Das goldene Zeitalter – Der Goldene Schnitt und - Maphy

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Universität Potsdam
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Institut für Mathematik
Seminar Unterrichtsanlässe aus der Geschichte der Mathematik
Wintersemester 2011/2012
Ausarbeitung
zum Vortrag vom 27. Januar 2012
DAS GOLDENE ZEITALTER
DER GOLDENE SCHNITT UND SEINE ANWENDUNG
9. Juni 2012
Marcel Pietschmann
Studiengang: Master LG
Mathematik/Physik
1. Fachsemester
Martin Bünnig
Studiengang: Master LG
Mathematik/Physik
1. Fachsemester
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichtliches
1
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
2.1 Der Goldene Schnitt als Verhältnis in der Geometrie . . . . . . .
2.1.1 Algebraische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Mathematische Charakterisierung des Goldenen Schnittes
2.1.3 Goldene (geometrische) Gebilde . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Innere Teilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Äußere Teilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Goldener Zirkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Der Goldene Schnitt in Fibonaccis Folge . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Formel von Binet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 Diskussion der Formel von Binet . . . . . . . . . . . . .
3 Linearisierung der Potenzen von Φ
3.1 Linearisierung in der Mathematik . . . . . .
3.2 Besonderheit an der Linearisierung von Φ . .
3.3 Linearisierung von Potenzen anderer Zahlen
3.4 Nutzen für die Schule . . . . . . . . . . . . .
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2
2
2
3
4
5
5
7
8
10
11
12
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.
.
13
14
14
15
16
4 Didaktischer Kommentar
17
5 Fazit
18
Literaturverzeichnis
20
Anhang
20
A AB Gruppe 1 - Konstruktion
21
B AB Gruppe 2 - goldener Zirkel
23
C AB Gruppe 3 - Eigenschaften von Phi
24
1 Geschichtliches
1 Geschichtliches
Der Goldener Schnitt findet sich in vielen Bereichen der Natur, Architektur, Kunst und
sogar in der Literatur. Die Geschichte dieses besonderen Teilungsverhältnisses reicht bis
in die Antike zurück.
Der Pythagoreer Hippasos endeckte den Goldener Schnitt erstmalig bei seinen Untersuchungen am Fünfeck. Er entdecke damit die Inkommensurabilität der Diagonalabschnitte
zur ganzen Diagonale1 . Mathematikhistorisch ist dabei bemerkenswert, dass die Irrationalität damit nicht bei der Diagonalen im Einheitsquadrat entdeckt worden ist, sondern
am Fünfeck.
Die erste noch erhaltene Beschreibung des Goldener Schnitt stammt von Euklid (ca. 360 v.
Chr. – ca. 280 v. Chr.). Er entdeckte den Goldener Schnitt2 bei seinen Untersuchungen der
platonischen Körper und ebenfalls am Fünfeck. Für den späteren Hype um den Goldener
Schnitt ist wichtig zu wissen, dass die fünf platonischen Körper auch als „Sinnbilder für
die Schöpfung“ gesehen worden. Daraus lässt sich der Name für den Goldener Schnitt
im 14. Jahrhundert erklären. Aufgrund des reichhaltigen Vorkommens des Goldenen
Schnittes in und an den platonischen Körpern, wurde der Goldener Schnitt damals als
„Göttliche Teilung“ bezeichnet.
Die heutige Bezeichnung „Goldener Schnitt“ wurde erst durch den dt. Mathematiker
Martin Ohm im Jahre 1835 angeregt. Ab diesem Zeitpunkt enstand durch den Philosophen
Adolf Zeising ein Hype um den Goldener Schnitt, da Adolf Zeising die Existenz eines
Naturgesetzes der Ästhetik postulierte, das als Basis den Goldener Schnitt hat. Der
rumänischer Diplomat Matila Ghyka interpretierte den Goldener Schnitt sogar als
fundamentales Geheimnis des Universums. Verstärkt wurde diese Entwicklung durch die
Untersuchung von Gustav Theodor Fechner, der eine Präferenz bei Menschen für den
Goldenen Schnitt bei Rechtecken herausfand.
Heutzutage ist der Hype nicht mehr so drastisch. Immer wieder haben wissenschaftliche Untersuchungen, die sich direkt oder indirekt mit Goldener Schnitt beschäftigten,
interessante Fakten zusammengetragen. Dabei tauchte der Goldener Schnitt in immer
neuen und teils überraschenden Situationen auf. Es soll dabei auch kritisch angemerkt
werden, dass meist nicht gesichert ist, ob der Goldener Schnitt bei den Untersuchungen
eine wissenschaftlich gesicherte Tatsache ist oder einfach dass die Ergebnisse einfach
durch Zufall nahe dem Goldener Schnitt sind.
Zu dieser Schwierigkeit seien die Ergebnisse über die Gebrüder Grimm von J. Benjafield
und C. Davis in Beutelspacher et al. (1989, S.165) als Denkanregung empfohlen.
1
Er erkannte, dass die Teilung der Diagonalen kleine und grosse Abschnitte ergab, dabei steht der grosse
Abschnitt zur ganzen Diagonalen im gleichen Verhältnis wie der kleinere Abschnitt zum grösseren.
2
Euklid bezeichnete den Goldener Schnitt als „Teilung im äusseren und mittleren Verhältnis“.
1
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
2.1 Der Goldene Schnitt als Verhältnis in der Geometrie
Bei dem Goldenen Schnitt handelt es sich aus rein mathematischer Sicht um ein genau
definiertes Verhältnis. Dieses lässt sich über den geometrischen Zugang gut verstehen.
Dazu seien zwei zeitlich sehr distanzierte Definitionen angebracht.
Definition 2.1 (Euklid, 2. Buch der Elemente, 11. Satz): Eine gegebene Strecke so zu
teilen, dass das Rechteck aus der ganzen Strecke und dem Abschnitt dem Quadrat über
dem anderen Abschnitt gleich ist.
Definition 2.2 (Beutelspacher et al. (1989)): Sei AB eine Strecke. Ein Punkt S von AB
teilt AB im goldenen Schnitt, falls sich die größere Teilstrecke (M Major) zur kleineren
(m Minor) so verhält wie die Gesamtstrecke zum größeren Teil.
Die Definition von Beutelspacher et al., 1989 kann man sich wie folgt vorstellen:
S
A
m
M
B
Abbildung 1: Der Punkt S teilt die Strecke AB im Verhätlnis des Goldenen Schnittes.
Dabei ist M der Major und m der Minor.
