Opicapon

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Pharmazeutische Chemie - Opicapon
Opicapon (Ongentys®)
Levodopa, die direkte biogenetische Vorstufe des Dopamins, ist nach wie vor der
Goldstandard in der Therapie des Morbus Parkinson. Die Catechol-O-MethylTransferase (COMT) ist neben der Dopa-Decarboxylase (DDC) das zweite
Schlüsselenzym im Metabolismus des Levodopas. Durch eine COMT-Hemmung wird
insbesondere die periphere Inaktivierung unterbunden und die Bioverfügbarkeit des
Levodopas erhöht. Letztlich resultiert eine gesteigerte Levodopa-Aufnahme ins
Gehirn. Die COMT-Hemmung durch entsprechende Inhibitoren hat sich zusätzlich
zur DDC-Hemmung als effektive Maßnahme erwiesen, um die LevodopaKonzentration im Gehirn signifikant zu steigern (Männistö und Kaakkola 1999, Tai
und Wu 2002, Bonifácio et al. 2007).
Abbildung 1:
der neue COMT-Hemmer Opicapon
Opicapon (Ongentys®) ist nach Tolcapon und Entacapon endlich ein weiterer, neuer
COMT-Inhibitor (Strukturformel s. Abbildung 1). Tolcapon (Tasmar®) war in 1997 der
erste Vertreter dieser Arzneistoffklasse, wurde aber bereits 1998 wegen seiner
Lebertoxizität teilweise sogar mit Todesfolge sowie anderer Organschädigungen
wieder vom Markt genommen (nicht in den USA) (Assal et al. 1998). Mittlerweile ist
Tolcapon aber wieder bei uns zugelassen, gilt aber wegen der Hepatotoxizität und
der damit verbundenen regelmäßigen Leberwertkontrollen nur als Mittel der zweiten
Wahl nach Entacapon (Fachinformation Tasmar® 2015). Ersetzt wurde Tolcapon
durch das 1998 zugelassene und bereits erwähnte Entacapon (Comtess®), das als
Zusatz für Parkinson-Kranke zugelassen ist, die mit Levodopa plus DopaDecarboxylase-Hemmer (DDCI) (Benserazid oder Carbidopa) allein nicht klar
kommen (Fachinformation Comtess® 2015). Entacapon ist zusätzlich als FAM unter
dem Namen Stalevo® auch in einer Fixkombination bestehend aus Levodopa, dem
DDCI Carbidopa und eben Entacapon erhältlich (Strukturformeln Entacapon und
Tolcapon s. Abbildung 2).
Abbildung 2:
die beiden bisher bekannten COMT-Hemmer mit Zulassung:
Entacapon (Comtess®) seit 1998;
Tolcapon (Tasmar®) Zulassung 1997, Marktrücknahme wegen lebensbedrohlicher Lebertoxizität 1998, mittlerweile wieder zugelassen.
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Der neue COMT-Hemmer Opicapon besitzt ein ähnliches Anwendungsgebiet. Auch
dieser darf nur als Zusatztherapie bei Parkinsonpatienten mit motorischen „End-ofdose“-Fluktuationen, die eine Kombination aus Levodopa und DDCI erhalten und bei
denen mit dieser Zweier-Kombination keine Stabilisierung erreicht werden kann,
eingesetzt werden. Ein deutlicher Nachteil des Entacapons ist, dass es sehr häufig
eingenommen werden muss, bei jeder Levodopa/DDCI-Gabe bis hin zu einer
Maximaldosis von zehnmal täglich einer 200mg-Filmtablette (Fachinformation
Comtess®
2016).
Die
Ongentys®-Hartkapseln
werden
demgegenüber
compliancefördernd nur einmal täglich vorzugsweise beim Zubettgehen mindestens
eine Stunde vor oder nach der Levodopa-DDCI-Kombination eingenommen
(Fachinformation Ongentys® 2016). Im Vergleich zur Einnahme ohne Mahlzeit,
verringert die Einnahme zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit die
Bioverfügbarkeit signifikant (Almeida et al. 2013).
