Die Wahrung der Minderheiten- rechte - ein - Al

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Gerechtigkeit manifestiert sich im Umgang mit Minderheiten
Gerechtigkeit
Die Wahrung der Minderheitenrechte - ein universelles Gebot
A. Amid Zanjani*
Jeder Absolutheitsanspruch und das
Äußern unbedingter Aussagen im
Hinblick auf friedliche oder feindselige Beziehungen zwischen Religionen, die in der Geschichte von
Jahrhunderten verwurzelt sind, ist
weder möglich noch gerecht. Gleichermaßen würde das Vertrauen
auf einige wenige Hinweise oder
Aussagen über die Verletzungen der
Rechte (religiöser) Minderheiten
mit dem Ziel, eine historische
Denkweise einzuflößen, auf alle
Minderheiten in der Geschichte
zutreffen.
Teile der heutigen religiösen Minderheitenprobleme resultieren aus
der Geschichte und einer negativen
Denkweise, und während eine Art
von Absolutheitsanspruch in mancherlei Hinsicht positiv erscheinen
mag, ist er in diesem Kontext nicht
gerecht, weil antagonistische Beziehungen ihre eigenen akzeptablen
Vernunftgründe und ihre eigene
Logik haben.
Wenn wir uns mit den Rechten von
Minderheiten befassen, müssen wir
versuchen, einen klaren Weg für die
Zukunft aufzuzeigen und festzulegen. Wir müssen folglich an die
positiven Punkte denken und die
Geschichte als Beweise und Meilensteine bei unseren Bemühungen
zu Hilfe nehmen, so dass wir zu
einer wünschenswerten Zukunft
gelangen können.
Diese Sichtweise sollte nicht als
eine Art Verzerrung der Geschichte
angesehen werden, weil wir darin
nicht die frühere Feindseligkeit
betonen, sondern stattdessen den
Handlungen und Gründen dieser
Feindschaft Aufmerksamkeit schenken, so dass bittere Erfahrungen
früherer Zeiten sich nicht wiederholen. Deshalb ist unser direkter Blick
auf die Geschichte auch ein
Weg, die Ursachen für feindselige
Beziehungen zukünftig zu vermeiden.
Obwohl die Geschichte der Beziehungen zwischen dem Islam und
dem Christentum Feindschaft und
feindselige Aktionen auf beiden
Seiten erlebt hat, haben diese Bindungen auch positive Interaktionen
und einen wissenschaftlichen und
kulturellen Austausch umfasst. Die
Einflüsse der islamischen Kultur
auf die westliche Kultur und Zivilisation in verschiedenen Aspekten
von Wissenschaften, Künsten, Politik und sozialen Angelegenheiten in
Erinnerung zu rufen, ist gleichbedeutend damit, der konstruktiven
Aspekte der Beziehung zwischen
Islam und Christentum zu gedenken.
Wenngleich die wissenschaftliche
und kulturelle Blütezeit der Muslime derzeit eine historische Tatsache
ist, ist aber die Ehre ihrer Teilhabe
an der Ausformung einer solchen
Zivilisation für immer mit muslimischen Namen verbunden. Es gab
eine Zeit, in der Muslime nicht nur
die Träger von Kultur und Zivilisation waren, sondern auch die Fahne
der Koexistenz zwischen den Völkern hoch hielten. Wenn wir heute
über freundschaftliche Beziehungen
zwischen Islam und Christentum
nachdenken, müssen wir im Gedächtnis bewahren, dass diese keine
rein historischen Tatsachen sind,
sondern dass ein solcher positiver
Ausblick wieder in Reichweite ist.
Es ist dieser weite Horizont, der den
freundschaftlichen Austausch an
zentraler Stelle prägen sollte. Dabei
muss man auch bedenken, dass der
Umgang mit Minderheiten in vielen
Ländern ein nach wie vor ungelöstes Problem ist.
Die universelle Minderheitenproblematik
Wir müssen die Frage der Minderheitenrechte als ein universelles
Problem angehen, - als ein Problem,
das die Vergangenheit, die Gegen-
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wart und die Zukunft betrifft. Eine
Untersuchung der Rechte von Minderheiten in historischen und gegenwärtigen Rechtssystemen in der
Welt macht deutlich, dass dieses
Thema immer ein Problem war,
weil Rechtsexperten und Juristen es
stets als eine relative Angelegenheit
angesehen haben. Heute erwarten
Muslime in nichtislamischen Ländern ebenso wie Christen und Juden
in islamischen Ländern, dass ihre
wahren und legitimen Rechte gewahrt werden. Millionen von Muslimen leben in verschiedenen Ländern mit vorwiegend christlicher
Bevölkerung, während es auch in
vielen islamischen Ländern u. a.