2.1.1 Algebraische Betrachtung
Wir betrachten nun die hier graphisch verdeutlichten Verhältnisse als Brüche:
Sei a = AB = M + m:
a
M
=
M
m
am = M 2
(2.1)
In dieser Form wird auch die Formuliertung von Eklid deutlich, da hier die Fläche des
Quadrats über den Major gleich dem Rechteck aus der Gesamtstrecke und Minor ist.
Ersetzen wir nun a, um die charakteristische Gleichung (2.2) für den Goldenen Schnitt
zu erhalten.
(M + m)m = M 2
⇒
⇒
M
M2
+1−
=0
m
m
Φ2 − Φ − 1 = 0
2
(2.2)
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
Wie zu sehen, stellt Φ, also das Verhältnis M/m, die Lösung der quadratischen Gleichung
x2 − x − 1 = 0 dar. Es ergeben sich die beiden Lösungen
√
1+ 5
≈ 1, 618
(2.3)
Φ=
2√
1− 5
Ψ=
≈ −0, 618
(2.4)
2
Es lassen sich nun erste einfache Schlussfolgerungen festhalten:
Korollar 2.3: Seien Φ und Ψ aus (2.3) und (2.4). Dann gilt:
Φ =Φ+1
2
√
1
= 5
Φ
√
Φ−Ψ= 5
Φ+
1
= −Ψ
Φ
(2.5.a)
√
1
( 5 − 1)
=Φ−1=
Φ
2
(2.5.b)
(2.6.a)
Φ+Ψ=1
(2.6.b)
(2.7.a)
Φ · Ψ = −1
(2.7.b)
(2.8.a)
Beweis:
Die Eigenschaft (2.5.a) folgt sofort nach Umstellung der charakteristischen Gleichung
(2.2). Mithilfe dieser Eigenschaft lassen sich die Potenzen von Φ linearisieren, worauf wir
im Abschnitt 3 näher eingehen. (2.5.b) folgt ebenfalls aus (2.2) durch eine Multiplikation
mit 1/Φ. Folgerung (2.6.a) lässt sich durch
√
√
1
1+ 5
5−1 √
Φ+ =
+
= 5
Φ
2
2
zeigen, wobei wir (2.5.b) verwendet haben. (2.6.b) bis (2.7.b) ergeben sich durch einfaches
Nachrechnen. Schließlich ist (2.8.a) eine Folgerung aus (2.6.a) und (2.7.a).
2.1.2 Mathematische Charakterisierung des Goldenen Schnittes
Für eine mathematische Betrachtung hat der folgende Satz eine große Bedeutung, da
er eine Verbindung zwischen geometrischen Eigenschaften und Äquivalenzen zwischen
mathematischen Aussagen schafft.
Satz 2.4: Sei AB eine Strecke der Länge a und sei S eine Punkt dieser Strecke. Mit M
bezeichnen wir die Länge von AS und mit m die von SB. Siehe dazu Abbildung 1. Dann
sind die folgenden Aussagen gleichwertig:
(i)
S teilt AB im Goldenen Schnitt
3
(2.10)
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
M
m
(ii)
(iii)
M
m
2
(v)
a
m
=
M
m
(2.11)
+1
(2.12)
=Φ
(2.13)
=Φ+1
(2.14)
a
M
(iv)
=Φ
Der Beweis kann in Beutelspacher et al. (1989, S.19) nachgelesen werden.
2.1.3 Goldene (geometrische) Gebilde
Der Goldene Schnitt kommt in der Geometrie – und nicht nur da – sehr häufig vor. So
taucht der Goldener Schnitt beim regulären Fünfeck auf.
Satz 2.5: Sei F = P1 P2 P3 P4 P5 ein reguläres Fünfeck, dann gilt:
1. Je zwei Diagonalen, die sich nicht in einer Ecke von F schneiden, teilen einander
im Goldenen Schnitt.
2. Das Verhältnis der Länge einer Diagonalen zur Länge einer Seite ist Φ.
Auf den Beweis, der den Strahlensatz, Eigenschaften von regulären Fünfecken und
elementare geometrische Grundkenntnisse benötigt, verzichten wir aus Platzgründen.
Beutelspacher et al. (1989, S.33) führen den Beweis verständlich. Es lassen sich weitere
geometrische Beispiele finden, wo der Goldene Schnitt ein Ergebnis von Untersuchungen
ist. Für eine interessante und historische Überlegung empfehlen wir die Untersuchung an
Platonischen Körpern, die in Beutelspacher et al. (1989, S.50) dargestellt wird.
Es lassen sich jedoch auch spezielle geometrische Gebilde konstruieren, die den Goldenen
Schnitt als Konstruktionsidee beinhalten. So können die Seiten von einem Rechteck so
gewählt werden, dass sie im Verhältnis des Goldenen Schnittes stehen. Bei so einem
Goldenen Rechteck lässt sich ein Quadrat mit der Seitenlänge der kleinen Rechteckseite
abtrennen. Das Restrechteck ist wiederrum ein Goldenen Rechteck. Dieses Verfahren
lässt sich mit Dreiecken3 und Parallelogrammen ebenfalls durchführen, was zu sehr
interessanten Ergebnissen führt.
Goldenes Dreieck: gleichschenkliges Dreieck, Grundseite und Schenkel stehen im Goldenen Schnitt
Goldenes Rechteck: Seitenverhältnis der Rechteckseiten entspricht dem Goldenen Schnitt
◦
Goldener Winkel: ϕ = 360◦ − 360
≈ 137, 5◦
Φ
3
Solche Goldenen Dreiecke sind notwendigerweise gleichschenklig.
4
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
So lässt sich eine Goldene Spirale in ein Goldenes Rechteck, welches wie oben beschrieben
2ϕ
geteilt wird, einschreiben. In Polarkoordinaten erfüllt sie die Gleichung: r(ϕ) = Φ π . Für
Goldene Dreiecke lässt sich aussagen, dass sie immer einen Basiswinkel von 36◦ oder 72◦
haben. Diese Goldenen Dreiecke haben ebenfalls beim regulären Fünfeck eine Bedeutung.
Ein interessanten Gebilde ist der Goldene Winkel. Er ist dadurch definiert, dass der
Goldene Winkel zum Vollwinkel im Goldenen Schnitt steht. Durch die Eigenschaft, dass
Drehungen modulo des Vollwinkels äquivalent sind, können zwei Goldene Winkel definiert
werden: ϕ1 = 360◦ (2 − Φ) ≈ 137, 5◦ und ϕ2 = 360◦ (Φ − 1) ≈ 222, 5◦ . Durch die Tatsache,
dass bei jeder irrationanlen Zahl nie eine exakte Überdeckung erreicht wird, hat der
Goldene Winkel eine wirkliche Bedeutung in der Biologie. Betrachtet man die Anordnung
der Blätter längs eines Astes, so ist der Winkel zwischen zwei Blättern ungefähr der
Goldene Winkel. Damit wird erreicht, dass die Überdeckung der Blätter, welche die
Photosynthese behindert, in der Summe minimiert wird.