Die Catechol-O-Methyl-Transferase kommt sowohl ubiquitär in der Peripherie als
auch im Gehirn vor. Sie tritt in zwei Formen auf, in der Peripherie liegt vor allem die
lösliche Form S-COMT vor, im Gehirn dagegen dominiert die membrangebundene
Form MB-COMT. Die COMT ist ein Mg2+-abhängiges Enzym, das unspezifisch die
Methylierung der 3‘-Hydroxyl-Gruppe des Catechol-Ringes und damit die
Inaktivierung biologisch aktiver, aber auch potentiell toxischer Catechol-Derivate oder
anderer hydroxylierter Substanzen katalysiert (s. Abbildung 3). Als Methyl-GruppenDonor und Kofaktor fungiert S-Adenosyl-Methionin, das durch den Methyl-Transfer
zum S-Adenosyl-Homocystein wird. Substrate der COMT sind u.a. Levodopa,
Catecholamine wie Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin und ihre hydroxylierten
Metaboliten sowie Ascorbinsäure (Männistö und Kaakkola 1999, Tai und Wu 2002,
Bonifácio et al. 2007).
Abbildung 3:
die allgemeine COMT-Reaktion:
Der COMT-katalysierte Transfer einer Methyl-Gruppe vom Kofaktor SAdenosyl-Methionin auf die 3‘-Hydroxyl-Gruppe eines Catechol-Substrates
Für den Fall der Gabe einer Kombination bestehend aus Levodopa und einem DDCI
ist für das Levodopa der Metabolisierungsweg über die Dopa-Decarboxylase zum
Dopamin blockiert. Dadurch wird die COMT für das Levodopa zum wichtigsten
metabolisierenden Enzym, das dessen Inaktivierung sowohl im Gehirn als auch in
der Peripherie zum 3-O-Methyldopa katalysiert (s. Abbildung 4A) (Bonifácio et al.
2007, Fachinformation Ongentys® 2016). Anders als Tolcapon, das die Blut-HirnSchranke überwindet und die COMT sowohl in der Peripherie als auch im Gehirn
hemmt, ist das neue Opicapon genauso wie Entacapon ein lediglich peripher
wirksamer COMT-Hemmer, der nicht ins Gehirn vordringt.
Allerdings erhöht Opicapon bei Patienten, die Levodopa zusammen mit den
peripheren DDCI Carbidopa oder Benserazid einnehmen, signifikant die systemische
Levodopa-Exposition um etwa das Doppelte bei gleichen cmax-Werten und die
Levodopa-Exposition im dorsalen Striatum und der Substantia nigra um etwa das
1,4- bis 1,7-fache, reduziert gleichzeitig signifikant die Bildung des Levodopa2
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Metaboliten 3-O-Methyldopa und führt zu einem verbesserten Ansprechen auf das
Levodopa (s. Abbildung 4B) (Bonifácio et al. 2014 und 2015, Fabbri et al 2016,
Fachinformation Ongentys® 2016, Scott 2016).
Abbildung 4: A) Bei einer Levodopa/DDCI-Kombination wird der Dopa-Decarboxylase-Abbau des
Levodopas gehemmt. Dadurch kann der Abbau über die COMT entscheidend werden
und das in der Peripherie vorhandene Levodopa inaktivieren, so dass es kaum ins
ZNS gelangt.
B) Bei einer zusätzlichen Gabe eines peripheren COMT-Hemmers wie dem neuen
Opicapon wird dann auch dieser Abbauweg blockiert, Levodopa wird nicht mehr
vollständig peripher abgebaut und gelangt über die Blut-Hirn-Schranke ins ZNS.
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Die beiden bekannten COMT-Hemmer Entacapon und Tolcapon sowie das neue
Opicapon gehören strukturell zur selben Klasse innerhalb der vielen
Substanzklassen, die als COMT-Hemmer bekannt sind. Es sind NitrocatecholDerivate, die ihren Ursprung Ende der 1980er Jahre haben, als zwei Gruppen bei
Orion und Hoffman-La Roche unabhängig voneinander neue Serien disubstituierter
Catechole entwickelten, die an der ortho-Position einer der beiden Hydroxyl-Gruppen
eine elektronenziehende Gruppe besaßen (s Abbildung 5).
