Hilfe – Herzrisiko! Patienten-Handbuch zu Koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz 2 Hilfe – Herzrisiko! Patienten-Handbuch zu Koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz Inhalt Vorworte Sie stehen im Mittelpunkt _____________________________________________ Seite 4 Verbündete für Herzgesundheit _________________________________________ Seite 5 Kapitel Hilfe – Herzrisiko! Patienten-Handbuch zu Koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz 1 Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 Kapitel 5 7.000 Liter Blut pro Tag Herz und Gefäße – die Hochleistungsorgane ______________________________ Seite 6 Von Arterien und Venen _______________________________________________ Seite 12 Hat das Herz ein Geschlecht? _________________________________________ Seite 17 Bewegungsarmut, Stress, Rauchen ... Welche Gefahren lauern dem Herzen? __________________________________ Seite 18 Warnzeichen, Schmerzen, Infarkt Was ist eine KHK und wie erkenne ich sie? ______________________________ Seite 30 Infarkt: akute Gefahr fürs Herz ________________________________________ Seite 33 Erschöpfung, Atemnot, NYHA-Stadien Was ist eine Herzinsuffizienz? _________________________________________ Seite 36 Bewegung, Ernährung, Entspannung Was können Sie selbst tun? ___________________________________________ Seite 40 Rauchen: Aufhören senkt das Risiko ___________________________________ Seite 42 Setzen Sie sich in Bewegung __________________________________________ Seite 47 Weniger Gewicht – gesünderes Herz ____________________________________ Seite 50 Stress reduzieren: In der Ruhe liegt die Kraft ____________________________ Seite 59 Blutdruck kontrollieren _______________________________________________ Seite 62 So sorgen Sie für den Notfall vor _______________________________________ Seite 63 Hilfe – Herzrisiko! Patienten-Handbuch zu Koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz Risikominimierung Was kann der Arzt tun? _______________________________________________ Seite 66 Behandlung der KHK Fortschreiten bremsen _______________________________________________ Seite 74 Ballone und Umleitungen _____________________________________________ Seite 78 Behandlung beim akuten Herzinfarkt ___________________________________ Seite 83 Die Rehabilitation ___________________________________________________ Seite 84 Behandlung der Herzinsuffizenz Mehr Kraft für müde Pumpen _________________________________________ Seite 86 Was Sie selbst tun können ____________________________________________ Seite 88 Ein neues Herz ______________________________________________________ Seite 89 DMP – Disease-Management-Programm Behandlung mit System ______________________________________________ Seite 90 AOK-Curaplan Koronare Herzkrankheit __________________________________ Seite 94 Die persönliche Dokumentation ________________________________________ Seite 95 Glossar – die wichtigsten Fachausdrücke _____________________Seite 100 Stichwortverzeichnis ___________________________________________Seite 103 Impressum ______________________________________________________Seite 104 3 Inhalt Kapitel 6 Kapitel 7 Kapitel 8 Kapitel 9 Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes Hilfe – Herzrisiko! Verbündete für Herzgesundheit Es gibt Krankheiten wie zum Beispiel Schnupfen, die sind vor allem lästig. Obwohl man sich unmittelbar krank und angeschlagen fühlt, richten sie in der Regel keinen bleibenden Schaden an und sind nach ein paar Tagen überstanden. Eine Koronare Herzkrankheit (KHK) ist so ziemlich das Gegenteil davon. Sie kommt auf leisen Sohlen. Die Ursachen, nämlich Ablagerungen in den Gefäßwänden, bestehen meist jahrelang, ohne dass man irgendetwas davon bemerkt. Erst nach Jahren treten Symptome wie Herzschmerzen auf. Bei vielen kommt es auch ohne irgendeine Vorwarnung zu lebensbedrohlichen Situationen. Dann nämlich, wenn ein Herzinfarkt innerhalb von Minuten das ganze Leben infrage stellt. Die moderne Medizin hat große Anstrengungen unternommen, um diese Erkrankung in den Griff zu bekommen. Sie ist noch nicht am Ziel, aber sie ist ein großes Stück weiter. Man kennt heute viele Risikofaktoren, die zu den Gefäßablagerungen führen. Und man hat Medikamente dagegen entwickelt. Mindestens genauso wichtig wie die richtigen Arzneimittel ist aber die Eigeninitiative. Nur wem es gelingt, riskante Angewohnheiten wie das Rauchen in den Griff zu bekommen, kann sich optimal vor einem Voranschreiten der KHK schützen. Dazu braucht es Informationen, Kraft und gute Verbündete. Ein möglicher Verbündeter ist der Hausarzt. Er kann beispielsweise im Rahmen eines Disease-Management-Programmes dabei helfen, dass kein Risikofaktor übersehen wird. Er klärt auf und unterstützt mit Informationen zur Erkrankung. Mit ihm kann man Behandlungsziele vereinbaren und er kann einem bei der Erreichung dieser Ziele mit Rat und Tat zur Seite stehen. Natürlich verfügt das Gesundheitssystem auch über Spezialisten, die im Fall der Fälle wissen, was zu tun ist. Experten, die ein Herzkranzgefäß mit einem winzigen Ballon wieder öffnen können, oder Chirurgen, die am offenen Herzen mit haarfeinen Fäden Gefäßumleitungen einnähen. Besser jedoch, wenn es erst gar nicht so weit kommt, dass man deren Künste in Anspruch nehmen muss. Dieses zu verhindern, ist eine wesentliche Aufgabe der Hausärzte, unterstützt von Disease-Management-Programmen und nicht zuletzt Handbüchern wie dem, welches Sie gerade in Händen halten. Eine informative Lektüre wünscht Ihr Ulrich Weigeldt 5 Vorwort 6 1. Kapitel 7.000 Liter Blut pro Tag Herz und Gefäße – die Hochleistungsorgane Ulrich Weigeldt Facharzt für Allgemeinmedizin, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes 7.000 Liter Blut pro Tag Herz und Gefäße – die Hochleistungsorgane 7 Kapitel 1 Das Herz steht als Symbol für Liebe und Zuneigung. Medizinisch gesehen ist es vor allem eine Pumpe. Vier Kammern 8 Kapitel 1 Das Herz ist durch eine Scheidewand und zwei Herzklappen in vier Hohlräume gegliedert. Das menschliche Herz besteht vor allem aus Muskeln. Es befindet sich in der Mitte des Brustkorbs und hat eher die Form einer Mango als die jener stilisierten Herzen, die man auf Hochzeitskarten sieht. Schaut man in ein Herz hinein, so stellt man fest, dass es in mehrere Hohlräume gegliedert ist. Eine Scheidewand unterteilt eine rechte und eine linke Hälfte. Beide Hälften sind ähnlich aufgebaut. Jede ist obere Hohlvene Aorta D as Herz gilt schon seit jeher als besonderes Organ. Kein anderes ist so von Mythen umrankt. Es ist noch nicht lange her, da galt das Herz als Sitz der Seele und Gefühle. Redewendungen wie „herzlich willkommen“, „jemanden herzen“, „das Herz an jemanden verlieren“ oder „ein herzensguter Mensch sein“ sind bis heute erhalten geblieben. Und noch immer gilt ein stilisiertes Herz als Symbol der Liebe und Zuwendung. Die moderne Medizin und Wissenschaft hat diese Mythen ein wenig entzaubert. Sie sieht in unserem Herzen vor allem eine Pumpe, deren Arbeit sich auf vielfältige Weise beschreiben und überwachen lässt. Und trotzdem bleibt auch wissenschaftlich betrachtet noch genug Raum für Faszination. Denn auch wenn wir heute am offenen Herzen operieren können, gelingt es noch immer nicht, künstliche Pumpen zu bauen, die das Herz dauerhaft ersetzen. Kein Material der Welt hält jahrelang den Leistungen stand, die unser Herz tagtäglich vollbringt. Wussten Sie schon... ... dass das Herz jeden Tag ungefähr 7.000 Liter Blut pumpt? Das entspricht ca. 25 Badewannen. Lungenvene linker Vorhof Mitralklappe rechter Vorhof Aortenklappe linke Kammer Pulmonalklappe Trikuspidalklappe ... dass das Gewicht des Herzens nicht einmal ein halbes Prozent des Körpergewichts ausmacht (0,4 – 0,45 %)? ... dass eine Faustregel besagt, dass ein menschliches Herz mindestens so groß ist wie die geschlossene Faust seines Trägers? Lungenarterie untere Hohlvene rechte Kammer durch segelartige Herzklappen (Trikuspidalund Mitralklappe) in einen Vorhof und eine Herzkammer unterteilt. Insgesamt hat das Herz also vier Hohlräume. Die segelartigen Herzklappen wirken wie ein Rückschlagventil: Wenn das Herz sich zusammenzieht, schließen sich die Segelkappen und verhindern, dass das Blut in den Vorhof zurückläuft. Gleichzeitig öffnen sich jene Klappen, die sich an den Ausgängen der Herzkammern befinden (Pulmonal- und Aortenklappe), und lassen so das Blut in die Hauptschlagadern entweichen. Entspannt sich das Herz wieder, so verhindern sie, dass das gepumpte Blut aus den Schlagadern ins Herz zurückläuft. Die Ventile werden auch als Herzklappen bezeichnet. Sie sind dafür verantwortlich, dass das Blut nur in eine Richtung fließt. Sauerstoff für den Herzmuskel Wie alle Organe braucht auch das Herz Sauerstoff und Nährstoffe. Diese kann es aber nicht aus dem Blut holen, das sich in den Herzkammern befindet, weil es zu schnell fließt. Die Blutversorgung des Herzens geschieht vielmehr über Gefäße an seiner Außenseite. Weil diese Gefäße wie ein Kranz um das Herz herum angeordnet sind, spricht man auch von Herzkranzgefäßen oder Koronargefäßen. Zu ihnen gehören Arterien und Venen. Für die Herzgesundheit besonders wichtig sind die Herzkranzarterien. Zwei davon entspringen kurz hinter der Aortenklappe. rechter Vorhof linker Vorhof rechte Koronararterie linke Koronararterie rechte Kammer linke Kammer Ungefähr 5 % des Blutes, das vom Herz gepumpt wird, fließt in diese Herzkranzarterien und versorgt so den Herzmuskel. Leider leiden viele Menschen an Problemen mit den Herzkranzgefäßen. Wenn die Koronararterien beispielsweise durch eine Gefäßverkalkung verengt werden, kann es zu einem Sauerstoffmangel im Herzmuskel kommen. Dieser Sauerstoffmangel kann Herzschmerzen verursachen und sogar zum Absterben von Teilen des Herzmuskels führen. Herzerkrankungen, die durch Veränderungen der Koronargefäße verursacht werden, bezeichnet man als Koronare Herzkrankheit oder kurz KHK. weise am Handgelenk spüren können, ist nichts anderes als die Druckwelle, die durch das Zusammenziehen des Herzens in den Schlagadern erzeugt wird. Der Blutdruck besteht aber immer aus zwei Werten: Der obere Wert wird dann erreicht, wenn sich das Herz vollständig zusammenzieht. Die Mediziner nennen diese Phase der Herzarbeit Systole. Der untere Wert entspricht der völligen Entspannung des Herzmuskels. Die Mediziner nennen diesen Zustand Diastole. Die Hauptaufgabe des Herzens besteht darin, sich rhythmisch zusammenzuziehen und durch diese Kontraktionen das Blut durch den Körper zirkulieren zu lassen. Die Pumparbeit des Herzens ist auch für Puls und Blutdruck verantwortlich. Der Puls, den wir beispiels- Kapitel 1 10 Kapitel 1 Mit einem Stethoskop kann der Arzt einigen Herzkrankheiten auf die Spur kommen. Diastole: füllen Man kann es hören und fühlen Das Zusammenziehen und Entspannen des Herzens nehmen wir nur in Ausnahmesituationen bewusst wahr. Trotzdem sind die Bewegungen des Herzens am Brustkorb für uns selbst und andere deutlich fühlbar und akustisch wahrnehmbar. Mit einem Stethoskop kann ein geübtes Ohr sogar Details heraushören und manchen Herzkrankheiten auf die Spur kommen. Wenn man mit einem Stethoskop genau hinhört, kann man zwei Herztöne unterscheiden. Es klingt ungefähr wie: bumm, tack, bumm, tack, bumm, tack. Der erste Herzton, das Bumm, kommt zustande, wenn sich die Muskulatur der Herzkammer ruckartig zusammenzieht. Der zweite Ton, das Tack, entsteht dann, wenn die Arterienklappen schließen. Eventuell zusätzlich hörbare Geräusche können Hinweise auf Herzerkrankungen wie zum Beispiel Herzklappenfehler liefern. Wie schnell und wie kräftig das Herz schlägt, hängt davon ab, wie viel Sauerstoff und damit Blut von den Geweben benötigt wird. In Ruhe und im Schlaf arbeitet es mit durchschnittlich 70 Schlägen recht gemächlich und pumpt ungefähr 5 Liter pro Minute. Unter Belastung kann es problemlos einen Gang zulegen und seine Leistung auf ca. 25 Liter pro Minute steigern. Allerdings schafft es diese Leistung nicht auf Dauer. Wenn das Herz bis zum Hals schlägt Systole: Puls und Druck 9 pumpen Durch die Kontraktion des Herzens wird das Blut aus den Kammern in die Arterien gepresst. Entspannt sich das Herz, werden die Kammern aus den Vorhöfen wieder befüllt. Das Arbeitstempo des Herzens wird unter anderem vom Gehirn reguliert. Das geschieht normalerweise über spezielle Nervenbahnen. In manchen Situationen treibt das Gehirn das Herz sogar schon an, bevor ein erhöhter Sauerstoffbedarf besteht. Bei starken Gefühlen, zum Beispiel in Gefahrensituationen, geht es davon aus, dass bald viel Sauerstoff benötigt wird. Dann veranlasst das Gehirn die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe, die über den Blutweg das Herz antreiben. Einer dieser Botenstoffe ist Adrenalin. Adrenalin veranlasst das Herz zu besonders schnellen und starken Kontraktionen und lässt den Blut- druck steigen. In solchen Situationen kommt es dann vor, dass wir unser Herz bis zum Hals schlagen spüren; und wahrscheinlich ist dies der Grund dafür, dass es lange Zeit als Sitz der Gefühle erachtet wurde. In Wahrheit bereitet sich unser Körper mit diesem Antreiben des Herzens auf eine Flucht oder einen Kampf vor. Als die Menschen noch Jäger und Sammler waren, war das ein überlebenswichtiger Mechanismus, der in Stresssituationen über Leben und Tod entscheiden konnte. Heute sind lebensgefährliche Situationen zum Glück selten geworden und wir müssen kaum noch flüchten oder kämpfen. Unser Hirn reagiert aber immer noch genauso wie damals und treibt das Herz an. Diese zusätzliche und meist überflüssige Herzarbeit in Stresssituationen ist der Grund dafür, dass Stress heute meist schädlich für das Herz ist. Elektrische Steuerung Das Gehirn regelt zwar die Geschwindigkeit und die Kontraktionskraft des Herzens, es sendet aber nicht für jeden Herzschlag einen Nervenimpuls. Die elektrischen Impulse, die den Herzmuskel zum Zusammenziehen bringen, werden vom Herzen selbst erzeugt. Es sind spezielle Zellen innerhalb der Herzmuskulatur, die als Taktgeber fungieren. Dazu produzieren sie in regelmäßigen Abständen schwache elektrische Impulse. Andere Zellen haben sich auf die Weiterleitung der Impulse spezialisiert. Sie verteilen die Ströme im ganzen Herzmuskel. Die Folge der elektrischen Reizung ist dann ein Zusammenziehen des Herzmuskels, was auch als Kontraktion bezeichnet wird. Die elektrische Aktion des Herzens lässt sich mit empfindlichen Instrumenten auch außen am Körper messen. Das Resultat ist ein so- Mithilfe von empfindlichen Messgeräten lässt sich die elektrische Herzaktion in Form eines Elektrokardiogramms aufzeichnen. 11 Kapitel 1 12 Kapitel 1 Wussten Sie schon... ... dass das Herz ungefähr 5–10 % des von ihm gepumpten Blutes für seine eigene Versorgung benötigt? ... dass das Herz in Ruhe 50- bis 80-mal pro Minute schlägt, dass es diese Schlagfrequenz bei Belastung aber auf bis zu 200 Schläge pro Minute steigern kann? ... dass bei Säugetieren die Herzfrequenz von der Körpergröße abhängt? Das Herz der winzigen Etruskerspitzmaus schlägt 1.000-mal und das des Blauwals nur 6-mal pro Minute. ... dass das Herz von Kindern schneller schlägt als das von Erwachsenen? Bei Neugeborenen beträgt die Herzfrequenz 120–160 Schläge pro Minute. genanntes Elektrokardiogramm, das besser unter der Abkürzung EKG bekannt ist. Bei dieser häufig angewandten Untersuchung schreibt ein Zeiger, an dem ein Stift befestigt ist, die gemessenen elektrischen Impulse auf ein Millimeterpapier, das unter dem Stift hindurchgezogen wird. Dadurch entsteht eine zackige Linie auf dem Papier. Aus dem Verlauf dieser Linie kann ein Arzt viele Informationen über die Funktion des Herzens herauslesen. Er sieht zum Beispiel, ob es regelmäßig schlägt und ob sich die elektrischen Impulse korrekt im Herzmuskel ausbreiten oder ob ein Teil des Herzmuskels nicht richtig arbeitet. Von Arterien und Venen Wenn das Herz mit einer Pumpe vergleichbar ist, dann sind die Gefäße die Leitungen, durch die das Herz das Blut pumpt. