Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Biohotel Theinersgarten Gut Holz im Garten der Sinne Dominik Rieder Architekt baukraft GmbH, Architektur Brixen Südtirol, Italien 1 Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 2 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Biohotel Theinersgarten - Gut Holz im Garten der Sinne Bio als Verpflichtung mit Holz als Lösung Abbildung 1: Hotel Theinersgarten in Gargazon Südtirol 1. Einleitung – Gut Holz Holz, als ältester Baustoff der Welt ist Tradition und Hoffnungsträger zugleich. Wir als Planer, Holzverarbeiter und Nutzer haben die Möglichkeit, die weitere Entwicklung der Holzbauweisen voranzutreiben, sie in neue Bahnen zu lenken und einen fachgerechten und schonenden Umgang mit den knappen Ressourcen unseres Planeten zu gewährleisten. Dies erfordert zum Teil neue Blickwinkel, differente Sichtweisen und kreative Umsetzung von Einsatzmöglichkeiten. Es war noch nie wichtiger als heute, die Möglichkeiten eines Baustoffes in vollem Maße auszunutzen und für jedes Einsatzgebiet das richtige Material zu verwenden. Der bisher teilweise sorglose Umgang mit Rohstoffen zwingt uns heute einerseits zu einem Umdenken in gestalterischen und energetischen Fragen, er gibt uns aber andererseits die Möglichkeit in die Hand unser eigenes Selbstverständnis in Frage zu stellen und neue Wege zu beschreiten. Der richtige Werkstoff am richtigen Platz, die Positionierung und Ausrichtung der Gebäude, eine zeitgemäße Formensprache, alle diese Dinge sind Mittel zum Zwecke, sind Erfolgsgaranten für nachhaltiges Bauen und Gestalten. 1.1. Der Werkstoff Holz als Wegbereiter Positives und kreatives Arbeiten mit dem Naturwerkstoff Holz setzt ein positives und kreatives Umfeld voraus. Dieses Umfeld schafft die Möglichkeit, neue und teilweise ungewöhnliche technische Einsatzformen sowie gestalterische Besonderheiten zu entwickeln. 3 Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 4 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Abbildung 2: Entwurfsstudie Theinersgarten in Gargazon Südtirol Es wäre nicht sinnvoll und kontraproduktiv alte Weisheiten und Erkenntnisse der Holzbauweisen über Bord zu werfen, vielmehr ist es erforderlich, aus Bestehendem zu lernen, Neues und Innovatives einfließen zu lassen und daraus ein Fundament zu bilden für neue Entwicklungen und Denkweisen, die der Natürlichkeit des Holzes gerecht werden und ein modernes und gestalterisch anspruchvolles Ambiente schaffen können. 1.2. Die Rahmenbedingungen Vom Baum zum Haus, ehrlich, ohne Anbiederung, vom Entwurf zur Umsetzung, technisch richtig und zeitgemäß, von der Idee zur Nutzung, als sanfter Übergang, vom Grundprodukt bis zur Veredelung, nichts verschwendend aber alle Möglichkeiten des Werkstoffes nutzend. Klimatische Veränderungen und klimatische Besonderheiten werden in Zukunft nicht die Ausnahme sondern die Regel werden. Temperaturunterschiede zwischen Sommermonaten und Wintermonaten von bis zu 55°, Spitzenwerte von bis zu -20 Grad im Winter und bis zu +40 Grad im Sommer stellen in diversen Alpentälern speziell in Südtirol mittlerweile keine Besonderheit dar. Unter diesem Aspekt ist die bauliche Reaktion auf diese veränderten Rahmenbedingungen umso wichtiger und essenzieller denn je. Abbildung 3: Entwurfsstudie Theinersgarten in Gargazon Südtirol Jener Baustoff, der die besten Antworten auf diese Fragestellungen bieten kann, wird auch in Zukunft seine Einsatzgebiete erweitern können und Holz als Werkstoff der Vergangenheit und der Zukunft wird dabei eine gewichtige, wenn nicht die wichtigste Rolle übernehmen können. 