Siliziumdetektoren: Herzstück moderne Teilchenphysikexperimente Schülervorlesung 10. April 2014 Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu Übersicht Motivation: Teilchendetektoren am Large Hadron Collider Elektronen als Quantenobjekte Elektronen in Festkörpern Dotierte Halbleiter Spurdetektoren aus Halbleitermaterialien 2 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Teilchendetektoren am Large Hadron Collider 3 Was ist Teilchenphysik? Wir haben physikalische Theorien vom allerkleinsten und vom allergrößten Elementarteilchen im Standardmodell der Teilchenphysik Standardmodell der Teilchenphysik: 6 Quarks und 6 Leptonen Standardmodell der Kosmologie Physik heißt experimentieren Experimente mit und ohne Teilchenbeschleuniger Höchste Energien und/oder höchste Präzision [DESY] 4 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Nachweis von Elementarteilchen Erzeugung und Nachweis von Elementarteilchen in Kollisionen bekannter Elementarteilchen „im Labor” Interessante Elementarteilchen: oft sehr schwer und sehr kurzlebig Prozesse mit interessanten Elementarteilchen sehr selten Lösung: Experimente an Teilchenbeschleunigern Beschleuniger: höchste mögliche Energie (benutze E = mc2) und Kollisionsrate Experimente: effizienter Filter für Zerfallsprodukte der Teilchen 5 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Prinzip des Teilchenbeschleunigers Beschleunigung: Elektrische Wechselfelder in Hohlraumresonatoren Teilchennachweis: Type to Detektor = komplexes System aus enter text mehreren Unterdetektoren, zwiebelschalenartig um Kollisionspunkt Ablenkung: Dipolmagnete 6 [DESY] Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik LHC-Beschleuniger: CMS-Experiment: Der Large Hadron Collider Proton-Proton- und Vielzweckexperiment Blei-Blei-Kollisionen LHCb-Experiment: Symmetrie Materie/Antimaterie ALICE-Experiment: ATLAS-Experiment: Schwerionenphysik 7 Vielzweckexperiment Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Teilchennachweis Impulsmessung Spurdetektor („Tracking”) Energiemessung Kalorimeter elektromagnetisch Teilchenidentifikation Myondetektor hadronisch Photon Elektron/Positron Myon Neutrino Neutron Pion, Proton „Innen” 8 „Außen” Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Mittlerer Energieverlust pro Längeneinheit („stopping power”) Niedrige Energien: Ionisation Höhere Energien: Abstrahlung von Photonen 9 µ+ on Cu 100 10 µ LindhardScharff Semiklassisches Modell („Bethe-Formel”): elektromagnetische Wechselwirkung der Teilchen mit Atomen Stopping power [MeV cm2/g] Geladene Teilchen in Materie H. Bethe Bethe Radiative AndersonZiegler Eµc Radiative losses Radiative Minimum effects ionization reach 1% Nuclear losses Without 1 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10 4 10 5 10 6 0.1 1 10 100 1 10 100 1 10 100 [MeV/c] [GeV/c] Muon momentum [TeV/c] [Particle Data Group] Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Der CMS-Detektor am LHC Myon-Detektor Kalorimeter CMS-Fakten: 21 m lang, 15 m hoch Gewicht: 14.000 Tonnen 80 Millionen Elektronikkanäle Spurdetektoren 10 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Messung von Ort und Impuls Geladene Teilchen im Magnetfeld: Ablenkung durch Lorentzkraft (Dreifingerregel) CMS: homogenes Magnetfeld in Strahlrichtung → schraubenlinienförmige Bahn („Helix”) Spurdetektoren am LHC Teilchenspur Mehrere Lagen von Ortsdetektoren Anpassung einer Helixbahn an Spurpunkte Spurpunkt mit Unsicherheit Messungen mit Spurdetektoren Krümmung der Teilchenbahnen („Spuren”) → Impulsmessung Zeigen ≥2 Spuren auf gemeinsamen Ursprungsort („Vertex”)? 