24 Tier BAUERNBLATT l 31. Oktober 2015 ■ Betriebsreportage auf Gut Kühren Legehennen für wetterunabhängigen Betriebszweig 2009 hat Axel Graf von Bülow seine ersten 68.000 Hennen angeschafft. Nur wenige Jahre später hat er in den zweiten Stall für 76.000 Tiere investiert. Ob er diesen Schritt beim derzeit niedrigen Eierpreis bereut? Isa-Maria Kuhn, Landwirtschaftskammer, hat ihn getroffen. Der Arbeitsplatz von Axel Graf zu Bülow liegt idyllisch im Kreis Plön, eingebettet in eine dieser schönen alten Gutsanlagen, umrahmt von Wald und zahlreichen historischen Gebäuden. Wer auf den Hof fährt, riecht nichts von den 68.000 braunen Legehennen. Auf dem ehemals klassischen Ackerbaubetrieb mit Forst und Weihnachtsbaumkulturen wurden mehrere Jahrzehnte keine Tiere gehalten. Das sollte sich ändern, weil der Graf sich unabhängig machen wollte von der Witterung: „In der Landwirtschaft ist doch immer irgendetwas, worüber man sich Sorgen machen muss. Entweder ist es auf den Feldern zu trocken oder zu nass. Wir wollten einen wetterunabhängigen Betriebszweig haben; wohl wissend, Zwei Herden der Legehenne Lohmann braun sind derzeit auf Kühren aufgestallt. dass es sicher neue Probleme geben teilweise über eine Photovoltaikanwird.“ lage einspielen. Der Eierpreis ist derzeit nicht kosHohe Futtertendeckend, sagt Bülow: „Uns fehlt und Energiekosten mindestens 1 ct. Die Discounter mit ihrem Lebensmitteldumping zahlen Nach einem umfangreichen Gebei Eiern genauso schlecht wie bei nehmigungsverfahren – so muss unFleisch und Milch. Glücklicherweise ter anderem nachgewiesen werden, war die Getreideernte so gut, dass dass die Fläche eines Betriebes auswir im Ackerbau gut dastehen.“ reicht, um die Hälfte des Futters in der Theorie selber produzieren zu können – ging der Betrieb 2009 mit Vom Huhn dem neuen Betriebszweig an den wird alles verwertet Start. Es musste eine größere Summe für den modernen Laufstall zur BoUm die Gewinnzone zu erreidenhaltung investiert werden. Die chen, benötigt der Betrieb pro Henlaufenden Kosten sind ebenfalls ne und Jahr über 300 Eier. Die Tiere hoch. Die Junghennen für einen Stall beziehen mit 18 Wochen den Stall. schlagen mit 300.000 € zu Buche, Dort finden sie Nippeltränken, Futund die Tiere benötigen für 15.000 € ter auf Förderbändern, Stroh zur Futter pro Woche. Die EnergiekosBeschäftigung und Nester vor. Diese ten für Licht, Lüftung und Förder- Axel Graf von Bülow an der computergesteuerten Licht- und Fütterungsanlage. sind schräg, und sobald das Huhn bänder kann der Betrieb dagegen Fotos: Isa-Maria Kuhn nach der Eiablage das Hinterteil Tier ■ BAUERNBLATT l 31. Oktober 2015 Der Luftmischer saugt die warme Luft aus dem Stall und trocknet damit den Hühnerkot. hebt, rollen sie auf ein Förderband. Glucken und anpicken werden so unterbunden. Alles ist auf mehreren Ebenen angeordnet, sodass der Lebensraum der Tiere strukturiert ist: scharren, fressen, Wasseraufnahme, legen, koten, schlafen. Durch Luken sind Tageslicht und Frischluft gewährleistet. Die warme, verbrauchte Luft wird abgesaugt. Mit ihr trocknet man unter anderem den Hühnerkot, der auf einem Förderband den Stall verlässt. Denn auch die tierischen Hinterlassenschaften finden noch Verwendung, und zwar in