Abbildung 5:
Nitrocatechole als COMT-Hemmer
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Einer der ersten Nitrocatechol-Inhibitoren der ersten Generation war 3,5Dinitrocatechol (OR-486), dessen inhibitorische Aktivität mit IC50 = 12nM zwei bis drei
Zehnerpotenzen größer ist als die der bis dahin bekannten Pyrogallol- und CatecholInhibitoren (Bäckström et al. 1989, Bonifácio et al. 2007). Aus Struktur-WirkungsAnalysen weiß man, dass die ortho-ständige Nitro-Gruppe essentiell für eine große
Inhibitor-Aktivität ist.
Nachfolgende Entwicklungen konzentrierten sich dann auf den Austausch der
zweiten, entfernter von den Hydroxyl-Gruppen positionierten Nitro-Gruppe, um vor
allem die pharmakokinetischen Eigenschaften zu verbessern. Insbesondere
Arylketone und Vinyl-Derivate rückten in den Focus (Bäckström et al. 1989, Borgulya
et al. 1989). So entstanden die COMT-Inhibitoren der zweiten Generation. Das
Arylketon Tolcapon sowie das Cyanovinyl-Derivat Entacapon gehören zu dieser
zweiten Generation, die mit einer hohen Affinität (subnanomolare K i) vollständig
reversibel an die COMT binden und keine Aktivität zu anderen Enzymen des
Catecholamin-Metabolismus besitzen (Prous et al. 1994, Borguly et al. 1991, Lotta et
al. 1995). Entacapon ist das reine E-Isomer (das Z-Isomer kann nur als aktiver
Hauptmetabolit nachgewiesen werden) und ein ausschließlich peripher wirksamer
COMT-Hemmer, der zwar eine große inhibitorische Aktivität besitzt, aber
gekennzeichnet ist durch eine sehr kurze Wirkdauer, die sich in den sehr kurzen
Dosirungsintervallen von bis zu zehnmal täglichen Gaben wiederspiegelt. Zudem
werden für therapeutische Effekte sehr hohe Dosierungen nötig (bis zu 10 x 200mg)
(Keranen et al. 1994). Die Effektivität und Wirksamkeit des Entacapons wurde
mehrfach in Frage gestellt (Parashos et al. 2004).
Im Gegensatz zum Entacapon ist das neuerdings wieder verfügbare, aber wegen
seiner Hepatotoxizität hinter Entacapon nur als zweite Wahl anzusehende Tolcapon
ein equipotenter Hemmer sowohl der peripheren S-COMT als auch der zentralen
MB-COMT und besitzt zudem eine längere Wirkdauer als Entacapon.
Lange Jahre war also Entacapon mit seiner kurzen Wirkdauer, seinen hohen
Dosierungen insbesondere wegen der schlechten peroralen Bioverfügbarkeit der
einzige in der Parkinson-Therapie einsetzbare COMT-Hemmer.
Opicapon, ein hydrophiles und damit nur peripher wirksames Nitrocatechol der
dritten Generation, ist keine Weiterentwicklung der Zweitgenerationen-Hemmer
Entacapon und Tolcapon, sondern unabhängig davon entstanden. Untersuchungen
zeigten, dass der Prototyp der Drittgenerationen-Hemmer, das unsubstituierte 1,2,4Oxadiazolylpyridin-N-oxid-Derivat eine dem Tolcapon vergleichbare Aktivität besitzt
bei gleichzeitig verminderter Toxizität (Kiss et al. 2010). Intensive SARUntersuchungen wurden durchgeführt, um die gastrointestinale Absorption und die
Dauer der COMT-Hemmung zu verbessern und das geringe toxische Potential dieser
Substanzklasse beizubehalten. Es konnte gezeigt werden, dass Pyridin-N-OxidDerivate mit kleinen lipophilen Resten (wie beim Opicapon die Methyl-und ChlorSubstituenten) ein besseres inhibitorisches Profil aufweisen als die Inhibitoren der
zweiten Generation (Kiss et al. 2010, Kiss und Soares-da Silva 2014).
