22 JOURNAL des Vereins für Lerntherapie und Dyskalkulie e.V. in Zusammenarbeit mit den Mathematischen Instituten zur Behandlung der Rechenschwäche 21. AUSGABE, Frühjahr 2014 www.dyskalkulie.de • Er verliert leicht den Überblick und weiß nicht, an welcher Stelle im Ablauf des formalisierten Verfahrens er sich gerade befindet. Die schriftliche Division (Division Teil 4) „Wo muss ich das hinschreiben?“ Christiane Graefen, Institut z. Behandlung der Rechenschwäche München Fortsetzung von K&Z 19 Überblick (In Heft 19): 1. Welche Schwierigkeiten beinhaltet die Division? 2. Die beiden Fragestellungen der Division (Grundvorstellungen des Verteilens und des Aufteilens) 3. Welche Operationsvorstellung sollten Schüler entwickeln? 4. Bewegungsgesetze der Division (In Heft 20): 5. Kopfrechnen: Schließendes Rechnen auch in der Division 6. Teilen von Zehner- und anderen Stufenzahlen Im letzten Heft (21): 7. Teilen mit Rest In diesem Heft (22): 8. Schriftliche Division 1. Probleme „Wo muss ich das hinschreiben?“ ist die häufig von Schülern gestellte Frage, welche die Hilflosigkeit gegenüber einem komplexen formalisierten Verfahren verrät. • Der Schüler ist irritiert, weil er hier nicht nur horizontal (von links nach rechts), sondern auch vertikal (von oben nach unten) rechnen muss. • Er versteht nicht, dass er nicht nur teilen soll, sondern auch minus und mal rechnen muss, und vor allem versteht er nicht, warum? ©Kopf und Zahl, 22. Ausgabe • Vor lauter Rechenvorschriften kommt das schriftliche Teilen ihm vor wie eine ganz neue Rechenart. Der Zusammenhang mit dem „normalen“ Teilen (wenn er denn dieses überhaupt beherrscht) ist für ihn nicht erkennbar. • Im Kampf Ziffer für Ziffer geht die Größenvorstellung verloren. Vor allem, wenn Nullen im Dividenden vorkommen, produzieren die Schüler oft viel zu kleine Ergebniszahlen (denn „Null ist nichts, also schreibe ich nichts hin“). Aus all dem resultiert die große Unbeliebtheit der schriftlichen Division. Hier soll versucht werden, durch eine alternative Herangehensweise dem Verfahren etwas von seiner Sperrigkeit zu nehmen. 2. Grundsätzliches Prinzipiell sollte vermieden werden, das Ordnungsschema der schriftlichen Division als nicht weiter begründbare „Vorschrift“ nahe bringen zu wollen. „Dann musst du das machen und dann das ...“ führt zu nachahmender statt verstehender Rechentechnik. Wichtig hingegen ist der Sinn des schriftlichen Rechnens: Es geht um Aufgaben mit großen Zahlen, die man schlecht im Kopf rechnen kann. Die zerlegen wir in kleinere Aufgaben, die wir schon seit der 3 Klasse rechnen können. Inhalt Die schriftliche Division – Teil 4 . . . . . . . . . . . 1 „Lass (alle) fünfe gerade sein“ Einer Lebensweisheit mathematisch auf den Zahn gefühlt����������������������������������������������������� 4 Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Seite 1 Denn schriftlich teilen ist nichts anderes als eine Abfolge von mehrfachem, nach einander erfolgendem Teilen mit Rest. Geteilt wird der Dividend, indem man Stelle für Stelle von ihm dividiert. Für die erforderliche Technik kommt nur noch der Stellen-Tausch dazu. 3. Zunächst einstellig Den Ausgangspunkt bildet die Erklärung zur Schreibweise, wie sie im Artikel „Division“ in Kopf und Zahl 21, Seite 2 vorgeschlagen wurde. Bsp.: 9 : 2 = 4 – 8 (schon erledigt: 2 • 4) =1 Rest * * (Das Gleichheitszeichen kann später durch den Strich mit gleicher Bedeutung ersetzt werden) Gerade in einer Aufgabe mit einstelligem Dividenden kann gut gezeigt werden, wie die Schreibweise organisiert ist: das Ergebnis des Teilens (hier 4) steht wie immer rechts vom Gleichheitszeichen. Das Weiterrechnen findet nach unten hin statt. 