Quelle:Wikipedia (2012, Goldener Schnitt, im Abschnitt Goldener Winkel)
Abbildung 2:
Die Beispiele ließen sich fast endlos fortführen. Für eine weitreichende Übersicht seien
Walser (1996, Kapitel 3 und 6) und Beutelspacher et al. (1989, Kapitel 2 bis 5) empfohlen.
Doch nicht nur in der Geometrie kommt der Goldene Schnitt vor. So ist er aufgrund
seiner ästetischen Wirkung ein beliebtes Stilmittel in Kunst, Architektur, Musik und
sogar in der Literatur. Darüberhinaus hat er eine Bedeutung in der Informatik, Physik
und Biologie. Für eine nähere Erläuterung sind Walser (1996, Kapitel 8); Beutelspacher
et al. (1989, Kapitel 9 und 10) genannt.
2.2 Konstruktion
2.2.1 Innere Teilung
Abschließend zu diesem Abschnitten sollen noch Varianten zur Konstruktion des Goldenen
Schnittes betrachtet werden. EZunächst werden die Konstruktion für den „inneren
5
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
Goldenen Schnitt“ erläutern. Dabei ist der Grundgedanke die Konstruktion eines Punktes
S auf einer gegeben Strecke, der diese in Major und Minor teilt und somit im Goldenen
Schnitt. Wir werden die innere Teilung nach Euklid und das klassisches Verfahren
vorstellen. Die Konstruktion nach Euklid hat 3 Konstruktionsschritte:
1. Errichte über dem Punkt A eine Senkrechte der Länge a2 mit Endpunkt C.
2. Der Kreis vom Radius |CB| mit Mittelpunkt C schneidet die Verlängerung der
Strecke AC in einem Punkt D.
3. Der Kreis um den Punkt A mit dem Radius |AD| teilt nun die Strecke AB im
Verhältnis des Goldenen Schnittes.
Es ergibt sich damit das folgende Konstruktionsbild:
C
A
S
B
D
Abbildung 3: Innere Teilung nach Euklid
Der Beweis ist leicht geführt.
Beweis:
Es ergibt sich nach Pythagoras:
√
a 5
|CD| = |CB| =
2
Also ergibt sich:
√
√
a 5 a
a( 5 − 1)
a
− =
=
|AS| = |DA| = |DC| − |CA| =
2
2
2
Φ
Es folgt somit:
|AB|
a
=
=Φ
|AS|
(a/Φ)
6
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
Die klassischen Konstruktion hat folgende Schritte:
1. Errichte auf der Strecke AB im Punkt B eine Senkrechte der halben Länge von
AB mit dem Endpunkt C.
2. Der Kreis um C mit dem Radius |CB| schneidet die Verbindung AC im Punkt D.
3. Der Kreis um A mit dem Radius |AD| teilt die Strecke AB im Verhältnis des
Goldenen Schnittes.
Es ergibt sich damit das folgende Konstruktionsbild:
C
D
A
S
B
Abbildung 4: klassische innere Teilung
Der Beweis ist analog zum obigen Beweis und kann in Beutelspacher et al. (1989, S.21)
nachgelesen werden.
2.2.2 Äußere Teilung
Die äußere Teilung konstruiert zu einer gegebene Strecke einen Punkt auf der Verlängerung
der Ausgangsstrecke. Der neue Punkt teilt die verlängerte Strecke zu der Ausgangsstrecke
im Goldenen Schnitt. Es existieren eine Vielzahl von Konstruktionen, von denen wir
die vom amerikanischen Künstler Georg Odom vorstellen wollen, die erst im Jahr 1982
gefunden worden ist.
1.
2.
3.
4.
Konstruiere ein gleichseitiges Dreieck.
Konstruiere den Umkreis, also den Kreis, der durch alle Ecken des Dreiecks verläuft.
Halbiere zwei Seiten des Dreiecks in den Punkten A und S.
Die Verlängerung von AS schneidet den Kreis im Punkt B. S teilt AB im Verhältnis
des Goldenen Schnittes.
7
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
Z
C
X
A
a
S
2a
b
B
Y
Abbildung 5: Äußere Teilung nach dem amerikanischen Künstler Georg Odom
Der Beweis kann ebenfalls bei Beutelspacher et al. (1989, S.23) nachgelesen werden und
beruht auf dem Strahlen- und Sehnensatz.
Darüberhinaus existieren ein Vielzahl weiterer Konstruktion nach Innerer und Äußerer
Teilung. Eine Auswahl bieten Beutelspacher et al. (1989, S.21ff); Walser (1996, S.33ff);
Wikipedia (2012, Konstruktionen mit Zirkel und Lineal).
2.2.3 Goldener Zirkel
Ein einfaches und komfortables Hilfsmittel zur Konstruktion von Goldenen Schnitten ist
der Goldene Zirkel. Das Grundprinzip eines solchen Zirkels ist das einfache Abtragen von
Minor und Major. Dabei kann der Zirkel für eine innere und eine äußere Teilung verwendet
werden. Die Funktionsweise beruht auf dem Prinzip, dass der Verbindungspunkt der
Zirkelschenkel die Schenkel im Goldenen Schnitt teilen. Wir wollen dieses Prinzip an einem
Beispiel erläutern. In der Abbildung 7 auf der nächsten Seite ist die schematische Skizze
eines Goldenen Zirkels dargestellt. Die Punkte P und Q teilen jeweils die gleichlangen
Schenkel AS und BS im Goldenen Schnitt. Weiterhin ist der Zirkel so konstruiert,
dass |P T | = |P A| und |QT | = |QB| gilt. Bei Beutelspacher et al. (1989, S.28) kann
nachgelesen werden, dass die Punkte A, T, B auf einer Geraden liegen. Dieser Nachweis
ist notwendig, da die Konstruktion des Zirkels dies nicht notwendigerweise voraussetzt.