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Sorten von Adern: Schlagadern und Venen. Als Schlagadern oder Arterien werden jene Gefäße bezeichnet, die vom Herzen wegführen. Die Adern, in denen das Blut in Richtung Herz fließt, heißen Venen. Die größte Arterie in unserem Körper ist die Aorta. Sie entspringt direkt aus der linken Herzkammer. Ihre ersten Abzweigungen sind die Herzkranzgefäße. Noch im Verlauf des Aortenbogens zweigen die Arterien ab, die den Kopf und die Arme versorgen. Nach dem Aortenbogen verläuft die Hauptschlagader mehr oder weniger gerade nach unten. Auf ihrem Weg gibt sie Zweige für die Versorgung der inneren Organe ab. Im Beckenbereich gabelt sie sich schließlich in zwei Äste, die die Beine versorgen. Dünner als ein Haar Alle Äste, die der Aorta entspringen, verzweigen sich immer mehr. Schließlich werden die Verästelungen so zart, dass man sie mit bloßem Auge nicht mehr sehen kann. Diese Gefäße, die viel dünner als ein Haar sind, nennt man Kapillaren. In ihnen fließt das Blut sehr langsam. Der langsame Fluss ermöglicht ihm den Austausch von Sauerstoff und Nährstoffen mit den umliegenden Zellen. Das Kapillarbett ist also der Ort, an dem das Blut seine wichtigste Aufgabe erfüllt: die Versorgung der Gewebe. Hat das Blut die Kapillaren durchflossen, gelangt es in die Venen. Diese vereinigen sich zu Venen mit immer dickerem Durchmesser und münden schließlich in die obere und untere Hohlvene. Über diese „Hauptvenen“ gelangt das Blut zurück zum Herzen, genauer gesagt in den rechten Vorhof. Von dort strömt es in die rechte Kammer und wird von ihr in die beiden Lungen gepumpt. Hier durchfließt das Blut erneut ein Kapillarnetz, in dem es diesmal mit Sauerstoff angereichert wird. Beladen mit Sauerstoff, gelangt es über die vier Lungenvenen zurück in den linken Vorhof, von wo es in die linke Kammer fließt und seine Reise erneut beginnt. Unser Blut durchfließt also zwei Kreisläufe: Der Kreislauf, der von der linken Herzhälfte durch den Körper führt, wird auch als großer Kreislauf bezeichnet. Den Weg von der rechten Herzhälfte durch die Lunge bezeichnet man hingegen oft als kleinen Kreislauf. Beide Kreisläufe werden vom Herzen angetrieben und zu beiden gehören Arterien, Kapillaren und Venen. 13 Kapitel 1 Lunge 14 Kapitel 1 kleiner Kreislauf mit Sauerstoff angereichertes Blut sauerstoffarmes Blut Herz Netz oder Baum? In den meisten unserer Organe sind die Arterien wie eine Art Netz angelegt. Fällt ein Stück davon aus, kann die Funktion des defekten Arterienstücks von anderen Arterien übernommen werden. Nur in wenigen Organen wie zum Beispiel Herz, Gehirn, Milz, Leber und Netzhaut ist das anders. Hier verzweigen sich die Arterien wie die Äste eines Baumes. Fällt ein Ast aus, so kommt auch in allen dahinterliegenden Verzweigungen nichts mehr an. Die Konsequenz ist ein Blut- und damit Sauerstoffmangel in den vom betreffenden Ast versorgten Gebieten. Herz und Gehirn sind daher anfälliger für Durchblutungsstörungen als andere Organe. Kommt es aufgrund einer akuten Durchblutungsstörung zu einem Absterben von Gewebe, so nennen die Mediziner dies einen Infarkt. großer Kreislauf Unterbrechung des Gefäßes netzförmige Versorgung der meisten Gewebe baumartige Versorgung z. B. von Herz und Gehirn Unterbrechung des Gefäßes Unser Blutkreislauf besteht eigentlich aus zwei Kreisläufen. Der Lungenkreislauf geht von der rechten Herzhälfte aus. In ihm wird das Blut mit Sauerstoff angereichert. Der sogenannte große Kreislauf geht von der linken Herzhälfte aus. Er liefert Sauerstoff und Nährstoffe an die Gewebe. Muskeln, Organe und Gewebe Blaues Blut Die Farbe unseres Blutes hängt von seinem Sauerstoffgehalt ab. Sauerstoffreiches Blut hat einen hellroten Farbton. Sauerstoffarmes Blut wirkt dunkler und hat einen bläulichen Ton. Weil das so ist, werden in medizinischen Büchern Venen meist blau und Arterien meist rot dargestellt. Im Lungenkreislauf fließt allerdings sauerstoffarmes Blut vom Herzen zu den Lungen und sauerstoffreiches Blut von den Lungen zum Herzen. Deshalb sind die Farben im kleinen Kreislauf genau andersherum als im restlichen Körper: Die Lungenarterien haben eine blaue und die Lungenvenen eine rote Farbe. Muskulöse Wände Die Wand der Blutgefäße hat drei Schichten. Die innerste Schicht besteht aus einer Lage abgeplatteter Zellen, die von einer dünnen Lage Bindegewebe umhüllt sind. Diese Lage wird Intima genannt und ist relativ zart. Die mittlere Lage wird Media genannt. Sie ist dicker als die Intima und besteht aus Muskelzellen. Diese Muskulatur kann den Durchmesser des Gefäßes regulieren. Sie hat damit Einfluss auf den Blutdruck und die Blutverteilung im Körper. Die äußere Schicht wird Adventitia genannt. Sie verbindet das Gefäß mit seiner Umgebung und beherbergt außerdem Nervenzellen, die die Gefäßmuskulatur steuern. 15 Kapitel 1 Leben unter Druck Durch die Arbeit des Herzens und die Elastizität unserer Arterien steht das Blut in den Arterien unter leichtem Druck. Dieser Blutdruck ist wichtig, damit die Austauschvorgänge in den Geweben reibungslos funktionieren. Er sorgt außerdem dafür, dass unser Körper gleichmäßig durchblutet wird und die Nieren Adventitia Media Intima 16 Kapitel 1 ihre Arbeit erfüllen können. Der Blutdruck in den größeren Gefäßen schwankt mit der Herzarbeit. Hat sich das Herz völlig zusammengezogen – also in der Systole –, ist er am höchsten. Ist es völlig entspannt – also in der Diastole –, ist er am niedrigsten. Deshalb wird der Blutdruck immer mit zwei Werten angegeben: Der höhere ist der systolische und der niedrigere der diastolische Wert. Der Blutdruck lässt sich beispielsweise am Arm messen. Das funktioniert, indem man eine Manschette mit einem Gummiballon darin um den Arm legt. Dann bläst man die Manschette auf, bis der Druck so hoch ist, dass er die Arterien völlig zudrückt und kein Blut mehr in den Arm fließt. Jetzt lässt man langsam Druck aus der Manschette ab. Ist der Druck im Gummiballon ein wenig niedriger als der Druck in der Arm-Arterie, beginnt das Blut wieder zu strömen. Da die Arterie aber noch teilweise von der Manschette zugedrückt wird, kommt es zu Verwirbelungen. Diese Turbulenzen kann man mit einem Stethoskop hören. Das Auftreten dieser Geräusche markiert den oberen Blutdruckwert. Lässt man weiter Druck aus der Manschette ab, wird irgendwann der Punkt erreicht, an dem die Manschette die Arterie auch dann nicht mehr einengt, wenn das Herz entspannt ist. An diesem Punkt hören die Turbulenzen und damit die Geräusche auf. Er markiert den unteren Wert des Blutdrucks. Wussten Sie schon ... Die Gefäße sind im Prinzip aus drei Schichten aufgebaut. Die mittlere Schicht besteht aus Muskelzellen. Sie kann den Blutdruck und die Blutverteilung regulieren. ... dass das Prinzip der heutigen Blutdruckmessung von dem italienischen Arzt Scipione Riva-Rocci (1863–1937) entdeckt wurde? ... dass der nach seiner Methode gemessene Blutdruck immer noch mit RR (für RivaRocci) abgekürzt wird? ... dass man den Blutdruck bis heute in mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) misst, weil früher Messegeräte mit Quecksilberfüllung üblich waren? ... dass 120 mmHg ca. 0,16 bar entsprechen? (Zum Vergleich: Der Druck in einem Rennradreifen beträgt über 6 bar.) 17 Kapitel 1 18 2. Kapitel Bewegungsarmut, Stress, Rauchen ... Welche Gefahren lauern dem Herzen? Hat das Herz ein Geschlecht? Prinzipiell sind die Herzen von Frauen und Männern völlig gleich aufgebaut. Allerdings sind Frauenherzen im Durchschnitt etwas kleiner und leichter als die von Männern. Das Herz einer erwachsenen Frau hat ein durchschnittliches Gewicht von 250 Gramm. Ein durchschnittliches Männerherz wiegt etwa 300 Gramm. Während man früher angenommen hat, dass Frauenherzen weniger anfällig für Herzinfarkte sind als die von Männern, zeigt sich heute eine deutliche Zunahme der Infarkthäufigkeit bei Frauen. Mittlerweile sind 44 % der Herzinfarktpatienten weiblichen Geschlechts. Allerdings bekommen sie einen Herzinfarkt im Durchschnitt erst später als Männer. Vermutlich liegt das daran, dass sie vor den Wechseljahren durch ihre Östrogene einen relativen Schutz vor Herzproblemen haben. Eine künstliche Östrogengabe nach den Wechseljahren konnte allerdings keinen solchen Schutzeffekt nachweisen. Teilweise wurde dadurch das Risiko sogar noch erhöht. Leider ist noch nicht allgemein bekannt, dass auch Frauen ein hohes Infarktrisiko haben. Hinzu kommt, dass sie bei Herzproblemen weniger eindeutige Symptome aufweisen. Bei ihnen kann sich ein Herzinfarkt beispielsweise in Form von Übelkeit, Erbrechen, Beschwerden im Oberbauch oder starker Kurzatmigkeit äußern. Diese Umstände führen dazu, dass es im Falle von Herzinfarkten bei Frauen durchschnittlich 40 Minuten länger dauert, bis sie ins Krankenhaus kommen, als bei Männern. Der kleine Unterschied zeigt sich also auch beim Herzen. Bewegungsarmut, Stress, Rauchen ... Welche Gefahren lauern dem Herzen? Rauchen ist eine der bedeutsamsten Gefahren für die Herzgesundheit H erzerkrankungen und vor allem die Koronare Herzkrankheit (KHK) sind weit verbreitet. Deshalb wurde viel geforscht, um herauszubekommen, welche Ursachen sie haben. Bei diesen Untersuchungen fand man einige Umstände, bei denen es einen Zusammenhang mit der Entstehung einer KHK gibt. Diese Umstände nennt man Risikofaktoren, und es sind heute eine ganze Reihe davon bekannt. Manche sind ererbt und also eine Frage der Veranlagung. Wenn Sie einen nahen Blutsverwandten mit einer KHK haben, dann besteht bei Ihnen ein erhöhtes Risiko. Andere Risikofaktoren sind in unserer Lebensweise begründet. Die meisten aber sind eine Mischung von beidem. Zu hoher Blutdruck Wie bereits erwähnt, steht unser Blut unter Druck. Dieser sogenannte Blutdruck ist wichtig für die Verteilung des Blutes und die Ernährung der Gewebe. Ist der Druck zu niedrig, fühlen wir uns abgeschlagen und müde. Ist er aber dauerhaft zu hoch, spricht man von einem Bluthochdruck oder einer Hypertonie. Bluthochdruck ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung einer KHK. Man nimmt an, dass druckbedingte Verwirbelungen die zarte Innenauskleidung der Gefäße schädigen. Die Prozesse, die daraufhin einsetzen, können zu einer Verengung des Gefäßdurchmessers führen. Die wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren für eine KHK • • • • • • Bluthochdruck Fettstoffwechselstörungen Zuckerkrankheit Übergewicht Rauchen Stress 19 Kapitel 2 20 Kapitel 2 Regelmäßige Messungen helfen dabei, einen hohen Blutdruck frühzeitig zu erkennen. Als obere Grenze für den gerade noch normalen Blutdruck wird heute ein Wert von 139/89 mmHg angesehen. Wie bereits beschrieben, steht dabei der höhere (systolische) Wert für die Anspannungsphase und der untere (diastolische) Wert für die Erschlaffungsphase des Herzens. In den strukturierten Behandlungsprogrammen für Patienten mit Koronarer Herzkrankheit gilt das Ziel, dass der systolische Blutdruck zwischen 130 und 139 mmHg und der diastolische Blutdruck zwischen 80 und 89 mmHg liegen sollte. Individuelle Abweichungen können aber erforderlich sein – zum Beispiel aufgrund des Alters oder wegen weiterer Begleiterkrankungen. Da der Blutdruck mit zunehmendem Alter meist steigt, ist eine Kontrolle in regelmäßigen Abständen eine gute Methode zur Früherkennung von hohem Blutdruck. Ein Bluthochdruck kann vielfältige Ursachen haben und nicht alle davon sind heute bekannt. Man ist sich aber relativ sicher, dass ein erhöhter Salzkonsum und zu viel Stress den Blutdruck in die Höhe treiben. Bekannt ist außerdem, dass in vielen Fällen ein Zusammenhang zwischen erhöhtem Blutdruck und einer Zuckerkrankheit besteht. Erhöhte Blutfette Cholesterin ist eine lebensnotwendige fettähnliche Substanz. Unser Körper braucht sie beispielsweise für den Aufbau unserer Zellmembranen und zur Herstellung von Hormonen und Gallensäuren. Weil Cholesterin so wichtig ist, wird es von unserem Körper selbst gebildet, und zwar hauptsächlich in der Leber. Darüber hinaus wird es aber auch mit der Nahrung aufgenommen. Wenn wir cholesterinhaltige Nahrungsmittel verzehren, drosselt die Leber ihre Cholesterinproduktion und sorgt so für einen gleichbleibenden Cholesterinspiegel im Blut. Übersteigt aber die Cholesterinaufnahme die Eigenproduktion, kann dies dazu führen, dass der Cholesterinspiegel über den Normalwert hinaus ansteigt. Zusätzlich haben viele Menschen in Deutschland eine erbliche Veranlagung zu einem erhöhten Cholesterinspiegel. Dass zu viel Cholesterin im Blut das Risiko für eine KHK erhöht, konnte in umfangreichen Untersuchungen belegt werden. Dort fand man heraus, dass ab einem Spiegel von ca. 200 mg Cholesterin pro 10 Milliliter Blut das Risiko für einen Herzinfarkt zu steigen beginnt. Bei 280 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) ist es schon um das Vierfache erhöht. Ist zu viel Cholesterin im Blut, so wird ein Teil davon in die Gefäßwände eingelagert. Die Folge davon können Verengungen der Blutgefäße sein. Die anzustrebenden Werte für den Cholesterinspiegel sind nicht für alle Patienten gleich. Sie hängen vielmehr davon ab, ob weitere Risikofaktoren wie Bluthochdruck bestehen. So sind zum Beispiel für Menschen ohne weitere KHK-Risikofaktoren Werte von bis zu 240 mg/dl akzeptabel. Bei Patienten, die bereits Herzprobleme aufweisen, sollte das Cholesterin dagegen unter 160 mg/dl liegen. Außerdem spielt es eine Rolle, ob es sich um HDL- oder LDL-Cholesterin handelt. Während das LDL-Cholesterin das KHK-Risiko 21 Kapitel 2 22 Kapitel 2 Auf die Verpackung kommt es an LDL HDL erhöht, hat das HDL-Cholesterin eher eine schützende Funktion. Zusätzlich zum Cholesterin spielen die Triglyzeride eine Rolle. Diese werden auch als Neutralfette bezeichnet und dienen dem Körper vor allem zur Energiegewinnung. Ihre Spiegel sind stärkeren Schwankungen unterworfen und ihre Auswirkung auf die Herz- und Gefäßgesundheit ist weniger klar als beim Cholesterin. Die Gefährdung, die von einem erhöhten Triglyzeridspiegel ausgeht, scheint vor allem davon abzuhängen, ob ansonsten ein Herzrisiko vorliegt. Erhöhtes Cholesterin und/oder Triglyzeride werden oftmals auch als Fettstoffwechselstörungen bezeichnet. Süßes Risiko Da Cholesterin nicht wasserlöslich ist, muss es verpackt werden, damit es im Blut transportiert werden kann. Diese Verpackung erfolgt mittels bestimmter Transporteiweiße, die auch Lipoproteine genannt werden. In diese Transporteiweiße wird das Cholesterin zusammen mit anderen Fetten eingeschlossen und auf seinen Weg durch den Körper geschickt. Man kennt heute unterschiedliche Arten von Transporteiweiß. Am bekanntesten sind das „schlechte“ LDL* und das „gute“ HDL**. LDL ist vor allem für den Cholesterintransport von der Leber in die Gewebe zuständig. HDL hingegen übernimmt den Abtransport von überschüssigem Cholesterin zurück in die Leber. Für die Beurteilung des Risikos durch Cholesterin kommt es daher nicht nur auf die Höhe des Gesamtcholesterins an. Vielmehr muss auch noch gemessen werden, wie viel davon als LDL und wie viel als HDL in der Blutbahn unterwegs ist. Hoher Blutdruck hat viele Ursachen. Die meisten können Sie aktiv beeinflussen ** Low Density Lipoprotein ** High Density Lipoprotein Zucker ist einer die Hauptenergielieferanten unseres Körpers. Genau genommen handelt es sich bei diesem Zucker um Traubenzucker, der auch Glukose genannt wird. Insbesondere für die Energiezufuhr unseres Gehirns muss immer genügend Glukose im Blut sein. Das Problem dabei ist, dass zu viel Glukose den Gefäßen schadet. Unser Körper steuert daher die Glukosekonzentration im Blut sehr genau. Bei dieser Steuerung hilft ihm das Hormon Insulin. Insulin senkt den Blutzucker, indem es die Glukose aus dem Blut in die Zellen schleust, wo sie zur Energiegewinnung verwendet wird. Ist nicht genügend Insulin vorhanden, um den Blutzuckerspiegel ausreichend zu senken, spricht man von einer Zuckerkrankheit, die man auch Diabetes mellitus nennt. Diabetiker haben ein stark erhöhtes Risiko für Gefäßund Herzerkrankungen. Typ 1 oder Typ 2 Die zwei wichtigsten Formen des Diabetes werden heute Typ-1- und Typ-2-Diabetes genannt. Beim Typ-1-Diabetes kommt es zu einer Entzündung jener Zellen der Bauchspeicheldrüse, die das Insulin produzieren. Dadurch liegt bei Patienten mit Typ-1Diabetes ein fast vollständiger Verlust der Insulinproduktion vor. Die Erkrankung tritt meist schon bei Kindern und Jugendlichen auf und beginnt relativ plötzlich. Die Betroffenen sind binnen kurzer Zeit auf eine Behandlung mit Insulinspritzen angewiesen. Der Typ-1-Diabetes macht ungefähr 10 % aller Diabetes-Fälle aus. Mit ca. 90 % viel häufiger ist der Typ-2-Diabetes. Er