4. Der Akt des Tauschens Sehen wir an einem Beispiel, wie und wo genau der Stellentausch passiert, indem wir den bekannten Akt „die nächste Ziffer herunterschreiben“ in zwei Schritte zerlegen: Bsp.: 450 : 3 Wir beginnen beim größten Stellenwert, der Hunderterstelle: 4 H : 3 = 1 H. Wenn 4-Hundert-€-Scheine auf 3 Personen verteilt werden, bekommt zunächst jeder einen Hunderter*. Es bleibt 1 H übrig, der noch nicht geteilt wurde. Als Hunderter können wir ihn nicht teilen. Was tun? Wir machen den Hunderter klein, indem wir ihn in 10 Zehner tauschen. Das ist doch unsere zweite Chance: Als Hunderter können wir den 1 H nicht mehr teilen, aber die Zehnerstelle ist ja noch dran. 450 : 3 = 1 (für jede Person 1 H) – 3 H (erledigt) 10 Wir schreiben hinter die 1 (Rest 1 H) eine 0, womit 1 H in 10 Z getauscht ist (das ergibt sich rein durch die Stellenschreibweise). Bevor wir es mit dem Teilen der nunmehr 10 Z noch einmal versuchen, nehmen wir die 5 Z - aus dem ganz praktischen Grund, dass die Zehnerstelle jetzt zum Teilen ansteht - in der Ausgangszahl noch dazu. Jetzt haben wir 15 Z, die wir durch 3 teilen. 450 : 3 = 1 (für jede Person 1 H) – 3 H (erledigt) 15 (10Z + 5Z) und jetzt geht es. Ergibt noch 5 Z für jeden. 450 : 3 = 15... Dieses Beispiel sollte verdeutlichen, wie elegant das Tauschen des nicht geteilten Rests in den nächst kleiSeite 2 neren Stellenwert funktioniert. Wir alle haben es so gelernt, dass sogleich die nächste Ziffer neben die Rest-Ziffer geschrieben wird. Aber rein logisch setzt dies ja schon voraus, dass dort eine zweistellige Zahl - eigentlich - steht. Denn sonst hieße es ja in unserem Beispiel 1 + 5 = 6... Anders gesagt: Die jeweils neu zu teilende Zahl ist eine Kombination (Addition) des in eine kleinere Stelle getauschten Rests der vorherigen Teilung und der neuen, noch nicht geteilten Stelle der zu teilenden Zahl. Darauf sollte man Wert legen. Alle anderen Rechenarten leisten nur Hilfsdienste für diesen einen Hauptgesichtspunkt. Damit sollen die Fragen erledigt werden „Wann muss ich minus ..., wann mal ...“. Deshalb sollten zugleich die anderen beteiligten Rechenarten, nämlich Minus (die bereits geteilte Zahl wird abgezogen) und Mal (damit wird die tatsächlich geteilte Zahl ermittelt) möglichst wenig betont werden. Beim Schüler soll im Rahmen des Möglichen nicht der Eindruck vorherrschen, dass er hier immer 3 Rechenarten anwenden muss. Minus und Mal sind lediglich Hilfsmittel, die sich aus der Verfolgung der Logik des Teilens mit Rest ergeben. In der Beispielrechnung müssen wir noch 0 : 3 rechnen. Auch das kann diskutiert werden: Angenommen, 0 geteilt durch „geht nicht“, was viele Schüler glauben, dann könnten wir nichts rechnen und keine Ergebnisziffer notieren. Bei 450 : 3 käme heraus: 15. Das kann natürlich nicht sein, da die zehnmal so große Zahl zu dividieren ist wie bei 45 : 3 = 15. Logischer Weise muss der Quotient auch zehnmal so groß sein. Also gilt: 0 geteilt durch eine Zahl ist immer 0. Das ist ein Rechenergebnis und muss wie immer notiert werden. 450 : 3 = 150. 5. Die Anzahl der Stellen beim Quotienten Das Augenmerk kann bereits bei einstelligem Dividenden auf den Stellenwert gelenkt werden: Einer : Einer = Einer (das Ergebnis ist einstellig). Hier kann es aber auch sein, dass das Teilen nicht einmal 1 Mal durchgeführt werden kann, wenn nämlich der Dividend < Divisor. Dann ist das Ergebnis 0 R Dividend. Bsp.: 6 : 7 = 0 – 0 (0 · 7) = 6 Rest Die Schüler sollen hier erstens verstehen, dass die 0 ein Ergebnis ist, und nicht etwa „nix“. Das Phänomen, dass das Teilungsergebnis 0 ist, sollte ihnen nicht erst mitten in einer Aufgabe begegnen, sondern dies sollte gleich am Anfang anhand von einstelligen Rechnungen thematisiert werden. Das ist das Prinzip: Jede Stelle wird einzeln geteilt, und für jedes Teilergebnis muss eine Ergebnisziffer aufgeschrieben werden. ©Kopf und Zahl, 22. Ausgabe