Händaut Seilerei und Netzknüpfen Spielmobilkongress 2016 Peter Blumauer Anja Geene Seile, Stricke, Garne, Knoten, Geflechte --------------------------------------------------------------------------------------------Bildlich gesprochen knüpfen wir ein Band der Freundschaft, der Liebe oder der Ehe. Eine Aufgabe, die schwer zu lösen ist, vergleicht man sie mit dem Gordischen Knoten. In der Heraldik finden wir Knoten und Zierknoten, die eigentlich gar keine Knoten sind, insbesondere bei kirchlichen Wappen. Dann gibt es den Monkey-, den Peruvianischen-, den Windknoten und Taschenspielerknoten; sie gehören zu den Zierknoten. Weber-, Maurer-, Seemanns- und Anglerknoten sind echte und nützliche Knoten, so zum Beispiel Steke, Zurrings, Zeiser, Taklinge, Kürzungen, Stoppersteke, Palsteke und Spleiße. Diese Knoten finden im täglichen Leben Verwendung. Letztlich bestehen sie aber alle aus gedrehten Fasersträngen; ihre Zahl, ihre Verschiedenheit und ihre Kompliziertheit wird nur von der Aufgabe bestimmt, für die sie gedacht sind. Und genaugenommen hängt der Wert eines Knoten im Rahmen seiner Aufgabe von der Reibung und der zusammenpressenden Kraft ab, die allein in den Windungen und in den ganz speziellen Drehungen des Knoten wirkt. Will aber jemand den Zweck all dieser verschiedenen Knoten, Steke und Spleiße wissen, sollte er einen Seemann fragen, denn dieser kennt vielleicht noch am ehesten ihre Verwendung. Doch einmal abgesehen von der Nützlichkeit auf einem Schiff hat die Kunst – und es ist eine Kunst – des Knotenknüpfens bei hundert und einer Gelegenheit ihren ganz unzweifelhaften Wert. Napoleon hat einmal den Erfinder eines absolut sicheren Knotens geadelt. Die Geschichte der Knoten verliert sich im Nebel des Altertums. Im Englischen wird das Wort Knoten (engl. Knot) vom Altenglischen cnotta (miteinander verbinden) abgeleitet. Das englische bend (der Stek des Seglers) kommt vom angelsächsischen Wort bygan (beugen) und bedeutet eine Schlinge machen oder in eine Ende eine Bucht legen. Aber die Knüpfkunst geht viel weiter zurück. Ein einfallsreicher Essayist schrieb einmal: Knoten sind wahrscheinlich so alt wie unsere Finger. Zweifelsohne haben rankende Pflanzen sich schon im Paradies an die ausgebreiteten Zweige geknotet, als sie für Eva eine Laube bildeten. Seit damals sind sie verknüpft mit dem menschlichen Leben. Ob im Aberglauben, in der Zauberei, als Symbol Liebender oder einfach wegen ihrer Nützlichkeit gebraucht – sie sind ein Teil menschlicher Tätigkeit: Eva musste erst einen Knoten machen, ehe sie nach der Vertreibung aus dem Paradies anfangen konnte, das erste Stückchen Tuch zu weben. Schon zu Zeiten Homers waren Knoten etwas Alltägliches, heißt es doch im achten Gesang der Odyssee, dass Odysseus die reichen und kostbaren Gewänder, die Vasen, das Gold und andere wertvolle Geschenke des Alkinoos und der Königin mit einem Seil zusammenschnürte, das er mit einem zaubermächtigen Knoten nach Kirkes kunstvoller Art sicherte. Und schon vor 4000 Jahren gab es in südamerikanischen Kulturen eine einzigartige Knotenschrift – Quipu (Khipu) . Aufgebaut auf einem Dezimalsystem war sie eine Methode zur numerischen Buchhaltung, gab Auskunft über Nahrungsbestände und Verluste bei Schlachten. Ein weiteres Beispiel des Knotenbindens in jener Zeit, in der es ja noch keine schützenden Schlösser gab, ist die Geschichte des Gordischen Knotens. Homer be- schreibt die Schatzkammern einer Festung und deren Schätze, die durch einen kompliziert geknüpften Knoten