EB163A HCT-Schaltungen EB163A Einsatzmöglichkeiten und Grenzen der SN54/74HCT CMOS-Logikfamilie Verfasser: Eilhard Haseloff Datum: 18.04.1985 Überarbeitet: Januar 1996 Rev.: A 1 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Dieser Bericht beschreibt die Einsatzmöglichkeiten der High-Speed-CMOS-Familie SN54/74HCT. Darüber hinaus werden Gesichtspunkte des Systementwurfs und daraus resultierende Konsequenzen bei der Auswahl der Logikfamilien behandelt. Die in diesem Applikationsbericht enthaltenen Angaben und Vorschläge beruhen auf Erkenntnissen von TID und stellen Anwendungsanregungen dar. Eine Gewähr für ihre Richtigkeit und Funktionsfähigkeit oder dafür, daß sie frei von Schutzrechten Dritter sind, wird von TID nicht übernommen. Informationen zur technischen Beschaffenheit unserer Produkte entnehmen Sie bitte ausschließlich den aktuellen Datenbüchern und blättern von TID. TID ist mit dem Nachdruck dieser Applikationsberichte (auch auszugsweise einverstanden, sofern eine Quellenangabe erfolgt und dieser Hinweise vollständig wörtlich wiedergegeben wird. © Copyright 1985, 1996 Texas Instruments 2 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .......................................................................................................................4 2 TTL-HC-Interface ...........................................................................................................4 3 Betriebsspannung der HCT-Schaltungen .......................................................................6 4 Störspannungsabstand von HCT-Schaltungen ..............................................................6 5 Leistungsverbrauch von HCT-Schaltungen ....................................................................10 6 Verzögerungszeiten .......................................................................................................12 7 Bergeron-Analyse ..........................................................................................................13 8 Zusammenfassung ........................................................................................................15 3 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen 1 Einleitung Um das Zusammenschalten von TTL-Schaltungen mit High-Speed-CMOS-Schaltungen zu vereinfachen, hat Texas Instruments in der HC-Familie eine Untergruppe mit der Bezeichnung HCT-Schaltungen eingeführt. Während die Schaltungen der HCT-Familie in ihrer Funktion identisch sind mit den entsprechenden Schaltungen der HC-Familie, wurde bei ersteren die Eingangsschaltung so modifiziert, daß die Eingangsschwellenspannung identisch ist mit der von TTL-Schaltungen. Die Ausgangscharakteristik dieser Bauelemente entspricht jedoch der der HC-Familie. 2 TTL-HC-Interface Beim Zusammenschalten von TTL- und HC-Schaltungen besteht eine Inkompatibilität zwischen der Ausgangsspannung von TTL- und der Eingangsspannung von HCSchaltungen, speziell der High-Ausgangsspannung Uoh von TTL- und der HighEingangsspannung Uih von HC-Schaltungen. Um diesen Konflikt zu beseitigen stehen drei Möglichkeiten zur Verfügung. Erstens kann das Interface zwischen TTL- und HCSchaltungen mit HCT-Schaltungen aufgebaut werden, die wie bereits erwähnt in ihrer Eingangsspannung kompatibel zu TTL-Schaltungen sind. Die zweite Möglichkeit besteht darin, an den Ausgängen der TTL-Schaltungen Pull-up-Widerstände vorzusehen, die für eine