Zweitens halten wir bezüglich der Anzahl von Stellen im Ergebnis fest: Bei einstelligem Dividenden kann das Ergebnis keine oder eine Stelle haben. Danach werden 2-stellige Dividenden geteilt, und hierbei ergibt sich, dass der Quotient entweder eine oder zwei Stellen hat. Allgemein gilt: Bei einstelligem Teiler ** hat der Quotient entweder ebenso viele Stellen wie der Dividend oder eine Stelle weniger. Das hängt davon ab, ob sich die erste Stelle teilen lässt oder nicht. Dies ist eine Orientierungshilfe für die Schüler und erlaubt ihnen die eigene Fehlerkorrektur. Die Reflexion: „Wie viele Stellen wird das Ergebnis haben?“ hilft auch, einen anderen „beliebten“ Fehler zu entdecken: „Es wäre noch einmal gegangen“ - der Schüler nimmt in einem Divisionsschritt nicht den größtmöglichen Quotienten: Bsp.: 375 : 5 = 615 – 30 75 – 75 0 37 : 5 soll natürlich nicht 6 R 7 ergeben (wenngleich dieser Fehler, mathematisch betrachtet, keiner ist, sondern ein Regelverstoß). Beim schriftlichen Rechnen führt das nämlich dazu, dass das Ergebnis eine Stelle zu viel hat. Einen solchen Fehler einmal vorzuführen, stellt die Schüler vor die herausfordernde Frage: Was ist hier schief gegangen? 6. Spezialfälle Spezialfall 1: Tauschakt schon an der ersten Stelle „Ich hole am Anfang gleich zwei Stellen runter“ Bsp.: 616 : 7 = Weil 6H : 7 sich nicht einmal 1 Mal teilen lässt, sparen wir Zeit und Umwege, indem wir die 6H gleich tauschen in 60Z und nehmen den 1 Zehner des Dividenden dazu. Dadurch entsteht die Zahl 61 (Zehner), die durch 7 geteilt werden kann. Der Tauschakt 6H = 60Z wird durch den Bogen ausdrückt, der über die beiden ersten Ziffern geschrieben wird. Spezialfall 2: Nullen im Dividenden „Von wegen, Null ist nichts!“ Bsp.: 90030 : 3 Vor dem Rechnen wird diskutiert, wie groß in etwa der Quotient sein muss. Eine Zehntausender-Zahl geteilt durch Einer ergibt wieder eine ZT-Zahl, wenn sich die erste Stelle teilen lässt. Das vorstellbare falsche Ergebnis 31 kann besprochen werden als Beispiel dafür, was passiert, wenn man die „0“ nicht im Ergebnis notiert. Weitere Übungen 08 08 131 08 08 134 Division Division Schriftliches Teilen Schriftliches Teilen Rechne aus: 7 8 1 5 : 5 Rechne aus: = 5 5 2 0 : 8 = 1 3 9 5 : 9 4 4 8 0 : 7 = = 3 4 8 0 : 6 = Wann hat das Ergebnis genau so viele Stellen wie die Ausgangszahl, und wann hat es eine Stelle weniger? _____________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ Kreuze die richtige Antwort an: o 0 : 6 = 0. o 0 : 6 = nix. ©Kopf und Zahl, 22. Ausgabe 0 : 6 geht nicht 0:6=6 Seite 3 Wie bei allen schriftlichen Rechenverfahren ist eine gewohnheitsmäßige Größenabschätzung vor dem Ausrechnen anzustreben. Dann sind die Schüler selbst besser in der Lage, Fehler zu finden, die z. B. durch schlechtes Untereinander-Schreiben entstanden sind. * H ier wird der Verteilgedanke angewandt: Der Teiler gibt die Anzahl der Teilgruppen an. Bei größerem Divisor wird man eher den Gedanken des Enthalten-Seins anwenden: 30 : 18 wie oft ist die 18 in der 30 enthalten. ** Dem neuen Lehrplan sei Dank müssen wir uns in der Grundschule nicht mit mehrstelligen Teilern herumschlagen. Weitere Übungen Zum Verständnis kann vor der Einführung der schriftlichen Division folgende Spielsituation dargestellt werden: Einer kommt auf die Idee: Er geht zum Wechseln. Soll er alles wechseln? Nein, es ist ja gar nichts mehr da, außer der Rest: 1 H Material: Dezimalsystem-Material, Spielgeldscheine und -münzen (es gibt nur – wenn als Spielgeld vorhanden – Zehntausender, Tausender, Hunderter, Einer. Es ist die „Stellenwert-Bank“) Er kommt wieder mit 10 Zehnern. Sie werden geteilt, jeder bekommt 2 Zehner, 2 bleiben übrig. Er geht wieder und kommt mit Einern zurück. 