Opicapon besitzt eine sehr große Bindungsaffinität zur COMT. Der Opicapon-COMTKomplex besitzt eine Dissoziationskonstante im subpicomolaren Bereich (K d =
0,19pM) (Rocha et al. 2013). Daraus resultiert eine starke Bindung ans Enzym und
eine sehr langsame Dissoziation vom Enzym, was zu einer deutlich verlängerten
Wirkdauer gegenüber den Zweitgenerationen-Hemmern Entacapon und Tolcapon
führt. Während für Entacapon die S-COMT-Aktivität (gemessen bei gesunden
Erwachsenen) 8 Stunden nach Entacapon-Gabe wieder ihr ursprüngliches Niveau
erreicht, dauert es beim Tolcapon schon 18 Stunden. Beim Opicapon dagegen
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dauert die S-COMT-Hemmung länger als 24 Stunden an. 24 Stunden nach der
letzten Opicapon-Applikation wird bei subtherapeutischen Dosierungen von 5 bis
30mg noch eine S-COMT-Hemmung von 42,8 bis 64,9% verzeichnet (Rocha et al.
2013). Bei einer therapeutischen Dosierung von 50mg pro Tag beträgt die S-COMTHemmung nach 24 Stunden immer noch über 90% und ermöglicht eine einmal
täglich Gabe (Fachinformation Ongentys® 2016). Dementsprechend stellt der
Drittgenerationen-COMT-Hemmer Opicapon mit einer einmal täglichen Applikation
einen therapeutischen Fortschritt gegenüber den Zweitgenerationen-Hemmern
Entacapon (Applikation bei jeder Levodopa-Gabe bis zu zehnmal täglich 200mg) und
Tolcapon (Applikation dreimal täglich 100mg) dar - gerade wenn man an die
Patientencompliance bei fortgeschrittenem Parkinson mit oftmals komplizierten und
häufigen Arzneimitteleinnahmen und -zeitpunkten denkt.
Die S-COMT-Hemmung durch Opicapon zeigt in vivo eine Halbwertszeit von etwa
100 Stunden und ist damit wesentlich länger als überhaupt Opicapon oder einer
seiner Metaboliten im Plasma nachgewiesen werden können (Rocha et al. 2013).
Durch die geringe Lipophilie des Opicapons, die schon ein Überwinden der Blut-HirnSchranke verhindert, scheint auch die gastrointestinale Resorption beeinträchtigt.
Opicapon weist lediglich eine Resorptionsquote von ca. 20% auf. Allerdings wird es
rasch resorbiert mit tmax-Werten von 1 bis 2,5 Stunden nach wiederholter Gabe. Die
Eliminationshalbwertszeit des Opicapons liegt bei nur 0,7 bis 3,2 Stunden
(Hauptmetabolit ist das inaktive Opicaponsulfat, weiterhin kommt es zu Methylierung
(COMT!), Glucuronidierung und Reduktion) (Fachinformation Ongentys® 2016).
Aufgrund der kurzen Halbwertszeit des Opicapons im Plasma, wonach es praktisch
nach acht Stunden komplett metabolisiert ist, wird noch einmal klar, dass die lange
Wirkdauer des Opicapons nicht das Resultat der langen Verweildauer im Kreislauf
ist, sondern tatsächlich auf den extrem langsam dissoziierenden Opicapon-COMTKomplex mit einer Halbwertszeit von ca. 100 Stunden zurückzuführen ist (Rocha t al.
2013).
Die katalytischen Eigenschaften sowie die Mechanismen der Hemmung der COMT
sind ausführlich untersucht worden (z.B. Chen et al. 2005). Es existieren zudem
einige Kristallstrukturen der COMT im Komplex mit Inhibitoren der ersten und
zweiten Generation (Ma et al. 2013).
Die 3-Nitrocatechol-Einheit ist über die drei Generationen der COMT-Hemmer
unverändert geblieben und essentiell für eine inhibitorische Wirkung, da sie die
Substratbindungsstelle besetzt und den Inhibitor dort quasi fest verankert.
Die Nitrocatechol-Einheit ragt tief in das aktive Zentrum der COMT und wird über
Wasserstoffbrückenbindungen zur Carboxyl-Gruppe der Glutaminsäure an Position
199 (Glu199) und zur Ɛ-Aminogruppe des Lysins an Position 144 (Lys144) fixiert (s.
