20 WISSEN WISSEN LYMPHOLIFE 21 LYMPHOLIFE 21 Rundum gut behandelt und versorgt? Leider auch heute noch keine Selbstverständlichkeit! Lymphexperten klären auf! Inzwischen gibt es 71 Lymphnetze in ganz Deutschland, die durch eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen ärztlichen Lymphspezialisten, Lymphtherapeuten und Sanitätshäusern eine qualitativ hochwertige Versorgung von Lymphkranken gewährleisten wollen. Klingt alles nach einem prima Konzept und letztlich ist es das auch. Doch warum gibt es für Betroffene trotzdem lange Wartelisten? Der Versorgungsalltag spiegelt leider allzu häufig eine andere Realität wider. Im folgenden Beitrag möchten wir darstellen, dass unsere Probleme systemisch sind und aufzeigen, vor welchen existenziellen Herausforderungen ein Lymphexperte steht. Eine ärztliche Perspektive Dr. med. Bertram Wittrin UUU Lymphologe - wer ist das? UUU Universitätsabschluss mit Lücken Bei uns Lymphologen handelt es sich um lymphologisch weitergebildete Ärzte. In der Lymphologie existiert keine von der Ärztekammer definierte Weiterbildung, wie die der ärztlichen Schwerpunktbezeichungen (z.B. Facharzt für Chirurgie, Innere Medizin, Dermatologie), der Teilgebietsbezeichungen (z.B. Unfallchirurgie/ Orthopädie, Gastroenterologie, Intensivmedizin) oder der fakultativen Weiterbildungen (z.B. Phlebologie, Proktologie). Demzufolge gibt es also auch keine von der Ärztekammer zugelassene Spezialisierung als Lymphologe. Natürlich taucht auch eine lymphologische Komponente als Weiterbildungsinhalt in unterschiedlichsten Fachgebieten auf, diese ist uns in der Weiterbildung befindlichen Ärzten auch klinisch durchaus mal gegenwärtig, steht jedoch nicht im Fokus unserer Anstrengung, den jeweiligen Facharzt zu erlangen. So möchte ich als Chirurg meinen Operationskatalog erfüllen, weniger sehe ich die Lymphproblematik operierter Patienten, die die Klinik schon verlassen haben. Eine Ausnahme macht das internistische Teilgebiet der Angiologie, welches sich auch speziell mit Lymphgefäßerkrankungen befasst und einer von der Ärztekammer festgelegten Weiterbildungsordnung unterliegt. Zur lymphologischen Spezialisierung führen uns Ärzte verschiedene Wege. Uns allen gemein ist ein abgeschlossenes Studium und eine nachfolgende klinische Weiterbildung, die viele von uns abschließend zum Führen einer Facharztbezeichnung (z.B. Dermatologie, Innere Medizin, Chirurgie, Orthopädie) berechtigt. Unsere weitere klinische Tätigkeit führt uns in die unterschiedlichsten Felder der ambulanten und stationären Versorgung. Wir alle kümmern uns nun auch um Patienten, von denen einige eine Lymphproblematik haben. Doch zunächst sind wir nicht in der Lage diese Patienten optimal zu versorgen, es fehlt uns das Wissen und das notwendige Umfeld der interprofessionellen Zusammenarbeit. Dieses Wissen ist weder während des Studiums, noch in der klinischen Weiterbildung vermittelt oder gelebt worden. Wir alle haben uns mit unserem Ausbildungsdefizit nicht abgefunden und nach Wegen zur Verbesserung der Versorgung unserer Lymphpatienten gesucht. Der entscheidende Funke für mich war das Erkennen der Notwendigkeit der Zusammenarbeit von Arzt, Lymphtherapeut und Sanitätshaus, um in einem konzertierten Bemühen den Patienten mit seiner Mithilfe zu unglaublichen, bislang undenkbaren Therapieerfolgen gelangen zu können. Wer das als Arzt, Therapeut und Kompressionsstrumpfversorger erlebt hat, ist vom „Lymphvirus“ befallen und wird dies nie wieder