einer Biogasanlage. „Mit 2.000 t Hühnertrockenkot lassen sich 50 ha Mais ersetzen“, sagt von Bülow. Die Hühner beginnen im Alter von 21 Wochen zu legen. Nach 13 Monaten werden sie geschlachtet und weiterverarbeitet. Nach einer umfassenden Reinigung und Desinfek- Über ein Förderband werden die Eier aus dem Stall in das Sortier- und Lagergebäude gebracht. tion wird wieder neu eingestallt. Der um gleichmäßige Tagesabläufe zu Kreislauf beginnt von vorn. gewährleisten. Wie das Wildhuhn möchte sein gezüchteter Nachkomme abends höher schlafen, deshalb Management wird das Licht dann im unteren des Stallklimas Scharrbereich gedimmt. Die Tiere Die Tiere geben in der kalten Jah- begeben sich, wenn es vermeintlich reszeit genug Wärme ab, um das Nacht wird, auf die Sitzstangen. DaStallklima optimal zu halten. Pro- bei finden sie immer gleich lange blematisch ist eher eine Überhit- Tage vor, Jahreszeiten gibt es nicht. zung im Sommer. Sollte das Thermometer zu hoch steigen, dann Fütterung gibt ein Sprinkler automatisch Wasist komplex ser für feinsten Nebel ab, damit der Stall heruntergekühlt wird. Wichtig Obwohl mit 550 ha reich an Fläist, dass die Tiere gleichbleibende che, produziert der Betrieb das FutVerhältnisse haben. So wird es auch ter nicht selber. Das wird von Spezibeim Licht gehalten. Die Legehen- alfirmen per Lkw geliefert und laut nen bekommen Tageslicht durch von Bülow regelmäßig streng konbesagte Klappen und frische Luft. trolliert. Es selber herzustellen, sei zu Der Luftaustausch im Stall findet aufwendig, weil das Huhn je nach über ein umfangreiches Entlüf- Lebensalter und Legestadium eine tungssystem statt. Zusätzlich wird anders zusammengesetzte Ration noch elektrisches Licht eingesetzt, benötigt. Vergleichbar ist das mit ei- Yvonne Buchholz sortiert beschädigte und schmutzige Eier aus. ner unterschiedlichen Ration für Trockensteher und hochleistende Milchkühe. Getreide, Vitamine, Soja, Mais und Raps werden fürs Hühnerfutter fein vermahlen. Verbraucher essen 231 Eier pro Kopf Sieben Angestellte beschäftigt das Gut im Betriebszweig Legehennen. Mit seinen engagierten Mitarbeitern mache ihm das sehr große Freude, sagt von Bülow. Sie gingen ruhig mit den Tieren um und hätten bei der täglichen Kontrolle der beiden Herden ein gutes Auge. Diese präsentieren sich derzeit unterschiedlich. In der einen Herde „ist der Wurm drin“, die Hühner picken sich gegenseitig die Federn aus. Er vergleicht das Phänomen mit dem Schwänzebeißen beim Schwein. „Manchmal hat man es in der Herde Ein „Computerarm“ bewegt die Eier zu den Paletten. 25 26 Tier BAUERNBLATT l 31. Oktober 2015 ■ drin und manchmal nicht.“ Zurzeit verwendet er viele Überlegungen darauf, warum die Herden bei gleichem Futter und gleichem Stall unterschiedlich reagieren. Er erwägt, von Lohmann braun auf deren weiße Variante umzusteigen, denn die Durchgänge mit Lohmann weiß hätten ihm besser gefallen. Im oberen Bereich des Stalls befinden sich die Nippeltränken und die durch Vorhänge geschützten Nester. Isa-Maria Kuhn Landwirtschaftskammer Tel.: 0 43 31-94 53-111 [email protected] FAZIT Die Lust an seinem Betriebszweig Eierproduktion hat Bülow trotz nicht auskömmlicher Preise und des Federpickens noch nicht