ausreichende High-Ausgangsspannung der TTL-Schaltungen sorgen. Schließlich besteht die Möglichkeit spezielle Pegelumsetzer vorzusehen. Die Verwendung von HCT-Schaltungen für diese Aufgabe ist bei weitem am einfachsten. Diese Schaltungen wurden speziell für diese Anwendung entwickelt. Dabei kann auf diskrete Komponenten (Pull-up-Widerstände) verzichtet werden, und die Vorteile von HC (z.B. die niedrige Leistungsaufnahme) kommen voll zum Tragen. Bild 1: Pegelanpassung in einem TTL-CMOS-Interface durch Pull-up-Widerstände Werden Pull-up-Widerstände verwendet, um die Ausgangssignale von TTLSchaltungen an die von HC-Schaltungen geforderten Eingangsspannungen anzupassen, so muß der Entwickler den für seine Anwendung optimalen Widerstand berechnen. Der niedrigste Wert für den Widerstand wird bestimmt durch den maximalen Strom Iol, den die TTL-Schaltung im Low-Pegel am Ausgang (Uol) liefern kann: R p min = Ucc max − Uol min I ol − n ⋅ I il Dabei ist n die Anzahl der zu treibenden HC-Eingänge und Iil deren Eingangsstrom. Da letzterer aber nur einige Nanoampere beträgt, kann er bei allen Berechnungen vernachlässigt werden. Für einen SN74ALS03 gilt dann: R p min = 5,5V − 0,4V = 640Ω 8mA 4 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Die Berechnung des oberen Grenzwertes für diesen Widerstand erfordert mehr Aufwand. Einmal muß ein ausreichender High-Pegel Uih sichergestellt werden: R p max = Ucc − Uih min n ⋅ I ih Da auch in diesem Falle der Eingangsstrom der HC-Schaltungen vernachlässigt werden kann, ergeben sich sehr große Werte. Wichtiger bei der Berechnung des maximal zulässigen Widerstandes ist es jedoch, sicherzustellen, daß die maximal zulässige Anstiegszeit tan = 500 ns am Eingang der HC-Schaltung nicht überschritten wird. Damit errechnet sich der Widerstand nach der Formel: −t R p ⋅ Cl Uih = Ucc 1 − e Dabei ist Cl die gesamte Lastkapazität in der Schaltung: Sie setzt sich zusammen aus der Ausgangskapazität des treibenden Gatters (10 pF), der Summe der Eingangskapazitäten der zu treibenden Gatter (je 5 pF), und der Leitungskapazität (1 pF/cm). Löst man die Gleichung nach R p auf, so erhält man: R p max = −t U Cl ⋅ ln 1 − ih Ucc Bei einer gesamten Kapazität Cl = 30 pF ergibt sich dann: R p max = − 500ns = 14kΩ 3,5V 30pF ⋅ ln 1 − 5V Kürzere Anstiegszeiten führen zu niederohmigeren Widerständen und damit zu einer höheren Leistungsaufnahme. Bei der bisherigen Berechnung war man davon ausgegangen, daß das treibende Gatter einen Ausgang mit offenem Kollektor besitzt. Die Verhältnisse werden aber günstiger, wenn statt dessen ein Gatter mit Totem-PoleAusgang (z.B. SN74ALS00) verwendet wird. In diesem Fall sorgt dessen Ausgang für einen Anstieg der Spannung bis auf den Wert Uoh = 2,7 V innerhalb von weniger als 10 ns (Anstiegszeit des TTL-Signals). Der Pull-up-Widerstand muß nun nur noch in der gewünschten Zeit den Pegel auf 3,5V anheben. Bei einer geforderten Anstiegszeit von nun 50 ns gilt dann entsprechend der obigen Formel: R p max = −(50ns − 10ns) = 3,12kΩ 3,5V − 2,7V 30pF ⋅ ln 1 − 5V − 2,7V Wie man sieht, wird der obere Grenzwert für den Widerstand in erster Linie durch die geforderte Anstiegszeit bestimmt. Je größer der Widerstand ist, je größer ist auch die Anstiegszeit und dementsprechend auch die Signalverzögerungszeit. Eine Verkleinerung des Widerstandes erhöht wie oben gezeigt die Geschwindigkeit, hat aber auch eine Erhöhung der Verlustleistung zur Folge. Die dritte Möglichkeit, um TTL-Signale an HC-Schaltungen anzupassen, besteht in der Verwendung spezieller Pegelumsetzer. Diese Methode ist insofern nachteilig, weil der Pegelumsetzer selbst keine logische Funktion hat, und daher der Bauelementeaufwand und der Platzbedarf ansteigt. 