1.3. Die Technologie zur Umsetzung Holzverarbeitende Unternehmen investieren schon seit langem in Technologien, die einen erweiterten Einsatz von Holzsystemen gewährleisten sollen. Diese Technologien geben den Planern und Architekten ein sich immer wieder weiterentwickelndes und brauchbares Werkzeug in die Hand, das einen völlig unverkrampften und freien Umgang mit dem Werkstoff ermöglicht. Diese Investitionen tragen Früchte und so ist es in der heutigen Bauwirtschaft und Planungstätigkeit möglich beinahe jedes Gebäude bis zu einer gewissen Dimension in Holz zu errichten. Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Holz und die daraus hergestellten Materialien sind vielseitig und guten Gewissens einsetzbar und stehen daher an erster Stelle nachhaltiger Ressourcennutzung. Die Verwendung erstreckt sich von massiven Holzkonstruktionen wie den Blockbauten, über Holzständerkonstruktionen bis hin zu verleimten Platten. Ebenso finden Holzwerkstoffe wie Dämmstoffplatten in diversesten Einsatzgebieten ihre Anwendung. Abbildung 4: Entwurfsskizze zur Positionierung auf dem Grundstück 2. Das Projekt 2.1. Vorgaben zur Planung Die Familie Theiner als jetziger Betreiber der Hotelanlage Theiners Garten war eine der ersten, die in der Landwirtschaft auf den biologischen Anbau ihrer Produkte gesetzt hat und damit im Laufe der Jahre eine führende Position in Südtirol einnahm. Durch die Gründung der „Pro Natura“ Bioläden schafften sie es diese Produkte auch einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen. Aus diesem Grund reifte die Idee, diese Naturprodukte bzw. Naturanwendungen auch einer Gästeschicht im Hotelbereich zugänglich bzw. erlebbar zu machen. Diese Überlegung und Idee sollte einige Rahmenbedingungen aufweisen. Es durften im gesamten Bauvorhaben nur Produkte zum Einsatz kommen, die biologisch einwandfrei und unbedenklich sind. Der Schwerpunkt der gesamten Gastronomie des Hotelbetriebes liegt auf einer ganzheitlichen Ernährung, Ernährungsschulung, Unterstützung von Allergikern und Anwendung der hauseigenen sowie örtlichen Nahrungsmittel in der Hotelküche. Ebenso findet sich dieser biologische und gesamtheitliche Schwerpunkt in den Wellness- und Bäderanwendungen wieder. 5 Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 6 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Die große Herausforderung in der Architektur war die Verschmelzung eines funktionierenden Hotelbetriebes mit all seinen Facetten und Ansprüchen mit dem biologischen Grundsatz der Hotelbetreiber in Einklang zu bringen. Schlicht und unaufdringlich sollte das Gebäude sein und doch einladend zugleich. Eine Hotelstruktur in dieser Größenordnung verlangt nach einer strukturierten Gestaltung und so wurde der natürliche Geländeverlauf aufgenommen, um eine terrassenförmige Anordnung des Gebäudes zu ermöglichen. Abbildung 5: Aussenaufnahme Abbildung 6: Aussenaufnahme 2.2. Die Umsetzung Einem Weinberg nachempfunden stuft sich nunmehr das Gebäude mit seinen privaten zimmereigenen Weinreben über mehrere Etagen nach oben. Diese Terrassierung ermöglicht eine optimale Tageslichtsituation in allen Geschossen und verhilft dem Baukörper sich satt in das Gelände zu setzen. Die Bauweise des Gebäudes ist als richtungsweisend in der Anwendung der Holzbauweise in der Hotelarchitektur zu betrachten. So wurden die gesamten Zimmergeschosse in massiver Holzbauweise errichtet. Im Kellergeschoss befindet sich eine Tiefgarage mit 40 Stellplätzen, um den Bereich im Erdgeschoss so gut als möglich Autofrei zu halten. Ebenfalls im Kellergeschoss untergebracht mit direktem Zugang nach aussen sind das Hallenbad mit Freischwimmbecken sowie der gesamte SPA und Beautybereich mit jeweils 500 m². Dieses Geschoss besitzt aufgrund