Auf Geschichte bauen. - Sparkassenverband Rheinland

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Auf Geschichte bauen.
DOKUMENTATION SPARKA SSEN DENKMALPREIS 2015
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www.auf-geschichte-bauen.de
Auf Geschichte bauen.
DOKUMENTATION SPARKA SSEN DENKMALPREIS 2015
Starke Ergebnisse durch gelungene Zusammenarbeit
VERA REIß
MINISTERIN FÜR BILDUNG, WISSENSCHAFT, WEITERBILDUNG UND KULTUR RHEINLAND-PFALZ
A
uch bei seiner dritten Auslobung seit
2010 beweist der Sparkassen Denkmalpreis, dass er ein Erfolgsmodell ist.
Die hohe Zahl an qualitativ herausragenden
Instandsetzungen unter den Bewerbern zeigt
eindrucksvoll das große Engagement, mit dem
sich Denkmaleigentümer um die Erhaltung und
Restaurierung ihres Denkmals bemühen und
zeugen gleichzeitig von einer intensiven und
fruchtbaren Zusammenarbeit mit Landesdenkmalpflege und Unteren Denkmalschutzbehörden. Es fiel der Jury nicht leicht, die Preisträger
in den ausgelobten Kategorien auszuwählen.
Die hier vorgestellten Objekte stehen deshalb
exemplarisch für viele weitere gelungene
Instandsetzungen in unserem Land.
Die Kulturlandschaft von Rheinland-Pfalz ist
bekannt durch ihre vier UNESCO-Welterbe­
stätten – den Dom zu Speyer, die römischen
Monumente in Trier, das Obere Mittelrheintal
und den Limes – und ihre bedeutenden
Schlösser, Burgen und Kirchen. Auch unser
industrielles Erbe ist in den Blick gerückt –
zum Beispiel die Sayner Hütte. Nicht vergessen
werden dürfen die zahlreichen Denkmäler der
Alltagskultur, wie gemütliche Fachwerkhäuser
oder alte Bauerngehöfte. Sie verleihen unserer
Heimat ihre Authentizität, ihr unverwechsel­
bares Gesicht und ihren Charme.
Die Vielfalt der rheinland-pfälzischen Denkmallandschaft spiegelt sich in der Bandbreite der
diesjährigen Bewerbungen um den Sparkassen
Denkmalpreis in den Kategorien Bewohnte und
Unbewohnte Denkmäler wider. Sie reichte in
diesem Jahr vom kleinen Fachwerkhaus über
die prächtige Jugendstilvilla bis zur ehemaligen Synagoge oder dem gründerzeitlichen
Postgebäude. Letztere suchten und fanden
beide eine neue Nutzung.
Die Vielfalt unserer Denkmäler zu erhalten, die
charakteristischen Merkmale eines Kulturdenkmals zu erkennen und behutsam ans Licht zu
bringen, zählt zu den wichtigen Aufgaben der
staatlichen Denkmalpflege. Denkmalpflege
ist zwar gesetzlich verankert, für eine erfolg­
reiche Umsetzung braucht sie aber auch
private Initiative mit viel Herz und Engage-
ment. Es ist darum ermutigend, zu sehen, dass
es viele Menschen gibt, die stolz darauf sind,
ein altes Gebäude zu besitzen und zu bewahren. Menschen, die jede Menge Eigenleistung
erbringen, um „ihrem“ Denkmal wieder zu
alter Schönheit und Lebendigkeit zu verhelfen.
Sie leisten damit einen großen Beitrag zur
Bewahrung unserer einzigartigen rheinlandpfälzischen Denkmallandschaft und unseres
kulturellen Gedächtnisses.
Ich bin dem Sparkassenverband RheinlandPfalz und der Landesbausparkasse RheinlandPfalz sehr dankbar für die inzwischen dritte
Auslobung des Sparkassen Denkmalpreises,
der von beiden Institutionen finanziert und in
Kooperation mit der Direktion Landesdenkmalpflege der Generaldirektion Kulturelles
Erbe Rheinland-Pfalz durchgeführt wird. Der
Sparkassen Denkmalpreis bietet die wichtige
Möglichkeit, einerseits das große Engagement
der Eigentümer bei der Erhaltung ihrer Denkmäler zu würdigen, andererseits auch positiv
für den Denkmalschutz zu werben.
Mein Dank gilt auch den engagierten Mitarbeitern der vielen Denkmalbehörden, die mit
ihrer intensiven Beratung Denkmalbesitzer
unterstützen und fördern und damit einen
ganz wichtigen Anteil an den hier vorgestellten
überzeugenden und preiswürdigen Ergebnissen haben. Ihre Aufgabe ist die Gratwanderung
zwischen dem möglichst unveränderten Erhalt
des Denkmals und dem Augenmaß für das
Machbare.
Alle Beteiligten – seien es Eigentümer, Architekten, Denkmalpfleger, ehrenamtliche Helfer,
Handwerker, Restauratoren oder Vereine –, die
einem Denkmal wieder zu einer lebendigen
Nutzung verhelfen, haben im Angesicht der
oftmals schwierigen Aufgabe Anerkennung
und Respekt verdient.
Ich wünsche allen viel Freude beim Betrachten der Denkmäler, die mit viel Engagement,
Leidenschaft und Zeit lebendig und in ihrer
Schönheit erhalten werden. Am besten: Sie
schauen sich diese gelungenen Beispiele an
Ort und Stelle an.
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Tradition und Moderne – Auf dem Weg in die Zukunft
BEATE LÄSCH-WEBER
PRÄSIDENTIN DES SPARKASSENVERBANDES RHEINLAND-PFALZ
T
radition ist nicht das Halten der Asche,
sondern das Weitergeben der Flamme,
so Thomas Morus, einer der außergewöhnlichsten Menschen des britischen
Mittelalters, der als Politiker, Wohltäter und
Philosoph seine Zeit prägte. Zum dritten Mal
seit 2010 haben Sparkassenverband Rheinland-Pfalz, LBS Rheinland-Pfalz und Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz den
Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz
gemeinsam ausgerichtet. Man kann schon
von einer, wenn auch noch jungen Tradition
sprechen. Wir freuen uns, mit dem ersten und
einzigen landesweiten Preis für das Engagement in der Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz
einen Beitrag zur Weitergabe der Flamme der
Wertschätzung unseres kulturellen Erbes zu
leisten.
Dass es sich um eine Flamme, um etwas Lebendiges und Leidenschaftliches handelt, zeigen
die zahlreichen Einreichungen und das hohe
Engagement zur Bewahrung und Weitergabe
der Zeugnisse unserer Geschichte. Dieser Geist
ist bei jedem der für den Sparkassen Denkmalpreis vorgeschlagenen Objekte zu spüren.
Seien es kleine Kapellen oder große barocke
Kirchen, seien es Remisen oder große Anwesen, jedes der eingereichten Denkmale atmet
die Liebe, die ihre Besitzer in den Erhalt und
in die Instandsetzung investiert haben. Allen
Eigentümern gilt mein herzlicher Dank für ihr
bemerkenswertes und besonderes Engagement.
Denkmale sind lebendig, reichen aus der
Vergangen­heit nicht nur in die Gegenwart,
sondern verweisen zugleich in die Zukunft. Ihr
Bewahren ist auch im technischen Sinne „nicht
das Halten der Asche“, wie Thomas Morus sagte. Moderne, zukunftsweisende Technik kommt
zur Bewahrung und Modernisierung von Denkmalen zum Einsatz, und so manches Mal weist
auch die Rückbesinnung auf altes Wissen den
Weg in die Zukunft.
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Verwurzelt in den Regionen und nah bei
den Menschen haben beim diesjährigen
Spar­kassen Denkmalpreis fast ebenso viele
Sparkassen wie Kreis- und Stadtverwaltungen
Einreichungen zum Sparkassen Denkmalpreis
getätigt. Über diese hohe Beteiligung der
rheinland-pfälzischen Sparkassen vor Ort freue
ich mich besonders.
Es ist uns Freude und Ehre, mit dem Spar­
kassen Denkmalpreis die herausragenden
denkmalpflegerischen Engagements in
unserem Land zu würdigen. Dank gilt den
Vorschlagsberechtigten aus Kreis- und Stadt­
verwaltungen sowie aus den Sparkassen.
Dank gilt den Denkmalbesitzern für die rege
Teilnahme. Dank gilt der Jury, die die schwere
Aufgabe hatte, unter der Vielzahl der qualitativ
hochwertigen Einreichungen eine Auswahl zu
treffen. Sie alle halten Denkmale lebendig.
Die begleitende Ausstellung zu den preisgewürdigten Objekten wird in den kommenden
zwei Jahren in den rheinland-pfälzischen Sparkassen gezeigt. Somit wird über Preisvergabe
und Katalog hinaus der reiche Schatz unseres
kulturellen Erbes einer breiten Öffentlichkeit
präsentiert und ein Beitrag zur Weitergabe der
Flamme der Tradition geleistet.
LBS-Preis Wohnen im Denkmal
MAX AIGNER
VORSITZENDER DES VORSTANDES DER LBS LANDESBAUSPARKASSE RHEINLAND-PFALZ
M
odernisierung im Bestand ist der
Mega­trend in der Baubranche. Es
handelt sich aber auch um einen
gesellschaftlichen Megatrend, weil hier viele
relevante Entwicklungen zusammenlaufen. Der
demografische Wandel fordert den barrierearmen Umbau vieler Wohngebäude. Bislang
ist nur jede 100. Wohnung in Rheinland-Pfalz
altersgerecht.
Die Energiepreisentwicklung und der Treibhauseffekt machen energetische Maßnahmen
erforderlich. Der Flächenverbrauch für Neubaugebiete kann nicht endlos weitergehen. Hier
besteht mittlerweile ein breiter gesellschaftlicher Konsens, in der Stadtplanung auf Innenvor Außenentwicklung zu setzen. In vielen
Städten und Gemeinden werden Bau­lücken
geschlossen und Konversionsgebiete zu
Wohnstandorten entwickelt.
Ein besonderer Stellenwert kommt dabei der
denkmalgeschützten Wohnimmobilie zu. So
führt das Primat des Erhaltes historischer Bausubstanz und damit des reichen Erbes der Kulturlandschaften in Rheinland-Pfalz zu teilweise
sehr diffizilen Fragestellungen. So verbietet
sich eine Außendämmung der Fassade in
vielen Fällen. Stattdessen ergeben sich Handlungsoptionen der Innendämmung. Abgesehen
davon, dass viele alte Gemäuer über große
Qualitäten und Potenziale verfügen, die Planer
und Bauherren sehr gut nutzen können.
Der qualitätsvolle Erhalt von Baudenkmälern
im Wohnungsbestand sowie deren behutsame
Erweiterung in zeitgemäßer Formensprache
erhöht die Attraktivität des Wohnstandortes
für Bewohner und Besucher gleichermaßen.
Wohnqualität bedeutet Lebensqualität. Investitionen in den Denkmalschutz sind damit
auch Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der
Kommunen. Sie fördern den sozialen Zusammenhalt, weil sie Identität stiften und Heimat
bedeuten. Sie fördern den Tourismus und die
Entwicklung der Infrastruktur.
Insofern ist es uns als LBS Rheinland-Pfalz eine
große Freude, den Sparkassen Denkmalpreis
Rheinland-Pfalz 2015 neuerlich gemeinsam
mit dem Sparkassenverband Rheinland-Pfalz
sowie der Generaldirektion Kulturelles Erbe
Rheinland-Pfalz ausgelobt zu haben. Insbesondere der LBS-Preis Wohnen im Denkmal soll
das große Bürgerengagement der Bauherren
würdigen. Ihr Beispiel soll Schule machen.
