Richard Stallman

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R. Gehring, K. Ishii, B. Lutterbeck
Information Rules
Wintersemester 2001/2002
Fakultät IV: Elektrotechnik und Informatik
Technische Universität Berlin
Richard Stallman
und die Entstehung des GNU-Projektes
Jan-Ole Beyer [email protected]
Matthias Knoll
Kia Teymourian
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2
2 Die
2.1
2.2
2.3
2.4
Geschichte des GNU-Projektes
Die Zeit vor GNU . . . . . . . . .
Die Anfänge . . . . . . . . . . . . .
Die Zeit bis heute . . . . . . . . . .
Die Zukunft . . . . . . . . . . . . .
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2
2
3
3
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3 Die
3.1
3.2
3.3
3.4
Philosophie hinter GNU
Was ist Free Software“? . . . . . . . .
”
Das Copyleft . . . . . . . . . . . . . .
Das GNU-Projekt und die Gesellschaft
Die Vorteile Freier Software . . . . . .
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5
5
6
6
6
4 Free Software vs. Open Source
4.1 Die Sicht der Free Software Foundation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Die Sicht der Open Source Initiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7
7
8
5 Schluss
8
6 Quellen- und Literaturangaben
8
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1
1
Einführung
Open Source ist heute in der Form von Linux ist heutzutage in aller Munde. In den letzten Jahren
hat sich diese Alternative zu Microsoft immer weiter verbreitet und wird mittlerweile selbst von
Microsoft als ernst zu nehmende Konkurrenz angesehen. Die aktuellen Linux Distributionen sind
so leicht installierbar geworden, dass immer mehr Menschen den Wechsel wagen. Doch was war
eigentlich vor Linux? Wie ist die Free Software-Bewegung entstanden? Auf diese Fragen wollen
wir in dieser Arbeit eingehen. Des weiteren werden wir auf die Philosophie, die der GNU-Gründer
Richard Stallman vertritt und die die Grundlage von GNU ist, eingehen. Abschliessend werden
wir noch die Unterschiede zwischen den Begriffen Free Software“ und Open Source“ und ihren
”
”
jeweiligen Vertretern behandeln.
2
Die Geschichte des GNU-Projektes
2.1
Die Zeit vor GNU
Richard Matthew Stallman wird im Jahr 1953 in New York City geboren. Mit 16 Jahren, nämlich
1969, kommt er das erste Mal mit Computern in Berührung, indem er bei IBM in New York mit
dem Programmieren beginnt, und besucht eine Schule mit einem Fachbereich für Informatik. Zwei
Jahre später geht er zum Artificial Intelligence Lab (AI Lab) des MIT, das zur damaligen Zeit
eines der weltweit renommiertesten Informatik-Institute ist. Hier soll er auch die Hackertraditionen
kennen lernen, die ihn 12 Jahre später dazu bringen, das GNU-Projekt zu gründen. Das AI-Lab
besitzt zu dieser Zeit einen DEC PDP-10 Rechner mit nur recht wenigen Terminals.
Als Betriebssystem dieses Computers dient nicht das kommerzielle von DEC, sondern das von
den Hackern des Labs selbst entwickelte Incompatible Timesharing System (ITS). Das ITS ist
Teil der software sharing community, eine Gemeinschaft von Programmierern, die ihre Software
miteinander teilt, gegenseitig verbessert und die gegen jegliche Art von geschlossenen Systemen
ist. So gibt es auch beim ITS keinerlei Sicherheitsmassnahmen wie Passwörter, geschützte Bereiche
oder ähnliches. Gerade diese Tatsache ist eine von Stallmans philosophischen Grundlagen. Er geht
so weit, dass er bis heute als Usernamen und Passwort, wenn er gezwungen ist, eines zu benutzen,
seine Initialen RMS“ verwendet.
”
Grundlage der Hackerkultur am MIT ist es auch, dass jeder immer an jedem Terminal arbeiten
kann, wenn es nicht anderweitig belegt ist, insbesondere da nur wenige Terminals vorhanden sind.
