Tierweltpreis 2015 - Esperanza Verde Peru

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■ TIERWELT-PREIS ■
■ TIERWELT-PREIS ■
Triumph für
die Wildbienen
Erstmals wurde der mit 5000 Franken
dotierte «Tierwelt»-Förderpreis dieses
Jahr in einer Publikumswahl vergeben.
Durchgesetzt hat sich das Wildbienenprojekt wildBee.ch.
Philipp Zerbe (links) untersucht eine Schlange.
Hunderte beschlagnahmte Weissflügelsittiche wurden diesen Sommer in die Auffang- und Auswilderungsstation «Esperanza Verde» gebracht.
Diese Schildkröten haben nicht überlebt.
Die Tierklinik befindet sich noch im Bau.
Schweizer Hilfe für Wildtiere im Regenwald Perus
E
s waren dramatische Momente, die sich
diesen Sommer in der Selva Dormida,
dem «schlafenden Wald», im Amazonasgebiet von Peru abspielten: Eines Nachmittags tauchte unangemeldet eine Delegation des Peruanischen Umweltministeriums in
der Auffang- und Auswilderungsstation
«Esperanza Verde» auf. Nicht um die von
einem holländischen Ehepaar geleitete Station zu kontrollieren, sondern um etwas zu
bringen. Im Gepäck hatten die Beamten mehrere Käfige mit insgesamt 812 Weissflügelsittichen und 31 Pavuasittichen, die sie in einem
Laster beschlagnahmt hatten, der von der
Provinzstadt Pucallpa zum Flughafen der
Hauptstadt Lima unterwegs war.
Die Vögel waren zum grossen Teil in bedauernswertem Zustand. «Kein Wunder»,
sagt der Zürcher Tierarzt Philipp Zerbe, der
Präsident des Schweizer Fördervereins, der
Esperanza Verde unterstützt, «die illegalen
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Händler stecken zum Teil bis 30 Vögel in Versandrollen, wie wir sie für Poster brauchen.»
Zudem hatten die Wilderer den Sittichen Federn ausgerupft, um sie am Fortfliegen zu
hindern und viele der Tiere waren am Verhungern oder Verdursten.
Dramatisch war die Situation auch, weil
die Betreiber von «Esperanza Verde» kaum
noch wussten, wohin mit all den Vögeln. «Die
wenigen Volieren waren überfüllt», sagt Zerbe. Ablehnen könne und wolle man die Tiere
aber natürlich nicht, zumal es in der Region
keine andere Aufnahme- und Auswilderungsstation für Wildtiere gebe.
Futter für mehr als ein ganzes Jahr
Doch die Tierschützer machten das Beste aus
der Situation. Die Sittiche wurden gefüttert,
medizinisch untersucht, wo nötig behandelt
und nach Flugfähigkeit in Gruppen eingeteilt.
Denn bevor eine Auswilderung möglich ist,
müssen den Sittichen die Federn nachwachsen. «Danach sollte eine Freilassung gut möglich sein, da die Sittiche noch nicht an die
Gefangenschaft gewöhnt sind», sagt Zerbe.
Für ihre Arbeit zugunsten von Tieren, die
wegen der Abholzung des Regenwalds, wegen
Wilderei und wegen des illegalen Tierhandels
immer stärker unter Druck kommen, wird
«Esperanza Verde» nun ausgezeichnet. Nachdem die «Tierwelt» schon im Januar dieses
Jahres («Tierwelt» Nr. 5/2015) über das Projekt berichtet hatte, hat nun die Jury des
«Tierwelt»-Preises entschieden, die mit
20 000 Franken dotierte Auszeichnung dem
«Schweizer Förderverein Esperanza Verde»
zu verleihen.
Für Präsident Philipp Zerbe, der das holländische Gründerpaar schon seit Jahren gut
kennt und der seit dem Aufbau der Station
im Jahr 2010 in Peru mithilft, kommt der
Preis, der am 5. Dezember in Zofingen übergeben wird, völlig überraschend. «Damit hätten wir nie gerechnet», sagt er. In der Schweiz
könne sich wohl niemand vorstellen, was das
für das Projekt bedeute. «Mit dem Preisgeld
könnten wir zum Beispiel über ein Jahr lang
alle unsere Tiere mit Futter versorgen, zehn
grosse Vogelvolieren bauen oder unser Gebiet
deutlich vergrössern.»
Denn genügend Platz zu haben, ist eine
Grundvoraussetzung, um eine Auswilderungsstation im Dschungel zu betreiben. «Wir
können die Tiere nicht einfach irgendwo freilassen, die Gefahr, dass sie gleich wieder gewildert würden, wäre viel zu gross», sagt
Zerbe. Darum hat die Auffangstation ein
Areal von inzwischen 160 Hektaren Wald
TIERWELT / 40, 1. OKTOBER 2015
erworben, das durch einheimische Ranger
regelmässig kontrolliert wird.
