Crowdfunding – Der virtuelle Klingelbeutel sounds Right von Thomas wallentin Musikanbieter im Internet – Lizenzen gehören zum guten Ton Die Musikindustrie steht seit jeher an vorderster Front wenn es darum geht, neue Absatzwege zu ergründen. Rechteinhaber wenden sich in Zeiten rückläufiger Tonträgerverkäufe immer öfter digitalen Kanälen zu, über die sie ihre Werke an den Konsumenten bringen wollen. Der Onlinemarkt mit digitaler Musik boomt – neben den Rechteinhabern drängen immer neue Dienstleister ins Rampenlicht. Das Anbieten digitaler Musik im Internet, sei es als Download wie bei iTunes oder als Stream wie Spotify ist ein Markt mit gewaltigem finanziellem Potenzial. Die weltweite Musikindustrie konnte 2014 etwa 6,9 Milliarden US-Dollar allein aus digitalen Diensten umsetzen, Tendenz steigend. Besonders gut verdienen dabei bezahlte Musikstreamingdienste wie Spotify, die Abonnements für den von ihnen angebotenen Werkekatalog verkaufen. Diese Dienste haben allesamt gemeinsam, dass auf ihren Servern urheberrechtlich geschützter Content liegt, den ihre Nutzer auf Knopfdruck über ihre Computer, Tablets und Smartphones abrufen können. Das Business ist für diese Dienstanbieter alles andere als einfach. Im rasanten digitalen Wettbewerb kann nur bestehen, wer den Nutzern ein möglichst breites Musikrepertoire in möglichst vielen Ländern der Welt anbieten kann. Neben der Schaffung einer geeigneten technischen Infrastruktur ist es daher vor allem notwendig, die entsprechenden Lizenzen von den Urhebern zu erwerben, um deren Werke überhaupt anbieten zu können („Clearance“). Die Notwendigkeit für Dienstanbieter, zunächst die rechtliche Situation abzusichern, wird daher speziell bei Einführung neuer Geschäftsmodelle oft als wirtschaftliche Hürde wahrgenommen. Startet man aber ohne nachhaltige Abklärung drauf los, droht ein bitteres Erwachen. In so einer Situation scheint sich der Streamingdienst Soundcloud derzeit zu befinden. Soundcloud hat sich vom Unternehmenssitz in Berlin aus zu einem globalen Player entwickelt. Die Seite ermöglicht neuen oder bereits etablierten Künstlern, ihre musikalischen Eigenkompositionen auf die Online-Plattform zu laden, um sich so einem breiten Publikum zu präsentieren und neue Fans zu gewinnen. 58 Mit seinen bis zu 175 Millionen unterschiedlichen Hörern, die die Seite monatlich gratis und frei von Werbeunterbrechungen nutzen, hat Soundcloud schon einigen Künstlern zum Durchbruch verholfen. Der Erfolg der Plattform steht und fällt freilich mit dem Repertoire, das den Konsumenten angeboten werden kann. Soundcloud stellte seinen Nutzern aber offenbar auch Content zur Verfügung, für das es keine Lizenzen erworben hat. International ist anerkannt, dass zunächst nur die Urheber selbst bestimmen können, ob und auf welche Weise ihre Werke verbreitet werden sollen und wem sie Lizenzen erteilen. Dieses Ausschlussrecht soll dafür sorgen, dass die Künstler (etwa Komponisten, Texter, Interpreten) gerecht entlohnt werden, egal ob ihre Werke online oder offline genutzt werden. Dazu kommen die jeweiligen nationalen Bestimmungen, Österreich schützt die Rechte der Urheber umfassend auch im Internet vor ökonomischen Trittbrettfahrern. Nach nationalem Recht fallen sowohl Downloads von Musik als auch der On Demand-Abruf von Werken über Streaming-Technologie im Netz unter das Zurverfügungstellungsrecht (§ 18a UrhG). Dieses Recht steht unabhängig von Zeit, Ort, oder verwendeter Technologie nur den Urhebern selbst zu. Möchte ein Dienstanbieter wie Soundcloud also etwa sicherstellen, dass seine Nutzer auf Knopfdruck die für sie interessanten Lieder legal abrufen können (On Demand-Nutzung), muss er sich daran das Zurverfügungstellungsrecht einräumen lassen. Andernfalls drohen ihm empfindliche Schadenersatzforderungen der Urheber. Oft verwalten die Künstler die Rechte an ihren Werken aber nicht selbst, sondern haben sie bereits an Verwertungsgesellschaften und Musikverlage übertragen. Die Verwertungsgesellschaften für Musik, in Österreich AKM und austro mechana, erteilen dann im Namen ihrer Mitglieder Lizenzen zur Werknutzung an Dritte (zB Soundcloud) oder ergreifen rechtliche Schritte bei Rechtsverletzungen. Soundcloud überbindet seinen Nutzern zwar die Pflicht, keine urheberrechtsverletzenden Inhalte auf der Seite zu veröffentlichen, konnte dies aber in der Vergangenheit nicht effektiv verhindern. Die Plattform wurde rasch auch von DJs als Promotionskanal genutzt, Soundcloud schien das nicht zu stören. DJs verwenden im Regelfall nicht nur eigene Kompositionen, sondern auch fremde musikalische Werke für ihre Mixes und mischen diese individuell zusammen. Das Zurverfügungstellungsrecht ist nur eines von vielen Rechten, die durch so einen Mix beeinträchtigt werden können, Soundcloud hatte aber offenbar nicht alle relevanten Lizenzen erworben. Die unautorisierte Verwendung von Content auf Soundcloud verärgerte viele der tatsächlichen Rechteinhaber und rief bald die Major Labels auf den Plan, die die Plattform zumindest als Gehilfen bei den Eingriffen zur Verantwortung ziehen wollten. Unter steigendem Druck hat Soundcloud umfassende Maßnahmen eingeführt, um weitere Urheberrechtsverletzungen zu verhindern, inklusive der möglichen Sperre von Nutzerkonten. Jetzt droht ein Exodus von DJs zu anderen Dienstanbietern, die vorausschauend die entsprechenden Lizenzen für Mixes erworben haben. Produzenten, die Remixes bereits veröffentlichter Werke auf Soundcloud hochladen, könnten folgen. Mit den DJs und Produzenten wenden sich dann freilich aber auch deren Fans von Soundcloud ab. Ein Verlust für die Plattform, aber auch andere Musiker, die bisher vom Traffic auf Soundcloud profitierten. Ob Rechteinhaber es da nicht sogar vorziehen würden, den Erwerb von Lizenzen (nachträglich) zu erleichtern, als den Zugang zu Millionen potenzieller Konsumenten zu verlieren? Patrick O. Kainz, LL.M