5 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Aus der Sicht des Entwicklers ist die Verwendung von HCT-Schaltungen für die Pegelanpassung von TTL-Signalen an HC-Schaltungen die bei weitem einfachste und effizienteste Methode. Diese Bauelemente beinhalten die erforderlichen Pegelumsetzer und zusätzliche logische Funktionen in einer integrierten Schaltung. Weiterhin muß der Entwickler nicht wie bei der Verwendung von Pull-up-Widerständen einen Kompromiß zwischen der Signalanstiegszeit und damit der Systemgeschwindigkeit und der Leistungsaufnahme dieser Stufen schließen. 3 Betriebsspannung der HCT-Schaltungen HCT-Schaltungen haben auf Grund der Tatsache, daß sie mit TTL-Spannungspegeln arbeiten müssen, einen eingeschränkten Betriebsspannungsbereich. Da die interne Schaltung mit Ausnahme der Eingangsstufe der Schaltung der HC-Schaltungen entspricht, würden diese Bauelemente auch über einen Spannungsbereich von 2 bis 6 Volt arbeiten. Abgesehen davon, daß HCT-Schaltungen nur für eine Versorgungsspannung von 4,5 bis 5,5 Volt spezifiziert sind, bringt der Betrieb bei niedrigeren Spannungen gravierende Nachteile: Zum einen verringert sich der Störabstand - speziell beim LowPegel - bei sinkender Versorgungsspannung. Zum anderen sind außerhalb dieses Bereiches die Schaltungen nicht mehr TTL-kompatibel, was ja die primäre Eigenschaft von HCT-Schaltungen sein soll. 4 Störspannungsabstand von HCT-Schaltungen Der Störabstand einer Logikfamilie ist ein wichtiges Kriterium für die Entwicklung eines Systems. Dabei setzt sich der Störabstand aus zwei Komponenten zusammen, die jede für sich betrachtet werden muß: dem Störabstand beim High-Pegel, und dem Störabstand beim Low-Pegel. Der Störabstand beim High-Pegel ist die Spannungsdifferenz zwischen der garantierten Ausgangsspannung Uoh des treibenden Gatters und der garantierten Eingangsspannung Uih des angesteuerten Gatters. Für den Low-Pegel gilt dementsprechend die Spannungsdifferenz zwischen der garantierten Ausgangsspannung Uol und der Eingangsspannung Uil. In Bild 2 sind die Verhältnisse graphisch dargestellt. 6 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Bild 2: Störabstand Bild 3: Garantierte Störabstände bei HC-, HCT- und TTL-Schaltungen Es ist wünschenswert, daß beide Störabstände so groß wie möglich sind, und daß der undefinierte Bereich dazwischen so klein wie möglich ist. Ist der Störabstand in einer bestimmten Anwendung nicht groß genug, können Störungen von einer internen oder externen Quelle das Signal so verfälschen, daß es in den undefinierten Bereich fällt. Interne Störungen werden verursacht durch induktiv oder ohmisch bedingte Spannungsabfälle oder durch induktive und kapazitive Kopplungen mit anderen Signalleitungen, wobei die Verkopplung zwischen Signalleitungen in den meisten Fällen der kritischere Anteil ist. Bild 3 zeigt die Spannungsverhältnisse für HC-, HCT- und TTLSchaltungen. 