gesichert waren. Wahrscheinlich werden wir nie erfahren, wie der Gordische Knoten gebunden war. Gordios war ein phrygischer Bauer. Das Orakel des Apoll hatte ihm ein Königreich geweissagt, und als Dankopfer brachte er sein Pfluggeschirr dem Zeus im Tempel dar. Einer der Zugriemen war so geschickt geknotet, dass bald eine Weissagung daran „geknüpft“ war: Wer diesen Knoten lösen kann, wird König über ganz Asien. Es ist berichtet, dass Alexander der Große, als er den Knoten nicht lösen konnte, ihn mit seinem Schwert durchschlug. Die Knoten in der Heraldik heißen in der englischen Fachsprache badges (Abzeichen, Kennzeichen) und wurden ganz zweifelsohne schon zu einer Zeit benützt, als die Wappenkunde in unserem Sinne noch in der Zukunft lag. (Auch heute finden sie sich noch in den Abzeichen schottischer Clans.) Von einem Knoten soll hier noch die Rede sein, der weder eine historische noch eine heraldische, sondern eine symbolische Bedeutung hat, dem True Lover’s Knot. Mancher Liebhaber fürchtet sich vor diesem Knoten, von dem man sagt, dass er, „einmal mit der Zunge gebunden, nicht einmal mit den Zähnen wieder gelöst werden kann“. Der alte Sir Thomas Brown vermutete, dass er seinen Ursprung im Herkulesknoten hat. Das war ein hochgeschätzter, geheiligter Knoten ähnlich der Schlangenverknüpfung im Heroldstab des Hermes. Diese uralten Stäbe waren aber wahrscheinlich nur bildlich zu verstehen. Die alten Hexenmeister benützten Knoten bei ihren Beschwörungen. Die Hexen in Lappland verkauften ihrer seefahrenden Kundschaft „Windknoten“, geknüpft in Schnüre. Wenn man einen bestimmten Wind brauchte, pfiff man nicht nach ihm, sondern löste den entsprechenden mit Zauberei gebundenen Knoten. Überall und zu allen Zeiten wurden von den Geisterbeschwörern die verschiedensten Knoten zur Unterstützung ihrer magischen Künste benützt. Nicht nur der Seemann, sondern jeder Handwerker und beinahe jeder Berufstätige hat seine Spezialknoten, überkommen seit Generationen vom Meister auf den Lehr ling, vom Vater auf den Sohn. „Knoten knüpfen“ ist eine Kunst. Wer sie nicht be herrscht, wird Knoten fabrizieren, die entweder nicht halten oder sich nicht mehr auf binden lassen. Entweder gelingt ihm ein Altweiberknoten oder ein falscher Knoten. Selbst wenn er die beiden Enden einer Schnur mit dem einfachsten aller Knoten, einem Überhandknoten, zusammenknüpft, sei ihm gesagt, dass es der ungeeignetste Knoten ist und dazu noch einer, der, wie der Seemann und der Kenner wissen, ge fährlich für die Festigkeit des Materials ist. Ach ja, die Geschwindigkeit von See- und Luftfahrzeugen wird in Knoten gemessen, eine Seemeile/h entspricht 1,852 km/h. Der Ursprung: Ein Logscheit an einer Leine mit entsprechender Anzahl Knoten wird außenbords gebracht, ein Logglas (spezielle Sanduhr) eingerichtet sodass anhand der durch die Hand laufende Anzahl der Kno ten die Geschwindigkeit definiert wurde. Vom Umgang mit Seil und Knoten Peter Blumauer 10/2016 Es kann nicht immer wieder genug betont werden, dass der Umgang mit Seil und Knoten einer ständigen Übung bedarf und einer ständigen Auseinandersetzung mit sowohl dem Material als auch der Sicherheit. Zur Sicherheit gehört, dass ich mir alle zur Installation notwendigen Teile des Installationsmateriales wie auch des Ortes und den Hilfsmitteln genauestens anschaue: Jedes benutzte Seil wird auf Beschädigungen untersucht Dazu lasse ich die Seile und Schnüre durch die Hand gleiten, mache also einen sowohl taktilen wie visuellen „Check“ Jedes technische Hilfsmittel wie Karabiner o.