Ein Lamprologus, der in Schneckenhäusern lebt Text: Hans-Joachim Herrmann (D 20 1065) lm letzten Herbst bot mir ein Bekannter sechs Lamprologus ocellatus (STEIN- DACHNER, 1909) an. Da mir dieser Cichlide nicht bekannt war, schaute ich erst einmal in meinen Büchern nach und fand dann auch ein Foto in pierre Brichards Buch »fishes of lake tanganyika". Als nun die Fische bei mir schwammen, stellte ich erhebliche Unterschiede zum Foto fest. Der in Brichards Buch abgebildete Fisch wird in Deutschland unter dem Namen Lamprologus örevls BOULENGER, 1899 angeboten Geht man davon aus, daß das Foto Lamprologus ocellatus zeigt (was anzunehmen ist), denn Brichard beschreibt das Tier mit verlängerten Ventralen und einem hellvioletten Streifen unter dem Auge, so ist der hier in Deutschland angebotene L. brevis aller Wahrscheinlichkeit nach L. ocellatus. Um welche Art es sich nun bei meinen Fischen handelt, ob nun L, ocellatus, vielleicht L. brevis oder um einen ganz anderen Lamprologus kann ich nicht sagen. übrigens bei der NCG-Ausstellung in Malmö wurden die gleichen Tiere, wie ich sie habe, als L. ocellatus vorgestellt. Nachfolgend werde ich mich auf die Bezeichnung Lamprologus spec. beschränken. Nun aber etwas über Vorkommen, Gestalt, Färbung und Verhalten der Tiere. Lamprologus spec. lebt endemisch im Tanganjikasee und bewohnt dort sicherlich die Zonen, wo auch leere Schneckenhäuser vorkommen, die sie als Zufiuchtsort und zur Eiablage benötigen. Bei den ausgewachsenen Tieren kann man die Geschlechter sehr schnell feststellen. Die Männchen werden ca.5 cm groß, dagegen bleiben die Weibchen mit ca. 3,5 cm sehr klein. Die Tiere besitzen einen gedrungenen Körper, so daß die Augen und das Maul fast zu groß wirken. Das Maul, welches weit nach unten gespalten ist, läßt sehr gut die Hundszähne erkennen. Alle Flossen sind an den Enden abgerundet Die Färbung ist im allgemeinen beige. Auf den Körperseiten zeigen einige Schuppenreihen ein irisierendes Blau-Lila; die Schuppenränder sind braun. Wenn die Tiere kämpfen oder während der Brutpflege wird das Beige durch dunkelbraune, unbegrenzte Flecken unterbrochen. Zwischen den Augen und der Maulspitze sind die Tiere grau. Das Auge ist im unteren Drittel leuchtend gold und sonst schwarz. Zwischen den Augen und den Kiemen befindet sich eine bräunliche Zone. Die Kiemendeckel haben einen schwarzen Augenfleck, der je nach Betrachtung sehr schön metallisch blau sein kann. Die unpaarigen Flossen sind rußig-grau mit einigen hellen Punkten, dazu hat die Rückenflosse noch einen gelben Saum. Die paarigen Flossen sind zum Körper hin gelblich und zu den Rändern grau. Die Tiere bezogen bei mir ein 275-Liter-Becken, das mit großen Tropheus moorii besetzt war. Der Größenunterschied störte die einen ebensowenig wie die anderen. DCG-lnfo 11(8) 1980: 141-144 Lam prolog us ocel I atu s nach POLL (1 956) Anmerkung des Redakteurs: Vermutlich sind die im Handel benutzten Bezeichnungen für Lamorologus ocellatus und L breyls korrekt. Vergleiche Fotos mit den Zeichnungen. Lamprologus brevls nach BOULENGER (1899) @w Die im Handel als L. ocellatus . . und L örevls bezeichneten Arten @ DCG-lnfo 11(B) 1980: 141-144 .. Fotos: H -J. Herrmann (D 20 1065) Einige