Schwerpunktthema Recht 31 Wie modern darf ein Denkmal sein? Das Sanieren mit Kompromissen Der Widerspruch ist bereits in der Aufgabenstellung angelegt: ein Denkmal modernisieren. Wie modern darf ein Denkmal werden, damit es noch ein Denkmal ist? Welches Material darf verwendet, wie viel Energie kann unter diesen Bedingungen noch eingespart werden? Bei der Sanierung eines Denkmals sind Kompromisse unumgänglich. Von der Energieeinsparverordnung sind historische Gebäude zwar ausgenommen, ihre Energieeffizienz kann man trotzdem verbessern. Denkmale sind seit Oktober 2009 von der Energieeinsparverordnung (EnEV) ausgenommen. Eigentümer, Bauträger und Investoren haben somit die Wahl. Sie können selbst entscheiden, ob sie bei der Modernisierung von denkmalgeschützten Immobilien auch energetische Gesichtspunkte berücksichtigen oder nicht. Wenn sie sich für eine energetische Modernisierung entscheiden, stehen auch ihnen vielfältige Möglichkeiten offen – von der Wärmepumpe bis zur Solaranlage. ellen Betrachtung. So muss im Einzelfall genau abgewogen werden, welche baulichen Maßnahmen sich für das jeweilige Gebäude überhaupt eignen – und welche den Baukörper gefährden oder das äußere Erscheinungsbild beeinträchtigen. Quelle: LUWOGE durchgangskoeffizienten von 0,24 Watt je Quadratmeter und Kelvin. In der Regel versucht man, diesen Wert über eine effiziente Außendämmung zu erreichen – oft mit fatalen Folgen für das Erscheinungsbild. Denn viele historische Stuckund Klinkerfassaden verschwinden derzeit unter Stryroporverkleidungen und Putz, und selbst der Nachbau der Fassade kann den ursprünglichen Eindruck nicht wieder herstellen. Klinkerimitate wirken manchmal peinlich und auch neuerer Stuck ist oft gewöhnungsbedürfDass Unt ernehmen tig. Denkmale sind von selbst entscheiden könsolchen Maßnahmen nen, ob sie ein Denkgeschützt. Denn eine mal energetisch sanieAußendämmung wird ren oder nicht, ist ein von den zuständigen wichtiger Schritt in Denkmalbehörden in die richtige Richtung. der Regel nicht genehDenn bezogen auf das migt, weil sie das äuGesamtvolumen an ßere Erscheinungsbild Immobilien bestehen massiv beeinträchtigt. Ein Denkmal in der modernen Planung: Die Hohenzollern-Höfe in Ludwigshafen bei Denkmalen kaum werden von der LUWOGE saniert. nennenswerte EinsparDoch welche Alternapotenziale: Denkmalgetiven gibt es und vor schützte Objekte machen nur etwa drei Starre Vorgaben zum künftigen noch allem, welche gelebte Praxis finden wir in Prozent des gesamten Gebäudebestands in zulässigen Energieverbrauch sind dabei der Wohnungswirtschaft vor? Auf den Deutschland aus. Zudem bedürfen Denkoft hinderlich. Ein Beispiel: Für die Aufolgenden Seiten sind unterschiedliche male aufgrund ihrer historisch einmaligen ßenwände von Bestandsimmobilien verLösungsansätze zur Sanierung im DenkGebäudesubstanz immer einer individulangt die aktuelle EnEV einen Wärmemal zu finden. 12/10 – 1/11 • VerbandsMagazin 32 Recht Schwerpunktthema Dämmen im Denkmal – von außen und innen Freilich verhindert die geringere Dicke nicht, dass die Originalfassade unter den Platten verschwindet. Die Firmen bilden deshalb Holzgesimse, Fensterbänke und Klinker nach. Die Dachkonstruktion wird um einige Zentimeter verlängert, die gemauerten Steinbänke – „eine wärmeschutztechnische Katastrophe“ (Werner) – werden ebenso imitiert wie der Klinker am Sockel. Bei einem Vor-Ort-Termin wurde das Konzept mit den Denkmalschützern abgestimmt. So konnte der Volks-Bau und Sparverein auf eine Innendämmung ver- VerbandsMagazin • 12/10 – 1/11 Die LUWOGE dämmt das Gebäude zur Straßenseite hin von innen, um die Schmuckfassade zu erhalten. Hierfür