Kapitel IV: Diophantische Gleichungen

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Einführung in die Zahlentheorie
Jörn Steuding
Uni Wü, SoSe 2015
I Zahlen
II Modulare Arithmetik
III Quadratische Reste
IV Diophantische Gleichungen
V Quadratische Formen
Wir behandeln die ’wesentliche Zahlentheorie’ bis einschließlich
1801 (Erscheinungsjahr der ’Disquistiones Arithmeticae’ von Gauß).
Die Kapitel I, II und III sind relevant für das gymnasiale Lehramt.
IV. Diophantische Gleichungen
David Hilbert fragte in seinem zehnten Problem nach einem
Verfahren zur Entscheidbarkeit, ob eine über Z definierte
diophantische Gleichung lösbar ist, was Yuri Matjasevich 1970
negativ beantwortete. ”A number theorist cannot be replaced by a
computer.” sagte hierzu treffend Henri Darmon.
13. Summen von Quadraten
14. Pythagoräische Tripel und die Fermatsche Vermutung
15. Kongruenzzahlen und elliptische Kurven
16. Quadratische Irrationalzahlen
17. Die Pellsche Gleichung
§13. Summen von Quadraten
Welche natürlichen Zahlen lassen sich darstellen als Summe von
zwei, drei usw. vielen Quadraten?
X 2 + Y 2 = 30 449 ?
Die abgebildete Platte beweist 41 = 52 + 42 ...
§13. Summen von Quadraten
der Zweiquadratesatz
Satz 13.1 (Zweiquadratesatz von Fermat). Jede Primzahl
p ≡ 1 mod 4 besitzt eine Darstellung als Summe von zwei
Quadraten:
p ≡ 1 mod 4 ∈ 2 .
Zum Beispiel: 13 = 22 + 32 ∈ 2 6∋ 7 = 22 + 12 + 12 + 12
Selbiges ist unmöglich für (Prim)zahlen ≡ 3 mod 4 ∋ 2 .
Es gibt eine Vielzahl von Beweisen; Fermat benutze wahrscheinlich
seine Methode des unendlichen Abstiegs (’descente infinie’). Dieser
Beweis ist konstruktiv (bis auf den Einstieg, also die Existenz eines
z mit z 2 ≡ −1 mod p).
§13. Summen von Quadraten
Normgleichungen
Die Identität aus dem Beweis
(xv + yw )2 + (xw − yv )2 = (x 2 + y 2 )(w 2 + v 2 )
ist die Normgleichung im Ring der ganzen Gaußschen Zahlen Z[i]
= {a + ib : a, b ∈ Z} mit der Norm definiert als Betrag komplexer
Zahlen
|a + ib|2 = (a + ib)(a − ib) = a2 + b2 .
Insbesondere ist die Menge aller Zahlen, die sich als Summe von
zwei Quadraten darstellen lassen, multiplikativ abgeschlossen:
m, n ∈ 2 =⇒ mn ∈ 2 .
§13. Summen von Quadraten
Charakterisierung der Summen zweier Quadrate
Korollar 13.2. Eine natürliche Zahl n lässt sich genau dann als
Summe von zwei Quadraten schreiben, wenn jeder ihrer
Primfaktoren p ≡ 3 mod 4 in gerader Potenz in der
Primfaktorzerlegung von n vorkommt.
Beispiel: 20 = 22 · 5 = 22 (22 + 12 ) = 42 + 22 .
§13. Summen von Quadraten
der Vierquadratesatz
Überraschenderweise benötigt man lediglich vier Quadrate für alle
natürlichen Zahlen:
Satz 13.3 (Vierquadratesatz von Lagrange, 1770). Jede
natürliche Zahl lässt sich als Summe von vier Quadraten darstellen:
N0 = 4 .
Hier hilft die Normengleichung für Quaternionen, wie auch im
Beispiel:
2443 = 7 · 349 = (22 + 12 + 12 + 12 )(52 + 182 )
= 282 + 312 + 132 + 232 .
Bei Summen von zwei und vier Quadraten steht die multiplikative
Struktur von gewissen Zahlbereichserweiterungen im Hintergrund
(was Fermat und seinen Zeitgenossen natürlich unbekannt war).
§13. Summen von Quadraten
Drei Quadrate
Die Beweislage bei drei Quadraten ist ungleich schwieriger:
Satz 13.4 (Dreiquadratesatz von Gauß, 1801). Eine natürliche
Zahl lässt sich genau dann als Summe von drei Quadraten
schreiben, wenn
n 6= 4k (8m + 7)
für k, m ∈ N0 .