tritt vor allem bei älteren Menschen auf und wurde daher früher auch als Altersdiabetes bezeichnet. Die Ursache des Typ-2-Diabetes ist eine nachlassende Insulinwirkung. Diese sogenannte Insulinresistenz wird zunächst eine ganze Zeit lang durch eine Insulinüberproduktion ausgeglichen. Erst wenn die Bauchspeicheldrüse durch die Mehrproduktion erschöpft ist, steigt der Blutzuckerspiegel langsam an. Durch den schleichenden Krankheitsbeginn merken viele Betroffene oft gar nicht, dass sie zuckerkrank sind. Anders als beim Typ-1-Diabetes brauchen Typ-2-Diabetiker auch meist nicht sofort Insulin. Sie können sich zunächst durch Umstellung der Ernährungsgewohnheiten sowie mehr Bewegung selbst helfen. Reicht das nicht aus, so können die Blutzuckerwerte meist eine ganze Zeit lang durch die zusätzliche Gabe von Tabletten gesenkt werden. Das Spritzen von Insulin ist bei Typ-2-Diabetikern oft erst nach jahrelanger Erkrankung notwendig. Besonders riskant: das metabolische Syndrom Die Ursachen des Typ-2-Diabetes sind noch nicht vollständig geklärt. Fest steht aber, dass es einen Zusammenhang zwischen der Zuckerkrankheit und Übergewicht gibt. Viele Betroffene haben außerdem einen Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen. Das gleichzeitige Auftreten von Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen kommt relativ häufig vor. Es wird als metabolisches Syndrom bezeichnet. Die Betroffenen haben ein sehr stark erhöhtes Herz- und Gefäßrisiko, da bei ihnen mehrere Risikofaktoren gleichzeitig vorliegen. Umfangreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass sich das Risiko für eine HerzGefäß-Erkrankung bei Diabetes durch eine ausreichende Senkung der Blutzuckerwerte vermindern lässt. Überflüssige Pfunde Menschen mit Übergewicht haben eine höhere Wahrscheinlichkeit für Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes. Übergewicht ist außerdem nicht nur eine Folge, sondern auch eine Ursache von Bewegungsmangel, denn natürlich fällt es schwer, die zusätzlichen Pfunde mit sich herumzuschleppen. Darüber hinaus mehren sich die Hinweise, dass Fettleibigkeit auch ohne diese zusätzlichen Risikofaktoren die Gefahr für eine KHK steigert. Die gute Nachricht ist, dass bereits eine Gewichtsreduktion von 5 bis 10 % das Risiko für eine Herzgefäßerkrankung deutlich senkt. Ob man Normalgewicht oder Übergewicht hat oder gar fettleibig ist, wird heute nach dem sogenannten BMI (Body-Mass-Index) beurteilt. Wie das geht, steht im Kastentext auf der nächsten Seite. Eine Rolle spielt außerdem, wo das Fett sitzt. Ein dicker Bauch ist offenbar gefährlicher als Speck auf den Hüften. Fettleibige Menschen sollten auf jeden Fall abnehmen. Übergewichtige immer dann, wenn zusätzlich eine Gicht oder Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen vorliegen. Einige nützliche Hinweise, was man nachhaltig gegen die lästigen und gefährlichen Pfunde tun kann, sind im Kapitel „Risikominimierung“ zu finden. 23 Kapitel 2 24 Stimmt mein Gewicht? Kapitel 2 Viele erinnern sich noch an die Faustregel: Normalgewicht = Körpergröße in Zentimeter minus 100. Diese Formel erlaubt eine grobe Einschätzung, bevorzugt aber große Menschen und benachteiligt die kleineren. Präziser ist der sogenannte Body-Mass-Index (BMI). Er wird nach folgender Formel berechnet: BMI = Gewicht in Kilogramm Größe in Meter x Größe in Meter Beispiel: Gewicht 85 kg, Größe 1,79 cm BMI = 85 1,79 x 1,79 = 26,5 Der so berechnete Wert wird dann folgendermaßen beurteilt: Übergewicht ist nicht nur ein ästhetisches Problem, es lässt auch das Herzrisiko steigen. Normalgewicht 18,5 bis 24,9 Übergewicht 25,0 bis 29,9 Fettleibigkeit über 30,0 Rauchen Raucher haben gegenüber Nichtrauchern ein doppelt so hohes Risiko für einen Herzinfarkt. Und sie bekommen diesen Infarkt im Durchschnitt zehn Jahre früher als Nichtraucher. Wer 10–19 Zigaretten am Tag raucht, hat zudem ein 7-fach erhöhtes Risiko für Lungenkrebs. Insgesamt verkürzt jede einzelne Zigarette das Leben um 25 bis 30 Minuten. Auch das Passivrauchen ist übrigens ein Risikofaktor und sollte auf jeden Fall vermieden werden. Die Ursachen für das erhöhte Herzrisiko durch das Rauchen sind vielfältig. Tabakkonsum treibt das Herz an, vermindert die Transportfähigkeit für Sauerstoff im Blut, erhöht den Anteil des schlechten LDLCholesterins und macht es durch Oxidation noch aggressiver. Die gute Nachricht ist, dass sich das Aufhören auf jeden Fall lohnt. Nach 2 bis 5 Jahren ist das Herzrisiko wieder mit dem eines Nichtrauchers zu vergleichen. Die strengeren Anti-Rauch-Gesetze, die jetzt in vielen europäischen Ländern in Kraft sind, haben bereits zu einer deutlichen Verringerung der Herzinfarkte geführt. Keine Alternative zum Aufhören sind sogenannte Leichtzigaretten. Sie führen oft nur dazu, dass mehr Zigaretten geraucht werden, um an die gewohnte Nikotinmenge zu kommen. Zigarren, Zigarillos oder Tabakpfeifen führen bei gleicher Tabakmenge zur gleichen Risikoerhöhung wie Zigaretten. Auch mit positivem Verhalten wie Sport oder gesunder Ernährung lässt sich das rauchbedingte Risiko a PUH 7 LJ In der Presse wird viel über Risiken und Ursachen spekuliert. Das meiste davon ist nicht bewiesen. Ya /L PZ PUMHYR [ /LYa +\YJOIS\ [\ :JOH\ML UNZZ[Y\UNLU UZ[LYRYH UROLP[\U K9H\J OLYILPU Arteriosklerose hat viele Wurzeln und viele Folgen. NLU YO`[ UMHSS :JOSHNH -L [[ LN \U N R Y\J JOK [OV [ (S LY 9H\JOLU N )S\ YL =L \U YI Z[V MM^ L )L ^ Wenn es eng wird Die beschriebenen Risikofaktoren wirken sich zunächst einmal nicht so sehr auf das Herz direkt aus. Sie schädigen vielmehr die Gefäße, und zwar insbesondere Arterien. Wie bereits beschrieben, sind diese innen mit einer relativ glatten Schicht abgeplatteter Zellen ausgekleidet. Diese Endothel oder Intima ge- U Z[Y\ OT\Z (Y[LYPVZRSLYVZL2/2 /LYa LU PaP M M \ PUZ [VY :[YLZZ Stress kommt aus dem Englischen und bedeutet dort so viel wie Druck oder Anspannung. Anspannung löst in unserem Körper bestimmte Reaktionen aus, die uns auf einen Kampf oder eine Flucht vorbereiten. Als der Mensch noch ein Jäger und Sammler war, waren diese Reaktionen einmal von großer Bedeutung. Heute laufen sie noch genau wie damals ab. Allerdings sind sie in den meisten Fällen unnötig. Stress kann durchaus auch als angenehm empfunden werden, beispielsweise bei einer Achterbahnfahrt auf dem Rummelplatz. Dauerhafter Stress aber ist schädlich. Hoher Druck am Arbeitsplatz, finanzielle oder partnerschaftliche Probleme, familiäre Sorgen, Schichtarbeit, Lärm oder Schlafmangel, all das kann Stress verursachen. Weil es so viele Stressfaktoren gibt und diese oftmals auch (U N Unbewiesene Risikofaktoren Mit schöner Regelmäßigkeit werden in medizinischen Studien Zusammenhänge zwischen bestimmten Blutwerten oder Gegebenheiten und der Entstehung von Herzerkrankungen gefunden. Nicht selten geistern diese dann als Risikofaktoren durch die Presse. Oftmals ist aber fraglich, ob Faktoren wie erhöhtes Homocystein wirklich die Ursache eines erhöhten Risikos sind oder ob sie nur ein Symptom darstellen. Wenn Letzteres der Fall ist, bringt eine Beeinflussung dieser Faktoren nämlich keine Minderung des Herz-Gefäß-Risikos. Kapitel 2 +PHIL[L Z Stress, lass nach! Kapitel 2 26 PJO [ nicht ausgleichen. Tipps und Hinweise dazu finden sich im Kapitel „Risikominimierung“. 25 LYN L^ Besonders schädlich sind Zigaretten für Frauen, die „die Pille“ nehmen. Jenseits des 30. Lebensjahres steigt ihre Wahrscheinlichkeit für einen Herzinfarkt um das Zehnfache an, während Nichtraucherinnen vor den Wechseljahren ein außerordentlich geringes Risiko für einen Herzinfarkt haben. sehr unterschiedlich empfunden werden, ist es schwer, einen gesicherten Zusammenhang zwischen Stress und erhöhtem Herz-GefäßRisiko herzustellen. Fest steht jedoch, dass Stress den Blutdruck erhöht und den Puls beschleunigt. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass auch Stress einen Risikofaktor für die Gefäße und das Herz darstellt. Einige praktische Tipps zur Stressbewältigung und Stressvermeidung kann man im Kapitel „Risikominimierung“ nachlesen. lI Die Pille und der Qualm JO Z LSZ ZT HU N LS [ Y\ UN LU 27 Kapitel 2 normales Gefäß arteriosklerotische Ablagerung nannte Schicht sorgt für einen reibungsarmen Blutfluss. Bei den meisten Menschen kommt es allerdings im Laufe des Lebens an manchen Stellen der Gefäße zu Einlagerungen in der inneren Schicht der Blutgefäße. Diese Einlagerungen werden auch Plaques oder Atherome genannt. Sie bestehen zunächst aus fettähnlichen Substanzen wie zum Beispiel Cholesterin. Im Laufe der Zeit können diese Plaques immer größer werden und den Gefäßdurchmesser verengen. In späteren Stadien wird zusätzlich zu den fettartigen Substanzen oftmals Kalk eingelagert. Der beschriebene Prozess wird daher umgangssprachlich meist als Arterienverkalkung bezeichnet. Die Mediziner sprechen von Atherosklerose oder Arteriosklerose. Die meisten Menschen bekommen irgendwann Arteriosklerose – die einen früher, die aufgeplatzte arteriosklerotische Ablagerung anderen später. Wie früh die Veränderungen beginnen, hängt zum einen von der Veranlagung, zum anderen aber auch von den vorgenannten Risikofaktoren ab. Eine Arteriosklerose kann in allen Arterien auftreten. In den Herzkranzgefäßen ist sie besonders gefürchtet, denn in diesen Gefäßen kann sie zu einer sogenannten Koronaren Herzkrankheit (KHK) führen. Dabei kommt es durch die Ablagerungen zu einer Verengung der Herzkranzgefäße. Überschreitet diese Verengung ein bestimmtes Maß, drosselt sie den normalen Blutfluss. Es kommt zunächst immer dann zu Schmerzen, wenn das Herz aufgrund körperlicher oder seelischer Belastung stärker und schneller schlägt und deshalb mehr Sauerstoff braucht. In Ruhe lässt die Engstelle zu Beginn der KHK meist noch genug Blut durch, um den Herzmuskel ausreichend mit Sauerstoff zu 28 Kapitel 2 Arteriosklerose ist ein langsam fortschreitender Prozess, der aber z. B. beim Herzinfarkt oder Schlaganfall akute Folgen haben kann. Aufhören lohnt sich für Sie immer: Schon nach 2 bis 5 Jahren ist Ihr zigarettenbedingt erhöhtes Herzinfarktrisiko wieder normal. versorgen, daher treten in Ruhe nur selten Beschwerden auf. Eine Arteriosklerose wächst zwar langsam, aber sie kann auch die Ursache eines kompletten Gefäßverschlusses sein, der innerhalb weniger Minuten auftritt. Die Plaques können nämlich instabil werden und aufplatzen. Das führt dann zu einem Einriss in der inneren Schicht der Gefäße. Der Körper versucht diese vermeintliche Wunde durch ein Blutgerinnsel zu verschließen. Dabei lagern sich immer mehr Blutplättchen an die betroffene Stelle an. Die angelagerten Blutplättchen senden dann Botenstoffe aus, die weitere Blutplättchen zum Anhaften bringen und die Blutgerinnung aktivieren. Das so entstandene Blutgerinnsel kann das betroffene Gefäß völlig verstopfen. Der Bereich des Herzmuskels, der von dem verstopften Gefäß versorgt wurde, bekommt überhaupt keinen Sauerstoff mehr und geht binnen weniger Stunden zugrunde. Diesen akuten Prozess nennt man einen Herzinfarkt. Auch seine Ursache ist eine Arteriosklerose in den Herzkranzgefäßen. Nicht nur das Herz ist betroffen Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die Arteriosklerose nicht nur einen einzigen Bereich des Körpers betrifft. Wenn sie auftritt, dann in praktisch allen Arterien. Das wiederum bedeutet, dass die Diagnose einer Arteriosklerose immer ein erhöhtes Herzrisiko bedeutet. Umgekehrt ist bei der Diagnose einer KHK davon auszugehen, dass nicht nur in den Herzkranzgefäßen Arteriosklerose vorhanden ist. Andere häufige Folgen einer Arteriosklerose sind Schlaganfälle oder die sogenannte Schaufensterkrankheit. Bei bestimmten Formen des Schlaganfalls kommt es durch die gleichen Vorgänge wie beim Herzinfarkt zu einem akuten Ausfall der Durchblutung ganzer Hirnareale, die daraufhin absterben. Bei der Schaufensterkrankheit kommt es zu einer verminderten Durchblutung der Beine. Die Betroffenen müssen nach einigen Metern Gehstrecke eine Pause einlegen und abwarten, bis wieder genug Sauerstoff in der Muskulatur ankommt und die Schmerzen verschwinden. Sie halten sozusagen vor jedem Schaufenster und machen erst mal eine Pause. Besonders schlimme Formen der Schaufensterkrankheit werden auch als Raucherbein bezeichnet. Die Durchblutungsstörungen können so schlimm werden, dass das betroffene Bein amputiert werden muss. Der wissenschaftliche Ausdruck für diese Art der Durchblutungsstörung ist periphere arterielle Verschlusskrankheit oder pAVK. Wie hoch ist mein Risiko? Wie groß das Gesamtrisiko für die Gefäße und das Herz ist, hängt davon ab, wie viele Risikofaktoren vorhanden sind. Leider ist das aber keine einfache Addition nach dem Motto: ein Risikofaktor gleich doppeltes Risiko, zwei Risikofaktoren gleich dreifaches Risiko und so weiter. Die Zusammenhänge 29 Kapitel 2 30 3. Kapitel Warnzeichen, Schmerzen, Infarkt Was ist eine KHK und wie erkenne ich sie? sind viel komplizierter und das Risiko kann sich bei Vorliegen von zwei Risikofaktoren gleich vervielfachen. Zum Beispiel steigt das Herzinfarktrisiko bei Menschen ohne andere Risikofaktoren durch das Rauchen von 20 Zigaretten täglich um das Vierfache. Hat man aber gleichzeitig erhöhte Cholesterinwerte, steigt es um den Faktor 16. Es gibt komplizierte mathematische Formeln, mit denen sich aus den einzelnen Faktoren das Gesamtrisiko errechnen lässt. Solch ein Risikoprofil kann zum Beispiel der Hausarzt erstellen. Eine grobe Orientierung bieten auch Tests im Internet. Ein solcher Herzinfarkt-Risikotest findet sich zum Beispiel auf der Internetseite der Deutschen Herzstiftung (www.herzstiftung.de). Die Internetseite der Deutschen Herzstiftung bietet Ihnen einen individuellen Herzinfarkt-Risikotest. Warnzeichen, Schmerzen, Infarkt Was ist eine KHK und wie erkenne ich sie? 31 Kapitel 3 32 Kapitel 3 Schmerzen in der Brust sind das wichtigste Symptom einer KHK. Sie entstehen durch eine Unterversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff. K HK ist eine Abkürzung für Koronare Herzkrankheit. Dieser Begriff bezeichnet eine langfristige (chronische) oder plötzliche (akute) Unterversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff. Die Ursache ist in den allermeisten Fällen eine Arteriosklerose der Herzkranzgefäße, die auch als Koronararterien bezeichnet werden. Ungefähr ein Drittel der Männer und 15 % der Frauen bekommen in Deutschland irgendwann in ihrem Leben eine Form der KHK. Gleichzeitig ist die KHK die häufigste Todesursache in den Industrienationen. In Deutschland stirbt jeder Fünfte daran. Was passiert in meinem Herzen? In den allermeisten Fällen beginnt eine KHK mit Ablagerungen in der innersten Schicht der Herzarterien. Obwohl diese sogenannten arteriosklerotischen Plaques die Gefäße verengen können, werden sie von den Be- troffenen zunächst meist gar nicht bemerkt. Beschwerden verursachen sie erst, wenn nur noch ein Viertel des Gefäßquerschnittes frei ist oder wenn eine Plaque aufplatzt. Wenn eine Plaque langsam wächst und immer dicker wird, treten Symptome auf, die als Brustenge oder auch Angina pectoris bezeichnet werden. Platzt eine Plaque auf, kann dies einen Herzinfarkt verursachen. Alarmsignal: Schmerzen Wächst eine Arteriosklerose langsam und stetig, dann wird sie irgendwann den Blutstrom behindern. Die dadurch verursachte Verminderung der Durchblutung führt zu einem Sauerstoffmangel im Herzen. Dieser Sauerstoffmangel macht sich dann als vorübergehender Schmerz in der Brust bemerkbar, der als Angina Pectoris bezeichnet wird. Er entsteht vor allem dann, wenn das Herz schneller schlägt und deshalb mehr Sauerstoff benötigt, zum Beispiel beim Treppen- Ein BelastungsEKG kann bei der Diagnose einer Angina Pectoris hilfreich sein. steigen oder bei starken Gefühlsregungen. Die Beschwerden werden oft als drückende und beklemmende Schmerzen beschrieben, die sich anfühlen, als würde die Brust zugeschnürt. Das Zentrum der Schmerzen ist oft nicht feststellbar. Bei manchen Patienten äußern sich die Beschwerden in Brennen, Reißen oder krampfartigem Druck in der Herzgegend. Bei anderen tritt statt Schmerzen Übelkeit, Schwindel oder Atemnot auf. Während die Beschwerden zunächst nur bei starken Belastungen auftreten, kommen sie mit zunehmender Gefäßeinengung immer öfter. Sie können in Richtung Hals, Unterkiefer, Schulter oder Arme bis