der Topologie des Geländes eine direkte Belichtung in den Garten. Im Erdgeschoss der gesamte Eingangsbereich mit Rezeption, Backoffice sowie die Bar, der Speisesaal, die Hotelküche sowie diverse Räumlichkeiten für Konferenzen sowie Kinderbereuung angeordnet. Der Speisesaal und die Bar verfügen über einen angeschlossene Terrasse, die es den Gästen ermöglicht im Freien zu frühstücken sowie ihre Getränke an der Bar im Freien zu geniessen. Darüber hinaus wurden im Erdgeschoss 8 Familienzimmer angeordnet. Abbildung 7: Grundrisslösung Erdgeschoss Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Die Zimmer in den Obergeschossen sind als Doppelzimmer mit Zustellbett konzipiert. Dieses Zustellbett kann sowohl als Wohnraumcouch, sowie als drittes Bett genutzt werden. Die Zimmer sind alle Richtung Süden ausgerichtet und ebenfalls mit massiven Holzmöbeln ausgestattet. Zur Verbesserung der raumklimatischen Verhältnisse kamen in den einzelnen Hotelzimmern Lehmbauwände zum Einsatz, die auf diesem Bild zu erkennen sind. Sie schaffen ein behagliches und ausgeglichenes Raumklima und dienen gestalterisch als Kontrast zur natürlichen Holzoberfläche. Die gesamte Inneneinrichtung der Hotelzimmer wurde in Massivholz mit verzinkten, metallfreien Verbindungen in einheimischem Lärchenholz sowie Zirmholz ausgeführt. Dem Gesamtkonzept folgend wurden alle Zimmer mit abgeschirmten Elektroleitungen ausgestattet, damit alle Einheiten frei von Elektrosmog bewohnt werden können. Abbildung 8: Impression Einrichtung Zimmer Die große Herausforderung des Gebäudes bestand nicht nur in der Realisierung einer biologischen Bauweise. Im Bereich der Hotelarchitektur ist der Schallschutz ein wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Hotelbetriebes. Da sich natürlich aufgrund des fehlenden Gewichtes der Holzdecken und der Holzmassivwände spezielle Probleme bezüglich der Schallübertragung ergeben, war es erforderlich neue Konstruktionen sei es für die Decken als auch für die Zwischenwände zu entwickeln. 2.3. Die Technik 2.3.1. Die Innenwände Es wurden zwei unterschiedliche Wandkonstruktionen zwischen den Zimmereinheiten verwendet. Dies war einerseits erforderlich, da eine Wand als sichtbare Holzmassivwand ausgeführt werden sollte und die gegenüberliegende Wand mit einer Lehmputzoberfläche versehen wurde. So entstanden diese beiden Konstruktionstypen. Links sehen Sie den Typ 1 als Holzmassivwand die aus jeweils 2 Lagen Holzmassivwand zu je 12 cm gefertigt wurde. Als Zwischenschicht kam eine Lage aus Holzfaserplatten mit einer Stärke von 40 mm zu Einsatz. Als Trennung der beiden Elemente wurde ein Luftstreifen von 20 mm freigelassen. Dieser Wandtyp erreicht einen Schallschutz von 55 dB rW in eingebautem Zustand. 7 Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 8 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Rechts sehen Sie den Wandtyp 2 als doppelte Holzständerkonstruktion die über zwei getrennte Ständerebenen mit jeweils 80 mm Stärke aufgebaut ist. Diese beiden Ständerebenen wurde mit jeweils einer Lage Holzfaserplatten mit einer Stärke von 60 mm hinterfüllt. Als Trennlage zwischen den Ständerebenen fungieren eine Gipskartonplatte und ein Luftspalt mit 2 cm. Die Außenflächen der Wände wurden jeweils mit Gipskartonplatten doppelt beplankt und mit einer Lehmputzplatte mit einer Stärke von 30 mm versehen. In dieser Lehmbauplatte ist das Wandheiz- und Kühlsystem der Zimmer untergebracht. Dieser Wandtyp erreicht einen Schallschutz von 61 dB rW in eingebautem Zustand. Abbildung 9: Innenwandtyp 1 Abbildung 10: Innenwandtyp 2 2.3.2. Die Außenwände Es wurde zwei unterschiedliche Aussenwandtypen verwendet, die auf den unteren