800 € verteilt auf 4 Personen Acht 100-€-Scheine sollen 4 Personen verteilt werden. Jeder bekommt 2 Scheine. Kein Problem. Wir schreiben auf: 800 : 4 = 200 oder: 8 H : 4 = 2 H (Bemerkung: 2 H ist das gleiche wie 20 Z) Nächste Situation: 4 Personen teilen sich 900 €. Es gibt neun 100-€-Scheine. Zunächst bekommt jeder 2 Scheine, ein Schein bleibt übrig. Was nun? Durchspielen. Erkenntnis: Nichts anderes ist die schriftliche Division: • Es wird so oft geteilt, wie Stellen vorhanden sind. • Es wird so oft getauscht, wie Rest vorhanden ist Gebraucht wird die schriftliche Division vor allem, wenn es um große und unübersichtliche Zahlen geht, bei denen Kopfrechnen schlecht funktioniert. Diese Aufgaben können wir mit der schriftlichen Division schrittweise rechnen. (Sie erleichtert also den Umgang mit Zahlen und erschwert ihn nicht) „Lass (alle) fünfe gerade sein“ Einer Lebensweisheit mathematisch auf den Zahn gefühlt Katja Rochmann, Osnabrücker Zentrum für mathematisches Lernen Auf diesen gutgemeinten Ratschlag kann mathematisch betrachtet nur erwidert werden: „Das wird nie möglich sein!“ Ein Blick in „Meyers Lexikon online 2.0“ verschafft einen ersten Anhaltspunkt, wieso diese Aufforderung ins Reich der unerfüllbaren Wünsche gehört. Da heißt es: „gerade Zahl, eine ohne Rest durch 2 teilbare ganze Zahl.“ Diese Definition enthält zwei wichtige Hinweise. Sie macht zunächst einmal darauf aufmerksam, dass der Begriff der „geraden Zahl“ (ebenso wie die „ungerade Zahl“) in den Bereich der kardinalen Zahlen geh��������������������������������������������������� ö�������������������������������������������������� rt. Er bezieht sich auf diejenigen Zahlen, die Anzahlen beschreiben und die die Inklusion aller einzelnen Elemente einer Menge repräsentieren. Seite 4 Etwas anders ausgedrückt: Eine kardinale Zahl gibt beim Auszählen der Elemente einer Menge die Gr�� öße der Gesamtanzahl an, die wiederum alle kleineren Anzahlen enthält. (5=1+1+1+1+1). Prüfen und anwenden Eine gerade Zahl muss noch eine weitere Anforderung erfüllen: Sie lässt sich ohne Rest durch zwei teilen. Ob eine Zahl dieses Kriterium erfüllt, kann man im Unterricht anschaulich mit Material überprüfen: Werden die einzelnen Elemente der Menge (bspw. mittels Plättchen oder Steckwürfeln) in einer Einszu-Eins-Anordnung ausgerichtet, müssen sich auf ©Kopf und Zahl, 22. Ausgabe beiden Seiten gleich viele Elemente befinden. Keine Seite darf ein Element mehr bzw. weniger aufweisen. negative Resultat. Aber nicht nur dieser Schluss lässt sich daraus ziehen. Man erhält auch Auskunft, wie es um die Zahl fünf bestellt ist. Für Zahlen, die das oben genannte Kriterium nicht erfüllen, gibt es ein eigenes Adjektiv: ungerade Zahl. Fünf ist eine ungerade Zahl! • Als mathematische Definition lässt sich ableiten: Unter der Festlegung von „n“ als Variable gilt für ungerade Zahlen 2n+1 bzw. für gerade Zahlen 2n. Diese Materialhandlung korrespondiert mit dem Halbieren, einer Variante des Teilens durch zwei. Hierfür wird die Gesamtanzahl der Elemente gleichmäßig auf zwei Häufchen verteilt, indem auf jeden Haufen abwechselnd ein Element gelegt wird, solange der Vorrat reicht. Bleibt bei dem Verteilungsprozess kein Element übrig und sind beide Häufchen gleich groß, hat man Gewissheit, dass die Anzahl eine gerade Zahl war. Das Überprüfen von Anzahlen kann jeder einzelne Sch����������������������������������������������� ü���������������������������������������������� ler im Klassenverband mit Pl������������������ ä����������������� ttchen, Steckwürfeln etc. durchf�������������������������������������� ü������������������������������������� hren. Es k��������������������������� ö�������������������������� nnen auch alle Sch�������� ü������� ler gemeinsam ��������������������������������������� Ü�������������������������������������� bungen vornehmen. So kann bspw. untersucht werden, ob die Anzahl der Schüler in der Klasse einer geraden oder ungeraden Zahl entspricht: „Findet jeder Schüler einen Partner? Können wir zwei gleichgroße Mannschaften bilden? Wenn ein neuer Sch������������������������������������������������� ü������������������������������������������������ ler in unsere Klasse kommt, ä������������������� �������������������� ndert sich dann unsere Schülerzahl von gerade auf ungerade (ungerade auf gerade)? Weshalb?