igaltbau - Publikationen Themenblätter Bauberichte Pressespiegel

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Dossier Wohnen
23. Juni 2013
Seite 79
Seite 80
Seite 88
Notstand: Es
werden zu wenig
Häuser saniert
Checkliste:
So klappt
die Renovation
Umbau:
Das dürfen Mieter
selbst verändern
Renovieren
mit Gips
und Grips
Serafin Steinemann,
Berufs-Schweizer-Meister bei
den Gipsern/Stuckateuren
23. Juni 2013
Dossier Wohnen — 79
Die nötige Wende
kostet viel Energie
Liebe
Leserinnen
und
Leser
In der Schweiz wird jährlich nur
1 Prozent der alten Gebäude saniert
Von Marius Leutenegger und Esther Betschart
L
nach Bauteil bei schlechter Dämmung
Der Gebäudebestand in der Schweiz ist alt, ein beachtlicher Anteil der Altbauten wurde noch nicht saniert – und viele frühere
Sanierungen entsprechen nicht mehr dem heutigen Standard.
Den grössten Beitrag zur Energiewende kann bei Sanierungen
die Erneuerung der Fassade leisten.
350 000
Kellerdecke
neubauten in der Schweiz
300 000
davon nicht saniert
Fenster
6%
250 000
20%
200 000
43%
150 000
27%
100 000
50 000
4%
Fassade
0
Quelle: Schweiz. Mieter- und Mieterinnenverband
Bauausgaben
30 000
Quelle: Schweiz. Maler- und Gipserunternehmer-Verband (SMGV)
2011 betrugen die Bauausgaben (Häuser, Schulen, Strassen,
Brücken usw.) in der Schweiz gesamthaft rund 60 Milliarden
Franken. Die Ausgaben für Gebäudeumbauten steigen zwar
kontinuierlich, jene für Neubauten sind aber weiterhin doppelt
so hoch – trotz zunehmendem Sanierungsbedarf.
nach Art der Arbeiten
35 000
DAch
Estrichboden
bis
bis
bis
bis
bis
bis
bis
bis
1919 1945 1960 1970 1980 1990 1995 2000
in Mio. Fr.
zu Preisen
von 2000
25 000
20 000
15 000
10 000
5000
Neubau
Umbau
Öffentliche Unterhaltsarbeiten
«Das Alte stürzt, es ändert sich die
Zeit», heisst es in Schillers «Wilhelm
Tell». So schlimm steht es bei uns
glücklicherweise noch nicht. Aber
die Fakten geben zu denken, unsere
Dörfer und Städte ein Haufen alter
Häuser. Eineinhalb Millionen Bauten müssten gemäss Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen saniert werden, weil sie bis zu dreimal
so viel Energie verbrauchen wie ein
Neubau. Und über die Hälfte der
Bauten aus den 1960er- und 1970erJahren werden noch mit Öl beheizt.
Sie gehören damit zu den grössten
Dreckschleudern und Energiefressern in unserem Land.
Doch «neues Leben blüht aus den
Ruinen». Renovieren heisst das
Zauberwort. Durch Altbausanierungen und strengere Effizienzvor­
schriften könnten bis 2050 rund
23 Terawattstunden Energie gespart
werden, etwa so viel, wie alle fünf
Schweizer AKW zusammen produzieren. Aber nicht immer braucht es
teure Totalrenovationen, auch kleine­
re Umbauten wie neue Fenster oder
bessere Isolation führen zu erstaunlichen Resultaten. Und mit ­einem
neuen Lichtkonzept oder einem frischen Farbanstrich spart man zwar
keine Energie, verhilft aber der Wohnung zu neuem Leben. «Die Axt im
Haus erspart den Zimmermann», um
nochmals mit Schiller zu sprechen.
Dass übrigens auch berühmte Gebäude saniert werden müssen, zeigt
sich am Eiffelturm. Das 1889 erbaute Wahrzeichen von Paris wird alle
sieben Jahre mit rund sechzig ­Tonnen
Farbe neu bemalt. Bei der aktuellen
Renovation ging man noch einen
Schritt weiter und baute gleich vier
Windräder ein, die in Zukunft Strom
für die neuen Lifte liefern.
Dominic Geisseler
stv. Chefredaktor
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
1990
1989
1988
1987
1986
1985
1984
1983
0
1982
Das Problem in der Schweiz ist dasselbe wie in vielen Ländern Europas:
Ein grosser Teil der Gebäude wurde
ungefähr zur gleichen Zeit erstellt
und kommt jetzt auch gleichzeitig in
die Jahre. Am bedeutendsten ist der
Sanierungsbedarf bei den Gebäuden
aus den 1960er- und 1970er-Jahren.
Als sie gebaut wurden, waren die
Energiepreise besonders tief, gute
Isolierung war kein Thema. Über die
Hälfte dieser Bauten wird noch
­heute mit Öl beheizt, 20 Prozent mit
Gas.
Einen Lichtblick gibt es aber: Der
Anteil der Renovationen an den gesamten Bauausgaben steigt kontinuierlich. Laut Bundesamt für Statistik wurden seit 2005 jährlich zwi­
schen 31 und 36 Milliarden Franken
für Neubauten ausgegeben, für Umbauten zwischen 15 und 19 Milliarden – das ist immerhin halb so viel.
In den 1980er-Jahren machten die
Ausgaben für Umbauten nur etwa
­ein Viertel jener für Neubauten
aus.
Energieverlust
in der Schweiz
1981
Viele Bauten sind Sünden
aus der Hochkonjunktur
Gebäudebestand
1980
aut Energie Schweiz verbraucht ein Wohngebäude,
das vor 1970 gebaut wurde,
jährlich pro Quadratmeter
120 bis 150 Kilowattstunden Energie – während ein modernes, energieeffizientes Haus mit einem Drittel davon auskommt. Die
Erneuerung von Gebäuden könnte
also einen enormen Beitrag zur
Energiewende leisten.
Genutzt wird dieses Potenzial
­jedoch kaum. Gemäss Gebäude­
programm von Bund und Kantonen
müssten in der Schweiz 1,5 Millionen Häuser aus energetischen Gründen erneuert werden, tatsächlich
aufgefrischt wird jährlich aber nur
etwas über ein Prozent aller be­
stehenden Liegenschaften. Und wer
hofft, es würden dafür viele alte
­Häuser durch neue, energieeffiziente ersetzt, muss ernüchtert zur
Kennt­nis nehmen, dass die jährliche
­Ersatzbaurate deutlich unter 0,1 Prozent liegt – nicht einmal jedes tausendste Haus macht pro Jahr einem
neuen Platz. Geht es in diesem
­Tempo weiter, bleibt die 2000-WattGesellschaft noch für Generationen
eine ­Illusion.
SoZ Candrian; Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS)
Impressum
DOSSIER Wohnen
ist eine Beilage der Sonntags­
Zeitung, siehe Impressum Seite 76
Zahlen und Fakten
12 + 12 Jahre
40 Prozent
8 Millionen m2
23 Twh
Renovation – betrifft mich nicht? Falsch:
Jedes Haus braucht regelmässige Pflege,
damit es seinen Wert behält und langfristig
seinen Zweck erfüllt. Ungefähr im
­Zwölfjahresrhythmus folgen einander ein
kleiner und ein grosser Service. Bei einer
Teilerneuerung müssen Apparate instand
gesetzt, Armaturen sowie Beläge erneuert
werden. Bei einer Generalüberholung
werden zusätzlich Leitungen, Küchenbauten und die Heizanlage erneuert,
­Installationen angepasst und die
­Gebäudehülle renoviert. Hinzu kommen
meist aufwendige Massnahmen zur
Erhöhung der Energieeffizienz.
Apropos Energieeffizienz: Da geht es
keineswegs um Resultatkosmetik. Häuser
sind in der Schweiz eindeutig die
­Umweltverschmutzer Nummer eins. Über
40 Prozent der CO2-Emissionen und fast
die Hälfte des Energiekonsums entfallen
hierzulande auf den Gebäudebereich.
So gross der Verbrauch der Häuserparks,
so riesig auch sein Sparpotenzial:
Mit energetischer Sanierung kann der
­Energieverbrauch vieler alter Gebäude mehr
als halbiert werden. Dazu reicht es aber
nicht, einfach auf Stromsparlampen
umzustellen – man muss zum Beispiel die
Gebäudehülle sanieren.
Das Gebäudeprogramm von Bund und
Kantonen will dazu beitragen, das grosse
Sparpotenzial besser auszuschöpfen:
Mit Subventionen motiviert es die
­Hauseigentümerinnen und -eigentümer, ihre
Gebäude zu sanieren. 10 000 Sanierungen
pro Jahr werden angestrebt. Fürs Programm stehen jährlich 260 bis 280 Millionen
Franken bereit; der Beitrag des Bundes
stammt aus der CO2-Abgabe auf fossile
Brennstoffe. Das Programm ist recht
erfolgreich: Bis Ende 2012 wurden mit den
Beiträgen über 8 Millionen Quadratmeter
Wohnfläche energieeffizient saniert.
Im Rahmen der angestrebten
­«Energiewende» hat Umweltministerin
Doris Leuthard auch Ziele für den
­Schweizer Gebäudepark definiert. Dank
Altbausanierungen und strengeren
Effizienzvorschriften bei Neubauten sollen
bis 2050 insgesamt 23 Terawattstunden
Energie gespart werden – was ungefähr der
Energie entspricht, welche die fünf
Schweizer AKW heute produzieren.
Chefredaktion Martin Spieler
Leitung Dominic Geisseler
Redaktion Marius Leutenegger
Autoren Esther Betschart, Erik
Brühlmann, Markus Ganz,
Benjamin Gygax, Christina Hwang,
Marius Leutenegger
Art Direction Tobias Gaberthuel
Design und Layout
Marius Vogelmann
Infografik Jürg Candrian
Produktion Michael Matthes,
Detlef Paulus
Fotoredaktion Sonia Favre
Coverfoto Philipp Rohner
Verlagsleitung Diego Quintarelli
Leitung Werbemarkt
Adriano Valeri, Werdstrasse 21,
Postfach, 8021 Zürich,
Tel 044 248 40 40,
www.sonntagszeitung.ch
80 — Dossier Wohnen
23. Juni 2013
D
er Bodenbelag sieht
nach 1970er-Jahren aus.
Durchs Dach tropft es.
Die Heizkosten schiessen in die Höhe. Einige
Zimmer könnten zusammengelegt
werden. Es gibt viele Gründe für eine Renovation! Beim Bauen hat man
es immer mit Prototypen zu tun, deshalb sind Pannen und Nervenproben
kaum zu vermeiden. Wie kann man
dafür sorgen, dass die Renovation
dennoch nicht zum Schrecken ohne
Ende wird?
Thomas Ammann, Architekt und
bautechnischer Mitarbeiter beim
Hauseigentümerverband (HEV) der
Schweiz, hat einen generellen Rat:
«Man sollte möglichst früh mit einem Fachpartner zusammenarbeiten
– also mit einem Architekten oder
Energieberater. Wichtig ist, dass er
den Kunden umfassend und mit
­langem Zeithorizont berät. Er sollte
nicht nur seine eigene Bauaufgabe
im Blick haben, sondern auch die
Finanzierung und den Wert der
Liegenschaft nach der Renovation.»