zu den Händen ausstrahlen. Auslöser sind körperliche oder psychische Belastung. Kälte, Mahlzeiten oder Zigaretten können weitere Auslöser sein. Nitroglyzerin hilft bei der Diagnose Bei etwa 40 % der KHK-Patienten äußert sich die Erkrankung zunächst als Angina Pectoris. Die Diagnose ist vor allem anhand der Symptome möglich. Typisch ist auch ein Rückgang der Beschwerden nach Verabreichung von Nitratsprays. Solche „Nitroglyzerin“-Sprays werden auch zur Behandlung der Angina Pectoris eingesetzt. Hilfreich bei der Diagnose ist auch ein EKG und insbesondere ein Belastungs-EKG. In einigen Fällen kann auch ein Langzeit-EKG notwendig werden. Die Folgen des dauerhaften Sauerstoffmangels Die Diagnose einer Angina Pectoris bedeutet fast immer, dass eine Arteriosklerose in den Herzkranzgefäßen und anderen Gefäßen • Die Beschwerden sind deutlich stärker als sonst. • Die Beschwerden klingen durch Ruhe 33 Kapitel 3 34 Kapitel 3 und/oder Nitratspray nicht in gewohnter Weise ab. In diesen Fällen sollte man dringend einen Arzt aufsuchen. Solche Veränderungen der Symptome sind typisch für eine sogenannte instabile Angina Pectoris und können die Vorboten eines Herzinfarktes sein. vorliegt. Deshalb besteht bei den allermeisten Patienten ein erhöhtes Risiko für weitere Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Schaufensterkrankheit. Es ist für die Patienten daher wichtig, alle Risikofaktoren zu eliminieren, die eine Gefäßverkalkung begünstigen. Der bei einer Angina Pectoris immer wieder auftretende Sauerstoffmangel im Herzmuskel kann auf Dauer zu einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) führen. Solange die Angina Pectoris Anfälle in typischer Art und Weise und nur nach Belastung auftreten, sprechen die Mediziner von einer stabilen Angina Pectoris. Sie ist nicht lebensbedrohlich und kann ambulant behandelt werden. Anders sieht es aber aus, wenn sich der Charakter der Beschwerden plötzlich wandelt. Bei folgenden Veränderungen ist Vorsicht geboten: • Die Beschwerden treten neuerdings schon bei leichter Belastung oder in Ruhe auf. • Die Beschwerden treten viel häufiger als früher auf. Zeit ist Muskel Infarkt: akute Gefahr fürs Herz Während sich bei der Angina Pectoris die Herzkranzgefäße durch Ablagerungen langsam verengen, kommt es beim Herzinfarkt plötzlich zum vollständigen Verschluss eines Herzkranzgefäßes. Die Ursache hierfür ist meist das Aufplatzen einer arteriosklerotischen Ablagerung. Dabei zerreißt die zarte innere Auskleidung der Gefäße. Dieser Riss löst genau die gleichen Reaktionen aus wie eine herkömmliche Wunde. Der Körper versucht, das vermeintliche Leck zu verschließen. Das geschieht, indem sich zunächst Blutplättchen anlagern. Diese Blutplättchen werden auch Thrombozyten genannt. Sie sind viel kleiner als die roten Blutkörperchen und haben die Aufgabe, einen vorläufigen Pfropf zu bilden, der die Leckstelle verschließt. Außerdem senden sie Botenstoffe aus, die die Blutgerinnung aktivieren. Durch das Blutgerinnsel wird das betroffene Koronargefäß meist völlig verschlossen. Da es im Herzen fast keine Umgehungsgefäße gibt, kommt nun im Versorgungsbereich des verschlossenen Gefäßes kein Blut mehr an. Der betroffene Teil des Herzmuskels bekommt keinen Sauerstoff mehr. Er stellt seine Arbeit ein und sendet Schmerzsignale aus. Beim Herzinfarkt wird eine Herzkranzarterie binnen kurzer Zeit durch ein Blutgerinnsel komplett verschlossen. Wird das Gefäß nicht innerhalb kürzester Zeit im Krankenhaus wieder durchgängig gemacht, geht das betroffene Stück des Herzmuskels zugrunde und wird durch funktionsloses Narbengewebe ersetzt. Wie groß dieses Stück ist und ob es zu Komplikationen kommt, hängt auch davon ab, wo die Gefäßverstopfung auftritt. Ist zum Beispiel ein Teil der elektrischen Reizleitung vom Sauerstoffmangel betroffen, kann es zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen kommen. Besonders gefährlich ist das sogenannte Kammerflimmern. Dabei verliert das Herz seine Fähigkeit, sich rhythmisch zusammenzuziehen. Aber arteriosklerotische Ablagerung Blutgerinnsel an der Einrissstelle auch ohne solche Herzrhythmusstörungen kann man die meisten Infarkte im EKG erkennen. Außerdem gibt es bestimmte Blutwerte, mittels derer man einen Herzinfarkt schnell und sicher diagnostizieren kann. Bei Verdacht: Notruf! Ein Herzinfarkt kann jeden treffen. Nicht alle Patienten wissen, dass sie ein erhöhtes Risiko haben oder dass bei ihnen bereits eine KHK vorliegt. Weil beim Herzinfarkt in jeder Minute Tausende von Herzmuskelzellen unwiederbringlich verloren gehen, kommt es auf rasches Handeln an. Daher sollten Sie die Alarmzeichen für einen Herzinfarkt kennen und schon beim leisesten Verdacht nicht zögern und sofort die 112 oder die örtliche Notrufnummer des Rettungsdienstes anrufen. Weitere wichtige Informationen zum richtigen Verhalten im Notfall finden sich im Kapitel 5 ab Seite 63. Typische Ausstrahlung der Schmerzen beim Herzinfarkt 35 Kapitel 3 36 4. Kapitel Erschöpfung, Atemnot, NYHA-Stadien Was ist eine Herzinsuffizienz? Die Folgen eines Infarktes Zunächst einmal sollten Sie wissen, dass Sie nach einem Infarkt ein stark erhöhtes Risiko für einen weiteren Infarkt haben. Oftmals ist der Infarkt der erste Hinweis auf das Vorliegen einer KHK. Da die KHK meist durch Arteriosklerose hervorgerufen wird, ist davon auszugehen, dass diese auch in anderen Gefäßen vorhanden ist. Ein Infarkt bedeutet daher fast immer ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle und die Schaufensterkrankheit. Je nach Größe des abgestorbenen Teils des Herzmuskels kann das Herz nach einem Infarkt geschwächt sein. Das liegt daran, dass die Arbeit des abgestorbenen Teils vom restlichen Muskelgewebe mit übernommen werden muss. Die daraus folgende Einschränkung der Herzleistung (Herzinsuffizienz) zieht eine Verminderung der körperlichen Belastbarkeit nach sich. Zusätzlich neigen viele Patienten nach einem Herzinfarkt zu Herzrhythmusstörungen. Anzeichen für einen akuten Herzinfarkt • Schwere Schmerzen im Brustkorb, die länger als fünf Minuten andauern. Die Schmerzen können in Arme, Schulterblätter, Hals, Kiefer und Oberbauch ausstrahlen. • Starkes Engegefühl, heftiger Druck, Brennen im Brustkorb • Zusätzlich häufig Angst, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen • Schwächegefühl (auch ohne Schmerzen), evtl. Bewusstlosigkeit • Blässe, fahle Gesichtsfarbe, kalter Schweiß • Bei Patienten mit Angina Pectoris: Symptome schon bei minimaler Belastung, keine Besserung durch Ruhe oder Nitrospray • Besonders bei Frauen, Diabetikern und älteren Patienten: häufig keine Schmerzen im Brustkorb. Alleinige Alarmzeichen sind dann Atemnot, Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen sowie Schmerzen im Oberbauch. Erschöpfung, Atemnot, NYHA-Stadien Was ist eine Herzinsuffizienz? 37 Kapitel 4 38 Kapitel 4 Wenn Ihnen schon bei normaler Belastung die Puste ausgeht, kann das ein Zeichen für eine Herzinsuffizienz sein. U nter einer Herzinsuffizienz versteht man eine verminderte Pumpleistung des Herzens. Umgangssprachlich wird die Herzinsuffizienz auch als Herzschwäche bezeichnet. Sie führt dazu, dass das Herz nicht mehr in der Lage ist, genügend Blut zu pumpen, um den Sauerstoffbedarf des Körpers zu decken. Eine Herzinsuffizienz macht sich zunächst dann bemerkbar, wenn man mehr Sauerstoff benötigt als normal, beispielsweise bei körperlicher Belastung. Dann sollte das Herz normalerweise stärker und schneller schlagen; bei Herzinsuffizienz kann es das aber nicht. Da sich unser Blut in Kreisläufen bewegt, kommt es durch das rückfließende Blut außerdem zu einem Blutstau vor dem Herzen. Die Folge sind Flüssigkeitseinlagerungen, die als Ödeme bezeichnet werden. Herzinsuffizienz ist eine Volkskrankheit, an der in Deutschland etwa zwei bis drei Millionen Menschen leiden. Jeder zehnte Deutsche über 70 Jahre lebt mit Herzmuskelschwäche. Im Jahre 2007 war sie bei Männern die viert- häufigste und bei Frauen die zweithäufigste Todesursache. Prinzipiell unterscheidet man zwischen einer akuten und einer chronischen Herzinsuffizienz. Die akute Form tritt innerhalb weniger Stunden auf. Sie kann beispielsweise durch einen Herzinfarkt oder eine Herzmuskelentzündung verursacht werden. Die viel häufigere chronische Form entsteht langsam und über Jahre. Ihre Ursache ist in den allermeisten Fällen eine KHK und/oder Bluthochdruck. Nur wenige Fälle gehen auf Herzklappenfehler, Herzrhythmusstörungen und Herzmuskelerkrankungen zurück. Erschöpfung durch Mehrarbeit Beim Bluthochdruck muss das Herz Mehrarbeit leisten, um das Blut zu pumpen. Diese Mehrarbeit kann es meist auch jahrelang leisten. Irgendwann ist es jedoch erschöpft und seine Leistung lässt nach. Bei der KHK sorgt ständiger wiederkehrender Sauerstoff- Wassereinlagerungen an den Knöcheln und dem Fußrücken können Sie selbst ertasten. Diese sind ein typisches Zeichen einer Herzinsuffizienz. mangel dafür, dass einzelne Muskelzellen absterben. Im Falle eines Herzinfarktes kann ein ganzer Bezirk des Herzens seine Pumpkraft verlieren. Die restlichen Muskelzellen können diese Verluste zwar eine Weile ausgleichen, indem sie mehr arbeiten. Irgendwann aber sind auch sie erschöpft. Bei Herzklappenfehlern ist eine der vier Herzklappen entweder undicht oder verengt. Auch hier muss das Herz unnötige Mehrarbeit leisten, weil es entweder das Blut durch die verengte Herzklappe pressen muss oder das bereits gepumpte Blut durch eine undichte Klappe wieder zurückfließt. Auch Herzrhythmusstörungen können zu unnötiger Mehrarbeit führen. Beim Vorhofflimmern zum Beispiel verliert der Vorhof die Fähigkeit zur rhythmischen Kontraktion. Dadurch kann er nicht mehr bei der Befüllung der Kammer mithelfen. Diese zieht sich dann schon zusammen, wenn sie noch gar nicht richtig gefüllt ist. Die Folge ist ein verminderter Blutausstoß pro Herzschlag. Das Herz braucht mehr Schläge, um die gleiche Menge Blut zu fördern. Vorhofflimmern ist übrigens gar nicht so selten. In Deutschland leiden rund 800.000 Menschen daran. Wird ein Vorhofflimmern rechtzeitig entdeckt, kann es in vielen Fällen erfolgreich behandelt werden. Wenn die Luft wegbleibt Herzinsuffizienz macht sich zunächst bei körperlicher Belastung bemerkbar. Schon nach ein paar Treppenstufen bleibt Ihnen die Luft weg und Sie brauchen eine Pause, um wieder zu Atem zu kommen. Müdigkeit, Erschöpfungszustände und eine verminderte Leistungsfähigkeit können weitere Zeichen sein. Typisch sind auch Wassereinlagerungen im Gewebe, sogenannte Ödeme, vor allem an Knöcheln und Fußrücken. Im Schlaf verschwinden sie meist wieder, weil sich das Herz im Liegen weniger anstrengen muss. Weil die Flüssigkeit dann nachts aus den Geweben wieder ins Blut zurückgeht, kann sie nun von den Nieren ausgeschieden werden. Die Folge ist, dass man nachts häufiger mal zur Toilette muss. Das Wasser lagert sich aber nicht nur in den Beinen ein. Es kann auch in die Lungenbläschen geraten. Dieses „Wasser in der Lunge“ führt zu schwerer Luftnot und und zu Hustenanfällen mit schaumigem Auswurf. Eine Herzinsuffizienz lässt sich nur in Ausnahmefällen heilen. Fast immer wird sie im Laufe der Zeit schlimmer. Während die Beschwerden zunächst nur bei schwerer körperlicher Belastung auftreten, können sie nach Jahren auch in Ruhe vorkommen. Eine Einteilung in verschiedene Schweregrade erlauben die sogenannten NYHA-Stadien (siehe Tabelle). Mit ihrer Hilfe kann man das Voranschreiten der Erkrankung überwachen und Behandlungserfolge kontrollieren. Herzschwäche auf der Spur Bei Verdacht auf eine Herzinsuffizienz wird der Arzt zunächst einmal das Herz und die Lunge abhören und die Füße und Beine auf Wassereinlagerungen untersuchen. Aufgrund der Krankengeschichte und des Befundes der körperlichen Untersuchung wird er abschätzen, welche weiteren Maßnahmen nötig sind. Hilfreich bei der Diagnose sind Blutuntersuchungen, EKG und Herzultraschall. Bei der Blutuntersuchung kann der Arzt feststellen, ob eine Herzschwäche oder etwa eine Blutarmut die Atemnot hervorruft. Im EKG kann er sehen, ob das Herz durch einen Herzinfarkt vorgeschädigt ist oder ob eine Herzrhythmusstörung vorliegt. Der Herzultraschall gibt Aufschluss über die Herzgröße und -form sowie die Wandstärke des Herzens. Er erlaubt eine Beurteilung der Herzklappen sowie der 39 Kapitel 4 geförderten Blutmenge pro Schlag. Um der Ursache auf die Spur zu kommen, können weitere Untersuchungen nötig sein. Im Falle einer KHK als Ursache kann beispielsweise eine Herzkatheteruntersuchung hilfreich sein. Zum Einsatz kommen außerdem Aufnahmen mit Röntgenstrahlen, Magnetresonanz und Szintigraphien. NYHA-Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz I Keine Beschwerden bei alltäglicher Belastung, erkennbare Veränderungen nur bei ärztlicher Untersuchung II Beschwerden und Leistungsminderung bei stärkerer Belastung, keine Beschwerden bei geringer Anstrengung III Beschwerden und Leistungsminderung bei geringer Belastung, keine Beschwerden in Ruhe VI Beschwerden auch in Ruhe Ein Herzultraschall, auch Echokardiografie genannt, gibt Aufschluss über die Herzform und die Herzfunktion. Die Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz beruht auf einer Empfehlung der New York Heart Association (NYHA). Sie erfolgt anhand der Leistungsfähigkeit und der Beschwerden wie Luftnot, Erschöpfung, Angina Pectoris und Herzrhythmusstörungen. 40 5. Kapitel Bewegung, Ernährung, Entspannung Was können Sie selbst tun? 41 Bewegung, Ernährung, Entspannung Was können Sie selbst tun? Kapitel 5 Gesunde Ernährung ist eine gute Möglichkeit, um das Herz-Gefäß-Risiko zu vermindern. Wichtig dabei ist auch die Auswahl der richtigen Zutaten. E gal, ob Sie bereits Probleme mit dem Herzen haben oder diese vermeiden wollen: Ein herzgesunder Lebensstil ist immer ratsam. Gesund bedeutet in diesem Fall: so wenig Herz-Gefäß-Risikofaktoren wie möglich. Prinzipiell kann man diese in zwei Kategorien unterteilen: • Risikofaktoren wie Alter oder Vererbung, die man nicht beeinflussen kann • Risikofaktoren wie Rauchen oder Bluthochdruck, die sich beeinflussen lassen Bei allen beeinflussbaren Risikofaktoren kann man selbst etwas tun, um sie zu vermeiden. Spätestens wenn eine KHK oder eine Herzinsuffizienz diagnostiziert wurde, lohnt es sich, alle Register zu ziehen. Nur wenn Eigeninitiative nicht ausreicht, muss der Arzt zusätzlich Medikamente verschreiben. Die gute Nachricht: Eine herzgesunde Lebensweise geht nicht nur mit Verzicht einher. Gesunde Ernährung kann lecker sein und Bewegung heißt nicht langweiliges Abstrampeln auf dem Hometrainer. Wer seine Erkrankung auch als Chance versteht, der hat spätestens jetzt eine Gelegenheit, einige Dinge zu ändern und Neues auszuprobieren. 