DFP - Literaturstudium Behinderte Nasenatmu Eine temporär behinderte Nasenatmung kann allergisch, infektiös oder toxisch bedingt sein. Von einer permanenten Behinderung der Nasenatmung spricht man bei einer Dauer von mehr als drei Monaten. Ursachen sind neben einer perennialen Allergie vor allem Strukturveränderungen, Neubildungen im Sinne von Schleimhauthyperplasie, aber auch Fremdkörper und Tumore. Von Michael Formanek und Andreas Temmel* Einleitung Als behinderte Nasenatmung bezeichnet man den Zustand eines unzureichenden Luftstroms durch die Nase. Die Behinderung kann temporär, permanent ein- oder beidseitig empfunden werden. Die Symptome einer behinderten Nasenatmung sind nicht nur die Obstruktion in der Nase, sondern auch der trockene Mund vor allem am Morgen, häufig verbunden mit Halsschmerzen und Reizhusten (typischerweise tagsüber besser). Außerdem können eine Riechstörung und Schlafstörungen bis hin zum obstruktiven Schlafapnoesyndrom vorliegen. Da das obstruktive Schlafapnoesyndrom eine deutlich erhöhte Morbidität und Mortalität für die Betroffenen nach sich zieht, stellt die behinderte Nasenatmung in diesen Fällen eine ernstzunehmende Erkrankung dar. Wegen der Gefahr des Fortschreitens einer allergischen Rhinitis zum Asthma ist eine frühzeitige systematische Diagnosestellung und Therapie wichtig. Die behinderte Nasenatmung hat letztlich auch Auswirkungen auf die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit in Beruf und Schule. Temporäre Behinderung der Nasenatmung Diese stellt eine entzündliche Reaktion der Nasenschleimhaut dar. Sie kann allergisch, infektiös oder toxisch sein. Durch den Reiz kommt es zur verstärkten 26 ÖÄ ÄZ Z ■ ■ 8 8 ■ ■ 2 25 5 .. A Ap p rr ii ll 2 20 0 11 77 Ö Durchblutung der Schwellkörper der Nasenschleimhaut und zu einer Verstärkung der Sekretion. Die häufigste Erkrankung der Menschheit stellt der banale akute „Schnupfen“ (Rhinitis simplex acuta) dar, eine Viruserkrankung der Nasenschleimhaut. Es ist die häufigste Infektionskrankheit und tritt bei Erwachsenen zwei- bis viermal jährlich auf. In 50 Prozent der Fälle können Rhinoviren als Auslöser nachgewiesen werden, aber auch Adeno-, Influenza-, Parainfluenza- und RS-Viren können die Ursache sein. Die Inkubationszeit liegt zwischen ein und vier Tagen. Zuerst kommt es zu einem serösen Stadium. Dieses ist gekennzeichnet durch eine seröse Hypersekretion mit nasaler Obstruktion, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und/oder Fieber. Durch das Überschreiten der Transportkapazität des mukoziliären Systems kommt es zu einer anterioren Rhinorrhoe, welche dann in ein muköses Stadium übergeht. Häufiges Schnäuzen sowie die aggressive Beschaffenheit des Sekrets mit Inhaltsstoffen wie Proteasen reizt die Haut am Naseneingang, so dass es zur sogenannten Schnupfennase kommt. Die durch die Entzündung geschädigte Nasenschleimhaut bietet Bakterien eine gute Angriffsfläche. Dadurch kann es so in einer zweiten Phase zur bakteriellen Superinfektion kommen. Das Sekret wird hierbei putride und der Heilungsprozess verzögert. state of the art ng und Rhinosinusitis Die Diagnose der Erkrankung wird klinisch gestellt ohne eine weitere Hilfsdiagnostik. Üblicherweise ist die Erkrankung selbstlimitierend und mit einer symptomatischen Therapie gut beherrschbar. Der Einsatz von Antibiotika ist nicht empfohlen. Allerdings kann sie auch Wegbereiter für eine chronische Erkrankung sein. Hält die Erkrankung länger an und sind andere spezifische Symptome vorhanden, sollte an eine Differentialdiagnose gedacht werden (Tab 1.). Die häufigste Einzelursache für behinderte Nasenatmung stellt die Allergie Typ I (Soforttyp) auf aerogene Allergene dar. Mit einer Häufigkeit von mindestens 20 Prozent in der westlichen Bevölkerung muss sie stets berücksichtigt werden. Die wichtigsten