Das hat mitunter die Folgen, dass zum Beispiel verschlossene Büros von Professoren, in denen sich
ein Terminal befindet, aufgebrochen worden sind. Auch heute noch bekannte Klischees gegenüber
Hackern wie zum Beispiel die Nachtarbeit stammen aus der Zeit des AI Labs. Da Rechenzeit damals
sehr knapp war und tagsüber viele normale“ Studenten und Professoren an den Computern
”
arbeiten, verlegen die Hacker ihre Arbeitszeit auf die Nacht, in der ausser ihnen niemand sonst
Rechenzeit benötigt. But by then it began to be something else because you werent́ alone, there
”
were a few other hackers there too, and so it became a social phenomenon. During the daytime if
you came in, you could expect to find professors and students who didnt́ really love the machine,
whereas if during the night you came in you would find hackers. Therefore hackers came in at night
to be with their culture. And they developed other traditions such as getting Chinese food at three
in the morning. And I remember many sunrises seen from a car coming back from Chinatown.“ 1
Eine weitere Tradition, mit der Stallman obige Rede fortführt, ist die des Schlafens im Lab“.
”
Stallman geht sogar so weit, dass er regelmässig alle zwei Jahre kein eigenes Apartment besitzt und
somit für einige Monate im Lab“ wohnt. Nach 4 Jahren am AI-Lab, im Jahre 1975, entwickelt
”
Stallman die erste Version des Emacs, zu dieser Zeit allerdings nur als Makrosammlung für den
ITS-Editor TECO ( Text Editor and COrrector“). Der Name ist nicht, wie häufig angenommen,
”
ein Akronym, sondern kommt von der damals für Makros üblichen Endung *macs zusammen mit
einem e“, because ¡e¿ was not in use as an abbreviation on ITS at the time.“ 2
”
”
1 http://www.gnu.org/philosophy/stallman-kth.html
2 http://www.gnu.org/software/emacs/emacs-faq.text,
Frage 4.1
2
Doch die schöne Zeit der Hacker soll nicht ewig dauern. 1981 beginnen die Programmierer
festzustellen, dass sie mit ihrem Hobby neuerdings auch sehr viel Geld verdienen können. Fast alle
(bis auf Stallman) verlassen das MIT, und mit ihnen geht auch der Geist“ des Labs. Die Tradition,
”
dass neue Hacker von den alten lernen, funktioniert nicht mehr, da keine alten mehr da sind. Das
Verschwinden der Hacker führt dann auch dazu, dass das AI Lab sich 1982 entschließt, beim
Kauf eines neuen Rechners gleichzeitig auch auf DECs proprietäres Betriebssystem umzustellen
und das ITS nicht weiter zu verwenden. Da niemand mehr da ist, um das ITS zu warten oder
eben schnell“ etwas zu reparieren, ist man auf das Serviceteam einer Firma, in diesem Fall des
”
Computerherstellers DEC, angewiesen, das aber niemals so schnell reagieren kann wie die Hacker
des MIT. Im selben Jahr schreibt James Gosling, u.a. Erfinder der Programmiersprache Java, den
Gosling Emacs, einen eigenständigen Editor, der Stallman später als Grundlage für seinen neuen“
”
Emacs dienen soll.
2.2
Die Anfänge
Das GNU-Projekt beginnt, indem Stallman sein Vorhaben am 17.09.1983 in zwei Newsgroups postet3 . Er selbst begründet den Namen GNU damit, dass es sich bei diesem Wort um das lustigste“
”
der englischen Sprache handelt. Ziel seines Projektes soll es sein, ein freies Betriebssystem im
Sinne der software sharing community“ des AI Labs zu entwickeln. Um dieses Vorhaben umzu”
setzen, und damit sein Code nicht Eigentum seines Arbeitgebers MIT wird, verlässt er diesen ein
Jahr später, darf allerdings ein Büro dort behalten. Im Oktober desselben Jahres beginnt er mit
der Arbeit an einer eigenständigen Version des Emacs, dem GNU Emacs, in dem Teile des oben
erwähnten Gosling Emacs übernimmt.