11 Siliziumdetektoren Ortsdetektor Vertex Kollision ⊗ Magnetfeld Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Kurze Zusammenfassung Forschung mit Elementarteilchen an Beschleunigern Strahlenergie umgesetzt in Produktion von Elementarteilchen (E = mc2) Schwere Elementarteilchen sehr kurzlebig → Nachweis der Zerfallsprodukte in aufwändigen Detektoren Detektoren: Messung von Energie, Impuls und Teilchenart der Zerfallsprodukte Zwiebelschalenartiger Aufbau: Spurdetektor – Kalorimeter – Myon-Detektor Funktionsprinzip von Spurdetektoren Geladene Teilchen: Energieverlust in Materie primär durch Ionisation Rekonstruktion von Spurpunkten mit Ortsdetektoren → Impuls durch Krümmung der Teilchenspur 12 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Elektronen als Quantenobjekte 13 Aufbruch in die Quantenwelt Objekte der Quantenwelt: „seltsame” Eigenschaften ohne klassische Entsprechung Wellen- und Teilcheneigenschaften Ununterscheidbarkeit von Quantenobjekten Grundlagen der Quantenmechanik Jedem (System von) Teilchen ist eine Wellenfunktion ψ zugeordnet (komplexe Funktion von Ort und Zeit) Gängigste physikalische Interpretation: Quadrat der Wellenfunktion |ψ|2 = Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Objekts Schrödingergleichung = Gleichung, die Ausbreitung der Wellenfunktion beschreibt @ i~ = Ĥ @t 14 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik haben kann. Der Zustand mit n = 2 entartet. Gebundene Zustände Stark vereinfachtes H-Termschema E /e V Quantenobjekte können untereinander wechselwirken → gebundene Zustände n =∞ r 0 −0,84 n = 4 −1,5 n=3 −3,37 n 5 4 3 2 n=2 Beispiel Wasserstoffatom: e2 Ep =− 4πε 0r Elektron (Ladung –e) gebunden durch Coulombpotenzial des Protons (Ladung +e) Lösung der Schrödingergleichung: Energien gebundener Zustände quantisiert → nur bestimmte Energieniveaus erlaubt −13,5 n=1 [Demtröder, Experimentalphysik 3, Springer 2010] 15 Siliziumdetektoren 1 Abb. 5.5. Termschema des H-Atoms entsp Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Eigenschaften von Elektronen Elektronen nach heutigem Verständnis elementar → punktförmige Elementarteilchen ohne Substruktur Ladung des Elektrons: Ladungen treten in der Natur quantisiert auf Elementarladung e ≈ 1,6 × 10–19 C → kleinste Ladungseinheit freier Teilchen in der Natur Ladung des Elektrons: –e Neue Quanteneigenschaft Spin: Elektron = Spin-1/2-Teilchen Formal wie Drehimpuls Elektronen: zwei mögliche Spinzustände relativ zu gegebener „Quantisierungsachse” parallel („spin up” = +1/2 ħ) antiparallel („spin down” = –1/2 ħ) Quantisierungsachse 16 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Das Pauli-Prinzip Fermionen = Teilchen mit halbzahligem Spin (1/2 ħ, 3/2 ħ usw.), z. B. Elektronen Pauli-Prinzip Zwei identische Fermionen können nicht gleichzeitig denselben Quantenzustand besetzen Physikalischer Grund: Symmetrie der Wellenfunktion ψ für Fermionen Enrico Fermi Fermionen in gebundenen Zuständen (z. B. Atome): sukzessives Auffüllen der erlaubten Energieniveaus E Wolfgang Pauli 17 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Fermi-Dirac-Verteilung Temperatur am absoluten Nullpunkt (T = 0 K): Auffüllen der Energieniveaus nach Pauli-Prinzip Energie des höchsten belegten Niveaus bei T = 0 K: Fermienergie EF Äußere Anregungen (Licht, Wärme, …): Elektronen können Energieniveaus wechseln („Quantensprung”) → Energieverteilung: f(E) 1.0 kBT = 0 eV 0.8 kBT = 0.1 eV 0.6 kBT = 10 eV Fermi-Dirac-Verteilung 0.4 f (E) = 1 0.2 B T ) e(E EF )/(k kBT = 1 eV +1 