Symptome sind blockierte Nasenatmung, Hypersekretion der Nase, Juckreiz, Niesattacken und der sogenannte „postnasale drip“, eine vermehrte Sekretbildung an der Rückseite des Gaumensegels. Diese Symptome treten bei Allergien gegen Pollenallergene saisonal auf und halten meist nur einige Wochen lang an. Bei Polyallergikern mit Sensibilisierung gegen mehrere Pollenarten gleichzeitig und bei Personen, die gegen Hausstaubmilben, Tierepithelien (Katze, Hund, Nagetiere) oder Schimmelpilze allergisch sind, kann eine chronische Allergie bestehen. Bei Patienten mit solch persistierenden Allergiesymptomen steht oft die verlegte Nasenatmung im Vordergrund. © SPL, picturedesk.com 40 Prozent der Betroffenen entwickeln in späterer Folge ein Asthma bronchiale. Diese Erkrankung der Atemwege, die ungefähr fünf Prozent der erwachsenen österreichischen Bevölkerung und zehn Prozent der Kinder betrifft, ist in 70 Prozent der Fälle allergischer Genese. Praktisch immer geht dem Entstehen eines allergischen Asthmas eine allergische Rhinitis voraus. Im Durchschnitt dauert es mehrere Jahre, bis bei neu aufgetretenen Allergien die rich- tige Diagnose gestellt wird. Es ist daher wichtig, bei entsprechender Symptomatik eine Allergie als mögliche Differentialdiagnose in Betracht zu ziehen. Eine wesentliche Rolle spielt bei der Diagnostik die richtig durchgeführte Anamnese, der üblicherweise eine Hauttestdiagnostik und/oder Bestimmung des spezifischen IgE folgt. Eine frühzeitige richtige Diagnose ist nicht nur wichtig, um die akuten Symptome zu lindern, sondern auch, um ein Fortschreiten in andere Erkrankungen durch rechtzeitige Therapie zu verhindern. Bei der Allergieanamnese sollte die Art der Symptome, ein Zusammenhang mit der Exposition, der Zeitpunkt des Auftretens (tages- und jahreszeitliche Schwankungen), Berufsanamnese sowie eine Familienanamnese erhoben werden. Eine sorgfältig durchgeführte Anamnese gibt meist klare Hinweise auf die Auslöser. Eine Allergie kann nur dann diagnostiziert werden, wenn auch eine entsprechende Anamnese vorhanden ist. Positive Tests ohne entsprechende Anamnese sind nicht therapiewürdig. Nach der positiven Anamnese folgt der „skin prick test“, der eine Sofortdiagnose und Beratung zulässt. Die Bestimmung der spezifischen IgE-Antikörper im Blut erfolgt zur Sicherung der Diagnose. Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich typischerweise eine livide Verfärbung der geschwollenen Schleimhaut und eine wässrige Rhinorrhoe. Differentialdiagnostisch sind medikamentös induzierte Rhinitiden zu erwähnen. Darunter versteht man eine abnorme Reaktion der Nasenschleimhaut, die durch ein Medikament ausgelöst wird und nach seinem Absetzen sistiert. Am bekanntesten ist hier der sogenannte „Privinismus“, der als Nebenwirkung bei : ÖÄ ÄZ Z ■ ■ 8 8 ■ ■ 2 25 5 .. A Ap p rr ii ll 2 20 0 11 77 Ö 27 DFP - Literaturstudium : Langzeitgebrauch von α1-Sympathomimetika auftritt und auf eine direkt pharmakologisch induzierte Ermüdung der alpha-adrenergen Gefäßrezeptoren der Schwellkörper in der Nase zurückzuführen ist. Zentral wirksame Substanzen (Reserpin, Methyldopa), Antihypertensiva (Guanethidin, ACE-Hemmer) und Hormone (vor allem Östrogene) können ebenfalls zu einer behinderten Nasenatmung führen. Bei positiver Anamnese hilft meist eine Umstellung oder das Absetzen des Medikamentes. Die in der Schwangerschaft gesteigerten Spiegel von Progesteron und Östrogen können zur sogenannten Rhinitis gravidarum führen; die Inzidenz liegt bei fünf bis 30 Prozent der Schwangeren. Dabei kommt es zu einer hormonbedingten Ödembildung in der Schleimhaut der Nase und Nasennebenhöhlen. Die Therapie ist lediglich symptomatisch meist mit glukokortikoidhältigen Sprays, da diese nicht resorbiert werden und daher keinen Einfluss auf die Schwangerschaft haben. Die nasale