wurde für verschiedene Innendämmsysteme eine instationäre Berechnung des Wärme- und Feuchteverhaltens mit einer so genannten thermisch-hygrischen Bauteilsimulation der Außenwände durchgeführt. Das Verhalten der Wände Die Fassade zur Hofseite wird mit einem Wärmedämmverbundsystem aus 20 Zentimetern Neopor® gedämmt. Zudem werden Dach- und Kellerdecke gedämmt. Eine Lüftungsanlage mit 80-prozentiger Wärmerückgewinnung sorgt für den regelmäßigen Luftaustausch. Die Fenster erhalten eine Dreifachverglasung mit einem Uw=0,95 W/m2K. Auch hier wird der historische Charakter aus Holz erhalten. Mit allen energetischen Maßnahmen wird die Energiebilanz des Gebäudes von rund 180 kWh/m2 a auf 45 kWh/m2 a nach der EnEV 2007 verbessert. Bodenaufbau – 15 mm Bodenbelag (Fertigparkett) – 10 mm Kleber – Entkopplungsmatte (Trittschall) – 50 mm Estrich – Holzbalken / Schüttung – Deckenverkleidung Bauteilanschluss Abdichtungs-Butylklebeband 5 34 5 Bauteilanschluss Rollschnur zur Luftdichtigkeit MS Hybrid-Polymer Dichtstoff Bauteilanschluss Dämmung der Fensterleibung System Dämmputz Bauteilanschluss Abdichtungs-Butylklebeband Außenwand Holzbalken Dämmung So sieht im Modell die Innendämmung der LUWOGE bei den Hohenzollern-Höfen aus. Graf ik: LUWOGE Die Riederwaldsiedlung des Volks-Bau und Sparvereins Frankfurt erstrahlt in neuem Glanz. Die LUWOGE, das Wohnungsunternehmen der BASF in Ludwigshafen, saniert derzeit die Hohenzollern-Höfe im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim. Die Hohenzollern-Höfe imponieren durch ihre Fassadenverzierungen und Giebelaufbauten. Doch die historische Wohnanlage aus dem Jahr 1923 ist in die Jahre gekommen. Aus den rund 180 Wohneinheiten soll nun ein zukunftsweisendes Wohnobjekt werden. Die Herausforderung ist dabei, Denkmalschutz, energetische Modernisierung und den demografischen Wandel in Harmonie zu bringen. Die Wohnanlage soll dabei allen Zielgruppen durch verschiedene Wohnungszuschnitte, Balkonanbauten und barrierefreie Zugänge gerecht werden. Zudem sollen die Bewohner künftig von erheblich reduzierten Energiekosten sowie einem behaglichen Raumklima und größerem Wohnk omfort profitieren – bei gleichzeitigem Erhalt des historischen Charmes des Gebäudes. 1 1 15 Quelle: Volks-Bau und Sparverein Mehr als sieben Zentimeter dürfen die Gründerzeithäuser in der Frankfurter Riederwaldsiedlung nicht in die Breite wachsen. Das verlangt der Denkmalschutz. Der Volks-Bau und Sparverein Frankfurt eG dämmt die geschützten Gebäude von außen, bringt Hartschaum-Platten an. Doch verwendet er Resol-Hartschaum-Platten, ein Material, das mit sieben Zentimetern Dicke dieselbe Wirkung entfaltet wie andere Stoffe mit zwölf Zentimetern. Frank Werner, beim Volks-Bau und Sparverein verantwortlich für das Riederwald-Projekt, erklärt: „Bei einer zwölf Zentimeter dicken Dämmung wäre die Fensteroptik zu tief gewesen.“ Die Hohenzollern-Höfe Ludwigshafen bei Wärme und Feuchte ist wichtig, um mögliche Schimmelbildungen zu vermeiden. Zudem erfolgten Berechnungen zum Nachweis des Mindestwärmeschutzes im Bereich der Wärmebrücken an den Anschlüssen der Innenwände an die innen gedämmte Außenwand. Bei den Hohenzollernhöfen macht es nichts aus, dass bei der Innendämmung etwas Innenfläche verloren geht: In ihrem Urzustand sind die Wohnungen zu 90 Prozent etwa 100 Quadratmeter groß. 22 Die Riederwald-Siedlung Frankfurt zichten, welche die Wohnfläche verringert hätte. „Die Wohnungen in der Riederwaldsiedlung sind ohnehin relativ klein“, sagt Werner. Außerdem können bei der Außendämmung 100 Prozent der Mieter während der Sanierung in ihren Wohnungen bleiben. 