Dass eine solche Beratung etwas
kostet, ist klar. «Aber es lohnt sich,
in ein gutes, langfristiges Sanierungskonzept zu investieren», sagt Ammann überzeugt. «Letztlich kostet es
mehr, wenn man heute die Fassade
saniert und erst in ein paar Jahren
das Dach. Und dann passt vielleicht
auch nichts mehr zusammen.» Man
müsse als Hauseigentümer immer
über den eigenen Horizont hinaus
und im Lebenszyklus des Hauses
denken. Ammann: «Die Grundsubstanz eines Gebäudes hält 80 bis
100 Jahre, alle Bauteile drumherum
müssen angepasst werden. So verbaut man sich nichts für später.»
Als Partner kommen nur
Fachleute infrage
Wer eine Renovation plant, kann
heute zwischen über 11 000 Architekturbüros mit 36 000 Beschäftigten
wählen. Wie kommt man da zu einem qualifizierten, vertrauenswürdigen Planer für sein Renovationsprojekt? Thomas Ammann rät: «Auf der
Minergie-Website ist zum Bei­spiel
ein Projektverzeichnis aufgeführt, in
dem man geeignete Fachpartner findet. Ein guter Weg ist immer, Bekannte und Nachbarn nach ihren
Erfahrungen mit Architekten zu fragen.» Auch Thomas Müller, Kommunikationschef des Schweizerischen
Ingenieur- und Architektenvereins
SIA, hat einen Tipp für die Partner­
wahl. «Da die Berufsbezeichnungen
Ingenieur oder Architekt in der
Schweiz nicht geschützt sind, kann
es schwierig sein, gute Fachleute zu
finden. Die SIA-Mitgliedschaft bietet eine Orientierungshilfe, denn unser Verband nimmt nur Leute mit guter Ausbildung auf.» Auf der SIAWeb­site findet man eine Mitgliederliste nach Berufen und Regionen.
10 Gebote
fürs
Renovieren
1
Du sollst deine Zukunft planen.
Wie werde ich in zehn Jahren
leben? Was kann ich mir leisten?
Klären Sie Ihre Situation ab. Prüfen Sie
– eventuell mit einem Planer – mehrere
Optionen, bevor Sie loslegen.
2
Du sollst dich mit Bedacht
binden. Ziehen Sie früh einen
Architekten oder Energieberater bei,
dem Sie vertrauen. Planen Sie
langfristig und umfassend.
3
Du sollst wissen, was du
darfst. Überprüfen Sie die
rechtlichen Aspekte der Renovation:
Ausnutzungsziffern, Grenzabstände,
Denkmalschutz. Vielleicht brauchen
Sie auch eine Baubewilligung.
Drum prüfe,
wer sich bindet
4
Kenne die Kosten. Klären Sie
die Kosten vor Baubeginn genau
ab. Kostenvoranschläge und Konkurrenzofferten schaffen Klarheit, eine
angemessene Reserve gibt Sicherheit.
5
Du sollst wissen, woher das
Geld kommt. Haben Sie
Rücklagen gebildet, oder müssen Sie
die Hypothek aufstocken? Klären Sie
die Finanzierung frühzeitig ab, und
vergleichen Sie Angebote der Banken.
Bei der Renovation von Altbauten sind
die richtige Partnerwahl und eine gute
Planung die wichtigsten Erfolgsfaktoren
6
Von Benjamin Gygax
7
Prüfe, was des Kaisers ist.
Geben Sie Geld für die Werterhaltung aus, können Sie es von den
Steuern abziehen, eine Wertvermehrung aber nicht. Prüfen Sie steuerliche
Auswirkungen der Renovation.
Foto: Ekkehart reinsch/Visum
Gute Anlaufstellen für erste Auskünfte und Adressen seien auch die
öffentlichen Energieberatungsstellen. Thomas Müller: «Geht es um eine energeti­sche Sanierung, kann
man sich an einen Planer wenden,
der ein weiterführendes Fach­hoch­
schul­studium ‹Energieingenieur Gebäude› absolviert hat.»
Stellt ein Altbau besondere Herausforderungen, kann man auch
das Netzwerk der IG Altbau nutzen.
Der Verein besteht seit 20 Jahren,
seine Mitglieder sind Planer und
Handwerker, die über viel Knowhow im Umgang mit alter Bausubstanz verfügen. «Unsere Architekten
bieten auch Kaufberatungen an»,
sagt Geschäftsstellenleiterin Sabine
Michel, «die Erstberatung ist oft kostenlos.» Der Vorteil der IG Altbau als
Verein gegenüber einem Generalunternehmer sei, dass man nicht alles
aus einer Hand beziehen müsse:
«Wer einen Maler in der Familie hat,
kann diese Arbeiten auch ihm übergeben.» Auf jeden Fall lohne es sich
bei einem Altbau, mit erfahrenen
Fachleuten zusammenzuarbeiten,
findet auch Sabine Michel. Ein solcher Fachmann ist Kaspar Schläpfer,
der als Bauberater für die Denkmal­
pflege gearbeitet und als Architekt
viele Altbauten saniert hat. Für ihn
ist klar: «Altbausanierungen und
Neubauten sind zwei paar Schuhe.
Für die Sanierung braucht es zwar
keine anderen Fachleute, aber die
Anforderungen sind höher.» Zum
Beispiel, weil aus denkmalpflegeri­
schen Gründen nicht jede Lösung
möglich ist. Klar sei: «Ein Altbau
birgt immer viele Unbekannte.»
Aufgrund des bauphysikalischen
und statischen Zustands könne es
sein, dass ein Projekt wesentlich teurer werde als vorgesehen. «Je älter
ein Haus, umso mehr Reserven muss
man einkalkulieren», so Schläpfer.
«Wollte man alle Risiken erkennen,
müsste man das ganze Haus
schälen!»
Erst wenn alles abgeklärt und
geplant ist, die Kosten bekannt sind
und die Finanzierung gesichert ist,
kann die Arbeit beginnen. Manchmal lohnt es sich, einige Leistungen
selber zu übernehmen – man kann
etwa das Haus selber ausräumen,
Arbeiten vorbereiten oder selber
putzen. Wichtig ist aber, dass man
sich über die eigenen Ressourcen im
Klaren ist: Macht der Rücken mit?
Lässt der Job Zeit? Meist hat man
mit der Renovation auch dann genug
zu tun, wenn man nicht selber die
Platten legt. Im Zweifelsfall sollte
man sich lieber auf Planung, Ent­
scheidung und Kontrolle konzentrieren – denn diese Aufgaben muss man
als Bauherr so oder so selber übernehmen.
Du sollst jeden Schritt
festlegen.Klären Sie alle Details
des Projekts und den sinnvollen Ablauf
der Arbeiten, bevor die Handwerker im
Haus stehen. Vermeiden Sie Zeitdruck.
8
Du sollst deine Nachbarn
achten. Informieren Sie
Nachbarn frühzeitig und offen über Ihr
Projekt, wenn diese davon betroffen
sind. Ein Streit kann Sie mehr Nerven
kosten als der Umbau selbst.
9
Du sollst nachdenken, bevor
du selbst Hand anlegst.
Können und wollen Sie selber
mitarbeiten? Das spart zwar Honorare,
kostet aber Zeit und Nerven. Schätzen
Sie Ihre Ressourcen realistisch ein.
10
Du sollst prüfen und
reklamieren. Nehmen Sie alle
Arbeiten in Ruhe ab, und rügen Sie
Mängel umgehend nach deren
Entdeckung. Schauen Sie nach einiger
Zeit noch einmal genau nach: Die
Garantie- und Gewährleistungspflicht
des Unternehmers dauert fünf Jahre.
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23. Juni 2013
Dossier Wohnen — 81
Wer saniert, dem wird gegeben
Setzt man bei einer Sanierung auf Energieeffizienz,
spart man Heizkosten – und profitiert von Fördergeldern
Von Markus Ganz
D
ie angestrebte Ener­
giewende ist in der
Schweiz nur möglich,
wenn der Gebäudebe­
stand energieeffizienter
wird – denn der grösste Teil des hie­
sigen Energieverbrauchs entfällt auf
Häuser. Doch nur jede zweite Sanie­
rung zielt tatsächlich auf höhere
Energieeffizienz ab. Hauseigen­
tümer wollen eben vor allem dort
­investieren, wo es sich lohnt – und
viele von ihnen zweifeln offensicht­
lich am wirtschaftlichen Nutzen des
Energiesparens. Zuoberst auf ihrer
Prioritätenliste steht meist das Behe­
ben von Schäden, das dem Wert­
erhalt der Liegenschaft dient. Da­
nach folgen Modernisierungen, die
den Komfort und dadurch auch den
Marktwert einer Liegenschaft
erhöhen. Diese Werterhöhung ist
auch wichtig, wenn es um die Finan­
zierung geht – denn Banken ge­
währen in der Regel nur Kredite für
wertvermehrende Investitionen. Der
Ersatz einer alten sanitären Einrich­
tung durch eine gleichwertige neue
gilt nur als werterhaltend und wird
nicht finanziert.
Ob sich eine energetische Sanie­
rung aus finanzieller Warte lohnt, ist
tatsächlich umstritten. Auf der Web­
site www.dasgebaeudeprogramm.ch
wird vorgerechnet, dass man mit der
­Gesamtsanierung eines typischen
Schweizer Einfamilienhauses jähr­
lich rund 1800 Franken an Heizkos­
ten einsparen könne. Trotzdem
meint Ansgar Gmür, Direktor des
Hauseigentümerverbands HEV
Schweiz, die Kosten einer energetis­
chen Sanierung liessen sich bei den
gegenwärtigen Energiepreisen kaum
amortisieren. «Muss aber zum Bei­
spiel der Verputz ohnehin ersetzt
werden, kann sich der Einbau einer
besseren Dämmung rentieren. Sol­
che Massnahmen können wegen
Auflagen ohnehin zwingend sein, oft
erhöhen sie zudem den Komfort.»
Beiträge muss man vor
Baubeginn beantragen
Kommt hinzu, dass man die Kosten
für energetische Massnahmen nicht
allein stemmen muss. Seit die Ener­
giewende eingeläutet wurde, ist die
Zahl der staatlichen Unterstützungs­
angebote geradezu explodiert. Mitt­
lerweile gibt es über 2000 öffentliche
Fördermittelprogramme, die man je
nach Wohnort und Art der energe­
tischen Sanierungsmassnahmen an­
gehen kann. Auf Energiefranken.ch
werden die am Wohnort beanspru­
chbaren Förderprogramme nach
­Angabe der Postleitzahl mitsamt den
Kontaktangaben aufgelistet. Bau­
welt.ch liefert noch mehr: Dort kann
man
mögliche
Massnahmen
bezüglich Solarthermie, Fotovoltaik,
Dach, Fenster, Lüftung, Heizung,
Keller und Fassade wählen; der
Energiesparrechner gibt dann die
prozentualen Einsparungen der ein­
zelnen Massnahmen an und zeigt,
wie sich die Energiekennzahl, der
Energieverbrauch, der CO2-Ausstoss
und der Solaranteil verändern.