Obstruktion verschwindet unmittelbar nach der Entbindung. Toxische Ursachen werden nur vollständigkeitshalber erwähnt, spielen aber eine untergeordnete Rolle. Alle Erkrankungen, die mit einer Schwellung der Schleimhaut zusammenhängen, können natürlich auch die Nasennebenhöhlen betreffen und stellen somit eine Rhinosinusitis dar. Permanente Behinderung der Nasenatmung Dabei handelt es sich grundsätzlich um Ursachen, die zu einer länger als drei Monate dauernden Behinderung der Nasenatmung führen. Auf die häufigsten wird im Folgenden eingegangen. Neben der perennialen Allergie sind es vor allem Strukturveränderungen wie die Septumdeviation, Muschelhyperplasie und die Concha bullosa sowie Neubildungen im Sinne von Schleimhauthyperplasie (Polypen, chronische Rhinosinusitis), aber auch Fremdkörper und Tumoren. 28 ÖÄZ ■ 8 ■ 25. April 2017 Von ÄK freigeben lassen *rechtl Hinweis von WKO noch dazu Arzt als ersteseingangskollaps Sujet oder eine Veränderung Als Septumdeviation bezeichnet man Abweichungen der Nasenscheidewand aus der Median-Sagittal-Ebene. Diese führt je nach Ausprägung zur Einschränkung der Nasenatmung. Man unterscheidet Luxation, Subluxation, Verbiegung, Fraktur, Bodenleisten, aufsteigende Septumleisten und Schrägstand des Septums. Eine andere Strukturveränderung kann im Bereich der Nasenmuscheln liegen. Das Schwellgewebe der Nasenmuscheln reguliert die Nasenweite und damit die Luftdurchgängigkeit. Dabei kann neben Formstörungen der knöchernen Infrastruktur (Os turbinale, Concha bullosa) eine pathologische Schleimhauthyperplasie ein wesentlicher Faktor bei einer Nasenfunktionsstörung sein. Im Bereich des Naseneingangs kann auch eine Schwäche der Nasenflügel zu einer Instabilität der Nasenflügel und einem Ansaugphänomen führen. Ein weiterer Grund für eine Behinderung der Nasenatmung stellt die chronische Rhinosinusitis mit Polypen und ohne Polypen dar. Bei der chronischen Rhinosinusitis steht nicht die Infektion, sondern die Entzündung im Vordergrund. Deswegen steht auch die anti-entzündliche Therapie im Fokus. Seltener kommt es in den Nasennebenhöhlen auch zur Malignombildung, wobei am häufigsten die Adenokarzinome vorkommen. Nicht selten handelt es sich hierbei um eine einseitige Nasenatmungsbehinderung, die neben einer vermehrten Schleimbildung auch zu Epistaxis-Episoden führt. Diagnostik Die spezifische Anamnese sollte verschiedene Aspekte berücksichtigen: zum einen die funktionellen Beeinträchtigungen wie Nasenatmungsbehinderung, ein nasales Atemgeräusch, Epistaxis, Trockenheit, Krustenbildung, Hypersekretion, eine gestörte Riechfunktion, Dysphonie und die Vorgeschichte wie Trauma, Voroperation, Nasennebenhöhlenerkrankungen und Allergie. Bei der klinischen Untersuchung muss zuerst eine Inspektion der äußeren Nase erfolgen. Hierbei können ein Nasen- des Nasen-Lippen-Komplexes bereits erfasst werden. Die Inspektion der inneren Nase mittels anteriorer Rhinoskopie sowie Endoskopie der hinteren Nasenabschnitte und des Nasenrachenraumes sind der Standard. Zur Beurteilung der Nasenklappe kann ein Cottle-Test durchgeführt werden. Fallbezogen können verschiedene Hilfsuntersuchungen eine wertvolle Zusatzinformation auf die Problematik geben wie zum Beispiel die Rhinomanometrie (vor und nach Abschwellen der Schleimhaut), die Olfaktometrie, die Allergiediagnostik und bildgebende Verfahren (beispielsweise ein CT). Therapie Konservative Therapie der Rhinitis und Rhinosinusitis 1) Topische Kortikosteroide Die Einführung von topisch verabreichten Kortikosteroiden hat die Behandlung der Rhinitis und Rhinosinusitis nachweislich verbessert. Die klinische Effektivität beruht zum Teil auf deren Fähigkeit, die Aktivierung und Lebensdauer von Eosinophilen zu reduzieren beziehungsweise darauf, indirekt die Sekretion von chemotaktischen Zytokinen in der