Garten & Leute „Wer einen Baum kauft, kauft Zeit“ Kräftig, gut gebaut und auch mal ganze 90 Jahre alt sind die Prachtkerle, die Katharina von Ehren sucht. In Baum­schulen wird Deutschlands erste Tree Brokerin fündig F Interview: Margit Deml Foto: Ferdinand Graf von Luckner rau von Ehren, Sie stammen aus ­einer Gärtnerdynastie und sind ­eine Expertin, wenn es um Gehölze geht. Seit über zwei Jahren sind sie international erfolgreich als Tree Broker selbstständig. Was genau versteht ­eigentlich man darunter? von Ehren: Der Begriff „Tree Broker“ kommt aus Amerika, wo es diesen Beruf schon länger gibt. Ich habe dort mehrere Jahre gearbeitet. Übersetzen könnte man das Wort mit „Baumfinder“ oder „Baummakler“. Ich suche und finde die besten Bäume und Sträucher, organisiere die ­Logistik und kontrolliere die Qualität. tina: Wer sind Ihre Kunden? Ich arbeite für Landschaftsarchitekten, Garten- und Landschaftsbaufirmen, Investoren und Pflanzengroßhändler. Sie suchen oft attraktive Gehölze in allen Größen. Und Sie wissen, wo man die findet? Genau! Meine Kollegin Maike Rohde und ich kennen mehrere Hundert Baumschulen in Europa, vorwiegend in Deutschland. Wir sind oft unterwegs, um die Gehölze persönlich auszusuchen. Manche Kunden wünschen sich bereits ausgewachsene Pflanzen. Ja, es gibt Leute, die wollen nicht warten, bis die Pflanzen groß sind. Der Garten soll gleich aussehen, als wäre er schon jahrelang gewachsen. Dann suchen wir hohe Heckenpflanzen und Bäume mit großem Durchmesser aus. Der Vorher-nachher-­ Effekt ist verblüffend: Erst ist da nur eine Rasenfläche, dann ein richtiger Garten! Wie alt können die Pflanzen sein? Einmal haben wir eine ganze Lindenallee mit 40 Jahre alten Bäumen gepflanzt. Das sah dann toll aus. Einzelne Bäume können auch 50 bis 60 Jahre alt sein. Wir haben aber schon einmal eine 90 Jahre alte Kiefer verpflanzt, die als Bonsai geschnitten ist. Limitierend ist nämlich nicht das Alter, sondern die Größe der Bäume. 74 Garten & Leute Ein Sprichwort lautet: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht.“ Was sagen Sie dazu? Stimmt! Wenn er nie verpflanzt wurde, ist das schwierig. Wird er jedoch alle vier Jahre ausgegraben und an einem anderen Platz wieder eingesetzt, hat er genügend Feinwurzeln, um Wasser aufzunehmen. Dann kann man ihn ohne Weiteres an einen neuen Platz setzen. Was kostet so ein Prachtexemplar? Entscheidend ist der Umfang des Stammes in einem Meter Höhe. Eine Eiche mit einem Meter Umfang kostet circa 25 000 Euro. Hinzu kommt der Transport. Wie funktioniert das? apfel. Der ist sehr ausdrucksstark. Welcher Einzelbaum ist für einen Hausgarten bis 1000 Quadratmeter geeignet? Das hängt ganz davon ab, für welchen Standort. Eine Kiefer würde ich nicht in ­einen schattigen Innenhof pflanzen. Und welche Funktion soll er erfüllen? Soll er Schatten spenden, möchte man etwas ernten? Generell finde ich Zierapfel und Felsenbirne für Hausgärten sehr schön. Sie werden auch nicht so riesig. „Mein ­Liebling ist die Hain­ buche – als Säule, Kugel, Hecke oder Spalier“ Große Pflanzen werden mit einem Kran oder speziellen Maschinen ausgehoben, dann verschnürt, verpackt und auf einen Lkw geladen. Die Bäume können sieben bis acht Tonnen wiegen! Wichtig ist, dass der Baum nicht höher als 14 Meter und nicht breiter als acht Meter ist, sonst passt er nicht auf den Lkw. Gab es mal einen besonderen ­Kundenwunsch? Ein Kunde hat seiner Frau zum 50. Geburtstag eine 50-jährige Blutbuche geschenkt. Das war eine große Überraschung, als der Baum geliefert wurde! Haben Sie einen Lieblingsbaum? Ja, die Hainbuche, und zwar in allen Formen: als Säule, Kugel, Hecke oder Spalier. Man kann sie sehr gut schneiden, und sie hat frischgrünes Laub. Ein einfaches Gehölz mit unglaublicher Vielfalt. Welchen Schatz würden Sie gern an den richtigen Besitzer vermitteln? Ich habe eine über 60 Jahre alte Blutbuche gesehen und einen uralten, knorrigen Zier- Welche Pflanze wird Ihrer Meinung nach häufig unterschätzt? Der Eisenholzbaum, ­Parrotia. Er hat eine dekorative Borke, kleine rote Blüten und eine Herbstfärbung in knalligen Farben. Er ist frosthart, und man kann ihn sogar in Kastenform schneiden. Er wird allerdings zehn Meter breit und hoch und passt am besten in große Gärten. Gibt es einen Trend bei Bäumen? Die Leute wollen vermehrt Obstbäume und Spaliere, also etwas zum Ernten und Essen. Und immer größere Pflanzen werden angefragt. Eibenkugeln sollen oft einen Durchmesser von zwei Metern haben. Haben Sie neben Bäumen noch eine ­andere Leidenschaft? Ich bin gern unterwegs, entdecke andere Länder und Kulturen. Ich fotografiere auch sehr gern. Beides lässt sich wiederum gut mit meinem Beruf verbinden. Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Da versuche ich, meinen drei Kindern die Natur nahezubringen, vom Grand Canyon bis zur Lüneburger Heide. Wir konnten schon die 3000 Jahre alten Mammutbäume in Kalifornien bestaunen. n { { Expertin für wachsende Schönheiten Die Liebe zu edlen Bäumen wurde Katharina von Ehren (47) bereits als Spross des Familienbetriebs von Ehren in die Wiege gelegt. Nach Ausbildung und Gartenbaustudium arbeitet sie mehrere Jahre in den USA als Tree Broker, anschließend 14 Jahre im heimatlichen Betrieb. Inzwischen hat die 47-Jährige ihr eigenes Unternehmen und führt zusammen mit Maike Rohde die International Tree Broker GmbH in Hamburg. Garten & Leute 75