“ Die Fragestellungen lassen sich auch geschlechtsspezifisch erforschen, nur für die Mädchen bzw. nur für die Jungen. Um das Verst����������������������������������������� ä���������������������������������������� ndnis an dieser Stelle in der Lerntherapie abzusichern, stellen wir den Kindern gerne Fragen, die auf ein logisches Schlussfolgern contra stures Auswendiglernen zielen. Alle nachfolgenden Fragen erfordern ein sicheres Erkennen von Zahlbeziehungen und deren benutzen, um sie auf der abstrakten Ebene lösen zu können. Gegebenenfalls kann an den Praxistest im Klassenverband erinnert werden (M��� ä�� dchen, Jungen, alle Schüler zusammen). Die Prüfung kann auch mittels Aufteilen durchgeführt werden. Von der Gesamtmenge werden immer zwei Elemente weggenommen. Ergibt sich am Ende kein Rest von eins, war die Anzahl der Menge eine gerade Zahl. Ist das Ergebnis der Addition zweier gerader Zahlen eine gerade oder eine ungerade Zahl? Ist das Ergebnis der Addition zweier ungerader Zahlen eine gerade oder eine ungerade Zahl? Ist das Ergebnis der Addition einer ungeraden und einer geraden Zahl eine gerade oder eine ungerade Zahl? Ist das Ergebnis der Addition fünf ungerader Zahlen eine gerade oder eine ungerade Zahl? Diese Fragen sollten auch in einem subtraktiven Zusammenhang beantwortet werden können, bspw.: Subtrahiert man von einer geraden Zahl eine ungerade Zahl, ist das Ergebnis eine gerade oder eine ungerade Zahl? Gleichg������������������������������������������ ü����������������������������������������� ltig f����������������������������������� ür��������������������������������� welchen Praxistest man sich entscheidet, die Zahl f���������������������������������� ü��������������������������������� nf als Repr���������������������� ä��������������������� sentant f������������ ür f�������� ��������� ü������� nf Elemente, besteht keine dieser Pr����������������������� ü���������������������� fungen. Alle drei Verfahren führen zum gleichen Resultat: Immer bleibt ein Rest von eins. Die Testergebnisse sind der eindeutige Beleg, dass fünf keine gerade Zahl ist. Soweit das ©Kopf und Zahl, 22. Ausgabe Wer über diese Kenntnisse verfügt, hat übrigens auch ein schnelles, grobes Kontrollinstrument hinsichtlich der Einerstelle beim Addieren und Subtrahieren zur Hand. Der nächsten Frage wird gelegentlich der Vorwurf zuteil, ein „Reinleger“ zu sein. Aber ist sie das wirklich? Der Postbote verteilt Briefe an die Häuser mit den Hausnummern „1“, „3“, „5“, „7“, „9“ und „11“. Seite 5 Hatte er in seiner Tasche Briefe für eine gerade oder ungerade Anzahl von Häusern? Wahrscheinlich lauten einige Antworten: „Ungerade!“ Manche davon m����������������������������� ö���������������������������� gen dem spo ntanen, fl������ ü����� chtigen Blick auf die Hausnummern geschuldet sein und mit der Nachfrage „Weißt du, wie viele Häuser es sind?