Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Organische Chemie und Biochemie (AW) 770.101 Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr. Erika Staudacher 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher TEIL 1 Proteine Struktur Methodik Beispiel Hämoglobin Enzyme Kinetik Einteilung Beispiel proteolytische Enzyme Co-Faktoren Vitamine 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 1 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie 2 1 Organisatorisches: Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie 1. Geprüft wird der Vorlesungsstoff 2. Punkt in Ecke bedeutet: diese Folie dient zur Vertiefung und wird nicht geprüft. 3. JEDES Biochemie-Lehrbuch ist zur Unterstützung geeignet. Die Bücher sind alle sehr teuer, daher nicht kaufen sondern in der Bibliothek ausleihen ! 4. Meine email-Adresse: [email protected] 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 3 Veterinärmedizin Anorganische Chemie Humanmedizin Zoologie Botanik BIOCHEMIE Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Physik Biologie Analytische Chemie Organische Chemie Physikalische Chemie wässrige Systeme bei physiologischem (eher neutralem) pH-Wert 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 4 2 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Proteine Struktur der Biomoleküle - siehe organische Chemie Kohlenhydrate Vorkommen in der Zelle / im Organismus Lipide Funktionen Co-Faktoren Biosynthese weitere Biomoleküle kontrollierter Abbau Biochemische Arbeitsmethodik 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 5 PROTEINE Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Primärstruktur: Sekundärstruktur: Tertiärstruktur: Quartärstruktur: Aminosäuren verbunden durch Peptidbindung α-Helix, β-Faltblatt Bildung von Domänen und aktiven Zentren mehrere Untereinheiten zusammengefügt Posttranslationale Modifikationen = Modifikation von reaktiven Aminosäureseitenketten (z.B. - OH, - NH2, - SH, - COOH) - Phosphorylierung - Glykosylierung - Methylierung - γ-Carboxylierung - und viele mehr ! 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 6 3 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Abb: P.Messner + Ch. Schäffer, Zentrum f. Nanobiotechnologie 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 S-Schichtprotein von Bakterium I Erika Staudacher 7 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Primärstruktur 29.04.2012 Biochemie für LW Sekundärstruktur I Unit 1 I Erika Staudacher 8 4 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Tertiärstruktur 29.04.2012 Quartärstruktur Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 9 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 10 5 Einteilung der Proteine * nach ihren Eigenschaften (= gleichzeitig Möglichkeiten zur Trennung) Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie - Molekulargewicht - Ladung - Löslichkeit - Hydrophobizität - Affinität (z.B. zu spezifischem Antikörper) - Homologien in der DNA-Sequenz * nach ihrer Funktion - falls man sie kennt ! 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 11 Methodik präparative - analytische Methoden Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie (Gel)Filtration Beispiel Molekulargewichtsbestimmung: Zentrifugation Elektrophorese Zeit Aminosäurenanalyse (HPLC) (2D-Elektrophorese) Massenspektroskopie Kernresonanzspektroskopie 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 12 6 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Elektrophorese 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 13 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie 2D-Elektrophorese weitere Analyse der einzelnen Punkte Analyse der Struktur und Funktion der Gesamtheit der Proteine einer Zelle: "Proteomics" 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 14 7 Beispiel: Hämoglobin Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Blutfarbstoff MW ~ 62 000 Da (ohne Hämgruppe) 574 Aminosäuren Fe-hältige Porphyringruppen 4 Untereinheiten, die einander in der Konformation beeinflussen ALLOSTERIE Funktion: Transport von O2 und CO2 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 15 Jede Untereinheit enthält einen Porphyrinring, der ein Molekül Sauerstoff binden kann. Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 16 8 Maximal können vier Sauerstoffmoleküle aufgenommen werden. Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Allosterie-Effekt: Affinität für das erste O2: eher gering, durch die Bindung Konformationsänderung für das 2. O2 schon etwas mehr Affinität u.s.w. Funktion: Lunge: es herrscht hohe O2-Konzentration rasche Aufnahme von vier O2-Molekülen. Transport mit den roten Blutkörperchen im Blutstrom zum Zielort. Muskel: es herrscht geringe O2-Konzentration und hohe CO2Konzentration Abgabe der O2-Moleküle, Aufnahme von CO2-Molekülen. Rücktransport zur Lunge. 