Abbildung 6). Zusätzlich wird der Phenyl-Ring des Catechol-Systems über π-πWechselwirkungen mit dem Indol-Ringsystem des Tryptophans an Position 38
(Trp38) gebunden. Dieses Tryptophan ist für eine hohe Bindungsaffinität der
Catechole enorm wichtig, da z.B. schon eine einzelne Substitution des Tryptophans
durch ein Arginin die Affinität der Catechole um das 10- bis 1000-fache reduziert.
Das Mg2+-Ion wird über eine octahedrale Koordination im aktiven Zentrum fixiert.
Koordinative Bindungen bestehen zu drei Aminosäuren (die Asparaginsäuren
Asp141 und Asp169 sowie Asparagin Asn170) und einem Wassermolekül. Die zwei
freien Koordinationsstellen werden durch die beiden Hydroxyl-Gruppen des
Catechols besetzt (s. Abbildung 6). Somit sind nicht nur die betreffenden
Aminosäuren sondern auch das Mg2+-Ion für die Verankerung des Catechols im
aktiven Zentrum verantwortlich. Zusätzlich zur Fixierung des Substrates bzw. des
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Inhibitors hat das Mg2+-Ion noch eine weitere Funktion, indem es den pK s-Wert der
Lysin an Position 144 und des Catechols erniedrigt. Bei einem physiologischen pHWert von 7,4 wird die Ɛ-Aminogruppe des Lys144 deprotoniert vorliegen und als
normale katalytische Base fungieren und somit das Proton der räumlich
angrenzenden Catechol-3-Hydroxyl-Gruppe anziehen. Dieser Proton-Transfer von
der Hydroxyl-Gruppe des Catechols zur Ɛ-NH2-Gruppe von Lys144 ist der erste
Schritt innerhalb der enzymatischen O-Methylierung. Sobald die Hydroxyl-Gruppe
deprotoniert ist, greift das neu gebildete nucleophile Hydroxylat-Anion des Catechols
die elektrophile Methylsulfonium-Gruppe des Kofaktors S-Adenosylmethionin und der
Methyltransfer schreitet über einen SN2-Übergangszustand voran (s. Abbildung 6)
(Bonifácio et al. 2007).
Abbildung 6: Die Opicapon-Methylierung an der 3‘-Hydroxyl-Gruppe des Catechol-Teils durch die
COMT:
Auch der eigentlich reversible COMT-Inhibitor Opicapon ist eigentlich ein Substrat der
COMT und wird durch das Enzym methyliert.
Was macht aber nun den Unterschied zwischen einem gewöhnlichen CatecholSubstrat und einem Catechol-Inhibitor im aktiven Zentrum der COMT aus?
Es ist zum einen sicherlich die Stabilität der Bindung des Substrates bzw. Inhibitors
im aktiven Zentrum der COMT. Auch beim Opicapon wird durch die COMT und
deren Kofaktor S-Adenosylmethionin die 3-Hydroxyl-Gruppe des Catechol-Ringes
methyliert. Allerdings schreitet diese Reaktion beim Opicapon sehr langsam voran,
die Dissoziation des inaktiven O-methylierten Opicapons aus dem aktiven Zentrum
der COMT ist nochmals viel langsamer, so dass das Enzym für eine lange Zeit quasi dauerhaft - blockiert ist. - Trotzdem bleibt festzuhalten: auch die NitrocatecholHemmer der COMT und auch das Opicapon sind nach wie vor Substrate der COMT,
die genauso methyliert werden wie z.B. das Levodopa (s. Abbildung 6). - Nach
Dissoziation des Produktes, also des methylierten Opicapons, liegt die COMT nicht
in einem funktionsfähigen Zustand vor. Nach Transfer der Methyl-Gruppe muss der
demethylierte Kofaktor, das S-Adenosylhomocystein durch einen neuen Kofaktor,
das S-Adenosylmethionin ersetzt werden, bevor der katalytische Zyklus des Enzyms
komplettiert ist. Dieser Austausch des Kofaktors dürfte relativ langsam ablaufen, da
der Kofaktor tief im Enzym lokalisiert ist und eine umfangreiche dreidimensionale
Konformationsänderung des Enzyms erforderlich ist. Es wird vermutet, dass solange noch zirkulierendes Opicapon vorhanden ist - dieses wieder viel schneller an
das verbrauchte und noch nicht regenerierte Enzym bindet als der Austausch des
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Kofaktors stattfindet. Ein solcher ternärer Opicapon-COMT-S-AdenosylhomocysteinKomplex wäre sehr stabil mit einer Dissoziations-Halbwertszeit von ca. 100 Stunden,
wäre aber nicht mehr katalytisch aktiv und hätte die Fähigkeit verloren,
Methylierungen durchzuführen (Bonifácio, et al 2012, Rocha et al. 2013).