sinonasalen Mukosa und epithelialen Zellen zu vermindern. Dieser anti-entzündliche Effekt zeigt sich sowohl bei der nicht-allergischen als auch bei der allergischen Rhinosinusitis. Indikationen für den Einsatz eines topischen Kortikosteroids: • Akute/chronische allergische/nichtallergische Rhinitis • Akute Rhinosinusitis • Chronische Rhinosinusitis ohne/mit Polypen • Postoperative Behandlung einer chronischen Sinusitis 2) Systemische Kortikosteroide In einzelnen Studien wurde belegt, dass bei der Behandlung der chronisch polypoiden Rhinosinusitis ein positiver Effekt für den Einsatz von systemischen Kortikosteroiden gegenüber der operativen : DFP - Literaturstudium Behinderung der Nasenatmung: Differentialdiagnose Erkrankung muss die Indikation für diese Substanzen sehr streng gestellt werden. Art Rhinitis Infektiös viral, bakteriell, andere Allergisch saisonal, perennial Nicht-allergisch hyperreflektorisch, NARES, hormonell, andere Medikamentös Dekongestiva, Kokain, Beta-Blocker, Antihypertensiva, andere Mechanisch/Trauma Septumdeviation Nasenmuschelhyperplasie Adenoide Concha bullosa Fremdkörper Choanalatresie Mukozelen/Pyozelen Frakturen Rhinoliquorrhoe (Rhino-)sinusitis Akut viral, bakteriell Chronisch ohne/mit Polypen Tumore benign, malign Fehlbildungen Ziliendyskinesien, Zystische Fibrose, Meningozelen, andere Sekundäre Rhinitis/Sinusitis M. Wegener, Sarkoidose, dentogen, Immundefizienz, Mykose, Aspirinintoleranz Tab. 1 : Sanierung vorliegt. Neben der Reduktion der nasalen Obstruktion konnte eine Verbesserung des Geruchssinns nachgewiesen werden. Limitiert wird der Einsatz systemischer Kortikosteroide naturgemäß durch ihr Nebenwirkungsprofil, wenngleich die Option besteht, nach einer begrenzten Anwendungsdauer auf ein topisches Kortikosteroid umzusteigen. 3) Antibiotikabehandlung Während der Einsatz von Antibiotika bei der bakteriell gesicherten akuten Sinusitis außer Frage steht, bleibt trotz zahlreicher Studien (mehr als 2.000) die Sinnhaftigkeit der Antibiotika-Gabe im Rahmen einer chronischen Sinusitis fraglich. Kurzzeittherapie der chronischen Rhinosinusitis: Für die kurzzeitige Anwendung (bis zu vier Wochen) von Antibiotika existieren keine Placebo-kontrollierten Studien. Es wurden lediglich Studien 30 Ö ÖÄ ÄZ Z ■ ■ 8 8 ■ ■ 2 25 5 .. A Ap p rr ii ll 2 20 0 11 77 durchgeführt, in denen bei der akuten Exazerbation einer chronischen Sinusitis die unterschiedliche Gabe von Antibiotika miteinander verglichen wurde, wobei sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Antibiotika im Hinblick auf deren Wirksamkeit feststellen ließen. Somit werden Antibiotika zur kurzzeitigen Anwendung nur bei akuten Exazerbationen empfohlen (Empfehlungsgrad B). Langzeittherapie einer chronischen Rhinosinusitis: Für die Langzeitanwendung von Makrolid-Antibiotika existiert eine Vielzahl von Publikationen. Dabei stellt sich die Datenlage für die Behandlung der chronischen Rhinosinusitis nicht eindeutig dar. Bis heute existieren lediglich zwei Placebo-kontrollierte Studien mit dieser Fragestellung; diese weisen jedoch unterschiedliche Ergebnisse auf. Angesichts der potentiellen Nebenwirkungen und Interaktionen mit anderen Medikamenten 4) Sonstige Hierzu zählen additiv eingesetzte Medikamente wie abschwellende Nasentropfen (vasokonstriktive Substanzen), Salzwassersprays oder Salzwasserspülungen, Antihistaminika, Mukolytika/Sekretolytika, Antimykotika u.a. Abschwellende Nasentropfen/Nasensprays: Im Rahmen der Behandlung einer akuten Rhinosinusitis beziehungsweise einer akuten Exarzerbation einer akuten Rhinosinusitis werden regelmäßig abschwellende Nasentropfen eingesetzt. Neben der Verminderung der nasalen Obstruktion ist in erster Linie eine Abschwellung der osteomeatalen Einheit der Nasennebenhöhlen gewünscht. Demgegenüber stehen die Nebenwirkungen beim