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 17 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Myoglobin und fetales Hämoglobin haben eine höhere SauerstoffAffinität als Hämoglobin Defekte: Sichelzellanämie: erblich, eine Aminosäure (Glu Val) ausgetauscht Verformung und "klebrigwerden" der desoxygenierten Form. Thalassämien: verschiedene Mutationen, die zu Reduktion oder Fehlen einer Kette führen. 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 18 9 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie normal Sichelzellanämie Heterozygot 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 19 Wenn an einem Protein irgendetwas verändert ist: Aminosäuresequenz oder dreidimensionale Struktur des Proteins oder posttranslationale Modifikationen Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie - manchmal kein Effekt - Stoffwechselerkrankungen (Auf- und/oder Abbauwege gestört) - Funktion reduziert (z.B. Sichelzellanämie, cystische Fibrose) - Transport zum Zielort funktioniert nicht 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 20 10 ENZYME Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Enzyme sind Proteine, die in biologischen Systemen als Katalysatoren wirken. (Auch RNA-Moleküle können katalytische Funktionen haben !) E+S ES EP E+P E ... Enzym S ... Substrat P ... Produkt Wirkt durch Stabilisierung von Übergangszuständen weniger Energie nötig sehr selektiv 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 21 Energie Energie ohne Katalysator Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Energieersparnis Energie mit Katalysator Ausgangszustand Energiegewinn der Gesamtreaktion Endzustand Reaktionsverlauf z.B.Zeit Enzym bringt Substrat in die optimale Orientierung und bestimmt dadurch die Bindungsstelle Selektivität 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 22 11 Enzyme – Einsatz in der Industrie - Waschmittel - Zellstoff- und Papierherstellung - Leder- und Textilbearbeitung Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie - Stärkeabbau zu Glukose und weiter zu Ascorbinsäure - Süßkraft (Umwandlung von Zuckern) - Herstellung von Milchprodukten - Backwaren - Fleisch 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 23 Enzymkinetik "Akzeptor" : WOHIN übertragen wird "Substrat" : WAS übertragen wird Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie KM : Michaelis-Menten-Konstante = Substratkonzentration bei der halbmaximalen Reaktionsgeschwindigkeit Vmax = maximale Reaktionsgeschwindigkeit 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 24 12 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie KM und vmax sind für definierte Bedingungen für jedes Enzym charakteristisch (wie gut ist das Substrat, wie gut sind die Bedingungen, ...). Typ einer Inhibition kann erkannt werden: Kompetitiver Inhibitor: bindet im aktiven Zentrum KM wird größer, vmax bleibt gleich Nicht-Kompetitiver Inhibitor: bindet irgendwo anders am Enzym vmax wird kleiner, KM bleibt gleich Regulation der Enzyme: siehe später bei Stoffwechselregulationen 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 25 Kompetitiver Inhibitor Nicht kompetitiver Inhibitor Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Vmax bleibt gleich KM wird größer Vmax wird kleiner KM bleibt gleich Vmax2 KM3 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 26 13 Einteilung der Enzyme Nach dem katalysierten Vorgang: Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Hauptklasse Reaktion 1. Oxidoreduktasen Redoxreaktion 2. Transferasen Übertragung von Molekülen 3. Hydrolasen Hydrolytische Spaltung 4. Lyasen Nicht-hydrolytische Spaltung 5. Isomerasen Umwandlung isomerer Verbindungen 6. Ligasen Energieabhängige Knüpfung von Bindungen 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 27 Beispiel: Proteolytische Enzyme Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Proteolytische Enzyme = Proteasen : spalten Peptidbindungen Funktion: 29.04.2012 - Verdauung im Magen und Darm - Abbau von Proteinen in Lysosomen und Proteasomen - Abspaltung von Signalpeptiden - Aktivierung von Prohormonen und Proenzymen - bei der Blutgerinnung (Thrombin) - bei der Fibrinolyse (Plasminogen) Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 28 14 Einteilung der Proteasen: Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Serinproteasen: Serin im aktiven Zentrum z.B. Verdauungsenzyme der Säuger im Darm: Chymotrypsin (spaltet auf Carboxyseite von Tyrosin, Tryptophan, Phenylalanin