Cloppenburgwillklotzenstattkleckern

Werbung
10
Mittwoch, 9. September 2015
Fakten
n Jeden Samstag ein neues
n
n
n
n
n
n
n
n
n
Motto, jeden Samstag
Unterhaltung: So soll
Cloppenburg Familien den
Einkauf versüßen. Die Aktionstage (von 14 bis 18
Uhr):
Eröffnung am 10. Oktober
mit „Sekt in der City“: Geschäftsleute stoßen mit
den Kunden an, Ponyreiten, Hüpfburg, Karussell,
Marching Band „Green
Beats“, Kinderbetreuung
durch die Tagesmütter
(immer samstags), Männerbetreuung bei Intersport mit Fußball-Bundesliga (immer samstags).
17. Oktober: „Cloppenburg musiziert“: Musikspektakel mit Bands und
Orchestern.
24. Oktober: „Cloppenburg Tatütata“, Rettungsdienste und Hilfsorganisationen stellen Fahrzeuge
vor, mit Luftsportverein
und Oldtimer-Show.
31. Oktober: „Cloppenburg mä(h)t“: frisch geerntes Obst und Gemüsen, Streichelzoo,
Landmaschinen-Schau.
7. November: Cloppenburg märchenhaft, Promis
erzählen Märchen, Gänseparade, Selfies mit Comicfiguren.
14. November: 1. Cloppenburger Rodel-Meisterschaft, mit Doppelbahn
und Feuerwehr -Spielmannszug
21. November: „Cloppenburg will hoch hinaus“:
Zehn Meter hohes Klettergerüst in der Innenstadt.
28. November: „Die Eisbahn brennt!“: Feuershow
ab 18 Uhr auf der Eisbahn,
Aprés-Ski-Amtosphäre an
der Bande.
Die Aktionen sollen 2016
fortgesetzt werden.
Stadt Cloppenburg
Münsterländische Tageszeitung
Cloppenburg will klotzen statt kleckern
Geschäftsleute und Stadt starten aufwändige Kampagne für langen „Familien-Samstag“/ Über 100000 Euro Kosten
Mit Radio-Spots und einem
üppigen Unterhaltungsprogramm soll der Samstag
als familienfreundliches
Markenzeichen der Stadt
Profil gewinnen – mit
möglichst einheitlicher
Öffnungszeit bis 18 Uhr.
Cloppenburg (kre). Cloppenburg
funkt auf allen Kanälen: Mit Werbe-Spots im Radio und großen
Anzeigen in den Zeitungen werben die Geschäftsleute und die
Stadt für ihre bisher aufwändigste
Kunden-Aktion. Das lange geheim gehaltene Konzept des neuen„Familien-Samstags“habendie
CM Cloppenburg Marketing
GmbH und die Wirtschaftsgemeinschaft am Montagabend
über 130 Zuhörern in Flemings
Restaurant vorgestellt.
Der Kern der Kampagne: Acht
Aktionssamstage vom 10. Oktober bis zum 28. November sollen
der ganzen Familie ein Freizeiterlebnis bieten. Klingende Motto-Events wie „Cloppenburg
musiziert“ oder feurige Shows
wie „Die Eisbahn brennt“ sollen
KleinkinderwieGroßväterbeim
Einkauf in Cloppenburg amüsieren und zum Bleiben animieren. Das „Handelszentrum“, die
wöchentlich tagende Ideenschmiede der Kaufleute, hat sogar an eine „Männerbetreuung“
mitFußball-Bundesligagedacht.
Cloppenburg übertrage damit
das „grandios erfolgreiche“Beispiel der verkaufsoffenen Sonntage auf den Samstag, erklärte
Hermann Thole, der als Moderator für die Wirtschaftsverbände
das Konzept vorstellte. Angesichts der wachsenden Arbeitsund Freizeitverpflichtungen in
der Woche biete nur noch der
Samstag die Chance, ganze Familien zu einem gemeinsamen
Auf mehr Unterhaltungswert für Kunden drängte Hermann Thole (rechts) bei der Vorstellung des neuen Aktionsprogramms.
Bummel mit Erlebnis- und Unterhaltungscharakter zu bewegen, sagte er. Nur so könne sich
Cloppenburg im Wettbewerb
der Standorte und gegen den
Trend zur Internet-Bestellung
behaupten.
Der Kaufmann warnte zugleich vor einem Stillstand. In
Lohne und Brake könne „das
Sterben ganzer Handelsstandorte“ beobachtet werden, zitierte
Tohle einen Immobilienexperten. „Zu warten, bis in Cloppenburg das eintritt, was woanders
schon Fakt ist, ist tödlich“, warnte er. Der Prozess werde sonst
„unumkehrbar“. Angesichts der
„gigantischen
Herausforderung“ durch den Strukturumbruch sei es „mit Aufschließen
und Abwarten nicht getan“, forderte Thole.