Im Jahr darauf ist der GNU Emacs fertig und wird von Stallman über FTP oder per verschicktem Tape vertrieben, wobei der Download über FTP kostenlos ist, die Tape-Version aber
$150 kostet. Später im Jahr kommt es zu Streitigkeiten mit der Firma UniPress, die Goslings
Code gekauft hat und Stallman untersagt, diesen in seinem Programm zu verwenden. Dies führt
dazu, dass Stallman sämtliche Gosling-Teile im GNU Emacs neu schreiben muss. 1985 ist auch
das Jahr der Gründung der Free Software Foundation (FSF), deren Ziel es ist, die Verbreitung von
freier Software im allgemeinen und GNU Software im speziellen zu unterstützen und als zentrale
Anlauf- und Hilfsstelle zu dienen. Im selben Jahr veröffentlicht Stallman auch das GNU Manifesto4 , das seine Motivation, GNU zu starten, näher beschreibt. 1986 erscheint ein Vorläufer der
GNU Software Lizenz GPL, die Copyleft5 License for Emacs.
2.3
Die Zeit bis heute
In den folgenden Jahren entsteht langsam mehr und mehr Software für das GNU Betriebssystem,
so zum Beispiel 1987 die erste Version des GNU C-Compilers (GCC). Nachdem 1988 zum ersten
Mal eine GNU Lizenz in dem Mitteilungsblatt des Projektes, im GNU Bulletin, Erwähnung findet,
wird sie Anfang 1989 in der Version 1 unter dem Namen GNU General Public License (GNU GPL)
veröffentlicht.
Bis zum Jahre 1990 ist das Betriebssystem fast vollständig. Das einzige, was noch fehlt, ist
gleichzeitig auch das wichtigste: der Kernel. Die Arbeit an diesem, der den Namen GNU Hurd
tragen soll, beginnt noch im selben Jahr. Hurd ist ein doppeltes rekursives Akronym6 und steht
für Hird of Unix-Replacing Daemons“, wobei “Hird“ wiederum “Hurd of Interface Representing
”
Depth“ bedeutet. Der GNU-Kernel basiert auf einem Mikrokernel der Carnegie Mellon-University
und der University of Utah. Stallman erhält in diesem Jahr $240.000 genius grant“ der MacArthur
”
Foundation. Ein Jahr später, im Jahre 1991, erscheint die GNU GPL in einer leicht modifizierten
Version 27 . Ausserdem veröffentlicht das GNU-Projekt eine Lizenz für Bibliotheken, die Library
3 http://www.gnu.org/gnu/initial-announcement.html
4 http://www.gnu.org/gnu/manifesto.html
5 http://www.gnu.org/licenses/licenses.html#WhatIsCopyleft
6 http://tuxedo.org/jargon/html/entry/recursive-acronym.html
7 http://www.gnu.org/licenses/gpl.html
3
GPL in der Version 1.
Zur selben Zeit entwickelt der finnische Student Linus Torvalds seinen Unix-kompatiblen Kernel Linux und stellt ihn unter die GNU GPL. Dieser wird, da der GNU Hurd noch nicht fertiggestellt ist, zum Kernel des GNU Betriebssystems. Bis heute ist es so, dass sogenannte LinuxDistributionen besser als GNU/Linux-Systeme8 bezeichnet werden sollten, da es sich lediglich
beim Kernel um Linux handelt, beim Rest aber um GNU-Software.
Stallman erhält 1991 den Grace-Hopper-Award“ der Association for Computing Machinery
”
für die Entwicklung des ersten Emacs-Editors in den 70er Jahren. 1993 wird der Linux-Distributor
Debian im Geiste des GNU-Projektes gegründet. De-bian ist der einzige GNU/Linux-Distributor,
der von der FSF unterstützt wird. Bis zum Jahre 1996 gibt es noch keine graphische Benutzeroberfläche für das GNU/Linux-System. Dies sollt sich nun mit der Gründung des KDE-Projektes
ändern. Allerdings verwendet KDE die proprietäre QT-Bibliothek der Firma Trolltech, was viele
der Free Software-Unterstützer und -Entwickler enttäuscht. Im selben Jahr erhält Stallman die
Ehrendoktorwürde der Königlichen Technischen Hochschule Stockholm.
