Eine Reise zum Mittelpunkt Deutschlands

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ThürStAnz Nr. 49/2001 vom 03.12.2001
Eine Reise zum
Deutschlands
Mittelpunkt
Die Ausstellung Opfermoor Vogtei –
Über die Resultate einer „Wendeidee“
Als noch in der Euphorie der Wendezeit,
im Zusammenhang mit Vermessungsarbeiten, der Mittelpunkt des vereinigten
Deutschland südlich von Mühlhausen,
nahe der so genannten Vogteidörfer
Oberdorla, Niederdorla und Langula fixiert wurde, setzten auch die Bemühungen ein, dieses Faktum touristisch
zu vermarkten. Ein „Mittelpunktverein“
wurde gegründet und ein Organisationsbüro eingerichtet. Im Zusammenhang mit Überlegungen, was
man denn sinnfällig Touristen an diesem
Ort präsentieren könnte, eröffnete sich
die ungeahnte Chance, Erkenntnisse
wissenschaftlicher Arbeit zu dokumentieren, die vor Ort bei Ausgrabungsarbeiten des Weimarer Museums für Urund Frühgeschichte in den Jahren 1957
bis 1964 gesammelt werden konnten.
Unter der Leitung von Professor Dr.
Günther Behm-Blancke war damals eine
der
bis
heute
bedeutendsten
bekannten Kultstätten archäologisch
untersucht worden, die Funde aus 1 000
Jahren Kultgeschichte erbracht hatte.
Nachgewiesen werden konnten der
Beginn von Opfertätigkeit im 6. Jahrhundert v. Chr. und eine kontinuierliche
Nutzung des Platzes bis in das 5./6. Jahrhundert n. Chr.
Die gesamten Grabungsfunde wurden
im Museum für Ur- und Frühgeschichte
deponiert und dort auch wissenschaftlich bearbeitet.
Das Organisationsbüro erhielt den Auftrag, nahe der ehemaligen Grabungsstätte eine Ausstellung mit den bedeutendsten Funden aus dem Opfermoor
aufzubauen. Diese Aufgabe kam den
Wünschen des Ausgräbers Professor
Behm-Blancke entgegen. Ein Museumsgebäude wurde errichtet und unter
aktiver Mitwirkung der Landesarchäologin Frau PD Dr. Sigrid Dusek
gelang es in relativ kurzer Zeit, die Ausstellung in dem neuen Gebäude zu
installieren.
Zur Verwaltung und Betreuung wurde
aus den drei Anliegergemeinden ein
Zweckverband gebildet. Betrieben wird
die Einrichtung mit einem durch den
Zweckverband eingesetzten Geschäftsführer und ABM-Kräften. Zur Erhöhung
der Attraktivitäten wurde nach Vorstellungen des Professors Behm-Blancke
am See, der durch die Ausgrabungen
sowie durch Torfsticharbeiten entstanden war, begonnen, eine germanische
Siedlung sowie die bedeutendsten
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Heiligtümer der Kultstätte aufzubauen.
Bei der Siedlung handelt es sich um
Rekonstruktionen von Gebäuden aus
dem 3. Jahrhundert, die 800 m nordwestlich vom Opfermoor aufgefunden
worden waren. Neben zwei eingetieften
Grubenhäusern und einem gestelzten
Speicher wurde ein Häuptlingshaus
(Wohnstallhaus) aufgebaut. Die Bauarbeiten leisteten ABM-Kräfte. Das Bauholz für den originalgetreuen Nachbau
der Gebäude wurde im Wald selbst
geschlagen, Weiden für Flechtwerk
geschnitten und auch das Schilf für die
Dacheindeckung wurde durch ABMKräfte selbst geerntet. Zur Einfriedung
der Anlage wurde auf der Nordseite ein
450 m langer Zaun angepflanzt. Um die
Freilichtanlage für Besucher zugänglich
zu machen, entstanden in dem sumpfigen
Gelände über 400 m Wege. Zwischen
den beiden Seen wurde ein Weg mit
einer Länge von 200 m als Knüppeldamm aus Rundhölzern aufgebaut, der
es ermöglichte, die germanische Siedlung vom Mittelpunkt aus zu erreichen.
Später wurde dieser durch einen Rasenweg ersetzt. Der Aufbau der gesamten
Anlage erstreckte sich über den Zeitraum von vier Jahren. Im Jahr 1997
konnten die letzten Arbeiten am Häuptlingshaus abgeschlossen werden.
Jedoch die Freude über das Geleistete
war von kurzer Dauer. Am 7. Februar
1998 wurden die Gebäude ein Opfer von
Flammen. Durch Kinderhand entfacht,
brannte in wenigen Minuten nieder, was
mit viel Fleiß und Mühe über Jahre entstanden war. Nach kurzer Zeit der
Unentschlossenheit wurde der Beschluss zum Wiederaufbau gefasst.
Entscheidenden Einfluss hatten dabei
der Landrat Harald Zanker und die Landesarchäologin Frau Dr. Dusek. Beide
gewährten spontane Hilfe und Unterstützung und motivierten den Zweckverband zum Neuaufbau der abgebrannten
Gebäude.
Mit Hilfe von neu eingesetzten ABMKräften wurden die Arbeiten wieder aufgenommen. Zum Tag des offenen Denkmals 1998 konnten die ersten Erfolge
verbucht werden. Ein eingetieftes Grubenhaus wurde komplett aufgebaut, ein
gestelzter Speicher fertiggestellt, sechs
Heiligtümer wurden neu angelegt und
zwei Backöfen errichtet. In der Folge
wurde auch das Häuptlingshaus wieder
hergestellt, fiel jedoch im Jahr 2000
wiederum einer Brandstiftung zum
Opfer. Zur Zeit ist dieses Haus im
Wiederaufbau.
Neben dem Aufbau und Wiederaufbau
spielte und spielt in all den Jahren die
Besucherbetreuung und Öffentlichkeits-
arbeit eine sehr große Rolle in unserer
Arbeit. In einem Gelände, in dem man
Geschichte am Ort ihres Geschehens
erfahrbar machen kann, sind für den
Zweckverband Aktionstage, Führungen
und Unterricht im Freien wesentliche
Bestandteile der lebendigen Geschichtsvermittlung. Steigende Besucherzahlen
und viele Gäste bestärken uns, diesen
Weg weiterzugehen und hier einen Ort
zu
schaffen,
an
dem
man
Geschichte wirklich erleben und erfahren kann.
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