2 18 4 6 EF = 5 eV Siliziumdetektoren 8 10 E [eV] Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Kurze Zusammenfassung Quantenobjekte: Beschreibung über Wellenfunktion, Quadrat der Wellenfunktion = Aufenthaltswahrscheinlichkeit Gebundene Zustände: nur bestimmte Energieniveaus erlaubt Elektronen: Elementare Fermionen (Spin 1/2 ħ), punktförmig Pauli-Prinzip: keine zwei Elektronen im exakt gleichen Zustand Gebundene Elektronen: Auffüllen der Energieniveaus bis zur Fermienergie 19 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Elektronen in Festkörpern 20 Kristalline Festkörper ter Körper Kristallgitter: periodische Atomen genau ic), beiAnordnung dem jedemvon Gitterpunkt net ist (Abb. 11.12). Relevantes Beispiel: Silizium le und auch Edelgaskristalle (die sich Jedes Si-Atom: vier kovalente tiefen Temperaturen bilden) haben Bindungen an Nachbaratome henzentriertes Gitter (fcc-Struktur, → Tetraeder cubic) mit einem Atommitpro Gitter- a Kristall als Würfel Kantenlänge ntarzelle Positionen enthält deshalb vier Atome der Si-Atome: 0, 0}, {1/2, 1/2, 0}, {1/2, 0, 1/2}der und Würfelkanten, Mittelpunkte → in kubisch b. 11.13).Würfelflächen Alle anderen Abb. 11.13 flächenzentriertes Gitter Atome gehören zu den NachbarzelZu jedem Si-Atom: weiteres Si-Atom auch hier eine kleinere primitive um 1/4 der Raumdiagonale it den Basisvektoren verschoben y ) 21, a a a [Demtröder, Experimentalphysik 3, Springer 2010] Für Cäsiumchlorid ist es weg Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Atomvolumenverhältnisses VCs /VCl Institut für Experimentelle Kernphysik Elektronen in Kristallen Vollständige Beschreibung sehr kompliziert Quantenmechanik: gemeinsame Wellenfunktion für alle Elektronen eines Quantensystems Elektronen in Nähe der Atomkerne stark gebunden („lokalisiert”) Weiter von Atomkernen entfernte Elektronen sehr schwach gebunden („delokalisiert”) Kristalle nicht starr → quantisierte Schwingungen („Phononen”) Endliche Ausdehnung von Kristallen → Randeffekte Typisches Vorgehen: physikalisch sinnvolle Näherungsverfahren 22 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik e ( k ',E + ∆E) e ( k ,E + ∆E) b. 13.3. Zur Herleitung der Fermi-Dirac-Verteilung f(E) 1 Freies Elektronengas Setzt man für die Zustandsverteilung der Atomzunde im thermischen Gleichgewicht die BoltzmannAnsatz: rteilung Einfachster (siehe Bd. 1, Abschn. 7.2) Elektronengas p(E 1 ) freies = e−∆E/kB T (13.22) Jedes Elektron ist unabhängig p(E 0 ) T=0 0 b) EF Elektronen-Anzahldichte E ∞ f(E) n(E) ∫ n(E)dE 0 ′ Keine : , so ergibt sich ausWechselwirkung der Forderung W mit = Wanderen 1 T>0 Elektronen oder Atomrümpfen (z. B. f(E + ∆E ) 1 − f(E ) f(E) = e−∆E/kB T . (13.23) 0,5 durch· Coulombkraft) 1 − f(E + ∆E ) f(E ) unterliegen Pauli-Prinzip: es lässt sichElektronen erfüllen, wenn E 0 Energieniveaus unterhalb der Fermi1 − Energie f(E ) [Demtröder, 3, Springer 2010] f(E Abb. 13.4a,b.Experimentalphysik Fermi-Verteilungsfunktion = Cgefüllt · e E/kB T ⇒ f(E ) dichte D(E) und Elektronenbesetzungsdichte n( f(E) Festkörpereigenschaften für ein freies Elektronengas im dreid −(E+∆E ) Beschreibung einiger f(E + ∆E ) Näherung Gute zur Potentialkasten (a) für T = 0, (b) für T > 0 = C · e kB T 1 − f(E +Elektrische ∆E ) Leitfähigkeit , wie man durch Einsetzen sofort verifiziert. Auflö- mit Phononen) Teil der Wärmeleitfähigkeit (zusammen nach f(E ) liefert: Für T = 0 gilt: Metallischer Glanz 1 . (13.24) f(E ) = f(E < E F ) = 1 , E/k T B C· e +1 Siliziumdetektoren 23 Ulrich Husemann f(E > E F ) =Institut 0 ,für Experimentelle Kernphysik e