7 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Da von der störenden Leitung immer ein bestimmter Prozentsatz auf die gestörte Leitung übergekoppelt wird, ist nicht der absolute Störabstand (in Volt) von Interesse, sondern der Quotient von absolutem Störspannungsabstand und Signalspannungshub. Damit errechnet sich der prozentuale Störspannungsabstand S für den High- und den Low-Pegel nach der Formel: Sh = Uoh − Uih min ⋅ 100% Uoh − Uol Sl = Uil max − Uol ⋅ 100% Uoh − Uol Um zu realistischen Werten zu kommen, dürfen beim Berechnen des Signalhubes Uoh Uol nicht die in den Datenblättern garantierten Spannungen für Uoh und Uol verwendet werden. Sie würden einen kleineren Signalhub und damit einen besseren Störabstand vortäuschen als es in der Praxis der Fall ist. Vielmehr muß hier der Spannungswert für den Low- und den High-Pegel eingesetzt werden, den die Schaltung im normalen Betrieb liefert. Die folgende Tabelle zeigt die entsprechenden Werte für HC-, HCT- und TTL-Schaltungen und den daraus resultierenden Störabstand. Um zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen, wird bei der folgenden Berechnung eine Versorgungsspannung U cc = 5 V zu Grunde gelegt. Tabelle 1: Spannungspegel und Störabstand Uohtyp Uoltyp Signalhub Uohtyp-Uoltyp Uihmin Uilmax Sh Uohmin-Uihmin Sl Uilmin-Uolmin Sh Sl HC 4,9 0,1 4,8 3,5 1,0 1,4 0,9 29,1 18,7 HCT 4,9 0,1 4,8 2,0 0,8 2,9 0,7 60,4 14,6 TTL 3,4 0,3 3,1 2,0 0,8 0,7 0,4 22,5 12,9 Einheit V V V V V V V % % Wie man sieht, ist der Störabstand beim Low-Pegel Sl bei allen drei Logikfamilien der kritischere Wert. Er reicht von 18,7% bei HC- bis 12,9 % bei TTL-Schaltungen. Von daher zeigen HC-Schaltungen ein deutlich besseres Verhalten als bipolare Logikschaltungen. Von ausschlaggebender Bedeutung ist aber in der Praxis, in wie weit die einzelnen Schaltungen in der Lage sind, Störungen, die in eine Leitung eingeprägt werden, zu dämpfen. Hierbei spielt in erster Linie die Ausgangsimpedanz der Schaltungen eine Rolle. Zur Messung des tatsächlichen Störabstandes, der in einem System zu erwarten ist, dienen die Meßschaltungen in Bild 4 und 5. Hierbei wird das Übersprechen zwischen zwei parallel laufenden Leitungen gemessen. Eine sinnvolle Leitungslänge ist dabei eine Länge von 25 cm. Das ist die größte Länge, die normaler Weise auf einer gedruckten Schaltung vorkommt. Im ersten Falle (Bild 4) laufen die Signale in der gleichen Richtung über die Leitung. Eine Störung, die von der störenden Leitung auf die gestörte Leitung eingeprägt wird, wird von der niedrigen Ausgangsimpedanz des Gatters auf der gestörten Leitung sofort weitgehend kurzgeschlossen. Die Bilder zeigen auf dem oberen Teil das Signal auf der störenden Leitung, und darunter die Störungen auf der gestörten Leitung, wenn diese sich einmal im High- und zum anderen im Low-Pegel befindet. Sowohl HC- als TTLSchaltungen zeigen hier ein gutes Verhalten, d.h. die Störungen bleiben in allen Fällen weit unterhalb der zulässigen Werte. 8 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Bild 4: Störabstand, Fall 1 Im zweiten Falle wird die gleiche Leitungsanordnung benutzt, jedoch ist jetzt der Signalverlauf auf den beiden Leitungen entgegengesetzt. Eine Störung, die die störende Leitung auf die parallel laufende Leitung einprägt, wird nun nicht mehr sofort gedämpft, weil an dieser Stelle die Leitung nur durch den hochohmigen Eingang der Leitung abgeschlossen ist. Vielmehr wird die Störung weitgehend wirksam und läuft auf der Leitung bis zum Ausgang des Treibers, wo sie von dessen niedriger Ausgangsimpedanz weitgehend kurzgeschlossen wird. Das gedämpfte Störsignal