jüdische und christliche Minderheiten gibt. Gerechtigkeit und Fairness
bedingen eine gleiche Behandlung
beider Probleme. Leider sehen wir
jedoch, dass primär die Rechte der
Minderheiten in muslimischen Ländern im Fokus stehen, während
doch im Zusammenhang mit den
Rechten von religiösen Minderheiten alle Religionen die erwarteten
freundschaftlichen und friedlichen
Beziehungen genießen sollten. Ungeachtet der historischen Hintergründe ist im dritten Jahrtausend
eine gegenseitige Anstrengung
vonnöten, die die beiden Kulturen
einander näher bringt anstatt einen
Zusammenprall der Kulturen zu
verursachen. Wir alle sollten bedenken, dass Frieden, Wohlergehen
und vor allem Gerechtigkeit in den
internationalen Beziehungen verbunden mit gegenseitigen Nutzen
im ökonomischen und technologischen Austausch in unserer Ära
allesamt nach Zusammenarbeit
rufen, und diese Ideale sind nicht
möglich ohne gegenseitigen Respekt. Wie jede große Weltzivilisation werden im Islam andere nationale Zivilisationen geschätzt und ihr
Gedeihen ermöglicht, solange sie
nicht seine Entwicklung behindern;
vor allem aber werden sie mit dem
angemessenen Respekt behandelt,
insbesondere wenn es sich um göttliche Religionen handelt.
Um also einen logischen Diskurs
zwischen Islam und Christentum
einzurichten, bedarf es eines grund-
legenden Entwurfs und Planens, der
eine Agenda für umfassende Gespräche und Seminare mit einem
besonderen Fokus auf Minderheiten
einschließen muss.
Im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechte von Minderheiten logische Methoden anzuwenden, kann
dazu beitragen, einige der aus negativen historischen Denkweisen hervorgegangenen komplexen Probleme auf eine positive und wünschenswerte Weise zu lösen. Dies
ist möglich, indem man jedes islamische Land z. B. mit christlichen
Minderheiten und umgekehrt jedes
westliche Land, in dem Muslime
leben, überprüft.
In einem umfassenden interreligiösen Diskurs können Wege und Mittel begründet werden für eine großartige menschliche Zivilisation, die
auf den Lehren aller großen Propheten Gottes basiert, und damit in
einem scheinbar unlösbaren Morast
einen riesigen Schrift vorwärts tun.
Es sei nur daran erinnert, dass es
bereits in der Frühzeit des Islam
islamische Regierungen gab, unter
Die armenische Kathedrale in Jolfa, Isfahan; aus: Eugène Flandin, Voyage en Perse, 1843-1854.
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denen verschiedene religiöse Minderheiten mit Muslimen zusammenlebten. Sie zogen es vor, Seite an
Seite mit den Muslimen zu leben,
und nicht etwa aus deren Territorien
auszuwandern oder den Islam anzunehmen.
Aber angesichts der extrem großen
Zunahme des Islam in verschiedenen Ländern und Nationen und der
daraus resultierenden Vergrößerung
der islamischen Welt insgesamt,
sind die religiösen Minderheiten
innerhalb der muslimischen Gemeinschaften ungeachtet der ihnen
zugestandenen Freiheiten, quantitativ nicht angewachsen. Mit der Zeit
konvertierten einige zum Islam,
während andere einfach das Interesse an ihren religiösen Aktivitäten
verloren. In der Geschichte des
Islam begegnen wir selten Fällen, in
denen religiöse Minderheiten rebellierten oder regelrechte Kriege führten, um ihre Rechte zu erlangen.
Wenngleich es nur sehr wenige
derartige Fälle gibt, so waren sie in
der Regel doch mit politischen und
sozialen Fragen verknüpft, die mit
dem Islam an sich nichts zu tun
hatten. Ungeachtet des rapiden
Wachstums des Islam und dieser
fortgesetzten friedlichen Koexistenz
der religiösen Minderheiten in der
Welt des Islam entstanden viele
Fragen und zuweilen auch Verwunderung. So wurde beispielsweise
versucht, die historischen Tatsachen
in ein falsches Bild zu rücken, indem z. B. behauptet wurde, die
Muslime hätten andere zur Konversion gezwungen oder sie hätten
dabei Gewalt angewendet. Das hat
muslimische Gelehrte wiederum
zum Nachdenken veranlasst, und sie
haben zwei Punkte gegen diese
höchst unfairen Anschuldigungen
gegen den Islam dargelegt. Erstens
haben sie alle Rechte und Freiheiten, die der Islam religiösen Minderheiten aus theoretischer, praktischer und rechtlicher Sicht bietet,
im Detail dargelegt; und zweitens
haben sie andere ermutigt, die politische, soziale und wirtschaftliche
Geschichte der Muslime im Hinblick auf die religiösen Minderheiten zu studieren - auch die histori-
schen Zeitabschnitte, in denen die
Muslime die islamische Rechtsprechung nicht sorgfältig befolgten und sie haben damit einen hinreichenden dokumentarischen Beweis
zur Verteidigung des Islam gegeben.