Abbildungen zu sehen sind. Links die Ausführung in Aussenputz und rechts sehen sie den Wandtyp mit verschalter Holzoberfläche. Die Grundlage beider Wandtypen bildet die Holzmassivwand Typ Soligno, die aus drei Lagen mit je 6 cm Stärke aus massivem Holz in Fichte mit Hartholzdübeln besteht. Dieser Wandtyp wird nur durch die Verwendung verschiedener Hölzer mit unterschiedlicher Feuchtigkeit ausgesteift. Die Konstruktion ist absolut Leimfrei und besitzt keinerlei metallische Verbindungsmittel wie Nägel oder Dübel. Auf dieser Lage aus dreifachem Massivholz wurde eine Lattung mit 12 cm Stärke aufgebracht und dazwischen liegend kam eine Lage aus Holzfaser mit einer Stärke von 120 mm zum Einsatz. Beim linken verputzten Wandtyp kam darauf eine Putzträgerplatte DHD mit einer Stärke von 50 mm zum Einsatz. Diese Oberfläche wurde danach mit einem Silikatputz versehen, der den Schutz der Fassade aufgrund des fehlenden Vordaches gewährleistet. Im Gegensatz dazu wurde auf dem rechten Wandtyp ebenfalls eine Lattung mit einer Stärke von 12 cm und einer Zwischendämmung von 120 mm Holzfaser verwendet. Darauf folgte allerdings eine Lage Windpapier und eine Befestigungslattung und einen äußere Lage unbehandelte Lärchenbretter. Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Abbildung 11: Außenwand verputzt Abbildung 12: Außenwand mit Holzverkleidung 2.3.3. Die Decken Die Decke über den Zimmereinheiten wurde jeweils in den Zimmerachsen getrennt, um der Schallübertragung entgegenzuwirken. Dadurch entstanden einzelne Zimmerboxen, die völlig unabhängig voneinander funktionieren. Das einzige verbindende Element stellt eine Lage aus Gipsfaserplatten dar, die auf der Deckenoberseite montiert wurde. Um auf das fehlende Gewicht der Holzdecke zu reagieren, war es erforderlich mit den Ausgleichsschichten ein Grundgewicht für die gesamte Konstruktion zu schaffen. Dies erfolgte einerseits mit der Ausführung einer Ausgleichsschüttung aus Marmorsplit, einer Trennlage aus Vaselingetränktem Papier und einem Massivestrich auf Zementbasis. Die darauf ausgeführten Holzböden wurden schwimmend verlegt. Die ausgeführte Decken bzw. Flachdachkonstruktion weißt ebenfalls eine baubiologisch einwandfreie Ausführung auf. Die letzte Geschossdecke wurde als gedübelte Brettstapeldecke in Massivholz realisiert. Darauf folgte nach einer Dampfbremsschicht eine Lage aus Holzfaser als harte Dämmlage sowie eine weitere weiche Dämmlage aus Holzfaser, die zwischen den Gefällelatten eingebaut wurde. Darauf wurde eine OSB Platte ausgeführt, die als Unterlage für die EPDM Dichtungsbahn dient. Auf dieser EPDM Dichtungsbahn wurde ein extensiv begrüntes Dach mit Sedum- und Gräserpflanzungen ausgeführt. Dieser Dachaufbau besitzt einen U-Wert von 0,21 W/m²K. Abbildung 13: Dachaufbau 9 Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 10 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder 3. Impressionen Abschließend sind einige Impressionen des fertigen Gebäudes angefügt, um eine bessere Übersicht zu erhalten. Die Kombination zwischen ehrlichen und biologischen Baumaterialien und schlichtem Design schafft ein Ambiente, dass einladend und elegant zugleich wirkt. Nach Abschluss der Bauarbeiten stellt sich das Hotel als gelungene Gesamtkonzeption dar, die dem Anspruch der gehobenen Hotelarchitektur des Etschtales ebenso gerecht wird, wie dem Bemühen den biologischen Umgang mit Gebautem auch einer neuen Gästeschicht zu erschliessen. Abbildung 14: Außenansicht Abbildung 15: Außenansicht Abbildung 16: Rezeption mit Bar Forum Holz│Bau│Energie Köln 10 Biohotel Theinersgarten – Gut Holz im Garten der Sinne | D. Rieder Abbildung 17: Kaminlounge Abbildung 18: Zimmer 11