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Inhalt
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Vera Reiß: Starke Ergebnisse durch gelungene Zusammenarbeit
06
Beate Läsch-Weber: Tradition und Moderne – Auf dem Weg in die Zukunft
07
Max Aigner: LBS-Preis Wohnen im Denkmal
Die Preisträger Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz 2015
LBS-Preis Wohnen im Denkmal
Schlösschen Hildenbrandseck
Breitgiebelhaus Klosterhof
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18 Alsenz
Neustadt/WeinstraßeWolsfeld
10
Unbewohntes Denkmal
Forum Alte Post
Pirmasens
22
26
Vogtshof Hachenburg 30
Ehemalige Synagoge Niederzissen
39
Ehemalige Kaserne
Landau
Herausragendes
EngagementAnerkennungen
Mainzer
Ruine Burg Balduinseck
38
Denkmal-NetzwerkBuch
34
40
Ruine Wachtenburg
Wachenheim
41
Dreiherrisches Gericht
Beltheim
42
Jugendstilvilla
Traben-Trarbach 43
Hohenzollern-Höfe
Ludwigshafen
44
Dr. Joachim Glatz: Kulturgüter für die Zukunft bewahren
46
Der Wettbewerb: Auszug aus der Auslobung
47
Impressum
9
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LBS-PREIS WOHNEN IM DENKMAL
LBS-PREIS WOHNEN IM DENKMAL
Schlösschen Hildenbrandseck
Hildenbrandseck 1, 67435 Neustadt an der Weinstraße, Ortsteil Gimmeldingen
Eigentümer: Dr. Manfred und Susanne von Oettingen
Architekt: zunächst STORCH + FEDERLE, Mannheim; anschließend Eigenregie mit
Unterstützung durch Architekturbüro Hans Koringer, Neustadt a. d. Weinstraße
Maßnahme: Gesamtinstandsetzung
Bauzeit: 2007 – 2012
Wiss. Referent: Dr. Georg-Peter Karn
Datierung: 1574
Ein Denkmal besitzt man nicht alleine
SCHLÖSSCHEN HILDENBRANDSECK: GELUNGENE INSTANDSETZUNG EINES SCHWER BESCHÄDIGTEN RENAISSANCE-GEBÄUDES
S
ie haben sich aber viel vorgenommen!“
Solche und ähnliche Sätze hat die Familie
von Oettingen in den vergangenen Jahren häufig gehört. Bewunderung schwang darin mit und Respekt vor der Großaufgabe, der
sich das Ehepaar aus Düsseldorf gestellt hatte.
Ein Objekt wie Hildenbrandseck vor dem Verfall
zu retten, das verdient wahrlich Anerkennung.
„Der Erhalt hat uns manche schlaflose Nacht
gekostet“, erzählt Susanne von Oettingen.
Etwa, als sie von einem Holzspezialisten erfuhren, dass es für die Sanierung des Dachstuhls
mindestens 10 Jahre zu spät sei. Und dass es
keinen Schädling gebe, der dort nicht vorhanden sei. „Haben wir uns mit dem Projekt
übernommen?“, fragten sich die engagierten
Eigentümer damals.
2006 hatte die Familie das Anwesen bei
Neustadt an der Weinstraße gekauft, aus dem
Wunsch heraus, ein altes Haus zu retten. Und
weil sie ein gutes Gefühl hatten bei diesem
Objekt, das im wuchernden Grün auf sie
wartete, mit morschen Fenstern und schief
getretenen Treppenstufen. „Wie viel Arbeit es
wirklich bedeuten sollte, das ahnten wir nicht“,
sagt Susanne von Oettingen. Für das Obere
Schlössel, wie Hildenbrandseck auch genannt
wird, war das ein Glück: Nicht immer wurde
das Anwesen so gut behandelt wie von seinen
heutigen Besitzern.
Der Renaissance-Westflügel konnte mitsamt seinem barocken Walmdach aus Biberschwanzziegeln erhalten beziehungsweise restauriert werden. Die Fenster erhielten ihre ursprünglichen Mittelpfosten zurück.
Wechselvoll ist die Baugeschichte des Gebäudes, vielfach wurde es umgestaltet und
erweitert. In seinen Anfängen bestand es aus
einem unterkellerten Hauptflügel mit drei
gerundeten Kantentürmen, einem polygonalen
Treppenturm als Zugang zum Haupthaus sowie
einem schmaleren Nordflügel. Weinberge
umgaben das Anwesen. Von diesem ursprünglichen Zustand sind noch der Westflügel und
der Treppenturm erhalten. Eine bis heute
erhaltene Inschrift attestiert die Entstehungszeit im 16. Jahrhundert: Die Zahl 1574 steht im
Turmportal in Stein gemeißelt. Die Mauern um
das Grundstück, ein Torbogen und ein Portal
stammen ebenfalls aus dem 16. Jahrhundert.
1826 wurde der Besitz geteilt und später durch
den Hof eine Mauer gezogen, die direkt auf den
Treppenturm von 1574 zuläuft. Der Südflügel
wurde um 1837 errichtet und einige Jahrzehnte später aufgestockt. Nichts mehr zu sehen ist
von dem Kantenturm auf der Nordwestseite.
Auch die frühere Alleinlage des Herrenbe­sitzes
wurde zerstört, weil aus den umliegenden
Wingerten und dem Garten Baugrundstücke
herausgelöst wurden.
Eine eingehende Untersuchung zu Beginn der
Restaurierung zeigte schnell, wie schlecht
der Gesamtzustand des Schlösschens war.
Das barocke Walmdach von 1715 war nicht zu
halten, es musste vollständig erneuert werden.
In dieser Situation zeigte sich das außergewöhnliche Engagement der Bauherrn: Um den
Charakter des Dachs zu erhalten, ließen die
von Oettingens die alten Schindeln abtragen,
Brauchbares von Unbrauchbarem trennen,
Fehlendes wurde aus alten Beständen hinzugekauft. So konnte der neu errichtete Dachstuhl
schließlich mit historischen Biberschwanzziegeln neu gedeckt werden, ein Drittel davon
original erhalten.
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LBS PREIS »WOHNEN
LBS-PREIS
WOHNEN IM
IMDENKMAL
DENKMAL«
Der polygonale Treppenturm im Hof lag
ursprünglich im Winkel beider Gebäudeflügel und ist daher nur an zwei Seiten
durchfenstert. Alle Außen- und Innenputze
wurden nach traditioneller Art auf Kalkbasis
erneuert.
Schicht für Schicht Baugeschichte entblättert
„Ein Denkmal besitzt man nicht allein. Es ist
Teil unseres kulturellen Erbes, es verpflichtet
uns.“ In diesem Bewusstsein haben Manfred
und Susanne von Oettingen das Renaissanceschlösschen saniert, sich intensiv mit der
Geschichte des Anwesens befasst und alte
Wunden geschlossen. So erhielten die Fenster
ihre bauzeitlichen Renaissance-Mittelpfosten
wieder, Türen wurden nach altem Vorbild neu
geschaffen, Details wie die Eckgliederung der
Fassade herausgearbeitet. Minimalinvasiv
angeglichen. Die Restaurierungsarbeiten der Wandmalereien im Treppenturm
dauern noch an, weshalb das Preisgeld
hoch willkommen ist: „Es trägt einen Teil
der Retuschen dort“, freut sich Susanne
von Oettingen.
Denn die Arbeit am Schlösschen, sie wird
immer weiter gehen. Gerade erst haben
sie im Keller den Zugang zum zerstörten dritten Kantenturm freigelegt. Und
Ein Denkmal ist ein Ort, der irgendwie allen gehört.
Familie von Oettingen hat sich mit
ganzem Herzen der Pflege und dem
Erhalt ihres schützenswerten Schlösschens verschrieben.
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öffneten Bauforscher den Putz an Stellen, an
denen sie historische Aufschlüsse vermuteten
und auch fanden. So kamen frühere Fensterund Toröffnungen zum Vorschein, Anschlüsse
inzwischen abgerissener Bauteile. Allmählich
enthüllte sich die Baugeschichte des Hauses.
Dabei gab es auch schöne Überraschungen. Ein
Höhepunkt war die Entdeckung unter Putz verborgener Wandmalereien im Treppenturm und
einem ehemals repräsentativen Raum – heute
das Wohnzimmer des Hauses. In mühevoller
Kleinarbeit rekonstruierten Restauratoren Tierköpfe, Fabelwesen und Vasen. Ein Sandsteinbogen im Zugangsbereich des abgebrochenen
Kantenturms wurde farblich an die Malereien
einmal im Jahr muss ein Handwerker aufs
Dach, nach dem Zustand der historischen
Schindeln schauen. Über den Stand der
Dinge können sich Besucher am Tag des
Offenen Denkmals informieren: Dann
laden die Schlossherrn zur Besichtigung.
Aus Freude am Geschichtlichen, aber auch,
um der Öffentlichkeit etwas zurückzugeben. Schließlich wäre ohne die Mithilfe der
Denkmalpfleger, ohne die Regionalhistoriker vor Ort und ohne Nachbarn und deren
Erinnerungen manches der Geschichte von
Hildenbrandseck im Dunkeln geblieben,
sagt Susanne von Oettingen: „Ein Denkmal
ist ein Ort, der irgendwie allen gehört.“
LBS PREIS »WOHNEN
LBS-PREIS
WOHNEN IM
IMDENKMAL
DENKMAL«
Die Zeugen der vierhundertjährigen Geschichte sind allgegenwärtig und Teil des heutigen Lebens im Schlösschen.
Das Wohnzimmer der Familie von Oettingen liegt im ältesten Gebäudeteil. Die hier gefundenen und sorgsam freigelegten Wandmalereien gelten Denkmalpflegern heute als
Höhepunkt des Anwesens.
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LBS-PREIS WOHNEN IM DENKMAL
LBS-PREIS WOHNEN IM DENKMAL
„Theis Haus“, Breitgiebelhaus um 1800
Hubertusstraße 7, 54636 Wolsfeld
Eigentümer: Carlo und Nicole Sente-Ligbado
Architekt: Eigenregie
Maßnahme: Restaurierung und Sanierung
Bauzeit: 2008 – 2013
Wiss. Referent: Dr. Joachim Glatz
Datierung: 1798
Wohnen wie früher
AUSZEICHNUNG FÜR DAS BREITGIEBELHAUS: AUS EINEM EINSTURZGEFÄHRDETEN GEHÖFT WIRD EIN SCHMUCKSTÜCK FÜRS DORF
S
o etwas renoviert man nicht, das reißt
man einfach ab. So oder so ähnlich wird
der frühere Besitzer des Breitgiebelhauses wohl gedacht haben. In einem kleinen
Örtchen in der Südeifel steht das Haus, das lange kaum mehr als eine Ruine hinter wuchtigen
Außenwänden war. Das Dach drohte einzustürzen, im Hausinneren hingen Tapetenstreifen
und Kabelleitungen herab, Fliesen waren
zerbrochen, die Böden schief und aufgeplatzt,
die Fenster zerborsten. Zerstörte Räume, wohin
man sah.
Wer ein altes Haus wie dieses vor dem Abriss
bewahrt, der geht ein Wagnis ein, weil sich das
stimmige Ergebnis vorab nicht erkennen lässt.
Die Eheleute Carlo und Nicole Sente-Ligbado
hatten diesen Mut. Das Resultat lässt sich in
Wolsfeld im Kreis Bitburg-Prüm besichtigen:
Grunderneuert steht das dreistöckige Breitgiebelhaus mit seinen 400 Quadratmetern
Wohnfläche in der Hubertusstraße, kleine
Fenster öffnen die helle Fassade, ein Vorgarten
mit Bruchsteinmauer und Buchenhecke trennt
die Straße vom Haus.
Als die Sente-Ligbados das Breitgiebelhaus
im Jahr 2008 kauften, galt es als einsturzgefährdet. Und tatsächlich brachen noch vor
der Schlüsselübergabe Wand und Dach der
hinteren Scheune ein. Das Hausdach folgte nur
wenige Tage später und landete mit Böden von
zwei Stockwerken im
Erdgeschoss. Inzwischen
ist von all dem nichts
mehr zu erkennen. Die
massiven Eichenbalken
sind wieder an ihrem
Platz, ebenso die alten
Holzdielen. Die alte
Scheune hingegen war
nicht mehr zu retten. An
ihrer Stelle verbirgt sich
hinter der Fassade ein
kleiner Innenhof.
Mit Entdeckerfreude,
bauforscherischem
Ehrgeiz und Lust an
historischer Ausstattung Handwerker aus der Region gingen bei der Renovierung sehr behutsam vor und
arbeiteten viele authentische Details, wie Fliesen, Holztüren oder Kalkinnenputz alten
haben die leidenschaftModellen nach.
lichen Denkmaleigentümer aus Luxemburg
sich damals an die Restaurierung gemacht. Ein
häuser mit aufwändigen Portaleinfassungen
Abriss kam für sie nie in Frage. Für die Region
und geschnitzten Holztüren unter Dächern als
sei eine solche Abbruchmentalität gefährlich,
Krüppel- oder Schopfwalm. Es sind Häuser wie
warnen sie. Denn Wolsfeld, eine ehemalige
das Breitgiebelhaus aus dem 18. Jahrhundert.
luxemburgische Burgsiedlung, die heute zum
Aus einem Wohnhaus und einem Stall besteht
Kreis Bitburg-Prüm gehört, besitzt mit teils
das Gehöft, mit einer schmalen Hoffläche davor.
gut renovierten Häusern ein eindrucksvolles
Zu diesem Hof öffnet sich der Hauseingang,
Ortsbild.
darüber steht in einer segmentbogenartigen
Türöffnung eine Jahreszahl gemeißelt: 1798.