Wer Fördermittel beanspruchen
will, muss in jedem Fall darauf ach­
ten, dass die Beiträge vor Baubeginn
beantragt werden und dass die Ter­
mine für die Gesuchseingabe einge­
halten werden. Die bereitgestellten
finanziellen Mittel können zudem
bereits ausgeschöpft sein, wie dies
bei «Das Gebäudeprogramm» letztes
Jahr der Fall war. Die Sache mit den
Förderbeiträgen ist also ähnlich
komplex wie jene mit dem Energie­
sparen. Deshalb lohnt es sich, einen
Experten beizuziehen – umso mehr,
als dass viele Gemeinden und Kan­
tone selber Energieberatungsstellen
unterhalten und sich meist stark an
den Kosten einer Beratung beteili­
gen. Die Stadt Zürich stellt zum Bei­
spiel 25 unabhängige Energie-Coa­
ches zur Verfügung. Deren reine
Vorgehensberatung ist kostenlos,
themenspezifische Beratungen, etwa
bezüglich Heizsystem, gibt es ab 500,
eine Baubegleitung ab 2000 Fran­
ken. Im Kanton Basel-Stadt ist die
Baubegleitung durch einen EnergieCoach im Fall einer Gesamtsanie­
rung sogar weitgehend gratis. Gross­
zügig ist Basel-Stadt auch mit För­
derbeiträgen: Bei Gesamtsanierun­
gen, die energetische Massnahmen
einschliessen, können sie bis zu ein
Drittel der Baukosten abdecken.
Bei Neubauten sind
Auflagen oft strenger
Grundsätzlich beginnt die Kalkula­
tion der Kosten bei einem Erneue­
rungsprojekt immer mit der Frage,
ob ein Ersatzneubau nicht sinnvol­
ler wäre – zumal sich dann auch das
Problem der Energieeffi­
zienz elegant lösen liesse.
Ansgar Gmür vom HEV
betont, dass es auf die
Frage «Neubau oder Sa­
nierung?» meistens keine
simplen Ant­worten gebe.
«Viele Aspekte müssen
berücksichtigt werden,
etwa auch Bauauflagen,
die bei einem Neubau
häufig strenger sind. In
erster Linie zählt aber die
Substanz des spezifischen
Objekts und die finanzielle Situation
des Eigentümers.» Entscheidet man
sich für eine Sanierung, kann man
zwischen einer Gesamtsanierung
und einer Etappierung wählen. Die
Gesamtsanierung ist in der Regel
günstiger als ein etappenweises
­Vorgehen. Bei einer Etappierung
Es lohnt
sich,
Experten
beizu­
ziehen
können dafür die Investitionen auf
mehrere Jahre verteilt werden, was
sich meistens auch steuerlich aus­
zahlt. Zudem kann die Liegenschaft
weiterhin bewohnt werden – Ver­
mieter haben daher weiterhin Ein­
nahmen, selbst wenn sie je nach
Dauer und Beeinträchtigung eine
Mietzinsermässigung gewähren müs­
sen.
HEV-Direktor Gmür widerspricht
der oft gehörten Ansicht, Vermieter
hätten kein Interesse an einer ener­
getischen Sanierung, weil die Mieter
die Heizkosten so oder so überneh­
men müssten. «Hauseigentümer tra­
gen mit energetischen Sanierungen
auch zum Erhalt und zur Verbesse­
rung der Bausubstanz ihrer Liegen­
schaft bei. Und sie werden damit den
steigenden Ansprüchen der Mieter­
schaft besser gerecht, sodass sie mit
ihrer Liegenschaft auf dem Markt
besser bestehen können.» Da ener­
getische Sanierungsmassnahmen
den Wert einer Liegenschaft erhöhen,
dürfen Vermieter diesen Anteil auch
auf den Mietzins abwälzen. Der
Schweizerische Mieterinnen- und
Mieterverband hat ausgerechnet,
dass bei einer Investition von 140 000
Franken in energetische Massnah­
men pro Wohnung mit einer
Erhöhung des monatlichen Mietzin­
ses um 230 Franken gerechnet wer­
den muss.
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«Sanierungen haben einen
hohen Unsicherheitsfaktor»
Kurt Frehner, Raiffeisen Schweiz, über
Unvorhergesehenes bei Renovationsprojekten
Modernisierung
mit Mehrwert
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Wie finanziert man am besten
die Sanierung des Eigenheims?
Das hängt vom Kundenbedürfnis
und den eigenen finanziellen Mög­
lichkeiten ab. Meist setzt sich die
­Finanzierung einer Sanierung aus
­einer Kombination von Erspartem
und einer Hypothek zusammen. Wir
fördern Sanierungen auch mit Zins­
vergünstigungen wie bei der Eco­
hypothek oder der Renovations­
hypothek.
Erhält man für eine Sanierung
denn ebenso einfach eine Hypothek
wie für einen Neubau?
Raiffeisen finanziert grundsätzlich
nur wertvermehrende Investitionen,
ausser die bisherige Hypothek ist so
weit amortisiert, dass sie wieder
aufgestockt werden kann. Häuser
werden zu maximal 80 Prozent be­
lehnt; Steigt der Wert eines Gebäu­
Kurt Frehner,
Leiter Basisund Bilanz­
produkte bei
Raiffeisen
des nach dem Umbau, kann man
­daher auch die Hypothek erhöhen.
Wir achten darauf, dass unsere
­Kunden die Umbaukosten langfris­
tig ­tragen können, indem die gesam­
ten Finanzierungskosten für das
­Gebäude nicht mehr als ein Drittel
des Bruttolohns ausmachen dürfen.
Wo liegen Ihrer Erfahrung nach
die finanziellen Fallstricke?
Sanierungen sind mit einem hohen
Unsicherheitsfaktor behaftet, vor
­allem, wenn Umbauarbeiten die
Grundsubstanz des Gebäudes be­
treffen. Da können schon einmal
­unvorhersehbare Dinge zum Vor­
schein kommen, die massgeblich
­mehr kosten als ursprünglich ge­
plant. Hier sind finanzielle Reserven
wichtig, damit zusätzliche Kosten
kein Problem darstellen.
Markus ganz
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23. Juni 2013
Dossier Wohnen — 83
Ganz
schön
neu
60 Tonnen Farbe
und Berner
Liftkabinen
Aufstocken, erweitern,
umnutzen und optimieren:
Bei ­Sanierungsprojekten
können sich Bauherren
und Architekten austoben
von Marius Leutenegger
VORHER
NACHHER
NACHHER
Fassade
als Kraftwerk
Fast immer gehen Gebäudesanierungen einher mit einer deutlichen Verbesserung der Energieeffizienz – das hat rechtliche,
wirtschaftliche und ökologische Gründe. Einen konsequenten Weg ist das Zürcher Architekturbüro Viridén + Partner beim
Umbau und bei der Erweiterung eines Mehrfamilienhauses in Romanshorn TG gegangen: Das 50-jährige Gebäude wurde in
ein Plusenergiehaus verwandelt. Dazu hat das Büro, das sich auf Umbauten nach ökologischen Kriterien spezialisiert hat, nicht
nur eine Solarthermie- und Fotovoltaikanlage auf dem Dach installiert, sondern gleich die gesamte Fassade mit Fotovoltaikmodulen eingekleidet. Das Haus wird damit zum Kraftwerk, das jährlich rund 6000 Kilowattstunden mehr Strom produziert, als es
selber benötigt. Den Mietern werden keine Energiekosten verrechnet. Dass die Fassade ihres Hauses dank einer sorgfältig
gewählten Modulgrösse erst noch gut aussieht, ist ein zusätzliches Zückerchen.
Detailversessener
Blick aufs Ganze
Es ist manchmal fast unglaublich, was aus einem «alten Haus von Rocky Docky» mit Erfahrung, Fantasie
und handwerklichem Einfühlungsvermögen herausgeholt werden kann. In Steinmaur ZH sollten in einen
alten denkmalgeschützten Speicher, dessen Kernbau aus dem 17. Jahrhundert stammt, zwei Wohnungen
eingebaut werden. Die Lösung der hochkomplexen Aufgabe begann mit einer akkuraten Bestandesauf­
nahme: Alle Konstruktionstechniken mussten verstanden, der Zustand jedes Bauteils beurteilt werden.
Gemeinsam entschieden die Fachleute, die alle der Interessengemeinschaft Altbau angehören, über fast
unendlich viele Detailmassnahmen. Wie werden Fenster angebracht – und wie sorgt man dafür, dass sie
zum Gesamtbild passen? Welche Elemente müssen unbedingt erhalten bleiben, was lässt sich ersetzen,
ohne dass der Charakter des Baus beeinträchtigt wird? Durch eine solche aufwendige Sanierung wird
Geschichte nicht nur er-, sondern auch belebbar.
VORHER
Helle Hallen
statt trübe
Tassen
NACHHER
Mehr Ausdruck
Anbauten an bestehende Gebäude sind manchmal nötig: Die Familie hat sich vergrössert, der Ruf nach
Verdichtung führt zu Erweiterungen. Doch Anbauten sind auch heikel, weil sich das Neue nicht immer mit
dem Alten verträgt. Manchmal entstehen jedoch attraktive Kontraste. Ein Beispiel für eine geglückte
Symbiose von Baustilen findet man in Thusis GR. Das Wohnhaus Trepp entstand um 1845. Später kam
an der Gebäuderückseite noch ein eher lieblos konzipierter Anbau hinzu. Bei der Sanierung des Gebäudes nach denkmalpflegerischen Kriterien sollte auch ein Personenlift eingebaut werden. Der Churer
Architekt Pablo Horváth entschied sich, den Lift im Anbau unterzubringen. Dazu musste dieser erweitert
und neu gestaltet werden. Die Form des Anbaus nimmt ebenso Bezug auf das klassizistisch gestaltete
Hauptgebäude wie die Fassade, die sich an der klassischen Moderne orientiert. So entsteht ein
­Ensemble, das auf eindrückliche Weise verschiedene Kapitel der Architekturgeschichte repräsentiert.