§13. Summen von Quadraten
Darstellungsanzahlen
Primzahlen besitzen im Wesentlichen nur eine Darstellung als
Summe von zwei Quadraten (ohne Vorzeichenunterscheidung);
hingegen lassen sich zusammengesetzte Zahlen n auf
X
♯{(x1 , x2 , x3 , x4 ) ∈ Z4 : x12 + x22 + x32 + x42 = n} = 8
d|n;d6≡0 mod 4
viele Weisen als Summe von vier Quadraten schreiben, wie Jacobi
bewies.
Die Beweisidee für solche Aussagen basiert auf der Thetafunktion
als erzeugende Funktion:
θ(τ ) =
+∞
X
x=−∞
exp(πix 2 τ ).
d
§13. Summen von Quadraten
Summen von k-ten Potenzen
Das Waringsche Problem (1770) fragt, ob es zu jedem k ≥ 2 ein
g = g (k) gibt, so dass jedes n ∈ N als Summe von g vielen k-ten
Potenzen darstellbar ist.
Dies wurde von Hilbert mit einem kombinatorischen Beweis positiv
beantwortet. Mit der Kreismethode gelingt ein analytischer Beweis,
der zusätzliche Informationen bereitstellt.
Vermutlich genügen stets
$ %
3 k
+ 2k − 2
2
k-te Potenzen. Beispielsweise zeigte Wieferich g (3) = 9
§14. Pythagoräische Tripel und die
Fermatsche Vermutung
Nicht-triviale Lösungen der quadratischen diophantischen
Gleichungen
X2 + Y 2 = Z2
heißen pythagoräische Tripel; man nennt ein solches (x, y , z)
primitiv, wenn x, y , z (paarweise) teilerfremd sind. Z.B. (3, 4, 5)
und (5, 12, 13).
Bereits die Babylonier kannten Beispiele und nutzten diese zur
Konstruktion rechter Winkel!
§14. Pythagoräische Tripel und die Fermatsche
Vermutung
Euklids Parametrisierung
Pythagoras kannte bereits unendlich viele Beispiele
(2n + 1)2 + (2n2 + 2n)2 = (2n2 + 2n + 1)2 .
Satz 14.1 (Euklid). Seien a > b teilerfremd und unterschiedlicher
Parität; dann ist
x = a2 − b2 , y = 2ab, z = a2 + b2
ein primitives pythagoräisches Tripel. Alle primitiven
pythagoräischen sind von dieser Form mit eindeutig bestimmten a
und b.
Der Beweis benutzt: Wenn ein Quadrat ein Produkt teilerfremder
Faktoren ist, so ist jeder der Faktoren selbst ein Quadrat!
§14. Pythagoräische Tripel und die Fermatsche
Vermutung
Ein geometrischer Beweis
Ein alternativer geometrischer Beweis nach Bachet basiert auf
Schnitten des Einheitskreises mit gewissen Geraden:
§14. Pythagoräische Tripel und die Fermatsche
Vermutung
Fermats Last Theorem
Fermat äußerte (um 1635), dass im Gegensatz zum quadratischen
Fall, die Gleichung
Xn + Y n = Zn
nur triviale Lösungen in ganzen Zahlen zuließe: xyz = 0 (bzw. keine
in N) und er hierfür einen wunderbaren Beweis hätte, er diesen aber
aus Platzgründen nicht niederschreibe.
Vielleicht dachte er an seine Abstiegsmethode und den Fall n = 4:
Satz 14.2 (Fermat/Euler). Alle ganzzahligen Lösungen der
Gleichung
X4 + Y 4 = Z2
(und insbeondere der Fermat-Gleichung zum Exponenten n = 4)
sind trivial: xyz = 0.
§14. Pythagoräische Tripel und die Fermatsche
Vermutung
die Lösung
Euler bzw. Gauß bewiesen die Fermatsche Vermutung für n = 3.
U.a. Sophie Germain, Lejeune Dirichlet und Ernst Kummer lieferten
wertvolle Beiträge für weitere kleine Exponenten; Letztgenannter
machte den Ansatz
Y
Zp = Xp + Y p =
(X + ζ j Y )
0≤j<p
mit einer primitiven p-ten Einheitswurzel ζ, welcher einen der
Beginne der algebraischen Zahlentheorie markiert.