42 Kapitel 5 Das können Sie selbst für Ihre herzgesunde Zukunft tun – und zwar besser ab heute als morgen: • Rauchen abgewöhnen: Das wollen Sie vielleicht schon länger, aber spätestens die Erkenntnis, dass ein erhöhtes Herzrisiko oder bereits eine Herzerkrankung besteht, sollte den Ausschlag geben, Geplantes in die Tat umzusetzen. • Mehr körperliche Bewegung: Das senkt den Blutdruck, das Cholesterin, den Blutzucker und das Gewicht – und kann eine Menge Spaß machen. • Das ganze Jahr essen wie im Urlaub: Eine sogenannte mediterrane Diät mit viel Fisch, Gemüse und Olivenöl sorgt für niedriges Risiko und hohen Genussfaktor. • Dem Stress den Stecker ziehen: Stress kann man erkennen und vermeiden lernen. Entspannungstechniken helfen zusätzlich, den Puls nach unten zu bringen. Ihr Arzt kann Sie bei allen diesen Punkten beraten. Aber auch in diesem Buch sowie im Internet gibt es hervorragende Informationen, beispielsweise auf der Homepage der AOK: www.aok.de Gehen Sie Schritt für Schritt vor Nehmen Sie sich nicht zu viel auf einmal vor! Das gilt auch für den herzgesunden Lebensstil: Gute Ziele sind nur solche, die man auch erreichen kann. Sonst kommt es leicht zu Enttäuschungen und man möchte die ganze Sache hinwerfen. Sobald Sie Ihr erstes Ziel erreicht haben, können Sie stolz sein und sich ein weiteres stecken. Sie brauchen nicht in zwei Wochen das ganze Leben umzukrempeln. Packen Sie die Punkte an, die Erfolge auf lange Sicht versprechen. Rauchen: Aufhören senkt das Risiko Vielleicht kennen Sie die Fakten schon: In Deutschland rauchen 33 % der Erwachsenen – 37 % der Männer und 31 % der Frauen. Nach aktuellen Schätzungen sterben in Deutschland jedes Jahr zwischen 110.000 und 140.000 Menschen an tabakbedingten Krankheiten. Insgesamt sind Zigaretten an der Entstehung von ungefähr 40 Erkrankungen beteiligt. Dass rauchen gesundheitsschädlich ist, dürfte heute jedem bekannt sein. Schließlich prangen entsprechende Hinweise mittlerweile in großen Buchstaben auf jeder Zigarettenpackung. Setzen Sie dieses Wissen jetzt für Ihre Gesundheit ein, denn die gute Nachricht ist, dass durch einen Rauchstopp die Gesundheit deutlich positiv beeinflusst wird. Ihr Risiko, eine tabakbedingte Krankheit zu bekommen, geht nach der letzten Zigarette wieder zurück. Auch wenn schon eine tabakrauchbedingte Erkrankung wie zum Beispiel eine KHK vorliegt, kann ein Rauchverzicht das Fortschreiten deutlich bremsen. So profitieren Sie von Ihrem Rauchstopp 43 Kapitel 5 • Nach 20 Minuten: Puls und Blutdruck sinken auf normale Werte. Die Körpertemperatur in Händen und Füßen normalisiert sich. • Nach 8 Stunden: Der Kohlenmonoxidspiegel im Blut sinkt, der Sauerstoffspiegel steigt wieder auf die normale Höhe. • Nach 24 Stunden: Das Risiko, einen Herzinfarkt zu bekommen, beginnt zu sinken. • Nach 48 Stunden: Riechen und Schmecken funktionieren wieder besser. • Nach 2 Wochen bis 3 Monaten: Die Lungen- und Kreislauffunktion stabilisieren sich. • Nach 1 bis 9 Monaten: Kurzatmigkeit und Lungensymptome wie Dauerhusten gehen zurück. • Nach 1 Jahr: Das rauchbedingte KHKRisiko sinkt auf die Hälfte des Risikos eines Rauchers. • Nach 5 Jahren: Das Lungenkrebsrisiko hat sich halbiert. • Nach 10 Jahren: Das Lungenkrebsrisiko ist nicht mehr höher als bei einem Nichtraucher. • Nach 15 Jahren: Das Risiko einer HKH ist nicht mehr höher als bei einem lebenslangen Nichtraucher. (Quelle: American Cancer Society) 44 Kapitel 5 Das Rauchen beenden Rauchen kann genauso wie Alkohol oder Rauschgift süchtig machen. Der wichtigste suchterzeugende Stoff in Tabak ist das Nikotin, eines der stärksten Pflanzengifte. Direkt in eine Vene gespritzt, können bereits 60 Milligramm für einen Menschen tödlich sein. Mit dem Zigarettenrauch gelangt das Nikotin über die Lungenbläschen ins Blut und erreicht innerhalb von fünf bis zehn Sekunden das Gehirn. Dort entfaltet es seine Wirkung. Je nach psychischer Situation wirkt es bei niedriger Dosierung anregend, bei höherer Dosierung entspannend und beruhigend. Im Körper führt es zu einer Gefäßverengung und Pulszunahme. Da sich das Gehirn und der Körper an eine regelmäßige Nikotinzufuhr gewöhnen, leiden viele unter Entzugssymptomen, wenn sie eine Weile nicht rauchen. In der ersten Phase kann vor allem der Drang zu rauchen sehr stark sein. Die gute Nachricht ist, dass die Entzugssymptome ihre stärkste Ausprägung ein bis zwei Tage nach der letzten Zigarette erreichen und dann deutlich nachlassen. In der Regel sind sie nach ein bis drei Wochen völlig verschwunden. Das Verlangen nach einer Zigarette kann aber auch Monate oder Jahre später immer mal wiederkehren – besonders in Phasen starker psychischer Belastung. Zusätzlich zur körperlichen Abhängigkeit kann eine psychische Abhängigkeit im Sinne einer Gewohnheit bestehen. Das tritt vor allem dann auf, wenn Zigaretten in bestimmten Situationen geraucht wurden, beispielsweise nach dem Essen oder nach Beendigung einer Arbeit. Der Nikotinkonsum wird dann oftmals unbewusst mit einer angenehmen Situation gleichgesetzt. Die beste Methode für Sie? Sie können zwei Methoden nutzen, um mit dem Rauchen aufzuhören: die Schlusspunktmethode und die Reduktionsmethode. Bei der Schlusspunktmethode hört man einfach von einem Tag auf den anderen auf. Bei der Reduktionsmethode werden immer weniger Zigaretten geraucht, um so Schritt für Schritt den Rauchstopp zu erreichen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass Diese Nikotin-Entzugssymptome können bei Ihnen auftreten • • • • • • • • • • • • • Unruhe Ungeduld Gereiztheit Ärgergefühle Ängstlichkeit Konzentrationsstörungen Müdigkeit Schlafstörungen niedergeschlagene Stimmung Verstopfung Verdauungsstörungen Kopfschmerzen vermehrter Hunger und Gewichtszunahme die Schlusspunktmethode bessere Ergebnisse erzielt als die Reduktionsmethode. Sie soll daher im Folgenden näher erklärt werden. Für die Schlusspunktmethode brauchen Sie eine gewisse Vorbereitung und Planung. Es kann zum Beispiel helfen, den Ausstieg mit einem Urlaub zu verbinden. Plant man diesen Urlaub so, dass man seine Ruhe hat, ist man nicht im alltäglichen Trott und seltener in Situationen, in denen die Zigarette einfach dazugehörte. Körperliche Bewegung etwa in Form von Wanderungen hilft Ihnen dabei, von eventuellen Entzugssymptomen abzulenken. Ideal für einen Rauchstopp kann auch ein RehaAufenthalt sein. So bereiten Sie sich vor Beobachtung des eigenen Rauchverhaltens Erarbeitung von Gründen für den Ausstieg Vorbereitung auf kritische Situationen und Erlernen von alternativen Verhaltensweisen zum Rauchen (z. B. Entspannungstechniken) • Inanspruchnahme von sozialer Unterstützung (beispielsweise Gespräche mit Freunden, die schon aufgehört haben, oder Wetten mit Bekannten und Arbeitskollegen, dass man es schafft) • Strategien für den Umgang mit möglichen Rückfällen • Belohnung für erfolgreiche Schritte • • • 45 Kapitel 5 46 Kapitel 5 Tipps für Ihren Erfolg • Schon vor dem Rauchstopp mit einem Tagebuch beginnen und aufschreiben, in welchen Situationen man raucht. Diese Situationen in der Entwöhnungsphase dann bewusst vermeiden. • Den Rauchstopp auf einen stressfreien Termin legen, beispielsweise den Urlaub oder ein langes Wochenende. • Mit Angehörigen, Freunden und Bekannten reden, die bereits aufgehört haben. • Den Vorsatz, Nichtraucher zu werden, möglichst vielen Menschen in der eigenen Umgebung mitteilen. Eventuell Wetten abschließen. • Die Familie, Freunde oder Arbeitskollegen bitten, Sie auf dem Weg zum Nichtraucher zu unterstützen. • Alle Zigaretten und Rauchutensilien aus der Wohnung verbannen. • Kaugummis oder Bonbons bereithalten, denn in einem vollen Mund hat eine Zigarette keinen Platz. • Immer daran denken, dass Entzugserscheinungen ein positives Zeichen der Tabakentwöhnung sind. • Feiern Sie die letzte Zigarette und nehmen Sie dann für immer Abschied davon. Kauen statt rauchen Nikotinersatzpräparate gibt es in Form von Pflastern, Kaugummis und Lutschtabletten rezeptfrei in Apotheken. Diese Produkte können die Entzugssymptome abmildern, indem sie Ihrem Körper während der Entwöhnung Nikotin zuführen. Die Nikotinzufuhr geschieht dabei langsamer als mit einer Zigarette. Dadurch fehlt gegenüber dem Rauchen der „Kick“, was das Suchtpotenzial vermindert. Eine konsequente Verminderung der Dosis soll bei dieser Methode letztendlich zu einem völligen Nikotinverzicht führen. Grundsätzlich können Ihnen alle Produkte wirksam bei der Entwöhnung helfen. Tabakentwöhnung mit Medikamenten Nikotinersatzpräparate gibt es rezeptfrei in der Apotheke. Es gibt Medikamente, die eine Raucherentwöhnung unterstützen. Von ihnen sind keine Wunder zu erwarten, aber sie helfen, indem sie das Verlangen nach einer Zigarette mindern. Wenn Sie versuchen wollen, mithilfe eines dieser Medikamente aufzuhören, sollten Sie mit Ihrem Arzt sprechen, denn alle diese Medikamente sind verschreibungspflichtig. Die Kosten für die entsprechenden Präparate werden im Normalfall allerdings nicht von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen. Akupunktur und Hypnose Akupunktur und Hypnose sind bei bestimmten Krankheitsbildern anerkannte medizinische Methoden. Im Bereich der Tabakent- wöhnung gibt es allerdings keine gesicherten wissenschaftlichen Beweise für einen Nutzen. Entspannen Sie sich Entspannung ist ein wirksames Mittel gegen Stress. Da Stress oftmals einen Impuls zum Rauchen auslöst, können Entspannungstechniken für Sie ein wichtiger Baustein in der Tabakentwöhnung sein. So können Sie Entzugserscheinungen wie Reizbarkeit und Unruhe wirksam mildern. Entspannungstechniken (z. B. progressive Muskelentspannung oder autogenes Training) sind in Kursen oder auch mit Selbsthilfebüchern erlernbar. Die AOK bietet ebenfalls Kurse zur Entspannung und Stressbewältigung an und auch in diesem Kapitel finden Sie einige nützliche Hinweise. Tun Sie den ersten Schritt Setzen Sie sich in Bewegung Bewegung tut Leib und Seele gut – und ganz besonders dem Herzen. Deshalb wird Ihr Arzt bei einem erhöhten Risiko für Herz-GefäßErkrankungen zu regelmäßiger Bewegung raten. Denn es ist nachgewiesen, dass Bewegung viele Risikofaktoren für eine KHK positiv beeinflusst. Medizinische Studien zeigen, dass ausreichende Bewegung die Funktion des Herzmuskels und der Arterien verbessert, den Blutdruck senkt, die Fließeigenschaften des Blutes verbessert, Fett abbaut und den Blutzuckerspiegel effektiv senkt. Kurz gesagt: Bewegung ist Ihr wichtigster Schlüssel zur Herzgesundheit. Dabei heißt regelmäßige Bewegung nicht, plötzlich als Leistungssportler Marathon zu laufen. Es bedeutet einfach, dass Sie mehr Bewegung in den Alltag integrieren. Und das ist tatsächlich leichter, als Sie jetzt vielleicht denken. Denn in unserem modernen Leben ist Bewegung so selten geworden, dass buchstäblich jeder Schritt, den Sie tun, ein Schritt in die richtige Richtung ist. Zugegeben: Wenn Sie viele Jahre lang wenig Bewegung hatten, fällt es gewiss nicht leicht, die Gewohnheiten zu ändern. Das Wichtigste ist aber, dass Sie den ersten Schritt tun und Bewegung Stück für Stück in Ihren Alltag integrieren. Fangen Sie am besten mit kleinen Dingen an: lieber die Treppe gehen, als den Aufzug benutzen, lieber die Einkäufe zu Fuß erledigen als mit dem Auto. Machen Sie täglich einen Spaziergang. Und genießen Sie Ihre neue Freiheit! Wenn Sie Freude an der Bewegung entwickeln, möchten Sie mehr davon. Und diese Freude ist wichtig, um dauerhaft aktiv zu bleiben. Wussten Sie schon ... ... dass Menschen, die sich mehr bewegen, mehr Freude am Leben haben? ... dass körperliche Aktivität Ihre allgemeine Leistungsfähigkeit steigert? 47 Kapitel 5 Wichtig ist der erste Schritt: Der tägliche Spaziergang ist ein guter Anfang für mehr Bewegung. 48 Kapitel 5 Ihr kostenloses Fitnesstraining Treppen steigen statt Aufzug nehmen Wozu auf ein Steppgerät steigen, wenn man die Treppe doch im Haus hat? Mit dem Fahrrad zum Einkaufen fahren Mal ehrlich – geht es mit dem Auto so viel schneller? Jeden Tag einen Spaziergang machen Wer einen Hund hat, hat keine Ausrede mehr. Auch Hausarbeit hält fit Eine Stunde putzen verbrennt ca. 500 Kalorien. Kinder sind die besten Trainer Bewegungsspiele tun allen Generationen gut. Fernsehen mal anders Auch vor dem Fernseher kann man Gymnastik machen. ... dass Sie mit Bewegung nachweislich Stress abbauen? ... dass Sie durch Bewegung leichter abnehmen? ... dass man mehr Lust auf Sex hat, wenn man sich insgesamt mehr bewegt? ... dass Bewegung sichtbar vitaler und jünger hält? Wer einmal erlebt hat, wie gut es tut, sich zu bewegen, wird schnell Lust auf mehr Bewegung entwickeln. Dabei gilt es, genau die Aktivitäten zu finden, die zu Ihnen passen. Möglichkeiten gibt es viele. Doch so positiv Bewegung für das Herz auch ist: Es sollte nicht überfordert werden. Sprechen Sie zuerst mit Ihrem Arzt Bevor Sie eine neue körperliche Aktivität beginnen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre individuelle Belastbarkeit. Unter Umständen ist dazu ein Belastungs-EKG nötig. Ihr Arzt wird vermutlich auch dazu raten, in einem bestimmten Bereich der maximalen individuellen Belastungsfähigkeit zu trainieren. Dies kann man am besten über die Pulsfrequenz kontrollieren, die der Arzt vorgibt und von Ihnen regelmäßig und zuverlässig mit einer Pulsuhr gemessen werden kann. Bei Patienten Bei Patienten, die Betablocker einnehmen, ist dies allerdings nicht möglich. Genießen Sie die Bewegung für Ihr Herz 49 Kapitel 5 50 Kapitel 5 1. Wohlfühlen: Ihre sportliche Aktivität kann auch Wellness sein. Wer nur nach Höchstleistungen strebt, verliert rasch die Lust. 2. Locker bleiben: Warum immer so angestrengt beim Sport? Es macht viel mehr Spaß, wenn man locker bleibt und sich nicht stresst. 3. Stresskiller: Nichts anderes hilft Ihnen so gut, Stresshormone zu reduzieren, wie Bewegung. 4. Gut drauf: Manchmal fällt es Ihnen vielleicht schwer, sich aufzuraffen, Sport zu machen. Die beste Motivation: der Gedanke an das gute Gefühl danach. 5. Keine Stoppuhr: Sport muss kein Leistungssport sein und Wettkämpfe belasten oft mehr, als sie nützen. Ohne Stoppuhr und Leistungsdruck geht es besser. 6. Selbstbewusstsein: Sie können auch auf kleine Erfolge stolz sein – zum Beispiel darauf, überhaupt aktiv geworden zu sein. Welche Sportart passt zu Ihnen? Bei Herz-Gefäß-Problemen sind besonders Ausdauersportarten ratsam für Sie. Dazu zählen z. B. Walken, Radfahren, Schwimmen oder der gute alte Dauerlauf, aber auch Inlineskating, längeres Tanzen, Nordic Walking oder Wandern. Bestimmte Sportarten sollten Sie hingegen meiden: zum Beispiel Bodybuilding oder Gewichtheben. Auch viele leichtathletische Sportarten oder Sportarten, bei denen Sie sich kurzfristig sehr anstrengen müssen, wie Fußball oder Handball sollten Sie meiden. Bei der Auswahl der passenden Sportart kann Ihr Arzt gute Ratschläge geben. Damit Ihre neue sportliche Betätigung auch tatsächlich dazu beiträgt, das Herz gesund zu halten und Risiken zu minimieren, sollte sie langfristig und regelmäßig betrieben werden. Empfohlen wird, jeden Tag mindestens 30 Minuten körperliche Aktivität – zum Beispiel zügiges Gehen. Über die Zeit können Sie die Häufigkeit, Dauer und Intensität des Trainings steigern. Vor Beginn einer neuen sportlichen Aktivität: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt. Erfüllte Sexualität Oft befürchten Menschen mit Herz-GefäßProblemen, dass sexuelle Aktivitäten das Risiko eines Herzinfarktes erhöhen. Die gute Nachricht: Diese Gefahr ist selbst dann sehr gering, wenn Sie bereits einen Herzinfarkt erlitten haben. Als Faustregel gilt: Jeder Mensch, auch der Herzkranke, der beschwerdefrei zwei Etagen Treppen steigen kann, hat genügend körperliche Kräfte für ein erfüllendes Liebesleben. Trotzdem sollte man sich genug Zeit und Muße nehmen und auf körperlich anstrengende Praktiken verzichten. Außerdem sollte zuvor auf Alkohol oder schwere Mahlzeiten verzichtet werden. Wenn der Arzt ein Nitrospray oder Nitrokapseln für den Bedarfsfall verordnet hat, können diese vorbeugend angewendet werden. Verwenden Sie auf keinen Fall Potenzmittel, sofern dies nicht vorab mit dem Arzt besprochen wurde. In der Gruppe macht Bewegung noch mal so viel Spaß. Ist die Herzgruppe etwas für Sie? In Deutschland leiden Millionen von Menschen an Herz-Gefäß-Erkrankungen. Daher haben sich in vielen Städten und Gemeinden sogenannte ambulante Herzgruppen gebil- det, in denen Betroffene gemeinsam aktiv werden. Unter ärztlicher Begleitung und mit sachkundigen Trainern erfahren Sie hier, welche Sportarten für Sie geeignet sind. Es werden Bewegungstherapien angeboten, die speziell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Darüber hinaus gibt es Informationsveranstaltungen, Kochkurse für herzgesunde Küche und weitere gemeinsame Aktivitäten. Kurz: Die ambulanten Herzgruppen sind der optimale Treffpunkt, wenn Sie sich mit Ihrer Krankheit auseinandersetzen, aktiv für Ihre Herzgesundheit werden und dabei das Verständnis und die Unterstützung von Mitbetroffenen nutzen möchten. Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt nach entsprechenden Angeboten in Ihrer Nähe. Weniger Gewicht – gesünderes Herz Wenn es ums Gewicht geht, ist weniger tatsächlich mehr. Vor allem, weil schon ein paar Pfunde weniger eine große Auswirkung auf die Gesundheit haben – und damit auch auf die Herzgesundheit. Denn Übergewicht ist ein häufiger Auslöser von Bluthochdruck und Stoffwechselproblemen wie Fettstoffwechselstörungen und Zuckerkrankheit. Beides gehört zu den wichtigsten Risikofaktoren für einen Herzinfarkt. Außerdem muss das Herz auch einfach mehr arbeiten, wenn der Körper mehr Gewicht bewegen muss. Kurz: Mit jedem Pfund weniger tun Sie aktiv etwas für sich und Ihr Herz! Abnehmen auf Dauer ist schlauer Allerdings ist das nicht so einfach, wie es sich anhört. Wenn Sie schon einmal den Versuch gemacht haben, dauerhaft abzunehmen, wissen Sie das. Dabei ist der Anfang schon schwer genug: erst einmal Gewicht zu verlieren. Aber noch viel schwerer ist es, dieses neue Gewicht auch dauerhaft zu halten. Viele Diäten, die in Zeitschriften, Ratgebern oder im Internet angeboten werden, mögen zwar helfen, kurzfristig die Pfunde purzeln zu lassen. Das Geheimnis der sinnvollen Gewichtsreduzierung liegt aber darin, das neue Gewicht auch zu halten. Und das ist die weitaus größere Herausforderung. Vielleicht geben Sie jahrelange Ernährungsgewohnheiten für die Dauer einer „Abnehm-Diät“ auf. Schnell schleichen diese sich aber wieder ein, wenn die Diät beendet ist. Und dann ist der berüchtigte Jo-Jo-Effekt quasi vorprogrammiert. Daher ist eine dauerhafte Umstellung der Essgewohnheiten der Schlüssel zum Erfolg einer dauerhaften Gewichtsreduzierung, die nicht nur Ihrem Herzen und den Gefäßen, sondern Ihrem ganzen Körper und auch Ihrem allgemeinen Wohlbefinden gut tut. So kriegen Sie Ihr Fett weg Zugegeben: Manche Menschen nehmen leichter an Gewicht zu als andere. Aber in den allermeisten Fällen ist Übergewicht kein unvermeidliches Schicksal, sondern kann direkt durch das eigene Verhalten beeinflusst werden. Dabei spielen verschiedene Faktoren beim Abschmelzen der überflüssigen Pfunde eine Rolle. Der wichtigste ist das Bewusstsein für überflüssige Kalorien. 51 Kapitel 5 3. Ich kaue langsam und gründlich. Denn der Körper braucht einige Minuten, bis ein Sättigungsgefühl eintritt. Denn wer schlingt, isst noch, wenn er eigentlich schon genug hat. 4. Ich trinke ausreichend. Wer genug Wasser oder Ungesüßtes trinkt, hat weniger Hunger. Aber Vorsicht: Süße Getränke oder Alkohol enthalten sehr viele Kalorien. Daher sind sie zu meiden. 5. Ich gönne mir gelegentlich eine Leckerei. Wer sich genaue Grenzen setzt, dem fällt es leichter, die Leckerei in Maßen zu genießen. 52 Kapitel 5 Weniger Kalorien Kalorien sind grundsätzlich nichts Schlechtes. Jeder Mensch benötigt Energie, damit der Körper funktioniert. Allerdings ist es in unserer Überflussgesellschaft meist so, dass wir mehr Kalorien zu uns nehmen, als wir verbrennen. Das führt dann zu Übergewicht. Deshalb wird bei der Gewichtsabnahme immer die Reduktion der Kalorienaufnahme eine wichtige Rolle spielen. Meine Checkliste hilft mir beim richtigen Einkaufen. Bin ich ein „Birnen-“ oder ein „Apfel-Typ“? Mehr Verbrennung Zu einer ausgewogenen Lebensweise gehört jedoch noch mehr, als nur auf die Ernährung zu achten. Daher wird Ihr Arzt empfehlen, dass Sie nicht nur weniger Kalorien zu sich nehmen, sondern auch durch Bewegung und sportliche Aktivität mehr Kalorien verbrauchen. Achtsamkeit beim Essen Beginnen Sie damit, im Alltag auf das Essen zu achten. Denn viele „Sünden“ im Essverhalten kommen dadurch zustande, dass wir uns nicht mit dem befassen, was eigentlich das Wichtigste sein sollte: die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Körpers zu erhalten. Meine Einkaufs-Checkliste 1. Zum Einkaufen gehe ich nur dann, wenn ich vorher ausreichend gegessen habe und nicht hungrig bin. 2. Ich nehme mir Zeit für mein Essen. Wer immer „nebenher“ und „zwischendurch“ isst, neigt dazu, mehr zu sich zu nehmen als nötig – und auch oft noch Falsches wie Süßigkeiten oder Snacks. Neuere Forschungen zeigen, dass in Sachen Herz-Gefäß-Risiko offenbar Fettgewebe nicht gleich Fettgewebe ist. Besonders bei Frauen spielt es eine Rolle, wo am Körper das Fett angelagert ist. Dabei hat offenbar der Mensch einen Vorteil, dessen Fettablagerungen sich auf Hüfte und Oberschenkeln finden – der „Birnen-Typ“. Hier scheint das Fett weniger negative Auswirkungen zu haben. Dagegen hat derjenige das Nachsehen, dessen Fett eher am Bauch angelagert ist („Apfel-Typ“). Bei ihm wirkt sich das Übergewicht stärker auf das Herz-GefäßRisiko aus. Daher gilt der Bauchumfang als Hinweis auf das individuelle Risiko. Er sollte bei Frauen 80 cm und bei Männern 90 cm nicht übersteigen. Genießen Sie wie im Urlaub Bei der Erinnerung an Ihren letzten Urlaub in Südeuropa denken Sie wahrscheinlich auch an leckeres Essen. Aber wussten Sie, dass sich ausgerechnet die mediterrane Küche und Lebensweise für eine herzgesunde Ernährung eignen? Wissenschaftliche Studien haben genau das eindrucksvoll bewiesen: Viermal weniger Menschen leiden in den Mittelmeerländern an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als bei uns. Warum? Nun, unsere südlichen Nachbarn nehmen einfach mit ihrer Nahrung viele Inhaltsstoffe auf, die dem Herzen und den Gefäßen gut tun. Die mediterrane Küche • Viel Fisch, viel Geflügel, wenig dunkles Fleisch Viel Salat, Obst und Gemüse Reis, Brot, Teigwaren (ohne Ei) Hülsenfrüchte und Nüsse Oliven- oder Rapsöl Kräuter und Knoblauch statt Salz Gelegentlich ein Glas Wein Denn die mediterrane Küche besteht hauptsächlich aus Gemüse, Salat, Obst, Brot, Teigwaren (ohne Ei) und Hülsenfrüchten. Schweine- und Rindfleisch sowie Eier stehen eher selten auf dem Speiseplan, dafür werden aber gern Fisch und Geflügel serviert. Als Fette werden Oliven- oder Rapsöl eingesetzt. All das sorgt dafür, dass immer ausreichend Ballaststoffe, Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe aufgenommen werden. Dass die mediterrane • • • • • • Küche auch noch kalorienärmer ist als unsere traditionelle nordeuropäische Küche, kommt praktisch als „Nebeneffekt“ dazu. Kurzum: Es gibt mehr als genug Gründe, die mediterrane Ernährungsweise in Ihren Alltag aufnehmen. Holen Sie sich alles, was Sie für Ihre Herzgesundheit brauchen – und das ganz ohne Verzicht! 53 Kapitel 5 Nähere Informationen erhalten Sie unter www.abnehmen-mit-genuss.de oder bei der AOK. Tipps und Tricks für die gesunde Ernährung Kapitel 5 Die Mischung macht’s Abwechslung, Auswahl und richtige Zusammenstellung der Nahrungsmittel machen das Essen zu einem gesunden Genuss. Die Lebensmittelpyramide auf der vorigen Seite zeigt, wie die tägliche Ernährung zusammengestellt sein sollte. Abnehmen mit Genuss: ein Programm der AOK Gewicht reduzieren und dauerhaft schlank bleiben – dabei unterstützt Sie das Programm „Abnehmen mit Genuss“ der AOK. Es begleitet Sie bis zu neun Monate kontinuierlich, per Post, E-Mail oder Telefon. Ein Expertenteam aus Psychologen, Ernährungs- und Sportwissenschaftlern berät Sie individuell. Das sichert den langfristigen Erfolg. Darüber hinaus gibt es kostenlos die praktische App „Der Fettfallenfinder“ für Ihr Smartphone. Damit analysieren Sie Ihr Essverhalten pro Mahlzeit, Tag und Woche, erhalten Tipps für leichte und leckere Alternativen und nutzen praktische Funktionen wie einen Schrittzähler oder den Kalorienverbrauchszähler bei körperlicher Aktivität. 54 Frisches und Knackiges Der Bauchumfang sollte nicht übersteigen: bei Frauen 80 cm, bei Männern 90 cm. Viel Obst und Gemüse, entweder frisch, kurz gegart oder auch als Saft – das ist eine ideale Ergänzung zu jeder Mahlzeit. Denn diese Nahrungsmittel versorgen den Körper optimal mit Vitaminen, Mineralstoffen sowie Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen. Alles Käse? In Milchprodukten wie Milch und insbesondere Käse kann sich viel Fett verstecken. Aber die fettarmen Varianten sind eine gute Alternative, die auf den ausgewogenen Speiseplan gehören. Unser täglich Brot Brot, vor allem wenn es Vollkornbrot ist, enthält viele Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe. Daher gehört es unbedingt auf den gesunden Speiseplan, auch mehrmals täglich. Dies gilt ebenfalls für Nudeln, Reis und Getreideflocken. Aber dabei immer auf versteckte Fette und Zucker achten! Ein guter Fang für die Gesundheit Für die Gesundheit lohnt es sich auf jeden Fall, öfter mal Fisch zu essen. Denn Fisch enthält wertvolle Omega-3-Fettsäuren, die das Herz schützen. Es geht um die Wurst Bei Fleisch und Wurst ist weniger mehr. Maximal 600 Gramm pro Woche werden empfohlen. Und die sollten möglichst mager sein. Das Fett muss weg Nein, ganz auf Fett müssen Sie nicht verzichten. Aber mehr als ca. 80 Gramm am Tag dürfen es nicht sein. Am besten nutzen Sie pflanzliche Öle und Fette (z. B. Raps- und Sojaöl). Für alles ist ein Kraut gewachsen Salz im Übermaß führt zu Bluthochdruck und das wiederum ist schlecht fürs Herz. Gut, dass man auch mit Kräutern und Gewürzen und wenig Salz Leckeres zubereiten kann. Ein Gläschen in Ehren Wasser und ungesüßte Getränke sollte man immer reichlich trinken. Wenn es um Alkohol geht, muss man vorsichtiger sein. Zwar sagen manche Studien, dass ein gelegentliches Glas Rotwein gut fürs Herz sein soll. Aber dafür hat Alkohol sehr viele Kalorien und weitere schädliche Eigenschaften. Ganz schön knackig Wer schonend gart, mit wenig Wasser und Fett kocht und idealerweise Obst und Gemüse auch roh verzehrt, holt das Beste aus den Lebensmitteln heraus: alle Vitamine und Nährstoffe. 55 Kapitel 5 Süßes, Alkohol, Limonaden, Knabbereien Die Ernährungspyramide zeigt auf einen Blick, wie Sie Ihr Essen zusammenstellen sollten. Fette, Öle Tierisches Eiweiß, Milchprodukte Getreideprodukte, Kartoffeln Obst, Gemüse Getränke 56 So schützen Sie Ihr Herz beim Essen Kapitel 5 Nahrungsmittel Schutzfaktor Wirkungen Empfehlung/ Bemerkung Seefisch Omega-3-Fettsäuren Wirkt wahrscheinlich entzündungs- und gerinnungshemmend sowie positiv auf den Fettstoffwechsel 2-mal wöchentlich Fisch essen Vollkornprodukte, Obst, Gemüse Ballaststoffe Senken den Cholesterinspiegel Stets so ballaststoffreich wie möglich essen Oliven- und Rapsöl Einfach ungesättigte Fettsäuren Besonders verträglich für den Stoffwechsel, vermutlich ähnliche schützende Eigenschaften wie Omega-3-Fettsäuren Am besten immer verwenden Bananen, Kernobst, Fisch Kalium, Magnesium Schützt vor Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen Zusätzliche Zufuhr bei festgestelltem Mangel Obst, Gemüse Vitamine und Antioxidanzien Stärken das Immunsystem und schützen die Blutgefäße Vitaminreiche Kost grundsätzlich empfehlenswert. Genaue Wirkung noch nicht nachgewiesen. Vitamintabletten nur im Einzelfall nötig Gefäßschützende Wirkung vermutet Wissenschaftliche Beweise stehen noch aus, schadet aber sicher nicht Vielfältige Wirkungen Herzschutz vermutet, aber noch nicht bewiesen Knoblauch Schwarzer und grüner Tee, Gemüse, Obst, Rotwein Flavonoide Vielseitig genießen statt einseitig hungern Wenn es um gesunde Ernährung geht, scheiden sich oft die Geister. Während die einen Experten sagen, dass vor allen Dingen das Fett für Übergewicht sorgt und daher möglichst aus dem Speiseplan gestrichen werden soll, haben andere Ernährungswissenschaftler die Kohlenhydrate als Hauptursache identifiziert und raten dazu, diese weitestgehend zu meiden. Wie so oft im Leben, hat beides gute Gründe. Und genau das spricht dafür, dass Sie in einer ausgewogenen Ernährung auf beide Faktoren achten, ohne den jeweils anderen zu vernachlässigen. Sprich: Ein radikaler und einseitiger Verzicht auf Fett oder Kohlehydrate kann zwar eventuell zum kurzfristigen Abnehmen beitragen. Im Sinne einer ausgewogenen Ernährung, die auch dauerhaft durchgehalten werden kann, beschreiten Sie aber besser den guten Mittelweg. Warum das so ist, erfahren Sie jetzt. Versteckte Fette finden Am besten beginnen Sie mit der Suche nach versteckten Fetten, denn es ist oft zu viel ungesundes Fett in Lebensmitteln enthalten. Insbesondere in Fertiggerichten, Snacks und dem sogenannten Fast Food finden sich zu viele gesättigte Fette tierischen Ursprungs und Transfettsäuren. Für beide gilt: je weniger, desto besser. Denn sie werden heute als die Hauptverursacher von hohem Blutfettspiegel angesehen und gehören damit zu den größten Gefahren für Herz und Gefäße. Aber ganz ohne Fett kann der Mensch nicht leben. Gut also, dass es auch Fette gibt, die – in Maßen genossen – nicht nur nicht schaden, sondern sogar positive Eigenschaften haben. 57 Kapitel 5 Kohlenhydrate erkennen 58 Das Gleiche gilt für die Kohlenhydrate, die in jüngerer Zeit immer stärker in die Kritik geraten sind. Zugegeben: Wer einfache Kohlenhydrate wie z. B. Zucker in großen Mengen zu sich nimmt, tut seinem Körper nichts Gutes. Aber das heißt noch lange nicht, dass Kohlenhydrate schlecht wären. Im Gegenteil: Kohlenhydrate sind lebenswichtig. Es kommt nur auf die Art an. Daher greifen Sie am besten zu solchen Kohlenhydraten, die viele Ballaststoffe enthalten: Vollkornbrot, Gemüse, Vollkornreis oder Vollkornnudeln. Diese lassen den Blutzucker langsamer ansteigen als ihre „einfachen“ Verwandten. Kapitel 5 Gute Fette nutzen Pflanzliche Fette mit einem hohen Prozentsatz an einfach ungesättigten Fettsäuren zum Beispiel gelten als „gute Fette“. Dazu gehören kaltgepresstes Olivenöl, aber auch Raps-, Lein-, Walnuss- oder Sojaöl. Und das Fett, das in Seefisch wie z. B. Seelachs oder auch Nüssen vorkommt, enthält sogar herzgesunde Inhaltsstoffe: die wertvollen Omega-3-Fettsäuren, von denen man annimmt, dass sie vor Herzproblemen schützen. Gefährliche Transfettsäuren Eine Ernährung, die reich an Transfettsäuren ist, erhöht das „schlechte“ LDL-Cholesterin im Blut und senkt das „gute“ HDL-Cholesterin. Transfettsäuren finden sich in geringem Umfang im Fleisch und der Milch von Wiederkäuern (z. B. Rindern). Auch durch starkes Erhitzen von Ölen und Fetten, z. B. beim Braten bei hohen Temperaturen, können Transfettsäuren auftreten. In großem Umfang entstehen sie bei der industriellen Fetthärtung, also der Herstellung von Fetten aus Ölen. Einen erhöhten Gehalt an Transfettsäuren können folgende Produkte aufweisen: Pommes frites, Backwaren, Trockensuppen, Frühstücksflocken mit Fettzusatz, Fertiggerichte sowie Süßwaren und Snacks. Vielseitige Ernährung ist besser als einseitige Diäten. Das Salz in der Suppe Wenn Sie bereits Probleme mit dem Fettstoffwechsel haben, achten Sie in jedem Falle darauf, dass nicht zu viele Fette in die Blutbahnen gelangen. Wenn die Werte für LDL-Cholesterin und Triglyzeride zu hoch und die HDL-Werte zu niedrig sind, gilt es, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Dabei sollte natürlich auch die Cholesterinzufuhr begrenzt werden. Allerdings wird dieser Effekt manchmal überschätzt, denn durch eine cholesterinarme Ernährung, also beispielsweise den Verzicht auf Eierspeisen oder Innereien, kann der Gesamtcholesterinspiegel nur um ca. 2 % gesenkt werden. Wichtiger ist es, das „gute“ Fett, also die ungesättigten Varianten, und mehr Ballaststoffe zu sich zu nehmen. Erhöhter Blutdruck ist ein Risikofaktor für Herz-Gefäß-Probleme. Daher ist es besonders wichtig zu wissen, dass Kochsalz bei vielen Menschen den Blutdruck steigert. Entsprechend raten Ärzte und Ernährungsberater dazu, die Menge an Salz zu minimieren, die man täglich zu sich nimmt. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist das gar kein Problem, denn der Mensch benötigt nur etwa zwei Gramm Salz am Tag. Die Herausforderung im Alltag ist aber, dass wir inzwischen zehn bis zwölf Gramm Salz zu uns nehmen – also fünf- bis sechsmal so viel. Wenn Sie auf das Nachsalzen verzichten, ist schon viel gewonnen, denn dies kann die Zufuhr an Salz auf ca. sechs Gramm reduzieren. Eine deutliche Salzreduzierung erreichen Sie, wenn Sie auf herzhafte Fer- tiggerichte sowie Essen aus Konserven oder Snacks verzichten. Beim Selbstkochen verwenden Sie vermehrt Kräuter – ein Tipp, den nicht nur Mediziner, sondern auch viele Gourmetköche geben. Denn mit der Vielfalt an Kräutern lassen sich deutlich mehr Geschmacksrichtungen „zaubern“ als mit Salz. So können Sie gesündere Ernährung mit mehr Genuss verbinden. Stress reduzieren: In der Ruhe liegt die Kraft Wenn Sie hohem Stress ausgesetzt sind, laufen Sie auch Gefahr, Ihr Risiko für Herz-GefäßProbleme zu erhöhen. Dabei ist Stress per se nichts Negatives. Positiver Stress kann durchaus inspirieren und motivieren – zum Beispiel die Vorfreude auf eine schöne Unternehmung oder der Ansporn, eine bestimmte sportliche Leistung zu vollbringen. Erst dann, wenn wir Anforderungen dauerhaft als belastend empfinden, droht der Stress unsere Gesundheit zu gefährden. Das kann er auf unterschiedliche Arten tun. Vielleicht reagieren Sie auf negativen Stress mit Schlafstörungen, Angstzuständen, Konzentrationsmangel, Leistungsabfall, Reizbarkeit oder Vergesslichkeit. Andere bekommen Rückenschmerzen, Verspannungen, Magen-Darm-Beschwerden oder eben HerzKreislauf-Probleme. 