Wohnungen wurden hier errichtet. Baustart für diesen bedeutenden Komplex des sozialen Wohnungsbaus war 1923, 13 Jahre später wurden die letzten Gebäude fertig. Bauherr war die Heimstätten Baugenossenschaft Magdeburg GmbH, in der Gellertstraße setzte ein privater Bauherr Prioritäten. Der Entwurf für die Siedlung insgesamt stammt von Bernhard Lippsmeier. Die Planung für die Gellertstraße erledigte Maximilian Worm, ein Architekt des Neuen Bauens, der eng mit Carl Krayl zusammenarbeitete. Unter Denkmalschutz Beim Westernplan handelt es sich um eine große Wohnanlage mit zahlreichen Mehrfamilienhauszeilen unterschiedlichen Baustils. Im Kernbereich hat sie Gartenstadtcharakter. Baudenkmal, Gebäude Baudenkmal, Freifläche Denkmalbereich Umgebungsschutz reagiert. Die Ausstellung „Magdeburger Moderne – Siedlungen der 1920er Jahre“ des Stadtplanungsamtes im Iba-Shop zeigt die Hintergründe des Neuen Bauens. Die Volksstimme begleitet die Schau mit einer achtteiligen Serie über die wichtigsten Siedlungen. Heute (7): Der Westernplan. Blick in die Martin-Andersen-Nexö-Straße mit den markanten runden Fassadenelementen. Foto: Norbert Perner Volksstimme: Was ist für Sie das Besondere am Westernplan? Werner Kaleschky: Hier ist der Übergang von der reinen Gartenstadtsiedlung zu einer mit unterschiedlicher Geschossigkeit und Architektur hervorragend gelungen. Damit verbunden sind hohe Wohnqualität und grüne Oasen. Im Westernplan wohnen über 2000 Bürger. Ich habe dort ein Drittel meines Lebens verbracht und Die Friedrich-Naumann-Straße von heute. Sie war schon damals far- wie andere ein ausgeprägtes big. Foto: Norbert Perner Heimatgefühl zur Siedlung behalten. Die Siedlung Lage der Siedlung: zwischen Albert Vater-Straße, Ebendorfer und Freiherrvom-Stein-Straße sowie Motzstraße Bauzeit: 1923-1936 Entwürfe/Architekt: Bernhard Lippsmeier Straßen im Westernplan: Gagernstraße, Rödelstraße, Westernplan, Röntgenstraße, Martin-Andersen-NexöStraße u. a. Lippsmeier hatte sie als solche im traditionalistischen Stil geplant. Zweigeschossige Bauten mit Steildach dominierten. In den Außenzonen dieses Bereiches und im weiteren Umfeld entstand dreigeschossige Bebauung mit Steildach. In der Gellertstraße jedoch wurde vom Bauherrn zwei- bis dreigeschossige Blockrandbebauung mit Flachdach favorisiert. Die Wohnblocks Gellertstraße 14 bis 20 und Freiherr-vomStein-Straße 20 bis 24 entstanden 1929 bis 1930. Diese tragen die Handschrift des Neuen Bauens durch Maximilian Worm. Die Anlage steht hier als Beispiel des funktionalen Architekturstils der 1920er Jahre unter Denkmalschutz, Toreinfahrt Klopstockstraße/Zum Westernplan um 1924. Die Toreinfahrt Klopstockstraße im Westernplan, fotografiert im Foto: Norbert Perner Foto: Stadtarchiv Jahr 2016. Die Freiherr-vom-Stein-Straße / Ecke Röntgenstraße von 1927/29. Die Freiherr-vom-Stein-Straße / Ecke Röntgenstraße 2016 als Ver Foto: Stadtarchiv gleichsfoto zur historischen Aufnahme links. Foto: Stadtplanungsamt ebenso der Block Steinstraße/ Uhlichstraße. Seit vielen Jahren treibt die WBG von 1893 in der Siedlung die denkmalgerechte Sanierung voran. Loggien und Farbfassade Am bis 1926 errichteten Baublock zwischen Ebendorfer und Martin-Andersen-Nexö-Straße gehören Lisenen an Eingangs- bereichen und rote Dächer mit gleichmäßig verteilten Satteldachgauben zu den Gestaltungsmerkmalen. Der mittlere Abschnitt von Martin-Andersen-Nexö- bis Rödelstraße wurde von 1927 bis 1930 errichtet. Loggien, Balkone und farbliche Absetzungen gliederten die Fassaden deutlich. Der östliche Bauabschnitt entstand von 1930 bis 1936 mit dreigeschossigen Häusern. Architektonisch und städtebaulich weist die Siedlung mit Details wie kleine Platzgestaltung und einheitliche Vorgartengestaltung abwechslungsreiche Straßenräume auf. Ab 1933 