Diagnose: Lungenkrebs Patienten profitieren von zielgerichteten Therapien J edes Jahr erhalten über 50.000 Menschen in Deutschland die Diagnose Lungenkrebs. Bei eini­ gen von ihnen lässt sich ganz klar eine Schädigung des Lungenge­ webes, ausgelöst durch Schad­ stoffe in der Atemluft, erkennen. Dass Tabakrauch der größte Risi­ kofaktor für die Entstehung von Lungenkrebs ist, sollte hinrei­ 16 August 2015 chend bekannt sein. Aber auch andere chemische Substanzen, Ruß und Feinstäube sind Gift für unsere Atemwege. Sie können dazu führen, dass gesunde Zellen des Lungengewebes entarten und sich ein Tumor entwickelt. Außer­ dem dürfte es bei vielen Patienten eine genetische Veranlagung für Krebs geben. Sehr häufig lässt sich keine Ursache festmachen. Tatsache ist: Es kann letztendlich jeden treffen. In der frühen Phase einer Lun­ genkrebserkrankung sind Be­ schwerden eher selten. Daher wird die Erkrankung oftmals erst erkannt, wenn ein Husten verdächtig lang anhält, der Be­ Grafik: Alexandr Mitiuc/Fotolia.com Lungenkrebs, auch Lungenkarzinom oder Bronchialkarzinom genannt, ist eine der häufigsten Krebserkrankungen. Bei der Behandlung setzt man immer häufiger auf eine personalisierte Therapie, die genau auf den Tumortyp und sein genetisches Profil abgestimmt ist. Molekulare Tes­ tungen des Tumorgewebes, mit denen die Eigenschaften der Tumorzellen analysiert werden, machen es möglich, die optimale Therapie zu wählen. KREBS troffene über Atemnot mit Brust­ schmerzen klagt, permanente Heiserkeit und Schluckbeschwer­ den auftre­ ten oder allgemeine Krankheitszeichen wie Müdig­ keit, Knochenschmerzen, starker Gewichtsverlust auf eine ernst­ hafte Erkrankung hinweisen. Häufig ist der Krebs dann jedoch schon fortgeschritten, so dass die Atemwege bereits deutlich ge­ schädigt sind. Mitunter haben sich die Krebszellen auch schon in anderem Gewebe und weiteren Organen angesiedelt und soge­ nannte Metas­tasen gebildet. Verlässliche Untersuchungsver­ fahren zur Früherkennung von Lungenkrebs gibt es bislang nicht. Bei Verdacht auf Lungenkrebs wird zunächst der Brustkorb geröntgt oder eine Computer­ tomographie durchgeführt, um den Tumor und mögliche Toch­ tergeschwulste aufzuspüren. Eine sichere Diagnose liefert die Lun­ genspiegelung (Bronchoskopie). Dabei führt der Arzt über Mund und Luftröhre des Patienten ei­ nen Schlauch – medizinisch: En­ doskop – in die Atemwege. Mit speziellen optischen Geräten und einer Kamera können darüber nun das Innere der Lunge abge­ sucht und mit kleinen Geräten Gewebeproben aus der Bronchi­ enwand entnommen werden. Diese Gewebeproben werden an­ schließend unter dem Mikroskop untersucht. Denn wenn wirklich die Diagnose Lungenkrebs ge­ Neben dem Stadium der Erkran­ kung und der Tumorausdehnung spielt das Gewebe, aus dem sich die Tumorzellen entwickelt ha­ ben, ein Rolle. Ein weiteres wich­ tiges Kriterium, das beim Blick durchs Mikroskop offenbar wird, ist die Unterscheidung zwischen kleinzelligem und nichtkleinzel­ ligem Lungenkrebs. Kleinzelliger Lungenkrebs ist deutlich sel­ tener. Bei ihm ist das Risiko für Metas­ tasen besonders groß, so dass ein operativer Eingriff häufig keine großen Erfolgsaussichten hat. Deshalb kommt zu seiner Behandlung meist eine Kombi­ nation aus Chemotherapie und Bestrahlung zum Einsatz. Bei etwa 8 von 10 Lungenkrebspa­ tienten handelt es sich um ein nichtkleinzelliges Lungenkarzi­ nom. In einem frühen Krank­ heitsstadium kann es gelingen, den Tumor komplett herauszu­ operieren. Chemotherapie und Bestrahlung sind auch hier wei­ tere Behandlungsmaßnahmen. Für manche Patienten kommen außerdem neue, personalisierte Therapien in Frage. Sie werden GESUND & FIT Krebs entsteht, wenn gesunde Zellen „entarten“. Man spricht auch von einer Zellmutation. Bei diesen Zellen ist durch eine Genverän­ derung der normale Zellzyklus gestört, so dass sie sich unkontrol­ liert teilen. Anders als gesunde Zellen reagieren sie auch nicht mehr auf Signale für den sogenannten programmierten Zelltod. Dieses Kontrollsystem unseres Körpers sorgt normalerweise dafür, dass Zellen, die alt sind oder Schäden aufweisen, gezielt in den „Selbst­ mord“ getrieben werden. Krebszellen können sich also ungehindert vermehren und zunächst im umliegenden Gewebe ausbreiten. Sie können aber auch streuen und Tochtergeschwulste (auch Absied­ lungen oder Metastasen genannt) in anderen Geweben und Or­ ganen bilden. stellt wird, ist es für die weitere Therapie ganz