Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III 5 Impulse auf Leitungen 5.1 Grundlagen Ersatzschaltbild für die Datenübertragung zwischen einem Gatter-Ausgang und dem nachfolgenden Eingang (DS-10181): Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg IMPULS ON A LINE DS-10181 Ausgangsspannungsquelle u0, Ausgangswiderstand R1, Eingangswiderstand R2 und Verbindungsleitung. Bisherige Annahme: Verbindungsleitung ist ideal (R = C = L = 0). Laufzeit auf der Leitung T = 0. Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg WAVE PROPAGATION ON A LINE DS-10182 Ein Verbindungssystem besteht aus drei Teilen: einer Spannungsquelle u0, einem Hin- sowie Rückleiter und einer Last R. Wird der Schalter geschlossen, so liegt die Spannung nicht sofort - 83 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III an der Last an. Vielmehr breitet sich eine „Spannungsfront" mit einer endlichen Geschwindigkeit v längs der Leitung aus. Das Ausbreitungsverhalten läßt sich mit Hilfe der sog. Leitungsparameter berechnen (DS-10183). Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences LINE PARAMETER Hamburg R': Widerstandsbelag L': Induktivitätsbelag C': Kapazitätsbelag G': (Quer-)Leitwertsbelag DS-10183 = Widerstand der Leitung pro Längeneinheit in Ω/cm = Induktivität der Leitung pro Längeneinheit in H/cm = Kapazität der Leitung pro Längeneinheit in F/cm = Querleitwert der Leitung pro Längeneinheit in S/cm R' und G' bewirken eine Dämpfung des Signals. Das bedeutet, daß der Spannungshub in Abhängigkeit von der zurückgelegten Leitungslänge l sinkt. G' kann so gut wie immer vernachlässigt werden. Im Folgenden wird zunächst auch R' unberücksichtigt gelassen (verlustlose Leitung). Mittels L' und C' kann die Ausbreitungsgeschwindigkeit v berechnet werden, und zwar durch 1 1 (vergl. Lichtgeschwindigkeit c0 = ) L' C ' ε 0 µ0 Man kann die Leitung näherungsweise als Plattenkondensator betrachten; daher gilt: v= C' ≈ ε 0 ε r W C = H L und L' ≈ µ 0 H W (µr ist bei allen betrachteten Materialien gleich 1, W und H sind geometrische Maße) Berechnet man nun die Signalgeschwindigkeit v, so ergibt sich: v= 1 µ0ε0εr = c0 1 εr Dabei bezeichnet c0 die Lichtgeschwindigkeit 3x108 m/s); µ0 = 4π * 10-7 H/m und ε0 = 8,85 * 10-12 F/m. - 84 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Da sich die Welle nicht nur im Leiter, sondern teilweise auch in der Luft ausbreitet, ist in diesem inhomogenen Dielektrikum die relative Dielektrizitätskonstante durch eine effektive Dielektrizitätskonstante εr,eff zu ersetzen. Die Signalausbreitungsgeschwindigkeit ist von den Geometriedaten unabhängig und gleich der Ausbreitungsgeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle in einem Medium mit der relativen Dielektrizitätskonstanten εr,eff. Das kommt daher, daß sich die Leistung nicht in dem Leiter, sondern im Dielektrikum ausbreitet. Die Leiter „führen" lediglich die Welle. Hieraus resultiert eine entscheidende Materialanforderung der Verbindungstechnik: Zur Erzielung einer hohen Signalgeschwindigkeit muß die relative Dielektrizitätskonstante des Isolators möglichst niedrig sein! Es folgen