Wandel des Stadtbildes von Fulda Wappen des Adolf von Dalberg Dom und früherer Klosterbezirk Wenn man aufmerksam durch Fulda geht, bemerkt man, dass es in der Innenstadt eine Vielzahl von Gebäuden unterschiedlicher Bauweise gibt: Da sind einmal die engen Straßen und winkligen Gassen, an denen dicht gedrängt viele schmale Häuser stehen, aber auch weite Plätze mit großen prunkvollen Gebäuden. Besonders auffallend sind die großen Kirchenbauten, die Stadtpfarrkirche und der Dom, aber auch die große Anlage des Stadtschlosses. Diese auffälligen Gebäude unterscheiden sich von den kleinen Häusern vor allem auch dadurch, dass über ihren Portalen prachtvolle Wappen und Inschriften angebracht sind. Sie teilen uns zumeist in lateinischer Sprache mit, wer diese Bauten errichtet hat. Dadurch erfahren wir, dass die großen Bauherren, denen Fulda sein heutiges Stadtbild verdankt, die Fuldaer Fürstäbte waren. Wenn man diese Besonderheiten auf einen Plan der Innenstadt überträgt, erkennt man, dass die engen Gassen und schmalen Häuser hauptsächlich um die Stadtpfarrkirche herum liegen. Einen weiteren großen Bezirk mit wappengeschmückten Gebäuden bildet das Schloss und ein dritter Bereich liegt um den Dom herum. 16 Der Bereich um den Dom Der älteste Bereich liegt um den Dom. Er geht auf das ehemalige Kloster Fulda zurück, das der heilige Sturmius im Auftrag seines Lehrers, des heiligen Bonifatius, gründete. Bonifatius hatte sich noch vor der Gründung von Karlmann, dem Beherrscher des östlichen Teils des großen Frankenreiches, den Klosterbezirk schenken lassen. Das Kloster hatte für Bonifatius eine so große Bedeutung, dass er die Kirche als den Ort seines Grabes bestimmte. Schon bald nach seinem Märtyrertod begann eine lebhafte Verehrung des Heiligen. Viele Christen fühlten sich veranlasst, dem Kloster fruchtbares Land, ertragreiche Gebäude oder ganze Ortschaften zu stiften. Das Kloster wurde damit bald zu einem der reichsten Grundbesitzer im Frankenreich. Die kleine Kirche mit dem Grab des Bonifatius im Westen, die vermutlich nicht einmal halb so groß wie der heutige Dom war, entsprach bald nicht mehr dem gestiegenen Selbstbewusstsein der Mönche des Klosters, das eine so bedeutende Grabstätte in seinen Mauern hatte. So entschloss sich im Jahr 791 der Abt Baugulf, eine neue größere Klosterkirche zu bauen. Diese neue Kirche wurde im Jahr 819 fertig gestellt. Die alte Kirche hatte, wie es bei christlichen Kirchen üblich war, den Chor mit dem Hauptaltar im Osten, dort, wo sich heute die Fassade des Domes erhebt. Das Grab des heiligen Bonifatius wurde auch in der neuen Kirche wieder im Westen angelegt. Über dem Grab wurde daher ein zweiter Chor mit einem weiteren Hauptaltar errichtet und dadurch die Ruhestätte des Märtyrers deutlich aufgewertet. Die Verehrung des Heiligen nahm im Mittelalter so sehr an Bedeutung zu, dass der alte Hauptaltar im Osten seine ursprüngliche Bedeutung verlor und deshalb der barocke Dom, der als Nachfolger der zweiten großen Klosterkirche errichtet wurde, heute nur noch den Hauptaltar im Westen der Kirche aufweist. Die karolingische Klosterkirche - man bezeichnet sie nach dem Architekten als Ratgar-Basilika - bestand, wenn auch mehrfach umgebaut, fast 900 Jahre. Da der jetzige Dom auf den Fundamenten dieser RatgarBasilika errichtet wurde, können wir uns noch heute gut vorstellen, wie groß diese mittelalterliche Kirche gewesen ist. Der Bereich der Bürgerstadt Michaelskirche Nachdem die erste große Klosterkirche fertig gestellt war, wurde