Hier kann man noch Bauernhöfe finden, die
Wer damals durch diese Tür ging, auf den Hof
einst das Gutland prägten, stattliche Steinhinaustrat und sich umblickte, war von Feldern
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LBS-PREIS WOHNEN IM DENKMAL
Stattliche Steinhäuser mit solchen geschnitz-
Stilecht wurde der alte Kamin wieder instand gesetzt und in Betrieb genommen. Ansonsten wärmt eine moderne
ten Holztüren prägen das Ortsbild von
Pelletheizung die repräsentativen, großen und von innen isolierten Räume des Hauses.
Wolsheim in der Südeifel.
umgeben und Landwirtschaft: Die Bauernfamilie Theis bewohnte das Gebäude, das
deshalb auch „Theis-Haus“ genannt wird, und
bewirtschaftete das Land für das nahegelegene
Schloss Wolsfeld.
Die kleinen Details erzählen uns
die Geschichten von Menschen,
die hier gelebt haben.
Für herausragend befand die Denkmalpreis-Jury
Wolsfeld sei ein seltenes Beispiel für ein Dorf,
dessen historischer Kern noch vollständig
erhalten sei, schwärmen die Sente-Ligbados
ein ums andere Mal: „In diesem Landstrich ist
alles noch so, wie es in Luxemburger Dörfern
vor rund 30 Jahren war, ehe die Immobilienhändler über sie herfielen.“ Das Ehepaar weiß,
wovon es spricht: Inzwischen haben die beiden
ein Dutzend historischer Gebäude restauriert,
fünf ihrer Immobilien stehen allein in Wolsfeld,
darunter auch das Schloss selbst, das sie zeitweise bewohnen.
die Restaurierung der Fenster mit ihren von
Segmentbogenblenden überfangenen Stürzen.
„Bei unseren Projekten gehen Restaurierung
und Renovierung Hand in Hand. Das heißt,
wir stellen den Originalzustand wieder her,
modernisieren aber zugleich die Technik,
sodass man zeitgemäß wohnen kann“, erklärt
Carlo Sente-Ligbado. Vom Schopfwalm-Dach
bis zum Backhaus sind deshalb viele historische Baudetails erhalten geblieben. Fünf Jahre
dauerte die schwierige Restaurierung, die vor
allem auch durch ihre handwerkliche Qualität
besticht. Fehlende Türen, der Innenputz und
anderes mehr wurden nach alten Modellen
nachgearbeitet. Wo einst das Personal wohnte,
lassen raumhohe Fenster Licht ins Haus.
Überhaupt ist es innen heller, als es von außen
scheint. Dazu haben die Sente-Ligbados mit
Tricks gearbeitet und Wände herausgenommen – mit Einverständnis der Denkmalschutzbehörden. Und sie haben innen Fenster eingebaut. Im Flur sind die alten Fliesen erhalten,
alte Türzargen glänzen frisch aufpoliert. Die
Küche ist fertig eingerichtet, inklusive altem
Backofen, Kohleherd und Sitzecke. Unregelmäßige Kacheln versprühen Charme, der Holzfußboden hat seine Schräge behalten. „Wir
versuchen, alles zu erhalten, was authentisch
ist“, sagt Nicole Sente-Ligbado. „Die kleinen
Details erzählen uns die Geschichten von Menschen, die hier gelebt haben.“
Wohnen wie früher, aber leben wie heute: Auf
diesen Komfort müssen die neuen Bewohner
– das Haus ist vermietet – nicht verzichten.
Bäder- und Küchenausstattung sind modern,
das Haus ist isoliert, eine Pellett- und im
Erdgeschoss eine Fußbodenheizung sind installiert. Sich selbst sehen die Sente-Ligbados
weniger als Hausbesitzer denn als „Kuratoren
der historischen Räumlichkeiten, die wir auf
eine bestimmte Zeit im Namen eines Volkes als
Kulturgut pflegen dürfen“. Für Wolfsfeld ein
Glücksfall. Man wird nicht viele Denkmalfreunde in der Region finden, die mit einem solchen
Enthusiasmus Bauten renovieren.
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LBS-PREIS WOHNEN IM DENKMAL
Nicole und Carlo Sente-Ligbado haben
das Wagnis nicht bereut und aus einem
Wrack ein Prunkstück gemacht. Sie
haben sich in den Landschaftsstrich um
Wolsfeld verliebt und hier noch vier
weitere Häuser vor dem Verfall gerettet.
Aufgehellt: Im Innenausbau wurden
sämtliche jüngeren Umbauten und
Wände entfernt und auch durch innenliegende Fensteröffnungen Lichtdurch­
lässe geschaffen.
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LBS-PREIS WOHNEN IM DENKMAL
LBS-PREIS WOHNEN IM DENKMAL
Klosterhof aus dem 16. Jahrhundert
Mühlstraße 19, 67823 Alsenz
Eigentümer: Dr. Thomas Güttler
Architekt: Planungsgruppe Denkmal Kreativ, Höxter
Maßnahme: Restaurierung
Bauzeit: 2010 – 2014
Wiss. Referentin: Dr. Maria Wenzel
Datierung: 1553
Ein Haus erzählt Geschichten von früher
KLOSTERHOF: AUSZEICHNUNG FÜR EINE RESTAURIERUNG MIT VIEL LIEBE ZUM DETAIL
M
an sieht es in jedem Winkel, das hohe
Alter des Klosterhofs. Und das steht
ihm gut. Historisches Basaltpflaster
verschönert die Hoffläche, Gründerzeitsofas
und Barocktische bevölkern die Räume,
Kachel- und Eisenöfen verschiedenster Epochen verteilen sich im Haus. Neben einer dünnen Brettertür im Obergeschoss ist die blaue
Wandfarbe angekokelt – Erinnerungen an
einen Ortsbrand. Und im Erdgeschoss ranken
zwischen Fachwerkbalken zartrote Lilien, ein
unbekannter Maler hat sie vor bald 400 Jahren
auf den Kalk gepinselt.
Lange waren die hübschen Blumen verborgen
gewesen. „Da war drüber geputzt und später
auch tapeziert worden“, erzählt Eigentümer
Thomas Güttler: „Teilweise haben wir bei der
Restaurierung drei Farbfassungen übereinander gefunden.“ Die Vergangenheit hatte
sich in Schichten über das 1553 erbaute Haus
gelegt. Bis zum Schluss nichts mehr zu sehen
war außer einem großen Durcheinander alten
Mobiliars und einer ungepflegten Fassade, aus
der das Mauerwerk herausschaute.
Wer heute die Mühlstraße im Alsenz besucht,
einem Ort im Saar-Nahe-Bergland, steht vor
einem schmucken Fachwerkhaus, die Fassade
weiß verputzt, im ersten Stock das Fachwerk rot
abgesetzt. Aus der frühen Neuzeit stammt der
Gebäudekomplex, 1553 wurde er als Bruder­
haus des Mainzer Johannisstifts erbaut. In
den folgenden Jahrhunderten diente er, unter
anderem, dem ersten Pfarrer von Alsenz als
Wohnsitz. Die letzten 130 Jahre lebte die
Familie der Vorbesitzer hier. Ihre Nachkommen
verkauften das Haus aus Altersgründen.
Drei Jahre stand der Klosterhof leer, bis
Thomas Güttler einen Blick hineinwarf. Und
neugierig wurde. Seit langem engagiert sich
der Denkmalfreund aus Ostwestfalen für Objekte wie dieses. Sieben historische Gebäude
hat er bisher restauriert, vor fünf Jahren sogar
einen Mitarbeiter eingestellt, einen „AllroundHandwerker mit Schwerpunkt historische Bautechnik“. War es anfangs noch die Suche nach
Investitionsobjekten, die Güttler antrieb, kam
mit den Jahren ein tiefes Verständnis für den
Wert der gebauten Geschichte hinzu: „Solche
Häuser sind Teil des kulturellen Erbes. Komme
ich da mit der Abrissbirne, ist von diesem Erbe
irgendwann nichts mehr da.“
2010 kaufte Güttler das Anwesen, zu dem
neben dem Haupthaus ein Innenhof gehört,
eine Scheune mit Weinkeller und eine Remise. Es war ein Kauf mit dem Ziel, das Haus
bewohnbar zu machen für die Familie, als
Wohnstatt für die Wochenenden. Erster Schritt
auf dem Weg dorthin: Ordnung schaffen! Was
als Entrümpelung gedacht war, wurde schnell
Diese historische Fotografie wurde im Haus gefunden.
Es zeigt die Familie Anhäußer, die den Klosterhof in den
letzten 130 Jahren bewohnte.
zu einer Schatzsuche: „Die Vorbesitzerin
hatte nur äußerst geringe Modernisierungen
durchgeführt und nichts entsorgt.“ Möbel, alte
Bücher und Briefe, landwirtschaftliches Gerät –
alles war noch da, quer durch die Zeitalter des
Hauses. Manche Funde ließen sich bis ins
17. Jahrhundert zurückdatieren.
Der Beginn der Sanierung glich einer archäologischen Recherche: Räume wurden entkernt und Putz von den Wänden geklopft, um
Denkmalstrukturen freizulegen. Als die ersten
Wandmalereien zum Vorschein kamen, enga-
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LBS PREIS »WOHNEN
LBS-PREIS
WOHNEN IM
IMDENKMAL
DENKMAL«
Leben im Denkmal ist bereichernd: Die Güttlers haben viele Möbelstücke der Vorbesitzerfamilie behalten, unter Putz
entdeckte Malereien fügen sich wie ungerahmte Stilleben ins Ambiente ein.
gierte der Hausherr eine Restauratorin: Ein
Jahr lang besuchte die Expertin immer wieder
den Hof, um das Gefundene aufzuarbeiten –
manchmal über die gesamte Wandfläche, dann
wieder als Zitat, in der Größe eines Bildes. Die
jüngsten der gefundenen Farbfassungen stammen aus dem 19. Jahrhundert, die ältesten
gehen auf das Baujahr 1553 zurück.
Das Alter darf sichtbar bleiben im Klosterhof, das gilt für ausgetretene Treppenstufen
Die Familie Güttler – oben im Bild rechts Sohn
Titus, im Bild unten rechts Ehefrau Annette –
kann sich auf die Hilfe ihres Mitarbeiters Sabit
Bajrami (oben li.) verlassen. Er setzt historische
Handwerkstech­niken wie Zimmerei, Lehmbau oder
Kalkanstriche fachmännisch ein.
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ebenso wie für verblasste Holzdielen und alte
Scharniere. Statt sie auszutauschen, wurde die
historische Ausstattung freigelegt und sorgfältig herausgearbeitet, im Einzelfall auch ergänzt. Wo sich vor Ort dafür nicht das Passende
fand, suchte Thomas Güttler das historische
Baumaterial – Eichenkanthölzer, Sandsteinplatten, Vollziegel – aus Abbruchhäusern zusammen. Die Familie unterstützte ihn, wo immer
es ging: „Gemeinsam haben wir 3 000 Stunden
Eigenleistung erbracht.“
rieren – dank dieses Leitmotivs des Eigentümers Thomas
Güttler darf das alte Haus heute die Geschichte seines
langen Lebens erzählen.
LBS PREIS »WOHNEN
LBS-PREIS
WOHNEN IM
IMDENKMAL
DENKMAL«
So wenig wie möglich eingreifen, so viel wie nötig restau-
Solche Häuser sind Teil des kulturellen Erbes. Komme ich da mit der
Abrissbirne, ist von diesem Erbe irgendwann nichts mehr da.
So sorgsam die historischen Details behandelt
wurden, so dezent wurden die Ansprüche der
Moderne integriert. Beispiel Haustechnik: Sie
wurde in der umgebauten Remise untergebracht, um den Eindruck des Denkmals nicht
zu verfälschen. Beispiel Wandheizung: Sie
verschwindet im Erdgeschoss zwischen Bruchsteinwänden und Kalkputz, im Obergeschoss
hinter einer Leichtlehminnenschale, die auf
die Fachwerkwand aufgebracht wurde. Sieben
Öfen, verteilt durchs Haus, sorgen für zusätz­
liche Wärme.