mitgelieferte schneckengehäuse, die noch durch weinbergschneckenhäuser ergänzt wurden, verteilte ich auf den Boden des Beckens. Nach ein paar Tagen besaß nun jedes Tier ein oder mehrere bevorzugte Gehäuse, in die sie sich bei Gefahr - immer den Kopf voran - zurückzogen. Meistens hielten sich die Tiere im unteren Beckendrittel auf und schreckten auch vor den Tropheus mooili nicht zurück. lch konnte bisher nicht beobachten, daß die Lamprologus spec. bei Gefahr andere Fluchtorte als ihre schneckenhäuser aufsuchten, obwohl ihnen das Lochgestein, was sich im Aquarium befand, reichlich Höhlen anbot. Auch wurden anfangs die Weinbergschneckenhäuser nicht sofort angenommen. Bei meinen sechs Lamprologus handelte es sich um fünf Männchen und ein weibchen Nach etwa einem halben Jahr konnte ich beobachten, wie das weibchen, jetzt in dunklerer Färbung, sich häufig in einem bestimmten Gehäuse aufhielt und mit der caudale in schnellen schlägen Frischwasser in die schneckenbehausung fächelte. Ein Männchen verteidigte das Revier um die schnecke, in der das Weibchen, wie ich richtig vermutete, die Brut hatte. Da das Gehäuse dicht an der Frontscheibe lag, konnte ich nach ein paar Tagen in der öffnung mehrere winzige Jungfische erkennen. Da die Elterntiere gut aufpassten, sah ich keine Veranlassung die Brut zu entfernen. Leider habe ich diese Jungen trotzdem nie wieder gesehen. Es ist überhaupt sehr schwierig zu erkennen, wann abgelaicht wurde, oder ob sich vielleicht schon Jungfische im Schneckengehäuse aufhalten. H. wallerath (D 23 0096) hat diesen Lamprologus spec. mitilerweile dreimal nachgezogen. Die Tiere wurden zu zweit in einem kleinen Becken gehalten, welches mit reichlich Schneckengehäusen versehen war. Er kann allerdings auch keine Angaben über das Verhalten der Fische bei der Balz oder während des Ablaichens machen. Mit sicherheit kann gesagt werden, daß das weibchen die Eier in ein Gehäuse legt und darin die Brut auch betreut. Die Jungtiere hat wallerath immer erst nach dem Aufbrauchen des Dottersackes entdeckt. Die Fische nahmen dann auch sofort Artemia an. Es waren - je nach Brut - zwischen neun und dreißig Jungfische. Diese bewegten sich sprunghaft über dem Boden und waren schwierig zu erkennen. sie hatten immer deutlich den Fluchttrieb zum Brutgehäuse. Auch wurden sie nie von den Elterntieren vertrieben. Nach den bisherigen Beobachtungen wurde erst wieder abgelaicht, nachdem die Jungfische entfernt wurden. Dieses muß allerdings unter Vorbehalt gesagt werden. ln meinem großen Becken konnte ich noch keinen Beschädigungskampf feststellen, da f ür die Tiere genügend Fluchtraum vorhanden ist. Trotzdem gibt es aber immer irgendwelche Reibereien, die sich mit kurzen Attacken, Breitsei! oder Frontaldrohen äußern. Beim Frontaldrohen werden die Kiemen und die Kehlhaut weit abgespreizt, so daß die Augenflecken die drohende wirkung noch unterstützen. Meistens wird dabei auch das Maul weit aufgerissen. Bleibt noch zu sagen, daß es ein interessanter cichlide kleinen Ausmaßes ist, der alle Futtersorten gierig in sich aufnimmt und für sein Wohlbefinden ein ,Hausu braucht, mit dem er sich leicht von einem ins andere Becken tragen läßt. DCG-lnfo 11(B) 1980: 141-144