Im Wärmebild erkennt man die isolierenden Eigenschaften des Gefieders dieses brütenden Nymphensittich-Weibchens (Nymphicus hollandicus) sowie die hohe Oberflächentemperatur der bebrüteten Eier Wärmebildaufnahmen bei Papageien Heiner Müller & Daniel Neumann, Waldbreitbach Bei der Thermographie werden mit einer Wärmebildkamera nicht die üblichen Wellenlängen des sichtbaren Lichtes, sondern Strahlen im mittleren Infrarotbereich aufgezeichnet, meist in einem Wellenlängenbereich von 3,5 bis 14 µm. Allerdings kann eine thermographische Messung nicht durch eine Glaslinse erfolgen, Glas ist für Infrarotstrahlung unterhalb einer Temperatur von 600 °C undurchlässig. Daher werden in Wärmebildkameras Linsen aus dem Halbmetall Germanium verwendet. Die Thermographie ist ein Messverfahren, mit dem man die Oberflächentemperatur eines Objekts ermitteln kann. Es handelt sich vereinfacht gesagt um die Aufzeichnung der vom Aufnahmebereich abgegebenen Wärmestrahlen, die 158 PAPAGEIEN 5/2011 dann auf einem Monitor sichtbar gemacht werden. Dabei werden die kühleren Bereiche in verschiedenen Blautönen abgebildet, die wärmeren je nach abgestrahlter Wärme in unterschiedlich abgestuften Rottönen. Genutzt wird die Technik beispielsweise in der Baubranche, um Schwachstellen in der Wärmedämmung/Isolierung besser erkennen und darstellen zu können. In der Veterinärmedizin wurde diese Technik zunächst in der Zootiermedizin eingesetzt, vor allem bei großen Säugetieren. Entzündliche, vermehrt warme Bereiche können mittels der Wärmebildtechnik lokalisiert und nach Klärung der Ursache kann schnell eine Therapie eingeleitet werden. Bei dieser Vorgehensweise müssen die Tiere nicht gefangen und fixiert werden, um Veränderungen durch Abtasten festzustellen, eine erste Beurteilung kann aus der Distanz erfolgen. Dies ist besonders bei scheuen, nicht an ein Handling gewöhnten Tieren von großem Vorteil. Ein weiterer Einsatzbereich ist die Schwangerschaftsdiagnostik bei großen Säugern. Hier sind die Wärmebilder sehr hilfreich, da die Bauchdecke bei trächtigen Tieren im Bereich des Fetus (d.h. des Jungtiers im Mutterleib) wärmer ist. Im Bereich der Vogelmedizin ist die Thermographie bisher nicht etabliert. Wir führten die beigefügten Aufnahmen bei Papageien durch, um erste Eindrücke zu erhalten und eventuell dann daraus Anwendungsmöglichkeiten zu entwickeln. KRANKHEITEN Folgende Beispiele geben interessante Einblicke: Brütender Nymphensittich Auf dem Wärmebild eines brütenden Nymphensittich-Weibchens (Nymphicus hollandicus) erkennt man die isolierenden Eigenschaften des Gefieders sowie die Oberflächentemperatur der bebrüteten Eier. Die seitlich sichtbaren Eier lagen bis unmittelbar vor der Aufnahme unter dem brütenden Weibchen, um möglichst keine Verfälschung der Oberflächentemperatur zu erhalten. Die Temperatur der Oberfläche des Rumpfgefieders liegt zwischen 30 und 35 °C, während die Schwung-, Schwanz- und Haubenfedern nahezu Umgebungstemperatur haben. Der unbefiederte und damit weniger isolierte Augen- und Schnabelbereich ist deutlich wärmer. Die Temperatur der bebrüteten Eier liegt zwischen 36 und 38 °C. Bisher konnte man die Eitemperatur während der natürlichen Bebrütung nur über in künstliche Eier eingebaute Sensoren ermitteln. Deutlich erkennbar ist auch die Erwärmung des Brutsubstrats. Sie liegt in etwa demselben Bereich wie die Oberflächentemperatur des Rumpfgefieders. Verlässt das Weibchen das Nest zu Nahrungsaufnahme, Kotabsatz oder Brutwechsel mit dem Männchen, kommt es durch die Erwärmung des Untergrundes nicht Das Wärmebild zeigt deutlich die hohe Wärmestrahlung, die von den Wellensittich-Nestlingen (Melopsittacus undulatus) abgegeben wird sofort zur drastischen Abkühlung des Geleges, da dieser noch für eine kurze Zeit seine Restwärme abgibt. Wellensittichnestlinge