59 Kapitel 5 60 Kapitel 5 Oft wird das Wort „Stress“ pauschal mit Zeit- und Leistungsdruck bei der Arbeit gleichgesetzt. Das ist aber eine sehr eingeschränkte Sicht der Dinge. Stress kann viele Ursachen haben, z. B. • • • • • • • • • Nicht die Bohne gefährlich! Lange stand der Kaffee im Verdacht, schlecht fürs Herz zu sein. Heute weiß man, dass normaler Kaffeekonsum kein Risikofaktor für einen Herzinfarkt ist. Eine oder zwei Tassen am Morgen dürfen also sein, sofern vom Arzt nichts anderes angeordnet ist. Allerdings lohnt es sich, Alternativen wie schwarzen oder – noch besser – grünen Tee auszuprobieren. Denn diese enthalten Inhaltsstoffe, die eventuell sogar vor Arteriosklerose schützen. Was ist eigentlich Stress? Krankheit oder Tod von Angehörigen Schmerzen Lärm oder Reizüberflutung Schulden oder Geldsorgen Dauerhafte Beziehungsprobleme Große Verantwortung Unterforderung, Langeweile Schichtarbeit Schwerwiegende Ereignisse wie Prüfungen oder Operationen Mein Anti-Stress-Check Aber auch dann, wenn Sie schon unter Stress leiden, ist es nicht zu spät, etwas dagegen zu unternehmen. Das unbedingte Ausschalten der Stressfaktoren sollte aber seinerseits nicht in Stress ausarten! Erstellen Sie zuerst Ihren persönlichen Anti-Stress-Check. Ich plane meine Zeit Nur wer klare Prioritäten setzt, wird von den Anforderungen nicht überrollt, daher das Wichtigste immer zuerst tun. Nur ca. 2/3 des Tages verplanen – und sich für die Planung des Tages genügend Zeit nehmen. Ich mache Pausen Niemand kann pausenlos funktionieren. Daher immer ausreichend Pausen aktiv im Tagesablauf einplanen – und unbedingt einhalten. Ich setze Grenzen Hohe Belastung in der Arbeit ist nur einer von vielen Stressfaktoren. Am meisten Stress haben die Menschen, die am schlechtesten Nein sagen können. Wer klare Grenzen setzt, wird schon kurzfristig weniger Stress haben – und ist langfristig davor geschützt. Ich nehme Hilfe an Menschen in belastenden Lebenssituationen sind anfälliger für Stress und auch für Herzerkrankungen. Wer sich mit anderen Betroffenen austauscht, Familie, Partner und Freunde ins Leben einbezieht, erhält Zuwendung und Rat. Auch eine professionelle Unterstützung, z. B. durch Therapien, kann sinnvoll sein. Ich sorge für Bewegung Nichts reduziert Stresshormone effektiver als Bewegung. Moderate sportliche Aktivität baut Stress ab und Selbstvertrauen auf. Ich bin offen für Neues Ob Yoga, Qigong, Tai-Chi, progressive Muskelentspannung oder Meditation – es gibt zahlreiche Entspannungstechniken, die sich bei Stress bewährt haben. Ich tue mir Gutes Ein entspannendes Bad nehmen, ein gutes Buch lesen, die Lieblingsmusik hören – wer sich selbst jeden Tag etwas Gutes tut, tut etwas gegen den Stress. Stress im Griff – mit der AOK Die AOK bietet bundesweit die Programme „Stress im Griff“ und „Stress im Griff – Arbeitsplatz spezial“. Unter www.stress-im-griff.de gibt es alle Informationen. Psychische Probleme bei Koronarer Herzkrankheit Eine Koronare Herzkrankheit belastet nicht nur den Körper, sondern kann auch zu psychischen Problemen führen. Manche Herzpatienten haben starke Angst vor Schmerzen, einige leiden unter Panikattacken oder unter einem permanenten Gefühl der Bedrohung durch die Krankheit. Mitunter kann sich daraus – vor allem nach einem Herzinfarkt – sogar eine Depression entwickeln. Scheuen Sie sich daher nicht, mit Ihrem behandelnden Arzt offen über Ihre negativen Gefühle und Ängste zu sprechen. Er wird mit Ihnen Möglichkeiten besprechen, wie Sie Ihre psychischen Probleme in den Griff bekommen können. Nicht immer lassen sich diese Probleme aus eigener Kraft überwinden. In manchen Fällen ist eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung erforderlich. 61 Kapitel 5 Es gibt viele effektive Entspannungstechniken. Nichts reduziert Stresshormone effektiver als Bewegung. 62 Kapitel 5 Blutdruck kontrollieren Wird ein erhöhter Blutdruck festgestellt, gibt es eine ganze Reihe von Dingen, die Sie selbst tun können. Diese sogenannten nicht medikamentösen Maßnahmen wirken teilweise besser als blutdrucksenkende Arzneimittel. Nur wenn sie versagen, ist es notwendig, entsprechende Medikamente einzunehmen. Nicht medikamentöse Maßnahmen zur Blutdrucksenkung, die sich bewährt haben: • Mehr körperliche Bewegung • Bei Übergewicht Verminderung oder Normalisierung des Körpergewichts • Veränderung der Ernährungsgewohnheiten (Kochsalzreduktion, mehr Gemüse, mehr Fisch) • Begrenzung der Alkoholzufuhr (täglich maximal 30 Gramm bei Männern und 20 Gramm bei Frauen) • Verminderung der Stress- und Lärmbelastung Wenn Sie an Bluthochdruck leiden, sollten Sie Ihren Blutdruck regelmäßig selbst messen. Das gibt Ihnen einen Überblick, was den Blutdruck in die Höhe treibt und was ihn senkt oder ob die Blutdruckmedikamente ausreichend wirken. Blutdruckmessgeräte zur Selbstmessung arbeiten heute vollautomatisch und sind mittlerweile auch relativ preiswert. Es gibt sie sowohl für die Messung am Oberarm als auch am Handgelenk. Besonders zuverlässig arbeiten Geräte, die ein Gütesiegel der Hochdruckliga aufweisen. Die Messgenauigkeit der Geräte sollte außerdem von Zeit zu Zeit überprüft werden. Da ein solcher Service vor allem von Fachgeschäften wie Sanitätshäusern angeboten wird, kann es sich lohnen, die Messgeräte dort zu kaufen. In Fachgeschäften bekommt man außerdem oftmals kompetente Beratung und kann die Geräte gleich ausprobieren. Blutdruck richtig messen Eine Regel gilt für alle Blutdruckmessgeräte: Bei der Messung muss sich der Drucksensor immer auf Höhe des Herzens befinden – nur dann sind die Messergebnisse korrekt. Ihren Blutdruck sollten Sie immer in Ruhe und möglichst zur gleichen Tageszeit messen. Also erst mal ein paar Minuten hinsetzen, bevor Sie messen. Die Manschette sollte auf der nackten Haut liegen. Dicke Pullover oder Jacken also vorher ausziehen. Die Hemd- oder Blusenärmel hochschieben, sie dürfen aber dann nicht zu eng sitzen. Bei neuen Geräten empfiehlt es sich, in den ersten Wochen nacheinander an beiden Armen zu messen. Oftmals gibt es einen geringen Unterschied zwischen dem rechten und linken Arm. Für spätere Messungen sollte immer der Arm mit den höheren Ergebnissen verwendet werden. Führen Sie eine Liste oder ein Tagebuch, in das Sie das Datum, Blutdruckwerte und Puls sowie Bemerkungen eintragen. Nehmen Sie Ihre Notizen zum nächsten Arztbesuch mit und besprechen Sie die Ergebnisse mit Ihrem Arzt. 63 Kapitel 5 Moderne Blutdruckmessgeräte funktionieren vollautomatisch. Es gibt sie für den Oberarm und das Handgelenk. s........ So sorgen Sie für den Notfall vor Informieren Sie Partner und Familie Niemand denkt gern über den Fall der Fälle nach – den Notfall, wenn tatsächlich ein Herzinfarkt eintritt. Aber im Zweifel kann es Leben retten, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen, wie in dieser Situation zu handeln ist. Das gilt für alle Menschen und ganz besonders für die, die als KHK-Patient ein erhöhtes Herzinfarktrisiko haben. Planen Sie den Notfall und besprechen Sie diese auch mit den Menschen, mit denen Sie häufig zu tun haben, also z. B. dem Partner oder guten Freunden, da diese oftmals diejenigen Personen sind, die im Notfall reagieren müssen. Je mehr Sie und Ihre Bezugspersonen über Krankheit und Risiko wissen, desto besser. Daher steht am Anfang jeder Notfallvorsorge, Ihre Bezugspersonen möglichst umfassend und nachvollziehbar zu informieren. Zunächst einmal gehört dazu, überhaupt anzusprechen, dass man Herzprobleme hat. Informative Schriften wie dieses Buch helfen Patienten und Angehörigen, die Krankheit etwas besser zu verstehen. Hilfreich ist es auch, gemeinsam einen Erste-Hilfe-Kurs zu besuchen und die dort erworbenen Kenntnisse regelmäßig aufzufrischen. Die meisten Notfälle passieren nämlich nicht auf der Straße, sondern zu Hause. Neben dem richtigen Gerät braucht es für eine korrekte Messung auch die richtige Technik. Wichtigster Punkt dabei: Der Sensor muss sich auf Herzhöhe befinden. Was tun im Notfall? Jede Minute zählt! 64 Kapitel 5 Notfallrufnummer in alle Telefone einspeichern. Bei Warnzeichen sofort anrufen. Mein Notfall-Plan • Familie und enge Bezugspersonen über • • • • • • die Erkrankung informieren Anzeichen eines Herzinfarktes kennen und Angehörigen vermitteln (siehe Seite 35) Notfallmedikamente wie z. B. Nitroglyzerinspray oder Nitrokapseln immer bei sich haben Alle Medikamente und ihre Einnahmeart auflisten, der Liste ggf. Arztbriefe, Diabetikerpass oder Ausweis zur Einnahme gerinnungshemmender Medikamente in Kopie beilegen Telefonnummer des behandelnden Arztes und die Notfallrufnummer gut auffindbar platzieren (z. B. direkt neben dem Telefon) und/oder in alle Telefone einspeichern Evtl. an einem Hausnotruf- oder mobilen Notrufsystem teilnehmen Alle persönlichen Angelegenheiten so regeln, dass auch ohne den Patienten Entscheidungen getroffen werden können (z. B. Patientenverfügung, Bankvollmachten, Testament) Wenn ein Herzinfarkt aufgetreten ist, gilt es, schnellstmöglich zu handeln. Es gibt einige einfache Dinge, die zu tun sind. Aber als Allererstes: 112 oder die örtliche Notfallnummer anrufen – und zwar sofort! Viele Menschen warten zu lange oder scheuen sich davor. Doch wenn es möglicherweise um ein Menschenleben geht, ist es im Zweifel besser, einmal zu viel zu handeln, als einmal zu wenig. Man sollte auch nicht zuerst den Hausarzt oder den ärztlichen Notdienst anrufen, die sind nämlich nicht dafür ausgerüstet, Herzinfarktpatienten zu behandeln. Nur die Rettungswagen haben auch die entsprechende Ausrüstung (z. B. Defibrillator) an Bord, um z. B. bei Herzkammerflimmern einzuschreiten. Die Rettungskräfte sind außerdem in der Lage, einen Herzinfarkt rasch zu erkennen und Sie in das Krankenhaus mit den besten Behandlungsmöglichkeiten zu überführen. Für ältere Personen, die allein leben, kann es empfehlenswert sein, sich einem sogenannten Hausnotrufsystem anzuschließen. Es gibt sie sowohl für zu Hause als auch mobil. Man erhält ein kleines Gerät, das sich mit einem einzigen Knopfdruck direkt mit einer Leitstelle verbindet, die dann die notwendigen Schritte einleitet. Diese Dienste werden z. B. von den großen Hilfsorganisationen (etwa Malteser Hilfsdienst, Die Johanniter, Rotes Kreuz) angeboten und kosten eine kleine monatliche Gebühr. Keine Zeit verlieren Jede Minute zählt. Daher immer sofort den Rettungswagen rufen. Wer Angst hat, „zu viele Umstände zu machen“, riskiert unter Umständen sein Leben. Daher bei einem Verdacht auf Infarkt in der Nacht nie bis morgens warten und niemals am Wochenende auf den Montag! Die 112 alarmieren Bei einem Herzinfarkt müssen Betroffene ohne Zeitverzögerung ins Krankenhaus gebracht werden. Daher sind Hausärzte oder andere Personen nicht die richtigen Ansprechpartner. Auch der ärztliche Notdienst ist nicht geeignet, um Infarktpatienten schnelle Hilfe zukommen zu lassen. Dieser Dienst ist quasi eine Stellvertretung für Hausärzte am Wochenende und kann auch nur den Rettungswagen alarmieren. So würde viel wertvolle Zeit vergeudet. Alle Informationen bereithalten Der Rettungsdienst benötigt einige wichtige Informationen, ohne die er nicht tätig werden kann. Zuerst einmal: Was ist geschehen? Hier muss der Verdacht auf Herzinfarkt klar geäußert werden. Wichtig auch: Wo befindet sich der Patient? Am besten gibt man die volle Adresse mit Wegbeschreibung an und erhellt die Wohnung, um den Rettungssanitätern das Auffinden zu erleichtern. Unbedingt alle Fragen der Leitstelle abwarten, das Gespräch durch die Leitstelle beenden lassen und nicht von selbst auflegen. Nicht selbst fahren oder laufen Freunde, Bekannte oder Verwandte oder gar der Patient selbst sollten in keinem Falle auf eigene Faust ins Krankenhaus fahren oder laufen. Nur im Rettungswagen ist sichergestellt, dass der Patient die nötige Hilfe erhält. Überdies sind Angehörige in einer solchen Ausnahmesituation unfallgefährdet, sodass das Selbstfahren den Notfall noch verschlimmern kann. 65 Kapitel 5 66 6. Kapitel Risikominimierung Was kann der Arzt tun? Sich um den Patienten kümmern Der Patient sollte mit etwas erhöhtem Oberkörper hingelegt werden. Eine leichte Decke schützt vor Frieren. Falls vorhanden, 1–2 Nitrokapseln geben. Beruhigen und Aufregungen fernhalten. Das Beste im Notfall: schnellstmöglich ins Krankenhaus. Nicht selbst fahren oder gehen! 67 Risikominimierung Was kann der Arzt tun? Kapitel 6 E s gibt eine Menge, was Sie tun können, um das eigene Herz-Gefäß-Risiko zu vermindern. Wenn Sie ein hohes KHK-Risiko vermuten, konsultieren Sie bitte einen Arzt. Der wird zunächst ein Risikoprofil erstellen. Danach wird er mit Ihnen besprechen, ob und in welchem Umfang eine medikamentöse Behandlung notwendig ist. Wenn bei Ihnen bereits eine KHK vorliegt, haben Sie ein stark erhöhtes Risiko für weitere Herzerkrankungen und akute Komplikationen wie einen (weiteren) Herzinfarkt. Sie müssen daher nahezu immer Medikamente einnehmen. Welche das sind, erfahren Sie in Kapitel 7 dieses Buches. Tabletten nur dann, wenn es sein muss Bei Patienten, bei denen noch keine KHK besteht, die aber behandlungsbedürftige Risikofaktoren wie zum Beispiel einen Bluthochdruck aufweisen, wird zunächst eine Beratung im Vordergrund stehen. Bevor Medikamente zum Einsatz kommen, sollten Sie auf jeden Fall versuchen, die Probleme mit den bereits geschilderten nicht medikamentösen Maßnahmen in den Griff zu bekommen. In vielen Fällen wird es Ihr Arzt zunächst bei der Beratung belassen und nach einer Weile kontrollieren, ob die von ihm empfohlenen Wenn sich ein erhöhter Blutdruck durch eine gesunde Lebensweise nicht normalisieren lässt, sind meist Medikamente notwendig. nicht medikamentösen Maßnahmen zu einer Besserung geführt haben. Nur wenn der vereinbarte Zielwert nicht erreicht wurde, wird er zusätzlich zur Änderung des Lebensstils weitere Maßnahmen vorschlagen. In den meisten Fällen wird es sich dabei um die Verordnung von Medikamenten handeln. Im Mittelpunkt der ärztlichen Bemühungen steht dabei meist Folgendes: • Normalisierung eines erhöhten Blutdrucks • Normalisierung erhöhter Blutfettwerte • Verbesserung des Blutzuckers bei Zuckerkrankheit 68 Kapitel 6 Wenn Sie fünf oder mehr Medikamente gleichzeitig einnehmen, sollte Ihr Arzt mindestens einmal im Jahr alle Arzneien strukturiert erfassen. So sollen unerwünschte Neben- und Wechselwirkungen verhindert werden. Durch diese Maßnahmen kann das KHKRisiko nachweislich vermindert beziehungsweise das Fortschreiten einer KHK gebremst werden. Es ist allerdings nur selten möglich, einen Risikofaktor für immer auszuschalten. Praktisch bedeutet das, dass Sie die Medikamente kontinuierlich einnehmen, um die Risikofaktoren im Griff zu behalten. Tipps im Umgang mit Medikamenten • Medikamente sind bei KHK-Risiko kein Ersatz für eine gesunde Lebensweise, sondern eine Ergänzung. • Medikamente immer so einnehmen wie vom Arzt verordnet und nicht nach dem Motto „Viel hilft viel“. • Bei Nebenwirkungen mit dem Arzt sprechen und die Medikamente nicht einfach absetzen. • Nur die eigenen Medikamente einnehmen und nicht etwa „Geheimtipps“ anderer Patienten ausprobieren. • Auch bei rezeptfreien Arzneimitteln können Wechselwirkungen mit den verschriebenen Medikamenten auftreten. Vor der Einnahme von rezeptfreien Medikamenten daher erst Rücksprache mit dem Arzt halten. Da man Risikofaktoren wie einen hohen Blutdruck oder erhöhte Cholesterinwerte meistens nicht spürt, fällt es vielen Patienten schwer, langfristig die verordneten Medikamente einzunehmen. Motivieren Sie sich daher immer wieder und denken Sie daran, dass die Behandlung von Risikofaktoren eine Investition in die Zukunft ist, die dabei hilft, schwere Erkrankungen zu vermeiden. Blutdrucksenkende Medikamente Weil Bluthochdruck so häufig ist, wurde eine Fülle von blutdrucksenkenden Medikamenten entwickelt. Welches davon für Sie geeignet ist, hängt unter anderem davon ab, ob bereits eine KHK oder andere Herzkrankheiten vorliegen. Auch die Verträglichkeit spielt bei der Auswahl eine Rolle. Prinzipiell gibt es mehrere Ansatzpunkte, um den Blutdruck zu senken. Die einzelnen Klassen von Blutdrucksenkern sind in der Tabelle auf der gegenüberliegenden Seite dargestellt. Kleine Namenskunde Wie alle Medikamente haben auch die Blutdrucksenker einen Markennamen und einen Wirkstoffnamen. Der Markenname steht meist groß auf der Packung und hat ein kleines hochgestelltes R in einem Kreis an seinem Ende (®). Diese Zeichen weisen auf einen eingetragenen Markennamen hin. Es verhindert, dass