“ ins rechte Licht ger������������������������� ü������������������������ ckt werden. Andere beruhen jedoch auf Missverst����������������������������� ä���������������������������� ndnissen in der Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Zahlaspekten, den Nominal- und Ordnungszahlen auf der einen Seite und den kardinalen Zahlen auf der anderen Seite. Interessant ist die Frage, wie sie zustande kommen. Einen Aspekt wollen wir hier aufgreifen: Sie können eine Folge von zweideutigem Lernmaterial sein. Anschauungsmaterial – was ist dabei zu beachten So sinnvoll es ist, beim Erlernen mathematischer Grundlagen Alltagssituationen einzubeziehen, so problematisch ist es, wenn sich der vorgestellte Praxisbezug im Widerspruch zu den zu vermittelnden Kenntnissen befindet und den zu erlernenden Inhalt konterkariert. Hierzu ein Beispiel, dass immer wieder in Materialsammlungen anzutreffen ist. Stellvertretend eine Abbildung aus einem Schulbuch: (Denken und Rechnen 1 S. 85, Ausgabe 2005, Bildungshaus Schulbuchverlage Braunschweig) Dieses abenteuerliche Konstrukt ist eine irreführende Darstellung von geraden und ungeraden Zahlen. Es lädt zu Verwechselungen ein und bedient sich einer Illustration, die Widerspr������������������������� ü������������������������ che durch die Gleichsetzung von Zahlaspekten zustande bringt, wo es doch um genau deren sorgsame Unterscheidung geht. Die abgebildeten Nummern sind das Ergebnis einer vorab festgelegten Nummerierung der Häuser, um ein Haus qua Benennung von einem anderen unterscheidbar zu machen. Die Begrifflichkeiten „gerade/ ungerade Zahl“ werden den Zahlen der Menge entlehnt, das Kriterium der Anzahl ist in obigen Bebilderung jedoch vollkommen ohne Bedeutung. Zahlen werden hier als Kategorien zur eindeutigen Bezeichnung von Objekten benutzt. Alternativ könnte man auch Buchstaben verwenden. Wird ein Haus abgerisSeite 6 sen, verändert dies nicht die Nummerierung. Hier spielt ein wichtiger Unterschied zwischen Ordinalund Kardinalzahlen hinein: Ordinalzahlen bezeichnen immer ein Element in einer Reihenfolge, Kardinalzahlen bedeuten ungeordnet eine bestimmte, von einander unterscheidbare Anzahl. Wohlgemerkt: Zum Haus Nummer „2“ könnte man allenfalls sagen, es ist ein Haus, ebenso wie Nummer „7“ oder Nummer „10“. Bei jeder Anschauung, ob bildhaft oder handelnd, ist zu bedenken, dass die Darstellung gerader und ungerader Zahlen auf Kardinalzahlen basieren muss. Nur so können tragfähige Assoziationen zu geraden und ungeraden Zahlen geschaffen werden. Problembereich Dezimalsystem Noch einen weiteren Gesichtspunkt möchten wir als Diskussionsanstoß zum Thema machen: Gerade und ungerade Zahlen sind, wenn auch nur kurz, Stoff der ersten Klasse. In den Unterrichtswerken der zweiten Klassenstufe findet sich dazu in der Regel kein Kapitel. Auch der Stoffplan Klasse 2 enthält dieses Thema nicht. Dabei wirft das Stellenwertsystem hierzu durchaus neue Überlegungen auf. Sarah aus der zweiten Klasse wird in der F��������� ö�������� rderdiagnostik die Frage gestellt: „Ist 47 eine gerade oder eine ungerade Zahl?“ Sie ist zunächst ratlos, guckt eine Weile in die Luft und murmelt schließlich leise Zahlenreihen vor sich hin. „Vorne ist es gerade und hinten ungerade. 47 ist beides!“ Der Zahlraum über zehn enth��������������������������������������������� ä�������������������������������������������� lt f���������������������������������������� ür Sarah ������������������������������������� Zahlen, die weder eindeutig gerade noch ungerade sind. Sie betrachtet eine zweistellige Zahl als zwei Zahlen. 47 ist eine 4 „vorne“ und eine 7 „hinten“. Bei 46 und 37 ist die Entscheidung einfach, da sich sowohl an der Zehner- als auch an der Einerstelle Ziffern befinden, die für Sarah ein sicheres Signal für die Zuordnung dieser zweistelligen Zahlen bedeuten: „46 ist gerade und 37 ist ungerade.“ Auch Jannis aus der gleichen Klassenstufe bekommt diese Frage vorgelegt. Sein Gesichtsausdruck verrät sofort, dass ihm die Antwort gleichfalls nicht leicht fällt. „Das hatten wir noch nicht in der Schule!