In den fünf Jahren ihres Bestehens hat
«Esperanza Verde» schon über 5000 Tiere
aufgenommen. Zahlenmässig am häufigsten
waren Wasserschildkröten (einmal brachten
die Behörden eine konfiszierte Ladung von
rund 3500 Tieren!) und Sittiche. Daneben
werden aber auch andere Reptilien und Vögel
abgegeben und immer wieder Affen, Tapire,
oder Baumstachler. Nicht alle stammen aus
Beschlagnahmungen der Behörden, auch Privatpersonen geben immer mal wieder Wildtiere ab, die sie gefunden haben.
Bilder: Matthias Gräub (1); zVg (4)
Der Förderverein Esperanza Verde
Schweiz hilft im Regenwald Perus mit,
illegal gefangene Tiere aufzupäppeln
und wieder auszuwildern. Für dieses Engagement erhält er den mit 20 000 Franken dotierten «Tierwelt»-Preis 2015.
Jeder kann einige Wochen lang mithelfen
Insgesamt konnten 76 Prozent der aufgenommenen Tiere wieder ausgewildert werden.
14 Prozent sind gestorben und 10 Prozent
befinden sich noch in der Station. «Das sind
hervorragende Zahlen», sagt Zerbe. Normalerweise gehe man von der Faustregel 33/33/33 aus: Ein Drittel der aufgenommenen Tiere stirbt, ein Drittel muss für immer
in der Auffangstation bleiben und ein Drittel
kann wieder freigelassen werden.
Zur stolzen Auswilderungsquote trägt sicher auch die tierärztliche Unterstützung aus
der Schweiz bei. Zerbe selber ist drei Wochen
TIERWELT / 40, 1. OKTOBER 2015
pro Jahr in der Station, zum Teil mit Studentinnen und Studenten der Tiermedizin, die im
Regenwald lernen, wie sie auch unter einfachsten Bedingungen gute Arbeit leisten
können. Die restliche Zeit berät er, in Zusammenarbeit mit einem Netzwerk von Tierärzten, die Stationsmitarbeiter von der Schweiz
aus. «Wir planen Entwurmungsaktionen oder
geben in schwierigen Fällen Tipps, mit welchen der vorhandenen Medikamente sie eine
Behandlung versuchen sollen.»
Aber nicht nur angehende oder ausgebildete Tierärzte können im Regenwald Perus
helfen. Neben Spenden ist das Projekt auch
stets auf Volontäre angewiesen, die für mindestens vier Wochen vor Ort helfen wollen.
«Die Volontäre sind vor allem für die Versorgung der Tiere zuständig», sagt Zerbe. Sie
übernehmen die Fütterung, verabreichen
Medikamente und kontrollieren, ob in den
Gehegen alles in Ordnung ist. Das heisst aber
nicht, dass sie die Tiere pausenlos streicheln
oder herumtragen dürfen. «Die Station ist
kein Streichelzoo», erklärt Zerbe, «die Tiere
sollen sich so wenig wie möglich an den Menschen gewöhnen, schliesslich ist es unser
Hauptziel, sie wieder auszuwildern.»
Simon Koechlin
www.esperanzaverde.ch
D
rei Organisationen standen in der
Endaus­
marchung um den «Tierwelt»-Förderpreis 2015: Der Verein
Lebendiges Rottal, der im Grenzgebiet der
Kantone Aargau, Bern und Luzern dazu beiträgt, dass auch im stark bevölkerten Mittelland anspruchsvolle Tier- und Pflanzenarten
überleben können. Dark-Sky, ein Verein, der
sich gegen die Dauerbeleuchtung einsetzt, von
der Wildtiere des Nachts immer öfter gestört
werden. Und wildBee.ch, eine Organisation,
die Wissen vermittelt über die wilden Verwandten unserer Honigbiene. Nachdem die
drei Projekte Ende Juni in der «Tierwelt»
ausführlich vorgestellt wurden (siehe «Tierwelt» Nr. 26/2015), waren die Leserinnen und
Leser am Zug: Sie waren es, die den Gewinner per Abstimmung bestimmten.
Am Schluss schwang wildBee.ch obenaus,
denkbar knapp vor dem Verein Lebendiges
Rottal. «Das ist unglaublich», freut sich Deborah Millett, die Präsidentin von Wildbee.
ch. «Wir hätten nie gedacht, dass wir gewinnen würden – die beiden anderen Projekte
sind extrem wichtig und gut.»
Die 5000 Franken Preissumme, die der
Verein am 5. Dezember in Zofingen erhält,
werden laut Millett im Wildbienengarten in
Leutwil AG eingesetzt. Hier soll vor allem
Schulklassen die grosse Welt der kleinen Bestäuber nähergebracht werden. «Dazu braucht
es kindgerechte Unterlagen und Informationen», sagt Millett. Weil deren Erstellung aufwendig ist, kommt der Preis wie gerufen.
Simon Koechlin
www.wildbee.ch
Deborah Millett, Präsidentin von wildBee.ch
im Wildbienengarten in Leutwil AG.
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