auf dem benachbarten Michaelsberg der Friedhof des Klosters neu angelegt und dort eine Kapelle mit einer Krypta errichtet. Der Rundbau, der Kern der heutigen Michaelskirche, ist die einzige noch erhaltene Architektur aus der Frühzeit des Klosters. In diesem lebten bald mehr als 600 Mönche. Sie arbeiteten dort nicht nur für ihren Lebensunterhalt, sondern betrieben in der weithin berühmten Klosterschule auch vielfältige Wissenschaften. Die Klosterschule war damals sicher eine der bedeutendsten Stätten wissenschaftlicher Ausbildung im Frankenreich. Der zweite Bereich, derjenige der späteren Bürgerstadt, entstand schon bald nach der Gründung des Klosters. In seiner Umgebung hatten sich Handwerker und Kaufleute angesiedelt, die Arbeiten im Auftrag des Klosters ausführten oder mit Waren für dessen täglichen Bedarf Handel trieben. Eine dieser Siedlungen lag im Südosten des Klosters. Aus dieser entwickelte sich die spätere Stadt Fulda. Sie erhielt bald das Recht, einen Markt zu organisieren. Der Platz ”Unterm Heilig Kreuz” in der Mitte dieser Siedlung dürfte der Ort des ersten Marktes gewesen sein. Deshalb wurde dort auch an der Stelle der heutigen Stadtpfarrkirche die erste Kirche gebaut. Zwischen 1150 und 1165, rund 400 Jahre nach der Klostergründung, erhielt die Siedlung eine Stadtmauer mit Türmen und Toren und entsprach damit dem Bild einer typischen mittelalterlichen Stadt. Von dieser Mauer, die insgesamt 1700 Meter lang war, sind nur noch wenige Baureste erhalten, unter anderem der Hexenturm in der heutigen Kanalstraße. Die Mauer grenzte gleichzeitig auch den benachbarten Bereich des Klosters gegen die Stadt ab. Die engen, winkligen Gassen mit ihren schmalen Häusern lassen heute noch die Bauweise des Mittelalters erkennen. Aber nur von wenigen der heute noch stehenden Häuser sind Baureste aus dieser Zeit erhalten. Viele brannten ab oder wurden durch Kriege zerstört. Da jedoch die Grundstücke, auf denen diese Bauten errichtet worden waren, unverändert blieben, mussten auch die neuen Häuser zumeist wieder auf den alten Grundmauern aufgebaut werden. Ein zweiter Marktplatz der mittelalterlichen Stadt trägt heute den Namen Buttermarkt. Er liegt an der Kreuzung der wichtigsten Straßen, die das Gebiet innerhalb der Stadtmauer durchziehen. Der von der Stadtmauer umgebene Bereich war nicht gleichmäßig dicht bebaut. Nur entlang der Straßen befanden sich Häuser und Werkstätten von Handwerkern. Hinter diesen lagen Gärten, aus denen die Stadtbewohner einen Teil ihrer Lebensmittel bezogen. Bereich der Residenz Schlossanlage Zwischen dem ehemaligen Klosterbereich und der Bürgerstadt liegt als dritter großer Bereich die Schlossanlage, die das heutige Stadtbild beherrscht. Auch die Geschichte des Schlosses reicht bis in das Mittelalter zurück. In der Frühzeit des Klosters hatte der Abt - wie auch die anderen Mönche - im Kloster gewohnt. Durch den wachsenden Grundbesitz gewann er aber im Laufe der Zeit auch eine politische Machtstellung. Seit 1220 war er deshalb Reichsfürst und trug den Titel Fürstabt. Damit war er nun nicht mehr nur Inhaber der geistlichen Macht, sondern auch im politischen Bereich der Herrscher seines Landes. Diese neue Machtstellung brachte der Abt mit dem Bau einer Residenz zum Ausdruck, die er als befestigte Burg anlegte. Diese entstand dort, wo heute das Barockschloss steht. Die Burg wurde neben dem wichtigsten Stadttor errichtet, durch das die bedeutende Handelsstraße nach Osten die Stadt verließ, und war auch in die Stadtmauer