III. Der Unterlassungsanspruch und seine Durchsetzung 1. Zuständigkeit Überblick • • • Zuständigkeiten: - sachlich: ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für Ansprüche aus UWG (§ 13 I), Markenrecht (§ 140 I MarkenG) und Patentrecht (§ 143 I PatG), im Urheberrecht gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 21, 71 f. GVG: Abhängigkeit vom Streitwert). - örtlich: § 14 UWG, im Immaterialgüterrecht gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 12 ff. ZPO). Konzentrationsermächtigung = Ermächtigung der Landesregierung, durch VO die Zuständigkeit bei einem oder mehreren LGen zu konzentrieren (§§ 13 II UWG; 105 UrhG; 143 II PatG; 140 II MarkenG; ). Sinn: Spezialmaterie läßt Streitentscheidung durch spezialisierte Gerichte sinnvoll erscheinen. Wurde im Immaterialgüterrecht weitgehend genutzt (für Bayern: LGe München I und Nürnberg-Fürth), im UWG bisher kaum. Besonderheit im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht: unlautere Werbung oder Gegenstände, die ein Immaterialgüterrecht verletzen, werden oft an vielen Orten verbreitet (Beispiele: unlautere Werbung in Presse, Rundfunk oder Internet, Verkauf rechtsverletzender Gegenstände in verschiedenen Filialen einer Handelskette). Gerichtsstand des Tatorts (§ 32 ZPO, § 14 II 1 UWG) eröffnet in diesem Fall eine Wahlmöglichkeit (Möglichkeit des forum shopping). Örtliche Zuständigkeit • • • • Grundsätzlich Wahlmöglichkeit des Klägers zwischen Gericht, in dessen Bezirk der Bekl. seine Niederlassung oder seinen Wohnsitz hat (§ 14 I UWG, § 12 ZPO) und Gerichtsstand des Begehungsortes (§ 14 II 1 UWG, § 32 ZPO) Begehungsort ist da, wo zumindest eine Teilhandlung der Verletzungshandlung begangen wurde, also auch dort, wo Werbung oder Verletzungsexemplare bestimmungsgemäß verbreitet werden. Einschränkung: Erforderlich ist aber eine wirtschaftliche Auswirkung oder Spürbarkeit (Auswirkungsprinzip). Es müssen also tatsächlich Kunden umworben werden, die auch die Möglichkeit des Kaufs der betreffenden Waren oder des Bezugs der betreffenden Dienstleistungen haben. Beispiel: Kein Gerichtsstand in Hamburg, wenn Bayreuther Frisör mit lokalem Kundenkreis im Internet irreführend wirbt oder ein markenverletzendes Shampoo ohne Versandmöglichkeit anbietet. Zur Frage, wann das Prinzip im Rahmen der Zulässigkeit und wann im Rahmen der Begründetheit zu prüfen ist, s.u. bei der internationalen Zuständigkeit. Medien im einzelnen: Lehrstuhl Zivilrecht VIII Prof. Dr. Ohly Wettbewerbsverfahrensrecht 2 • • - Presse: Gerichtsstand überall dort begründet, wo das Presseerzeugnis bestimmungsgemäß verbreitet wird („fliegender Gerichtsstand“). - Rundfunk, Fernsehen: sämtliche Orte, an denen das Programm bestimmungsgemäß zur Kenntnis genommen wird (übliches Sendegebiet, bei Möglichkeit des Online-Radios allerdings wohl auch gesamtes Bundesgebiet), daneben auch der Sendeort - Internet: grundsätzlich gesamtes Bundesgebiet, Einschränkung aber durch das Auswirkungsprinzip, s.o. - Angebot verletzender Erzeugnisse: überall dort, wo das Angebot tatsächlich erfolgt, bei Werbung auch überall dort, wo Werbung bestimmungsgemäß zur Kenntnis genommen wird. Sondervorschrift des § 14 II 2 UWG: Einschränkung des Wahlrechts bei Verbandsklagen (§ 8 III Nr 2 – 4 UWG – gilt nicht für den Fall des § 8 III Nr 1, also für Klagen von Mitbewerbern!). § 14 ist ein ausschließlicher Gerichtsstand, daher keine Zuständigkeit kraft rügeloser Verhandlung (§ 39 ZPO), anders im Immaterialgüterrecht Internationale Zuständigkeit • • • • • • Im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht wegen der ubiquitären Natur der Immaterialgüterrechte und des häufig grenzüberschreitenden Charakters der Werbung von besonderer Bedeutung. Regelung durch Europäische Gerichtsstands- und VollstreckungsVO (EuGVVO), im Verhältnis zu DK gilt das frühere EuGVÜ, im Verhältnis zur Schweiz das Abkommen von Lugano (LugÜ), beide sind weitgehend mit der EuGVVO inhaltsgleich. Wichtigste Gerichtsstände im Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht: Geschäfts- bzw. Wohnsitz des Beklagten (Art. 2 I) und Tatort (Art. 5 Nr. 3). Ausschließliche Zuständigkeit des Registerstaats für Klagen, „welche die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Marken, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben“ (Art. 22 Nr. 4 EuGVVO) gilt nur für Eintragungs- und Nichtigkeitsverfahren, nicht hingegen (sofern möglich) bei einredeweiser Geltendmachung der Nichtigkeit. Wenn EuGVVO nicht einschlägig, gelten die §§ 12 ZPO, die in diesem Fall nicht nur die örtliche, sondern auch die internationale Zuständigkeit regeln. Die internationale Zuständigkeit ist von Amts wegen zu prüfen. Problem bei Handlungen im Internet: Begründet die weltweite Abrufbarkeit die internationale (Tatort-) Zuständigkeit jedes beliebigen Gerichts weltweit? Beispiel: BGH, 13.10.2004 – Hotel Maritime, weiterführend Bettinger/Thum, GRUR Int. 1999, 659 ff.. Antwort: Erforderlich für die Rechtsverletzung ist eine wirtschaftliche Auswirkung, str. ist aber, ob sie bereits im Rahmen der Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen ist. - Dafür: Zuständigkeitsinteressen des Beklagten, dem nicht angesonnen werden kann, sich weltweit auf Prozesse einzulassen. Lehrstuhl Zivilrecht VIII Prof. Dr. Ohly Wettbewerbsverfahrensrecht 3 - Dagegen: Tatsachen, die sich in gleicher Weise auf Zuständigkeit und Begründetheit auswirken („doppelrelevante Tatsachen“) werden erst im Rahmen der Begründetheit geprüft, im Rahmen der Zuständigkeit genügt die schlüssige Behauptung. - Lösung: Wenn sich schon aus dem Klägervortrag Fehlen jeglicher Auswirkung ergibt, fehlt es an der internationalen Zuständigkeit. Wenn eine Beweiserhebung oder ausführlichere Erörterung erforderlich ist, genügt die Abrufbarkeit zur Begründung der Zuständigkeit, das Auswirkungsprinzip ist dann im Rahmen der Verletzung zu prüfen. Lehrstuhl Zivilrecht VIII Prof. Dr. Ohly Wettbewerbsverfahrensrecht