Eine besondere Herausforderung stellte die
Elektrik im ersten Obergeschoss dar: Wie verlegt man Kabel auf Wänden voller historischer
Malereien? „Eine Unterputzlegung verbot sich
von selbst“, erklärt Thomas Güttler. „Wir haben
die Elektroinstallationen stattdessen auf der
Wandoberfläche verlegt.“ Die Kabel verlau-
fen nun in Metallrohren, Bakelitschalter und
Porzellan­verteiler aus dem frühen 20. Jahrhundert verströmen Nostalgie. Jedes Stück
erzählt eine Geschichte. Von einem alten Haus
und den Menschen, die in ihm lebten. Und das,
findet Thomas Güttler, macht das Leben im
Klosterhof zu etwas ganz Besonderem.
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UNBEWOHNTES DENKMAL
Forum Alte Post
UNBEWOHNTES DENKMAL
Poststraße 2, 66953 Pirmasens
Eigentümer: Stadt Pirmasens
Architekten: Tina Müller-Einfalt, Stadtverwaltung Pirmasens;
Christoph Arnold, Arnold+Partner Architekten, Pirmasens
Maßnahme: Sanierung und Restaurierung
Bauzeit: 2000 – 2013
Wiss. Referenten: Dipl.-Ing. Birgitta Enders; Dr. Joachim Glatz
Datierung: 1893
Juwel der Gründerzeit
FORUM ALTE POST: GELUNGENE UMNUTZUNG EINES STÄDTISCHEN PRESTIGE-OBJEKTES
I
hr Alter sieht man den beiden Damen nicht
an. Seit 120 Jahren verschönern sie das
Mittelportal der Alten Post. Und seit sensible
Restauratoren sie vom Schmutz eines guten
Jahrhunderts befreit haben, von Vogelkot, Bewuchs und Zersetzung durch Umwelteinflüsse,
seitdem leuchtet wieder, was die zwei in ihren
Kalksteinhänden halten. Es sind Zahnrad und
Geldbeutel, Insignien der Industrie und der
wirtschaftlichen Prosperität: Die beiden weiblichen Figuren sind allegorische Darstellungen
der Blütezeit von Pirmasens. Eine Zeit, deren
architektonisches Glanzstück das „Königlich
Bayerische Postamt“ bildet.
Die Alte Post in Pirmasens gilt als Juwel der
späten Gründerzeit. Errichtet 1893, war sie
Ausdruck des sozialen und wirtschaftlichen
Aufschwungs, den die deutsche Hauptstadt der
Schuhindustrie ab Mitte des 19. Jahrhunderts
erfuhr. Entsprechend herrschaftlich ist die
Architektur des Gebäudes, die sich vor allem
aus der Renaissance und dem Barock bedient.
Sie fasziniert mit ihrem palazzoartigen Aufbau
und der reich verzierten Schmuck- und Haupt­
fassade, mit Portalbögen, Säulen, Reliefs und
Skulpturen. Herzstück ist der elf Meter hohe
Kuppelsaal mit Kassettendecke und Stuckornamenten, an den sich ein Nord- und ein
Südflügel anschließen.
Neu und Alt im Dialog: Die Restaurierung hat ein harmonisches Miteinander von historischer und moderner Formen­
sprache geschaffen.
Mit dem Niedergang der Schuhindustrie verband sich das Ende der Alten Post: Zuletzt
Wartesaal für Postbusreisende, stand sie ab
1976 leer. 1986 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. Lange rang die Stadt mit der
Überlegung, wie sich eine Restaurierung
finanzieren ließe und wie eine anschließende
Nutzung aussehen könnte. Im Jahr 2000 nahmen diese Überlegungen Gestalt an. Es begann
eine 13 Jahre dauernde Restaurierungs- und
Umbaumaßnahme.
Viel war zu tun: Neben statischen Ertüchtigungen mussten Geschossdecken zurückgebaut
werden, Stuckdecken wurden nach historischem Befund saniert und die Seitenflügel für
den Ausstellungsbetrieb vorbereitet. Dabei
entdeckten Handwerker im Nordflügel eine
verborgene Stuckdecke von 1896, die heute
das Kuppelzimmer krönt. Unter ihrer prächtig
bemalten Rosette – die Farben hierfür wurden
nach Originalrezeptur angemischt – können
sich Brautpaare heute das Ja-Wort geben.
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Die Vermietung des repräsentativen Kuppelsaals
als Veranstaltungsort ist ein gelungenes Beispiel
für die wirtschaftliche Umnutzung eines denk­
malgeschützten Gebäudes.
Die Mitglieder der Abteilung Kommunales Bauen im Bauamt
Pirmasens Tina Müller-Einfalt, Monika Pleyer, der Leiter des Hochbauamts Leo Noll und Diana Woll (v.l.n.r.) haben mit viel Engagement zur Planung und Realisierung des Projekts beigetragen.
Wir brechen nicht mit unserer Vergangenheit, sondern
wir brechen mit unserer Geschichte auf in die Zukunft.
Besonderes Glück hatten die Restauratoren bei
der Arbeit am 90 Meter langen, teilzerstörten
Mosaikfries der Schmuckfassade. Es fanden
sich archivierte Auftragsbücher, anhand derer
der historische Fries restauriert und ergänzt
werden konnte.
Eine Herausforderung war der Kuppelsaal:
Zwei nachträglich eingezogene Decken – eine
aus Putz, die andere aus Stahlbeton – schlugen Handwerker heraus, um die ursprüngliche
Raum­höhe wiederherzustellen. Die Innen­
gestaltung mit einer originalgetreuen Nachbildung der Kassettendecke richtet sich nach
historischem Vorbild. Geschickt wurde zudem
Technik integriert, damit dieser Saal heute
unter anderem für Konzerte, Theaterauffüh­
rungen oder Feiern genutzt werden kann.
Das sorgsam wiederhergestellte 90 Meter lange Mosaik­
fries, 1893 gefertigt von Villeroy und Boch, zeigt in der
Formensprache des Historismus Motive des Handels,
der Industrie, des Wohlstandes und der Post.
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Das harmonische Miteinander von historischer
Substanz und modernen Elementen setzt sich
in der baulichen Ergänzung auf der Rückseite
fort. Dort optimiert ein lichter Glasanbau die
Erschließung des Gebäudes – etwa, indem er
beide Flügel miteinander verbindet. Zusammen mit dem neuen Zugang im rückwärtigen
Innenhof wurde Barrierefreiheit geschaffen.
Die Haustechnik wurde ausgelagert in ein
separates Gebäude, vor dem nun das Löwen­
relief steht, das früher den Torbogen zierte.
Die königlich-bayerischen Löwen begrüßen
den Besucher von heute: ein Dialog zwischen
Alt und Neu, der funktioniert.
„PIRMASENS HAT EINE ZUKUNFT“:
BERNHARD MATHEIS, OBERBÜRGERMEISTER VON PIRMASENS, IM INTERVIEW
Herr Matheis, welche Bedeutung hat die
Alte Post für Pirmasens?
Eine sehr große! Dazu muss man wissen,
dass die Stadt vor dem Zweiten Weltkrieg
einen großen Bestand an Gründerzeitarchitektur aufwies, als eine Folge der ansässigen
Schuhindus­trie, die mit großem Wohlstand
einherging. Bei einem Bombenangriff im März
1945 wurde Pirmasens dann nahezu vollständig zerstört. 85 Prozent der Gründerzeitarchitektur waren dahin. Die Alte Post gehört zu den
wenigen erhaltenen Relikten dieser Epoche,
sie steht in einem Karree von Gründerzeitgebäuden und bildet das Glanzstück dieses
Ensembles.
Aus der ehemaligen Post ist ein Kulturforum
geworden. Kein museales Denkmal also,
sondern ein lebendiger Ort. Wie funktioniert das?
Wenn Sie ein solches Gebäude einer neuen
Funktion zuführen, wünschen sich die Kultur-
begeisterten meist ein Museum. Doch mit ihrer
Präsenz im Zentrum der Stadt bietet uns die
Alte Post viel mehr Optionen. Wir haben uns
deshalb dafür entschieden, sie multifunktional
zu nutzen. Als Kulturforum spricht sie mehr
Menschen an, als es ein reines Museum
könnte. Zudem dürfen Sie nicht vergessen:
Die Betriebskosten eines Gebäudes in dieser
Größenordnung sind enorm. Indem wir einen
Teil der Räume vermieten, gelingt eine teil­
weise Refinanzierung dieser Kosten.
Was passiert alles in der Alten Post?
Im Nordflügel zeigen wir die Dauerausstellung
des renommierten Genre-Malers Heinrich
Bürkel, die Stadt Pirmasens verfügt über die
größte Sammlung seiner Bilder. Im Südflügel
gibt es Wechsel-Ausstellungsräume. Der große
Kuppelsaal in der Mitte des Gebäudes lässt
sich mieten, etwa für Hochzeiten, Firmenjubi­
läen, Konzerte, dort steht auch eine mobile
Bühne. Und da ist noch ein kleiner Kuppelraum
im Turmzimmer des Nordflügels. Wir haben
ihn stilgerecht ausmalen lassen und stellen
ihn nun für Trauungen zur Verfügung. Und
das kommt gut an – die Alte Post ist wieder zu
einem Mittelpunkt des Lebens hier geworden.
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Ein Denkmal von großer Symbolkraft
Welche Bedeutung hat ein Denkmal wie
dieses für das Gemeinwesen einer Stadt?
Bedenken Sie, wie stark Gebäude wie die Alte
Post auf die industrielle Vergangenheit von
Pirmasens verweisen. Und welche Bedeutung
es hat, wenn solch ein Gebäude leer steht. Das
mitten in der Stadt zu erleben, wirkt wie ein
Fanal über allgemeinen Bedeutungsverlust der
Stadt. Indem wir Glanzstücke der GründerzeitArchitektur restaurieren lassen, zeigen wir
auch: Pirmasens hat eine Zukunft. Wir brechen
nicht mit unserer Vergangenheit, sondern
wir brechen mit unserer Geschichte auf in die
Zukunft. Die Alte Post war das Tor dieser Industriestadt in die Welt. Es hat große Symbolkraft,
wenn dieses Tor wieder geöffnet wird.
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Vogtshof
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Mittelstraße 2, 57627 Hachenburg
Eigentümer: Stadt Hachenburg
Architekt: André und Erich Kramm Architekten, Limburg/Lahn
Maßnahme: Restaurierung
Bauzeit: 2009 – 2011
Wiss. Referent: Dr.-Ing. Markus Fritz-von Preuschen
Datierung: 1606
Schmuckstück im historischen Stadtkern
VOGTSHOF: AUSGEZEICHNET ALS VORBILDLICH SANIERTES, UNBEWOHNTES DENKMAL
E
s ist eins der auffälligsten Häuser von
Hachenburg: Wer durch die Gassen des
historischen Stadtkerns schlendert, kann
den stattlichen Fachwerkbau in der Mittel­
straße 2 gar nicht übersehen. Ein Vorplatz, mit
Kopfstein gepflastert, rahmt das Gebäude wie
das Passepartout ein schönes Foto. Der Blick
hat Raum zum Wandern, er studiert die weiß
verputzte Fassade und das rot gestrichene
Fachwerk im Obergeschoss. Ein historisches
Gebäude, sicher. Doch wie alt ist es genau?
Die Stadt Hachenburg, seit 1978 im Besitz der
Immobilie, wollte das zu Beginn der jüngsten
Sanierung des Vogtshofs wissen. Sie schickte
Experten auf Spurensuche in die Bausubstanz,
ließ Farbreste von den Wänden kratzen und
alte Eichenbalken analysieren. Das Ergebnis:
Die Fachwerkkonstruktion und Raumgestaltung im Obergeschoss gehen teilweise bis auf
das Jahr 1606 zurück. Im zweigeschossigen
Vogtshof stecken somit auch vier Jahrhunderte
Regionalgeschichte.