Konstante C kann aus der Forderung f(E F ) = 1/2 kleinen Kristallen (z. B. mit a = 1 mm Kantenlänge) sind die Abstände der Energieniveaus jedoch äußerst klein, so dass wir die erlaubten Energiebereiche als quasikontinuierlich betrachten können. Bändermodell a) b) E E E4(kN) n=4 n=3 Bei N Atomen im Kristall gibt es für jedes B N erlaubte Energieniveaus, die man maxima 2N Elektronen besetzen kann. E3(kN) E4(k1) Die Besetzung der erlaubten Energiezuständ Elektronen hängt ab von der Lage der Fermi-En wie wir im Folgenden verdeutlichen wollen. Verbesserter Ansatz: Bändermodell Wie bei Elektronengas: unabhängige Elektronen, keine 13.2.4 Isolatoren und Leiter Bänder-Überlapp Wechselwirkung mit anderen Elektronen Ist die Zahl der Valenzelektronen gleich der dop Atomrümpfe Zahl periodisches der Zustände imPotenzial Energieband, so kann das Eg2 auf Kristallgitter: vollständig gefüllt werden. Dies ist z. B. der Fa E2(kN) Valenzelektronen pro Konsequenz für erlaubte zwei Energieniveaus derAtom. Elektronen n=2 Liegt oberhalb des vollen Bandes (Valenz E (k) 2 Sehr viele Elektronen: überlappende eine verboteneEnergieniveaus Zone mit einer Breite ∆E g ≫ E2(k1) → Energiebänder (z. B. 2−5 eV), so können auch bei höheren Te Eg1 raturen Elektronen aus dem voll besetzten Band E1(kN) Periodisches Potenzial: Reflexionen der Elektronenwellen in das über der verbotenen Zone liegende fre n=1 Resultat: stehende Elektronenwellen laubte Band gelangen. Die Fermi-Energie liegt E1(k) k verbotenen (Abb. 13.15a). möglich → Bandlücken (= Lücken zwischenZone Energiebändern) E1(k1) In einem voll besetzten Band n sind alle N e π/a ten Werte des Wellenvektors k mit Elektronen be Abb.[Demtröder] 13.14a,b. Erlaubte Energiewerte von N-Elektronen. Legt man an den Festkörper eine elektrische Spa (a) Eindimensionale Darstellung auf der Energieskala; an, so können die Elektronen im voll besetzten (b) Darstellung E n (k) Siliziumdetektoren 24 Ulrich Husemann E3(k1) Institut für Experimentelle Kernphysik Bändermodell und Leitfähigkeit Besetzung der Bänder nach Pauli-Prinzip Höchstes vollständig gefülltes Energieband: Valenzband Nächsthöheres Energieband: Leitungsband Klassifikation: Isolatoren 25 E Leitungsband EF Leitungsband EF Eg Valenzband a) Isolator Eg Valenzband b) Leiter [Demtröder] L.B. EF V.B. c) Leiter Abb. 13.15a–c. Vereinfachte Darstellung des Bändermodells –fürLeiter (a) Isolatoren und elektrische Leiter, (b) mit Bandlücke und (c) mit überlappenden Bändern Isolatoren: große Bandlücke Eg zwischen Valenzband und Leitungsband → thermische Anregung nicht ausreichend, um Elektronen in Leitungsband zu heben keine Energie aufnehmen, weil es keine freien Plätze Leiter: Fermienergie EF liegt in nicht vollständig gefülltem Band oder E(k) innerhalb des erlaubten Energiebereiches gibt, in Valenzband und Leitungsband überlappen die sie durch Energieaufnahme durch das äußere elektrische Feld gelangen könnten. Um in die freien Plätze Siliziumdetektoren Ulrich Husemann des energetisch höheren leeren (n + 1)-ten Institut für ExperimentelleBandes Kernphysik zu Kurze Zusammenfassung Modelle für Elektronen in Festkörpern Freies Elektronengas: nur Pauli-Prinzip Bändermodell: Elektronen in periodischem Potenzial Bändermodell: Erlaubte Energieniveaus überlappen → Energiebänder Valenz- und Leitungsband, ggf. Bandlücke Erklärung für unterschiedliche Leitfähigkeit: Isolatoren – Leiter – Halbleiter 26 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Dotierte Halbleiter 27 Halbleiter im Bändermodell Erklärung im Bändermodell Bandlücke Eg in Halbleitern