längerem Einsatz (> zwei bis drei Wochen) solcher Substanzen mit verstärkter nasaler Obstruktion beispielsweise als Reboundphänomen. Meersalz- und Kochsalzspülungen/Kochsalzsprays: Anders als bei der akuten Rhinosinusitis werden Kochsalzspülungen/ Kochsalzsprays für die Behandlung der chronischen Rhinosinusitis empfohlen (Empfehlungsgrad A). Dabei zeigt sich in der Literatur ein Vorteil in der Anwendung von Nasenspülungen gegenüber Nasensprays. Antihistaminika: Während der therapeutische Effekt durch den Einsatz von Antihistaminika bei der Behandlung der akuten allergischen Rhinosinusitis und der chronisch polypoiden Rhinosinusitis in kontrollierten Studien nachgewiesen wurde (Evidenzlevel Ib), fehlt dieser Nachweis im Falle der chronischen Rhinosinusitis ohne Polypen. Mukolytika/Sekretolytika: Für den Einsatz von mukolytisch/sekretolytisch wirksamen Medikamenten in der Behandlung der akuten Rhinosinusitis gibt es in der Literatur keine Evidenz. Einzelne, deskriptive Studien konnten einen geringgradigen Vorteil (Evidenzlevel III) für die chronische Rhinosinusitis zeigen. state of the art Fotos © HNO Barmherzige Brüder Wien Funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlenchirurgie Septum Septum Mittlere Nasenmuschel Hinteres Siebbein Hinteres Siebbein Mittlere Nasenmuschel Mittlere Nasenmuschel Mittlere Nasenmuschel Hinteres Siebbein Mittlere Nasenmuschel Mittlerer NasengangMittlere mit Zur Kieferhöhle Mittlere Nasenmuschel Eröffnetes vorderes Siebbein Hinteres Siebbein Mittlere Nasenmuschel Eröffnetes vorderes Siebbein ZurKieferhöhle Kieferhöhle Nasenmuschel Mittlerer Nasengang mit Zur Eröffnetes vorderes Siebbein Septum Septum Septum Polyp aus dem Siebbein Mittlerer Nasengang mit Zur Kieferhöhle Polyp aus dem Siebbein Eröffnetes vorderes Siebbein Mittlerer Nasengang mit Polyp ausaus dem Siebbein Polyp dem Siebbein Mittlere Mittlere Mittlere Nasenmuschel Nasenmuschel Nasenmuschel Hinteres Hinteres HinteresSiebbein Siebbein Siebbein Mittlere Mittlere Mittlere Nasenmuschel Nasenmuschel Fotos: Functional endoscopic sinus surgery (FESS)Nasenmuschel Fotos: Functional endoscopic sinus surgery (FESS) Fotos: Functional endoscopic sinus surgery (FESS) Mittlerer Mittlerer Mittlerer Nasengang Nasengang Nasengang mit mit mit Zur Zur ZurKieferhöhle Kieferhöhle Kieferhöhle Eröffnetes Eröffnetes Eröffnetesvorderes vorderes vorderesSiebbein Siebbein Siebbein Septum Septum Polyp Polyp Polypaus aus ausdem dem demSiebbein Siebbein Siebbein © HNO Barmherzige Brüder Wien © HNO Barmherzige Brüder Wien (leicht und mäßig-schwer). Einschränkung Antimykotika: Die Anwendung von AntiHNO Barmherzige Brüder Wien Nach dieser Einteilung erfolgt die Therpiemykotika © im Rahmen der invasiven Fotos: Fotos: Fotos:Functional Functional Functional endoscopic endoscopic endoscopic sinus sinussurgery surgery surgery(FESS) (FESS) (FESS) empfehlung im Sinne eines Stufenplans. Pilzsinusitis muss derzeit aufgrund sinus der Erste medikamentöse Therapieoption Studienlage mit einem Evidenzlevel IV sind nasale oder nicht-sedierende orale bewertet werden. Antihistaminika, topische Kortikosteroide © HNO HNO HNO Barmherzige Barmherzige Barmherzige Brüder Brüder Brüder Wien Wien Wien sowie Leukotrienantagonisten. Zusätzlich Biologika: ©©Für die Behandlung der können abschwellende Nasentropfen hilfchronischen Rhinosinusitis steht eine reich sein. Um die Entstehung von AsthReihe weiterer Therapieziele zur Verma bei Rhinitis-Patienten zu verhindern, fügung wie zum Beispiel die Blockade wird die spezifische Immuntherapie empvon einzelnen Zytokinen (Anti-IL5, Antifohlen. Klassischerweise wird bei dieser IL4/-13), aber auch die Ausschaltung Therapie das auslösende Allergen subkubestimmter Zellen, insbesondere von tan oder sublingual verabreicht. Es hanIgE-produzierenden B-Zellen (Anti-IgE). delt sich um eine mehrjährige (drei bis Obwohl die Entwicklung dieser Biologika fünf Jahre) Therapie. sehr vielversprechend ist, ergeben sich doch Probleme beispielsweise durch Chirurgische Therapie die hohen Kosten in der Produktion und Entwicklung dieser Substanzen, durch die Notwendigkeit der systemischen Im Gegensatz zur medikamentösen Applikation und die zum Teil nicht auszuTherapie sind chirurgische Therapieverschließenden Langzeiteffekte. fahren nicht ohne weiteres standardisierbar. Die chirurgische Therapie wird 5) Therapie der allergischen Rhinitis vielmehr an die jeweilige individuelle Die Therapie der allergischen Rhinitis funktionelle und anatomische Ausgangsbezieht sich auf die ARIA-Guidelines. situation angepasst. Wesentlich für die Diese unterteilt die allergische Rhinitis Auswahl des geeigneten chirurgischen in intermittierend (weniger als vier Tage Verfahrens ist die exakte Analyse der zupro Woche oder weniger als vier Wochen grundeliegenden Formveränderung und pro Jahr) und persistierend (mehr als vier Nasenpathologie. Die bestehende VielTage pro Woche und mehr als vier Wochen falt an operativen Techniken erschwert pro Jahr) sowie in den Schweregrad der die Vergleichbarkeit der zur Verfügung Abb. 1 stehenden Verfahren. Grundsätzlich kann man festhalten, dass in der gesamten Rhinochirurgie mehr als 85 Prozent der Studien den Evidenzleveln IV und V zuzuordnen sind. Septumdeviation Bis zu 80 bis 90 Prozent der Menschen haben eine Nasenseptum-Deviation. Aktueller Goldstandard ist die Septumplastik nach Cottle. Die Korrektur der Nasenscheidewand dient nicht nur der Normalisierung eines erhöhten Atemwiderstandes, sondern auch einer Verbesserung der Klimatisierungsfunktion. Eine unerwünschte Folge der Operation kann eine Septumperforation sein. Diese kann zu Krustenbildung und somit zur Behinderung der Nasenatmung führen (abhängig von Lage und Größe des Defektes). Die Septorhinoplastik, bei der neben einer Septumplastik auch eine Korrektur der knöchernen Nasenpyramide erfolgt, wird immer dann notwendig, wenn auch funktionell relevante Formstörungen der äußeren Nase vorliegen. Nasenmuschelhyperplasie Einer der häufigsten Gründe für eine Behinderung der Nasenatmung stellt die Nasenmuschelhyperplasie (insbesondere der unteren) dar. Beim Menschen gibt es : Ö ÖÄ ÄZ Z ■ ■ 8 8 ■ ■ 2 25 5 .. A Ap p rr ii ll 2 20 0 11 77 31 DFP - Literaturstudium : einen physiologischen Nasenzyklus, wobei es bei 80 Prozent der Patienten zu einer Zu- und Abnahme des Volumens der unteren Nasenmuscheln kommt. Zu beachten sind verschiedene Einflüsse, die auf das Nasenmuschelgewebe wirken: • Toxine • Medikamente • Hormonelle Faktoren • Infekte • Hyperreflektorische Rhinopathie Bei der Nasenmuschelhyperplasie stehen mehrere Therapieoptionen zur Wahl. Einerseits kann sie durch Veränderung der Stellung der unteren Nasenmuschel durch Frakturierung nach lateral, durch Teilresektion oder mittels anteriorer Turbinoplastik (Entfernung lateraler Schleimhautüberschuss) erfolgen. Submuköse (zum Beispiel Radiofrequenzablation, Shaver) oder transmuköse Verfahren (zum Beispiel Lasermuschelkaustik, Kryotherapie) sind weitere weniger invasive Interventionen zur Volumensreduktion. Chronische Rhinosinusitis ohne/mit Polypen Die funktionelle endoskopische Nasennebenhöhlenchirurgie (FESS = functional endoscopic sinus surgery, siehe Abb. 1) stellt den Standard in der chirurgischen Therapie der Nasennebenhöhlen dar und hat die offene Chirurgie bis auf wenige Indikationen ersetzt. Ziel der Therapie ist es, operativ eine suffiziente Drainage und Ventilation im Nasennebenhöhlensystem wiederherzustellen und relevante Krankheitsherde (wie zum Beispiel Polypen, pathologisch veränderte hyperplastische Schleimhaut, sogenannte osteitische Knochenbälkchen, Schleimansammlungen, Sekret-Konkremente, Tumoren) zu entfernen. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen in der Nasennebenhöhlenchirurgie steht dabei nicht mehr die möglichst weite Drainage der Nasennebenhöhlen im Vordergrund, sondern die größtmögliche Schonung der lokalen Schleimhaut und der minimal notwendigen Eröffnung der natürlichen Ostien unter weitestgehender Schonung der anatomischen Landmarken. Der ostio- 32 ÖÄ ÄZZ ■ ■ 88 ■ ■ 2255.. A Apprriill 22001177 Ö meatale Komplex stellt das wesentliche anatomische Areal für die Drainage der vorderen und mittleren Ethmoidalzellen, der Kieferhöhle und teilweise der Stirnhöhle dar. Für eine Operation kommen selektiv solche Patienten in Frage, die nach einem konservativen Therapieansatz keine beziehungsweise keine ausreichende Symptomverbesserung zeigen. Die Studienlage zeigt bei entsprechender Selektion einen eindeutigen Vorteil durch dieses Operationsverfahren. Zu schwerwiegenden Komplikationen kommt es in weniger als ein Prozent der Fälle; innerhalb von drei Jahren kommt es bei rund zehn Prozent zu Revisionsoperationen. Außerdem wird die endoskopische Nasennebenhöhlenchirurgie als operatives Verfahren bei folgenden Erkrankungen beziehungsweise Zuständen eingesetzt: • Schwere Komplikationen einer akuten Rhinosinusitis • Antrochoanaler Polyp • Mukozelen • Selektive Tumorresektionen • Deckung einer Liquorfistel • Orbitaldekompression (zum Beispiel bei progredientem Exophthalmus) • Optikusdekompression • Dakryozystorhinostomie (DCR) • Choanalatresieeröffnung • Fremdkörperextraktion • Versorgung einer Epistaxis Zusammenfassung Das zunehmende Wissen über die Entzündungsabläufe während einer Rhinitis/Rhinosinusitis erlaubt zunehmend eine verbesserte Selektion der verschiedenen Therapieoptionen und einer zukünftig personalisierten Betreuung der Patienten. In vielen Fällen ist als Erstlinientherapie eine möglichst individuelle medikamentöse Therapie zu wählen, die sich nach der Symptomatik, der Klinik und dem Ansprechen der Therapie richtet. Die Patientenführung und Rückmeldungen im Verlauf der Therapie nehmen einen zunehmend größeren Raum bei der Betreuung dieser Patienten ein. Ein inter- disziplinäres Vorgehen ist bei Vorliegen von Komorbiditäten dringend angezeigt. Der sinnvolle Einsatz von Biologika bei der chronisch (polypoiden) Rhinosinusitis als ein weiterer standardisierter Therapieansatz erscheint hoffnungsvoll, aber derzeit noch nicht absehbar. Chirurgisch stellt die endonasale endoskopische Chirurgie der Nasennebenhöhlen ein Standardverfahren bei der operativen Therapie der meisten Erkrankungen der Nasennebenhöhlen dar. Bei entsprechender Selektion der Patienten und anatomisch orientierter Operationstechnik ist diese Operation sicher und erfolgreich. Für die Verbesserung der Nasenatmung und/oder der chronischen Rhinosinusitis stehen auch weiterhin etablierte operative Verfahren zur Verfügung (unter anderem Septumplastik, Nasenmuschelchirurgie). Neben den zunehmend individuell anzupassenden Therapiekonzepten benötigt es künftig einfach gestaltete Werkzeuge für den Alltag, welche den Behandlungserfolg (oder -misserfolg) Symptom-orientiert überwachen. Dies setzt auch eine ausführliche Anamnese und standardisierte Diagnostik voraus. Literatur bei den Verfassern : *) Univ. Prof. Dr. Michael Formanek, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder/ Abteilung für HNO und Phoniatrie, Johannes von Gott Platz 1, 1020 Wien; Univ. Prof. Dr. Andreas Temmel, Facharzt für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, 1060 Wien. Korrespondenzadresse: Tel.: 01/21121/5046; E-Mail: [email protected] Lecture Board Univ. Prof. Dr. Peter Franz, Krankenanstalt Rudolfstiftung Wien/ HNO-Abteilung Ass. Prof. PD Dr. Christian A. Müller, MedUni Wien/Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Ärztlicher