oder Methionin) Trypsin (spaltet spezifisch bei Lysin und Arginin) Elastase (spaltet bei kleinen ungeladenen Aminosäuren) Zinkproteasen: Zink im aktiven Zentrum z.B. Carboxypeptidase A (Säugerverdauungsenzym) (spaltet einzelne Aminosäure vom C-Terminus eines Proteins ab) 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 29 Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Thiolproteasen (Sulfhydril-, Cysteinproteasen) Cystein-Rest im aktiven Zentrum z.B. Papain aus Papaya Kathepsin B (in Lysosomen tierischer Zellen zum Proteinabbau) Aspartatproteasen (saure oder Carboxypeptidasen) Ein Wassermolekül flankiert von zwei Aspartaten bildet das aktive Zentrum z.B. Pepsin (Magensaft, pH-Optimum 2-3) HIV-1-Protease: setzt HIV-Schlüsselproteine aus Vorläuferprotein frei. 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 30 15 Beispiel: Einsatz von Enzymen Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie - Waschmittel - Zellstoff- und Papierherstellung - Leder- und Textilbehandlung - Stärkeabbau (Produktion von Glukose und Ascorbinsäure) - Süßkraft (Umwandlung von Zucker) - Milchprodukte - Gärprodukte - Backwaren - Fleisch 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 31 Prionprotein Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie PrPC PrPSc Konformationsisomere PrPC: wasserlöslich, leicht abbaubar Sc PRP : nicht wasserlöslich, schwer abbaubar, unempfindlich gegen Hitze, Strahlung, UV-Licht, viele Desinfektionsmittel Erscheinungsform: spongiforme Encephalopathie !! Übertragung über Artgrenzen !! - Scrapie (Schafe) - BSE (Rinder) – seit 1985, Höhepunkt:1992 mit 37000 Fällen in GB - Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) (Menschen) - Kuru (Menschen) Papua-Neuguinea (Aufnahme: Essen und Schleimhäute) - Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom - Fatal familial insomnia (Schlaflosigkeit, Körpertemperatur, Hormonhaushalt) 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 32 16 COFAKTOREN (Coenzyme) Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie = Moleküle, die aktivierte Gruppen im Stoffwechsel übertragen ("Carrier"). Carrier ATP NADH und NADPH FADH2 und FMNH2 Coenzym A Liponsäureamid Thiaminpyrophosphat Biotin Tetrahydrofolsäure 29.04.2012 Biochemie für LW übertragene Gruppe Phosphorylgruppen Elektronen Elektronen Acetylgruppen Acylgruppen Aldehydgruppen CO2 C1-Einheiten I Unit 1 I Erika Staudacher 33 VITAMINE – wasserlöslich I meist Bestandteile von Coenzymen Thiamin (Vitamin B1) Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie In Thiaminpyrophosphat (Coenzym für Decarboxylasen und Transferasen) Vorkommen: Weizen (daher Problem in Ostasien – polierter Reis) Mangel: Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Beriberi (neurologisch und kardiovaskulär, Störungen der Herztätigkeit) Riboflavin (Vitamin B2) In Flavinadenindinucleotid (FAD) und Flavinmononucleotid (FMN); in der Atmungskette, Bestandteil von Oxidoreduktasen Vorkommen: Leber, Niere, Hering Mangel: Sehschwäche, Wachstumsstörungen Nicotinsäure (Niacin) In Nicotinamidadenindinucleotid (NAD), Vorkommen: Pilze, Hefe, Leber Mangel: Störungen des zentralen Nervensystems, Pellagra (Dermatitis, Diarrhoe) 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 34 17 VITAMINE – wasserlöslich II Pyridoxin, Pyridoxal (Vitamin B6) Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Als Pyridoxylphosphat-Coenzym; Vorkommen: Salat, Paprika, Hefe, Leber; Mangel: Störungen des Proteinaufbaus Pantothensäure Bestandteil von Coenzym A; Biotin (Vitamin H) An Carboxylasen gebunden; Vorkommen: Niere, Eigelb, Banane Folsäure Als Tetrahydrofolat, C1-Gruppentransfer Vorkommen: Leber, Hefe Mangel: verschiedene Anämien 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 35 VITAMINE – wasserlöslich III Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Cobalamin (Vitamin B12) Bestandteil von Transferasen, Ligasen und Mutasen; Vorkommen: Kalbsleber, Kalbsniere, Eigelb; in anaeroben Mikroorganismen! Mangel: Wachstums- und Konzentrationsschwäche Ascorbinsäure (Vitamin C) Cofaktor bei Hydroxylierungsreaktionen (Prolin im Kollagen) Vorkommen: Zitrusfrüchte, Kartoffel, Hagebutten Mangel: Schwächung des Immunsystems, Skorbut 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 36 18 FETTLÖSLICHE VITAMINE: Universität für Bodenkultur Wien Department für Chemie Retinol (Vitamin A) Bestandteil der Sehpigmente Wachstumsfaktor für Jungtiere Calciferol (Vitamin D) Calzium- und Phosphatstoffwechsel, Knochenbildung, α-Tocopherol (Vitamin E) Schutz ungesättigter Membranlipide vor Oxidation Vitamin K Blutgerinnung 29.04.2012 Biochemie für LW I Unit 1 I Erika Staudacher 37 19