kleiner als bei Isolatoren 14.1 Reine Elementhalbleiter Einige Elektronen können Allen Elementhalbleitern ist gemeinsam, dass sie, wie thermische Anregung elektrischedurch Isolatoren, bei der Temperatur T = 0 ein Bandlücke voll besetztes Valenzbandüberwinden und ein leeres Leitungsband aufweisen (vgl. und deshalb Nichtleiter sind. Die Bandlücke Fermi-Dirac-Verteilung) Metall Elektronenenergie Halbleiter sind Materialien, deren elektrische LeitfähigkeitHalbleiter, bei tiefen Temperaturen sehr gering ist, aber z. B. Silizium mit zunehmender Temperatur stark ansteigt. Es gibt so genannte Elementhalbleiter, die aus sehr chemischen EleTiefe Temperaturen: menten ausgeringe der Mitte des Periodensystems bestehen Leitfähigkeit (Abb. 14.1), oder Verbindungshalbleiter wie GaAs, Leitfähigkeit mit spieInSb, AlP,Anstieg CdS. Fürder technische Anwendungen len dotierteTemperatur Halbleiter eine besonders große Rolle, bei denen gezielt Fremdatome in das Kristallgitter eines Halbleiters eingebaut werden. Halbleiter Isolator EL EL EF Fermi-Energie EF Eg = EL − EV Eg EV EL EV Valenzbänder EV Abb.[Demtröder, 14.2. Vergleich zwischen den Bandschemata von LeiExperimentalphysik 3, Springer 2010] tern, Halbleitern und Isolatoren f(E) 1.0 0.8 Tabelle 14.1. 0.6 Bandlücke E g bei T = 300 K für Stoffe aus der vierten Hauptgruppe 0.4 ! Stoff E g eV 0.2 zwischen Valenz- und Leitungsband ist jedoch kleiDiamant ner als bei Isolatoren (Abb. 14.2 und Tabelle 14.1). Bei Si Halbleitern aus Elementen der vierten Spalte hat jedes Ge Siliziumdetektoren 28 Atom bei kovalenter Bindung vier nächste Nachbarn 2 4 5,60 6 1,11 0,66 8 10 E [eV] Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Elektronen und Löcher − − Si − − − − − − Si − − − − Si − Elektronen von Valenzband ins Leitungsband gehoben → „Loch” im Valenzband (2b) − − Si − Leitungsband − Si − (3) (2b) − − Si − − (3) − − − − − − − − − − − − − Si Si − − − − Si Si − − − − EF (1) E=hν − (1) Si EC − − − EV − Valenzband − 1) Generation durch Absorption eines Photons 2a) Lochbewegung über Platzwechsel von Elektronen im VB − − − 2b) Elektronenbewegung im LB 3) Rekombination Kristallgitter Banddiagramm [de.wikipedia.org] 29 Elektronen können Plätze im Valenzband wechseln → Bewegung des Lochs Beschreibung als eigenständiger positiver Ladungsträger (2a) − Si − Löcherleitung: Siliziumdetektoren Konsequenz: in Halbleiter tragen zwei Arten von Ladungsträgern zur Leitfähigkeit bei, Elektronen und Löcher Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Dotierte Halbleiter p-Dotierung: zusätzliches Loch − − Dotierung = gezielte Veränderung der elektronischen Eigenschaften von Halbleitern durch Einbau von Fremdatomen in Kristallgitter Wichtigstes Beispiel: Silizium Si − − − − − Si − − − − Si − − Si − − − − − Si − − − − Si − − − − n-Dotierung: zusätzliches Elektron 4 Valenzelektronen pro Atom n-Dotierung: Atome mit 5 Valenzelektronen → zusätzliche Elektronen: „Donatoren” − Si − − p-Dotierung: Atome mit 3 Valenzelektronen → zusätzliche Löcher: „Akzeptoren” − Al − − − Si − − − − − Si − − − − − − Si − − − Si − − − − − Si − − − − − Si − P − − − − − − − Si Si − − − Si − − − − [de.wikipedia.org] 30 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Dotierung im Bändermodell n-Halbleiter: E 14.2.2 Akzeptoren und p-H Zusätzliche Elektronen → neues Leitungsband EF tall aus vierwertigen Atom Eg Fermienergie zwischen Donatorniveau kovalenten Bindungen zwi ED und Leitungsband und seinen vier Nachbarn n tron (vom Nachbaratom) 0 Thermische Anregung: Elektronen auf un anderen Bindungen Donatorniveau