Im Jahr darauf startet GNU, unterstützt durch den Distributor Red Hat, sein eigenes Projekt
für eine graphische Benutzeroberfläche: das GNU Network Object Model Environment“, kurz
”
GNOME. Ausserdem beginnt die Arbeit an der Bibliothek Harmony, die beim KDE die QTBibliothek ersetzen soll. 1998 erhalten Stallman und Torvalds für ihre Arbeit am GNU/LinuxSystem den Pioneer Award“ der Electronic Frontier Foundation. Trolltech beschliesst in diesem
”
Jahr, die QT-Bibliothek freizugeben, d.h. sie als freie Software zu veröffentlichen.
Da es zu häufigen Missverständnissen bei dem Begriff Free Software“ kommt, entscheiden
”
sich einige Mitglieder der Gemeinschaft, zukünftig ihre Software unter dem Namen “Open Source“ statt Free Software“ zu veröffentlichen. Sie gründen die Open Source Initiative (OSI) als
”
Unterstützungs- und Öffentlichkeits-Plattform. Die OSI will erreichen, dass business people“ in
”
der Idee der freien Software keinen Gegner des Kapitalismus sehen, sondern es einfach als andere
Möglichkeit der Verkaufsstrategie sehen, mit der man trotz allem Geld verdienen kann. Der Begriff Open Source“ soll einfacher deutlich machen, dass es nicht um freie Software im Sinne von
”
gratis“ geht, sondern im Sinne von offen“ ( free speech“ und nicht free beer“). Im Jahr 1999
”
”
”
”
erhält RMS den Yuri Rubinski Award“. Die Library GPL wird geringfügig geändert zur GNU
”
Lesser GPL in der Version 2.1.
2.4
Die Zukunft
Mittlerweile hat das GNU-Projekt, aber auch unabhängige Entwickler, die ihre Programme unter
die GPL stellen, eine Vielzahl von Software hervorgebracht. Für fast alle Gebiete gibt es mittlerweile ein freies Pendant. Trotzdem aber ist freie Software immer noch gefährdet. Laut Stallman in
The GNU-Project“ 9 gibt es vier Gebiete, auf denen sich die Free Software-Bewegung durchsetzen
”
bzw. aktiv werden muss.
Geheime Hardware
Es gibt zwei Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen. Programmierer können durch reverse engineering freie Treiber schreiben, und der Rest der Free Software- Unterstützer kann auf Hardware
mit offenen Spezifikationen bestehen. Wenn die Mehrheit der Computerbenutzer den Herstellern
bewusst macht, dass unfreie Treiber intolerabel sind, werden diese zum Umdenken gezwungen,
aber solange muss der aufwendige Weg des reverse engineering begangen werden.
Unfreie Bibliotheken
Eine unfreie Bibliothek in einem freien Betriebssystem ist immer eine Falle für Programmierer. Auf
dieses Problem sind wir bereits eingegangen im Zusammenhang mit dem KDE-Projekt und der
QT-Bibliothek. Durch die Freigabe der QT-Bibliothek ist dieser Fall zwar gelöst, aber was bei der
8 http://www.gnu.org/gnu/why-gnu-linux.html
9 http://www.gnu.org/gnu/thegnuproject.html
4
nächsten unfreien Bibliothek passiert, wie die Benutzer freier Software zwischen Bequemlichkeit
und Freiheit entscheiden werden, kann nicht vorausgesagt werden.