wird nun vom Leitungsanfang reflektiert, worauf dann auch am Ende der gestörten Leitung nach insgesamt der doppelten Signallaufzeit die Störung abgebaut wird. Auf Grund des höheren Signalhubes bei HC-Schaltungen (4,8 Volt) im Gegensatz zu TTL-Schaltungen (3,5 Volt) ist mit einer größeren Störamplitude zu rechnen. Dies allein würde aber nicht die erheblichen Amplitudenunterschiede erklären, die die beiden Oszillogramme in Bild 5 zeigen. Vielmehr ist in diesem Falle die Ausgangsimpedanz der Schaltungen von ausschlaggebender Bedeutung, die besonders beim kritischeren Low-Pegel bei TTLSchaltungen erheblich niederohmiger (Ri = 10 Ω) ist als bei HC-Schaltungen (Ri = 50 Ω). Hinzu kommt noch, daß die Flankensteilheit (du/dt) besonders bei der positiven Flanke bei HC-Schaltungen deutlich größer ist als bei TTL-Schaltungen. In der Praxis ist aber auch in diesem Falle bei HC-Bauelementen in den meisten Fällen nicht mit Störungen zu rechnen. Dies liegt in erster Linie daran, daß bei HC-Schaltungen die typische Schwellspannung am Eingang bei 2,5 Volt liegt, und dieser Wert in den gezeigten Fällen nicht erreicht wird. Dies gilt aber nicht mehr für HCT-Schaltungen. Hier überschreitet die Störamplitude deutlich die typische Schwellspannung von 1,5 Volt. 9 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Bild 5: Störabstand, Fall 2 Zusammenfassend kann gesagt werden, das innerhalb eines TTL- oder eines HCSystems systemeigene Störungen unterhalb der kritischen Werte bleiben. Bei Verwendung von HCT-Schaltungen sollte jedoch die maximale Leitungslänge 10 cm nicht überschreiten, damit das Übersprechen zwischen den Signalleitungen unterhalb der kritischen Werte bleibt. Da HCT-Schaltungen aber sinnvollerweise nur an den Schnittstellen zwischen HC- und TTL-Schaltungen eingesetzt werden, und in diesen Fällen die Leitungslängen nur kurz sind, bedeutet diese Forderung in der Praxis keine schwerwiegende Einschränkung. 5 Leistungsverbrauch von HCT-Schaltungen Die Schwellspannung einer CMOS-Schaltung wird durch die Geometrie der Transistoren der Eingangsstufe bestimmt. Diese Transistoren werden so ausgelegt, daß sie bei der geforderten Schwellspannung am Eingang den gleichen Strom führen, und daß sich damit am Ausgang dieser Stufe eine Spannung einstellt, die der halben Versorgungsspannung Ucc entspricht. Bei einer HC-Schaltung ist die Kanalbreite des PKanal-Transistors der Eingangsstufe ungefähr doppelt so groß wie die des N-KanalTransistors. Damit wird erreicht, daß beide Transistoren die gleiche Übertragungskennlinie haben (Bild 6), und damit die Schwellspannung der Eingangsstufe bei 50% der Versorgungsspannung Ucc liegt. Bei HCT-Schaltungen wurde dieser Schaltungsteil geändert, so daß der N-Kanal-Transistor nun etwa siebenmal breiter ist als der P-Kanal-Transistor (Bild 6). Damit wird die Schwellspannung so verschoben, daß sie bei etwa einem Drittel der Versorgungsspannung liegt. Bei einer Versorgungsspannung Ucc = 5 V ergibt sich dann eine Schwellspannung von 1,5 Volt. 10 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Bild 6: Struktur der Eingangsstufe von HC- und HCT-Schaltungen Um die geforderten Parameter bei HCT-Schaltungen zu erreichen, müssen einige Kompromisse geschlossen werden. Eine beliebige Verkleinerung des P-KanalTransistors ist nicht möglich, ohne durch den damit verminderten Drainstrom die Geschwindigkeit der Schaltung ebenfalls zu