Gelöst wurde die Fermatsche Vermutung jedoch erst 1995 durch
Andrew Wiles (nach bedeutenden Vorarbeiten von u.a. Richard
Taylor, Ken Ribet, Barry Mazur Yves Hellegouarch, Gerhard Frey
uvm.) mit Hilfe von Algebra, Geometrie und Modulformen.
§14. Pythagoräische Tripel und die Fermatsche
Vermutung
ohne Worte
§14. Pythagoräische Tripel und die Fermatsche
Vermutung
die abc-Vermutung
Motiviert durch ein polynomielles Analogon formulierten Masser
und Oesterle in den 1980ern die abc-Vermutung: Für teilerfremde
a, b, c mit a + b = c gilt
Y
max{|a|, |b|, |c|} ≤ C (ǫ)
p1+ǫ ,
p|abc
wobei ǫ > 0 beliebig ist und die Konstante C (ǫ) nur von ǫ abhängt.
Mit dieser bislang unbewiesenen Vermutung beweist sich sehr leicht
die Fermatsche Vermutung für hinreichend große Exponenten n.
§15. Kongruenzzahlen und elliptische
Kurven
Eine natürliche Zahl n heißt Kongruenzzahl, wenn es ein
rechtwinkliges Dreieck mit rationalen Seitenlängen und Fläche n
gibt; dies lässt sich auch als folgendes diophantisches Problem
formulieren:
a2 + b 2 = c 2
wobei a, b, c ∈ Q gesucht sind.
und
n = 21 ab,
§15. Kongruenzzahlen und elliptische Kurven
Beispiele
224403517704336969924557513090674863160948472041
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
€€€€€€€€€
8912332268928859588025535178967163570016480830
411340519227716149383203
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
21666555693714761309610
157
6803298487826435051217540
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
€€€€€€€€
411340519227716149383203
Mit dem pythagoräischen Tripel 3–4–5 offenbart sich n = 6 als eine
41
Kongruenzzahl; ferner ist n = 5 eine Kongruenzzahl, denn 23 – 20
3 – 6
bildet ein rechtwinkliges Dreieck mit Flächeninhalt 5 (wie zuerst
Fibonacci beobachtete). Die ersten Kongruenzzahlen sind
5, 6, 7, 13, 14, 15, 20, . . . , 96, 101, . . . ,
§15. Kongruenzzahlen und elliptische Kurven
Quadrate in arithmetischer Progression
Satz 15.1. Eine Zahl n ist genau dann eine Kongruenzzahl, wenn
es drei Quadrate rationaler Zahlen in arithmetischer Progression
gibt, also
x2 = y2 − n
und
z 2 = y 2 + n.
Gesucht sind also rationale Punkte auf zwei speziellen Quadriken;
Mulitplikation derselben liefert eine kubische Kurve und (vermöge
X = y 2 ) folgt
Korollar 15.2. n ist genau dann eine Kongruenzzahl, wenn die
Kurve
En :
Y 2 = (X − n)X (X + n)
einen rationalen Punkt (x, y ) mit y 6= 0 enthält.
§15. Kongruenzzahlen und elliptische Kurven
Elliptische Kurven
Sei K ein Körper einer Charakteristik 6= 2, 3. Dann definiert die
Menge aller Punkte (x, y ) ∈ K2 , welche der kubischen Gleichung
Y 2 = X 3 + aX + b
mit 4a3 + 27b2 6= 0
genügen, plus ein unendlich ferner Punkt ∞ eine elliptische Kurve
E (K).
§15. Kongruenzzahlen und elliptische Kurven
Addition von Punkten
Y2 =X3 -62 X
20
P=H-3,9L
9360006 15120493920
P+Q=H €€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€ , €€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€ L
1324801 1524845951
10
1074902978 394955797978664
Q=H- €€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€ , €€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
€€€€€€€€€€€ L
2015740609 90500706122273
-5
5
10
15
-10
-20
Durch Schnitt mit Geraden lässt sich eine (über K abgeschlossene)
Addition von Punkten auf einer elliptischen Kurve definieren.
§15. Kongruenzzahlen und elliptische Kurven
die Sätze von Poincaré und Mordell
Satz 15.3 (Poincaré, 1901). Eine elliptische Kurve E (K)
zusammen mit der Addition ⊕ ist eine abelsche Gruppe.