4 Die Optik muss erhalten bleiben. Dies ist eine der zentralen Vorgaben des Denkmalschutzes. Gleichzeitig ist es das Ziel bei der Sanierung solcher Gebäude, eine höchstmögliche energetische Eff izienz zu erreichen. In der Praxis sind hierzu auf die jeweiligen Gegebenheiten ausgerichtete Lösungsansätze gefragt. Hierzu zwei aktuelle Beispiele: Schwerpunktthema Recht 33 Nicht nur in Ludwigshafen wird ein Denkmal von innen gedämmt. Forschungen dazu sind auch in Quedlinburg im Gange. Das deutsche Fachwerkzentrum untersucht dort die Auswirkungen verschiedener Innendämmungen auf Raumklima und Gebäudesubstanz. Denn bei der Innendämmung stellt sich das Problem der Wandfeuchtigkeit. Es drohen Feuchtigkeitsschäden – etwa durch Schimmel. Laut einem Beitrag von Florian Lanz, Vorstandsvorsitzender des Estavis AG, in der Zeitschrift Immobilienwirtschaft gilt das insbesondere dann, wenn dampfsperrende Konstruktionen aus Schaumglas oder Styropor mit einer wasserundurchlässigen Folie verklebt sind. Die Folgeschäden von fehlerhaften Innendämmungen seien so- Quelle: Gröhbühl Die Innendämmung wird erforscht mit ein gutes Beispiel für die möglichen Auswirkungen von allzu ehrgeizigen Zielen bei der Steigerung der Energieeffizienz. Historische Bausubstanz gehe unwiderruflich verloren, weil minimale Einsparungen erzielt werden sollen. Besonders gut schneiden Lanz zufolge bei dem Test in Quedlinburg Dämmschalen aus mineralischen Baustoffen ab. Diese Systeme seien luftdurchlässig und schlössen die Feuchtigkeit nicht in der Wand ein, sondern geben sie sukzessive an die Raumluft ab und schüfen so ein angenehmes Wohnklima. Bauherren sollten allerdings bedenken, dass es auch bei dieser Art der Innendämmung kaum Erfahrungen mit langfristigen Auswirkungen auf die Bausubstanz gibt. Das deutsche Fachwerkzentrum in Quedlinburg Energetische Aufrüstung einer Kaserne 400 Wohnungen gehören zu der Münsteraner Kaserne aus dem Jahr 1913, die Hälfte davon steht unter Denkmalschutz. In ihr sind nach dem Auszug der Soldaten Miet- und Eigentumswohnungen entstanden. Unter dem Motto „Energieeffizienz trifft Denkmalschutz“ stellte Nottenkemper in der Veranstaltungsreihe „Technik in der Wohnungswirtschaft“ von VdW Rheinland Westfalen, VdW südwest und VdW saar einen Teil der Kaserne an der Fresnostraße vor, den das Unternehmen 2005 modernisiert hat. Er sagt: „Wenn die Energieeffizienz bei denkmalgeschützten Gebäuden auch nicht so hoch ist, sind zwei Dinge zu beachten. Erstens sind Denkmäler kein wesentlicher Teil des Klima- schutzes, nicht einmal zwei Prozent des Gebäudebestands sind denkmalgeschützte Wohnungen. Zweitens haben Denkmäler eine höhere Beständigkeit als jüngere Gebäude.“ Quelle: Wohn+Stadtbau Münster Mit Denkmälern kennt sich Klemens Nottenkemper, Geschäftsführer der Wohn+Stadtbau Münster, aus. Das kommunale Unternehmen hat schon eine Reihe alter Gebäude saniert. Angesichts der Nachfrage und den Steuervorteilen sei das für sein Unternehmen ein einträgliches Geschäft, so Nottenkemper. Vor wenigen Jahren hat die Wohn+Stadtbau auch die LincolnKaserne energetisch aufgerüstet – und dabei interessante Erfahrungen gemacht. Die Lincoln-Kaserne verfügt nun über Balkone. In vertrauensvoller Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden hat die Wohn+Stadtbau die Kasernengebäude zu Wohnungen mit Balkonen umgebaut und für Stellplätze in drei Tiefgaragen im Keller der Kasernengebäude gesorgt. Die Gespräche über Gestaltung und Nutzung von Denkmalgebäuden seien oftmals viel intensiver als die über Energieeffizienz, so Nottenkemper. Da seien sich der Unternehmer und die Münsteraner Denkmalschützer häufig schnell einig. Die