Fortbildungsanbieter HNO-Abteilung/Krankenanstalt Rudolfstiftung, Wien DFP-Literaturstudium: Behinderte Nasenatmung und Rhinosinusitis Im Rahmen des Diplom-Fortbildungs-Programms der Österreichischen Ärztekammer ist es möglich, durch das Literaturstudium in der ÖÄZ Punkte für das DFP zu erwerben. Nach der Lektüre des State of the Art-Artikels beantworten Sie bitte die Multiple choice-Fragen. Eine Frage gilt dann als korrekt beantwortet, wenn alle möglichen richtigen Antworten markiert sind. Insgesamt müssen vier von sechs Fragen richtig beantwortet sein, damit zwei DFP-Fachpunkte im Rahmen des Literaturstudiums anerkannt werden. Schicken Sie diese Seite bis 30. Juni 2017 entweder per Post oder Fax an: Verlagshaus der Ärzte GmbH z. H. Frau Claudia Chromy, 1010 Wien, Nibelungengasse 13, Fax: 01/512 44 86/55 a) Sie ist die häufigste Ursache für einen „Schnupfen“. b) Circa 40 Prozent der Patienten entwickeln in späterer Folge ein Asthma bronchiale. c) Augensymptome müssen zwingend koexistent sein. d) Die Diagnose wird in der Regel rasch gestellt. 2) Welche Aussage trifft auf die medikamentös induzierte Rhinitis zu? (eine Antwort richtig) a) Sie lässt sich aufgrund der Morphologie der Nasenschleimhaut diagnostizieren. b) Die chirurgische Therapie steht im Vordergrund. c) Sie wird durch ein Medikament ausgelöst und sistiert, nachdem es abgesetzt wurde. d) Sie wird nie durch die Anwendung von α1-Sympathomimetika ausgelöst. 3) Welche Aussage trifft auf die chronische Rhinosinusitis nicht zu? (eine Antwort richtig) a) Darunter fasst man unterschiedliche Entzündungsformen der Schleimhaut der Nase und Nasennebenhöhlen zusammen. b) Für die Diagnose müssen die Leitsymptome nasale Obstruktion, nasale Sekretion, Gesichtsschmerz und Riechstörung insgesamt vorliegen. c) Für die Diagnose wird zusätzlich zu den Leitsymptomen ein pathologischer Befund in der Nasenendoskopie gefordert. d) Von einer chronischen Form der Rhinosinusitis spricht man, wenn die Beschwerden länger als zwölf Wochen andauern. Bitte deutlich in Blockbuchstaben ausfüllen, da sonst die Einsendung nicht berücksichtigt werden kann! Name: www.aerztezeitung.at/ DFP-Literaturstudium 4) Welche Aussage zur Diagnostik der chronischen Rhinosinusitis trifft nicht zu? (eine Antwort richtig) a) Eine ausführliche Anamnese ist zwingend notwendig. b) Für die Beurteilung der endonasalen Verhältnisse reicht eine anteriore und posteriore Rhinoskopie aus. c) Eine CT der Nasennebenhöhlen ist immer durchzuführen. d) Weiterführende Untersuchungen wie Allergietests, ASS-Provokation und Laboruntersuchungen können zur Abklärung und weiteren Therapie hilfreich sein. 5) Welche therapeutische Möglichkeit trifft bei einer chronischen Sinusitis polyposa nicht zu? (eine Antwort richtig) a) Der Einsatz von topischen und systemisch wirksamen Kortikosteroiden. b) Die Langzeitgabe von peroralen Antibiotika ist die Therapie der Wahl. c) Eine endoskopisch endonasale Nasennebenhöhlenchirurgie. d) Biologika könnten einen neuen Therapieansatz darstellen. 6) Welcher der operativen Eingriffe wird nicht an den Nasenmuscheln eingesetzt? (eine Antwort richtig) a) Frakturierung der unteren Nasenmuschel nach lateral b) Anteriore Turbinoplastik der unteren Nasenmuschel c) Transmuköse Verfahren der unteren Nasenmuschel d) Komplette Resektion der unteren Nasenmuschel Zwei Drittel der Fragen richtig beantwortet: 1) Welche Aussage trifft auf die allergische Rhinitis zu? (eine Antwort richtig) auch online unter: Zutreffendes bitte ankreuzen: Turnusarzt/Turnusärztin Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin Facharzt/Fachärztin für Meine ÖÄK-Arztnummer: Ich besitze ein gültiges DFP-Diplom. Adresse: Ich nutze mein DFP-Fortbildungskonto. Bitte die DFP-Punkte automatisch buchen. Altersgruppe: < 30 E-Mail-Adresse: 31–40 41–50 51–60 > 60 ✃