ä. wird auf einwandfreie Funktion untersucht Jeder Knoten wird auf seine Zweckmäßigkeit hin überprüft Jeder Baum, jeder Ast wird auf seine Tragfähigkeit überprüft, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass mehr als nur zwei oder drei Menschen gleichzeitig die Installation benützen Bäume mit dünner Rinde nicht „erwürgen“, Kambiumschutz wie zum Beispiel alten Feuerwehrschlauch verwenden Der Ort der Installation wird mit einem sogenannten „Weitwinkelblick“ überprüft, Gefährdendes wird entfernt, insbesondere Äste in Augenhöhe Die Installationshöhe richtet sich nach der Beschaffenheit des Untergrundes, der Zielgruppe, der Beaufsichtigung Unsicherheit schafft Hektik, Hektik ist die Vorstufe von Panik, deshalb ist von entscheidender sicherheitsorientierter Qualität: Sich Zeit zu nehmen !! Neben dem einwandfreien Installationsmaterial macht sich eine Grundausstattung von guten Werkzeugen bezahlt ( scharfes Taschenmesser, kleine Klappsäge, kleines Beil ) Zur technischen Grundausstattung gehört auch eine Erste-Hilfe-Grundausstattung. Fast jede/r hat ein Mobiltelefon: Überprüfe vor der Maßnahme ob Du Netzzugang hast. Wenn nicht, Notfallkette klären Die Telefonnummer 110 direkt eingegeben führt zum Polizeinotruf, die Nummer 112 zur Rettungsleitstelle. Falls Toiletten nicht in erreichbarer Nähe sind organisieren wir uns eine „Draussen-Klo-Tasche“ mit Spaten, Toilettenpapier und Streichhölzern ( benutztes Papier abflammen !!) Wichtigste Grundlage für jede Planung und jede Aktivität ist die eigene Begeisterung. Die Überzeugung, dass es gut ist was ich da mache, dass ich andere teilhaben lassen will an den Dingen die mich motivieren und beeindrucken ,meine Freude über Gelungenes teilen. Netze knüpfen Anja Geene In der praktischen Kinder- und Jugendarbeit ist eine Tendenz zu beobachten, altes Handwerk nicht nur neu zu entdecken und zu erklären, sondern die damit verbunde nen Fertigkeiten zu lernen und trainieren. Seit einer geraumer Zeit wird auf den Spielplätzen und den Einrichtungen der offe nen Arbeit unter anderem auch geschmiedet und Seile gedreht. Im Zuge unserer Vorbereitung auf den Kongress sind wir voller Begeisterung auf das Netze knüpfen gestoßen. Durch einen schönen Zufall, lernten wir einen Netzmeister kennen, der uns die Kunst des Netzknüpfens vermittelte. Der Weg vom Seil zum Netz beinhaltet ein großes Potential für unsere Arbeit. Ist doch die Technik einfach erlernbar, der technische Aufwand gering und die Ergebnisse durchaus spektakulär. Mit spektakulären Ergebnissen, sind nicht nur die Produkte die entstehen gemeint, durchaus kann die Wirkung der Handarbeit auf das Kind als spektakulär empfunden werden. Das Handwerk fördert den Erwerb und Erhalt von geistigen Fähigkeiten und das Interesse an der uns umgebenden Welt. Sind doch handwerkliche Fähigkeiten die Grundlage aller produktiven und künstlerischen Arbeiten. Das Handwerk erlaubt durch das praktische Tun Einblick zu gewinnen, in das Zusammenspiel handwerklicher, kultureller und wirtschaftlicher Aspekte. Natürlich wirkt die Arbeit mit den Händen direkt auf ein Kind, schon während des Tuns. Jedes Vorhaben stellt das Kind vor spezielle Probleme, die es nach seinen Fähigkeiten zu lösen versucht, dies regt seine Findigkeit und Kreativität an. Die Handarbeit erfordert gleichermaßen feinmotorische Geschicklichkeit und umgekehrt entfaltet sich die Feinmotorik, indem man mit seinen Händen arbeitet. Das Kind entwickelt Fähigkeiten zur Problemlösung, Visualisierung, Planung