vergessen können und wollen. UUU Als Arzt ist man auch wirtschaftlich gesehen in einer verantwortlichen Position Für uns Ärzte gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich curriculär strukturiert zum „Lymphologen“ fortzubilden. Schafft man es dann in einem Lymphnetz zu arbeiten, so ist ein optimierter Therapieerfolg für seine Lymphpatienten möglich. Wie schön könnte diese Erfolgsgeschichte weitergeschrieben werden, würden jetzt nicht völlig ungeahnte Probleme auf uns niedergelassene ambulant versorgende Ärzte einprasseln. Diese Probleme können einen Arzt die wirtschaftliche Existenz kosten, sind keineswegs irrelevant und es bedarf einer klugen und weitsichtigen Praxisführung, diese zu lösen. Nun, was können das für Probleme sein, wo doch die Patienten so gut versorgt sind? Letztlich handelt sich um ein vielschichtiges wirtschaftliches Problem, welches mir erst im Verlauf richtig bewusst geworden ist. Jeder Arzt unabhängig von seiner Fachrichtung hat seine zu versorgenden Patienten und eine volle Praxis. Er hat darauf sein Personal abgestimmt und generiert entsprechende Einnahmen durch seine ärztliche Behandlung. Aus diesen Einnahmen sorgt er für die Miete, Heizung, Strom, Möbel und Geräte der Praxis, plant Renovierungen und Neuanschaffungen. Er sucht, fördert, plant und bezahlt seine Angestellten mit Nebenkosten, Urlaub und Krankheit. Er bildet sich auf Kongressen fachlich weiter, muss sich über die laufend ändernden Gesetze und Vorschriften informieren und diese umsetzen, Praxisbegehungen durch Gewerbeaufsichtsämter und Hygieneüberwachungsstellen über sich ergehen lassen. Jährliche Wartungen der Geräte und elektrische Überprüfung jeder Steckdose und Kaffeemaschine sind zu organisieren und dokumentieren. Regelmäßige Teamsitzungen und Anpassungen des Qualitätsmanagements brauchen Zeit, Energie und Investition in sein Personal. Je höher seine Investitionen, umso höher ist sein Risiko. Als Chirurg mit eigenem Operationssaal, Sterilisationsanlage und Instrumentenaufbereitung kann ich nur mit einer entsprechenden Operationsfrequenz existieren. Als Gewinn bleibt nur das, was nach Abzug aller Kosten und Rücklagenbildung zur Verfügung steht. So lässt sich für jede Praxis ein notwendiger Mindestumsatz pro Stunde in der Praxis berechnen. Dieser ist in einer hoch ausgestatteten Praxis entsprechen höher, da in der Regel auch mehr Personal erforderlich ist und dieses aus dem vom Arzt zu erwirtschaftenden Umsatz zu bezahlen ist. UUU Patientenflut durch Spezialisierung Was hat es nun mit der erfolgreich versorgten Lymphpatientin im neu gegründeten Lymphnetz auf sich? Ich erinnere mich noch an die Informationsveranstaltung unseres Lymphnetzes in Kiel 2009. Es kamen etwa 100 interessierte Bürger, so dass es sofort zu einem ansteigenden Anteil von Lymphpatienten in meiner Venensprechstunde kam. Jeder Lymphpatient hat ein erhöhtes Aufklärungsbedürfnis und einen intensiven Bedarf zur Aufklärung über die notwendige komplexe Behandlung. Diese zu organisieren ist ebenfalls mit mehr Zeit verbunden. Im Verlauf werden teure Flachstrickstrümpfe verordnet, deren Notwendigkeit häufig von der Krankenkasse in Zweifel gezogen wird und dann im bürokratischen Schriftverkehr gegenüber dem medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) begründet werden muss. Es folgen auszufüllende Reha-Anträge, Rentenanträge, Behindertenanträge mit notwendigen Stellungnahmen. Das Praxispersonal ist deutlich mehr eingespannt