Fotos: Haerle Hubacher Architekten, Mark Röthlisberger/Hochbauamt Kanton Zürich, Thomas aus der Au, Manuel Lesch/Prisma, Moatti-Rivière architecture, Roger Frei, Viridén + Partner (2)
VORHER
Der Eiffelturm ist wohl eines der berühmtesten Monumente der Welt. Auf jeden Fall ist es
mit einem Wert von 435 Milliarden Euro das wertvollste Europas, wie die Handelskammer
von Monza errechnete. Das 324 Meter hohe Juwel wird entsprechend gut in Schuss
gehalten und alle sieben Jahre neu bemalt. Das dauert jeweils fast eineinhalb Jahre und
verbraucht rund 60 Tonnen Farbe, die auch eine Schutzschicht für das alte Puddeleisen
ist. In seiner bald 125-jährigen Geschichte hat der Eiffelturm mehrmals die Farbe
gewechselt: Mal war er ockergelb, dann rostbraun, seit einiger Zeit ist er bronzefarben,
von oben nach unten leicht abgetönt, damit er sich gleichmässig vom Pariser Dunst
abhebt. Der Eiffelturm wird aber nicht nur ständig renoviert, sondern auch unentwegt
optimiert. Seit Frühjahr 2012 erfährt seine erste Etage eine Neugestaltung nach Plänen
von Moatti-Rivière Architects. Die Balustraden und Böden bestehen künftig teilweise aus
Glas, was besonderen Nervenkitzel 57 Meter über dem Boden garantiert. Zudem wird
der Eiffelturm zum Kraftwerk: Vier Windräder produzieren 8000 Kilowattstunden Strom
pro Jahr, vier Solarkollektoren liefern den Strom für die Wassererwärmung. Ende Jahr ist
die Erneuerung der ersten Etage abgeschlossen, doch die Arbeiten gehen weiter. Seit
2008 wird der Westpfeiler saniert, unter anderem auch mit Schweizer Hilfe: Das Berner
Karosserieunternehmen Gangloff hat die Liftkabinen geliefert. «Die besondere
­Herausforderung war, die Kabinen als Bausätze zu fabrizieren, denn wir konnten sie erst
direkt im Turm zusammenbauen», sagt Marc Pfister, Direktor von Gangloff. «Das
verlangte viel Entwicklungsarbeit.» Diese zahlt sich wohl aus: Wird dereinst der Ostpfeiler
saniert, kommt Gangloff erneut zum Zug.
VORHER
NACHHER
Der Botanische Garten der Universität Zürich ist auch
wegen seiner Architektur bekannt: Bei der Eröffnung 1976
erregten die drei Schauhäuser, die von Hans und
Annemarie Hubacher als markante Kuppeln gestaltet
wurden, weit herum Beachtung. Ihr futuristisches
Aussehen konnte sie nicht vor Alter schützen.
Rost griff die Tragstruktur an, die Plexiglasscheiben
wurden undicht und trüb, das Klima liess sich in den
Gebäuden nicht mehr richtig regulieren – Subtropen-,
Tropen- und Savannenhaus verwandelten sich schleichend in düstere Höhlen. Der Kanton Zürich beauftragte
deshalb die beiden Architekturbüros Haerle Hubacher und
Hubacher Peier mit der Komplettsanierung der Kuppeln.
Die Architekten fanden Wege, die ursprüngliche
­Schönheit der Bauwerke trotz vielfältiger neuer Anforderungen zu bewahren: Sie verstärkten die Tragstruktur,
ersetzten die einfache Plexiglashülle durch eine raffinierte
zweifache und bauten ein Klimasystem ein, das sogar
Nebel und Wind produzieren kann – die gezielten
Luftströme verbessern das Pflanzenwachstum. Die
Sanierung hat auch ökonomische Vorteile: Der
­Energieverbrauch ist um drei Viertel reduziert worden,
jährlich werden 100 000 Franken an Energie- und
Betriebskosten eingespart. Die neuen Kuppeln sind seit
Anfang Juni wieder öffentlich zugänglich.
VORHER
VORHER
NACHHER
NACHHER
Lila und Lavendel
Bei der Modernisierung eines Einfamilienhauses aus den 1950er-Jahren im zürcherischen Küsnacht wurde auch das Badezimmer umgebaut. «Die
Bauherrschaft hat eine Vorliebe für Opulenz», sagt Architekt Giovanni Mammone von Felix Partner. «Wir setzten beim Badezimmer deshalb nicht auf die
übliche zurückhaltende Noblesse matt abgetönter Wände und sorgfältig darauf abgestimmter Bodenbeläge, für einmal durfte es etwas mehr Farbe sein
– etwas viel mehr Farbe.» Gemeinsam mit den Bauherren wählten die Architekten die Farben Lila und Lavendel. Der Farbton zieht sich im Badezimmer
konsequent durch, auch die Schränke sind entsprechend bemalt – dadurch integrieren sich die einzelnen Objekte vollständig ins Ganze. «Lila und
Lavendel werden eher als feminin eingeschätzt», so Mammone. «Auf grossen Flächen wirken die Farben aber ausdruckstark, kräftig und geheimnisvoll.»
Das Beispiel zeigt eindrücklich: Mit Farben kann man ohne grossen Aufwand viel Frische in ein altes Haus bringen. Dazu braucht es zuweilen aber Mut.
23. Juni 2013
Dossier Wohnen — 85
Hightech mit Durchblick
Fenster haben sich in den letzten Jahrzehnten
enorm entwickelt – daher lohnt es sich gleich mehrfach,
sie bei Sanierungen zu erneuern
Von Erik Brühlmann
F
enster gehörten stets zu den
schwächsten Bauteilen und
entwickelten sich während
Jahrtausenden nur sehr
langsam. Erst bestand ein
Fenster einfach aus einem Loch in
der Mauer. Um sich im Innern vor
Witterungseinflüssen zu schützen,
wurden bald «Fenster­scheiben» aus
Tierhäuten, Pergament, Leinenstoff
oder durchscheinendem Alabaster
eingesetzt. Im alten Rom entstanden
dann die ersten gläsernen Fenster­
scheiben aus Guss­glas; im Mittelalter setzten sich die Butzenscheiben
durch, bei denen Glasteile mittels
Bleifassungen zu Fenstern zusammengesetzt wurden.
Mit der Zeit konnte immer grösseres Fensterglas hergestellt werden,
weshalb sich Mitte des 19. Jahrhunderts endlich das Einfachglasfenster
durchsetzte. Ab den 1950er-Jahren
bestanden Fenster dann sogar aus
zwei Glasscheiben, die dank der
Luftschicht zwischen den Scheiben
besser isolierten – «Doppelverglasung» hiess das. Wollte man das Glas
richtig sauber kriegen, musste man
den Rahmen aufschrauben. «Denn
zwischen den Scheiben bildete sich
nach einer gewissen Zeit Kondenswasser», erklärt Ueli Moor, Leiter
Beratung beim Bützberger Glashersteller Glas Trösch.
Dreifach-isolierVerglasung
Multifunktionale Technik
Glas
Argonfüllung
Hoher
Lichtdurchlassgrad
Solare
Energiegewinnung
Wärmedämmbeschichtung
Wärmereflexion
Basisschutz
für Vögel (E5)
Solche Fenster waren noch bis in die
1970er-Jahre Standard. Danach wurden sie von den sogenannten Isolierverglasungen abgelöst. Trotz ihres
Namens boten Isolierverglasungen
zu jener Zeit aber kaum Vorteile hinsichtlich Wärmedämmung. Moor:
«Der Fortschritt betraf das Randverbundsystem: Es verschloss den Raum
zwischen den Scheiben hermetisch.
Daher konnte sich kein Kondenswasser mehr bilden.»
Seit einigen Jahrzehnten werden
Fenster nun in rasendem Tempo verbessert – dank neuer Materialien
und Verfahren. «Bei Neubauten sind
heute Dreifachverglasungen mit zwei
Wärmeschutzbeschichtungen die
Norm», so Ueli Moor. Die Zwischenräume zwischen den Scheiben sind
üblicherweise mit dem Edelgas Ar-
SonntagsZeitung Huwi
Pro Quadratmeter Glas
20 Liter Heizöl sparen
Energie-Ventil
Der U-Wert ist die Masseinheit für den Wärmedurchgangskoeffizienten. Er gibt die
Wärmemenge an, die pro Zeiteinheit bei einem Temperaturunterschied von einem
Grad durch einen Quadratmeter eines Bauteils hindurchfliesst. Weniger technisch
formuliert, bezeichnet der U-Wert den Wärmeverlust eines Bauteils, zum Beispiel
einer Verglasung. Je näher der U-Wert bei null liegt, desto kleiner ist der Wärmeverlust nach aussen und desto geringer ist der Energieverbrauch innen.
Der g-Wert bezeichnet den Gesamtenergiedurchlassgrad. Er ist die Summe aus
Strahlungstransmission und Wärmeabgabe nach innen. Mit anderen Worten: Der
g-Wert gibt an, wie viel von der auf ein Glas treffenden Sonnenenergie ins Innere
gelangt. Während der U-Wert möglichst klein gehalten werden sollte, ist der g-Wert
eine flexible Grösse. Soll die passive Sonnenenergie optimal genutzt werden, ist ein
hoher g-Wert gefragt; soll die Sonnenschutzwirkung optimal sein, braucht es einen
niedrigen g-Wert.
gon gefüllt, das besser isoliert als
Luft. Das eigentliche Geheimnis
einer guten Verglasung sind aber die
Wärmeschutzbeschichtungen auf
den Scheiben selbst; sie verhindern,
dass die Wärme ungehindert von innen nach aussen abstrahlen kann.
Technisch gesprochen werden auf
diese Weise U-Werte von durch­
schnittlich 0,5 bis 0,7 erreicht (mehr
dazu im Kasten). Alte Isoliergläser
haben einen U-Wert von etwa 2,8.
Dass man einen energetischen
Quantensprung vollziehen kann,
wenn man alte Fenster austauscht,
versteht sich da fast von selbst: Weil
viele Altbauten aus den 1950er-,
1960er- und 1970er-Jahren noch immer mit Doppel- und Isolierverglasungen aufwarten, lassen sich pro
Quadratmeter Glas jährlich bis zu
20 Liter Heizöl einsparen. Ein Optimum erreicht man allerdings erst,
wenn man beim Austausch einer
Verglasung gleich das komplette
Fenster inklusiv Rahmensystem ersetzt. «Denn was Wärme- und Schalldämmung anbelangt, ist heutzutage
das Rahmensystem der Schwach­
punkt», sagt Ueli Moor. Bei Renovierungen kann es indessen vorkommen, dass der Aufwand für den Austausch des Rahmens zu gross wäre –
und sich keine Dreifachverglasung in
den alten Rahmen einbauen lässt.
In solchen Fällen greift man als Kompromiss häufig auf eine Doppel­
verglasung aus modernem Isolier­glas
mit Wärmeschutzbeschichtung zurück. Die Verbesserung der U-Werte
ist auch dann noch eklatant.
Moderne Verglasungen können
wesentlich mehr als nur isolieren.
Heute bleiben fast keine Funktionswünsche
offen.
Es
gibt
Sonnenschutz- und Antibeschlagbe­
schichtungen oder Ver- und Ent­
spiegelungen, Einscheiben- und
Verbundsicherheitsgläser sorgen für
Splitter- und Einbruchschutz, Vogelschutzglassysteme garantieren, dass
Vögel eine Scheibe als Hindernis erkennen und nicht dagegenfliegen. Alle diese Funktionen sind bei einer
Verglasung auch noch fast beliebig
kombinierbar. Diese Multifunktionalität hat aber auch Tücken. «Vielleicht läuft man allmählich Gefahr,
das Bauelement Fenster zu überfor-
dern», sagt Peter Schwehr, Leiter des
Kompetenzzentrums Typologie &
Planung in Architektur (CCTP) an
der Hochschule Luzern. Fenster sollten – wie jedes andere Bauteil auch
– nicht für sich selbst, sondern als Teil
des Systems Haus betrachtet werden.