einbezogen. Die Residenz war dadurch gegen das Umland befestigt, hatte aber gleichzeitig eine starke Mauer auch auf ihrer Innenseite zur Stadt hin. So war der Abt sowohl gegen Angriffe äußerer Feinde, als auch vor möglichen Angriffen durch die Stadtbewohner gut geschützt. Mit solchen Angriffen musste er rechnen, da die Gefahr bestand, dass seine Untertanen sich empörten und ihm als Landesherrn den Gehorsam verweigerten. Der Rest eines Wehrturms dieser Schlossanlage hat sich bis heute als der untere Teil des großen Schlossturms erhalten. 17 Die mittelalterliche Wehranlage wurde nach 1607, etwa 300 Jahre nach Gründung der Burg, als ein prachtvolles Renaissanceschloss umgestaltet. Weitere hundert Jahre später, im Jahr 1706, begann der Ausbau zu der uns heute erhaltenen barocken Schlossanlage, die dabei beträchtlich erweitert wurde. Nachdem das Schloss fertig gestellt war, wurde auf der Nordseite eine ausgedehnte Gartenanlage mit dem Orangeriegebäude geschaffen. Die prachtvollen Bauten der Gesamtanlage zeugen noch heute von dem hohen Machtanspruch der Fuldaer Fürstäbte. Florengasse vor dem 2. Weltkrieg geistlichen Fürstentümer aufgelöst und die Fürstäbte aus ihren Herrschaften vertrieben. Der Fürst, dem das Fuldaer Fürstbistum damals übertragen wurde, hieß Wilhelm Friedrich von Oranien. Auch dessen kurze Regierungszeit hat mit den Ansicht der mittelalterlichen Stadtanlage von Fulda mit Stadtmauer So sind das Kloster des frühen Mittelalters, die befestigte Bürgerstadt des hohen Mittelalters und die Burg als Residenz der Fürstäbte aus dem Spätmittelalter die wesentlichen historischen Bestandteile des heutigen Stadtbildes. Dieses Stadtbild hat aber erst in der Barockzeit des 18. Jahrhunderts seine heute noch erhaltene Prägung erfahren. Auf unserem Spaziergang durch die Stadt können wir weitere wichtige Gebäude sehen, die erst in der Barockzeit entstanden sind und von den Fürstäbten als Gymnasium, Universität und Hospital errichtet wurden. Älter als diese Gebäude ist nur noch das um 1530 errichtete Rathaus, ein großes Fachwerkhaus neben der Pfarrkirche, in dem einst die Behörden der Stadt ihren Sitz hatten. Die Herrschaft der Fuldaer Fürstäbte dauerte bis 1802. Kaum hundert Jahre, nachdem der barocke Dom und die barocke Schlossanlage erbaut worden waren, wurden die 18 Gebäuden in der Wilhelmstraße und dem alten Krankenhaus, in dem heute die Musikschule der Stadt Fulda untergebracht ist, ihre Spuren hinterlassen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die Stadt nur wenig über die alte mittelalterliche Stadtgrenze, die Stadt- mauer, hinaus. Erst nachdem Fulda 1866 an das Eisenbahnnetz angeschlossen worden war, entwickelten sich aus einigen ehemaligen Handwerksbetrieben große Fabriken. Sie entstanden entlang der Eisenbahnstrecke im Osten oder entlang des Flusses im Süden der Stadt. Da viele Arbeitskräfte gebraucht wurden, stieg die Einwohnerzahl um die Jahrhundertwende sprunghaft an. Es entstanden daher neue Stadtviertel, zunächst zwischen der alten Bürgerstadt und dem neu angelegten Bahnhof, später auch an den Hängen des Frauenberges und im Norden der Stadt entlang der Leipziger Straße. Bis in das 18. Jahrhundert war die Entwicklung der Stadt im Wesentlichen durch die Residenz der Fürstäbte bestimmt. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird die Entwicklung der Stadt durch die Industrialisierung und den daraus folgenden wirtschaftlichen Aufschwung geprägt. Fußgängerzone Buttermarkt Karlstraße vor dem 2. Weltkrieg