Wir beweisen nun, dass der Punkt S die Strecke AB im Goldenen Schnitt teilt. Zunächst
sei festgehalten, dass |SP | = |QB| = |T Q| und |SQ| = |P A| = |P T | gilt. Sei nun a die
Länge der Schenkel, dann folgt aus:
|AP | =
|AS| (2.14) a
=
(Φ + 1)
Φ+1
8
(2.5.a)
=
a
Φ2
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
Quelle: Beutelspacher et al. (1989, S.26)
Abbildung 6: verschiedene Modelle eines Goldenen Zirkels
S
Q
P
A
T
B
Abbildung 7: schematische Skizze zum Goldenen Zirkel
9
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
und
(2.13)
|QB| =
a
|SB|
=
Φ
Φ
die Behauptung
|T B|
|QB|
=
= Φ.
|AT |
|AP |
2.3 Der Goldene Schnitt in Fibonaccis Folge
Im Jahr 1202 erschien das Buch Liber abaci von Fibinacci, in dem sich eine Aufgaben findet, die unter dem Namen „Kaninchenproblem“ bekannt ist. Hierbei wurde die
Nachkommenschaft eines Kaninchenpaares betrachtet. Dazu ging Fibonacci von drei
Annahmen aus:
1. Jedes Kaninchenpaar wird im Alter von 1 Monaten gebärfähig.
2. Jedes paar bringt (von da an) jeden Monat ein neues Paar auf die Welt.
3. Alle Kaninchen leben ewig.
Verbildlicht sieht diese Problemstellung wie folgt aus:
Abbildung 8: Hasennachkommen nach der Fibonacci-Folge
Die Gesamtzahl der vorhandenen Kaninchen lässt sich nun als Folge darstellen. Dabei
schreiten die Folgenglieder entsprechend den Monaten voran. Die Bildungsvorschrift
lässt sich so formulieren, dass jedes Folgenglied die Summe der beiden vorangehenden
10
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
Folgeglieder ist. Entscheidend ist hierbei noch, dass die ersten beiden Folgenglieder die 1
sind. Es ergibt sich somit die Folge fn mit den Folgegliedern
f1 = 1, f2 = 1, f3 = 2, f4 = 3, f5 = 5, f6 = 8 . . .
(2.15)
fn+2 = fn+1 + fn
(2.16)
Allgemein gilt also
Solche Folgen mit dieser Bildungsvorschrift werden allgemein als Lucas-Folgen bezeichnet.
Dadurch ist die Fibonacci-Folge eine Lucas-Folge mit den beiden Anfangsfolgegliedern
f1 = 1 und f2 = 1.
Der Zusammenhang zwischen der Fibonacci-Folge und dem Goldenen Schnitt besteht nun
darin, dass sich aus den Folgegliedern der Fibonacci-Folge eine Quotientenfolge bilden
lässt. Also die Folge xn der Form
xn =
fn+1
.
fn
(2.17)
Es lässt sich nun zeigen, dass diese Folge gegen den Grenzwert Φ, also den Goldenen
Schnitt, konvergiert. Es gilt daher:
lim xn =
n→∞
fn+1
= Φ.
fn
(2.18)
Der Beweis kann bei Beutelspacher et al. (1989, S. 94) nachgeschlagen werden. Die ersten
40 Folgenglieder sind im Anhang in der Tabelle 3 auf Seite 26 zu finden.
2.3.1 Formel von Binet
Ein weiterer bemerkenswerter Zusammenhang zwischen der Fibonacci-Folge und dem
Goldenen Schnitt ist die Formel von Binet. Mithilfe dieser können die Fibonacci-Zahlen
aus dem Goldenen Schnitt berechnet werden.
Satz 2.6 (Formel von Binet): Für die n-te Fibonacci-Zahl gilt mit f0 = 0:
√ !n #
√ !n
"
1+ 5
1− 5
fn =
−
2
2
n
n
= [Φ − Ψ ]
(2.19)
Beweis:
Wir folgen dem Beweis aus Lausch (2009, S.16, Satz 1.17). Wir führen eine Induktion
nach n durch. Mit
√
√
1−1
(1 + 5) − (1 − 5)
√
f0 = √ = 0, f1 =
=1
5
2 5
11
2 Mathematik des Goldenden Schnitts
folgt, dass die Formel für n = 0 und n = 1 gültig ist. Wir nehmen nun an, dass die
Binet-Formel für n − 2 und n − 1 richtig ist. Nach der Rekursionsformel (2.16) ist
Φn − Ψn
Φn−1 − Ψn−1 Φn−2 − Ψn−2
√
√
√
+
=
5
5
5
zu zeigen. Dabei reicht es zu zeigen, dass
Φn−1 + Φn−2 = Φn
und Ψn−1 + Ψn−2 = Ψn
gilt. Dies zeigen wir durch Nachrechnen:
√ !n−1
√ !n−2
1+ 5
1+ 5
n−1
n−2
Φ
+Φ
=
+
2
2
√
√ !n−2 "
#
1+ 5
1+ 5
+1
=
=
2
2
√ !n−2 
√ !2 
1+ 5
1
+
5 

=
=
2
2
(2.20)
√ !n−2 "
√ #
1+ 5
3+ 5
2
2
√ !n
1+ 5
2
= Φn
Analog für Ψn−1 + Ψn−2 = Ψn .
2.3.2 Diskussion der Formel von Binet
Es existieren weitere, teils sehr überraschende, Beweise von der Binet-Formel (siehe
dazu Lausch, 2009, S.18ff,S.31ff). Wir haben den Beweis für eine eventuelle schulische
Verwendung gezeigt. Das Bemerkenswerte ist, dass nach (2.19) eine natürliche Zahl als
Ergebnis herauskommt. Das Überraschende kommt von der Tatsache, dass Φ manchmal
auch als die „irrationalste Zahl“ bezeichnet wird. Dies liegt darin begründet, dass die
Kettenbruchdarstellung von Φ durch mehrmahliges Anwenden von (2.5.b)
(2.5.b)
Φ = 1+
1
1+
1
(2.5.b)
1
Φ
= 1+
1
1+
1+
1
=1+
1
Φ
(2.21)
1
1+
1+
1
1+
1
..
.
die „trivialste“ Darstellung ist. Dadurch überrascht es, dass eine so „komplizierte“ Formel
nur natürliche Zahlen produziert.
Die Formel von Binet kann noch weiter vereinfacht werden. Mit den Gaußklammern bxc
folgt:
Φn
1
fn = √ +
.
5 2
$
%
12
(2.22)
3 Linearisierung der Potenzen von Φ
Die Gaußklammern können für große n ebenfalls noch weiter vereinfacht werden. Als
gute Abschätzung folgt für die n-te Fibonacci-Zahl:
Φn
fn ≈ √
5
(2.23)
Die Fibonacci-Zahl fn ist die nächstgelegende ganze Zahl.