Werte für gebräuchliche Dielektrika: Dielektrikum εr SiO2 3,9 Leiterplattenmaterial FR4 5,5 Polyimid 2,5 - 3,9 Al2O3 - Keramik 9,5 Bewegt sich die Spannungsfront um dx weiter, so muß die Leitungskapazität C'dx aufgeladen werden. Die dazu benötigte Ladung beträgt dQ = uC'dx. Es folgt für den Strom i: i= wobei dQ dx u = uC' = uC' v = dt dt Z0 Z0 = L' C' mit v= 1 L ' C' Wellenwiderstand genannt wird. Der Wellenwiderstand gibt an, welche Strombelastung eine Leitung bei Ausbreitung eines Spannungsimpulses u erfährt. Seine zentrale Bedeutung gewinnt der Wellenwiderstand vor allem durch folgenden Satz: Trifft ein Spannungsimpuls ui von einem Leitungsabschnitt mit Wellenwiderstand Z1 auf eine Last der Größe Z2 oder einen Leitungsabschnitt mit Wellenwiderstand Z2, so entsteht an dem Wellenwiderstandssprung ein reflektierter Impuls mit Spannungshub ur. Der „weiterlaufende" Spannungsimpuls heißt transmittierte Spannung. - 85 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg REFLECTION AND TRANSMISSION DS-10184 Aus den Kirchhoffschen Gesetzen folgt: ui + ur = ut (1) ii - ir = it (2) ui ur − = it Z1 Z1 u i − u r = i t Z1 Addiert man die letzte Gleichung zu Gleichung (1), erhält man 2u i = Z1it + u t Das Ende von Leitung 1 kann deshalb modelliert werden als eine Spannungsquelle mit Spannungshub 2ui, und Innenwiderstand Z1, welche die Last Z2 treibt. Für die transmittierte Spannung ut ergibt sich: ut = Z2 2u i , Z1 + Z 2 für die reflektierte Spannung ur mit Gleichung (1): ur = Z 2 − Z1 ui. Z1 + Z 2 Man definiert: ρ = Z 2 − Z1 Z1 + Z 2 ; ρ heißt Reflexionskoeffizient. - 86 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Damit hat man: ur = ρ ui u t = (1 + ρ) u i − 1 ≤ ρ ≤ +1 1+ρ ist der Transmissionskoeffizient. Es gilt: Zur Vermeidung von Reflexionen muß das Verbindungssystem mit einem konstanten Wellenwiderstand Z0 ausgelegt werden! Es gibt keine analytischen Ausdrücke für den Wellenwiderstand von rechteckigen Leitergeometrien. Man berechnet Z0 daher mit Hilfe von analytischen Näherungen und numerischen Verfahren. Sollen am Leitungsende Reflexionen vermieden werden, so muß das Leitungsende mit einem Widerstand abgeschlossen werden, dessen Wert gleich dem Wellenwiderstand ist. Dann ist der Reflexionskoeffizient gleich Null. Bei Leerlauf am Leitungsende beträgt der Reflexionskoeffizient +1, bei Kurzschluß -1. - 87 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III 5.2 Einschaltvorgang und Lattice-Diagramm Gegeben ist folgende Schaltung: Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg IMPULS ON A LINE R1 = 100 Ω, Z0 = 50 Ω, R2 → ∞ ρE = R 1 − Z 0 100 − 50 50 = = = 1/ 3 R 1 + Z 0 100 + 50 150 R 2 − Z 0 ∞ − 50 = =1 R 2 + Z 0 ∞ + 50 Stationärer Zustand: u2 = u1 = u0 = 6 V ρA = u1,0 = 50Ω 6V = 2V = u H 100Ω + 50Ω u 2 ,1 = u H + u R = 2V + ρ A u H = 2V + 1 ⋅ 2V = 4V 1 u1, 2 = u 2,1 + ρ E u R = u 2,1 + u H = 4V + 2V = 4,67V 3 u 2,3 = u1, 2 + ρ A u H = u1, 2 + u R = 4,67V + 1 ⋅ 0,67V = 5,33V 1 u1, 4 = u 2,3 + ρ E u R = u 2,3 + u H = 5,33V + 0,67V = 5,55V 3 u 2,5 = u1, 4 + ρ A u H = u1, 4 + u R = 5,55V + 1 ⋅ 0,22V = 5,77V 1 u 1, 6 = u 2,5 + ρ E u R = u 2,5 + u H = 5,77V + 0,22V = 5,84V 3 u 2,7 = u 1,6 + ρ A u H = u 1,6 + u R = 5,84V + 1 ⋅ 0,074V = 5,92V usw. - 88 - DS-10181 Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Die Ausgangsspannung wird am Ende der Koaxialleitung positiv reflektiert. Da am Ausgang Leerlauf ist, ist die Amplitude sehr hoch. Der zweite Impuls am Anfang der Leitung ist die Summe der gedämpften rücklaufenden Welle des Ausgangs und der positiven Reflexion am Eingang. Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg LATTICE-DIAGRAM Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg VOLTAGES Beispiel 2: R1 = 10 Ω, Z0 = 50 Ω, R2 = 10 kΩ ρE = ρA = R 1 − Z 0 10 − 50 − 40 = = = −2 / 3 R 1 + Z 0 10 + 50 60 R 2 − Z 0 10000 − 50 9950 = = ≈1 R 2 + Z 0 10000 + 50 10050 - 89 - DS-10185 DS-10186 Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III REFLECTIONS OF THE VOLTAGES Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg DS-10190 Der Impuls u0 „sieht" den Spannungsteiler aus R1 und Z0, so daß auf der Leitung ein Impuls der Größe u1=(5/6)u0 entsteht. Es wird ein rechteckförmiger Spannungspuls angenommen, bei dem die Anstiegszeit vernachlässigbar klein ist, und die Reflexionen werden als Spannungspegel eingezeichnet. Die Spannung u2 führt eine gedämpfte Oszillation aus. Die Über- und Unterschwinger sind erheblich, so daß die Gefahr besteht, daß der Empfänger zwar an-, aber auch sofort wieder ausgeschaltet wird, Dies muß durch passende Abschlüsse auf beiden Seiten der Leitung verhindert werden. Stationärer Zustand: u1,0 = u2 = u1 = u0 = 6 V 50Ω 6V = 5V = u H 10Ω + 50Ω u 2,1 = u1,0 + ρ A u1,0 = 5V + 1 ⋅ 5V = 10V 2 u1, 2 = u 2,1 + ρ A u1,0 ρ E = 10V + 1 ⋅ 5V ⋅ − = 6,67V 3 2 u 2,3 = u1, 2 + ρ A ρ A u1, 0 ρ E = 6,67V + 1 ⋅ 1 ⋅ 5V ⋅ − = 3,33V 3 2 2 u1, 4 = u 2,3 + ρ A ρ A u1,0 ρ E ρ E = 3,33V + 1 ⋅ 1 ⋅ 5V ⋅ − ⋅ − = 5,55V 3 3 2 2 u 2,5 = u1, 4 + ρ A ρ A ρ A u1, 0 ρ E ρ E = 5,55V + 1 ⋅ 1 ⋅ 1 ⋅ 5V ⋅ − ⋅ − = 7,77V 3 3 2 2 2 u1,6 = u 2,5 + ρ A ρ A ρ A u1, 0 ρ E ρ E ρ E = 7,77V + 1 ⋅ 1 ⋅ 1 ⋅ 5V ⋅ − ⋅ − ⋅ − = 6,30V 3 3 3 u 2,i = u1,i −1 + ρ A i +1 2 i ⋅ u1,0 ⋅ ρ E i u1,i = u 2,i −1 + ρ A 2 u1,0 ρ E 2 i −1 2 ; i = 1, 3, 5,.... ; i = 2, 4, 6,.... - 90 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III 5.3 Beispiele Koaxialkabel mit drei verschiedenen Abschlüssen (Generatorinnenwiderstand = Leitungsimpedanz, R1 = Z0). u /V 0 1 t u /V 1 1 u /V 2 1 t t Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences COAX CABLE Hamburg ρA = R2 − Z 0 = 1 − R2 + Z 0 Z0 / 1 + R2 Z0 R2 R2 → ∞ : ρ A = 1 DST-10205 Komplette Reflexion u /V 0 1 t u /V 1 1 u /V 2 1 t t Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg ρA = COAX CABLE R2 − Z 0 = −1 R2 + Z 0 Reflexion mit umgekehrter Polarität => u2 ist immer 0! - 91 - DST-10206 Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III u /V 0 1 t u /V 1 1 u /V 2 1 t t Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences COAX CABLE Hamburg ρA = R2 − Z 0 =0 R2 + Z 0 DST-10207 Keine Reflexion Allgemeine Gleichungen: z R 1 u R 2 0 Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg ρE = 0 R1 − Z0 R1 + Z0 t < 0: u1 = 0 V, t = 0: u1, 0 CALCULATION OF THE VOLTAGES ρA = R2 − Z0 R2 + Z0 u2 = 0 V Z0 1 = u0 = u0 Z 0 + R1 2 - 92 - u 2, 0 = 0V DST-10210 Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III t = T: u1,1 = u1,0 u 2,1 = (1 + ρ A ) ⋅ u1, 0 | | | Anteil der Reflexion einlaufende Welle t = 2T: u1, 2 = u1,1 + ρ A (1 + ρ E ) ⋅ u1,0 u 2, 2 = (1 + ρ A ) ⋅ u1,0 t = 3T: u1,3 = u1,1 + ρ A (1 + ρ E ) ⋅ u1,0 u 2,3 = u 2,1 + ρ E ⋅ ρ A ⋅ (1 + ρ A ) ⋅ u1,0 t = 4T: u1, 4 = u1, 2 + ρ E ⋅ ρ A2 (1 + ρ E ) ⋅ u1, 0 u 2, 4 = u 2,1 + ρ E ⋅ ρ A ⋅ (1 + ρ A ) ⋅ u1,0 t = 5T: u1,5 = u1, 2 + ρ E ⋅ ρ A2 (1 + ρ E ) ⋅ u1, 0 u 2,5 = u 2 ,3 + ρ E2 ⋅ ρ A2 ⋅ (1 + ρ A ) ⋅ u1, 0 t = 6T: u1, 6 = u1, 4 + ρ E2 ⋅ ρ A3 (1 + ρ E ) ⋅ u1, 0 u 2, 6 = u 2 ,3 + ρ E2 ⋅ ρ A2 ⋅ (1 + ρ A ) ⋅ u1, 0 Allgemein: t = 2nT: u1, 2 n = u1, 2 n − 2 + ρ En −1 ⋅ ρ An ⋅ (1 + ρ E ) ⋅ u1, 0 ; n = 1, 2, 3,.... t = (2n+1)T: u 2, 2 n +1 = u 2, 2 n −1 + ρ En ⋅ ρ An ⋅ (1 + ρ A ) ⋅ u1, 0 ; n = 1, 2, 3,.... Ausgleichsvorgang klingt schnell ab, wenn: bei u1, 2 n = u1, 2 n − 2 und u 2, 2 n +1 = u 2, 2 n −1 ρ E , ρ A << 1 (Anpassung) n →∞: u E , ∞ = u A ,∞ = u 0 ⋅ RA Ri + RA 5.4 Das Bergeron-Diagramm Die vorher beschriebenen Beispiele haben keine praktische Bedeutung, weil es keine idealen Spannungsquellen gibt und die Leitungen selbst sind nicht verlustfrei sind, obwohl dieses in vielen Fällen angenommen werden kann. Leitungen, über die ein Signal gesendet wird, werden am Ende in irgendeiner Form abgeschlossen, wenn auch oft nur durch den Eingangswiderstand des Empfängers. Deshalb werden im Folgenden die LeitungsReflexionen untersucht, die auftreten wenn ein Spannungsquelle über eine Leitung einen Eingangswiderstand treibt. (Bild DS-10300) - 93 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg EL III VOLTAGE SOURCE AND TERMINATED LINE DS-10300 Unmittelbar nach dem Einschalten wird die Spannungsquelle mit dem Innenwiderstand R1 durch den Wellenwiderstand Z0 belastet. 5.4.1 Einschalten einer realen Spannungsquelle Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg BERGERON-DIAGRAM TERMINATED LINE DS-10301 Im Diagramm für u1 als Funktion von i1 wird der Innenwiderstand durch die Widerstandsgerade mit der Neigung –R1 dargestellt, welche die Spannungsachse bei u0 schneidet. Für den Belastungswiderstand Z0 erscheint die gestrichelte Gerade mit der Neigung Z0 durch den Ursprung. u1 und i1 stellen sich auf den Schnittpunkt 1 dieser beiden Geraden ein. - 94 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Nach der Laufzeit T erreichen diese Spannungs- und Stromsprünge das Leitungsende. Das Leitungsende kann als eine Spannungsquelle mit Spannungshub 2u1,1 und Innenwiderstand Z0 dargestellt werden, welche die Last R2 treibt. Im Diagramm von u2 als Funktion von i2 ist die Generatorkennlinie die gestrichelte Linie mit der Neigung - Z0 und dem Schnittpunkt 2u1,1 mit der Spannungsachse. Die Last wird durch die Gerade mit der Steigung R2 durch den Ursprung dargestellt. u2 und i2 springen nach der Zeit T auf die Werte im Schnittpunkt 2. Gleich nach Reflexion des ersten rücklaufenden Sprunges am Leitungsanfang stellen sich dort die Spannungs- und Stromwerte des Schnittpunktes 3 ein. Das Bild