Die Aktions- und Werbekampagne betrachten die beiden
Wirtschaftsverbände und die
Stadt auch als langfristige
Imagebildung. „Wir stellen
Cloppenburg auf dem Podest
eine Stufe höher“, sagte Thole zu
diesem neuen Selbstbewusstsein. Und: „Ich glaube fest daran,
dass Cloppenburg die Kraft hat,
sich in dieser Auseinandersetzung zu behaupten.“ Am Ende
würden „die Verlierer kaputt gehen und die Gewinner noch erfolgreicher“ dastehen.
DerAufwandistneuundgroß:
Neben Werbung in den Cloppenburger Print-Medien,die mit
günstigen Sonderkonditionen
den Start erleichtern,schaltet die
CM Cloppenburg Marketing einen Rundfunk-Spot. Über einen
Privatsender soll die Botschaft
„WirhabenfürSiejedenSamstag
bis 18 Uhr geöffnet“ neun Wo-
chen lang mit 437 Ausstrahlungen rund 1,3 Millionen Hörer erreichen.
Die Mitglieder der Wirtschaftsverbände, die Cloppenburger Banken und private
Sponsoren tragen das Engagement finanziell mit. Der VerwaltungsausschussderStadtsteuerte in einer Eilentscheidung
30000 Euro bei. Sprecher aller
Fraktionen verfolgten im überfüllten Saal die Debatte.
Eine entscheidende Frage
stellte Hermann Schröer, der
Fraktionsvorsitzende der CDU
im Rat: Wie weit stehen die Geschäftsleute hinter der einheitlichen Öffnungszeit bis 18 Uhr?
„Zu warten, bis in Cloppenburg das
eintritt, was woanders schon Fakt ist,
ist tödlich.“
Hermann Thole Herausforderung des Handels
© Kreke
Foto: Kreke
Denn bisher klaffen die Schlusszeiten auseinander. Die Hoffnung der Wirtschaftsgemeinschaft: Die „Überzeugung oder
die Not“ sollten groß genug sein,
sich dem Ziel anzuschließen,um
das Versprechen an die Kunden
einzulösen, erklärte der Vorsitzende Heinz Josef Schröder.
Begeistert reagierte Rainer
Hencke, Inhaber des Modehauses Schwarte, auf die Initiative.
Die Wirtschaftsverbände hätten
„ein Feuerwerk an Ideen“ aufgeboten und „ein Riesenpaket geschnürt“, sagte der Kaufmann.
Seine Aufforderung: „Das Geringste, was wir beisteuern können ist :mitmachen und öffnen.“
Andere Geschäftsleute forderten, die Familiensamstage zur
Dauereinrichtung zu machen.
„Dafür werden wir im nächsten
Jahr noch viel mehr Geld brauchen“, kündigte Hermann Thole
an.DiefürdieGeschäftsleute gemachte Aktion könne nur gemeinsam von den Geschäftsleuten weitergetragen werden.
„BlueWendelin“ hat seine Zähne zurück
n Meine Meinung
Tractor-Pulling:Team von Landmaschinen Bruns repariert Getriebe knapp vor der EM
Kleine Geschenke
Cloppenburg (kre). Der „Blaue
Thema:Wie Cloppenburg um Kunden wirbt
Wendelin“ leistet sich Kapriolen
eigentlich nur, wenn’s ums nichts
geht. Im Wettkampf hält der 1000
PS starke Meister-Traktor aus
Cloppenburg fast immer durch,
aber in den Testläufen muckt der
3,5-Tonner schon mal.„Dann geht
fast immer was kaputt“,sagt Maik
Winter, der Pressesprecher des
Tractor-Pulling-Teams aus dem
Hause Landmaschinen Bruns.
In Halen,der alten Heimat von
Fahrer Josef Reinke,war’s erneut
so weit: Mitten im Schaulauf
knirschte es im frisch aufgerüsteten Getriebe. Und das kurz vor
der Europameisterschaft nächsten Samstag in Brande (Dänemark).
Die drei Mechaniker Alexander Keil, Michael Macke und
Josef Lüken hatte abends zuvor
noch in der Werkstatt geschraubt, um „Blue Wendelin“
für die internationale Bühne zu
tunen. „National sind wir top“,
erklärt Winter, „aber in Skandinavien sind wir Außenseiter.“
Denn an den Start gehen Werksteams „mit richtig Pulver“ – das
bedeutet teure Sonderteile aus
der Fabrikfertigung für „lau“. So
ein Traktor kostet fix und fertig
bis zu 160 000 Euro. Die BrunsMannschaft kann da nur mit Arbeit nach Feierabend und
Findigkeit gegenhalten, sagt
Teamchef Jürgen Thoben.