„Ziel war es, das Gebäude so originalgetreu wie
möglich zu restaurieren“, erklärt Katrin Lück,
die beim Bauamt der Verbandsgemeindeverwaltung zuständig für die Umbaumaßnahme
ist. „Das war für die Stadt ein großes Projekt.“
Denn das ehemalige Wohnhaus ist im Laufe
der Zeit vielfach verändert worden, besonders
im 18. Jahrhundert durch die bauliche Erweite-
rung auf der Nordseite. Dieser barocke Anbau
ist noch heute deutlich vom älteren Baukörper
zu unterscheiden. Auch das Fachwerk wurde
mehrfach verändert, Fenster wurden vergrößert
und umgesetzt, Zugänge verlegt, Wände eingezogen, Decken verschalt. Wo also anfangen?
Als 1914 die Textilhändlerfamilie Görz-Breidenbach den
Vogtshof bewohnte, war der Brunnen auf dem Vorplatz
schon seit Jahrhunderten überbaut und in Vergessenheit geraten. Er wurde erst 1980 wieder entdeckt und
Über Wochen und Monate hinweg wurde
zunächst der Bestand gesichtet und analysiert.
Während im Erdgeschoss der reguläre Betrieb
der dort ansässigen Stadtbücherei weiterlief,
gingen im Obergeschoss Denkmalpfleger,
Architekten und Wissenschaftler ein und aus.
Ein Hausforscher erstellte Zeichnungen, wie
die Räume in früherer Zeit aufgeteilt waren
und wie sie genutzt wurden. Eine Restauratorin suchte die Wände mit der Lupe nach den
ursprünglichen Farbfassungen ab. Einige der
so entdeckten Farb- und Putzbefunde sind jetzt
hinter Schutzverglasung zu sehen.
Drei Bauphasen – von 1606, 1703 und 1706 –
konnten die Experten re­kons­truieren. An ihnen
orientiert sich die Restaurierung des Vogtshofs
und nimmt sich dabei gestalterisch angenehm
zurück. „Denkmalpflege beschönigt nicht oder
historisiert, sondern sie geht nach Befundlage
vor“, er­innert Katrin Lück. Als Beispiel präsentiert sie den Löwensaal. Mit seinen fachwerksichtigen Wandflächen, das Eichenholz in
Ochsenblutrot gestrichen, ist er der älteste
restauriert.
Teil des Hauses und stammt aus dem Jahr 1606.
Typisch für diese Epoche sind die kleinen Fenster
mit den eingefassten Glasbodenscheiben. In dem
etwa 88 Quadrat­meter großen Raum – mit
einer Zwischenwand – finden unter anderem
Ausschussitzungen des Stadtrats statt. Die dafür
erforderliche Veranstaltungstechnik mit Licht,
Lautsprecher oder Beamer ist so dezent eingebaut, dass sie kaum auffällt.
Aus dem 19. Jahrhundert hingegen stammen
drei Zimmer im klassizistischen Stil. Flügeltüren
beeindrucken in dunklem Eichenholz, auch
die großzügigen Sprossenfenster sind wie ein
Gemälde von Holz umrahmt, die Wände sind nicht
holzsichtig, sondern glatt verputzt. „Hier werden
die Geschmäcker der Zeit erlebbar“, kommentiert
Karin Lück. In diesem herrschaftlichen Ambiente
können sich die Hachenburger heute das Ja-Wort
geben, neben Trauungen finden auch Vorträge,
Lesungen oder Ausstellungen statt.
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Hier werden die Geschmäcker
der Zeit erlebbar.
Die hohe Kunst des Handwerks: Wertvolle Details erhalten
Die hohe Ausführungsqualität der Kernsanie­
rung zeigt sich in der handwerklichen Leistung:
Architekten, Planer und Handwerker haben
größten Wert auf die Rekonstruktion der
Originalzustände gelegt und mit viel Liebe
zum Detail umgesetzt. Morsche Balken wurden
durch gleichwertige Hölzer aus Abrissscheunen ersetzt, entsprechend der ursprünglichen
Bauzeit kamen Kalk, Kasein- und Leinölfarben
zum Einsatz. Fußboden- oder Wandheizungen
verschwanden unter Eichendielen oder hinter
Lehmputz, was nicht nur dem Raumcharakter
zugute kommt, sondern auch der Energiebilanz
Auf der Südseite hebt sich der gläserne Turmanbau
deutlich von den denkmalgeschützten Fassaden ab
und ermöglicht per Aufzug den barrierefreien Zugang
ins Obergeschoss.
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des öffentlich genutzten Hauses. „Durch den
Lehm ist das Raumklima sehr gut und die Energieeinsparung deutlich“, so die Bauleiterin der
Verwaltung.
Ein echter Blickfang ist der ehemals verbaute
Flur geworden: Dort steht eine begehbare
Box, die neben der kompletten Haustechnik
zwei Toiletten enthält. Die schwarz-rote Hülle
wird veredelt durch Lederbespannungen
einer ortsansässigen Manufaktur sowie durch
Grafiken des Kölner Künstlers Markus Döhne.
Wie ein Möbelstück steht die Box im Raum
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Katrin Lück mit Marcus Franke, dem 1. Beigeordneten der
Stadt Hachenburg, auf dem Weg ins Obergeschoss.
Die fünf Räume im ersten Stock lassen sich
vielfältig nutzen: Die klassizistischen Zimmer
(oben) für Trauungen oder Kulturveranstaltungen, der Renaissance-Löwensaal (unten)
für Ratssitzungen.
und gewährt einen freien Blick nach oben auf
die weiß verputzten Kölner Decken. Daneben
machen Schutzgläser an den Wänden frühere
Ausbaustufen sichtbar.
Die Baugeschichte der einzelnen Gebäudeteile
stellt sich auch auf der Außenseite konsequent
dar, vom renaissancezeitlichen, rot-weißen
Fachwerk über die glatt verputzten Wände des
Klassizismus bis hin zum Giebel über dem
Casino, der mit einer Verschieferung auffällt:
„Das ist original erhalten geblieben. Wir haben
nur das ausgetauscht, was ausgebessert
werden musste.“
Um die Barrierefreiheit zu gewährleisten,
wurde im Hof an der Judengasse ein Außenaufzug installiert, der auch Rollstuhlfahrern den
Zugang zum Obergeschoss ermöglicht. Nach
zwei Jahren Umbauzeit kann nun jeder, der
will, einen Blick in die Geschichte werfen und
im Vogtshof durch die Jahrhunderte wandern.
Die Nachfrage ist lebhaft, weiß Katrin Lück zu
berichten. Was sie nicht weiter wundert, denn:
„Denkmäler sind identitätsstiftend.“
Im Flur sind Technik- und Sanitäranlagen edel verpackt.
Biedermeierliche Farbgebung und kleine
Rundbögen im Zwischengeschoss zieren
das Äußere, ein Deckengemälde mit
Jagdmotiven den einzigen Innenraum
des Pavillons.
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Ehemalige Synagoge
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Mittelstraße 30, 56651 Niederzissen
Eigentümer: Ortsgemeinde Niederzissen
Architekt: Karl-Heinz Möseler, Architekturbüro Rösner,
Möseler und Kühmstedt, Remagen
Maßnahme: Gesamtinstandsetzung und Restaurierung
Bauzeit: 2011 – 2013
Wiss. Referenten: Dipl.-Ing. Ansgar Brockmann; Dr. Eduard Sebald
Datierung: 1840/41
Lernort für Geschichte
AUSZEICHNUNG FÜR DIE EHEMALIGE SYNAGOGE: EIN ENTWEIHTES GEBETSHAUS
WIRD ZUR STÄTTE DER ERINNERUNG UND BEGEGNUNG
A
ls Kind ist Richard Keuler oft hinübergelaufen, wenn in der Schmiede seines
Heimatorts Niederzissen ein Pferd
beschlagen wurde. Es waren die Fünfziger­
jahre, und der Junge wusste, was jeder wusste:
Die Schmiede mit dem hübschen Rundfenster
unterm Dachgiebel, das war früher die Dorfsynagoge. Früher, als Niederzissen noch eine
jüdische Gemeinde hatte. Bevor die National­
sozialisten Menschen ins Exil trieben oder in
ihre Vernichtungslager deportierten. Seit 1942
gab es keine Juden mehr im Ort. Einige Jahre
zuvor, am 10. November 1938, war die Synagoge von Nazi-Schergen zerstört worden. Sie hatten die Eingangstür zertrümmert, das Lesepult
zerschlagen, Bücher und Thorarollen auf die
Straße geworfen. Das entweihte Gotteshaus
wurde anschließend zwangsverkauft. Wo früher
gebetet und gesungen wurde, glühten nun die
Eisen, wurden Traktoren und Land­maschinen
repariert.
Direkt nach dem Krieg stellte das niemand
in Frage. „Die Zeit war dafür nicht reif“, sagt
Richard Keuler rückblickend. Heute ist der
Junge von damals Vorsitzender des örtlichen
Kultur- und Heimatvereins und als solcher ein
Mann, der „von der Vergangenheit her in die
Gegenwart denkt“, wie er selbst sagt. Die Geschichte der Synagoge ließ ihn nie los, das Gebäude zu retten war ein langgehegter Wunsch.
Als der Schmied den Betrieb einstellte, keimte
bei Keuler Hoffnung auf. Gemeinsam mit dem
Kulturverein stellte er ein Renovierungskon-
Verbaut und als Autowerkstatt zweckentfremdet bot
die ehemalige Synagoge von 1840 in den vergangenen
Jahrzehnten ein desolates Bild.
zept vor. Es gab anfängliche Widerstände,
aber auch Befürworter. Niederzissen stellte
sich seiner Vergangenheit: 71 Jahre nach der
Reichspogromnacht, am 9. November 2009,
beschloss der Gemeinderat den Ankauf des
ehemaligen Gebetshauses und seine Wiederherstellung als eines für die Region wichtigen
jüdischen Kulturdenkmals.
Zwischen 1840 und 1841 war die Dorfsynagoge von Niederzissen errichtet worden, ein
schlichter Saalbau mit hohen Fenstern, unter
dessen Dach ein Schatz jüdischer Hinterlassenschaften den Nazi-Terror unangetastet
überstanden hatte. In einer Genisa, einem
verborgenen Depot, lagerten Fragmente von
Thorarollen, und Gebetbücher, Thoramäntel,
Eheverträge, religiöse wie profane Gegenstände des Judentums. „Wir wussten, dass auf dem
Dachboden etwas zu finden ist, aber das Ausmaß hatten wir nicht erahnen können“, erzählt
Richard Keuler.
Ein Teil der Fundstücke ist nun im Museums­
raum zu sehen, der im früheren Werkstatt­
anbau untergebracht ist. Durch eine doppel­­flügelige Tür ist die Schau mit dem wieder­
hergestellten Syna­gogen­raum verbunden.
Für beide Räume gilt: Es brauchte viele Helfer,
um die historische Substanz aus sieben Jahrzehnten Zweckentfremdung heraus zu schälen.
Mehr als 1500 Stunden ehrenamtlicher Eigenleistung investierten die Mitglieder des Kulturvereins in die Sanierung. Mit dieser Hilfe und
der Unterstützung von Fachleuten gewann die
ehemalige Synagoge ihre alte Würde zurück.
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Richard Keuler war es eine Herzens­
angelegenheit, der ehemaligen
Synagoge ihre alte Würde zurück zu
geben. Heute ist sie ein wichtiges
Kulturdenkmal für die Region.
Eine Form der Zeitzeugenschaft
Wir wussten, dass auf dem
Dachboden etwas zu finden
ist, aber das Ausmaß hatten
wir nicht erahnen können.
Heute ist das Gotteshaus in seiner Ursprungsgröße wiederhergestellt. 45 Quadratmeter
misst der schlichte, lichtdurchflutete Raum,
Stühle stehen darin und ein Klavier. Die Wände
ziert eine ornamentale Farbbordüre, die sich
am historischen Vorbild orientiert. Das Original
hatte der Restaurator vorsichtig unter dem
schwarzen Ruß der Schmiede freigelegt und
nach der Vorlage eine Schablone gefertigt.
Die Eingangsseite erhielt die ehemals vorhandenen fünf Fenster zurück sowie die mittig
angeordnete Tür. Die Rundbogenfenster der
Ostseite wurden auf ihre ursprüngliche Größe
erweitert, die Gewände in Basaltlava ergänzt
und teilweise neu eingebaut.
Auch die teilweise abgerissene Frauenempore
steht wieder, samt historischer Gusssäule.
Diese war Mitte der Fünfzigerjahre aus dem
Gebäude getragen und als Balkonstütze
missbraucht worden. Vor dem Haus plätschert
wieder der Brunnen, der auch die Mikwe mit
Wasser versorgte. Letztere ist das rituelle
Bad der Juden: Ihre Reste wurden ebenfalls
Im ehemaligen Werkstattanbau wurde ein Museumsraum geschaffen, der zahlreiche Zeugnisse des jüdischen Lebens in Niederzissen zeigt.
