Nr. 95 / März 2017 / 28. Jahrgang 8,00 €/ ISSN 1438-6690 Leben mit Cochlea Implantat & Hörgerät WERDEN SIE CI-BOTSCHAFTER! CI-TAG 2017: PATIENTEN INFORMIEREN ÄRZTE – WERTVOLLE PREISE WARTEN SIND ROBOTER DIE BESSEREN CHIRURGEN? DIE ZUKUNFT DES HÖRENS – BERICHTE AUS FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG DAS DDR-CI Der Trabbi unter den Innenohr-Implantaten PRO & CONTRA Was bringt das Bundesteilhabegesetz? ALLE VÖGEL, ALLE... Ein Hörspaziergang zertifiziert von der STIFTUNG GESUNDHEIT TITELTHEMA Sind Roboter die besseren Chirurgen? Heute sind minimalinvasive Operationsmethoden auch bei der Cochlea-Implantation möglich geworden. Künftig könnten Roboter dabei die Arbeit der Chirurgen übernehmen. Minimalinvasiv heißt, dass Operationen über sehr kleine Zugänge für Instrumente und eine kleine Kamera durchgeführt werden (sogenannte Schlüssellochoperationen). Das reduziert postoperative Schmerzen und trägt zu einem optimalen Heilungsverlauf bei, war aber am Ohr aufgrund der komplexen Anatomie des Schläfenbeins und der dafür benötigten Präzision lange nicht möglich. Ein neuartiger, auf Robotik basierender Behandlungsansatz, der in Zusammenarbeit des ARTORG Forschungszentrums für Biomedizinische Technik der Universität Bern und der HNO-Klinik am Inselspital in Bern entwickelt wurde, ermöglicht künftig solche Eingriffe am Ohr. Das System besteht aus einer speziellen Planungssoftware, einer Navigationseinheit (ähnlich einem GPS-System) und einem robotisch gesteuerten Bohrer (Abb. 1). Damit werden Chirurgen in die Lage versetzt, einen kleinen Zugangstunnel mit 1.8 mm Durchmesser direkt von außen zum Innenohr zu bohren, um anschließend den Elektrodenträger des Cochlea Implantates einzuführen. Abb. 1: Das System zur roboterassistierten Cochlea-Implantation im Einsatz am Operationstisch. Foto: Inselspital Bern Um die hohe Bohrgenauigkeit (<0.3 mm maximale Abweichung) zu erreichen, werden vor dem Eingriff vier kleine 2 mm-Schrauben hinter dem Ohr in den Knochen eingebracht. Danach wird der Patient im CT gescannt und daraus die Anatomie des Ohres am Computer dreidimensional modelliert. Der Chirurg definiert außerdem den Verlauf des Bohrtunnels zum Innenohr. In der Zwischenzeit wird der Patient für den Eingriff vorbereitet und anschließend der Zugangstunnel robotisch gebohrt. Während des Bohrens werden mehrere voneinander unabhängige Sicherheitssysteme zum Schutz der anatomischen 24 | Schnecke 95 | März 2017 Strukturen angewandt. Unter anderem wird die Intaktheit des Gesichtsnervs kontinuierlich überprüft. Ist der Bohrvorgang abgeschlossen, werden die Referenzschrauben wieder entfernt, das Cochlea-Implantat eingesetzt und der Hautschnitt vernäht. Klinischer Einsatz Im Sommer 2016 wurde im Rahmen einer klinischen Studie die weltweit erste roboterassistierte Cochlea-Implantation am Inselspital in Bern durchgeführt. Im Rahmen der laufenden klinischen Studie wurden seither weitere Patienten implantiert und die Integration des Systems in die klinischen Routineabläufe optimiert. Die postoperative Bildgebung zeigt dabei deutlich den Unterschied des zu entfernenden Knochenanteils im Vergleich zwischen dem konventionellen und dem roboterassistierten Eingriff (Abb. 2). Zukünftige Weiterentwicklungen Im Vordergrund der Weiterentwicklungen steht der strukturelle und, falls zutreffend, funktionelle Erhalt des Innenohrs. Durch die vorgängige