«Es ist immer gefährlich, wenn ein
einzelnes Bauteil unzählige Sachen
leisten muss», so Schwehr. «Man sollte von der Idee wegkommen, Bauteile gesondert perfektionieren zu wollen, sie dann zusammenzusetzen und
zu hoffen, dass dies zu einem optimalen Ergeb­nis führt.» Sonst orientiere
man sich an vielen einzelnen Spitzenwerten und verliere die Verhältnismässigkeit aus den Augen. Oder
anders gesagt: Was nützt ein luftdichtes Fenster, wenn es aufgrund der
Orientierung des Gebäudes zur Überhitzung der Räume führt, die dann
mit einer Energie verbrauchenden
Klimatisierung ausgeglichen werden
muss? «Wichtig ist das Gesamtresultat», sagt Schwehr.
Experimente mit Vakuum
und Vierfachverglasung
Das Potenzial von Dreifachverglasungen scheint heute weitgehend
ausgereizt. Was kann da die Zukunft
noch bringen? Ueli Moor von Glas
Trösch: «Man experimentiert schon
seit etwa 25 Jahren mit Verglasungen, die statt einer Argonfüllung ein
Vakuum zwischen den Gläsern haben. So könnte man mit einer Zweifachverglasung U-Werte wie bei einer
modernen Dreifachverglasung erreichen.» Technische Tücken wie zum
Beispiel eine Systemdichtigkeit, die
über Jahrzehnte gewährleistet sein
muss, und die Herstellungskosten
verhindern allerdings bisher die
Marktfähigkeit von Vakuumverglasungen. Auch Vier­fach­verglasungen,
die Glas Trösch bereits versuchsweise entwickelt hat, scheitern an der
Wirtschaftlichkeit. Viel Potenzial
liegt jedoch darin, das Glas als Energielieferanten zu nutzen. Sonnen­
strahlung ist auch dann vorhanden,
wenn der Himmel nicht blau ist. Eine
Dreifachisolierverglasung lässt diese
Gratisenergie zwar herein, aber nicht
mehr hinaus. Ueli Moor: «Daraus
sollte man ein effizientes Haustechniksystem entwickeln.»
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23. Juni 2013
Eine Hürde,
aber kein
Hindernis
Wer mit dem Denkmalschutz zu
tun hat, erlebt Grauenhaftes –
falsch, sagen Experten,
die ­Zusammenarbeit kann
problemlos sein
Von Marius Leutenegger
Villa Sunneschy,
Stäfa ZH: Gebaut
1905, renoviert 2001
W
hohl jeder, der sich
mit Bauen beschäftigt, hat schon einmal eine Gruselgeschichte rund um
die Renovation eines zwar privaten,
aber vom Staat denkmalgeschützten
Gebäudes gehört: Wohlmeinende
Eigentümer wollten eine Villa oder
ein anderes wertvolles altes Haus instand stellen – doch die Denkmalpfleger stellten sich quer, verteuerten
durch ihre Auflagen jeden Schritt
und verhinderten am Ende, dass das
alte Gebäude mit neuem Leben gefüllt werden konnte. Doch gibt es ihn
tatsächlich, den Interessenkonflikt
bei der Sanierung alter Bausub­stanz?
Und sind Denkmalpfleger tatsächlich sture Kerle ohne Verständnis für
moderne Bedürfnisse?
Zumindest Daniel Schneller macht
nicht den Eindruck eines weltabgewandten Ewiggestrigen, der die Innenstädte am liebsten mumifizieren
würde. Der 48-jährige Kunsthistoriker leitet seit drei Jahren die Denkmalpflege des Kantons Basel-Stadt;
zuvor war er in gleicher Funktion in
Winterthur tätig. Im Gespräch erweist er sich als humorvoller Fachmann, der zwar ein grosses historisches Interesse, aber beide Füsse auf
dem Boden hat. Und der sich auch
bewusst ist, dass er keine exakte Wissenschaft vertritt, sondern eine, die
reichlich Ermessensspielraum lässt
und bei der vieles nicht so klar ist.
Wie viele Gebäude in der Schweiz
unter Schutz stehen, kann er zum
Beispiel nicht sagen. Denn erstens
gibt es viele verschiedene Abstufungen vom Denkmalschutz über die
­Inventarisierung bis zum Ortsbildschutz. Zweitens ist, wie in der
Schweiz üblich, alles von Kanton zu
Kanton verschieden. Und drittens
stellt sich die Frage, ob ein privates
Gebäude geschützt ist, oft erst, wenn
dafür ein konkretes Bauprojekt vorliegt.
Denkmalschutz ist immer
ein politischer Entscheid
«Bei uns in Basel wurde zum Beispiel noch nicht jedes Gebäude beurteilt», sagt Schneller. Seit 1980
schreibt ein Gesetz die Überprüfung
des gesamten Gebäudebestands im
Stadt­kanton vor. Die Denkmal­
pfleger ­gehen durch eine Strasse
nach der anderen, beurteilen, welche Gebäude schützenswert sein
könnten – und nehmen diese in ein
Inventar auf. Eine Inventarisierung
bedeute nicht, dass ein Gebäude
auch wirklich denkmalgeschützt sei,
sagt Schneller. «Wird aber ein Bauprojekt eingereicht, das eine Gefährdung für ein inventarisiertes Gebäude bedeutet, folgen weitere Abklärungen.» Diese können zu einem
Gutachten eines Architektur- oder
Kunsthistorikers führen. Der Denkmalrat befindet dann anhand des
Gutachtens, ob ein Gebäude schützenswert sei, und er stellt dem Regierungsrat einen Antrag. Dieser
entscheidet über die Unterschutzstellung, die vor Gericht angefochten werden kann.
In anderen Kantonen ist das
­Vorgehen anders, grundsätzlich
bleibt die Unterschutzstellung aber
komplex und selten – nur ganz
­wenige Prozent aller Gebäude in der
Schweiz sind geschützt. «Das Eigentumsrecht hat in der Schweiz einen
hohen Stellenwert», sagt Daniel
Schneller. «Die Hürden, dieses einzuschränken, sind entsprechend
hoch.» Tatsächlich beschneidet eine
Unterschutzstellung das Eigentumsrecht stark: Mit einem denkmal­
geschützten Haus kann sein Besitzer
nicht mehr tun, was er will. Wird die
Unterschutzstellung nicht von einem
Gericht aufgehoben, dürfen jene
­Elemente des Gebäudes, welche die
Denkmalpfleger als schützenswert
erachten, nicht mehr beeinträchtigt
werden. Meistens ist vor allem die
Fassade geschützt, weil sie für das
Gesicht einer Strasse oder eines Platzes besonders wichtig ist; manchmal
können aber selbst Türklinken unter
Schutz stehen, weil sie etwas Wichtiges über die bauliche Vergangen-
heit aussagen. Jedes Gebäude ist ein
Unikat, und deshalb sind auch die
denkmalpflegerischen Auflagen individuell.
Führt das notgedrungen zu Konflikten mit Bauherren? Daniel
Schneller winkt ab: «Meist werden
denkmalgeschützte Gebäude von
Leuten umgebaut, die eine hohe Affinität zur alten Bausubstanz haben
und selber an deren Erhalt interessiert sind. Echte Zielkonflikte entstehen vor allem dann, wenn jemand
ein denkmalgeschütztes Objekt
kauft, um damit
Geld zu machen
– wenn er das
Gebäude zur
Ware
degradiert.» Das komme jedoch selten
vor.
Daniel
Schneller
ist
froh, dass dem
so ist, denn «bei uns in der Denkmalpflege arbeiten so wenig Leute, dass
wir die vielen Projekte gar nicht begleiten könnten, wenn es ständig
grundsätzliche Konflikte gäbe.» In
Basel werden jedes Jahr etwa 600
schützenswerte Objekte restauriert,
umgebaut oder renoviert; gegen die
Empfehlungen der Denkmalpflege
wird pro Jahr etwa in drei Fällen rekurriert. Diese äusserst geringe Rate
«schlecht
bewohnte
Häuser
sterben»
führt Schneller auf die Schweizer
Mentalität zurück. «Wir sind auf
Ausgleich getrimmt, die Konsensfindung ist hoch entwickelt. Niemand
will einen Fall eskalieren lassen –
und wir Denkmalpfleger wollen ja
auch nicht, dass ein geschütztes Gebäude nicht mehr bewohnt werden
kann.» In Projekte mit denkmalgeschützten Gebäuden seien zudem oft
Architekten involviert, die viel Erfahrung im Umgang mit kulturhistorischer Substanz hätten und sich
ebenfalls als deren Anwälte verstehen würden.
Ein solcher Architekt ist der
­Zürcher Wolfgang Müller. «Ich liebe
Projekte mit denkmalgeschützten
Häusern!», sagt er. «Aus einem alten
Haus kann man lesen wie aus einem
Krimi – zerkratzte Türen, die
­verschiedenen Farbaufträge, die
technischen Installationen oder
­früheren Umbauten erzählen viel
über den Charakter der Bewohner.»
Die Frage, warum der Erhalt alter
Gebäude wichtig ist, beantwortet
Müller mit dem Verweis auf
­Demenzkranke: «Es gehört zu den
­tragischen Erfahrungen, jemanden
zu erleben, der seine Identität verloren hat. Wir brauchen Vergangenheit
– und zu ihr gehören eben auch
­Gebäude.» Gleichzeitig sei aber auch
wichtig, dass die alten Häuser gern
bewohnt würden – «denn schlecht
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ERFOLGT!
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Dossier Wohnen — 87
«Ich will
unser Zuhause
optimal
versichern.»
Denkmalgeschützte Scheune
aus dem 19. Jahrhundert:
Schifffahrtsmuseum in Männedorf ZH
bewohnte Gebäude sterben ebenfalls». Man müsse deshalb immer
einen Weg finden, bei einem Haus
das Wertvolle zu erhalten und zugleich zeitgenössisches Wohnen zu
ermöglichen. «Der Grat zwischen
diesen Aufgaben ist oft sehr schmal
und kann nur mit viel Kreativität,
Sorgfalt, Erfahrung und regem
­Gedankenaustausch bewältigt werden.» Er schätze deshalb Denkmalpfleger, mit denen er über das Objekt
sprechen könne, sagt Müller. «Heute ist die Denkmalpflege in der ­Regel
ein hoch professioneller Partner,
­modern und auf­geschlossen. Es gibt
keine grundsätzlichen Zielkonflikte,
im Gegenteil: Ohne Denkmalpflege
wäre ich manchmal unsicher, mir
fehlte der Gesprächspartner.»
Pauschales Gutachten
erschwert Abbruch
«In der Regel» meint allerdings, dass
die Zusammenarbeit doch nicht in
jedem Fall reibungslos verläuft.
«Man hat mit Menschen zu tun»,
sagt Müller, «und es kommt sehr darauf an, wer einem gegenübersitzt.»