verloren: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Die Verbraucher geben ihm insofern recht, als sie im vergangenen Jahr pro Kopf 231 Eier gegessen haben. Das Produkt von Gut Kühren ist also begehrt. Schleswig-Holstein-Geflügel in Zahlen Im „Milch- und Getreideland“ ist die Geflügelhaltung weniger stark vertreten als etwa bei unseren Nachbarn in Niedersachsen. Es gibt nach der aktuellsten Erfassung des Statistikamtes Nord hierzulande rund 60 Betriebe für die Erzeugung von Eiern. Ein Großbetrieb dominiert die Szene. Die Legehennenbetriebe gliedern sich vor allem in die Bodenhaltung (45 Stück) und Freilandhaltung (26 Stück). Lediglich vier Betriebe haben die sogenannten ausgestalteten Käfige nach Tierschutzverordnung. Acht Betriebe erzeugen Bioeier. Sie ha- ben beim Ökoring eine Beraterin für diesen speziellen Betriebszweig. Die Struktur in Schleswig-Holstein ist überwiegend klein. Die Mehrzahl der Betriebe hat Plätze für 10.000 bis 30.000 Tiere. Lediglich drei Erzeuger liegen darüber. Insgesamt werden bei uns knapp 1,3 Millionen Hennen gehalten. Diese sind mit knapp 300 Eiern pro Jahr sehr produktiv. Insgesamt sorgen sie für rund 3,5 Millionen Eier im Jahr. Der Gesundheitsstatus der Tiere ist wichtig. Die Betriebe führen Kon- trollen auf Salmonellen durch. In der Vergangenheit hat eine Studie, die die Kammer im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums gemacht hat, ergeben, dass die konventionellen Betriebe nicht stärker damit belastet sind als die ökologischen. Beide Betriebsformen kennen auch das Federpicken. Hier gilt es, unter anderem durch Beschäftigungsmaterial Abhilfe zu schaffen. Geflügelfleisch von Masthähnchen, Pute, Ente und Gans produzieren einige wenige Betriebe. Bei Entenund Gänsefleisch handelt es sich um ein Saisonprodukt für die Feiertage. Dieses wird oft im Hofladen oder Wochenmarkt direkt an den Kunden gebracht. Hier kann der Bedarf nicht mit inländischer Ware gedeckt werden. Es wird viel importiert. Gänse vorwiegend aus Osteuropa, die gestopft werden, sehen Verbraucher und Tierschützer mittlerweile kritisch und raten zu heimischer Produktion, wo dieses Verfahren verboten ist. Die Interessen der hiesigen Geflügelhalter vertritt übrigens der Geflügelwirtschaftsverband Schleswig-Holstein. Isa-Maria Kuhn, Landwirtschaftskammer Ei ist nicht gleich Ei Preise höher als im Vorjahr EsgibteinSprichwort:„EiistEi,und jeder greift nach dem größten“. Heute bezieht sich die Wahl nicht nur auf die Größe, sondern vielmehr auf die Haltungsform. In den Discountern und im Lebensmitteleinzelhandel sind keine Eier aus der Kleingruppenhaltung mehr zu finden. Das Angebot reicht meistens von Eiern aus der Boden- über Freiland- bis hin zur Biohaltung. Das Verbot der Käfighaltung ist seit 2009 in Deutschland in Kraft, und seitdem hat sich das Angebot an Eiern aus anderen Haltungsformen deutlich verändert. Mittlerweile haben die Eier aus der Bodenhaltung die Dominanz übernommen. So sind 79 % der Hennenhaltungsplätze in SchleswigHolstein in der Bodenhaltung angesiedelt. 11 % der Hennenhaltungsplätze finden sich in der Freilandhaltung wieder, und nur noch 6 % der Hennen werden in der In Deutschland stammen die meisten Eier aus Bodenhaltung. Fotos: landpixel