Software Patente
Ein Beispiel: Der LZW-Kompressionsalgorithmus, der u.a. zur GIF-Komprimierung verwendet
wird, wurde 1983 patentrechtlich geschützt. Diese Tatsache führt dazu, dass GNU auch 18 Jahre
danach noch keine perfekt komprimierten GIFs erstellen kann. Auch bei Patenten gibt es zwei
Möglichkeiten, sich gegen sie zu wehren. Die Erste ist der Versuch zu beweisen, das das Patent
ungültig ist. Wenn dies nicht gelingt, müssen andere Wege gefunden werden, um das Ergebnis
unter Umgehung des Patents zu erreichen. Wenn nun aber beide Methoden fehlschlagen, gibt es
keine Möglichkeit mehr, dieses spezielle Problem mit freier Software zu lösen. Wie in einem solchen
Fall die Benutzer reagieren, hängt davon ab, ob sie freie Software wegen der Freiheit oder wegen
der technischen Überlegenheit (die in diesem Fall natürlich nicht mehr gegeben ist) benutzen.
Freie Dokumentation
Ein grosses Problem der heute vorhandenen freien Software ist die nicht vorhandene Dokumentation. Wie auch bei freier Software geht es bei freier Dokumentation nicht um den Preis, sondern
um die Freiheit an sich. Der Verkauf von Manuals oder ähnlichem sollte unbedingt erlaubt werden.
Der wichtige Punkt der Freiheit ist der der Modifikation. Diese sollte allerdings auf technische Dokumentationen reduziert werden, denn es hätte keinen Sinn, einen Artikel, der nur die Meinung des
Autors oder, wie diese Arbeit, einen historischen Abriss beinhaltet, zu verändern. Freie Software
setzt sich immer mehr durch. Dies sieht man an den derzeitigen Diskussionen im Bundestag, aber
auch in Microsofts Politik gegenüber Linux und der Unterstützung der Freien Software-Bewegung
durch Firmen wie IBM. Aber wie man an obigen Problemen sieht, ist ihre Zukunft noch immer
unsicher, auch in Hinsicht zur Zukunft von Microsoft, dem wohl grössten Konkurrenten der Freie
Software-Bewegung.
3
Die Philosophie hinter GNU
Zumindest innerhalb der FSF ist nicht nur die technische Überlegenheit freier Software ihr Vorteil,
sondern insbesondere der Gedanke einer software sharing community. Auf diese Philosophie werden
wir im folgenden eingehen.
3.1
Was ist Free Software“?
”
10
Im Folgenden beschäftigen wir uns mit der Philosophie der Free Software Foundation und somit
auch mit der Philosophie von Richard Stallman. Entscheidend hierbei ist es zunächst einmal zu
verstehen, was der Begriff Free Software“ überhaupt meint, da das englische Wort free“ doch
”
”
ziemlich missverständlich ist. In diesem Zusammenhang sieht man sehr häufig die Erklärung, dass
man free“ wie in free speech, not free beer“ verstehen soll. Es bezieht sich also auf Freiheit und ist
”
”
nicht als kostenlos aufzufassen. Um eine genaue Definition von freier Software zu bekommen, muss
man zunächst einmal vier Abstufungen von Freiheit für den Benutzer von Software unterscheiden:
• Die erste Stufe gewährt dem User die Freiheit, eine Software zu benutzen, egal für welchen
Zweck (freedom 0).
• Eine etwas höhere Stufe gibt dem Benutzer die Freiheit, eine Software zu untersuchen, zu
verstehen und nach eigenem Ermessen anzupassen (freedom 1).
• Eine weitere Ausprägung ist dann die Freiheit, Kopien der Software zu verteilen, um Freunde
und Bekannte daran teilhaben zu lassen und zu helfen (freedom 2).
10 http://www.gnu.org/philosophy/free-sw.html
5
• Und schliesslich die höchste Stufe, ist die Freiheit, eine Software zu verbessern und diese zu
veröffentlichen, so dass die gesamte Gemeinschaft davon profitieren kann (freedom 3).
Wenn einem Benutzer all diese Freiheiten gewährt werden, dann ist das betreffende Programm
Free Software“. Dies bedeutet also, dass jeder die Freiheit haben soll, ein Programm zu benut”
zen, es zu kopieren, Kopien weiterzugeben, mit oder ohne Änderungen, gratis oder zu gewissen
Vertriebskosten. Allerdings müssen diese Kopien wiederum frei“ sein. Um dies zu gewährleisten,
”
wird das Prinzip des Copylefts“ angewandt.