Das Wärmebild zweier Wellensittichnestlinge (Melopsittacus undulatus) zeigt die hohe Wärmestrahlung, die von beiden Jungen abgegeben wird. Das kaum zur Isolation geeignete Dunengefieder lässt noch erhebliche Mengen an Wärme entweichen. Die Körperoberfläche erreicht zum Teil Temperaturen um 40 °C. Diese im Vergleich zu den meisten Säugetieren hohen Körpertemperaturen bei Vögeln stellen den Normalwert dar. Was man bei Nestkontrollen häufig beobachten kann, lässt sich mit Hilfe der Wärmebildtechnik einfach erklären. Die Jungtiere rücken zu einem Knäuel zusammen, um ihre gemeinsame Oberfläche zu verkleinern und dadurch weniger Energie in Form von Wärme zu verlieren. Diese eingesparte Energie kann schließlich zum Wachstum und damit zur schnelleren Entwicklung genutzt werden. Die Nestlinge von Papageien aus kälteren Klimaten besitzen zwecks besserer Isolierung ein dichteres Dunenkleid als solche aus tropischen Regionen. Ein Beispiel hierfür sind die Jungtiere der Keas (Nestor notabilis). Federkleid Graupapageien Das Wärmebild dieses Graupapageis (Psittacus erithacus) zeigt eine normale erhöhte Wärmestrahlung im Bereich der nackten Kopfpartien sowie im Schnabel und in den Füßen Die wichtige isolierende Funktion des Gefieders fehlt bei sich rupfenden Papageien. Während solche Vögel bei einer Haltung in Innenräumen mit üblicher PAPAGEIEN 5/2011 159 KRANKHEITEN Wohnraumtemperatur weniger Probleme mit der Aufrechterhaltung ihrer Körpertemperatur haben, kann dies bei einer Haltung in Außenvolieren vor allem in der kälteren Jahreszeit schwieriger sein. Hohe Wärmeverluste müssen über eine hohe Energiezufuhr, sprich hohe Futtermengen, ausgeglichen werden. Gelingt dies nicht, kommt es zu Unterkühlung und erhöhter Krankheitsanfälligkeit im Vergleich zu normal befiederten Artgenossen. Beim Wärmebild des Graupapageis (Psittacus erithacus) erkennt man, dass die nackte Gesichtshaut sowie die Füße die meiste Wärme abstrahlen. Auf der Aufnahme des rupfenden Tieres werden die hohen Wärmeverluste im Bereich der gerupften Areale deutlich. Die Isolierung fehlt im gesamten Brustbereich. Die Energiemengen, die dieses Tier bei einer Haltung bei niedrigen Temperaturen verlieren würde, kann man nur erahnen. Auf den Bildern der beiden Graupapageien fällt jeweils ein wärmerer Fuß auf. In beiden Fällen war dieser Fuß bis kurz vor der Aufnahme in Ruheposition ins Gefieder beziehungsweise an den Bauch gezogen. Auch hier wird schnell die Parallele zu Papageien klar, die bei tieferen Temperaturen häufiger als sonst mit eingezogenem Fuß auf dem Ast sitzen – ganz offensichtlich, um ihn zu wärmen und den Energieverlust zu minimieren. Das Wärmebild lässt deutlich den extremen Wärmeverlust im Brust- und Bauchbereich dieses gerupften Graupapageis erkennen, der für eine höhere Krankheitsanfälligkeit sorgt Zusammenfassung Bietet die Wärmebildtechnik derzeit noch kein routinemäßig einsetzbares Hilfsmittel in der Vogelmedizin, kann man damit jedoch interessante Einblicke in die Welt der Papageien bekommen, die dem bloßen Auge verborgen bleiben. Viele Beobachtungen lassen sich bestätigen oder einfach besser verstehen. Anschrift der Autoren: Tierarzt Heiner Müller Tierarzt Daniel Neumann In der Au 5 56588 Waldbreitbach Fotos: von den Autoren Abonnieren Sie jetzt Ihr WP-Magazin Das Jahres-Abo kostet einschließlich Porto und Versand € 24,– (im Ausland € 31,–). Schreiben Sie noch heute an den: Arndt-Verlag, Brückenfeldstraße 28, 75015 Bretten, Telefon 07252-957970 • Fax 0725278224 • E-Mail-Adresse: arndtverlag@aol. com • Internetshop: www.vogelbuch.com Unter allen Abonnenten wird auch 2012 wieder ein Gewinner gezogen, der mit einer Begleitperson seiner Wahl eine Woche lang die Ferieninsel Teneriffa besuchen darf – mit Eintritt in den Loro Parque! 160 PAPAGEIEN 5/2011