mit Rezeptversorgungen und Terminorganisationen. Die Praxis ist in der Folge telefonisch schlechter erreichbar, 21 trotz zweier Leitungen, die durchschnittliche Telefondauer pro Patient und Quartal steigt. Hinzu kommt das Risiko eines Heilmittelregresses von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung, da man sofort mit der Behandlung von Lymphpatienten sein durchschnittliches Budget seiner Fachgruppe für Heilmittel mit der Verordnung manueller Therapie überschreitet. Dieser Regress, das heißt die Rückzahlung angeblich zu Unrecht verordneter Lymphtherapie ist aus dem Privatvermögen des Arztes zu bezahlen. Dass eine Regressforderung möglicherweise einsetzt, belastet den Arzt psychisch. Durch eine auch mehr Zeit kostende Dokumentation wird versucht, diesem Damoklesschwert zu entgehen. Dieser Aufwand wird für uns Chirurgen in Schleswig Holstein mit etwa 24 Euro pro Quartal vergütet. Da es sich in der Regel um nicht zu operierende Patienten handelt, kann sich das für die Praxis sehr ungünstig auswirken, da der notwenige Mindestumsatz nicht erreicht wird. Hinzu kommt, dass der Versuch, stabil behandelte Patienten in die Versorgung der Hausärzte zurückzugeben, häufig scheitert, da die Weiterverordnung von notwendiger Heil- und Hilfsmittelversorgung abgelehnt wird. UUU Herausforderung lymphologische Praxis Meine Praxis droht in eine Schieflage zu geraten, nur weil ich mich um lymphkranke Patienten kümmere. Damit adäquat umzugehen und einen gangbaren Weg zu finden, ist anspruchsvoll und wird von jeder Praxis, jedem Arzt anders angegangen. Sicher ist auf Dauer die Übernahme der Versorgung durch den zuständigen Hausarzt erforderlich. Sonst können auch keine neuen Lymphpatienten aufgenommen werden oder nur sehr restriktiv. Dies führt letztlich zu Wartelisten in der Versorgung. Grund ist der Flaschenhals lymphologische Arztpraxis. Dies wird sich wohl erst ändern, wenn hier im hausärztlichen Bereich entsprechend Verantwortung übernommen wird. >WU/ZQٺb]Z*MPIVLT]VO Kerstin Waldvogel-Röcker UUU Die gesetzlichen Voraussetzungen In der physiotherapeutischen Ausbildung, aber auch in der Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister ist die Manuelle Lymphdrainage laut der gesichteten Ausbildungscurricula nicht Lehrinhalt. Erfahrungsberichten von Kollegen zu Folge, wird die manuelle Lymphdrainage im Zuge des Unterrichts in der Massagetherapie trotzdem unterrichtet. Da dies aber nicht examensrelevant ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Masseur oder jeder Physiotherapeut in dieser Technik unterwiesen ist. Das in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien und dem Heilmittelkatalog 2004 aufgelistete verordnungsfähige Leistungsspektrum der physikalischen Therapie umfasst auch Maßnahmen, zu deren Abrechnung die Berufsausbildung des Masseurs oder des Physiotherapeuten nicht ausreichend qualifiziert. Diese Maßnahmen sind Manuelle Lymphdrainage, Manuelle Therapie, Krankengymnastik zur Behandlung von zentralen Bewegungsstörungen nach Bobath oder Vojta, PNF (Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation) und gerätegestützte Krankengymnastik. Diese Leistungen können nur dann bei den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden, 22 WISSEN WISSEN LYMPHOLIFE 21 LYMPHOLIFE 21 wenn die entsprechende Weiterbildung und die zugehörige Prüfung erfolgreich absolviert wurde. Das bedeutet, der Therapeut benötigt eine qualifizierte Weiterbildung. UUU Die Manuelle Lymphdrainage