entscheidend, die Art des Krebses möglichst genau zu bestimmen. RAUCHEN – HAUPTRISIKOFAKTOR FÜR LUNGENKREBS Tabakrauch ist schon seit langem als Hauptrisikofaktor für die Entwicklung von Lungenkrebs bekannt. Das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) im Robert Koch-Institut wertet regelmäßig die Daten zu den Krebserkrankungen in Deutschland aus. Diesen Daten zufolge sind rund 90 Prozent der Lungen­ krebserkrankungen bei Männern und mindestens 60 Prozent der Lungenkrebserkrankungen bei Frauen auf das aktive Rauchen zurückzuführen. Das Risiko ist umso größer, je mehr Zigaretten pro Tag geraucht werden, je früher mit dem Rauchen begonnen wurde und je länger insgesamt geraucht wurde. Wer jetzt mit dem Rauchen aufhört, kann sein persönliches Risiko schnell reduzieren: Nach fünf Jahren ist es schon um 60 Prozent, nach 15 bis 20 Jahren um bis zu 90 Prozent gesunken. Der Ausstieg aus dem Rauchen lohnt jederzeit. Informationen und Hilfestellungen zum Rauchstopp: www.rauchfrei-info.de, www.rauchertelefon.de. August 2015 17 seit einiger Zeit zur Behandlung verschiedener Krebsarten, da­ runter auch der nichtkleinzellige Lungenkrebs, mit gutem Erfolg eingesetzt. Personalisierte Krebstherapie Seit einiger Zeit stehen für die Be­ handlung des nichtkleinzelligen Lungenkrebses solche modernen Medikamente zur Verfügung, die bei bestimmten genetischen Ver­ änderungen wirksam sind. Davon können alle Patienten, bei denen solche Veränderungen nachge­ wiesen wurden, profitieren. Molekular­ biologischer Test Nach der Diagnose eines nicht­ kleinzelligen Lungenkarzinoms ist es also sinnvoll, bei allen Pati­ enten das genetische Profil ihres Tumors genauer zu untersuchen. Dazu muss eine Gewebeprobe entnommen werden. Häufig ist 18 August 2015 Gewebeproben werden auf Biomarker untersucht. Die Wahl der Krebsmedikamente richtet sich danach, welche Marker nachgewiesen wurden. Zur Behandlung des nichtkleinzelligen Lungenkrebses stehen bereits mehrere Medikamente zur Verfügung, die gezielt bei bestimmten genetischen Veränderungen eingesetzt werden. dies bereits bei der ersten Dia­ gnose im Rahmen einer Bron­ choskopie erfolgt. Diese Probe wird mikroskopisch untersucht und molekularbiologisch im La­ bor analysiert. Bei diesem mo­ lekularbiologischen Test geht es darum, bestimmte Biomarker nachzuweisen. Biomarker sind charakteristische Merkmale, z. B. bestimmte Zellen, Gene, Proteine oder Moleküle, die Rückschlüsse auf Gewebeeigen­ schaften und -veränderungen er­ möglichen. Zudem lässt sich mit Hilfe von Biomarkern erkennen, ob eine Therapie wirken wird. Beim nichtkleinzelligen Lungen­ krebs lassen sich bei über 40 Pro­ zent der untersuchten Patienten Bio­ marker nachweisen, die für die Wahl der Therapie von Be­ deutung sein können. Allerdings werden molekulargenetische Tu­ mortests bei Lungenkrebs heute noch nicht überall routinemäßig durchgeführt. Betroffene oder Angehörige sollten den behan­ delnden Arzt um Rat fragen. Die molekulare Diagnostik zur Untersuchung des genetischen Profils des Tumors und die darauf abgestimmte personalisierte Be­ handlung haben die Medizin im Kampf gegen einige Krebsarten bereits einen großen Schritt vo­ rangebracht. Die Forschung wird in diese Richtung weitergehen. Auch wenn damit der Diagno­ se Krebs noch längst nicht der Schrecken genommen ist, sollten alle Betroffenen und ihre Ange­ hörigen wissen, dass die Möglich­ keiten einer effektiven Behand­ lung immer besser werden. Informationen Weitere Informationen über Entstehung von Krebs, Diagnose von Lungenkrebs sowie Behandlungsmöglichkeiten finden Sie im Internet u. a. unter: • www.krebshilfe.de • www.krebsinformationsdienst.de • www.krebsgesellschaft.de • www.lungenaerzte-im-netz.de • www.lungenkrebs-testen.de • www.selbsthilfe-lungenkrebs.de Foto: Dmytro Panchenko/Fotolia.com Das Bestreben der modernen Krebstherapie ist es, möglichst effektiv die Tumorzellen zu zer­ stören, ohne dass gesunde Zel­ len beeinträchtigt werden. Dazu muss man verstehen, was eine ge­ sunde Zelle zur Krebszelle macht. Bei einigen Krebsarten, u. a. dem nichtkleinzelligen Lungenkarzi­ nom, ist es der Krebsforschung gelungen, einige der Genmuta­ tionen, die für das ungebremste Wachstum der entarteten Zellen verantwortlich sein können, zu identifizieren. Das macht nun eine gezielte Therapie möglich. Diese zerstört ganz spezifisch nur die Zellen, die durch die Genmu­ tation verändert, also zu Tumor­ zellen geworden sind.