Unerfreulich sei zuweilen auch die
Zusammenarbeit mit Heimatschutzkommissionen, die sich ebenfalls
einschalten, wenn es um die Erneuerung alter Bausubstanz geht. «Dort
können Leute sitzen, die von der
Unterschutzstellung geradezu besessen sind.» Müller steht dem Verbandsbeschwerderecht daher skeptisch gegenüber. «Wir brauchen professionelle Partner – weil die Arbeit
mit denkmalgeschützter Substanz
extrem anspruchsvoll ist.»
Eine andere negative Erfahrung
machte der Architekt mit Isos, dem
«Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung der Schweiz». Müller berichtet
von einem grösseren Bauvorhaben,
dem Abbruchhäuser weichen sollten.
«Meines Erachtens haben diese Häuser keinerlei denkmalpflegerischen
Wert. Jetzt hat sie das Isos aber in
einem äusserst knappen und pauschalen Gutachten als schützenswert
bezeichnet.» Das Gutachten basiere
einzig auf dem Urteil der verantwortlichen Person bei Isos, die Gemeinden seien nicht involviert gewesen.
Müller: «Wir müssen nun ebenfalls
ein teures Gutachten erstellen lassen, das alles verzögert.»
Ob ein Projekt mit alter Bausubstanz zum Traum oder doch zum Albtraum wird, hat also vor allem damit
zu tun, welche Stellen und Personen
darin involviert sind. Als Bauherr ist
man daher gut beraten, erfahrene
Architekten zu beauftragen – und so
früh wie möglich den Kontakt zu den
Behörden zu suchen.
Er ist der beste
Stuckateur
der Schweiz
Wer ein altes Gebäude renoviert, braucht
oft einen guten Stuckateur. Als bester im
Land gilt der Berner Serafin Steinemann
Unsere Epoche liebt den Wettbewerb – und
deshalb gibt es auch einen Schweizer Meister
unter den Gipsern/Stuckateuren. Er ist gerade
einmal 20 Jahre alt, stammt aus Bern und heisst
Serafin Steinemann. Geradezu gigantisch war die
Konkurrenz um den Titel allerdings nicht: Zu den
Berufsmeisterschaften der Stiftung Swiss Skills
wird nur eingeladen, wer einen wirklich guten
Lehrab­schluss gemacht hat. «Und es gibt nicht
viele, die eine Lehre anfangen und auch beenden»,
weiss Steinemann. Dabei ist die Nachfrage nach
guten Berufsleuten gross – als gelernter Gipser
habe man deshalb immer einen Job, sagt der
Champion. Er selbst ergriff den Beruf, weil er
sowohl Interesse an Handwerk als auch an
Feinarbeiten hat. Heute arbeitet er bei der Maler
Pfister AG in Bern, die auch auf die Renovation
historischer Bauten spezialisiert ist.
24/7
Schaden ser vice
Gebäudeversicherung
der AXA/
Trainiert für die WM: Serafin Steine­mann,
Schweizer Meister Gipser/Stuckateur
Stuckaturen benötigten viel Feingefühl. «Aber es ist
halt billiger, eine fertige Plastikstukkatur im
Baumarkt zu kaufen und selbst an die Wand zu
kleben, als eine richtige Stuckatur in aufwendiger
Handarbeit von einem Profi machen zu lassen.»
Ebenso viel Geschick benötige ein Wandputz: «Das
ist, wie wenn man mit einer nassen Joghurtmasse
eine Fläche überziehen muss, ohne dabei Striemen
zu hinterlassen!»
Wer seine Decke vom Meister persönlich
ver­schönern lassen möchte, braucht gegenwärtig
etwas Geduld: In diesen Wochen arbeitet Serafin
Steinemann nur aushilfsweise, denn er befindet
sich im Training für die World Skills, die Berufsweltmeisterschaften. Sie finden vom 2. bis 7. Juli in
Leipzig statt. Die Schweiz tritt mit einer Delegation
von 39 Teilnehmern aus 37 Berufen an – «eine
grosse Sache!», findet Steinemann. Entsprechend
hart trainiert er auch. «In meiner Branche wird vier
Monate vor der Weltmeisterschaft mitgeteilt,
welches Projekt es am Titelkampf zu bewältigen
gilt – und das ist gut so, denn ohne gezielte
Vorbereitung wäre man bei einer solch
­komplizierten Aufgabe verloren.» Erik Brühlmann
Bautrocknungs-Experte bei
Wasserschaden innert 4 h vor Ort
Solaranlagen und Wärmepumpen
versicherbar
Schäden bei Umbau/Renovationen
bis 100 000.– versichert *
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88 — Dossier Wohnen
23. Juni 2013
Mieter als sanfte Sanierer
Auch wenn Sie nicht Wohnungseigentümer sind, können Sie Ihrem
Lebensraum mit wenig Aufwand viel Individualität verleihen
Von Marius Leutenegger und Christina Hwang
K
lar: Eine Mietwohnung ge­
hört dem Eigen­tümer. Er
bestimmt, wann was sa­
niert wird. Das bedeutet
aber keineswegs, dass
Mieter ihr Wohn­umfeld nicht mit­
prägen könnten – im Gegenteil: Das
Mietrecht lässt ihnen sogar recht
grossen Spielraum. Grundsätzlich
gilt nämlich, dass Mieter die Woh­
nung einfach wieder so zurückgeben
müssen, wie sie diese übernommen
haben. Sie können also die Wände
in jeder beliebigen Farbe streichen,
wenn sie am Ende den ursprüng­
lichen Zustand wieder­herstellen. Sie
können auf eigene Kosten neue
Böden verlegen, falls sich diese wie­
der spurlos entfernen lassen, und sie
dürfen sogar ihr Lieblingslavabo ins­
tallieren, wenn sie das ursprüngliche
behalten und im Kündigungsfall
wieder sauber einsetzen. Unter Um­
ständen können sie sogar Änderun­
gen vornehmen, die nicht reversibel
sind – dazu be­nötigen sie aber die
ausdrückliche Einwilligung des Ver­
mieters. Manch­mal ist der Vermieter
sogar bereit, eine Umgestaltung
mitzufinanzieren, zum Beispiel
dann, wenn sie die Woh­nung auf­
wertet. Zu empfehlen ist daher in je­
dem Fall: bei grösseren Eingriffen
Rück­sprache mit dem ­Eigentümer
nehmen.
Kurs in Plättlikleben
und Laminatverlegen
Obwohl die Möglichkeiten, einer
Mietwohnung eine individuelle ­Note
zu verleihen, ziemlich gross sind,
werden sie eher selten genutzt –­
­offenbar gibt es Hemmungen, an
fremdem Eigentum herumzuwer­
keln. Für Zurückhaltung sorgt wohl
auch, dass man sich gute Resultate
schlicht nicht zutraut, wenn man
­selber Hand anlegt.
Heimwerken erfordert aber keine
besonderen Talente, und abgesehen
davon gibt es heute unzählige Kur­
se, in denen man sich die nötigen
Kompetenzen aneignen kann. Die
Migros-Klubschule bietet zum Beis­
piel den Workshop «1 x 1 des Haus­
halthandwerks» an, bei dem man
den Umgang mit Bohrer und Pinsel
lernt. Besonders erfolgreich ist der
«Woman’s Day», den der Do-itFachmarkt Bauhaus regelmässig
veranstaltet: Frauen lernen dort,
wie man Plättli klebt oder Laminat
verlegt. Der Kurs, der in zahlreichen
Bauhaus-Filialen durchgeführt wird,
kostet nichts, ist aber oft schon früh
ausgebucht.
Wer keinen Platz findet, muss
­deshalb nicht verzweifeln: Die
­meisten Do-it-Geschäfte präsentie­
ren auf ihren Websites unendlich
­viele Tipps, Tricks und Anleitungen
für Heimwer­ker. Vorbildlich sind
­dabei zum Beispiel Hornbach.ch
oder Obi-baumarkt.ch. Und Tipps
über Farb­gestaltung und Licht er­
halten Sie auch auf dieser Seite.
Der sanften Sanierung der­
eigenen Mietwohnung steht also
selbst mit zwei linken Händen nichts
im Weg!
Licht: Das unterschätzte Potenzial
Lampe und Kunstwerk:
Kollektion «IN-EI» von
Issey Myake, Artemide,
600 bis 2000 Franken
Oft wird bei Einrichtungen die Beleuchtung sträflich vernachlässigt. Noch immer scheint die Einstellung
weit verbreitet, Licht müsse einfach für anständige Sichtverhältnisse sorgen. Dabei ist Licht ein
Gestaltungselement, das auch einem wenig attraktiven Raum Stil und Eleganz verleihen kann.
Lichtquellen schaffen Inseln für verschiedene Aufmerksamkeitsbereiche und Tätigkeiten, der Lichtkegel
definiert, fokussiert und optimiert die Wahrnehmung des Raums.
Eine einfache Empfehlung lautet: Ein Raum sollte über mindestens eine Grundbeleuchtung und zwei bis
drei Akzentbeleuchtungen verfügen. Er sollte also nicht in einem regelmässigen gleissenden Licht
erstrahlen, sondern sozusagen durch Licht geformt werden. Probieren Sie einfach aus, wie Ihr Raum
unter verschiedenen Beleuchtungen wirkt, setzen Sie Akzente, arbeiten Sie auch einmal mit indirektem
Licht, leuchten Sie also direkt an die Wand oder Decke. Dass manche Leuchten nur die Funktion eines
Stimmungsmachers erfüllen, muss Stromsparer nicht gleich auf die Palme bringen – dank LED ist der
Verbrauch der Lampen inzwischen gering.
So anspruchsvoll das ausgewogene Beleuchten eines Raums auch ist, eine Regel bleibt simpel: Bei
Leuchten sollte man nicht die günstigste Lösung wählen. Es lohnt sich, hochwertige Produkte
anzu­schaffen, denn diese sind in der Regel so konzipiert, dass sie das Licht gleichmässig verteilen. Eine
ideale Leuchte lässt sich stufenlos dimmen und bietet Flexibilität hinsichtlich der Leuchtrichtungen. Ein
gutes Beispiel für einen solchen Allrounder ist «Twilight LED» von Belux; diese Leuchte verfügt auch über
eine sogenannte Weisston-Modulation, man kann also einstellen, ob sie Kalt- oder Warmlicht spenden
soll – die Weisston-Modulation in einem Raum sollte nämlich stets einheitlich sein. Ausserdem kann
«Twilight LED» nur noch oben abstrahlen, nur am Leuchtkörper selbst Licht abgeben oder beides
miteinander. Damit lässt sich nun wirklich etwas anfangen.
Heute gibt es auch viele Leuchten, die regelrechte Objekte oder kleine Kunstwerke darstellen –
wie etwas das «IN-EI» von Artemide, von Issey Myake gestaltet und aus rezykliertem PET-Gewebe
geschaffen. Besonders stimmungsvoll wirds, wenn das Licht Muster in den Raum zeichnet – wie das
bei «PostKrisi» von Catellani & Smith der Fall ist. Mit dieser Lampe muss man sich nicht mehr überlegen,
wie eine Wand Charakter erhält.