setzt sich auf diese Weise fort mit Lastkennlinien der Neigung Z0 für den Leitungsanfang und Generatorkennlinien der Steigung -Z0 für das Leitungsende, die von Schnittpunkt zu Schnittpunkt mit den Kennlinien für äußere Spannungsquelle und äußere Last gehen. Im stationären Zustand (für t → ∞) sind die Eigenschaften der Leitung ohne Bedeutung. Dann ist die auftretende Spannung ein Ergebnis der Spannungsteilung durch den Innenwiderstand der Spannungsquelle und des Widerstands am Ende der Leitung. Mit der Bergeron-Methode werden die Reflexionen ähnlich wie vorher gezeigt bestimmt. Zu den Zeitpunkte t < 0 (Schalter offen) sind die die Ströme und Spannungen auf der Leitung gleich 0. Dieser Wert ist der Start-Punkt in Bild DS-10301. Der weitere Verlauf der Welle erfolgt nach einer Zickzack-Form mit der Neigung ±Z0 zwischen den Charakteristiken der Leitungsabschluß-Widerstände. Die Zickzack-Linie endet beim Ruhepunkt. Die Bedingungen auf der Leitung sind dann konstant und es gelten wieder die Gleichspannungs-Beziehungen. Bei einer offenen Leitung (R2 → ∞) stimmt die Linie für den Eingangswiderstand mit der Spannungs-Achse des Diagramms überein. In diesem Fall baut sich die Spannung langsam bis zum Endwert auf, der gleich der Generatorspannung u0 ist. Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg BERGERON-DIAGRAM OPEN LINE DS-10302 In den Beispielen DS-10301 und DS-10302 erreicht die Spannung während der Zeit 0< t < 2T die gleiche Amplitude am Anfang der Leitung trotz unterschiedlicher Leitungsabschlüsse. Denn, wenn der Schalter geschlossen wird, sieht der Generator nur die Leitungsimpedanz Z0. - 95 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Ist der Generator-Widerstand R1 kleiner als die Leitungsimpedanz Z0, so führt das zu Überschwingern am Ende der Leitung (DS-10303 und DS-10304). Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg BERGERON-DIAGRAM TERMINATED LINE DS-10303 BERGERON-DIAGRAM OPEN LINE DS-10304 - 96 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Ist der Generator-Widerstand R1 größer als die Leitungsimpedanz Z0, so führt das zu Überschwingern am Anfang der Leitung (DS-10305). Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg BERGERON-DIAGRAM TERMINATED LINE DS-10305 Reflexionen werden vermieden, wenn die Leitung mit dem Leitungs-Widerstand abgeschlossen wird. Es ist möglich, die Leitung entweder am Anfang durch einen passenden Generator-Widerstand (DS-10306) oder am Ende mit einem geeigneten Abschlußwiderstand (DS-10307) anzupassen. Im zweiten Fall werden Reflexionen am Ende der Leitung vermieden, im ersten Fall treten am Ende Reflexionen auf. Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg MATCHING GENERATOR SOURCE IMPEDANCE - 97 - DS-10306 Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg EL III MATCHING LINE TERMINATION DS-10307 5.4.2 Ausschalten einer Leitung Der Verlauf der Reflexionen auf einer Leitung, wenn die Spannungsquelle abgeschaltet wird (DS-10400), kann mit derselben Methode vorher beschrieben werden. Wenn der Schalter beim Generator-Ausgang geöffnet wird, ist die Energie in der Leitungs-Kapazität gespeichert und die Spannungen können nicht sofort auf Null gehen. Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg VOLTAGE SOURCE AND TERMINATED LINE DS-10400 Der Start-Punkt für die Bergeron Methode wird durch den Zustand während der Zeit t < 0 wie folgt bestimmt: Z0 u1, 0 = u 0 Z 0 + R1 - 98 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Bild DS-10401 zeigt das entsprechende Bergeron Diagramm und die resultierenden Spannungsverläufe. Wenn die Leitung mit einem Abschlußwiderstand R2 = Z0 abgeschlossen wird, geht die Spannung sofort auf Null. Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg BERGERON-DIAGRAM TURNING OFF THE LINE DS-10401 5.4.3 Schalten einer Leitung Die Ausgänge von Digital-Schaltungen sind im Allgemeinen push-pull-Ausgänge. Das bedeutet, daß wenn ein Ausgang geschaltet wird, entweder eine hohe Spannung oder eine niedrige Spannung über einen Ausgangswiderstand mit der Leitung verbunden wird (DS10500). Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg VOLTAGE SOURCE AND TERMINATED LINE DS-10500 Beim Punkt t = 0 wird die Leitung auf der Eingangsseite kurzgeschlossen. - 99 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III Am Anfang und am Ende der Leitung sind endliche Widerstande, so daß die Energie und somit, die Spannungen schneller zusammenbrechen als im vorausgehenden Beispiel. Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg BERGERON-DIAGRAM SWITCHING THE LINE DS-10501 BERGERON-DIAGRAM SWITCHING THE LINE DS-10502 5.4.4 Bergeron Methode mit nichtlinearen Leitungsabschlüssen Die Bergeron Methode kann leicht auf nichtlineare Widerstände angewendet werden, wie sie bei digitalen Schaltungen auftreten. Bild DS-10600 zeigt eine typische Übertragungsleitung, wenn zwei Gates auf einem Board verbunden werden. Dieses ist die auf gedruckten Schaltungen meist verwendete Verbindungsart. Die ansteigende Flanke produziert einen großen positiven Überschwinger, der nur langsam abklingt wegen der hohen Widerstände vom TTL Schaltungen bei diesen Spannungen. Der negative wird weitgehend von den Schutzdioden am Eingang der TTLSchaltungen gedämpft, so daß hier keine negativen Wirkungen erwartet werden. - 100 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III & Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg & CONNECTION BETWEEN OUTPUT AND INPUT DS-10600 Wegen der niedrigen Last am Ausgang durch die Leitung (R1 < Z0), steigt die Spannung am Anfang von der Leitung sofort auf einen Wert von ungefähr 2,5 V. Das Ende von der Leitung wird abgeschlossen durch den hohen Eingangswiderstand von Gate 2, so dass praktisch eine Verdopplung der Spannung auftritt. In diesem Spannungsbereich ist der Ausgangswiderstand von Gate1 ist auch sehr groß, so daß die Spannung sich langsam zum Endwert aufbaut. (DS10601). 