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entdeckt und mit den Grundmauern der Badestube freigelegt. Und in der Thoranische, aus
der die Nazis 1938 den Schrein herausgerissen
hatten, stehen heute 29 Namen geschrieben:
Es sind die Namen der Niederzissener Juden,
die von hier aus in den Tod deportiert wurden.
„Never again“ lauten die mahnenden Worte im
Bronzerelief darüber, eine Arbeit der US-Bildhauerin Steffi Friedman.
„Denkmalpflege ist auch eine Form der Zeitzeugenschaft“, findet Richard Keuler. Deshalb
ist aus dem ehemaligen Gotteshaus eine Erinnerungs- und Begegnungsstätte geworden,
mit Führungen, Lesungen, Vorträgen. Schulklassen kommen, Neugierige fragen Besichtigungen an, aber auch Nachfahren der Niederzissener Juden waren schon da, voller Freude,
wie gut hier ihrer Familien gedacht wird und
wie beeindruckend das geschändete Gebäude
nun eine neue Nutzung erfährt.
Von einem solchen Besuch stammt die Mesusa,
eine in Silber eingefasste Schriftkapsel an der
Eingangstür: Schräg an die Wand genagelt, soll
sie Schutz über das Haus bringen. Damit die
ehemalige Synagoge von Niederzissen noch
vielen Generationen als Lernort der Geschichte
dient.
Tore und Fenster der Werkstatt wurden zurückgebaut, die Thoranische wiederhergestellt und eine historische Gusssäule
mit korinthischem Kapitel – gefunden als Balkonstütze an einem Nachbarhaus - an ihren angestammten Platz im Gebetsraum zurückgebracht.
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HERAUSRAGENDES ENGAGEMENT
HERAUSRAGENDES ENGAGEMENT
Lobby für bröckelnde Bauten
AUSZEICHNUNG FÜR ENGAGIERTES WIRKEN IN DER DENKMALPFLEGE: DAS MAINZER DENKMAL-NETZWERK
M
it einem Artikel in der Lokalzeitung fing
es an. Die kritischen Kommentare des
Landeskonservators Joachim Glatz
(s. Interview Seite 44) zur Denkmalpflege in
Mainz riefen Erika Friderichs auf den Plan,
Ortskuratorin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Die ehemalige Kommunalpolitikerin mochte dem Verfall vor dem Hintergrund
knapper Kassen nicht mehr weiter zuschauen.
Sie ergriff die Initiative und lud aus ihrem weit
reichenden persönlichen Netzwerk einen Kreis
von Bürgern zur Diskussion ein. Mehrere Stunden lang drehte sich alles um Fragen wie: Was
können wir tun? Wie können wir helfen? Das
Mainzer Denkmal-Netzwerk war geboren. Zehn
Jahre ist das her.
„Wir wollten Interesse wecken, aufklären,
die Spendenbereitschaft fördern“, sagt Erika
Friderichs im Rückblick. „Eben alles tun, was
dazu beiträgt, unsere Kulturdenkmäler vor dem
Verfall zu bewahren.“ Das Erstaunliche an der
Sache: Auch ohne ein institutionelles Korsett
funktioniert die Zusammenarbeit der Akteure.
Zu den Mitstreitern zählen sowohl Vertreter der
staatlichen und der städtischen Denkmalpflege
wie auch der Leiter der städtischen Gebäudewirtschaft. „Damit“, lobt Landeskonservator
Glatz, selbst in der Gruppe aktiv, „waren konfrontative Situationen von vorneherein ausgeschlossen und die Umsetzung von Einzelzielen
in relativer kurzer Zeit möglich.“
Zu den wichtigsten vom Mainzer Denkmal-Netzwerk ermöglichten Restaurierungen gehören die in Deutschland einmaligen
Mainzer Rheintore und der Römische Kaiser am Liebfrauenplatz, in dem das Gutenberg-Museum untergebracht ist.
Als Organisationsdach fungiert die Deutsche
Stiftung Denkmalschutz. Sie richtete ein
Spendenkonto ein, stellt die Spendenquittungen aus. „Das hat den großen Vorteil, dass
wir keinen Verein mit allem Drum und Dran
gründen mussten, um gemeinnützig zu sein“,
erklärt Erika Friderichs. Trotzdem lässt es sich
die 79-Jährige bis heute nicht nehmen, jeden
Spender persönlich anzurufen, um ihm für sein
Engagement zu danken.
Gemeinsam erreichten die etwa 30 Netzwerker
in einem Jahrzehnt Beachtliches: So konnten
bislang fünf Rheintore aus dem späten 19.
Jahrhundert der ehemaligen Reichsfestung
Mainz restauriert werden. Regelrecht gerettet
wurde der „Römische Kaiser“, ein prächtiges
Bürgerhaus aus dem 17. Jahrhundert: Lange
Jahre bröckelte seine Fassade, der Ostgiebel
war so marode, dass Steine auf den Platz davor
fielen. Unter anderem mit Postkarten-Aktionen
warb das Netzwerk genügend Mittel zusammen,
um die kostbare Spätrenaissance-Fassade zu
erhalten.
Das größte Projekt aber war und ist das Kurfürstliche Schloss, der bedeutendste Profanbau der
Stadt. Weit mehr als 1000 Spender haben mit
ihrem Geld dazu beigetragen, das Schloss zu
erhalten. Und auf Spender ist das Netzwerk angewiesen. Durch solches Engagement werden die
städtischen Gremien in einen gewissen Zugzwang
gebracht, ist sich Joachim Glatz sicher. Letztlich
wirken die Aktivitäten der Denkmal-Lobbyisten
wie eine Initialzündung. „Ohne sie wären viele
Maßnahmen nicht in Angriff genommen worden.“
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HERAUSRAGENDES
ENGAGEMENT
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Vom Denkmal-Netzwerk organisierte Benefiz- und Informationsveranstaltungen mit anschließenden Spendensammlungen verhelfen vielen restaurierungsbedürftigen Denkmälern wie
dem Mainzer Repräsentativbau Kurfürstliches Schloss zu ihrer notwendigen Sanierung.
Ein Schloss, so vornehm und fein
KURFÜRSTLICHES SCHLOSS: DIE RETTUNG DES RENAISSANCE-BAUS IST EIN WETTKAMPF GEGEN DIE ZEIT
Als sich die Rauchwolken endlich verzogen
hatten, standen die Menschen vor einer
ausgebrannten Ruine. Zwei Tage lang hat das
Kurfürstliche Schloss zu Mainz im Jahr 1942 in
Flammen gestanden. Es hatte keinen Schutz
geben können vor den Bomben des Luftangriffs der Alliierten, und so wütete das Feuer
ungehemmt in den Sälen, fraß den Dachstuhl,
brachte die herrlichen Sandsteinreliefs zum
Bersten. Das Schloss, das der bedeutende
Kunsthistoriker Georg Dehio einmal lobte als
von „so feiner und vornehmer Kultur, wie es
in der deutschen Renaissance nicht wieder
zu finden ist“, war nahezu ausgelöscht. Nur
die Außenhaut mit ihren charakteristischen
Schmuckelementen blieb erhalten.
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Trotz der Not der Nachkriegszeit bauten die
Mainzer die ehemalige Residenz der Kurfürsten mit ihrer Fassade aus Mainsandstein schon
wenige Jahre nach Kriegsende wieder auf –
zumindest das Äußere, das völlig vernichtete
Innere wurde zweckmäßig instand gesetzt.
1950 feierte man im Nordflügel wieder Fasse­
nacht. Doch eine mit Schmuckelementen
verzierte Fassade braucht regelmäßige Pflege,
ihr Erhalt ist kostenintensiv. Geld, das weder
Stadt noch Land in den kommenden Jahrzehnten hatten, weshalb die überfällige Innen- und
Außenrenovierung mehrfach aufgeschoben
wurde.
Die nach dem zweiten Weltkrieg aufgetragene, auffällige rote Fassadenfarbe überdeckte lange Jahre die starken Schäden
an der Fassade aus Mainsandstein.
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HERAUSRAGENDES
ENGAGEMENT
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Die Behebung starker Verwitterungsschäden an den Sandsteingesimsen
ist zwar ein zeitaufwändiges Dauerprojekt und dadurch kostenintensiv,
aber auch ein sichtbarer Erfolg der Erhaltungsmaßnahmen.
„Als wir mit unserem Engagement anfingen,
waren die Fassaden in einem beängstigenden
Zustand“, sagt Netzwerk-Sprecherin Erika
Friderichs. „Es gab erhebliche Verwitterungsschäden, zahlreiche Sandsteingesimse lösten
sich auf, die Groteskmasken ließen kaum
noch Gesichtszüge erkennen.“ Allein der nach
dem Krieg aufgepinselten roten Farbe sei es
zu verdanken gewesen, dass der Betrachter
das wahre Ausmaß der Schäden nicht gleich
erkannt habe.
Der Anstoß zum Handeln fiel den Mainzern
2008 dann regelrecht auf die Füße: Ein hundert
Kilo schwerer Eckstein hatte sich aus der Fassade gelöst und war zu Boden gekracht. Nun
wurde der Handlungsbedarf überdeutlich. Das
Denkmal-Netzwerk trat an, die 70 Fensterachsen des Isenburg- und des Rheinflügels wieder
in einen vorzeigbaren Zustand zu versetzen.
Das erste Geld dafür sammelten Friderichs und
ihre Mitstreiter auf dem Weihnachtsmarkt mit
dem Verkauf von Plätzchen und Tannengrün.
In der Folge warb das Bürgerbündnis bei der
Politik wie bei Privatspendern um Geld, organisierte Vorträge, bat Künstler zu Benefizkonzerten, baute Informationsstände auf und startete
eine Medienkampagne.
Die Jahre des Engagements sind auch ein
Wettkampf mit der Zeit, wertvolle Originalsubs­
tanz zu erhalten. 17 der 70 Fensterachsen
des Profanbaus am Rhein konnten bislang
saniert werden. Weitere vier sind in Arbeit, die
Ausschreibung für die nächsten acht Abschnitte läuft. Erika Friderichs sieht mit Spannung
in die Zukunft: „Ein rundum saniertes Schloss
in einem Umfeld, das der Bedeutung dieses
herausragenden Denkmals entspricht – das zu
erleben, wünschen sich wohl alle.“
Was wäre unser Mainz ohne seine gebaute Geschichte, ohne diese Zeitzeugen aus Stein? Es sind nicht mehr viele,
die uns Krieg und Nachkriegszeit gelassen haben. Wir wollen ein dichtes Netz für unsere Baudenkmale knüpfen zu
vielen Menschen, Gruppen und Institutionen. Wir wollen Interesse wecken, aufklären, Spenden sammeln, eben alles
tun, was dazu beiträgt, unsere Kulturdenkmäler vor dem Verfall zu bewahren.
Erika Friderichs, Initiatorin des Mainzer Denkmal-Netzwerks, über das Selbstverständnis der Gemeinschaft.
37
ANERKENNUNG
Ruine Burg Balduinseck
An der L203, 56290 Buch
Eigentümer: Ortsgemeinde Buch
Architekt: Hubertus Jäckel, Jäckel Architekten, Oberwesel
Maßnahme: Bestandssicherung und Mauersanierung
Bauzeit: 2009 – 2014
Wiss. Referentin: Dr. Doris Fischer
Datierung: 1325/26
Der allmähliche Verfall der Burg Balduinseck begann im Laufe des 17. Jahrhunderts, bis
1780 war sie aufgrund ihrer abgeschiedenen Lage fast gänzlich zur Ruine verfallen.
Vergessene Gemäuer
D
ie 1324/25 von Erzbischof Balduin von
Trier gegründete Burg Balduinseck
gehört heute zu den bedeutendsten
Burgruinen im Rhein-Hunsrück-Kreis, da an
ihr keine verändernden Eingriffe vorgenommen wurden und sie dank einer umsichtigen,
vorbildhaften denkmalpflegerischen Sanierung
unverfälscht erhalten ist. Das Sanierungskonzept beschränkte sich auf tatsächlich zum
Erhalt notwendige Bestandssicherungsmaßnahmen und bezog auch Naturschutzbelange
mit ein.