reduzieren. Daher muß der N-KanalTransistor vergrößert werden, um die Schwellspannung entsprechend zu verschieben. Das hat jedoch zur Folge, daß im Falle, daß die Eingangsspannung nicht gleich der Versorgungsspannung (P-Kanal-Transistor gesperrt) oder dem Massepotential ist (NKanal-Transistor gesperrt), der Versorgungsstrom der Schaltung ansteigt (Bild 7). In diesem Falle sind beide Transistoren mehr oder weniger leitend. Dies ist besonders dann der Fall, wenn HCT-Schaltungen mit TTL-Spannungspegeln angesteuert werden. Um dem Schaltungsentwickler eine Berechnung der zu erwartenden Leistungsaufnahme zu ermöglichen, gibt Texas Instruments in den Datenbüchern für HCT-Schaltungen den Parameter ∆Icc an, der die Zunahme des Versorgungsstroms Icc bei Ansteuerung mit TTL-Pegeln (Uil = 0,4 V, Uih = 2,4V) spezifiziert. 11 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Bild 7: Stromaufnahme als Funktion der Eingangsspannung Welchen Einfluß dies in einem System hat, soll Bild 8 veranschaulichen. Es zeigt die Stromaufnahme eines SN74HCT245, bei dem alle 8 Eingänge angesteuert werden. Im einen Falle hat das Eingangssignal HC-Pegel (Uil = 0 V, Uih = 5 V), im anderen Fall TTLPegel (Uil = 0,4 V, Uih = 2,4 V). Das Tastverhältnis des Eingangssignals beträgt 50 %. Jeder Ausgang ist mit 50 pF belastet. Wie man sieht, liegt die Stromaufnahme bei Ansteuerung mit TTL-Pegeln um etwa 2 mA höher. Bild 8: Stromaufnahme als Funktion der Frequenz Bei Frequenzen oberhalb von 5 MHz ist dieser Effekt nur noch von untergeordneter Bedeutung, da dann die Stromaufnahme im wesentlichen von der Leistung bestimmt wird, die zur Umladung der Lastkapazität benötigt wird. Außerdem wird sich in der Praxis meist eine wesentlich kleinere Erhöhung der Stromaufnahme bei der Ansteuerung mit TTL-Pegeln zeigen. Das liegt daran, daß TTL-Schaltungen typisch einen wesentlich höheren Spannungshub liefern als den in der obigen Messung verwendeten Datenblattwert. 6 Verzögerungszeiten 12 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Ein weitere Einschränkung bei der Verwendung von HCT-Schaltungen ergibt aus der größeren Übertragungsverzögerungszeit dieser Bauelemente. Auch wenn diese Schaltungen nicht mehr Stufen enthalten als HC-Schaltungen, so ergibt sich doch durch den verkleinerten P-Kanal-Transistor und die höhere Kapazität des N-Kanal-Transistors eine verlängerte Umladezeit am Ausgang der ersten Stufe. Dies führt zu einer Verlängerung der Übertragungsverzögerungszeit bei HCT-Schaltungen von etwa 1 bis 2 ns gegenüber der von HC-Schaltungen. 7 Bergeron-Analyse Die hohe Geschwindigkeit der neuen Logikfamilien - Advanced-Low-Power-Schottky und ebenso HC - und die damit verbundene höhere Flankensteilheit - besonders bei HC - führt dazu, daß sich der Entwickler von Systemen eingehend mit dem Verhalten von elektrischen Wellen auf Leitungen, speziell mit dem Problem der Leitungsreflexionen auseinandersetzen muß. Da die Anstiegs- und Abfallzeit der logischen Signale kürzer ist als die Laufzeit der Signale auf den Leitungen, und Leitungen in digitalen Systemen normalerweise nicht abgeschlossen sind, treten Leitungsreflexionen auf, die unter Umständen die übertragenen Signale so stark verzerren, daß ein Empfänger am Ende der Leitung nicht mehr in der Lage ist, dieses Signal einwandfrei zu erkennen. Auf Grund der Tatsache, daß digitale Schaltungen keine linearen Eingangs- und Ausgangskennlinien