Planung des Eingriffes am dreidimensionalen Modell des Patienten ergeben sich weitere Verbesserungsmöglichkeiten. Zum Beispiel kann der Bohrkanal optimal auf den Verlauf der Cochlea ausgerichtet werden, um den Widerstand beim Einführen des Elektrodenträgers zu minimieren (Abb. 3). Als weiteres Beispiel können geeignete Längen des Elektrodenträgers anhand der Größe der Cochlea ausgewählt werden. Zudem können die Sensoren des robotischen Systems eingesetzt werden,um den Zugang zur Cochlea und das Einführen der Elektrodenträger besser zu kontrollieren und damit weniger Schaden an inProf. Dr. Marco Caversaccio ist Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für HNO, Kopf- und Halschirurgie am Inselspital Bern und Vize-Direktor des ARTORG Forschungszentrums für Biomedizinische Technik an der Universität Bern. Er ist aktives Mitglied in zahlreichen internationalen HNO Gesellschaften. Seit 2015 ist er Honorarprofessor an der Brunel University in London. Prof. Dr. Stefan Weber ist Direktor des ARTORG Forschungszentrums für Biomedizinische Technik der Universität Bern und Leiter des Lehrstuhls für bildgestützte Therapien. Er beschäftigt sich mit der Entwicklung minimalinvasiver Verfahren für chirurgische und interventionelle Anwendungen. Vorstandsmitglied der Gesellschaft für computer- und robotergestützte Chirurgie CURAC, Mitglied im IEEE sowie weiterer wissenschaftlicher Gesellschaften. Honorarprofessor an der Brunel University in London. Anzeige Abb. 2: Dreidimensionale Darstellung der Schläfenbeine bei einer Patientin nach beidseitiger Cochlea-Implantation. Links wurde der Zugang mittels der konventionellen Methode operiert (gespiegelte Darstellung). Rechts wurde ein roboterassistierter Zugang mit sichtbar weniger entferntem Knochen gebohrt. Grafiken: Inselspital Bern takten Strukturen zu verursachen. In diesem Zusammenhang könnten in der Zukunft kleine, atraumatische Zugänge zur Cochlea eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Innenohrkrankheiten (z.B. zum Einbringen von Medikamenten oder Stammzellen) spielen. Immer aktuell im Internet: Prof. Dr. Marco Domenico Caversaccio Universitätsklinik für HNO, Kopf- und Halschirurgie Inselspital · 3010 Bern Prof. Dr. Stefan Weber Group Head Artificial Hearing Research ARTORG Center for Biomedical Engineering Research University of Bern Murtenstrasse 50 · CH-3008 Bern Kinderohren liegen uns ganz besonders am Herzen. Besser hören – mehr Spaß am Leben Als Pro Akustiker setzen wir alles daran, dass Sie und Ihre Kinder besser hören und verstehen – im Störgeräusch und in Gesellschaft, in der Schule oder im Gespräch mit Ihren Lieben. Modernste Hörgerätetechnik und zusätzliche Angebote wie Audiotherapie, Hörtaktik und das Pro-Akustik-exklusive Hörtraining mit dem FonoForte-Hörtrainer sorgen für Ihren Hörerfolg. Für die CI-Versorgung gibt es eigene Fachzentren, die gewissenhaft mit Kliniken, Operateuren, Phoniatern und Logopäden zusammenarbeiten. Unsere Kunden geben uns die besten Empfehlungen – gehören Sie dazu. Pro Akustiker gibt es bundesweit. Einen Betrieb in Ihrer Nähe und weitere Informationen rund um gutes Hören finden Sie auf unserer Internetseite unter www. proakustik.de. Abb. 3: Dreidimensionale Darstellung des Schläfenbeins mit Schnitt durch den Bohrtunnel und die Cochlea bei einer Patientin nach roboterassistierter Cochlea-Implantation. Wir verstehen was vom Hören.