Ausgabe 2 | Juni 2015 Point of View Life Sciences, Healthcare and Chemicals Der Patient im Mittelpunkt Krankenhaussanierung als Chance Bestmögliche Outcome­to­Cost­Relationen sind das Kernanliegen einer wertorientier­ ten Gesundheitspolitik, wie Deutschland, Österreich, die Schweiz und viele andere Länder sie anstreben und umzusetzen begonnen haben. Für Krankenhäuser spielt dabei das Konzept der Patientenorientierung eine immer wichtigere Rolle. Um ihre Wirtschaft­ lichkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, müssen sie Kostenoptimierung, Funktio­ nalität und Patientenorientierung miteinander in Einklang bringen. Kliniken sollten Neubau­ oder Sanierungsvorhaben als Chance nutzen, ihr Konzept ganzheitlich auf die Bedürfnisse von Patienten auszurichten. Die Krankenhauslandschaft in Deutschland wird sich grund­ legend ändern – so will es das im Dezember 2014 beschlossene Eckpunktepapier von Bund und Ländern zu einer der größten Klinikreformen seit Jahrzehnten. Kostenträchtige Überkapazi­ täten sollen verschwinden und die qualitativ besten Kranken­ häuser übrig bleiben. Die Reform ist der Einstieg in den bedarfs­ gerechten Umbau der Krankenhausversorgung – einen von der Versorgung der Patienten her gedachten Umbau als Riesen­ schritt hin zu mehr Qualität und Patientensicherheit. Auch im Schweizer Gesundheitssystem vollzieht sich ein spür­ barer Wandel: Mit dem 2012 eingeführten national einheitlichen Finanzierungssystem (Fallpauschalen/Swiss DRG) durch Kantone und Versicherer hat die Schweizer Krankenhauslandschaft einen unternehmerischen Schub erhalten. Die Konzentration von Leis­ tungen hat sich intensiviert, Krankenhäuser und Kliniken schlie­ ßen sich zusammen oder kooperieren. Krankenhäuser sollen Orientierungshilfe im Labyrinth des Gesundheitswesens leisten und eine zentrale Rolle im „Disease­Management“ übernehmen. „Kliniken sollten Neubau­ oder Sanierungsvor­ haben als Chance nutzen, ihr Konzept ganzheitlich auf die Bedürfnisse von Patienten auszurichten.“ Gerd W. Stürz Kostendruck erzwingt den Wandel Zunehmende Konkurrenz veranlasst Kran­ kenhäuser dazu, sich zu Dienstleistungs­ unternehmen zu wandeln und Patienten stärker als bisher in den Mittelpunkt zu stellen. Patientenorientierung ist ein wich­ tiges Qualitätsmerkmal geworden. Über­ zeugt werden müssen kritische, mündige Patienten, die sich eingehend über Aus­ stattung, Behandlungsmöglichkeiten und weitere Klinikmerkmale informieren. Sie entscheiden sich dann bewusst für oder gegen Art und Ort der Behandlung – und sie entscheiden sich für Qualität. Viele Krankenhäuser nehmen Neubau­ oder Sanierungsmaßnahmen in Angriff, um steigende Patientenzahlen, hohe Arbeits­ belastung und anhaltenden Kostendruck besser zu bewältigen. In Deutschland sind derzeit rund tausend Krankenhaus­Bau­ projekte im Gange, in der Schweiz finden in so gut wie jedem Universitätskrankenhaus größere bauliche Eingriffe statt. Anforderungen ändern sich Erfolgsentscheidend und damit notwendig ist dabei eine wertgetriebene Herangehens­ weise, bei der die Immobilie eine entschei­ dende Rolle spielt. Klinikbauten müssen effiziente Prozesse ermöglichen, um einen schnellen Patientendurchlauf bei optimaler Versorgung sicherzustellen – mit möglichst geringen Investitionskosten und nach dem Design­to­Value­Prinzip. Demnach gilt es hinsichtlich der Patientenorientierung, 2 | Point of View Healthcare Strukturen und Prozesse auf individuelle Bedürfnisse und Wünsche auszurichten und beim Planen von Gebäuden den Budget­ verhältnissen entsprechende Lösungen zu finden. Bei patientenzentrierten