”
3.2
Das Copyleft
11
Copyleft“ ist vom Grundgedanken her eine Umkehrung des amerikanischen Copyright-Gesetzes,
”
benutzt das Gesetz jedoch nicht zur Privatisierung von Software, sondern um sie frei“ zu erhal”
ten. Im Wesentlichen kann man Copyleft“ als eine Methode ansehen, die ein Programm zu freier
”
Software macht und dafür sorgt, dass erweiterte und veränderte Programme wiederum freie Software bleiben. Es wird also dafür gesorgt, dass der Source-Code und die mit ihm verbundenen
Freiheiten gesetzlich unzertrennbar sind, so dass kein Softwarehersteller den Code eines FreeSoftware-Programms übernehmen und ihn proprietär machen kann. Dieses generelle Konzept des
Copylefts“ wird konkret durch die GNU GPL (GNU General Public License) umgesetzt.
”
3.3
Das GNU-Projekt und die Gesellschaft
Das wichtigste Ziel des GNU-Projekts ist es, freie Software zu programmieren, die proprietäre
Software überflüssig macht. Selbst wenn GNU-Software keine technischen Vorteile gegenüber UNIX hätte, so hätte sie doch zumindest soziale Vorteile. Die Kooperation zwischen Usern wird
gefördert, sei es nun nur durch einfache Freundschaftsdienste wie das Kopieren eines Programmes,
oder aber durch die Zusammenarbeit an der Weiterentwicklung und Verbesserung von Software.
Es ist also in erster Linie Ziel, einen sozialen Fortschritt durch die Erweiterung der Freiheit von
Software-Benutzern zu erreichen.
In diesen Zusammenhang passt auch, dass GNU-Programme von der Free Software Foundation
nicht als Produkte angesehen werden, da ein Produkt hergestellt wird, um es zu verkaufen, während
das GNU-Projekt hingegen zum Ziel hat, eine bessere Gemeinschaft zu kreieren. Allerdings wird
auch nicht eine Abschaffung des Kapitalismus angestrebt, was ein häufiger Vorwurf ist. Vielmehr
wird versucht, den Umgang mit Software zum Vorteil aller Beteiligten an die Erfordernisse des 21.
Jahrhunderts anzupassen.
Da man Software heutzutage in gewisser Weise als Zugang zu Informationen ansehen kann, wird
das herrschende System, welches den Zugang zu Informationen einschränkt, als bedenklich angesehen. Freie Software will es Benutzern von Software ermöglichen (wie schon erwähnt), vollständig
auf proprietäre Software zu verzichten. Jedoch wird ein User wohl immer wieder auf proprietäre
Software zurückgreifen, wenn diese ihm bessere Dienste leistet als freie. Solange also freie Software
nicht alle Bedürfnisse deckt, muss immer weiter freie Software entwickelt werden.
3.4
Die Vorteile Freier Software
Ausser dem recht idealistischen Vorteil eines besseren Lebens“ durch Verzicht auf proprietäre
”
Software hat freie Software durchaus auch einige praktische Vorteile. Da Standardprobleme, die in
unterschiedlicher Software auftauchen, nicht herstellerabhängig sind, kann auf Lösungen zu diesen
gezielt zurückgegriffen werden. Dies hat zur Folge, das ein und dieselbe Aufgabe nicht mehrmals
bearbeitet werden muss, was eine enorme Zeitverschwendung darstellt. Stattdessen können Programmierer, die normalerweise hierfür benötigt werden, ihr kreatives Potential in Innovationen
stecken.
Des weiteren wird auch die Qualität der Software erhöht. Da mehr Augen auch mehr sehen,
können Fehler oder auch ineffiziente Teile von Programmen schneller entdeckt und berichtigt
11 http://www.gnu.org/licenses/licenses.html#WhatIsCopyleft
6
werden. Durch bessere Programme werden wiederum mehr User angelockt“, welche natürlich auch
”
andere Bedürfnisse haben und somit mehr Bedarf schaffen. Bedarf und Qualität sind die einzigen
entscheidenden Kriterien für die Entwicklung von Software, da Beschränkungen der Lizenzen und
des Geldes nicht mehr vorhanden sind.