Ein starkes Team: Die Männer von Landmaschinen Bruns aus Cloppenburg vor ihrem „Blue Wendelin“.
Der seit acht Jahren aufgerüstete Traktor hat 1000 PS und ist zuverlässig – meistens.
Foto: Bruns
Die Mannschaft hat es auch
diesmal geschafft: „Blue Wendelin“ röhrt wieder im vollen Kraftschluss. Bis zum vergangenen
Wochenende verstärkte das
Schrauberteam das entzahnte
Räderwerk neu.
An den Start gebracht haben
sie „Blue Wendelin“ vor acht Jahren. 2011 und 2014 gewann er
die Deutsche Meisterschaft. Die
Titelverteidigung verlief auch in
diesem Jahr erfolgreich:Die Konkurrenz ist ein paar PS stärker,
aber nicht so zuverlässig.
Der Härtetest am Samstag ist
wie immer Schwerstarbeit für
Mann und Maschine. Josef
Reinke muss 100 Meter möglichst rasch zurücklegen, während ein Bremswagen den „Blue
Wendelin“ mit dem Vierfachen
des eigenen Gewichts belastet.
Schafft das Team die ganze Strecke,ist das ein „Full Pull“.Gewertet wird dann die Zeit und
ansonsten jeder zurückgelegte
Meter.
Ausschlaggebend ist – wie in
der Formel 1 – der Start: Wenn
die Vorderräder von der schieren
Kraft auf der hinteren Achse in
die Höhe getrieben werden,
kann Reinke nur noch mit den
Hinterrädern lenken. Kommt er
von der weiß markierten Bahn
ab, zählt alles Schrauben nichts
mehr. Die halbe Firma drückt zu
Hause die Daumen. Und die Familien der Team-Mitglieder.
Von Hubert Kreke
Um es kurz und einfach zu machen:Das Konzept des Cloppenburger Familien-Samstags ist großartig,der Aufwand – organisatorisch
wie finanziell – enorm.So
hat sich diese Stadt seit
der Erfindung des Cityfestes nicht mehr ins
Zeug gelegt,um mit einer
ebenso simplen wie wirksamen Methode gute Laune unter ihren Gästen zu verbreiten:
Kleine Geschenke erhalten die
Freundschaft.
Denn letztlich bestimmen die
unterhaltsamen Aufmerksamkeiten,die vor allem Familien mit
Kindern entgegenkommen,die
Atmosphäre in der Stadt – der
Sandkasten auf dem Pflaster,die
kleinen bunten Blumeninseln,
die die Gärtner für die Gäste aufstellen,egal,wie weit ihr Geschäft
vom Stadtkern entfernt ist. Oder
der Familientag zum Stadtfest,
auf dem Kinder gratis mitspielen
dürfen und für ein Taschengeld
beköstigt werden.
In diese Reihe fügt sich ein neuer,
größerer Anspruch ein,der allerdings einen Vorläufer hatte:Die
vor Jahren eingeschlafene Sommerreihe „Summer in the City“
aus Konzerten,kleinen Gastspielen und Spaßmachern im Freien
lebt in einer professionellen Neu-
fassung wieder auf,um mehr als
nur gute Laune zu verbreiten:Es
geht um Cloppenburgs (guten)
Ruf als Einkaufsstadt.
Die Klage eines
Dienstleisters, bei so viel
Aufwand werde den
Kunden „ja noch Geld
gegeben“, ist im Kern
völlig richtig: Werbung
kostet etwas. Sogar im
Fitness-Studio, das ein
kostenloses Probetraining oder einen „Powershake“
verschenkt. Auch die große Autoschau „Formel C“, die alle
zwei Jahre die Innenstadt komplett auslastet, beschert den
Händlern aus der Automeile
erst einmal Kosten statt schneller Neuwagen-Bestellungen am
Stand. Und doch belebt dieser
Aufwand beides: das eigene Geschäft und die Stadt. An diesem
Beispiel wird besonders deutlich, dass letzte Barrieren im
Kopf zwischen Stadtrand und
Stadtkern längst überholt sind.
Entscheidend für den Erfolg
der Familiensamstage wird jetzt
sein, wie weit dieser wachsende
Zusammenhalt trägt, um längere Öffnungszeiten zu riskieren,
auch wenn sie sich am Anfang
vielleicht nicht lohnen mögen.
Nur wenn das Versprechen, bis
18 Uhr zu öffnen, eingelöst
wird, ist die Image-Kampagne
glaubwürdig und wirksam.
Herunterladen