gelangen leicht ins mit zwe Valenzband Leitungsband den. Deshalb bleibt ein frei Abb. 14.13. Termschema der Donatorniveaus in den Elektronen Majoritätsladungsträger: Elektroneneingefan dreiwertigen Fremdatome h Wegen des geringen Energieabstandes E g − E D (Elektronenempfänger), und zum Leitfähigkeitsband ist ein Teil der Donatoratome ter werden p-Halbleiter ge Atom eine kleinere Bindung ionisiert, d. h. das Elektron für diese Atome ist ins Siliziumdetektoren Ulrich Husemann als Institut die füresExperimentelle umgebenden Kernphysik vie Leitungsband gelangt. Es gilt: Donatorzustände 31 Energieniveau dicht unterhalb des Bringt man dreiwertige Fr Leitungsbandes: „Donatorniveau” b schen der Oberkante E = 0 des Valenzbandes und der Energie E A der Akzeptorzustände. Für n-Halbleiter gilt entsprechend: E F = (E g + E D )/2. Dotierung im Bändermodell = ) − n e d s g n p-Halbleiter: Zusätzliche Löcher → neues Energieniveau dicht oberhalb des Valenzbandes: „Akzeptorniveau” Leitungsband Akzeptorniveaus Eg EA EF Valenzband Fermienergie zwischen Valenzband und Akzeptorniveau Thermische Anregung: Elektronen aus Valenzband auf Akzeptorniveau gehoben → Löcher Abb. 14.14. Akzeptorniveaus im BandschemaMajoritätsladungsträger: Löcher 32 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik pn-Übergang Zusammenfügen von p- und n-Halbleitern: interessante Physik Starker Konzentrationsunterschied: viele Elektronen im n-Halbleiter, viele Löcher im p-Halbleiter Diffusion der Elektronen in p-Halbleiter → Rekombination mit Löchern Diffusion der Löcher in n-Halbleiter → Rekombination mit Elektronen Konsequenz: „Verarmungszone” ohne freie Ladungsträger Konzentration von Ladungsträgern space charge region carrier concentration [log scale] neutral region holes electrons p-doped n-doped [de.wikipedia.org] neutral region x 33 E-field Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik pn-Übergang im Bändermodell 14.2. Dotierte Halbleiter 1 ) + kB T · ln(n D /2n 0 ) . 2 (14.34) (p ) EL n(p) e ⋅ UD EF nA Akzeptoren − − − − + − ermi-Energie genau in der E(p) − V atorniveaus E D und der Unp(p) gsbandes. Mit zunehmender Löcher Fermi-Energie bei schwacher D < 2n 0 (T )) ab. so hoch, dass Sättigung der p-Teil a) n eintritt, muss die Fermirenenergie sinken, damit fast werden. Bei vollständiger IoBändermodell: ln n,p, n D , nA lt man analog zu (14.34) die n(n 0 /n D ) . [Demtröder, Experimentalphysik 3] 4.32, 33) folgt für die Fermi- Bandschema + + + n(n) + + nD Donatoren n-Teil 493 p(n) nD Grenzfläche zwischen n- und p-Halbleiter: „verbogenes” Valenz- und Leitungsband, dieselbe Fermienergie EnF ni p Diffusionsspannung UD aufgrund unterschiedlicher Elektronenrn liegt die Fermigrenze bei nA e zwischen Valenzband und b) Löcherkonzentration in n- und p-Halbleiter + E A34) , und x (14.35) Siliziumdetektoren ρ(x) Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik pn-Übergang als Diode Strom-Spannungs-Charakteristik 14.2. Dotierte Halbleiter Biasspannung Stromstärke Abb. 14.17. Positiver n p-Halbleiter p am Ua Pol p-n-Übergang mit (engl.: „forward bias”) äußerer Spannung EL→ geringere Diffusionsspannung UD Ua > 0 → schmalere Verarmungszone p-Teil U =0 Epot forward bias n a Ua < 0 Negativer Pol am p-Halbleiter EV (engl.: „reverse bias”) n-Teil → größere Diffusionsspannung → breitere Verarmungszone US p Sperrstrom Ua Spannung reverse bias − j / 100 Abb. 14.18.