Der Beweis der Assoziativität ist recht aufwendig (ohne projektive
Geometrie bzw. elliptische Funktionen). Mehr Struktur offenbart
Satz 15.4 (Mordell, 1922). Die Gruppe der rationalen Punkte
einer über Q definierten elliptischen Kurve ist endlich erzeugt, d.h.
E (Q) ≈ Zr ⊕ Tors(E ),
wobei r ∈ N0 der Rang und Tors(E ) die Torsionsuntergruppe
(bestehend aus den Punkten endlicher Ordnung, und insbesondere
endlich) ist.
§15. Kongruenzzahlen und elliptische Kurven
1 ist keine Kongruenzzahl
Mit Fermats Abstiegsmethode gelingt
Satz 15.5. Es gilt
E1 (Q) = {∞, (0, 0), ±(1, 0)},
d.h. die diophantische Gleichung Y 2 = X 3 − X ist in Q nur trivial
lösbar.
Korollar 15.6 (Fermat). Weder n = 1 noch irgendein Quadrat ist
eine Kongruenzzahl.
Die Birch & Swinnerton-Dyer – Vermutung ist eines der sieben
Millenniumsprobleme und würde weitere Informationen zur Struktur
elliptischer Kurven liefern...
§16. Quadratische Irrationalzahlen
Quadratische Irrationalzahlen sind algebraische Zahlen vom Grad
zwei, d.h. irrationale Nullstellen quadratischer Polynome√mit
√
und
ganzzahligen
Koeffizienten,
wie
beispielsweise
2, G = 5+1
2
√
i = −1.
Diese sind interessant sowohl hinsichtlich algebraischer
Eigenschaften als auch mit Blick auf deren Kettenbruchentwicklung.
§16. Quadratische Irrationalzahlen
quadratische Zahlkörper
Jede quadratische Irrationalzahl α ∈ R \ Q besitzt eine eindeutige
Darstellung
√
α=a+b d
mit quadratfreiem d ∈ Z
√
ungleich eins und a, b ∈ Q. Insbesondere ist d irrational.
Die Menge
√
√
Q( d ) = Q(α) = {a + b d : a, b ∈ Q}
bildet einen Körper und wird reell- oder imaginär-quadratischer
Zahlkörper genannt, je nachdem ob d > 0 oder d < 0.
Dies ist eine algebraische Erweiterung
von Q vom Grad zwei und
√
kann aufgerfasst werden als Q[X ] X = d .
§16. Quadratische Irrationalzahlen
Beispiele
Reelle quadratische Irrationalzahlen besitzen interessante
Kettenbruchentwicklungen:
√
5+1
= [1, 1, 1, . . .] = [1]
2
bzw. allgemein
p
n2 + 1 = [n, 2n]
und
p
n2 + 2 = [n, n, 2n]
für beliebiges n ∈ N, wobei aj , . . . , aj+N eine Periode andeutet.
§16. Quadratische Irrationalzahlen
Charakterisierung
Satz 16.1 (Lagrange, 1770). Eine Irrationalzahl α ∈ R \ Q ist
genau dann quadratisch irrational, wenn die
Kettenbruchentwicklung von α schließlich periodisch ist.
Die einfache Implikation war bereits Euler bekannt.
Die Aussage liefert eine Charakterisierung der quadratischen
Irrationalzahlen in Analogie zur Charakterisierung der rationalen
Zahlen durch ihre peridoische Dezimalbruchentwicklung!
Insbesondere sind die Teilnenner der Kettenbrüche quadratischer
Irrationalzahlen beschränkt; es ist ungeklärt, ob die Teilnenner
√
algebraischer Irrationalitäten höheren Grades wie etwa 3 2
unbeschränkt sind?
§16. Quadratische Irrationalzahlen
Reinperidoische Entwicklungen
Satz 16.2 (Galois, 1831). Die Kettenbruchentwicklung einer
quadratischen Irrationalität α ist genau dann reinperiodisch, d.h.
α = [a0 , a1 , . . . , ak ],
wenn α reduziert ist, d.h. wenn
α>1
und
− 1 < α′ < 0
für die weitere Nullstelle α′ des Minimalpolynoms von α gilt.
Beispiel: der goldene Schnitt
G=
√
5+1
= [1]
2
besitzt das Minimalpolynom (X − G )(X + g ) mit g = G 1 =
√
5−1
2 .
§16. Quadratische Irrationalzahlen
Palindrom
Korollar 16.3. Für quadratfreies d ∈ N gilt
√
√
√
d = [⌊ d ⌋, a1 , a2 , . . . , a2 , a1 , 2⌊ d ⌋].