7 U /V Q U /V I 5 3 1 -100 Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg 100 -1 I I BERGERON-DIAGRAM LOW-TO-HIGH Q I / mA / mA DS-10601 Am Ausgang von Gate 1 springt die Spannung anfangs auf einen Wert von 1 V. Am Ende der Leitung wird der negative Überschwinger sehr durch die Diode der Eingangsschaltung begrenzt, so daß die Leitungs-Reflexionen schnell abklingen (DS-10603). - 101 - Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III 7 U /V Q U /V I 5 3 1 -100 100 -1 I BERGERON-DIAGRAMM HIGH-TO-LOW Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg I Q I / mA / mA DS-10603 Für gewöhnlich brauchen Leitungen in einem TTL-System nicht abgeschlossen zu werden. Wie vorher gezeigt, werden die Reflexionen normalerweise hinreichend gedämpft durch den Ausgangswiderstand der Schaltungen (Anpassung am Anfang der Leitung) oder durch Klemm-ioden (Kurzschließen der reflektierten Energie). Aber bei bestimmten Anwendungen, z.B. große Bus-Systemen, wird es notwendig sein, für weitere Dämpfung von Reflexionen durch einen zusätzlichen Abschluß von der Leitung zu sorgen. Die erste Möglichkeit ist, daß Abschließen des Leitungsendes mit einem Widerstand (DS-10610). In diesem Fall werden die Reflexionen ganz unterdrückt, weil die Leitung am Ende mit ihrem charakteristischen Widerstand beendet wird. Aber, wegen des hohen Energie-Verbrauches im Ende wird diese Art von Schaltung nicht oft benutzt. & Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg & TERMINATED LINE - 102 - DS-10610 Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III 7 U /V Q U /V I 5 3 1 -100 100 -1 I BERGERON-DIAGRAM FOR TERMINATED LINE Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg I Q I / mA / mA DS-10611 Leitungsabschluß durch Serien-Widerstand am Treiberausgang (DS-10620) Diese Art von Leitungsabschluß braucht die wenigste Energie. Ein Nachteil ist hier, daß die Spannung am Anfang der Leitung nach dem Wechsel nur die halbe Amplitude bei verdoppelter Signal-Laufzeit erreicht. Infolgedessen ist diese Art von Abschluß nicht für Anwendungen geeignet, wo es mehrere Empfänger entlang einer Leitung gibt (BusAnwendungen). & Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg & SERIES RESISTOR IN THE DRIVER OUTPUT - 103 - DS-10620 Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III 7 U /V Q U /V I 5 3 1 -100 100 -1 I BERGERON-DIAGRAM WITH SERIES RESISTOR Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg I Q I / mA / mA DS-10621 (Z0 = 100 Ω) Um die Verlustleistung am Leitungsende in der Abschlußimpedanz zu verringern, wird in TTL-Systemen oft ein Leitungsabschluß nach Bild DS-10630 angewandt. In diesem Fall wird der Abschluß durch einen Spannugsteiler aus den Widerstände (R3 und R2) erreicht. Diese ist die gebräuchlichsteste Art von Leitungsabschluß. Um die Leistungsanforderungen an das Abschlußnetzwerk zu minimieren, wird ein Kompromiß toleriert. Wie in den Bildern gezeigt, führt dies nicht zu großen Signal-Verzerrungen. V CC & Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg & TERMINATED LINE WITH VOLTAGE DIVIDER - 104 - DS-10630 Prof. Dr. F. Schubert Prof. Dr. J. Vollmer EL III 7 U /V Q U /V I 5 3 1 -100 100 -1 I BERGERON-DIAGRAM LOW-TO-HIGH Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg I Q I / mA / mA DS-10631 (Z0 = 100 Ω) 7 U /V Q U /V I 5 3 1 -100 Prof. Dr. F. Schubert University of Applied Sciences Hamburg 100 -1 I I BERGERON-DIAGRAM HIGH-TO-LOW (Z0 = 100 Ω) - 105 - Q I / mA / mA DS-10633