Malt Schatten
an die Wand:
«Postkrisi» von
Catellani & Smith,
rund 1000 Franken
Der Alleskönner:
«Twilight LED»
von Belux,
rund 2000 Franken
Farbe: Simpel, aber effektvoll
Die Gestaltung mit Farbe ist die wirkungsvollste Art,
einem Raum Individualität und Frische zu verleihen.
Oft sieht es besonders gut aus, wenn man nur eine
Wand in einem Raum farbig streicht – vor allem bei
moderner Architektur. Diese Wand sollte möglichst
nicht durch Fenster, Radiatoren u.s.w. unterbrochen
werden. Gibt es im Zimmer keine solche Wand, kann
man einfach eine möglichst grosse Fläche auf einer
anderen definieren und diese in der gewünschten
Farbe bemalen – rundherum belässt man die Wand
in der bisherigen Farbe. So wird die Farbfläche zu
einer Art riesigem Bild. Entsprechende Experimente
haben kaum Folgen: Gehen sie schief, kann man die
Wand einfach wieder übermalen.
Nicht ganz einfach ist die Wahl des passenden Tons
– auch deshalb, weil die Auswahl an schönen
Anstrichen riesig ist. Malfreudige sollten sich einmal
auf folgenden Websites umsehen:
qwww.farrow-ball.com: Schon der Internetauftritt
des britischen Traditionsunternehmens macht Lust,
zum Pinsel zu greifen. In der Schweiz bekommt man
die hochwertigen Farben in Fachge­schäften.
qwww.flamant.com: Flamant ist ein belgisches
Einrichtungsgeschäft, das mit Flamant Paint eine
Gut sind zum
eigene Farblinie führt. Erhältlich ist sie zum Beispiel
Beispiel die Farben
bei Nuances in Zürich.
von Flamant Paint
qwww.ktcolor.ch: «Unsere weltweit einzigartigen
oder Farrow & Ball
Farben funkeln wie frisch gefallener Schnee»,
schreibt die Farbmanufaktor kt.Color. Das ist für
einmal nicht blosses Marketinggetöse. Das Unternehmen aus Uster verkauft zum
Beispiel die legendären Corbusier-Farben. Auf der Website bekommt man auch gleich Vorschläge,
welche Farbe zu welcher passt.
Momentan sind Erdtöne besonders beliebt – wie generell bei der Inneneinrichtung. Als Wandfarbe
für Wohnzimmer eignen sich alle Farben mit warmer Wirkung, also Töne von Beige über Rot bis
Braun, fürs Schlafzimmer werden beruhigende Blautöne empfohlen.
Vorhänge: Zurück in die Zukunft
Lange verpönt, sind Vorhänge in den letzten Jahren wieder beliebter geworden. Das hat gute Gründe:
Ein Raum ohne Fensterbekleidung wirkt oft etwas kühl, unfertig oder im schlimmsten Fall gar schlicht
ungemütlich. Die Wiedergeburt des Vorhangs begann im Schlafzimmer. Vorhänge eignen sich als
Gestaltungsmittel aber nicht nur dort, sondern in allen Zimmern. Fenster sind dann für Vorhänge
geeignet, wenn der Stoff ungehindert bis auf den Boden fallen kann, und wenn seitlich genügend Platz
vorhanden ist, damit der Vorhang auch problemlos geöffnet bleiben kann.
Als Alternative zu den klassischen Wellen-Gardinen gibt es Flächenvorhänge; sie passen vor allem in
moderne Gebäude und immer dort, wo partielle Aus- oder Einblicke gewünscht sind. Denn mit ihnen
kann eine beliebige Fensterfläche abgedeckt werden. Es muss aber nicht immer Vorhang sein: Bei
Fenstern, die in Nischen eingelassen oder durch eine Fensterbank abgeschlossen sind, sollte man
Rollos vorziehen. Heute gibt es Modelle für jeden Geschmack. Aussergewöhnlich sind die Produkte
des finnischen Anbieters Woodnotes, die aus Papiergarn gefertigt werden. Ein anderes System für die
Gestaltung des Fensterbereichs sind Panels, die sich in der Höhe verschieben lassen – sie bieten
horizontal partiellen Sichtschutz, sind exklusiv und schön. Sie
können auch als Raumteiler eingesetzt werden. Bekannt ist in
diesem Bereich das «System W» der Schwedin Ann Idstein –
skandinavisches Design ist momentan ja ohnehin hip.
Hochwertige Gestaltungselemente: Panels von Ann Idstein
23. Juni 2013
Dossier Wohnen — 91
«Eine 4-zimmer-wohnung darf
2
wieder 95 statt 110 m haben»
Martin Grüninger, Leiter Bau und Bewirtschaftung der
Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich, über Flächenverbrauch,
hohe Sanierungskosten und den Verzicht auf Labels
von Benjamin Gygax (Text) UND PHILIPP ROHNER (Foto)
M
it 4600 Wohnungen und
122 Einfamilienhäusern
in 60 Siedlungen ist die
Allgemeine Baugenossenschaft Zürich die
grösste Wohnbau­genossenschaft
der Schweiz. Wächst sie weiter?
Wie entscheiden Sie darüber, ob _
saniert oder neu gebaut wird?
Diesem Entscheid geht eine sorgfältige Analyse der Siedlung voraus.
Der bautechnische Teil ist nur ein
Aspekt, den es zu berücksichtigen
gilt. Ganz wichtig ist auch, wie sich
die Bewohnerstruktur in der Siedlung präsentiert und wie diese in Zukunft aussehen soll. Welches Wohnungsangebot braucht es dafür? In
dem Moment, in dem man keine Familien mit Kindern mehr in eine
Siedlung bringt, stimmt etwas nicht
mehr – entweder das Quartierumfeld
oder das Wohnungs- und Umgebungsangebot. Ist das Ausnützungspotenzial gross sowie die Substanz
und Bewohnerstruktur ungenügend,
spricht vieles für einen Ersatzneubau. Manche unserer Siedlungen
stammen noch aus den 1920er- und
1930er-Jahren und weisen die bekannten Defizite auf – die man mit
Umbauen nur teilweise, aber nie
ganz beseitigen könnte. Ausserdem
sind Sanierungen pro Quadratmeter
Wohnfläche oft teuer als ein Neubau.
Es kann aber sein, dass eine Siedlung
unter Denkmalschutz steht, dann ist
kein Ersatz möglich.
Wir sind seit 1916 kontinuierlich
­gewachsen und wachsen weiter. In
absehbarer Zeit werden wir bei den
Wohneinheiten die 5000er-Grenze
erreichen, einerseits dank einem
grossen Projekt im Glattpark, aber
auch dank geplanter Ersatzneubauten. Denn bei Ersatzneubauten entstehen immer mehr neue Wohnungen, als alte wegfallen – alte Siedlungen verfügen meist über beträchtliche Ausnützungsreserven, die wir
zur Verdichtung nutzen können.
Wie viel investiert die ABZ in
­Renovationen?
Wir haben in den letzten fünf Jahren
rund 750 Wohnungen saniert. Dabei
wurden 105 Millionen Franken investiert, also 20 Millionen pro Jahr
oder 140 000 Franken pro Wohneinheit. Jährlich sanieren wir also etwa
150 Wohnungen, was bei insgesamt
4600 Einheiten eine Erneuerungsquote von rund 3 Prozent ergibt.
Diese Quote schwankt allerdings
stark, obwohl wir aus Ressourcenüberlegungen versuchen, die Renovationen in der Planung etwas zu
verteilen. Doch man kann nicht alles
planen – es gibt auch viele äussere
Einflüsse, Rekurse zum Beispiel,
komplizierte Bewilligungsverfahren
oder unerwartete Altlasten.
Wie hoch ist denn der Anteil ihrer
Objekte, die geschützt sind?
Er ist bei uns nicht so hoch wie bei
anderen Genossenschaften. Aber wir
haben gerade die denkmalgeschützte, 1928 erstellte Siedlung Sihlfeld
mit 138 Wohnungen umfassend saniert. Dabei haben wir 32 Millionen
Franken investiert – über 3100 Franken pro Quadratmeter Wohnfläche.
Dafür könnte man auch eine flächenmässig gleich grosse Siedlung
im Minergie-Standard neu bauen.
Trügt der Eindruck, dass
­Genossenschaften gegenwärtig
stark in die Erneuerung ihrer
­Liegenschaften investieren?
Nein, denn ein grosser Teil der Genossenschaftswohnungen stammt
aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und muss jetzt erneuert
werden. Hinzu kommt, dass viele
Genossenschaften über grosse innere Landreserven verfügen, die angesichts der Nachfrage nach Wohnraum besser genutzt werden müssen.
Die Bau- und Zonenordnung schafft
ein Ausnutzungspotenzial, das beim
eineinhalb- bis dreifachen der 80
Jahre alten Siedlungen liegt. Ob es
städtebaulich und architektonisch
sinnvoll ist, die Reserven in jedem
Fall bis zum Letzten auszunützen,
muss man natürlich von Fall zu Fall
prüfen; wir gehen nicht ans Limit.
Apropos Minergie: Nur vier Ihrer
60 Siedlungen verfügen über ein
entsprechendes Label. Deutet das
auf den hohen Erneuerungsbedarf
hin oder legt die ABZ gar keinen
grossen Wert auf Label?
Sagen wir es so: Wir sind nicht mehr
auf Teufel komm raus auf ein Label
aus. Bei unseren letzten beiden
­Projekten war die Vorgabe nicht das
Label – wir haben es dann aber trotzdem erreicht. Die Vorgabe lautet
heute, dass die Siedlung nach dem
SIA-Effizienzpfad Energie des
Schweizerischen Ingenieur- und
Architektenvereins 2000-Watt-tauglich sein muss. Dies ist eine umfassendere Betrachtungsweise, die nicht
nur die Betriebsenergie einbezieht,
sondern auch die Graue Energie für
die Erstellung und die Mobilität. Der
Planungsspielraum wird erweitert
und ermöglicht wieder dünnere
Dämmstoffdicken von 20 bis 25 Zentimetern in Verbindung mit erneuerbarer Energie für die Wärmeerzeugung. Komplizierte und teure Konstruktionen mit Wärmedämmungen
von 30 Zentimetern und mehr oder
eine kontrollierte Wohnungslüftung,
wie sie Minergie vorschreibt, sind
nicht zwingend.
Was entscheidet darüber, ob eine
Siedlung saniert werden muss?
Wir können Sanierungen auch einmal hinauszögern, weil wir nicht
­renovieren müssen, um hohe Marktmieten zu rechtfertigen. Doch irgendwann kommt der Punkt, an dem
man einfach erneuern muss: Das Interesse an den frei werdenden Wohnungen sinkt, es meldet sich plötzlich ein anderes Publikum, bestehende Mitglieder rümpfen über die Wohnungen nur noch die Nase, die Reparaturkosten werden zu hoch. Der
technische Aspekt ist auch wichtig:
Oft erfüllen die Wohnungen die aktuellen Ansprüche an die Alters- und
Behindertentauglichkeit, die Erdbebensicherheit oder den Energieverbrauch nicht mehr. Wir sind mit einer
hohen Regeldichte konfrontiert, so
dass es mit einer Pinselsanierung
nicht mehr getan ist. Ein grosses Problem ist auch die Ringhörigkeit.