3 Linearisierung der Potenzen von Φ
Die Intension dieses Abschnitts ist die Untersuchung der Linearisierung von Φ mit dem
Ziel, dieses Prinzip zu verallgemeinern. Im Abschnitt 2 haben wir bereits gezeigt, dass
sich das Quadrat von Φ durch (2.5.a) und der Kehrwert durch (2.5.b) linearisieren lassen.
Mithilfe dieser Vorschrift können beliebige Potenzen von Φ umgeschrieben werden.
Beispiel 3.1: Berechne Φ4 − Φ−2 !
Es gilt:
Φ4 − Φ−2 =
(3.1)
1 1
·
Φ Φ
= (Φ + 1)(Φ + 1) − (Φ − 1)(Φ − 1)
= [(Φ + 1) − (Φ − 1)][(Φ + 1) + (Φ − 1)]
= 2 · 2Φ
= 4Φ
= Φ2 · Φ2 −
(3.2)
(3.3)
(3.4)
(3.5)
(3.6)
Durch mehrmaliges Anwenden von (2.5.a) und (2.5.b) und unter Benutzung von der 3.
Binomischen Formel, kann die Aufgabe gelöst werden.
Bei nähere Betrachtung lässt sich eine Gesetzmäßigkeit für die Linearisierung feststellen.
Dazu untersuchen wir die ersten Potenzen von Φ:
Φ1
Φ2
Φ3
Φ4
Φ5
Φ6
= 1 · Φ + 0 = f1 · Φ + f0
= 1 · Φ + 1 = f2 · Φ + f1
= 2 · Φ + 1 = f3 · Φ + f2
= 3 · Φ + 2 = f4 · Φ + f3
= 5 · Φ + 3 = f5 · Φ + f4
= 8 · Φ + 5 = f6 · Φ + f5
..
..
.
.
Es liegt die Vermutung nahe, dass die Potenzen von Φ sich durch die Fibonacci-Zahlen
linearisieren lassen.
13
3 Linearisierung der Potenzen von Φ
Satz 3.1: Für den Goldenen Schnitt (2.3) gilt mit den Fibonacci-Zahlen aus (2.15) und
f0 = 0:
Φn = fn · Φ + fn−1 ,
n∈N
(3.7)
Beweis:
Wir folgen dem Beweis aus Lausch (2009, S.17, Satz 1.18). Oben haben wir die Formel
(3.7) für n = 1, 2, 3, 4, 5, 6 gezeigt und damit ist Satz 3.1 dafür gültig. Für den Beweis ist
noch der Induktionsschritt zu zeigen. Nach Induktionsvoraussetzung gilt Φk = fk ·Φ+fk−1
und Φk+1 = fk+1 · Φ + fk . Eine Addition beider Gleichungen liefert:
Φk + Φk+1
= (fk + fk+1 )Φ + (fk−1 + fk )
Wenden wir nun Definition (2.16) der Fibonacci-Folge und die Erkenntis (2.20) aus dem
Beweis der Binet-Formel an, dann folgt:
Φk (Φ + 1) = Φk+2 = fk+2 Φ + fk+1 .
Die Formel für Ψ ergibt sich ebenfalls durch eine Induktion nach n.
3.1 Linearisierung in der Mathematik
Die Linearisierung ist ein effektives Hilfsmittel, um komplexe Sachverhalte zu beschreiben.
Funktionen, die analytisch schwer zu beschreiben sind, können in einer kleinen Umgebungen linearisierst werden, damit ein Zugang für eine nähere Untersuchung möglich
ist. In der Differentialgeometrie werden Flächen in kleinen Umgebungen als Ebenen
approximiert. In der Nummerik werden Verfahren entwickelt, die ohne Linearisierung
nicht möglich sind. Wesentlich für die Physik ist der Satz von Taylor, der Funktion um
einen Punkt linearisiert. Dies sind nur einige wenige Beispiele, die auf dem Prinzip der
linearen Abschätzung beruhen.
3.2 Besonderheit an der Linearisierung von Φ
Das Besondere an Φ und seinen Eigenschaften aus dem Korollar 2.3 ist das Gleichheitszeichen. Bei einer Linearisierung wird die Einfachheit der mathematischen Beschreibung
durch einen Fehler erkauft. Doch bei Φ können die Potenzen exakt und ohne Fehler
linearisiert werden.
Schüler neigen beim Potenzieren dazu den Exponenten als Faktor zu verstehen und
produzieren damit falsche Ergebnisse. Diese falsche Vorgehensweise wird zurecht als
Falsch geahndet und bestraft. Es wird von Lehrkräften meist mit den Kommentar
abgetant, dass solches Vorgehen mathematisch falsch ist. Doch ist die Linearisierung von
Φ ein schönes Gegenbeispiel dafür.
14
3 Linearisierung der Potenzen von Φ
3.3 Linearisierung von Potenzen anderer Zahlen
In einem forschenden Unterricht stellt sich bei der Untersung der Linearisierung von Φ
auf natürlicherweise die Fragen, ob Φ die einzige Zahl, die diese Eigenschaft hat. Dazu
wird die Gleichung:
x2 = x + n
(3.8)
mit den Parameter n ∈ N untersucht. Diese Gleichung hat die positive Lösung:
√
1 + 1 + 4n
xl (n) =
.
2
(3.9)
Die ersten sechs Zahlen sind in der Tabelle 1 aufgelistet. Im Anhang sind die ersten
200 Zahlen zu finden. Der Goldene Schnitt die erste nicht-triviale Zahl mit dieser
Eigenschaft.
Tabelle 1: Die ersten 6 Zahlen nach (3.9), siehe auch Tabelle 4 auf Seite 27
n
xl
0
1
2
3
4
5
6
1
1,61803399
2
2,30277564
2,56155281
2,79128785
3
m
1
2
Weitehin fällt auf, dass es auch ganze Zahlen gibt, die diese Gleichung (3.8) erfüllen.
Dabei durchläuft der Index-Abstand zwischen zwei ganzen Zahlen aufsteigend die geraden
Zahlen. Mathematisch ausgedrückt, gilt für den Abstand der m-ten und (m−1)-ten ganze
Zahl: ∆n(gm , g(m−1) ) = 2m. Um diese Tatsache zu beweisen, betrachten wir zunächst die
ganzen Zahlen. Dabei stellt sich heraus, dass es eine einfache Formel zur Berechnung der
m-te ganze Zahl existiert. Dazu nummerieren wir alle ganzen Zahl mit der Eigenschaft
(3.8) mit g1 , g2 , . . . , gi , . . . durch, dann folgt der
Satz 3.2: Für die m-te ganze Zahl gm gilt:
gm = xl (m(m + 1)) = (m + 1)
Der Beweis folgt durch einfaches Einsetzen.