Die äußeren Mauern des noch immer 18 Meter
hohen und viergeschossigen Wohnturms prägen das markante Aussehen des Burghofs und
der gesamten Ruine. Seine für die damalige
Zeit revolutionäre Architektur im französischen
Donjon-Stil, außergewöhnliche Details der
Ausführung, sein unerwartet hoher Komfort,
sowie noch erhaltene Fragmente von Putz und
Malereien sind baukulturelle Zeitzeugen.
Im Rahmen der Freistellungen des Burgberges wurden andeutungsweise die Größe und Komplexität der Gesamtanlage offensichtlich.
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Ehemalige Kaserne
Estienne & Foch, Gebäude 041
ANERKENNUNG
Georg-Friedrich-Denzel-Straße 11,
76829 Landau
Eigentümer: Projektentwicklung
null41 GmbH & Co. KG, Landau
Architekt: Carolin Seegmüller,
Werkgemeinschaft Landau
Maßnahme: Umnutzung und
Sanierung
Bauzeit: 2013 – 2014
Wiss. Referent: Dr. Ulrich Kerkhoff
Datierung: um 1880
Bauherren und Denkmalschutzbehörden fanden gemeinsam eine gute Lösung für die erfolgreiche, denkmalgerechte
Sanierung und Umnutzung dieses historischen Gebäudes. Altes und Neues bildet heute eine harmonische Einheit.
Spannende und stimmige Umnutzung
D
ie ehemalige Artilleriekaserne in
Landau, ab 1890 erbaut, wurde ursprünglich als Fuhrhalle für Pferdefuhrwerke der „berittenen Artillerie“ genutzt. Die
umfangreiche Gesamtanlage zieht sich über
mehrere Straßenzüge und besteht größtenteils aus dreigeschossigen, langgestreckten
Klinker­bauten der Gründerzeit. Noch im
19. Jahrhundert wurde der ursprüngliche Bau
um zwei Kopfbauten erweitert, in denen Treppen zum Obergeschoss untergebracht waren.
Später wurde die große Halle für Maschinenwagen, nach dem 2. Weltkrieg für gepanzerte
Fahr­zeuge und schwere Panzer genutzt.
Bei der Umnutzung und Sanierung des
Gebäudes wurde von Anfang an auf einen
zurückhaltenden, die historische Substanz
schonenden Ausbau Wert gelegt. Trotz der
modernen Brandschutzauflagen gelang es, die
Konstruktion der historischen Stahl- und Holzbalkendecken offen zu legen und gut sichtbar
ins Raumkonzept zu integrieren. Im Erdgeschoss wurden die historischen Wagentore
durch großformatige Glasschiebetüren ersetzt,
die viel Licht ins Innere des Gebäudes lassen
und so eine Verbindung zwischen Innen- und
Außenraum schaffen.
Heute haben in der ehemaligen Kaserne eine Vinothek, ein Restaurant, ein Weinkontor und im Obergeschoss eine Bürogemeinschaft ihren Platz gefunden.
39 39
ANERKENNUNG
Ruine Wachtenburg
Wachtenburg, 67157 Wachenheim
Eigentümer: Stadt Wachenheim
Architekt: Marc Sattel, AltBauPlan,
Maxdorf
Maßnahme: Gesamtsanierung
Bauzeit: 1984 – 2012
Wiss. Referent: Dr. Georg-Peter Karn
Datierung: 2. Hälfte 12. Jh.
Die Errichtung eines neuen Funktionsbaus mit Burgmuseum, Sanitärräumen und Gastronomie ermöglichte die nach­
haltige touristische Nutzung.
Landschaftsprägendes Kulturdenkmal
D
ie Wachtenburg, vermutlich im 12. Jahr­
hundert erbaut und 1257 erstmals
urkundlich erwähnt, ist nach mehreren
Teilzerstörungen seit der Bergfried-Sprengung
im Jahr 1689 eine Ruine. Landschaftsprägend
steht sie über Wachenheim an der Weinstraße
und wurde zum Touristenmagnet der Region.
Als das Gelände 1984 aufgrund starker Schäden an Mauern und der 1898 errichteten Stahltreppe für Besucher gesperrt werden musste,
gründete sich der Förderverein zur Erhaltung
der Ruine Wachtenburg e. V.
Seither leisteten hunderte seiner Mitglieder
und Freunde ehrenamtlich viele tausend
Arbeitsstunden und sanierten – auch mit finanzieller Unterstützung von Denkmalpflege und
Land – die Burg in allen ihren Teilen komplett.
Besonders erwähnenswert ist, dass bei der
Sanierung auch der Denkmalwert der Stahltreppe erkannt und für die Zukunft gesichert
wurde.
Die Ruine ist durch ihren auffälligen Turm mit der ebenfalls denkmalgeschützten Stahltreppe und der Ringmauer ortsbildprägend für Wachenheim.
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Dreiherrisches Gericht
ANERKENNUNG
Hauptstraße 19, 56290 Beltheim
Eigentümer: Peter Etzkorn
Architekt: Eigenregie
Maßnahme: Gesamtinstandsetzung
und Restaurierung
Bauzeit: 2010 – 2013
Wiss. Referent: Dr. Doris Fischer
Datierung: 1760
Nach einer Befunduntersuchung der Landesdenkmalpflege wurden Türen und Fenster
grün gestrichen, das ehemals ochsenblutrote Fachwerk blau übermalt.
Rettung in letzter Minute
A
us der abrissreifen, aber denkmalgeschützten Ruine eines 250 Jahre alten Gerichtsgebäudes entstand unter der Regie des Schreiners und Restaurators Peter Etzkorn innerhalb
von drei Jahren ein kulturgeschichtliches und ortsbildprägendes Schmuckstück. Das um
1760 in zentraler Dorflage erbaute sogenannte Dreiherrische Gericht wurde später als Pfarr- und
Wohnhaus genutzt, stand aber nach einem schweren Brand ab 1999 für viele Jahre leer und verfiel
zusehends.
Der heutige Eigentümer Peter Etzkorn gab dem alten Gemäuer wieder Lebendigkeit, setzte mit viel
Herzblut und Eigenleistung die typische historische Hunsrücker Bausubstanz – mit Schieferdach
und rekonstruierten Dachgauben – wieder instand. Mithilfe einer detaillierten Bestandsaufnahme
durch das Landesdenkmalamt wurde das Fachwerk aufgearbeitet, schadhafte Hölzer ausgetauscht
und die Farbigkeit der Fassade nach historischem Befund erneuert. Der schwer brandgeschädigte
Innenraum behielt sein historisches Raumgefüge, alte Eichenfußböden und Türen wurden aufgearbeitet.
Das Fachwerkhaus erhielt als erstes ein neues Dach in altdeutscher Schieferdeckung. Dachgauben, die bei früheren
Renovierungen beseitigt wurden, entstanden entsprechend alter Fotos neu.
Heute dient das alte Gerichtsgebäude
als komfortables Ferienhaus mit
historischem Charme.
41
ANERKENNUNG
Die Villa legt Zeugnis ab über das Schaffen des Berliner Architekten Bruno Möhring, dessen Bauwerke Traben­Trarbach
Villa Nollen
An der Mosel 7, 56841 Traben-Trarbach
Eigentümer: Familie Pittmann
Architekt: Frank Diestler,
Architekturbüro Diestler, Wittlich
Maßnahme: Restaurierung
Bauzeit: 2011 – 2013
Wiss. Referenten: Dr. Maria Wenzel;
Dr. Denis Kretzschmar
Datierung: 1905
prägen. Das städtebaulich und architektonisch herausragende Gebäude konnte als Teil der Moselansicht von Traben
erhalten werden.
Mit viel Liebe zum Detail
D
ie 1905 gebaute Jugendstil­Villa Nollen erhebt sich in mehreren würfelförmigen Gebäude­
teilen über die Moselpromenade. Besonders die Verbindung des flachen, stark überstehen­
den Daches mit den farbigen, ostasiatischen Details der Fassade prägt den Charakter des
Hauses. Die Erneuerung des Außenputzes, bei der die ursprüngliche Farbigkeit wieder hergestellt
wurde, sowie die Neueindeckung des Dachs mit blauen Ziegeln, die speziell nach dem Vorbild
historischer Altziegel angefertigt wurden, erwecken den ursprünglichen Anblick des Hauses wieder
zum Leben.
Im Inneren des Gebäudes befinden sich noch heute zahlreiche bauzeitlich geprägte Ausstattungs­
stücke, deren Erhalt und Restaurierung höchste Priorität eingeräumt wurde. So wurden die origi­
nalen Stuckdecken, Parkettböden und Holzvertäfelungen sowie die ursprüngliche Innentreppe mit
hohem handwerklichen Aufwand sorgfältig aufgearbeitet.
Kennzeichnende Elemente des Jugendstils, wie dekorativ geschwungene Linien sowie flächenhafte florale
Ornamente, sind im wiederhergestellten Originalzustand zu sehen.
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Hohenzollern-Höfe
ANERKENNUNG
Fichtestraße 18-24, Hüttenmüllerstraße 1–8,
Schwalbenweg 31-37, Sperlinggasse 1–15,
Hohenzollernstraße 68-82,
67063 Ludwigshafen am Rhein
Eigentümer: BASF Wohnen + Bauen GmbH,
Ludwigshafen
Architekten: Patrick Humpert, Humpert &
Kösel-Humpert, Karlsruhe; Prof. Dr. Helmut
Lerch, Architekturatelier Lerch, Heidelberg; Bettina Holzleiter, freie Architektin,
Karlsruhe
Maßnahme: Gesamtsanierung
Bauzeit: 2010 – 2014
Wiss. Referenten: Dipl.-Ing. Matthias Heß,
Dr. Joachim Glatz
Datierung: 1923
Um die wirtschaftliche Nutzbarkeit der Anlage zu gewährleisten, wurden auch Balkone vor die Fassaden
des Innenhofs gestellt und Aufzüge für den barrierefreien Zugang der Wohnungen eingebaut.
Prägendes städtebauliches Ensemble
D
as Gesamtensemble der Hohenzollern­Höfe wurde ab 1923 für Beamte und höhere Ange­
stellte der BASF erbaut. Die nach Plänen des Baumeisters Strang symmetrisch angeord­
neten dreigeschossigen Putzbauten umschließen begrünte Innenhöfe – heute attraktive
Begegnungsräume – und werden von Alleen gesäumt. Die alten Wohneinheiten entsprachen nicht
mehr heutigen Wohnstandards und wurden daher durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen
angepasst. Die Eigentümerin BASF Wohnen + Bauen GmbH ermöglichte durch verschieden große,
barrierefreie und teilweise flexible Wohnungen eine Durchmischung von Bewohnern mit unter­
schiedlichem Alter und Lebensmodell, vom Studenten bis zur betreuten Wohngruppe.
Gleichzeitig wurden die energetischen und technischen Neuerungen immer im Einklang mit dem
Denkmalschutz vorgenommen. So konnte die ursprüngliche Putzornamentik der neubarocken
Fassade zur Straße hin erhalten werden, indem die Außenwände innenseitig einen Dämmputz
erhielten – nur ein Beispiel für den Einklang zwischen wirtschaftlicher Nutzung und der Denkmal­
eigenschaft des Gebäudekomplexes.
Durch die denkmalverträgliche Gesamtsanierung der Hohenzollern­Höfe konnte eine für den städtebaulichen Gesamtzusammenhang wichtige Siedlungsanlage erhalten werden.
43 43
Obschon Dr. Joachim Glatz nun zum dritten Mal Mitglied der Sparkassen Denkmalpreis-Jury war, genießt er immer wieder die intensive Auseinandersetzung mit den Fachkollegen über
die zahlreichen Bewerberobjekte. Aber: „Die Auswahl fällt uns nie leicht, unsere Entscheidungen treffen wir oft erst nach zähem Ringen.“
Zur Person:
Der promovierte Kunsthistoriker
Joachim Glatz ist Landeskonservator in
der Generaldirektion Kulturelles Erbe
Rheinland-Pfalz (GDKE) und arbeitet
seit vier Jahrzehnten in der Denkmalpflege – zunächst für die Stadt Mainz,
später für das Land. Wenn er im
Sommer 2015 den Ruhestand antritt,
wird er die Welterbe-Bewerbung von
Speyer, Worms und Mainz als SCHUMStädte koordinieren. Dr. Joachim Glatz
ist von Beginn an Jurymitglied des
Spar­kassen Denkmalpreises.