10000 Menschen
Der 54-jährige Martin Grüninger ist Leiter Bau und Bewirtschaftung
und Mitglied der Geschäftsleitung der Allgemeine Baugenossenschaft Zürich
(ABZ). Er studierte Raumplanung an der Fachhochschule Rapperswil. ABZ,
die grösste Baugenossenschaft der Schweiz, wurde 1916 von einer
Gruppe von 15 Eisenbähnlern gegründet. Sie hat heute über 7000 Mitglieder,
rund 10 000 Menschen leben in den Wohnungen der ABZ.
«wichtig
ist der
Grundriss»
Wenn Sie sich bei einer Siedlung
gegen einen Ersatzneubau und für
eine Sanierung entschieden haben
– wie gehen Sie vor?
Wir haben genügend Ressourcen,
um die Bauherrenfunktionen selber
zu übernehmen. Wir planen aber
nicht selber und führen auch nicht
Fortsetzung auf Seite 93
23. Juni 2013
Dossier Wohnen — 93
Fotos: Hannes Heinz, Ulrich Stockaus
Fortsetzung von Seite 91
«Eine 4-ZimmerWohnung darf
wieder 95 ...
selber aus. Jedes grössere Sanierungs- oder Bauprojekt entwickeln
wir, indem wir einige Architekturbüros zu einem Wettbewerb einladen.
Solche Verfahren führen wir durch,
weil wir überzeugt sind, dass wir so
bezüglich Wohnwert, Architektur
und Städtebau zur richtigen Lösung
gelangen. Und wir brauchen gute
Lösungen, weil wir für unseren
Eigenbestand bauen. Erstellen wir
eine Siedlung, die sich später als problematisch erweist – in baulicher
oder sozialer Hinsicht –, müssen wir
damit für die nächsten 80 Jahre leben. Wir können die Siedlung dann
nicht wie ein privater Investor auf
den Markt werfen und hoffen, dass
uns jemand das Problem abnimmt.
Wie finanzieren Sie die
­Sanierungen?
Wir legen jedes Jahr 1 Prozent des
Gebäudeversicherungswerts in einen
Erneuerungsfonds ein – das sind
rund 12 Millionen Franken. Mit diesen Rückstellungen können wir
einen schönen Teil der Sanierungskosten abfedern. Der Rest wird aber
auch bei uns mietzinswirksam.
Kann sich die ABZ dem Druck
­steigender Ansprüche entziehen?
Den Komfort-Wettlauf müssen wir
als Baugenossenschaft nur zum Teil
mitmachen. Wenn wir eine Küche erneuern und dabei einen Geschirrspüler, einen A++-Kühlschrank und eine
Steinabdeckung einbauen, ist das
noch keine Luxussanierung. Und ein
Bad behält bei einer Sanierung seine
Abmessungen. Dem Trend, in jeder
Wohnung einen Waschturm einzubauen, versuchen wir uns zu entziehen – weil wir davon überzeugt sind,
das die Waschküche ein wichtiger
Begegnungsort ist. Bei Neubauten
planen wir deshalb einen Waschsalon,
der mit einer genügend grossen Zahl
Maschinen ausgerüstet ist und wenn
möglich gleich beim Eingang liegt,
damit man sich dort trifft. Ein privater Eigentümer würde einen solchen
Raum vielleicht vermieten, wir nutzen
ihn als Beitrag zum Zusammenleben.
Bei Sanierungen ist eine solche Lösung aber meist nicht möglich.
Wie beeinflussen Sanierungen die
Mietkosten?
Bei einem tiefen Eingriff wie in der
Siedlung Sihlfeld kommt eine Wohnung nach der Sanierung auf den
gleichen oder sogar auf einen leicht
höheren Mietzins pro Quadratmeter
als bei einem Neubau. Zusätzlich
sind die Nebenkosten höher. Dennoch ist die absolute Miete pro
­Wohnung in der Regel beim Neubau
höher, weil dort die Fläche einer
Wohneinheit grösser ist.
Der durchschnittliche
Flächen­verbrauch liegt bei rund
50 Quadratmetern pro Kopf.
­Versuchen Sie der Entwicklung zu
immer mehr Wohnfläche
­entgegenzusteuern?
Das ist ein wichtiger Punkt. Bei uns
liegt der Flächenverbrauch deutlich
tiefer, weil wir Belegungsregeln anwenden. Aber wir versuchen auch
bei unseren geplanten Projekten zu
bremsen: Eine Vierzimmerwohnung
darf auch wieder 95 statt 110 Quadratmeter haben. Entscheidend für
das Gefühl, in einer Wohnung Platz
zu haben, ist nicht unbedingt die Fläche, sondern ein gut geschnittener
Grundriss.
Eine Genossenschaft wie die ABZ
prägt ganze Quartiere und trägt
­damit Verantwortung für die
­Stadtentwicklung. Wie arbeiten Sie
mit Behörden zusammen?
Diese Zusammenarbeit ist sehr gut
und wird von beiden Seiten gepflegt.
In Wollishofen haben wir einen Bestand von 700 Wohnungen, die in
den nächsten Jahrzehnten nach und
nach erneuert werden müssen. Dabei tragen wir eine grosse Verantwortung, weil wir das Quartier Entlisberg stark prägen. Deshalb haben
wir mit der Stadt zusammen einen
privat finanzierten Masterplan erstellt, um die Leitplanken für die
recht grosse städtebauliche Veränderung zu setzten.
Ein Kühlschrank
A++ oder eine
Steinabdeckung
ist kein Luxus
mehr: Erneuertes
Bad, Siedlung
Wie­dikon
in ­Zürich
Gibt es auch Interessenkonflikte
zwischen der ABZ und der Stadt?
Das kann es geben, aber die Differenzen sind nicht gross. Auch für uns
ist klar: Das Gebiet Entlisberg ist zu
sensibel, als dass man in einer Zone
mit dreigeschossigem Wohnbauten
Neubauten mit bis zu sieben Geschossen erstellen könnte – obwohl
die Arealbebauung so etwas zuliesse. Eine solche Veränderung würden
zudem auch unsere Bewohner nicht
einfach durchwinken.
Wie gestaltet sich denn die
­Zusammenarbeit mit den
­Bewohnern?
Wohnen ist ein Grundbedürfnis, und
ein Sanierungs- oder Ersatzprojekt
erschreckt zunächst, weil es das
­direkte Wohnumfeld betrifft. Aber
unsere Mitglieder geniessen ein
Wohnrecht. Wir müssen also vorübergehende oder definitive Ersatzlösungen anbieten. Deshalb beginnen
wir jeweils früh damit, Wohnungen
für die Umsiedlungen bereitzuhalten, indem wir leer werdende Wohnungen nur noch befristet vermieten.
Darüber hinaus braucht es in jeder
Phase eine umfassende und rechtzeitige Information. Schon 2007 haben
wir den Erneuerungsplan 2010 bis
2019 aufgelegt und Informationsabende durchgeführt. Alle wussten
früh, was ungefähr wann passiert.
Auch bei einfachen Sanierungen
müssen die Bewohnerinnen und Bewohner einem Projekt zustimmen.
Und wenn sie mit einem Projekt
nicht einverstanden sind?
Dann überprüft es der Vorstand
noch einmal oder er überweist es –
wenn er davon überzeugt ist – an die
Generalversammlung. Ich muss allerdings sagen, dass es in den letzten
20 Jahren nie so weit kam. Das hängt
auch damit zusammen, dass wir sehr
sorgfältig informieren und planen –
und sinnvolle Anregungen der
­Direktbetroffenen frühzeitig auf­
nehmen.
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Lebensräume zum Wohlfühlen — mit Schweizer Holz
für sein Bauprojekt auch wirklich auf
eine Gesamtleistung zählen zu können. Dass sich dabei rund 20 junge
Menschen in vier Berufen bei der Unternehmensgruppe Strüby ausbilden
lassen können, ist Garant für zukünftige praxisorientierte und gleichzeitig
spezialisierte Fachleute.
Überbauung Naturblick, Realp UR
Als Gesamtleistungsanbieter, mit
Schwerpunkt Holz, vereint die
Unternehmensgruppe Strüby Entwicklung, Planung und Holzbau
unter einem Dach. Dies als wichtige
Voraussetzung, um mehrgeschossige Bauten sowie Grossprojekte effizient und präzise umzusetzen.
Zur Firmengruppe gehören die Strüby
Konzept AG als Architektur- und Totalunternehmung, die Strüby Holzbau AG
als Produktions- und Ausführungsfirma
sowie die Strüby Immo AG für Immobiliendienstleistungen. Die Strüby-Unternehmen sind in den Geschäftsfeldern
Wohnbau (Ein- und Mehrfamilienhäuser) Umbau, Stallbau, Gewerbe- und
Industriebau sowie Landi-Ladenbau
tätig. Sie gehören zu den schweizweit
führenden Gesamtleistungsanbietern
mit Schwerpunkt Holz.
Ein Meilenstein für die Zukunft
Die Strüby Holzbau AG, als Produktionsunternehmen innerhalb der Unternehmensgruppe Strüby, verarbeitet für ihre Bauprojekte in der ganzen
Schweiz pro Jahr mehr als 10‘000 m3
Konstruktionsholz. Um diese riesige
Menge modern, rasch und exakt verarbeiten zu können, wurde in Root LU
ein neues Produktionszentrum mit einer Fläche von 7‘300 m2 erstellt und
mit modernster Holzbau-Technologie
ausgerüstet.
Vorteile des Gesamtleistungsanbieters Strüby:
Überbauung Perla, Vitznau LU
• Finanzielle Kostensicherheit
des Gesamtprojektes
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Erfahrung und Innovation – eine
starke Basis
Für einen nachhaltigen Erfolg setzen
sich rund 250 Mitarbeitende mit vollem Einsatz ein. Der Firmenerfolg wird
als Ergebnis der gemeinsamen und
motivierten Arbeit auf allen Stufen
betrachtet und so auch gefördert und
honoriert. Die Zusammenarbeit der
mehr als 25 Berufsgattungen ist anspruchsvoll, aber gleichzeitig äusserst
inspirierend und kreativ. Diese Grundlage gibt dem Kunden die Gewissheit,
LANDI Reba Aesch BL
Schweizer Holz
Die Strüby Holzbau AG setzt nachweislich auf Holz aus Schweizer Wäldern.
Sie hat dies mit dem Herkunftszeichen Schweizer Holz, welches die
Rückverfolgbarkeit innerhalb der Verarbeitungskette garantiert, zertifizieren
lassen. Mit diesem Bekenntnis zum
heimischen Rohstoff wird ein wertvoller Beitrag für nachhaltiges Wirtschaften und Leben geleistet.
Erfahren Sie noch mehr auf unserer
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• Beste Ausführungsqualität
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vorhanden und im ganzen
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• Externe Schnittstellen sind
minimiert
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innovativen Holzbauweise
• Geringe Belastung der
Bauherrschaft im ganzen
Bauprozess
Bauen auf entspannte Art!
Überbauung Schöngarn, Einsiedeln SZ
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