“ ist seine erste Reaktion. Da Jannis sein Schulbuch aus der ersten Klasse dabei hat, werfen wir dort einen Blick hinein und werden fündig. „Ach, du meinst das mit den Steckwürfeln. Man muss immer zwei W��������� ü�������� rfel zusammenstecken. Bleibt keiner alleine, ist es gerade.“ sagt Jannis und deutet auf nachfolgendes Beispiel, das im Basiszahlraum der Klasse 1 eine Handreichung für Erprobung und Erkl��������������������������� ä�������������������������� rung zum Thema „Gerade/Ungerade“ Zahlen bietet. Inhaltlich entspricht es der eingangs ausgeführten ersten Prüfung. ©Kopf und Zahl, 22. Ausgabe Musst du bei 15, 27, 17, 88 und 99 noch neu überlegen. Wenn nein, warum nicht? Begründe dein e Antwort. Klaus sagt, um zu wissen, ob eine Zahl gerade oder ungerade ist, muss man nur auf die Einer achten. Hat er recht? Überlege: 18, 33, 38? (Denken und Rechnen 1 S. 87, Ausgabe 2007, Bildungshaus Schulbuchverlage Braunschweig) Diese Ü����������������������������������������� ������������������������������������������ bungseinheit m��������������������������� ü�������������������������� ndet vielleicht in die Abschlussfrage: Dieser Rückblick macht Jannis die Entscheidung über die Zahl „47“ nicht wirklich einfacher. Er zählt 47 einzelne Steckwürfel ab und bildet Zweierpärchen wie in der Abbildung im Schulbuch. Die M���������������� ü��������������� he hat sich gelohnt. Am Ende steht die Antwort auf meine Frage fest. Es ist ein Würfel übrig geblieben: „47 ist ungerade!“ Angesichts des Aufwandes, den Jannis betreiben musste, wird auf die Klärung von „46“ und „37“ verzichtet. Klaus sagt außerdem: „Egal wie groß eine Zahl ist, um zu wissen, ob sie gerade oder ungerade ist, muss man nur auf die Anzahl an der Einerstelle achten!“ Was hat er sich überlegt? Hat er recht? Prüfen und anwenden im Dezimalsystem Sarahs Ü�������������������������������������������� ��������������������������������������������� berlegungen lassen vermuten, dass sie grundlegende Elemente des Dezimalsystems noch nicht verstanden hat, wie die Bedeutung der Ziffern in einer zweistelligen Zahl. Jannis Vorgehen macht darauf aufmerksam, wie unpraktisch sich ein Verfahren aus dem Zahlbereich bis zehn für den erweiterten Zahlenraum erweist. Mit Sch��������������������������������� ü�������������������������������� lern wie Jannis w��������������� ä�������������� re daran anzukn������������������������������������������������� ü������������������������������������������������ pfen, dass zehn eine gerade Zahl ist. Die Steckwürfel aus der Übersicht im Schulbuch sind stellvertretend f�������������������������������������������� ür������������������������������������������ die Einer der jeweiligen Zahl. Zu besprechen wäre, dass ein Zehner ein anzahlmäßiges Ä��������������������������������������������������� quivalent zu zehn Einern darstellt. Zehn Einer k��� ö�� nnen so geordnet werden, dass jedes Element einen Partner findet. Wenn zehn Einer eine gerade Zahl repräsentieren, dann ist auch ein Zehner eine gerade Zahl, denn er ist nichts anderes als die Bündelung von zehn Einern zu einer neuen Einheit. Wie verhält es sich dann mit zwei Zehnern, drei Zehnern etc.? Wenn ein Zehner eine gerade Zahl darstellt, dann ist jede beliebige Anzahl von Zehnern eine gerade Zahl! Im Unterricht k��������������������������������� ö�������������������������������� nnen dazu folgende ������������� Ü������������ bungen er��� ö�� rtert werden: Ist ein Zehner eine gerade oder ungerade Zahl? Überprüfe! Sind drei Zehner eine gerade oder eine ungerade Zahl. Achtung, du musst die Zehner erst in Einer verwandeln. Verein für Lerntherapie und Dyskalkulie e.V. Internet: www.dyskalkulie.de E-Mail: [email protected] ©Kopf und Zahl, 22. Ausgabe In der Konsequenz fordert die Beurteilung dieser Behauptung dazu auf, den erarbeiteten Inhalt noch einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Allerdings, ohne