15
(3.10)
3 Linearisierung der Potenzen von Φ
Beweis:
Aus (3.10) folgt, dass n = m(m + 1) ist. Setzen wir dies in (3.9) ein:
xl (n) =
1+

=
1 + 4(m(m + 1))
1
1+
2

=
q
2
s 4
1
1+2
2
s

1
+ m2 + m 
4
m+
1
2
2


1
(2m + 2)
2
=m+1
=
Mit diesem Satz können wir nun auch den Index-Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden ganzen Zahlen berechnen. Der Index-Abstand ∆n zwischen der m-ten und
(m − 1)-ten ganze Zahl ist:
∆n(gm , g(m−1) ) = m(m + 1) − ((m − 1)m)
= m2 + m − m2 + m
= 2m
Weiterhin sind andere Gleichungen interessant zu untersuchen. Die Frage nach der Lineariserung des Kehrwertes kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Durch diese zahlentheoretische
Fragen wird ein breites innermathematisches Feld der Forschung bereitgestellt, dass für
Schule spannende Impulse bietet.
3.4 Nutzen für die Schule
Für die Schule ist die Frage nach der Linearisierung ein interessantes Gebiet der mathematischen Forschung, das nur wenig mathematische Voraussetzung verlangt. Die
Fragestellung hat eine elementare mathematische Formulierung und einfach zu begreifende Problematik. Dies ist ein Beispiel für das Feld der Zahlentheorie. Das Besondere
ist, dass die Schülerinnen und Schüler mithilfe der quadratischen Lösungsformel selbst
die Lösung erkunden können. Die meisten zahlentheoretischen Forschungsfelder haben
eine komplexe mathematische Lösung, die nicht für die Schule geeignet ist. Durch den
Goldener Schnitt können die Schülerinnen und Schüler selbst mathematisch forschend
tätig werden.
16
4 Didaktischer Kommentar
4 Didaktischer Kommentar
Der Rahmenlehrplan4 der Sekundarstufe5 I und II stellt klar heraus, dass neben den
verschiedenen mathematischen Kompetenzen auch ein Bild der Wissenschaft „Mathematik“ vermittelt werden soll. Im RLP der SEK I6 ist dazu ein Fachprofil der Mathematik
gezeichnet. Der RLP der SEK I (2008, S.11) nennt dabei drei wichtige Aspekte der
Mathematik:
• Mathematik ist eine in vielen Bereichen anwendbare Wissenschaft. Mit mathematischen Strukturen lassen sich Probleme sowohl aus der Wissenschaft und Technik
als auch aus dem Alltag erfassen und lösen.
• Mathematik ist eine abstrakte, deduktiv argumentierende Strukturwissenschaft.
Die Mathematik erschafft und behandelt Objekte sowie Ideen eigener Art und
entwickelt Methoden, mit diesen umzugehen.
• Mathematik fördert einen Bereich menschlichen Denkens, in dem sich – ob im
Alltag oder in der Wissenschaft – die Kreativität und die Problemlösefähigkeit des
Einzelnen entfalten.
Beide Bereiche der Mathematik, das Abstrakte und das Anwenden, werden betont. Dies
soll dabei helfen, die Problemlösefähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu entwickeln. Es
bleibt also festzuhalten, dass auch die abstrakte Mathematik vermittelt werden soll. Als
Ergebnis sollen die Schülerinnen und Schüler verschiedene Fertigkeiten und Fähigkeiten
entwickeln, die helfen sollen Erscheinungen aus Gesellschaft, Natur und Kultur mithilfe
der Mathematik zu interpretieren. Die Mathematik soll in ihre Anwendung verstanden
werden, damit Phänomene verstanden und bewertet werden. Weiterhin soll die abstrakte
Mathematik (Mathematik als Struktur) mit ihrer Sprache, ihren Symbolen, Formeln und
bildlichen Darstellungen als geistige Schöpfungen verstanden werden und diese zugleich
weiterentwickelt werden. Schließlich sollen diese Fähigkeiten gebündelt werden und im
Modellieren ihren Abschluss finden. Der RLP nennt diese die „Kreativität im Umgang
mit Mathematik“ (vgl. dazu RLP der SEK I, 2008, S.11).
Für den Unterricht bedeutet dies, Zugänge und Methoden zu entwickeln, die diese Anforderungen umsetzen. Wir denken, dass mit Mithilfe des Goldenen Schnitts verschiedene
geforderten Fertig- und Fähigkeiten gefördert werden. Zugleich werden verschiedene
fachbezogene Kompetenzen und prozessbezogene Standards erfüllt. Dabei bietet der
Goldener Schnitt eine Vielzahl an Möglichkeiten an Themen des Unterrichts anzuknüpfen.
Eine direkte Behandlung wird im RLP nicht gefordert, jedoch ein Lebensweltbezug des
Mathematikunterrichts. Der Goldener Schnitt stellte einen solchen Bezug her. In der
Tabelle 2 werden wir kurz darlegen, welche Themen und Inhalte mit dem Goldener
Schnitt bereichert werden können.
4
Im Folgenden nur noch kurz mit „RLP“ bezeichnet.
Im Folgenden nur noch kurz mit „SEK“ bezeichnet.
6
Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg, 2008.
5
17
5 Fazit
Tabelle 2: Themen und Inhalte für den Goldenen Schnitt
Jahrgang
Thema/Inhalt
Leitidee
Verwendung
7/8
Mit Variablen, Termen
und Gleichungen
Probleme lösen
Zahl
Lösung inner- und
außermathematische
Probleme mithilfe
Variablen und
Gleichungen
Reale Situationen mit
linearen Modellen
beschreiben
Funktionaler
Zusammenhang,
Zahl
Mathematisierung der
Fibonnaci-Folge &
Goldener Schnitt
Ebene Figuren
konstruieren und
berechnen
Messen, Raum
und Form
Entdecken & Erkunden
von Eigenschaften
ebener Figuren
Neue Zahlen entdecken
Zahl
Erkundung &
Begründung irrationalen
Zahlen, Verständnis
durch
Näherungsverfahren
9/10
Im Seminar haben wir mithilfe der Arbeitsblätter probiert diese Aspekte zu berücksichtigen. Die Intension der Arbeitsblätter ist ein Durchdringen der Materie um ein Gefühl für
den Goldener Schnitt zu erlangen. Die Arbeitsblätter sind im Anhang auf den Seiten 21
bis 24 zu finden.