erhielt die Planungsgemeinschaft Krayl/Worm keine öffentlichen Aufträge mehr von den Nationalsozialisten. Quellen: Weiße Reihe, Architekturführer, Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt. Bisher erschienen: Angersiedlung (3. November 2016), Siedlung Cracau (14. November 2016), Curiesiedlung (6. Februar), Gartenstadt Reform (13. Februar) Beimssiedlung (20. Februar) Siedlung Heimat, (2. März) Eric Hetke: „Ich wohne seit ca. drei Jahren im Westernplan und mir gefällt vor allem die Wohnsituation: gemütliche kleine Häuser mit nur sechs Parteien. Außerdem liegt die Siedlung sehr zentral. Wenn die Baustellen bald weg sind, wird es hier noch schöner.“ Steffi Kusig: „Seit 38 Jahren wohnen wir nun schon hier. Die Stadtnähe und Anbindung ist einfach toll. Außerdem ist unsere Siedlung sehr grün. Wenn man aus dem Fenster in das bepflanzte Karree schaut und die Vögel zwitschern, hat man gleich gute Laune.“ Lothar Kusig: „Man muss unsere Genossenschaft loben. Die Mitarbeiter sind sehr entgegenkommend, haben immer ein offenes Ohr, reparieren und sanieren viel. Wir hatten noch nie Probleme und das trägt natürlich dazu bei, dass wir uns zu Hause sehr wohl fühlen.“ Mandy Götz: „Ich finde es toll, dass wir hier kleine Gartenstücke hinter den Häusern haben. So hat man seine eigene kleine, grüne Oase mitten in der Stadt. Auch die Wohngemeinschaft ist toll, man unterstützt sich und verbringt auch gerne Zeit miteinander.“ Umfrage: Laura Kaczmarek Alexander Strehlow: „Ob Kindergärten, Schulen oder Einkaufsmöglichkeiten – wir haben alles in der Nähe, das gefällt mir. Ohne direkte Hauptstraße ist es hier auch ruhig. Außerdem mag ich den Baustil, das macht die Wohnung besonders“. Unfrage: Laura Kaczmarek Hat hier und anderswo der genossenschaftliche Wohnungsbau Zukunft? Unbedingt. In Magdeburg reicht ja die Tradition fast 100 Jahre zurück. Moderner Genossenschaftsbau unter sozialem Aspekt ist auch heute Realität. Im Westernplan wird von der WBG 1893 investiert, bis 2021 ca. 7,1 Millionen Euro. Genossenschaften wie „Otto von Guericke“ und „MWG“ errichten mit der Wobau Häuser im Breiten Weg. Die MWG wird an der Erzbergerstraße den Luisenturm bauen. Die Neubauten bieten barrierefreies, energieeffizientes und bezahlbares Wohnen. ➡ Nachgefragt: Wie lebt es sich heute im Westernplan? Ina Knebel-Ruppert: „Bis auf die Parkplatzsituation liebe ich unsere Siedlung. Das Ordnungsamt verteilt oft Strafzettel, selbst wenn niemand behindert wird. Vor allem am Wochenende wird es eng. Ich kenne viele, die deshalb schon weggezogen sind.“ Als langjähriger Baubeigeordneter können Sie sicher bestätigen, dass hier viel getan wurde. Ja, und die Sanierung der Wohnbauten in der Albert-Vater-Straße war vor der Buga von 1994 bis 1998 absoluter Schwerpunkt. 5,5 Millionen Euro wurden aufgewendet. Später hat die Wohnungsbaugenossenschaft von 1893 kraftvoll die denkmalgerechte Sanierung fortgesetzt und nun weitestgehend abgeschlossen, bis hin zum „Familienhaus im Westernplan“. Hier gibt‘s mehr Die Ausstellung „Siedlungen der 20er Jahre“ im Iba-Shop, Regierungsstraße 37, ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen, Eintritt frei. Die in den 1920er Jahren gebauten Siedlungen setzten sowohl gestalterisch als auch funktional neue Maßstäbe im sozialen Wohnungsbau. Durch Kostenoptimierung und Einsatz neuer Materialien boten sie ihren Mietern gut belichtete und belüftete Wohnungen sowie ein attraktives Wohnumfeld. Der Baustil zeichnet sich durch klare Linien, kubische Baukörper und Farbe an den Fassaden und in den Wohnungen aus. Gestaltet wurde die Schau vom Stadtplanungsamt, der perner&schmidt werbung und design GmbH und Wohnungsgesellschaften. Kurator ist der Architekt Dr. Eckhart Peters. Redaktion dieser Seite: Rainer Schweingel/ Karl-Heinz Kaiser