4
Free Software vs. Open Source
Es wird heutzutage viel über Freie Software und Open Source Software gesprochen. Häufig werden
die Begriffe gleichgestellt, und nur selten werden die Unterschiede der zwei Richtungen klargestellt.
Da sich die Open Source Bewegung aber von der Free Software Bewegung abgespalten hat, muss
es Unterschiede zwischen ihnen geben. Diese Unterschiede, aber auch eventuell vorhandene gleiche
Ziele oder Ideen wollen wir hier darstellen.
4.1
Die Sicht der Free Software Foundation
12
Den Unterstützern des Begriffs Free Software ist durchaus bewusst, dass dieser ein sehr zweideutiger Begriff ist. Der erste Eindruck von free“ ist, insbesondere im Englischen, der im Sinne
”
von kostenlos. Dass es aber, wie in Punkt 3 dargestellt, hauptsächlich um free“ im Sinne von Frei”
heit geht, muss deutlich gemacht werden, und es wird deutlich gemacht durch das schon erwähnte
free speech, not free beer“. Auch der Begriff Open Source hat eine augenscheinliche Bedeutung,
”
die nicht das trifft, was sie sollte. Open Source bedeutet erst einmal so viel wie “frei zugänglicher
Quellcode“.
Laut Stallman hat sich die Free Software-Bewegung lange damit beschäftigt, ein Schlagwort
zu finden, das das Anliegen der Bewegung auf den ersten Blick deutlich macht, doch es wurde
keiner gefunden, der kein falsches Verständnis hervorruft. Letztlich sind die Unterstützer der FSF
zu dem Schluss gekommen, dass Free Software zusammen mit dem Hinweis free speech, not free
”
beer“ am deutlichsten und einfachsten die Grundlage der FSF-Philosophie darstellt.
Open Source ist keine Alternative, da die Erklärung, dass es eben nicht nur um die freie
Zugänglichkeit des Quellcodes geht, sondern auch um Dinge wie Modifikation etc., wesentlich
komplizierter wäre als dies bei Free Software der Fall ist. [...] the explanation for f́ree softwareı́s
”
simple – a person who has heard f́ree speech, not free beerẃill not get it wrong again.“ 13 Trotzdem
sieht die FSF die OSI nicht als Gegner an. Der gemeinsame Gegner ist die proprietäre Software.
Die beiden Bewegungen sind eher zwei verschiedene Bewegungen innerhalb der Gemeinschaft
der Freien Software Entwickler. In der praktischen Umsetzung verfolgen die beiden Bewegungen
ähnliche, zum Teil gleiche Ziele, so dass sie auch einige Projekte zusammen umsetzen können,
der Unterschied aber besteht in den verschiedenen grundlegenden Prinzipien. So geht es der FSF
hauptsächlich um eine Philosophie der Freiheit, der OSI dagegen um eine Zusammenarbeit mit
Unternehmen, um die Freie Software Bewegung zu stärken.
4.2
Die Sicht der Open Source Initiative
Das Ziel der OSI-Gründer war es, die Kluft zwischen der Free Software Bewegung zum einen und
der Wirtschaft zum anderen zu schließen. Um den Begriff Open Source eindeutig zu definieren,
wurde die Open Source Definition auf Grundlage der Debian Free Software Guidelines geschrieben.
Für die OSI ist der Begriff Free Software zu mehrdeutig. Einerseits gibt es zum Beispiel publicdomain-Software, die auch frei von Copyright-Restriktionen ist. Andererseits sind aber auch nichtpublic-domain-Lizenzen sehr verschieden.