5 Fazit
Es bleibt festzuhalten, dass das Thema „Goldener Schnitt “ ein Vielzahl von Mölichkeiten
für eine unterrichtliche Verwendung bietet. Von geometrischen Überlegungen, über
zahlentheoretische Untersuchungen bis zur Erkundung der Natur und Umwelt ist ein
breites Spektrum an Anknüpfungspunkten vorhanden. Der RLP fordert keine explizite
Verwendung des Goldenen Schnittes, jedoch eignet er sich7 aufgrund der einfachen
mathematisch und geometrisch ersichtlichen Eigenschaften für eine Verwendung im
Unterricht. Die gesellschaftliche Bedeutung des Goldenen Schnittes legitimiert ebenfalls
eine Behandlung. Der Goldener Schnitt war und ist Gegenstand medialer Dokumentation
und erreicht dadurch die Schülerinnen und Schüler auch außerhalb der Schule. Ein
weltnaher Mathematikunterricht knüpft an den Lebenserfahrungen der Schülerinnen und
7
Zumindestens für geometrische Betrachtungen
18
5 Fazit
Schüler an und behandelt diese fundiert mathematisch. Der Goldener Schnitt ist aufgrund
der genannten Gründe eine vielschichtige Möglichkeit diese Forderung zu erfüllen.
19
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis
Barzel, B., Büchter, A. und Leuders, T. (Aug. 2007): Fachmethodik: Mathematik-Methodik:
Handbuch für die Sekundarstufe I und II. Cornelsen Verlag Scriptor.
Beutelspacher, A. und Petri, B. (1989): Der Goldene Schnitt. Mannheim, Wien, Zürich:
Bibliographisches Institut,
Büchter, A. und Leuders, T. (Feb. 2005): Praxisbuch - Mathematikaufgaben selbst entwickeln. Cornelsen Verlag Scriptor.
Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (2006): Rahmenlehrplan für
den Unterricht in der gymnasialen Oberstufe im Land Brandenburg. Mathematik. Hrsg.
von Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg. Rahmenlehrplannummer 403002.06.
Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (2008): Rahmenlehrplan für
die Sekundarstufe I Jahrgangsstufen 7 – 10. Mathematik. Hrsg. von Ministerium für
Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg. Rahmenlehrplannummer 303001.08.
Lausch, H. (Nov. 2009): Fibonacci und die Folge(n). Oldenbourg Wissenschaftsverlag.
Lengnink, K., Prediger, S. und Weber, C. (Aug. 2011): „Lernende abholen, wo sie stehen
– Individuelle Vorstellungen aktivieren und nutzen“. In: Praxis der Mathematik in der
Schule (PM), Jg. 53 (2011), Nr. 40, S. 2–7.
Leuders, T. (Aug. 2003): Fachdidaktik: Mathematik Didaktik: Praxishandbuch für die
Sekundarstufe 1 und 2. Cornelsen Verlag Scriptor.
Leuders, T., Hußmann, S., Barzel, B. und Prediger, S. (Feb. 2011): „Das macht Sinn! –
Sinnstiftung mit Kontexten und Kernidenn“. In: Praxis der Mathematik in der Schule
(PM), Jg. 53 (2011), Nr. 37, S. 2–9.
Walser, H. (Sep. 1996): Der Goldene Schnitt. Teubner Verlag.
Wikipedia (2012): Goldener Schnitt — Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. [Online; Stand
2. Mai 2012]. url: http : / / de . wikipedia . org / w / index . php ? title = Goldener _
Schnitt&oldid=102748120 (besucht am 02. 05. 2012).
Worobjow, N. (1954): Die Fibonaccischen Zahlen. Verlag der Wissenschaften.
Gesetzt mit LATEX
Anhang
20
A AB Gruppe 1 - Konstruktion
Geometrische Konstruktion zum goldenen Schnitt
Fertige in den folgenden Aufgaben entsprechend der angegebenen Schritte ein Konstruktion mit Zirkel und Lineal an und beweise jeweils im zweiten Teil, dass es sich wirklich
Goldenen Schnitt
um eine Teilung gemäÿ dem
handelt.
1 Innere Teilung nach Euklid (ca. 525 v. Chr.):
Die Strecke
AB
der Länge
a
soll gemäÿ dem
1. Errichte über dem Punkt
2. Der Kreis vom Radius
cke
AC
A
Goldenen Schnitt
eine Senkrechte der Länge
CB mit Mittelpunkt C
D.
a
2
geteilt werden.
mit Endpunkt
C.
schneidet die Verlängerung der Stre-
in einem Punkt
3. Der Kreis um den Punkt
hältnis des
A
mit dem Radius
Goldenen Schnittes
.
Konstruktion:
Beweis:
21
AD
teilt nun die Streke
AB
im Ver-
A AB Gruppe 1 - Konstruktion
2 Äuÿere Teilung nach George Odom (1982):
1. Konstruiere ein gleichseitiges Dreieck
2. Die Punkte
A
und
3. Die Mittelparallele
die Strecke
AB
im
S
∆XY Z
und den dazugehörigen Umkreis.
seinen die Mittelpunkte der Seiten
AS
XZ
und
schneidet den Umkreis in einem Punkt
Goldenen Schnitt
C
Y Z.
und
B,
so dass
teilt.
Konstruktion:
Beweis: Die Seitenlänge des Dreiecks
Hinweis: Der Sehnensatz besagt:
∆XY Z
sei hierzu
2a.
AS · CS = BS · DS
3 Worin besteht der Unterschied zwischen der inneren und
der äuÿeren Teilung?
22
S
B AB Gruppe 2 - goldener Zirkel
Der goldene Zirkel
1 Architektur, Kunst, . . .
Da dem Goldenen Schnitt eine überaus groÿe Harmonie innewohnt, ndet sich dieses
Verhältnis häug in der Architektur oder der Kunst wieder.
Aufgabe 1:
Suche die Zeichnungen mit Hilfe des goldenen Zirkels nach dem Goldenen Schnitt ab und
halte das, was dir auällt, in von dir angefertigten Skizzen der Bilder fest.
Aufgabe 2:
Nicht nur in Kunst und Architektur ndet sich der Goldene Schnitt wieder, sondern
auch in der belebten Natur, bei Panzen, Tieren und sogar dem Menschen. Nutze auch
hierzu wieder den goldenen Zirkel mit deiner Gruppe um Proportionen des menschlichen
Körpers auf den Goldenen Schnitt hin zu untersuchen.