Beispiel:
√
2002 = [44, 1, 2, 1, 9, 5, 6, 5, 9, 1, 2, 1, 88]
Tatsächlich verbirgt sich stets ein Palindrom in der Periode solcher
Quadratwurzeln!
§17. Die Pellsche Gleichung
Existieren ganzzahlige Punkte auf einer Hyperbel? Oder äquivalent:
Besitzt die Pellsche Gleichung
X 2 − dY 2 = 1
mit d ∈ N
Lösungen in Z?
(Der Engländer John Pell hatte nichts mit dieser Gleichung zu schaffen...)
§17. Die Pellsche Gleichung
Geometrie
15
10
5
-5
5
10
15
20
-5
-10
-15
Ganzzahlige Gitterpunkte auf der Hyperbel X 2 − 2Y 2 = 1. Die
trivialen Punkte (±1, 0) sowie die nicht-trivialen Punkte (±3, ±2)
bzw. ihre ’Quadrate’ (17, ±12).
Dem unsichtbaren Gitterpunkt (99, 70) liegt das Din A-Format
zugrunde.
§17. Die Pellsche Gleichung
Eulers Idee
Stets ist x = ±1, y = 0 eine solche Lösung, aber existieren auch
weitere, wobei wir wegen der Symmetrien nur noch nach Lösungen
(x, y ) ∈ N2 fragen.
Ist d ein Quadrat, existieren neben der trivialen Lösung keine
weiteren (wie Faktorisieren zeigt).
Andernfalls sind√
Lösungen (x, y ) unter sehr guten rationalen
√
Näherungen an d zu suchen: Faktorisieren im Ring Z[ d ] liefert
√
1
d − x=
√
.
y y 2 ( d + yx )
§17. Die Pellsche Gleichung
Unendlich viele Lösungen
√
Satz 17.1 (Euler; Lagrange 1766). Wenn d 6∈ Q√und
bezeichnet pn /qn die Folge der Näherungsbrüche an d , so liefert
x = pm , y = qm für m = δkN − 1 mit beliebigem k ∈ N sämtliche
Lösungen der Pellschen Gleichung, wobei N√die Länge der
minimalen Periode des Kettenbruches von d ist und δ = 1 oder 2
ist, je nachdem ob N gerade oder ungerade ist:
(pkN−1 , qkN−1 ) falls N gerade,
(xk , yk ) =
(p2kN−1 , q2kN−1 ) falls N ungerade.
Insbesondere liegen also unendlich viele ganzzahlige Punkte auf der
durch die Pellsche Gleichung definierten Hyperbel.
§17. Die Pellsche Gleichung
Beispiele
√
√2 =
√3 =
√ 5=
√19 =
√61 =
√ 99 =
2002 =
[1, 2]
[1, 1, 2]
[2, 4]
[4, 2, 1, 3, 1, 2, 8]
[7, 1, 4, 3, 1, 2, 2, 1, 3, 4, 1, 14]
[9, 1, 18]
[44, 1, 2, 1, 9, 5, 6, 5, 9, 1, 2, 1, 88]
(3, 2)
(2, 1)
(9, 4)
(170, 39)
(1 766 319 049, 226 153 980
(10, 1)
(11 325 887, 253 128)
§17. Die Pellsche Gleichung
die Minimallösung
Satz 17.2. Alle Lösungen der Pellschen Gleichung ergeben sich
durch Potenzieren der Minimallösung (x1 , y1 ) ∈ N2 mit minimalem
x1
√
√
(x1 + y1 d )n = xn + yn d
für n ∈ Z.
Die Lösungen bilden eine zyklische Gruppe (vermöge der Matrizen
( yx dy
der SL2 (Z)). Insbesondere bilden die
x ) als Untergruppe
√
Elemente x + y d√mit Norm x 2 − dy 2 gleich eins die Einheitengruppe im Ring Z[ d ].
Beispiel:
√
√
(3 + 2 2)2 = 17 + 12 2.
§17. Die Pellsche Gleichung
Die Minus-Gleichung
Die Pellsche Minus-Gleichung X 2 − dY 2 = −1 hingegen ist
schwieriger zu behandeln. Obwohl es sich wiederum um dieselbe
Fragestellung handelt (ganzzahlige Punkte auf einer Hyperbel), ist
hier hinsichtlich Lösbarkeit relativ wenig bekannt...
Sie ist sicherlich unlösbar im Falle d ≡ 3 mod 4.
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