Klinikneu­ bauten und Sanierungsprojekten ist in die­ sem Zusammenhang eine ganze Reihe von Anforderungen von Bedeutung, die von vornherein berücksichtigt werden müssen. Interdisziplinäre Kompetenzzentren Die Planung interdisziplinärer Behandlungs­ zentren ist ausschließlich vom Patienten her gedacht, alle Raumkonzepte und Arbeitsprozesse werden nach seinen Be­ dürfnissen entwickelt. Nach dem Motto „Der Arzt kommt zum Patienten“ stellen Experten verschiedener Fachgebiete und Einrichtungen dort ihre medizinischen Kompetenzen an einem Ort zur Verfügung. Die fachbereichsübergreifende Abstim­ mung gewährleistet schnelle Entscheidun­ gen und eine Komplettversorgung der Patienten bei so kurzer Verweildauer und so wenigen Verlegungen wie möglich. Healing Environment Ein relativ neuer architektonischer Ansatz für Krankenhausbau und ­sanierung ist die heilungsfördernde Umgebung. Er stellt einen Zusammenhang zwischen baulich­ funktionaler Milieugestaltung, dem physi­ schen und psychischen Zustand des Patien­ ten und den Kosten des Medizinbetriebs her. Das Healing­Environment­Konzept setzt auf Eliminierung von Stressfaktoren wie Geräuschbelästigung oder unange­ nehme Gerüche sowie auf die Wahrung der Intimsphäre. Patienten und Angehörige sollen emotional wie sozial bestmöglich unterstützt werden. Das nachhaltige Krankenhaus Der Begriff „Green Hospital“ hat sich seit einigen Jahren auch hierzulande etabliert. Für Klinikleitungen steht dabei angesichts drastisch gestiegener Energiepreise oft die Kostenersparnis bei Heizung, Klimatisierung und Beleuchtung im Vordergrund. Es geht aber auch um Nachhaltigkeit im weiteren Sinne, mit Blick auf umweltfreundliche Bau­ stoffe, Ressourcenverbrauch, Abfallver­ meidung, vorbildliche Hygienestandards und gute Arbeitsbedingungen für das Personal. Herausforderung angenommen: das Klinikum Stuttgart Zusammengefasst sieht das ideale Kranken­ haus so aus: Man plant von innen nach außen und baut es flexibel und modular auf. Nachhaltig betrieben, bietet es Patien­ ten eine Umgebung, die den Heilungsver­ lauf in jeder Hinsicht positiv beeinflusst. Das Klinikum Stuttgart verwirklicht dies im Zuge eines 2005 konzipierten Umstruktu­ rierungsprozesses. Mit drei Standorten, rund 2.100 Betten und tagesklinischen Plätzen sowie 7.000 Mitarbeitern zählt das städtische Klinikum zu Deutschlands größten Gesundheits­ „Langfristig werden nur diejenigen Krankenhäuser am Markt bestehen und rentabel arbeiten können, die Patientenorientierung leben.“ Fabian Schuster zentren; etwa 90.000 Patienten im Jahr werden dort stationär behandelt. Künftig wird es zwei Standorte geben, an denen Investitionen von mehreren Hundert Millio­ nen Euro die Voraussetzungen für eine medizinische Versorgung auf hervorragen­ dem Niveau schaffen, die auch ökonomi­ schen Erfordernissen Rechnung trägt. Die Infrastruktur wird saniert oder neu gebaut, es entstehen interdisziplinäre Zentren und innovative Spezialbereiche, Patienten ge­ nießen ein Höchstmaß an Komfort. Anspre­ chend gestaltete Patientenzimmer, glas­ überdachte Lichthöfe sowie die großflächige Dachbegrünung sind nur einige wenige Bei­ spiele dafür, wie man den Konzepten des Healing Environment sowie des „grünen Krankenhauses“ Rechnung zu tragen ver­ sucht. Derzeit wird am Standort Mitte das kom­ plexe Bauprogramm „Zentraler Neubau“ für sechs medizinische Zentren realisiert, darunter die Strahlentherapie­ und die Augenklinik. Parallel entsteht am Standort Bad Cannstatt das interdisziplinäre Zentrum für Altersmedizin. Allerdings gilt es, die Kosten für die langfristige Umstrukturie­ rung im Griff