Sicherheit im ersten Lernschritt – jede beliebige Anzahl von Zehnern ist eine gerade Zahl, weil jeder Zehner zehn Einern entspricht –, können Schüler den zweiten Schritt nicht vollziehen – egal wie groß eine Zahl ist, man muss nur auf die Anzahl an der Einerstelle achten. Der hier verlangte logische Schluss erfordert die Übertragung des Grundgedankens von den Zehnern auf alle anderen höherwertigen Stellen. Wenn jeder Zehner eine gerade Zahl ist, dann ist auch jeder Hunderter eine gerade Zahl, weil zehn Zehner einem Hunderter entsprechen, da unserer Stellenwertsystem auf dem dezimalen B���������������������������� ü��������������������������� ndelungsprinzip beruht: Jeweils zehn der niederwertigeren Einheit kann ich zu einem der nächsten höherwertigeren Einheit bündeln (10 · 1 = 10, 10 · 10 = 100). Diese Schlussfolgerung führt in der sechsten Klasse zur Ableitung einer „Rechenregel“, deren Fundament im Stoff der ersten/zweiten Klasse liegt: Die Endstellenregel zur Teilbarkeit durch 2. • Eine Zahl ist immer dann ohne Rest durch zwei teilbar, wenn sie eine gerade Zahl ist, d. h. auf 0, 2, 4, 6 oder 8 endet. Spendenaufruf Wer den Verein für Lerntherapie und Dyskalkulie e.V. mit Spenden bedenken will, dem sei herzlich gedankt, eine Spendenquittung (ab 20 EUR) zugesagt und versichert, dass dieses Geld in dieser Arbeit sicher gut angelegt ist. IBAN: DE 44 7002 0270 1640 1759 38 BIC: HYVEGDEMMXXX Impressum: Herausgeber: Verein für Lern- und Dyskalkulietherapie, München, Brienner Straße 48 Redaktion: Alexander v. Schwerin (verantwortlich), Beate Lampke, München Christian Bussebaum, Elke Focke, Düsseldorf; Wolfgang Hoffmann, Dortmund; Rudolf Wieneke, Berlin Layout und Satz: Schmidt Media Design, München Seite 7 Zentrum zur Therapie der Rechenschwäche Internet: www.ztr-rechenschwaeche.de Das ZTR finden sie in und um Berlin Berlin-Steglitz/Zehlendorf Suchlandstr.15 A, 12167 Berlin-Steglitz Tel.: 030/832 80 17 Berlin-Spandau Wilhelmstr. 150, 13585 Berlin Tel.: 030/35 13 09 62 Berlin-Pankow Kreuzstr. 17a, 13187 Berlin Tel.: 030/49 30 19 31 Berlin-Friedrichshain Pettenkoferstraße 16–18, 10247 Berlin Telefon: 030/82 70 97 86 Berlin-Nord/West - Reinickendorf (ZTR Oberhavel) Hauptstr. 36, 16547 Birkenwerder Tel.: 0 33 03/40 74 85 Berlin-Nord/Ost - Buch/Karow (ZTR Barnim) Niederbarnimallee 75 16321 Bernau/Waldsiedlung Tel.: 0 33 03/40 74 85 Berlin-Süd/Ost - Schönefeld/Köpenick (ZTR Königs Wusterhausen) Bahnhofstr. 7c, 15711 Königs Wusterhausen Tel.: 030/62 20 72 68 Berlin-Süd/West - Wannsee (ZTR Potsdam) Hebbelstr. 12, 14469 Potsdam Alt Nowawes 36, 14482 Potsdam (ZTR Kleinmachnow) Ernst-Thälmann-Str. 99, 14532 Kleinmachnow über Tel.: 03 31/550 77 67 Niederlassungen des ZTR finden Sie in allen neuen Bundesländern: ZTR Potsdam Hebbelstr. 12, 14469 Potsdam Tel.: 03 31/550 77 67 ZTR Chemnitz/Zwickau Zöllnerplatz 10, 09111 Chemnitz Tel.: 03 71/433 12 15 ZTR Halle Reichardtstr. 14, 06114 Halle Tel.: 03 45/522 05 72 ZTR Dessau/Wittenberg Alexandrastr. 25, 06844 Dessau Tel.: 03 40/661 58 15 ZTR Leipzig Kreuzstr. 3b, 04103 Leipzig Tel.: 03 41/268 95 20 ZTR Magdeburg Arndtstr. 53, 39110 Magdeburg Tel.: 03 91/506 79 90 ZTR Dresden Obergraben 19, 01097 Dresden Tel.: 03 51/810 45 42 ZTR Jena Knebelstr. 16, 07743 Jena Tel.: 03 66 05/907 94 ZTR Gera Fasaneriestr. 2, 07548 Gera Tel.: 03 65/214 74 74 ZTR Frankfurt/Oder Logenstr. 8, 15230 Frankfurt/Oder Tel.: 03 35/743 49 76 ZTR Erfurt Steigerstr. 3, 99096 Erfurt Tel.: 03 61/601 06 96 ZTR Mecklenburg-Vorpommern Gatschow 21, 17111 Beggerow Tel.: 03 99 96/790 36 DAS FORUM ZUM THEMA RECHENSCHWÄCHE www.rechenschwaeche-forum.de Diskussionsplattform für Eltern rechenschwacher Kinder Fragen an Experten, Forum Erwachsenen-Dyskalkulie Seite 8 ©Kopf und Zahl, 19. Ausgabe