Der gute Förster liebt seine Bäume. Noch besser ist es, wenn er bei seinen Mitmenschen Empathie für die ihn anvertrauten Gewächse wecken kann. Ein solcher Förster ist Peter Wohlleben. Der Autor versucht in seinem Buch herauszustellen, dass Bäume in gewisser Weise Menschen ähneln und dass man für sein Menschsein viel von Bäumen lernen kann. So sind die riesigen Waldbewohner soziale Wesen, die sich gegenseitig helfen, weil es eben gemeinsam besser geht. Jeder einzelne Baum ist für die Gemeinschaft der Bäume, also den Wald, wertvoll und wird möglichst lange erhalten. Über die Wurzeln und mithilfe von Pilzen werden Nährstoffe und Informationen ausgetauscht. Dagegen wird ein Baum für sich allein nicht so alt wie seine Artgenossen, die in einer Gruppe wachsen. Ein Baumleben stellt jedoch einen Überlebenskampf dar. So sind die Bucheckern, die den Keim neuer Bäume in sich tragen, ein beliebtes und nahrhaftes Fressen der Wildschweine und Rehe. Damit sich diese Tiere nicht an diese Nahrung gewöhnen, blühen die Buchen nur alle paar Jahre, wobei sich alle benachbarten Vertreter dieser Spezies für das gleiche Blühjahr entscheiden. Damit ist das Samenangebot so groß, dass gar nicht alles von den Waldtieren gefressen werden kann – es bleibt also noch genug für eine neue Generation von Bäumen übrig. Dies ist auch wichtig, weil die Wahrscheinlichkeit, dass ein Baumsamen zu einem neuen Baum wird, bei 1 zu mehreren Millionen liegt. Überhaupt muss ein Baum permanent sein Überleben sichern. So wird er von Parasiten befallen, die seine Nährstoffe abzapfen wollen. Zu den größten Baumfeinden gehört der Borkenkäfer, der sich bei der Ausschaltung der Baumabwehr der Mithilfe von Pilzen bedient. Bäume dienen aber auch vielen Tiere als Nahrungsquelle, ohne dass es dadurch zu einer Vernichtung der Holzgewächse kommt. Z. B. gibt es Organismen, die von totem Holz leben, aber lebendigen Bäumen nichts anhaben können. Moose und Flechten sind jedenfalls keine Gefahrenquellen für einen Baum. Immer wieder stellt der Autor Bezüge zum Menschen her. So vergleicht er die Rinde eines Baumes mit der menschlichen Haut. Beide haben eine schützende Wirkung. Wenn die Rinde eines Baumes verletzt ist, dann erfolgt ein Wettlauf mit der Zeit. Durch diese Wunde versuchen nämlich Pilze einzudringen, weshalb der Baum diese Lücke durch neue Rindenbildung wieder schließen muss. Doch dieser Vorgang dauert Jahre. Es wird gar in den Raum gestellt, ob Bäume nicht sogar über ein Gehirn verfügen. Ein Gehirn machen neurale Prozesse aus, welche wiederum durch elektrische Signale und Botenstoffe determiniert sind. Elektrische Signale und Botenstoffe leiten aber auch die Wurzeln von Bäumen weiter, weshalb es Wissenschaftler gibt, die der Meinung sind, dass sich in den Wurzelspitzen von Bäumen gehirnähnliche Strukturen befinden. Auf jeden Fall verfügen Bäume über ein Gedächtnis, wodurch sie erkennen können, ob es Frühling oder Herbst ist. Zwischen den verschiedenen Arten von Bäumen besteht aber auch ein Konkurrenzkampf um die Nährstoffe und um das Licht, mit dessen Hilfe die Fotosynthese erfolgt. So verdrängt im Moment in den deutschen Wäldern die Buche die Eiche. Peter Wohlleben vergisst auch nicht, darauf hinzuweisen, wie wichtig Bäume doch für den Menschen sind. Der Wald ist nämlich der wichtigste CO2-Speicher und somit der bedeutendste Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel. Deshalb gilt es, den Wald zu erhalten, wobei man ihn am besten sich selbst überlässt und nicht durch Holzfällungen sein Gefüge zerstört. (ks)