Wohn+Stadtbau verzichtete bei der Lincoln-Kaserne komplett auf eine Außendämmung, ließ das bis zu 56 Zentimeter dicke einschalige Ziegelmauerwerk im Originalzustand. Das Wohnungsunternehmen dämmte die Nordfassade von innen, die Betonkellerdecke und im besonderen Umfang das Dach. „Beim Dach haben wir zugelangt“, sagt Nottenkemper. Außerdem wurden die ursprünglich einfachverglasten Holzfenster mit einer Zweifachverglasung versehen. Geheizt wird nun nicht mehr mit Einzelöfen, sondern per Fernwärme. Nottenkempers Fazit der energetischen Sanierung: „Es funktioniert.“ Nur bei drei Wohnungen, die am Übergang der gedämmten Nordfassade zu einer ungedämmten Fassade liegen, habe es Diffusionsschäden gegeben. Diese habe das Unternehmen mit einer nachträglichen Innendämmung in den Griff bekommen. Das Ergebnis: Die Heizkosten lagen 2009 – bei allen 200 denkmalgeschützten Wohnungen – bei 70 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche. „Damit sind wir zufrieden – gerade bei Raumhöhen von bis zu 3,50 Metern“, sagt Nottenkemper. 12/10 – 1/11 • VerbandsMagazin 34 Recht Schwerpunktthema Denkmalsanierung als Teil der sozialen Stabilisierung In den 20er-Jahren errichtete Herrmann Hussong im Auftrag der Bau AG in Rekordzeit die Gebäude des Königsviertels, um die in den Jahren 1927/1928 herrschende Wohnungsnot zu bekämpfen. Nach knapp 70 Jahren, im Jahr 1996, entschied man sich, dieses Quartier einer baulichen und sozialen Aufwertung zu unterziehen. Nicht nur die Gebäude waren in einem schlechten Zustand, auch die sozialen Strukturen mussten wiederhergestellt werden. Im September 1997 fiel der Startschuss für die Großmodernisierung im Königsviertel, das Fördergebiet im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Soziale Stadt“ ist. In enger Kooperation mit der Stadt Kaiserslautern sowie den ansässigen sozialen Einrichtungen und nicht zuletzt mit den Bewohnern des Stadtquartiers, war es Ziel der Bau AG, eine nachhaltige Verbesserung der ur- Quelle: Bau AG banen Lebensbedingungen im Königsviertel zu erreichen. In den 13 Jahren der Großmodernisierung wurden barrierefreie Wohnungen hergestellt, ein Neubau (betreutes Wohnen und Kindertagesstätte unter einem Dach) errichtet, Einzelmodernisierungen im bestehenden Denkmalschutz durchgeführt, Objekte unter Erhalt der historischen Fassaden entkernt, Innenhöfe nach einem speziellen Konzept gestaltet, Kommunikationsbereiche geschaffen und das Forschungsprojekt Ein altes Gebäude im Königsviertel Assisted Living ins in Kaiserslautern Leben gerufen. Der stadtbildprägende Gesamtkomplex steht heute aufgrund seiner Bedeutung als Zeugnis der Architektur der so genannten „Neuen Sachlichkeit“ unter Denkmalschutz. Die Details sind bei aller symmetrischen Strenge vielfältig: Es gibt Konsolen, Zwerggiebel, FensterVerdachungsgiebel, Gesimse und un- terschiedliche Erker. Das oberste Ziel der Bau AG war, die Detailvielfalt der Straßenfassaden zu erhalten. Die Infrastruktur wurde unter dem Aspekt der Kommunikation ausgebaut. Mehrere Gebäude haben Laubengänge erhalten, die als kommunikative Zone den idealen Übergang zwischen privatem Balkon und halböffentlichem Innenhöfen bilden. Auch der neugestaltete Marktplatz an der Königstraße bildet eine wichtige Kommunikationszone. Die Sanierung und Modernisierung im Königsviertel hat attraktiven und stadtnahen Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen geschaffen. Die Wohnungsgrundrisse sind den Anforderungen der heutigen Zeit angepasst worden und umfassen Wohnungsangebote vor allem für ältere Menschen, Singles und Familien. Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung erhalten Initiativen zur Stabilisierung der Innenstädte einen besonderen Stellenwert. Die Innenstadt West soll, so war es das Ziel vor Beginn der Maßnahme, für alle Bevölkerungsgruppen interessant sein. Steuervorteile dank Denkmalschutz Neben öffentlichen sind auch steuerliche Vergünstigungen wichtig für die Denkmalpf lege. Steuerliche Vorteile sollen mögliche Belastungen aus der Denkmaleigenschaft ausgleichen. minimierung durch Denkmalschutzaufwendungen. Eine Broschüre „Steuertipps für Denkmaleigentümerinnen und Denkmaleigentümer“ hat das NRW-Bauministerium herausgegeben. Die Behandlung eines Gebäudes als Baudenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes (DSCHG) richtet sich danach, ob das Gebäude in die Denkmalliste eingetragen oder vorläufig unter Schutz gestellt ist. Steuervergünstigungen setzen voraus, dass die Erhaltung des Vermögens im öffentlichen Interesse liegt. Diese Notwendigkeit erfüllen Denkmäler aufgrund § 2 Abs. 1 DSchG. Gegenüber dem Finanzamt gilt der Bescheid über die Denkmaleigenschaft als Voraussetzung. Es gibt verschiedene Ansätze zur Steuer- Erhöhte Absetzung VerbandsMagazin • 12/10 – 1/11 Bei denkmalgeschützten Gebäuden und Gebäudeteilen können anstelle der üblichen linearen Abschreibung jährlich in den ersten acht Jahren jeweils neun Prozent der für die begünstigen Baumaßnahmen aufgewendeten Kosten und in den darauf folgenden vier Jahren jeweils vier Prozent geltend gemacht werden. Die steuerliche Förderung eines Denkmals ist sowohl bei einem vermieteten als auch bei einem selbst genutzten Objekt mög- lich. Die Abschreibungssätze in § 7 i EStG (Vermietung) und in § 10 f EStG (Selbstnutzung) sind identisch. Werden Baumaßnahmen an einem Denkmal von mehreren Personen im Anschluss an den Erwerb in gemeinsamer Bauträgerschaft (gegebenenfalls unter Einschaltung eines so genannten Initiators) durchgeführt, sind die Aufwendungen als Anschaffungskosten anzusehen. Derartige Kosten sind jedoch nur begünstigt, wenn die Baumaßnahmen nach dem rechtswirksamen Abschluss des obligatorischen Erwerbsvorgangs (Notarvertrag) durchgeführt werden. Von besonderem Interesse für eine hohe steuerliche Förderung ist es, den Anteil der Denkmalschutzaufwendungen im Ver- Schwerpunktthema gleich zum Gesamtkaufpreis möglichst hoch von der Denkmalschutzbehörde bestätigt zu bekommen. Nur dieser Teil ist mit den höheren Abschreibungssätzen zu belegen, während der restliche Gebäudebetrag nur mit zwei Prozent beziehungsweise 2,5 Prozent ansetzbar ist. Eine Ermäßigung bei der Einheitsbewertung des Denkmalobjektes wirkt sich auf die zu zahlende Grundsteuer aus. Die besonderen wertmindernden Aspekte des Denkmalschutzes sind Erhaltungspflicht und das Veränderungsverbot hinsichtlich der bestehenden Bausubstanz und können durch einen Abschlag auf den Grundbesitzwert berücksichtigt werden. Als Nachweis beim Feststellungsverfahren für die Einheitsbewertung, dass der Grundbesitz unter Denkmalschutz steht, dient der Bescheid der Denkmalbehörde. Das Grunderwerbsteuerrecht sieht keine Ausnahmen für die Besteuerung bezüglich des Erwerbs von Grundstücken mit Baudenkmälern vor. Denkmalschutzrecht Wie wird ein Gebäude zum Denkmal? Die Frage, wie ein Gebäude zum Denkmal wird, kann nicht bundesweit einheitlich beantwortet werden, da die Bundesländer für die Gesetzgebung zuständig sind. So existieren in Deutschland 16 Denkmalschutzgesetze, die Kulturdenkmäler (Oberbegriff für alle Arten von Denkmälern) nach unterschiedlichen Verfahren handhaben. Jedoch basieren alle Landesgesetze auf gleichen Grundprinzipien. Alle Gesetze definieren den Denkmalschutz als ein öffentliches Interesse und zielen auf