So gibt von Copyleft-Lizenzen zu Lizenzen, die nur den Quellcode öffentlich zugänglich machen, diverse Möglichkeiten, Software frei zu machen.14 Unternehmer sahen in der Freie Software Bewegung eher einen Gegner ihrer Geschäftsinteressen als die Möglichkeit zu einem anderem
12 http://www.gnu.org/philosophy/free-software-for-freedom.html
13 http://www.gnu.org/philosophy/free-software-for-freedom.html
14 http://www.opensource.org/advocacy/free-notfree.html
7
Geschäftsmodell. The term f́ree softwareh́as been misunderstood by business persons, who mista”
ke the desire to share with anti-commercialism, or worse, theft. Mainstream corporate CEOs and
CTOs will never buy f́ree software.́ But if we take the very same tradition, the same people, and
the same free-software licenses and change the label to ópen source-́ that, theyĺl buy.“ 15 Der OSI
ging es also niemals darum, die Philosophie der Bewegung zu verraten“, sondern einfach darum,
”
diese als Grundlage eines Geschäftsmodell zu nutzen, um Unternehmen Freie Software als eine
weitere Möglichkeit, Geld zu verdienen aufzuzeigen.
4.3
Vergleich
Unterschiede der Sichtweisen der beiden Bewegungen sind offensichtlich. Die FSF sieht Open
Source nur als anderes Schlagwort für Free Software, und verfolgt auch keinerlei Interessen, ihre
Ideen Unternehmen schmackhaft“ zu machen. Genau dieses ist aber das Grundanliegen der OSI,
”
weswegen wohl auch eine Trennung der beiden Richtungen unausweichlich war. Sowohl die OSI
als auch die FSF behaupten, dass der jeweils andere Begriff komplizierter zu verstehen ist. Für die
OSI kann Free Software alles Mögliche bedeuten, vom freien“ (da kostenlosen) Microsoft Internet
”
Explorer bis zu Software unter Copyleft-Lizenzen.
Open Source dagegen mache das Anliegen deutlicher. Genau das bestreitet wiederum FSF.
Durch das mehrfach erwähnte free speech, not free beer“ würde eindeutig deutlich gemacht, dass
”
es eben um ein ganz bestimmtes Verständ-nis von Freiheit ginge. Open Source dagegen mache
das überhaupt nicht klar, sondern beschränke die ganze Philosophie auf einen Punkt, nämlich die
Offenlegung des Quellcodes. Die verschiedenen Auffassungen sind wohl nicht unter einen Hut
”
zu bringen“, sondern liegen jeweils im Auge des Betrachters. Die OSI scheint heute der Teil der
Bewegung zu sein, der die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft stärkt, während die FSF sich
um die grundlegende Philosophie der Freiheit und Gemeinschaft unter den Software Entwicklern
kümmert, und so haben wohl beide Organisationen ihre Berechtigung innerhalb der Bewegung.
5
Schluss
Wir sind in dieser Arbeit primär auf die Geschichte des GNU-Projektes und damit auch der Freien Software Bewegung eingegangen. Dabei haben wir versucht, nicht nur auf die reine Geschichte
einzugehen, sondern auch das Augenmerk auf die kleinen Geschichtchen am Rande“ zu lenken,
”
z.B. die Entstehung der diversen Hacker-Traditionen. Wir hoffen, damit auch ein wenig das Interesse des Lesers an der Kultur und d en Grundsätzen von Stallman und seiner Free Software
Foundation geweckt zu haben. Eine Vielzahl an Informationen finden sich, bei diesem Thema wohl
selbstverständlich, in Internet, und dort insbesondere auf den Philosophie-Seiten der Free Software
Foundation.
6
Quellen- und Literaturangaben
• Free Software Foundation: http://www.fsf.org,
insbesondere http://www.fsf.org/philosophy/philosophy.html
• Murthy, R S Ananda, Free Software Movement, 2001.
http://linux.sjce.net/rsa/FreeSoftwareMovement.html
• Open Source Initiative: http://www.opensource.org
• Raymond, Eric S., A Brief History of Hackerdom, 2000.
http://tuxedo.org/ esr/writings/hacker-history/hacker-history.html
• Sieckmann, Jens, Bravehack, 2000-2001.
http://www.bravehack.de/html/index.html
15 http://www.opensource.org/advocacy/case
for hackers.html#marketing
8
• The Jargon File: http://tuxedo.org/jargon/index.html
9
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