als Weiterbildung Wichtig ist hierbei zwischen Fort- und Weiterbildung zu unterscheiden. Eine Fortbildung zielt, laut §1 des Berufsbildungsgesetzes, auf jene Qualifikationen ab, die bereits in einem Ausbildungsberuf erworben wurden. Sie sollen erhalten, erweitert, der technischen Entwicklung angepasst oder aufgebaut werden. Die Manuelle Lymphdrainage (MLD) unterscheidet sich laut den Spitzenverbänden der Krankenkassen in der Grifftechnik und der Systematik so erheblich von anderen Massagetechniken, dass die Durchführung der MLD in einer speziellen Weiterbildung erlernt werden muss. Die Weiterbildung ist in ein Kurssystem gegliedert. Die Vermittlung des Lehrinhalts erfolgt im Rahmen eines theoretischen und praxisbegleitenden Unterrichts durch speziell ausgebildete Fachlehrer sowie durch einen ärztlichen theoretischen Unterricht. Eingangsvoraussetzung für die Teilnehmer ist die abgeschlossene Berufsausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister und/ oder Physiotherapeuten. Die Mindestdauer der Weiterbildung beträgt 170 Unterrichtseinheiten. Eine Unterrichtseinheit beträgt 45 Minuten. Die Prüfung ist in den 170 Unterrichtseinheiten nicht berücksichtigt. Die Unterrichtseinheiten können entweder innerhalb eines vierwöchigen Kurses oder gesplittet in zweimal 2 Wochen (Basisund Therapiekurs) absolviert werden. -QVTaUXPWTWOQ[KPMZ.IKP JMZI\MZ\ZqO\MQVMMVWZUM >MZIV\_WZ\]VO Varta Kurs Sanitätshäuser sind oft sehr unterschiedlich in Bezug auf ihre Kernkompetenzen. Ein Sanitätshaus mit Kompetenz in der lymphologischen Kompressionsversorgung arbeitet in einem Lymphnetz mit anderen beteiligten Berufsgruppen zusammen. Die ambulante Lymphologie lebt von der Zusammenarbeit. Arzt, Therapeut, Wundschwester, Pflegedienst, Sanitätshaus und Patient müssen koordiniert die einzelnen Therapieschritte aufeinander abstimmen. Eine Lymphologische Fachberaterin im Sanitätshaus muss über medizinisches Fachwissen verfügen. Hierzu ist eine fundierte qualitativ hochwertige Ausbildung in der Lymphologie erforderlich. Leider gibt es bis heute keinen einheitlichen Ausbildungsstandard. So muss die lymphologische Fachkraft ihren eigenen Weg in der Ausbildung finden. UUU Weitergebildet und dann? UUU Wie wird man lymphologischer Fachberater? Allerdings ist nun erst ein Grundstein im Wissen der manuellen Lymphdrainage gelegt und es beginnt in der Praxis erst das wirkliche Lernen. Zum Experten in der manuellen Lymphdrainage ist es dann noch ein weiter Weg. Und nun kommen auch die alltäglichen Probleme eines Lymphtherapeuten. Für die Manuelle Lymphdrainage gibt es je nach Bundesland, Vertragspartner und verordnete Zeit zwischen ca. 16,00 EUR (für 30 Minuten) und ca. 32,00 EUR (für 60 Minuten). Neben der Behandlung sind in dieser Zeit noch aufwendige Dokumentationen des Befunds und des Behandlungsverlaufs, sowie Aufklärung zu leisten - diese Posten werden nicht extra vergütet. Die Bandagierung wird auch wieder je nach Bundesland mit ca. 6 EUR pro Körperteil vergütet, unabhängig davon, wie aufwendig die Bandagierung ist. Das alles ist für eine hochwertige Behandlung kein hoher Stundenlohn. Weitere Problematiken ergeben sich bei der Materialbeschaffung für die Kompressionsbandagierung, da nicht alle benötigten Materialien Kassenleistungen sind und somit entweder durch den Therapeuten oder durch den Patienten selbst getragen werden müssen. Auch stoßen bei der Verordnung für das benötigte Bandagematerial auch die Ärzte an ihren