Der Islam und die Rechte von Minderheiten
Der Islam respektiert nicht nur die
Überzeugungen und religiösen Lehren der göttlichen Religionen, sondern sieht für deren Anhänger das
Recht vor, auch die Glaubensüberzeugungen und religiösen Grundsätze der Muslime zu diskutieren,
und zwar in einer freien Weise und
ohne jeden Dogmatismus und Fanatismus.
Der edle Prophet des Islam (s.a.s.)
hat sehr früh eine starke Tradition
des Respekts für die Vertreter und
Gelehrten der nichtmuslimischen
Minderheiten in Medina etabliert.
Die Vertreter und Gelehrten anderer
Religionen besuchten ihn, und er
ermutigte sie stets, ihre religiösen
Überzeugungen darzulegen und alle
religiösen Fragen offen zu diskutieren; er war somit in der Lage, seinerseits die Wahrhaftigkeit der
göttlichen Religion des Islam zu
beweisen.
Ein weiteres klares Beispiel für
dieses Verhalten und diese Tradition ist Imam þAlÍ (a.s.), der sich mit
jedem befasste, der zu ihm kam, um
religiöse Fragen zu diskutieren, und
fasziniert von seiner überlegenen
logischen, spirituellen und wissenschaftlichen Haltung, verließen sie
ihn in der Regel. Diese Tradition
dauerte unvermindert fort zu Lebzeiten der nach ihm folgenden religiösen
Führungspersönlichkeiten
und Gelehrten. Die Autoritäten und
Gelehrten der anderen Religionen
führten tiefgründige Diskussionen
mit den unfehlbaren Imamen (a.s.)
von der Familie des Propheten
(s.a.s.), und zuweilen wurden diese
Sitzungen absichtlich in der Gegenwart der Kalifen und Gelehrten
der verschiedenen Religionen und
der unterschiedlichen islamischen
Denkschulen und Konfessionen
geführt. Die lange und geschätzte
Tradition der islamischen Autoritäten, die sich im Diskurs und in tiefgründigen Diskussionen mit großen
christlichen und jüdischen Gelehrten engagierten, ist ein strahlender
Teil der Geschichte des Islam.1
Der Heilige Qur’an weist die Muslime ebenfalls sehr direkt an: „Rufe
auf zum Weg deines Herrn mit
Weisheit und schöner Ermahnung,
und streite mit ihnen auf die beste
Art…“ (Sure an-Nahl, Vers 125).
„Und streitet nicht mit dem Volk
der Schrift; es sei denn auf die beste
Art und Weise…“ (Sure alþAnkabÚt, Vers 46).
Was die rechtliche Seite anbelangt,
so gibt es in der islamischen Rechtsprechung den Begriff „ªimma“
(Schutzvertrag)2, welches die einzige anerkannte gesetzliche Verbindung zwischen der islamischen
Gesellschaft und den in ihr lebenden religiösen Minderheiten ist.
Alle Beziehungen zwischen Minderheiten basieren auf diesem
Rechtsbegriff. Gemäß diesem gegenseitig bindenden Vertag und
dieser Verpflichtung sind alle
Pflichten und Verantwortlichkeiten
der muslimischen Mehrheit im Hinblick auf die religiösen Minderheiten dargelegt, denen gemäß die
islamische Herrschaft mit all ihrer
Macht und ihren souveränen Rechten das Leben, den Besitz und die
völlige Freiheit dieser Minderheiten
schützt und verteidigt; und umgekehrt verpflichten sich die religiösen Minderheiten, die islamischen
Gesetze zu respektieren und ihren
Anteil am Schutz der inneren Sicherheit und der nationalen Verteidigung zu leisten.
Die Zahlung, die als ¹izya
(Kopfsteuer) bezeichnet wird, die
die Angehörigen der religiösen
Minderheiten entrichten, ist in der
Höhe nicht festgelegt und ist zeitlichen Veränderungen unterworfen.
Sie kann auf ein Minimum reduziert
werden.