und Koordination. Das ernsthafte Arbeiten stärkt das Selbstbewusstsein und fördert die Selbstständigkeit. Das Arbeiten unterstützt die Kreativität, Phantasie und Ausdruckskraft, die Kinder entwickeln einen ästhetischen Sinn, ein Empfinden für Material, Form und Farbe, sowie das Verständnis und die Wertschätzung für verschiedene Werkstoffe. Handarbeit entwickelt Sorgfalt und Ausdauer,sowie die Fähigkeit, Arbeitsabläufe zu planen und auszuführen. Das Handwerk als Gruppenaktivität fördert die sozialen Kompetenzen. Neben der Einzelarbeit, gewinnt auch die Arbeit in der Gruppe große Bedeutung, wenn Einzel geknüpfte Netze zu einem Ganzen zusammengefügt werden: es entsteht sichtbare Verbundenheit und Vernetzung. Die vorgestellte Technik ist zeitlos und für jedes Lebensalter ab 12 Jahren geeignet. Sie bietet viele kleinen Herausforderungen, die die jeweilige Begabung und Fertigkeiten auf unterhaltsame Weise trainieren, stärken und wecken möchte. Wer sein Engagement dann noch mit einem fertigen Werkstück krönen kann, darf zu recht stolz darauf sein. Material wie es auf Dem Markt zu finden ist Qualität wird überprüft: durch Institutionen und Sicherheitskreise Leute die sich mit Seilen Knoten auskennen Sisal Hanf Baumwolle Kokos Manila Nylon Perlon DIN-Norm CE- Norm ISO-Norm GS- geprüft TÜV Rheinland UIAA DAV-Sicherheitskreis Polypropylen Polyester Polyamid Kevlar Aramid FDv Seefahrer Bergsteiger Pfadfinder Hausfrauen Angler Eseltreiber Rettungsleute Archäologen Höhlenforscher Reepschläger Seiler Chirurgen Holzrücker Knoten und Begriffe ,kleine Auswahl: Halber Schlag Achterknoten Kreuzknoten Sackstich Palstek Zimmermannsstek Prusik Mastwurf geschlagen gesteckt gedoppelt gewunden gewickelt gespleißt gestrickt gehalten Sitzschlingen Brustbund Helikopterknoten Seilverkürzer Flaschenzug Takling Seilspanner Netzknoten Literatur, Internet, Materialadressen (eine Auswahl !) 1. Das Ashley-Buch der Knoten, Edition maritim, ISBN 3-922117-37-6 2. Tom Burgess, Knotenfibel, BLV Verlag, ISBN 3-405-12073-x 3. Bigon/Regazzoni, das Knotenbuch ,Edition maritim, ISBN 3-89225-287-4 4. Dienstvorschriften von Feuerwehr, THW, DLRG, Bergwacht, Marine 5. Handbücher Pfadfinder/innen, z.B: DPSG, CVJM, Falken, BDP 6. Handbücher Deutscher Alpenverein, Sicherheitskreis (DAV) 7. Strasser, Handbuch Temporäre Seilelemente, Praktische Erlebnispädagogik, Ziel-Verlag, ISBN 978-3-940 562-09-8 8. Martin Kaulin, Netze knüpfen und schneiden, Parey, ISBN 3-8263-8480-6 9. von Sengbusch, Arbeiten mit Tauwerk, Topp, ISBN 3-7724-0212-7 10. Dagmar Arzenbacher, das Strippenheft, das Netz, ISBN 978-3-937785-65-3 11. J.D. Lenzen, Zierknoten, Stocker, ISBN 978-3-7020-1491-9 12. Fehre, Seemännische Handarbeiten, Eckardt&Meßtorff 1938, antiquarisch 13. Uli Geißler, Seilerei (tolle Spiele), rex, ISBN 978-3-7252-0927-9 14. Dewald/ Häußler, On - line, Ziel, ISBN 3-937-210-43-1 Textteile, Recherche aus Internet-Lexikon Wikipedia www.wikipedia.org Vergriffene und/oder Antiquarische Bücher über www.zvab.com Adressen örtlicher Seilereien (auch Österreich und Schweiz) über Bundesverband des Deutschen Seiler- und Netzmacherhandwerks www.bv-seiler.de zum Beispiel Engel Netze in Bremerhaven www.engelnetze.com oder Seilerei Bernhard Muffler in Stockach www.tauwerk.de ( Garne, Spleitex, Reste ) Ballengarn über Agrimärkte, ZG-Raiffeisen unter www.raiffeisen.com Fragen? Dann: Peter Blumauer Hinterdorf 57 79837 Menzenschwand www.holzeisenstein.de Anja Geene Stadel 20 88677 Markdorf [email protected]