Kulturgüter für die Zukunft bewahren
INTERVIEW MIT DR. JOACHIM GLATZ, LANDESKONSERVATOR DER
GENERALDIREKTION KULTURELLES ERBE RHEINLAND-PFALZ (GDKE)
Der Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz
zeichnet 2015 zum dritten Mal außergewöhnliche Projekte der Denkmalpflege aus. Sie
begleiten diesen Preis seit den Anfängen vor fünf
Jahren. Über diese Zeitdauer betrachtet: Was
kann der Preis erreichen?
Es geht um Bewusstseinsbildung und Information. Zwar ist Denkmalschutz in der Verfassung
verankert, doch das Interesse der Öffentlichkeit
dafür muss immer wieder aufs Neue entfacht
werden. Indem wir mit dem Preis herausragende Leistungen fördern, haben wir die Hoffnung,
dass diese gelungenen Beispiele Nachahmer
finden. Und so ist es ja auch. Die Zahl der
Bewerber war auch in diesem Jahr wieder stattlich. Wir hatten Mühe, aus dem breiten Feld von
bemerkenswerten Maßnahmen die allerbesten
herauszufiltern.
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Zu diesen Allerbesten gehören auch in diesem
Jahr wieder Privatpersonen, die viel Herzblut
und Geld in den Erhalt alter Gebäude gesteckt
haben. Welchen Stellenwert hat das bürgerliche
Engagement für die Denkmalpflege?
Einen hohen Stellenwert. Das private Engagement hat in der jüngsten Vergangenheit
gewaltig zugenommen. Für mich persönlich ist
das ein Beleg für das gewachsene Interesse an
Denkmälern allgemein. Wir kennen in Rheinland-Pfalz schätzungsweise 500 Initiativen, die
sich um den Erhalt der gebauten Geschichte
kümmern. Die größte Organisation beispielsweise ist der Speyerer Dombauverein. Oder
denken Sie an das Mainzer Denkmal-Netzwerk,
das ohne jede Vereinsstruktur Spendenaktionen auf die Beine stellt und Gelder einsammelt,
um sie der Stadt für den Erhalt historischer
Als oberster Denkmalspfleger des Landes haben
Sie es aber nicht immer nur mit Leuten zu tun,
die Freude an alten Gemäuern haben. Wie
begegnen Sie Kritikern?
Früher hat man den Denkmalschutz in einem
gewissen Sinne verordnet, aber das ging meistens schief. Heute stellen wir uns als Behörde
der Diskussion, wir bieten Beratung und bemühen uns um Lösungen. Oftmals stellt sich nicht
Es braucht immer eine gewisse
Zeit, bis sich das Bewusstsein
für die Bedeutung eines Denkmals
verfestigt.
Gebäude zur Verfügung zu stellen. Aber ich
will auch explizit die Leistung jener Menschen hervorheben, die nicht so prominent
sind, sondern im Stillen in ihren Dörfern und
Gemeinden aktiv sind. Was alle diese Menschen
eint, ist das Bewusstsein, dass Denkmalpflege
Freude macht. Ökonomische Interessen spielen
da eine untergeordnete Rolle – auch wenn es
seitens des Staates gewisse Hilfen gibt, etwa in
Form von steuerlichen Vergünstigungen oder
Zuschüssen.
Denkmalpfleger bemühen uns deshalb, den
Mainzern ein Verständnis für ihr Kulturdenkmal
zu vermitteln, etwa durch gezielte Führungen.
In der Diskussion über die Bedeutung eines
Bauwerks wird häufig das Alter als Argument
genannt. Gibt es eigentlich ein Mindestalter für
schützenswerte Gebäude?
Früher gab es so etwas. Heute denkt die Denkmalpflege in abgeschlossenen Epochen. Und da
die Zeiten immer schneller werden, gilt die klassische Moderne – wie sie etwa die Architektur
von Arne Jacobsen vertritt – als abgeschlossen.
Wir Menschen neigen jedoch dazu, eine direkt
zurückliegende Epoche abzulehnen, ihren Wert
nicht zu erkennen. Auch beim Jugendstil war
das so oder beim Historismus. Es braucht immer eine gewisse Zeit, bis sich das Bewusstsein
für die Bedeutung eines Denkmals verfestigt.
die Frage, ob man etwas macht, sondern wie
man es macht. Ich will aber nicht verschweigen,
dass es auch Fälle gibt, in denen Bürger sich
für etwas einsetzen, was wir nicht mittragen
können.
Rheinland-Pfalz hat eine sehr dichte Denkmallandschaft, das Engagement des Landes wie
seiner Bürger ist groß. Wenn Sie im Sommer
2015 in den Ruhestand gehen, gibt es da etwas,
um das Sie sich Sorgen machen?
Zum Beispiel?
Ja, und das hängt mit dem zuvor erwähnten
demografischen Wandel zusammen. Ziel der
Denkmalpflege ist es auch, die Kulturgüter des
Landes für die Zukunft zu bewahren. Nun wird
wohl keiner daran denken, den Mainzer Dom
abzureißen. Aber im ländlichen Raum stehen
uns Probleme bevor. Dort gibt es charakteristische Hauslandschaften, die bedroht sind.
Denken Sie an die Eifel mit ihren großen Höfen,
an die kleinen Fachwerkhäuser im Westerwald,
an die Südpfalz mit ihren typischen Winzergehöften, oder – noch südlicher – die Architektur
der Tabakbauern. In solchen Hausformen
verbindet sich Architektur mit Regionalgeschichte, hier zeigt sich, wie früher gearbeitet
und gelebt wurde. Der ländliche Raum erlebt
einen Strukturwandel ungeahnten Ausmaßes,
wodurch die ländlichen Regionen entvölkert
werden, Gebäude stehen leer. So besteht die
Gefahr, dass landschaftstypische Bauformen
verschwinden. Aufgabe des Denkmalschutzes
ist es, solche Hauslandschaften zu dokumentieren und zu bewahren.
Nehmen Sie als Beispiel die Diskussion um das
Mainzer Rathaus, 1973 nach einem Entwurf
von Arne Jacobsen fertig gestellt. Das Gebäude
ist ein Meisterwerk der Nachkriegsmoderne,
allererste Qualität, aber an vielen Stellen sanierungsbedürftig, von der 40 Jahre alten Haustechnik bis zu den dünnen Fassadenplatten, die
teilweise wegbrechen. In Mainz gab und gibt es
Gruppierungen, die sich dafür aussprechen, das
Rathaus abzureißen, weil sich eine Sanierung
nicht lohne. Doch dieser bedeutende Bau hat
eine objektive Betrachtungsweise verdient. Wir
Also hört Denkmalpflege nie auf?
Genau so ist es. Aber wir müssen die Auswahl
der Kulturdenkmäler noch besser begründen
und transparenter machen. Der Bürger hat
ein Anrecht, zu erfahren, warum ein Haus zum
Denkmal wird. Auch in diesem Sinne ist der
Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz ein
gelungenes Instrument: Die Preisverleihung
und die daran anschließenden Ausstellungen
sind hilfreiche Aktivitäten, um in der Öffentlichkeit Verständnis für den Erhalt gebauter Kultur
zu fördern.
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Der Wettbewerb
AUSZUG AUS DER AUSLOBUNG
Zur Würdigung herausragender, vorbildlicher denkmalpflegerischer Leistungen mit überregionaler Bedeutung vergeben
der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz (SVRP) und die LBS
Landesbausparkasse Rheinland-Pfalz (LBS) gemeinsam mit
der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE)
den Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz.
Preiskategorien
Der Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz wird in zwei
Kategorien vergeben:
1. für vorbildliche Leistungen zur Rettung und Erhaltung von
nicht bewohnten Denkmalen in Rheinland-Pfalz
2. für vorbildliche Leistungen zur Rettung und Erhaltung von
bewohnten Denkmalen als „LBS-Preis Wohnen im Denkmal“
Für das herausragende ehrenamtliche Engagement in der
Denkmalpflege wird zudem ein undotierter Sonderpreis verliehen.
Vergabe und Dotierung
Der Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz ist mit einer
Dotierung von insgesamt 15.000 Euro ausgestattet. Beide
Kategorien sind mit jeweils 7.500 Euro dotiert. Des Weiteren
können Anerkennungen ohne Dotierung vergeben werden. Der
Preis wird alle drei Jahre vergeben.
Vorschlagsrecht
Vorschlagsberechtigt sind die Denkmalbehörden und die
Sparkassen in Rheinland-Pfalz. Darüber hinaus ist erwünscht,
dass sich die Bevölkerung an die Vorschlagsberechtigten mit
entsprechenden Hinweisen wendet. Selbstbewerbungen sind
nicht zulässig. Basis für die Auswahl ist das jeweils aktuelle
Denkmalverzeichnis unter www.gdke-rlp.de.
Jury
Thomas Metz, Generaldirekor Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz
(GDKE), Mainz (Juryvorsitz)
Roman Frank, Geschäftsführer Sparkassenverband RheinlandPfalz, Budenheim
Dr. Joachim Glatz, Landeskonservator und Direktor Landesdenkmalpflege in der GDKE, Mainz
Dr. Stefanie Hahn, Referentin für die Landesdenkmalpflege
und die rheinland-pfälzischen Welterbestätten, Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur
Rheinland-Pfalz, Mainz
Prof. Dr. Regina Stephan, Professorin für Architektur­
geschichte, Hochschule Mainz
Edda Kurz, freie Architektin und Vorstandsmitglied der
Architektenkammer Rheinland-Pfalz, Mainz
Frank Sprenger, fachlicher Leiter des HWK-Zentrums für
Restaurierung und Denkmalpflege (ZRD), Herrstein
Zum dritten Mal wird der Sparkassen Denkmalpreis Rheinland-Pfalz verliehen, dotiert mit insgesamt 15.000 Euro. Die Resonanz auf die erneute Ausschreibung zur einzigen landes­
weiten Auszeichnung dieser Art war beachtlich: 75 Bewerbungen in den zwei Kategorien „LBS-Preis Wohnen im Denkmal“ und „Unbewohntes Denkmal“ erreichten die Initiatoren
Sparkassenverband, LBS und Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz.
46
Impressum
Herausgeber
Fotos
Sparkassenverband Rheinland-Pfalz
Ulrich Pfeuffer (GDKE): S. 38, 39, 40, 41, 42, 43
Im Wald 1
Petra Warrass: S. 10, 11 (rechts), 12, 13, 14, 15 (rechts),
55257 Budenheim
16 (oben links und unten), 17 (Mitte), 18, 20, 21 (oben links
Telefon: 06131 145 - 218
und unten), 22, 23, 24, 25, 26, 28 (links und unten rechts), 29,
Telefax: 06131 145 - 7218
30, 32, 33 (oben und Mitte), 34, 35, 36, 37
E-Mail: [email protected]
Verena Quast (LBS): S. 44, 45, 46
www.sv-rlp.de
Andrea Enderlein: S. 6, 7
Doreen Tomkowitz: S. 5
LBS Landesbausparkasse Rheinland-Pfalz
Familie von Oettingen: S. 11 (links)
Vordere Synagogenstraße 2
Familie Sente-Ligbado: S. 15 (links), 16 (oben Mitte und rechts),
55116 Mainz
17 (unten)
Telefon: 06131 13 - 4052
Dr. Thomas Güttler: S. 19
Fax: 06131 13 - 4771
Jutta Hundhausen: S. 21 (rechts oben)
E-Mail: [email protected]
Stadtarchiv Hachenburg: S. 27, 28 (oben rechts)
www.lbs-rlp.de
Kultur- und Heimatverein Niederzissen e.V.: S. 31, S. 33 (unten
in Zusammenarbeit mit der
Christian Buck: S. 43
rechts und links)
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz
Schillerstraße 44
55116 Mainz
Telefon: 06131 2016-0
Telefax: 06131 2016-111
E-Mail: [email protected]
www.gdke-rlp.de
Redaktion
Kirsten Beck (LBS)
Verena Quast (LBS)
Annette Schmidt (LBS)
Dr. Markus Fritz-von Preuschen (GDKE)
Tina Frühauf M.A. (GDKE)
Michael Riemann (SVRP)
Text
Dr. Markus Fritz-von Preuschen (GDKE)
Andrea Mertes
Gestaltung
pure:design, Peter Stulz
Druck
RMG|Druck, Hofheim
Mainz, Mai 2015
www.auf-geschichte-bauen.de
www.auf-geschichte-bauen.de
GENERALDIREKTION
KULTURELLES ERBE
RHEINLAND-PFALZ
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