haben, lassen sich die für die Ermittlung von Leitungsreflexionen bekannten Gleichungen nicht ohne weiteres anwenden. Günstiger ist es in einem solchen Falle ein zeichnerisches Verfahren - das sogenannte Bergeron-Diagramm anzuwenden, welches für die hier in Frage kommenden Fälle ausreichend genaue Ergebnisse liefert. Bild 9 zeigt die Ausgangskennlinien für High und Low eines SN74ALS245A, sowie die Eingangskennlinie einer HC-Schaltung (da der Eingangsstrom dieser Schaltungen vernachläßigbar klein ist, fällt diese Kennlinie im Bereich 0 bis 5 Volt mit der U-Achse zusammen). Durch Einzeichnen der Widerstandsgeraden mit der Steigung Zo bzw. -Zo erhält man sowohl für die positive als auch für die negative Flanke den Spannungsverlauf am Sender und Empfänger. Bild 10 zeigt den resultierenden Spannungsverlauf. Wie man sieht, werden in beiden Fällen am Leitungsende Spannungspegel erreicht, die innerhalb der geforderten Grenzen (Uilmax = 0,8 V, Uihmin = 2.0 V) liegen. Der bei der negativen Flanke am Leitungsende auftretende negative Überschwinger wird durch die in den Eingangsschutzschaltungen der HCSchaltungen integrierten Dioden ausreichend gedämpft. 13 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Bild 9: Bergeron-Diagramm, Treiber SN74ALS245A Bild 10: Leitungsreflexionen, Treiber SN74ALS245A Bild 11 und 12 zeigen die entsprechenden Diagramme, wenn eine HC- oder HCTSchaltung als Treiber eingesetzt wird. Bei der positiven Flanke ergeben sich keine Probleme. Am Leitungsende stellt sich sofort eine Spannung von 3,5 Volt ein, die sowohl für HC- als auch für HCT-Schaltungen ein ausreichender High-Pegel ist. Anders sieht es bei der negativen Flanke aus. Hier erreicht die Spannung am Leitungsende zunächst nur einen Pegel von etwa 1 Volt. Dieser Spannungswert ist voll ausreichend zur Ansteuerung einer HC-Schaltung, erlaubt aber nicht die sichere Ansteuerung einer HCT-Schaltung, die einen Low-Pegel kleiner als 0,8 Volt fordert. 14 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen Bild 11: Bergeron-Diagramm, Treiber SN74HC245 Bild 12: Leitungsreflexionen, Treiber SN74HC245 8 Zusammenfassung Die Schaltungsfamilie SN74HCT von Texas Instruments bildet eine Untergruppe der Serie SN74HC. Während Schaltungen beider Familien von der Funktion her identisch sind, wurde bei der HCT-Familie die Eingangsschaltung so geändert, daß diese Schaltungen direkt von TTL-Schaltungen ohne Verwendung weiterer Bauelemente angesteuert werden können. Von daher bietet diese Familie die ideale Möglichkeit, um in gemischten (TTL- und HC-) Systemen auf einfache und kostengünstige Art die Interfaceprobleme zu lösen. Die Verwendung von HCT- anstelle von HC-Schaltungen in reinen CMOS-Systemen erscheint jedoch nach den oben beschriebenen Erkenntnissen nicht sinnvoll. Der große Vorteil von HC-Schaltungen - der weite Versorgungsspannungsbereich - kann nicht mehr ausgenutzt werden. Zudem wurde gezeigt, daß die niedrigere Schaltschwelle das dynamische Verhalten ungünstig beeinflußt: Auf Grund des geringeren Störabstandes ist bei längeren Leitungen auf der Leiterplatte mit einer erhöhten Gefahr durch Störungen auf Grund von Übersprechen zu 15 Applikationslabor EB163A HCT-Schaltungen rechnen. Ebenfalls zeigt sich, daß in Bussystemen, wie sie heute in MikroprozessorApplikationen verwendet werden, die verringerte Schaltschwelle einen sicheren Betrieb nicht mehr gewährleistet. 16 Applikationslabor