23
C AB Gruppe 3 - Eigenschaften von Phi
Eigenschaften von Φ
Auf diesem Blatt wird es etwas theoretisch werden. Ihr sollt beweisen, dass die bereits
angesprochenen Eigenschaften von
Φ wirklich gültig sind. Dies ist von groÿer Bedeutung.
Die anderen Gruppen müssen eventuell bei ihren Aufgaben auf diese Eigenschaften zurückgreifen, dabei wissen sie jedoch nicht, ob sie dies so einfach dürfen. Sie haben die
Aussagen schlieÿlich nicht auf ihre Gültigkeit überprüft. Diesen wichtigen Job übernehmt
ihr.
Zur Erinnerung: Wir haben bereits gemeinsam einen Wert für
√
(1 + 5)
Φ=
≈ 1, 61803...
2
Aufgabe 1): Beweise die folgenden Aussagen über die Zahl
Eigenschaft 1):
Φ2 = Φ + 1
1
Eigenschaft 2): Φ
Eigenschaft 3):
=Φ−1=
Φ+
1
Φ
=
√
√
( 5−1)
2
5
24
Φ
ermittelt:
(1)
Φ.
C AB Gruppe 3 - Eigenschaften von Phi
Nachdem ihr erfolgreich die Gültigkeit der Eigenschaften von
Gruppen gezeigt habt, soll euer Umgang mit
Φ
Φ für eure und die anderen
und seinen Eigenschaften noch etwas
gefestigt werden.
Aufgabe 2):
Wie haben eine Strecke
AB
der Länge
a,
die in einem Punkt
S
gemäÿ dem Goldenen
Schnitt geteilt wird. Den so entstandenen gröÿeren Abschnitt bezeichnen wir mit
kleineren entsprechend mit
Stelle die Zahl
Φ+1
M , den
m.
als ein Verhältnis von Streckenabschnitten dar. Zu den Streckenab-
schnitten kann auch die Strecke selbst gehören.
Aufgabe 3):
Berechne
Φ4 − Φ−2 .
Nutze hierzu insbesondere die wichtige Erkenntnis aus der ersten
Aufgabe, dass du alle rationalen Ausdrücke in
kannst.
25
Φ
als lineare Ausdrücke in
Φ
schreiben
C AB Gruppe 3 - Eigenschaften von Phi
Tabelle 3: Die ersten 40 Fibonacci-Zahlen und Glieder Fibonacci-Quotientenfolge (2.17)
n
fn
fn+1
fn
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
1
1
2
3
5
8
13
21
34
55
89
144
233
377
610
987
1597
2584
4181
6765
10946
17711
28657
46368
75025
121393
196418
317811
514229
832040
1346269
2178309
3524578
5702887
9227465
14930352
24157817
39088169
63245986
102334155
1
2
2
1,667
2
1,625
1,615384615384620
1,619047619047620
1,617647058823530
1,618181818181820
1,617977528089890
1,618055555555560
1,618025751072960
1,618037135278510
1,618032786885250
1,618034447821680
1,618033813400130
1,618034055727550
1,618033963166710
1,618033998521800
1,618033985017360
1,618033990175600
1,618033988205320
1,618033988957900
1,618033988670440
1,618033988780240
1,618033988738300
1,618033988754320
1,618033988748200
1,618033988750540
1,618033988749650
1,618033988749990
1,618033988749860
1,618033988749910
1,618033988749890
1,618033988749900
1,618033988749890
1,618033988749900
1,618033988749890
26
C AB Gruppe 3 - Eigenschaften von Phi
Tabelle 4: Die ersten 200 Zahlen nach (3.9)
n
xl
n
xl
n
xl
n
xl
n
xl
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
1,61803399
2 = g1
2,30277564
2,56155281
2,79128785
3 = g2
3,1925824
3,37228132
3,54138127
3,70156212
3,85410197
4 = g3
4,14005494
4,27491722
4,40512484
4,53112887
4,65331193
4,77200187
4,88748219
5 = g4
5,10977223
5,21699057
5,32182538
5,4244289
5,52493781
5,62347538
5,72015325
5,81507291
5,90832691
6 = g5
6,09016994
6,17890835
6,2662813
6,35234996
6,43717104
6,52079729
6,60327781
6,68465844
6,76498204
6,84428877
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
6,92261629
7 = g6
7,07647322
7,15206735
7,22681202
7,30073525
7,37386354
7,44622199
7,51783442
7,58872344
7,65891053
7,72841615
7,79725976
7,86545993
7,93303437
8 = g7
8,06637298
8,13216876
8,19740216
8,26208735
8,32623792
8,38986692
8,45298686
8,51560977
8,57774721
8,6394103
8,70060973
8,76135582
8,82165849
8,88152731
8,94097151
9 = g8
9,05862138
9,11684397
9,17467579
9,2321246
9,28919792
9,34590301
9,40224691
9,45823643
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
120
9,51387819
9,56917857
9,6241438
9,67877988
9,73309266
9,78708781
9,84077085
9,89414711
9,94722181
10 = g9
10,0524866
10,1046864
10,156604
10,2082439
10,2596106
10,3107084
10,3615415
10,4121138
10,4624294
10,5124922
10,5623059
10,6118742
10,6612007
10,7102889
10,7591423
10,8077641
10,8561576
10,904326
10,9522725
11 = g10
11,0475116
11,0948101
11,1418983
11,1887792
11,2354553
11,2819293
11,3282039
11,3742816
11,4201648
11,4658561
121
122
123
124
125
126
127
128
129
130
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159
160
11,5113578
11,5566722
11,6018017
11,6467484
11,6915146
11,7361025
11,7805142
11,8247517
11,868817
11,9127122
11,9564392
12 = g11
12,0433964
12,0866302
12,1297033
12,1726175
12,2153745
12,257976
12,3004237
12,3427193
12,3848643
12,4268604
12,4687092
12,5104121
12,5519708
12,5933866
12,6346611
12,6757957
12,7167917
12,7576507
12,7983739
12,8389627
12,8794184
12,9197423
12,9599358
13 = g12
13,0399362
13,0797456
13,1194295
13,1589889
161
162
163
164
165
166
167
168
169
170
171
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199
200
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13,2769323
13,3160056
13,3549601
13,393797
13,4325172
13,4711218
13,5096118
13,5479884
13,5862523
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13,6624466
13,7003788
13,7382023
13,775918
13,813527
13,8510299
13,8884278
13,9257216
13,962912
14 = g13
14,0369864
14,073872
14,1106576
14,1473441
14,1839322
14,2204227
14,2568165
14,2931142
14,3293167
14,3654246
14,4014388
14,4373599
14,4731886
14,5089257
14,5445719
14,5801278
14,6155942
14,6509717
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