Grenzen, genauso wie bei der Verordnung für die benötigte Manuelle Lymphdrainage. Dies führt dazu, dass zwischen den beteiligten Behandlungspartner im Netzwerk ein reger Austausch notwendig ist, um die Behandlung wirtschaftlich gestalten zu können. In der Regel werden zuerst diverse Herstellerkurse besucht, um die Grundlagen in der Kompressionstherapie sowie die Anatomie zu erlernen. Danach folgen weiterführende Kurse mit lymphatischen Versorgungen von Kopf bis Fuß sowie Zertifizierungslehrgänge. Diese Lehrgänge schließen mit einer mündlichen und schriftlichen Prüfung ab und müssen regelmäßig rezertifiziert werden. Der Ausbildungsverlauf kann insgesamt ca. 2 bis 3 Jahre in Anspruch nehmen. Gleichzeitig lernt die Auszubildende auch von erfahrenen Kolleginnen durch „Training on the Job“. Um von den Krankenkassen als lymphologische Fachberaterin anerkannt zu werden und an bestimmten Krankenkassenverträgen teilnehmen zu können, wird ein Zertifizierungslehrgang vorausgesetzt. Zudem wird von einigen Kostenträgern erwartet, dass nur Sanitätshäuser mit mindesten 50 Versorgungen im Jahr an Verträgen teilnehmen können. UUU Herausforderungen im Berufsalltag Eine lymphatische Versorgung passgenau auszumessen ist bereits eine echte Herausforderung. Die Maßtechnik setzt voraus, dass die ausmessende Fachberaterin nicht nur gut ausgebildet ist, sondern auch über ausreichende Erfahrung in der Kompressionsversorgung verfügt. Aber das eigentliche Maßnehmen ist nicht die einzige schwierige Aufgabe im alltäglichen Geschäft. Aber das eigentliche Maßnehmen ist nicht die einzige Schwierigkeit. Um ein Sanitätshaus wirtschaftlich zu führen und dennoch die bestmögliche Versorgung für die Patienten zu erreichen, stellt uns tagtäglich neu auf die Probe. Dabei muss klar sein, dass die Leistungen rund um den Strumpf keine eigene Abrechnungsnummer haben und somit nicht extra budgetiert werden. Berechnet wird pro Versorgung jeweils der Einkaufspreis des Strumpfes plus 100 % Aufschlag + MwSt. bei Erstversorgungen, bei Folgeverordnungen sind es stellenweise nur noch 75-80%. Das ist ausreichend, wenn alles reibungslos funktioniert. In einigen Bundesländern gibt es noch niedriger angesetzte Festbeträge für Flachstrickversorgungen. Zudem werden nicht alle Zurüstungen in den Verträgen berücksichtigt. Diese Differenz müssen wir an unsere Patienten weitergeben. Die dadurch entstehenden Mehrkosten für die Versicherten sind für eine optimale Strumpfversorgung unumgänglich. In den meisten Fällen ist aber ein wenig mehr Einsatz von unserer Seite her notwendig. Befindet sich der Patient bereits in der Entstauungsphase, kann die Herauszögerung der Kostenzusage zu Problemen führen. Um die Kompressionstherapie weiter zu führen, müssen die Strümpfe vorhanden sein, sobald die Entstauungsphase abgeschlossen ist. Also muss das Sanitätshaus entweder in Vorleistung gehen, was ein finanzielles Risiko darstellt, oder die Entstauungsphase kann erst eingeleitet werden, wenn eine Kostenzusage für die Kompressionsversorgung vorliegt. Eingehende Beratung: Es ist zwingend erforderlich, ausführliche Beratungsgespräche sowie eine intensive Betreuung zu leisten. Es kommt nicht selten vor, dass Patienten den Kompressionsstrumpf grundsätzlich ablehnen. Nur durch eine stetige und einfühlsame Aufklärung kann das Verständnis für die Notwendigkeit des täglichen Tragens der Strümpfe geschaffen werden. Trägt der Patient den Kompressionsstrumpf nicht, kann der Entstauungszustand