zu behalten: 2010 war man noch von 818 Millionen Euro Kosten für das Großprojekt ausgegangen, 2012 wurden bereits 941 Millionen Euro veranschlagt, und inzwischen belaufen sich Prognosen auf etwa eine Milliarde Euro. Jetzt sind Be­ rater von EY damit beauftragt, Bauplanung und Kostenschätzungen zu überprüfen und mögliche Alternativen durchzurechnen. Hierbei wird insbesondere der vorhandene Instandhaltungsstau den Möglichkeiten eines flächeneffizienten und funktional optimierten Neubaus gegenübergestellt und nach Möglichkeiten der Optimierung im Raumprogramm gesucht. Auch an diesem Beispiel zeigt sich, dass insbesondere große, komplexe und lang­ wierige Immobilienprojekte eine besonders sorgfältige und vor allem flexible Begleitung benötigen, um erfolgreich zu sein. Der da­ mit verbundene Managementaufwand wird oft unterschätzt. Projektmanagement optimieren Medizinische, wirtschaftliche und patienten­ orientierte Konzepte müssen immer stärker Hand in Hand mit der Optimierung der Im­ mobiliensituation entwickelt und gesteuert werden; dies bedarf besonderer Erfahrung und Hilfsmittel. Aktuelle Krankenhausbau­ projekte machen deutlich, dass ein von Vorgaben getriebenes klassisches Projekt­ management die Prozesse nicht umfassend greifen kann. Neue Projektmanagement­ methoden wie etwa Building Information Modeling (BIM) oder Lean Construction Management (LCM) sind bewährte Lösungsansätze, um diesen gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. Dank dieser Methoden lassen sich Baumaßnah­ men von der frühen Entwicklungsphase bis zur Inbetriebnahme durchgängig planen, wobei Patienten, Mitarbeiter und alle ande­ ren Beteiligten frühzeitig in den Gesamt­ prozess eingebunden werden. Integrierte Planungsteams sorgen in allen Projekt­ phasen für Transparenz; das stabilisiert Abläufe und macht sie für die Beteiligten fassbar. Fazit Langfristig werden nur diejenigen Krankenhäuser am Markt bestehen und rentabel arbeiten können, die Patientenorientierung leben. Dies muss sich auch in durch Neubau oder Sanierung ent­ stehenden räumlichen Gegebenheiten widerspiegeln. Die Optimie­ rung des Produktionsfaktors Immobilie ist ein Schlüssel zum erfolgreichen wirtschaftlichen Überleben jedes Krankenhauses. Mehr Patientenorientierung heißt, das Konzept Krankenhaus neu zu erfinden. Dies erfordert die Bereitschaft, neue Wege zu gehen und altbewährte Standards auf den Prüfstand zu stellen. Dabei liegt es an Bauherren, Planern und Projektmanagern, den richtigen Weg für eine neue Generation patientenzentrierter Kliniken zu finden. Point of View Healthcare 3 Ihre Ansprechpartner Gerd W. Stürz GSA Market Segment Leader Life Sciences, Healthcare & Chemicals +49 221 2779 25622 [email protected] Fabian Schuster Partner | Transaction Real Estate +49 711 9881 21975 [email protected] EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY­Organisation ist einer der Markt­ führer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Ver­ trauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzel­ lenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzu­ bringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY­Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG­Mitgliedsunterneh­ men ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Man­ danten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publika­ tion auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2015 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. BKR 1507­387 ED None Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. 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