Einführung in die Topologie (SS 14) Bernhard Hanke Universität Augsburg 28.05.2014 Bernhard Hanke 1/9 Homotopie Definition Es seien f , g : X → Y stetig. Wir sagen f ist homotop zu g (geschrieben f ' g ), falls es eine stetige Abbildung H : X × [0, 1] → Y gibt mit H(−, 0) = f und H(−, 1) = g . Proposition I I Die Relation f ist homotop zu g“ ist eine Äquivalenzrelation. ” Es seien f , g : X → Y , h : X 0 → X und k : Y → Y 0 stetige Abbildungen. Gilt f ' g , so auch f ◦ h ' g ◦ h und k ◦ f ' k ◦ g . Bernhard Hanke Homotopie 2/9 Beispiele I Es sei Y ⊂ Rn konvex. Dann sind zwei Abbildungen f , g : X → Y immer homotop mittels der linearen Homotopie H(x, t) := tg (x) + (1 − t)f (x). I Ist X = {p} einpunktig, so sind Homotopien H : X × [0, 1] → Y nichts anderes als Wege γ = H(p, −) in Y zwischen H(p, 0) und H(p, 1). Sind γ, η : [0, 1] → Y Wege mit γ(1) = η(0), so ist der zusammengesetzte Weg γ · η : [0, 1] → Y definiert durch ( γ(2t) , 0 ≤ t ≤ 1/2 t 7→ η(2t − 1) , 1/2 ≤ t ≤ 1. Erst γ, dann η.“ ” Bernhard Hanke Homotopie 3/9 Definition Eine stetige Abbildung f : X → Y ist eine Homotopieäquivalenz, falls ein stetiges g : Y → X existiert mit g ◦ f ' idX und f ◦ g ' idY . Dann heißt g Homotopieinverses zu f . Existiert eine Homotopieäquivalenz X → Y , so nennen wir X und Y homotopieäquivalent, geschrieben X ' Y . Die Relation X und Y sind homotopieäquivalent“ ist eine ” Äquivalenzrelation auf der Klasse der topologischen Räume. Ihre Äquivalenzklassen nennt man Homotopietypen. Bernhard Hanke Homotopie 4/9 Definition Ein topologischer Raum heißt kontrahierbar, wenn er homotopieäquivalent zum einpunktigen Raum ist. Lemma Es sei X ein topologischer Raum und Y ein kontrahierbarer topologischer Raum. Dann sind alle stetigen Abbildungen X → Y homotop. Proposition Die Sphären S n ⊂ Rn+1 sind nicht kontrahierbar. Bernhard Hanke Homotopie 5/9 Definition Es sei X ein topologischer Raum und A ⊂ X . Wir nennen A I Retrakt von X , falls es eine Retraktion r : X → A gibt, d.h. r ist stetig und r |A = idA . I Deformationsretrakt von X , falls es eine Retraktion r : X → A gibt, so dass i ◦ r ' idX . Dabei ist i : A → X die Inklusion. I starken Deformationsretrakt von X , falls es eine Retraktion r : X → A gibt, so dass i ◦ r ' idX mittels einer Homotopie, die die Punkte in A nicht bewegt. Ist A ⊂ X ein Deformationsretrakt, so sind A und X homotopieäquivalent. Bernhard Hanke Homotopie 6/9 Beispiel Es sei f : X → Y stetig. Dann ist Y ein starker Deformationsretrakt des Abbildungszylinders Zf = Y ∪f0 X × [0, 1]. Eine Deformationsretraktion ist durch die Homotopien H1 : Y × [0, 1] → Y , (y , t) 7→ y und H2 : (X × [0, 1]) × [0, 1] → X × [0, 1] , ((x, s), t) 7→ (x, s(1 − t)) gegeben. Bernhard Hanke Homotopie 7/9 Die Fundamentalgruppe Definition Es seien f , g : X → Y stetig und A ⊂ X . Wir nennen f und g homotop relativ zu A (geschrieben f ' g rel A), falls es eine Homotopie H : X × [0, 1] → Y von f nach g gibt mit H(a, t) = H(a, 0) für alle a ∈ A, t ∈ [0, 1]. A ⊂ X ist genau dann ein starker Deformationsretrakt, falls idX : X → X homotop relativ zu A zu einer Abbildung f : X → X mit f (X ) = A ist. Lemma (Reparametrisierungslemma) Es seien φ1 , φ2 : [0, 1] → [0, 1] stetig und auf {0, 1} gleich. Es sei F : P × [0, 1] → Y eine Homotopie. Setzen wir Gi (p, t) := F (p, φi (t)), so sind G1 , G2 : P × [0, 1] → Y homotop relativ zu P × {0, 1}. Bernhard Hanke Die Fundamentalgruppe 8/9 Es sei X ein topologischer Raum und x0 ∈ X ein fest. (x0 nennt man Basispunkt, (X , x0 ) einen punktierten Raum.) Wir definieren π1 (X , x0 ) als die Menge aller geschlossenen Wege γ : [0, 1] → X mit γ(0) = γ(1) = x0 modulo der Äquivalenzrelation γ1 ∼ γ2 :⇔ γ1 ' γ2 rel{0, 1} , Proposition Die Verknüpfung (γ1 , γ2 ) 7→ γ1 · γ2 induziert eine Gruppenstruktur auf π1 (X , x0 ). Definition π1 (X , x0 ) heißt Fundamentalgruppe von (X , x0 ). Bernhard Hanke Die Fundamentalgruppe 9/9