Abbildung 6: Ein Nitrocatechol (blau) gebunden im aktiven Zentrum der COMT (rot):
Zunächst erfolgt ein Protontransfer von der zu methylierenden Hydroxal-Gruppe des
Nitrocatechols zur Ɛ-Amino-Gruppe des Lsyins144, das deprotoniert vorliegt und somit als normale Base fungiert. Durch den Transfer des Protons auf die Amino-Gruppe
resultiert ein nucleophiles Hydroxylat-Anion, das die räumlich benachbarte elektrophile
Methylsulfonium-Gruppe des Kofaktors S-Adenosylmethionin (grün) angreift, wodurch
nachfolgend der Methyltransfer über einen SN2-Übergangszustand abläuft.
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Für die Nitrocatechole ist es auf molekularer Ebene sicherlich zunächst die
zusätzliche Nitro-Gruppe am Catechol-Ring, die aus einem COMT-Substrat einen
COMT-Inhibitor macht. Einerseits führt die Nitro-Gruppe natürlich, wie oben bereits
erwähnt, durch eine H-Brücke zu einer zusätzlichen Fixierung des Inhibitors und
erschwert damit die Dissoziation des Inhibitors vom aktiven Zentrum.
Wichtiger aber scheinen die elektronischen Verhältnisse im Catechol-Ring des
Inhibitors zu sein. Die elektronenziehende Nitro-Gruppe scheint vermutlich durch
eine Delokalisierung der negativen Ladung des Hydroxylat-Anions dieses zu
stabilisieren und den Methyltransfer zu verlangsamen. Beim Opicapon scheint
zusätzlich der Oxadiazolpyridin-N-Oxid-Substituent die Reaktivität des HydroxylatAnions drastisch zu senken und zwar etwa in dem Maße wie es eine einfache
weitere Nitro-Gruppe an dieser Position des Catechol-Ringes macht (Lotta et al.
1992, Bonifácio et al. 2007). Denkbar ist natürlich auch unter Einbeziehung des
Oxydiazol-Ringes ein Tautomer des Opicapons, bei dem die Elektronendichte im
Catechol-Ring noch einmal deutlich verringert ist aufgrund einer 1,4-Chinonmethidartigen Struktur des Catechol-Ringes und einer möglichen Konjugation der
Doppelbindungen über alle drei Ringe (s. Abbildung 7).
Abbildung 7:
Opicapon (links) und sein mögliches Tautomer (rechts), bei dem die
Elektronendichte im Catechol-Ring aufgrund der p-chinoiden Struktur stark
reduziert ist.
Zusätzlich zur elektronenziehenden Nitro-Gruppe im Catechol-Ring spielt natürlich
auch die Seitenkette an Position 5 des Catechol-Ringes eine entscheidende Rolle für
die inhibitorische Aktivität einer Substanz. Beim Entacapon wird die vinylische
Seitenkette nur durch hydophobe Wechselwirkungen mit den sogenannten
„gatekeeper“-Aminosäuren, den beiden Tryptophanen Trp38 und 143, dem Prolin
Pro174 und dem Leucin Leu198, fixiert und der Catechol-Ring so in der richtigen
Orientierung gehalten. Es scheint plausibel, dass beim Opicapon der
Oxadiazolpyridin-N-oxid-Molekülteil
deutlich
stärkere
(elektrostatische)
Wechselwirkungen und Bindungen mit dem aktiven Zentrum (insbesondere auch
durch den elektrischen Dipol im Molekül, das N-Oxid) eingehen kann.
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