nach der KPE nicht gehalten werden und das Ödem verschlechtert sich. Zeitaufwändige Dokumentationspflicht: Die Kostenträger erwarten zunehmend mehr Dokumentation für das Genehmigungsverfahren bei maßangefertigten Kompressionsversorgungen. Häufig wird die Notwendigkeit der Versorgung von Sachbearbeitern der Krankenkasse angezweifelt. Nicht selten werden Maße und Fotodokumentation, sowie ausführliche Arztberichte verlangt, oder der Fall geht zur Begutachtung an den MDK. Fehlerhafte Verordnungen: Sehr zeitaufwändig sind auch falsch ausgefüllte Verordnungen durch lymphologisch nicht zureichend versierte Ärzte. Hierbei ist noch zu unterscheiden, ob der behandelnde Arzt offen für Anregungen und Hinweise des Fachhändlers ist oder ob eine gewisse Beratungsresistenz vorliegt. In diesem Fall können die zahllosen Telefonate auch ins Nichts führen. Gerne verweisen wir die Patienten dann an lymphologische Fachärzte. Begleitung auch nach Erhalt der Kompressionsversorgung: Bei der Anprobe erfolgt die Einweisung in die An- und Ausziehtechnik, sowie die erste Passformbeurteilung. Die Passform und die Qualität der Bestrumpfung werden anhand eines Anprobeprotokolls festgehalten. Die richtige Pflege, der Umgang mit den Strümpfen, ausgeführte Tätigkeiten, eine Gewichtsveränderung usw. haben Einfluss auf mögliche Passformmängel. Häufig liegt der Grund eines Passform-Problems an Fehlern beim Anziehen. Nur ein Strumpf, der von Anfang an richtig angezogen wird, verleiht ein angenehmes Tragegefühl und garantiert optimale therapeutische Wirksamkeit. Bei zumeist älteren oder bewegungseingeschränkten Patienten kann das Anziehtraining mehr als nur einmal erforderlich sein. Das selbstständige und korrekte An- und Ausziehen der Kompressionsversorgung wird teilweise über Tage bis Wochen mit den Patienten eingeübt. Eine endgültige Beurteilung der Passform ist erst nach ca. einer Woche Tragen und Waschen möglich. Die Kompression muss 23 sich „setzen“ und der Patient braucht Zeit, um sich an die neue Versorgung zu gewöhnen. Gerade bei Erstversorgungen können Probleme auftreten, die oft erst im Alltag und nach mehrmaligem Tragen zum Vorschein kommen. Patienten haben 8 Wochen Garantie auf Maße und Passform. Innerhalb dieser Zeit wird die Bestrumpfung, wenn erforderlich kostenlos geändert oder eventuell komplett neu gestrickt. Ein professionelles Sanitätshaus wird auch danach weiterhin begleiten und bei Fragen oder Unsicherheiten Hilfestellung leisten. UUU Fazit Wer als Fachhändler seine Patienten rundum gut versorgt wissen will, darf nicht auf die Uhr schauen. Die Leistungen wie die eingehende Beratung, der Kampf mit den Kostenträgern um die optimale Versorgung, die ein oder andere Auseinandersetzung mit kurzsichtigen Verordnern und die Begleitung der Patienten auch Lange nach dem Erhalt der Kompressionsversorgung werden nicht extra budgetiert. Ein gutes Sanitätshaus erkennt man aber immer daran, dass sich trotzdem die nötige Zeit genommen wird. Dr. med. Bertram Wittrin Facharzt für Chirurgie Phlebologie | Proktologie | Lymphologie Holtenauer Str. 73 24105 Kiel Mitglied im Lymphologicum Kerstin Waldvogel-Röcker, M.Sc. PT Physiotherapeutin, Manual Therapeutin Therapiezentren Waldheim und Waldhausen Liebrechtstr. 60 30519 Hannover Mitglied des erweiterten Vorstands im Lymphologicum Varta Kurs Seit 18 Jahren lymphologische Fachberaterin Sanitätshaus elomed Lymph-Profis Ettlingen Entengasse 7 76275 Ettlingen Vorstandsmitglied im Lymphologicum