Der ©imma-Vertrag muss jedoch
nicht als das einzige Mittel angesehen werden, mit dem die Beziehungen zwischen der islamischen Ge-
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sellschaft und ihren Minderheiten
geregelt wird. Die Worte und Überlieferungen vom edlen Propheten
zeigen uns auch eine andere Lösung
auf, bekannt als der Vertrag von
die religiösen Entwicklungen im
christlichen Glauben in Europa
hatten einen schwächeren Einfluss
auf die Christen, die in den islamischen Ländern leben. Folglich wer-
Mohammad, Gesandter Gottes; Jesus, Geist Gottes;
Moses, Ruf Gottes; Noah, Freund Gottes; Adam, Wahl Gottes.
„Wir machen keinen Unterschied zwischen Seinen Gesandten.“
(Sure 2, Vers 285)
Medina, der auf der nationalen Einheit und der Schaffung einer vereinten Gemeinschaft durch gegenseitiges Verständnis und Übereinkunft
basiert.
Religiöse Minderheiten in den islamischen Ländern
Heute lebt eine Vielzahl von religiösen Minderheiten in islamischen
Ländern. Christen machen etwa ein
Prozent der Gesamtbevölkerung in
Ländern wie Algerien, Tunesien,
Marokko, Iran usw. aus. In Ländern
wie der Türkei oder Pakistan haben
sie einen Anteil von weniger als
10% an der Gesamtbevölkerung,
und in einigen anderen Ländern wie
z. B. dem Libanon, Syrien oder
Jordanien ist ihre Zahl höher. Aber
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den sie nicht wie in Europa vornehmlich konfessionell in Katholiken und Protestanten unterschieden,
sondern ihre Klassifizierung geschieht vornehmlich auf der Grundlage von ethnischen und nationalen
Unterschieden.
Mit den politischen Entwicklungen
während der Unabhängigkeitsbewegungen in den islamischen, arabischen und nichtarabischen Ländern und dem Entstehen von unabhängigen Nationalstatten in den
islamischen Gebieten, hat der rechtliche Begriff des Schutzvertrages
(ªimma) im Hinblick auf die religiösen Minderheiten nahezu vollständig seine Bedeutung verloren und
die unabhängigen muslimischen
Völker haben neue Verfassungen
gebilligt, denen zufolge Zivilgesellschaften an die Stelle der religiösen
Gesellschaften getreten sind, in
denen die Muslime und Christen als
gleiche Bürger gleiche Rechte genießen. Das bedeutet, diese Länder
haben die nationale Einheit dem
Schutzvertrag vorgezogen.
Im Iran z. B. leben gegenwärtig ca.
150.000 Armenier, die nicht nur
zwei Abgeordnete ins Parlament
entsenden, sondern auch ca. 200
Kirchen, davon allein 50 in Teheran
haben. Sie haben ihre eigenen Schulen, Krankenhäuser, Friedhöfe,
Medien, Sport- und Kulturvereine.
Ähnlich verhält es sich mit den
Assyrern, die allerdings aufgrund
ihrer geringeren Anzahl nur einen
Abgeordneten ins Parlament entsenden.
Zoroastrier, Juden und Christen
sind iranische Bürger, und das
Recht gilt für sie wie auch für die
Muslime. Es steht ihnen jedoch frei,
ihre eigenen religiösen Zeremonien
gemäß ihrer Kultur und ihren Bräuchen durchzuführen. So hat z. B.
allein die anglikanische Kirche des
Iran, die knapp 100 Anhänger hat,
drei Kirchen in Isfahan, Teheran
und Schiraz. Die Rechte dieser
Minderheiten müssen vom Staat
und von der Gesellschaft gewahrt
und geschützt werden, und umgekehrt dürfen die Minderheiten
selbstverständlich die Prinzipien der
Unabhängigkeit, Freiheit und der
nationalen Einheit nicht verletzen.
* Ayatollah Abbasali Amid Zanjani
ist Präsident der Universität Teheran und lehrt Privatrecht und islamisches Recht.
Anmerkungen:
1
Tabarsi hat in seinem Buch IhtiºÁº eine Reihe von Fällen erwähnt, in denen der heilige Prophet
des Islam und die unfehlbaren
Imame mit den Gegnern des Islam
und den Leuten der Schrift diskutierten.
2
Sämtliche Aspekte dieses Vertrages und die Rechte der Minderheiten aus der Sicht des islamischen
Rechts wurden in dem Buch „Die
Rechte der Minderheiten im Islam“
dieses Autors, Islamisches Zentrum
Hamburg, Hamburg 1999, erörtert.
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