den Schutz des Erhalts von Denkmälern ab. Die Gesetze regeln die maßgeblichen rechtlichen Definitionen, den Schutz von Denkmälern und den Umgang mit unterschiedlichen Denkmalarten. Unterschieden wird zwischen Bau- und Bodendenkmalen, Immobilien, Gesamtanlagen und Sachgesamtheiten (Ensembles). Weist ein Gebäude Denkmaleigenschaften auf, leiten die unteren Denkmalschutzbehörden (in der Regel Kreise oder kreisfreie Städte) ein Unterschutzstellungsverfahren ein. Die genauen Abläufe dieses Verfahrens unterscheiden sich in den Bundesländern ebenso wie die Rechtsakte, mit denen ein Gebäude zum Denkmal wird. Es gibt zwei Systeme, nach denen rechtlich die Denkmalqualität entsteht. 35 Buchtipp: Bauphysik und Denkmalpflege Die „Bauphysik“ hat sich als Disziplin der technischen Wissenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg etabliert. Von diesen Entwicklungen im Neubau hatte die Altbausanierung und Denkmalpf lege zunächst wenig Nutzen. Durch den Rückgang des Neubaus befassen sich Forschung und Entwicklung heute verstärkt mit den Problemen des Altbaus, ihren spezif ischen bauphysikalischen Fragestellungen und früheren Sanierungsfehlern. 1. Im konstitutiven System definiert das jeweilige Denkmalschutzgesetz, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein Objekt durch Verwaltungsakt der zuständigen Behörde zum Denkmal erklärt werden kann. Der rechtseigenschaftsbegründende Verwaltungsakt liegt in der Eintragung eines Objektes in ein öffentliches Denkmalverzeichnis, auch Denkmalliste oder Denkmalbuch genannt. In diesem System erlangt ein Gebäude Denkmalstatus erst mit Eintragung. Dieses System gilt zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Hier wird ein Unterschutzstellungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag eines Eigentümers eröffnet. In der zweiten, erweiterten Auflage werden neue Begriffe wie „FeuchteAkkumulation“, „stoff hygroskopisch“ und „salzhygroskopisch“ eingeführt. Dies berücksichtigt die speziellen hygrothermischen Verhältnisse bei Gebäudemauern alter Bauart und erklärt vielfach die vermeintlich durch „aufsteigende Feuchte“ verursachten Schäden. Damit trägt das Buch zur Versachlichung und Klärung von Problemen bei, die sich häufig im Zusammenhang mit der Erhaltung und Nutzung von alten Gebäuden ergeben. 2. Im Gegensatz dazu ist beim nachrichtlichen oder deklarativen System der Denkmalstatus nicht von der Eintragung eines Gebäudes in das Denkmalverzeichnis abhängig. Hier definiert das jeweilige Denkmalschutzgesetz abschließend, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein Gebäude ein Kulturdenkmal ist. Sobald die Voraussetzungen erfüllt sind, greift der Denkmalschutz, unabhängig von einem Verwaltungs- oder Eintragungsakt. In der Praxis wird eine Klärung des Denkmalstatus häufig durch einen reinen behördlichen Feststellungsakt erfolgen. Die Eintragung in das Denkmalverzeichnis wirkt nur rein deklaratorisch. Dieses System gilt beispielsweise in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Mit anschaulichen Erläuterungen der bauphysikalischen Prinzipien und illustriert mit vielen Praxisbeispielen wird das Buch zu einer äußerst nützlichen Planungs- und Entscheidungshilfe für alle, die sich beruflich oder als Eigentümer mit Altbauten und Denkmälern befassen. Zielgruppen: Altbau-Sanierungsfirmen, Denkmalpfleger, Kunsthistoriker, Bauphysiker, Bauingenieure, Energieberater, Dämmstoff-Hersteller, Wohnungsunternehmen. Helmut Künzel, Bauphysik und Denkmalpf lege, 2., erw. Auf l., 2009, 148 S., 127 Abbildungen, gebunden, Fraunhofer IRB Verlag 2009, ISBN 978-3-8167-8047-2, 39,50 Euro 12/10 – 1/11 • VerbandsMagazin