[Demtröder, Strom-Spannungs-Charakteristik Experimentalphysikder 3] p-n-Diode. Man beachte den 100-fach gespreizten Ordinatenmaßstab für negative Ströme Sie verringert sich für Ua > 0 und wird größer für Strom-Spannungs-Charakteristik Ua < 0. Durch den veränderten Potentialsprung am p-nForward bias: Strom steigt exponentiell Kontakt ändert sich der Bruchteil mit Spannung bis zu Sättigung Für negative Spannungen Ua kehrt der Strom sein Reverse bias: sehr kleiner Sperrstrom, Durchbruch (14.46) Vorzeichen δn/n =e um, sein Betrag ist jedoch sehr klein der Ladungsträger in einem der Teile des p-n-Halb- (Sperrstrom). Wird die negative Spannung größer als leiters, der die Potentialbarriere zum anderen Teil eine kritische Spannung US , so gibt es einen Durchbruch, d. h. die Stromstärke steigt exponentiell stark an überwinden kann. Dies führt zu Stromdichten Siliziumdetektoren Ulrich Husemann (Abb. 14.18). Dies lässt sich an Hand von Abb. 14.19 Institut für Experimentelle Kernphysik −e(UD ±|Ua |)/kB T (14.47) verstehen: Wird die Bandverbiegung unter dem Einj(n) = C · n · e −e(UD ±|Ua |)/kB T 35 j U 49 Kurze Zusammenfassung Halbleiter: Leitfähigkeit: Isolatoren bei T = 0 K, Leitfähigkeit durch thermische Anregung (kleine Bandlücke) Ladungsträger: Elektronen (–) und Löcher (= fehlende Elektronen, +) Veränderte Halbleiter-Eigenschaften durch Dotierung: n-Dotierung → Donatoren, p-Dotierung → Akzeptoren pn-Übergang: Verarmungszone in Grenzschicht Äußere negative Spannung → Ausdehnung der Verarmungszone 36 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Spurdetektoren aus Halbleitermaterialien 37 Siliziumdetektor: Funktionsweise Detektor: Halbleiterdiode mit pn-Übergang in Sperrrichtung Ionisierung des Detektormaterials: Elektron-/Loch-Paare elektrisches Signal Auslesechip (Verstärkung, …) PbSn- oder Indium-Kügelchen („bump bond”) 250–300 µm – + – + – + – + Implantate: n+-dotierte Pixel (CMS: 150×100 µm2) Substrat (n-dotiert) Rückseite (p+-dotiert) geladenes Teilchen 38 Biasspannung ca. –150 V Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Ein paar Zahlen Abschätzung der Signalstärke Signal proportional zu Dicke d der Verarmungszone, typisch d = 300 µm Energiedeposition geladenes Teilchen (vgl. Bethe-Formel): (dE/dx)min = 1,6 MeV cm2/g Dichte von Silizium: ρ = 2,3 g/cm3 Ionisationsenergie in Silizium: Εion = 3,6 eV pro Elektron-Loch-Paar Zahl der Elektronen: Ne = ✓ dE dx ◆ min · ⇢ · d ⇡ 30000 Signale durch Ionisation klein Freie Ladungsträger vorhanden → Signal überdeckt Nur Verarmungszone als Detektor nutzbar 39 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik CMS-Pixeldetektormodul Kabel für Signal- und Stromversorgung Fertiges Modul des CMS-Pixeldetektors (ca. 64000 Pixel) Steuerchip Flexibler Hybrid Siliziumsensor 16 Auslesechips Modulgröße: 66.6 × 26.0 mm2 Stecker Haltestreifen 40 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Siliziumdetektoren bei CMS CMS-Experiment: gesamter Spurdetektor aus Silizium Mehr als 200 m2 Detektorfläche, mehr als 60 Milionen Auslesekanäle Innere Lagen: Pixeldetektoren → hohe Auflösung Äußere Lagen: Streifendetektoren → große Abdeckung CMS-Siliziumstreifendetektor KIT: signifikante Beteiligung an Forschung und Entwicklung sowie Bau des CMS-Spurdetektors 41 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik Zusammenfassung & Ausblick Siliziumdetektoren: wichtiger Bestandteil moderner Teilchenphysikexperimente Physikalische Grundlagen: Geladene Teilchen in Materie: Ionisation Ionisation in Halbleitern: Elektronen und Löcher pn-Übergang mit „reverse bias”: Teilchendetektor Jetzt: Versuche mit Siliziumdetektoren (Robert Eber, Andreas Nürnberg) 42 Siliziumdetektoren Ulrich Husemann Institut für Experimentelle Kernphysik