andere Hersteller ihre Produkte unter diesem Namen vertreiben. Der Wirkstoffname steht meist in viel kleineren Buchstaben auf der Packung. Er ist aber viel interessanter, weil er Auskunft über die Wirkung des Medikamentes gibt. Bei Blutdrucksenkern kann man an der Endung des Wirkstoffnamens erkennen, zu welcher Klasse er gehört. Die Endung -olol zum Beispiel steht Verschiedene Klassen von Blutdrucksenkern 69 Wirkstoffklasse Wirkung Erste Wahl bei Nebenwirkungen/ Bemerkungen Diuretika (Wassertabletten) Steigerung der Salzund Wasserausscheidung, Verminderung der Flüssigkeitsmenge im Blut Herzinsuffizienz Harndrang; ungünstig bei Diabetes und bei Fettstoffwechselstörungen Betablocker Hemmung der Wirkung von Stresshormonen wie Adrenalin und Noradrenalin, Verlangsamung des Herzschlags Herzinsuffizienz, KHK, Herzrhythmusstörungen, nach Herzinfarkt Für Asthmatiker und Patienten mit Schuppenflechte weniger geeignet Kalziumkanalblocker (Calciumantagonisten) Hemmung des Kalziumeinstroms in Muskelzellen, entspannen die Gefäßmuskulatur, verlangsamen den Herzschlag (nur Verapamil und Diltiazem) fast allen Patienten (abhängig vom Typ des Calciumantagonisten) Wassereinlagerungen (Ödeme) an den Knöcheln, Kopfschmerz, Herzklopfen; bestimmte Calciumantagonisten sollten nicht zusammen mit Betablockern eingesetzt werden ACE-Hemmer Verminderung der Bildung des blutdrucksteigernden Hormons Angiotensin II Herzinsuffizienz, Diabetes Reizhusten AT1-Blocker Blockierung der Wirkung des blutdrucksteigernden Hormons Angiotensin II ACE-HemmerUnverträglichkeit Gut verträglich Kapitel 6 70 Kapitel 6 Wenn es mit der Medikamenteneinnahme unübersichtlich wird, können sogenannte Kombinationspräparate eine Hilfe darstellen. Medikamente sein. Aber keine Sorge: Wenn der gleiche Wirkstoffname und die gleiche Dosis auf der Packung stehen, ist in beiden Produkten trotz des unterschiedlichen Markennamens das Gleiche drin. Um eine Behandlung mit mehreren Blutdrucksenkern zu vereinfachen, gibt es Medikamente, die zwei Wirkstoffe enthalten. Diese sogenannten Kombinationspräparate sind einfacher in der Handhabung und helfen dabei, Einnahmefehler zu vermeiden. Doppelt senkt besser für Betablocker. Medikamente innerhalb einer Wirkstoffklasse haben ähnliche Wirkungen und Nebenwirkungen. Medikamente mit dem gleichen Wirkstoff haben die gleiche Wirkung und Nebenwirkung. Bei den preisgünstigen Generika ist der Wirkstoffname oftmals Bestandteil des Markennamens. In der Apotheke kann es passieren, dass man mal eines und mal ein anderes Präparat bekommt. Das liegt daran, dass die Apotheker stets das preisgünstigste Produkt herausgeben müssen, wenn der Arzt nicht auf dem Rezept vermerkt, dass es nur ein bestimmtes Produkt sein darf. Weil die Preise schwanken, können es daher auch mal unterschiedliche Leider reicht bei vielen Bluthochdruck-Patienten ein einziger Wirkstoff nicht aus, um den Zielwert zu erreichen. Falls Sie zu diesen Patienten gehören, gibt es die Möglichkeit, mehrere Blutdrucksenker gleichzeitig zu nehmen. Das ist aber nur sinnvoll, wenn die Wirkstoffe aus zwei verschiedenen Wirkstoffklassen stammen und somit an zwei verschiedenen Punkten der Blutdruckregulation greifen. Vorübergehende Müdigkeit Vor allem zu Beginn der Behandlung mit Blutdrucksenkern fühlen Sie sich vielleicht müde. Das liegt daran, dass sich der Körper erst wieder an den normalen Blutdruck gewöhnen muss. Die Müdigkeit ist also eigentlich ein gutes Zeichen, sie zeigt, dass die Medikamente wirken. Nach drei bis sechs Wochen ist sie vorüber und Sie fühlen sich so fit wie immer. Blutfette normalisieren Gesunde Ernährung, Bewegung und Gewichtsreduktion sind auf jeden Fall sinnvoll, um die individuellen Zielwerte bei Cholesterin & Co. zu erreichen. Daneben sind aber auch bestimmte Medikamente zur Normalisierung der Blutfette angezeigt. Die Höhe der Zielwerte hängt bei den Blutfetten vom individuellen Ausmaß des HerzGefäß-Risikos ab. Medikamente, die den Blutfettspiegel vermindern, nennt man auch Lipidsenker und es gibt eine ganze Reihe davon. Besonders bewährt haben sich die sogenannten Cholesterin-Synthese-EnzymHemmer, die auch als HMG-CoA-Reduktase-Hemmer bezeichnet werden. Weil diese Bezeichnung ein wenig sperrig ist und alle Wirkstoffnamen aus dieser Klasse auf -statin enden, werden sie häufig einfach als Statine bezeichnet. Cholesterinproduktion lahmlegen 71 Alle Patienten mit einer chronischen KHK sollten Statine erhalten – und zwar unabhängig vom Ausgangswert ihrer Blutfettwerte, aber unter Beachtung von Kontraindikationen und Unverträglichkeiten. Statine senken den Cholesterinspiegel, indem sie die körpereigene Cholesterinproduktion hemmen. Dadurch sinken das Gesamtcholesterin und das gefährliche LDL-Cholesterin um bis zu 50 %. Das schützende HDL-Cholesterin kann bis zu 10 % ansteigen. Neben dieser Hauptwirkung haben die Statine offenbar noch zusätzliche schützende Wirkungen für Herz und Gefäße. Bei KHK-Patienten hemmen Statine ein Fortschreiten der Erkrankung und vermindern das Risiko für (weitere) Herzinfarkte. Die wichtigste Nebenwirkung von Statinen sind Muskelschmerzen. Kapitel 6 Neben den Statinen gibt es weitere Wirkstoffe, die die Blutfette senken können. Sie wurden allerdings nicht so umfangreich in Studien untersucht wie die Statine. Deswegen kommen sie vor allem bei speziellen Fettstoffwechselstörungen zum Einsatz bzw. wenn ein Statin nicht ausreicht oder nicht vertragen wird. Wirkungen unterschiedlicher Lipidsenker Wirkstoffklasse Gesamtcholesterin LDLCholesterin HDLCholesterin Statine LL LL QK L Ionentauscher LL LL Q K LL LL Fibrate L L KK LL Nikotinsäure L L KK LL Cholesterin-Resorptionshemmer Neutralfette (Triglyzeride) LL starke Senkung L leichte Senkung Q keine Änderung K leichter Anstieg KK starker Anstieg 72 Kapitel 6 Zur Blutzuckermessung braucht man einen kleinen Blutstropfen aus der Fingerkuppe. Blutzucker normalisieren Langfristig erhöhte Blutzuckerwerte haben viele negativen Folgen für die Gesundheit und die KHK ist nur eine davon. Die häufigste Form der Zuckerkrankheit ist der Altersdiabetes (Typ-2-Diabetes). In den frühen Stadien lässt sich die Zuckerkrankheit meist mit einem gesunden Lebensstil gut in den Griff bekommen. Eine gute Ernährung, mehr Bewegung und eine Gewichtsreduktion lassen nicht nur den Blutdruck und die Blutfette sinken, auch der Blutzucker kann dadurch ganz erheblich vermindert werden. Wenn diese Maßnahmen alleine nicht ausreichen, kann Ihr Arzt Ihren Blutzucker mithilfe von Medikamenten weiter reduzieren. Beim Typ-2-Diabetes sind das zunächst meist Tabletten. Genau wie beim Bluthochdruck, gibt es mittlerweile auch gegen Typ-2-Diabetes eine Vielzahl von Präparaten mit unterschiedlichem Wirkansatz. Und genau wie beim Bluthochdruck kann man auch beim Typ-2-Diabetes zwei Wirkstoffe kombinieren, wenn einer alleine nicht ausreicht. Patienten mit Typ-1-Diabetes haben meist keine nennenswerte Insulinproduktion mehr. Sie sind daher schon früh auf das Spritzen von Insulin angewiesen. Das geht mittlerweile durch spezielle Injektionshilfen und feine Nadeln sehr einfach und schmerzarm. Auch Menschen mit Typ-2-Diabetes können irgendwann auf das Spritzen von Insulin angewiesen sein. Bei ihnen kommt es immer dann zum Einsatz, wenn eine gesunde Lebensweise und mehrere Blutzuckersenker nicht mehr ausreichen, um vernünftige Blutzuckerwerte zu erreichen. Blut verdünnen Ein Herzinfarkt kann entstehen, wenn eine arteriosklerotische Ablagerung aufplatzt und der Körper dies für eine Wunde hält, die er zu verschließen versucht. Dieses Verschließen funktioniert in zwei Stufen. Zuerst einmal lagern sich Blutplättchen, sogenannte Thrombozyten, an die vermeintliche Wunde an. Dabei entsteht zunächst ein loser Pfropf. Die aneinanderhaftenden Thrombozyten senden nun Botenstoffe aus, die die Blutgerinnung aktivieren. Dadurch entsteht ein Blutgerinnsel, das das Herzkranzgefäß verschließen kann. Um diesen Prozess zu verhindern, kann man die Anlagerung und Pfropfbildung durch die Thrombozyten hemmen. Das geschieht mit sogenannten Thrombozytenaggregationshemmern. Der bekannteste von ihnen ist die Acetylsalicylsäure (ASS). Sie wird in höheren Dosierungen auch gegen Kopfschmerzen eingesetzt. Um die Anlagerung und Verklumpung der Blutplättchen vermindern, reichen schon viel geringere Dosen aus. Der Ausdruck „Blutverdünnung“ ist also gar nicht richtig. Das Blut wird nicht verdünnt, sondern es werden lediglich die Thrombozyten daran gehindert, eine Blutgerinnung einzuleiten. Da es auch noch andere Faktoren gibt, die Blutgerinnung auslösen, kommt es auch nicht zu einem völligen Ausfall der Blutgerinnung. Wenn man sich z. B. sticht, blutet es allenfalls ein paar Minuten länger. Leider können bei einer langfristigen Einnahme von ASS Blutungen im Magen-DarmBereich auftreten. Deshalb wird die Einnahme nur solchen Patienten mit stark erhöhtem Herz-Gefäß-Risiko empfohlen. Dazu gehören beispielsweise alle, bei denen bereits eine KHK vorliegt. Diese Patienten profitieren allerdings sehr stark von der Einnahme, weil das Risiko für einen (weiteren) Herzinfarkt stark gesenkt wird. Für Patienten, die ASS nicht vertragen, gibt es Alternativen wie zum Beispiel Clopidogrel. In der Krankenhausphase direkt nach einem Herzinfarkt kommen übrigens eine Zeit lang auch Medikamente zum Einsatz, die die zweite Phase der Blutstillung, also die Blutgerinnung, hemmen. Diese verlängern die Blutungszeit nach Verletzungen deutlich stärker als die Thrombozytenaggregationshemmer. Bei Medikamenten, die die Blutgerinnung hemmen, muss die Dosierung für jeden einzelnen Patienten individuell angepasst werden. Langfristige Behandlungen mit diesen Medikamenten sind oftmals bei Patienten mit Vorhofflimmern und nach dem Einsatz von künstlichen Herzklappen notwendig. Patienten, die auf diese Mittel eingestellt sind, sollten normalerweise kein zusätzliches ASS einnehmen. Weil gerinnungshemmende Medikamente Wechselwirkungen mit vielen anderen Medikamenten haben, sollte der Arzt oder Apotheker immer darüber informiert werden, dass man diese Mittel einnimmt. Wegen der verlängerten Blutungsdauer können Operationen oder zahnärztliche Behandlungen bei Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen, problematisch sein. Bei Notfällen können bestimmte Maßnahmen außerdem nicht durchgeführt werden. Deshalb sollten die Patienten einen entsprechenden Ausweis mit sich führen. 73 Kapitel 6 74 7. Kapitel Behandlung der KHK Fortschreiten bremsen Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen, sollten das immer ihrem Apotheker mitteilen, weil es zu Wechselwirkungen mit einigen anderen Medikamenten kommen kann. 75 Behandlung der KHK Fortschreiten bremsen Kapitel 7 76 Kapitel 7 Nitrate wirken schnell Medikamente können wesentlich dazu beitragen, ein Fortschreiten der Arteriosklerose zu verhindern. W er bereits an einer KHK leidet, der hat vor allem ein hohes Risiko für weitere Herz- und Gefäßprobleme. Ursache ist eine Arteriosklerose und meistens tritt diese Gefäßverengung nicht nur in den Herzkranzgefäßen auf. KHK-Patienten haben daher immer auch ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle und Durchblutungsstörungen der Beine und Organe. Die wichtigste Maßnahme bei der Behandlung der KHK ist daher, ein weiteres Fortschreiten der Arteriosklerose zu verhindern. In Kapitel 5 und 6 werden die wichtigsten Maßnahmen vorgestellt, die bei Patienten mit KHK zum Tragen kommen sollten – vom gesunden Lebensstil bis zur Blutverdünnung. Bei der medikamentösen Behandlung haben sich vor allem drei Maßnahmen zur Risikominimierung bei Patienten mit KHK bewährt: 1. Thrombozytenaggregationshemmer wie z. B. ASS 2. Betablocker 3. Statine Für Statine ist bei KHK-Patienten auch dann ein Nutzen nachgewiesen, wenn keine erhöhten Cholesterinwerte vorliegen. Betablocker senken bei Angina Pectoris nicht nur das Infarktrisiko, sondern lindern auch die Beschwerden. Falls Sie bereits einen Herzinfarkt hatten, kann zusätzlich zu den genannten Maßnahmen der Einsatz von ACE-Hemmern den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen. Das klingt zunächst mal nach einer ganzen Menge Medikamente; aber die lebenslange ACE-Hemmer sollten in den ersten 4 bis 6 Wochen nach einem Herzinfarkt eingesetzt werden – und bei weiteren Begleiterkrankungen wie Herzschwäche oder Diabetes. Einnahme dieser Wirkstoffe verspricht einen Schutz vor weiteren Herz- und Gefäßerkrankungen. Das sollten Sie sich immer vor Augen führen, wenn die Einnahme einmal lästig ist oder Sie am Nutzen der Medikamente zweifeln, weil Sie keine unmittelbare Wirkung spüren. Viel deutlicher zu spüren ist die Wirkung jener Medikamente, die zur Symptomlinderung bei Angina Pectoris eingesetzt werden. Dabei handelt es sich vor allem um sogenannte Nitratsprays können Angina-PectorisBeschwerden binnen weniger Minuten lindern. Nitrate. Sie sind schon seit über 100 Jahren gebräuchlich. Einer der ersten Wirkstoffe aus der Gruppe der Nitrate war Nitroglyzerin. Diese auch als Sprengstoff bekannt gewordene Substanz erweitert die Herzkranzgefäße und lässt so mehr Sauerstoff an den Herzmuskel gelangen. Gleichzeitig erweitert es die Venen und vermindert die Arbeitsbelastung und damit den Sauerstoffverbrauch des Herzens. Nitrate werden bereits in Ihrem Mund vom Körper aufgenommen und wirken sehr schnell. Deshalb kommen sie überwiegend als Sprays oder Zerbeißkapseln zum Einsatz. Werden die Präparate während eines Angina-Pectoris-Anfalls angewendet, können sie binnen ein bis zwei Minuten die Beschwerden lindern. Wenn Ihr Arzt solche Präparate verschreibt, dann tragen Sie diese immer bei sich, um sie im Ernstfall griffbereit zu haben. Wann den Notarzt rufen? Sollte die Wirkung eines Nitratpräparates nicht wie gewohnt eintreten und die Schmerzen weiter bestehen, kann eine zweite Dosis eingenommen werden. Hilft auch diese nicht, so sollte man den Notarzt verständigen, da die Gefahr eines Herzinfarktes besteht. Nitrate können Sie auch vorbeugend anwenden, etwa wenn Sie das Auftreten eines Angina-Pectoris-Anfalls befürchten. Außer den schnell wirkenden Präparaten, die zur Anfallsbekämpfung eingesetzt werden, gibt es auch solche, die die Nitrate nur langsam freisetzen. Diese werden im Gegensatz zu den Akutpräparaten nicht bei Bedarf, son- dern regelmäßig eingenommen. Sie werden auch nicht zerbissen oder gesprüht, sondern geschluckt. Sie sollten allerdings nicht rund um die Uhr eingenommen werden. Eine Pause in der Nacht verhindert, dass sich der Körper an den Wirkstoff gewöhnt und man die Dosis steigern muss. Die Nebenwirkungen von Nitraten sind Kopfschmerzen, Blutdruckabfall und Herzrasen. Sollten Sie ein Nitrat nicht vertragen, können Sie auf andere Zubereitungen oder verwandte Substanzen wie zum Beispiel Molsidomin ausweichen. 77 Kapitel 7 Für KHK-Patienten stehen heute vielfältige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Betablocker entlasten das Herz Bei Angina Pectoris haben Betablocker gleich mehrere positive Wirkungen. Sie bremsen die Pulsfrequenz und senken den Blutdruck. Dadurch vermindern sich die Last des Herzens und der Sauerstoffbedarf. Auf diese Weise können Betablocker die Zahl und Schwere von Angina-Pectoris-Anfällen reduzieren. Gleichzeitig hemmen sie aber auch das Fortschreiten der KHK und können lebensverlängernd wirken. Kalziumantagonisten für die Durchblutung In Fällen, in denen Betablocker nicht genommen werden dürfen oder nicht vertragen werden, können alternativ bestimmte Kalziumantagonisten eingesetzt werden. Sie gehören ebenfalls zu den Blutdrucksenkern und wirken, indem sie die Gefäßmuskulatur entspannen. Bei Angina Pectoris kann dies zu einer besseren Durchblutung des Herzmuskels führen. Bei Patienten, die gleichzeitig eine Herzschwäche aufweisen, ist allerdings Vorsicht geboten, da auch die Kontraktionskraft des Herzens vermindert wird. Anders als bei den Betablockern ist bei Kalziumantagonisten bislang keine Verminderung des Infarktrisikos nachgewiesen. Bei Patienten, die bereits einen Infarkt hatten, wird in den ersten 4 bis 6 Wochen nach dem Infarkt außerdem der Einsatz von ACEHemmern empfohlen. Diese sollen die Anpassungsprozesse des Herzmuskels günstig beeinflussen und dadurch die Sterblichkeit nach einem Herzinfarkt senken. 78 Kapitel 7 Ballone und Umleitungen Die Ballonaufdehnung In vielen Fällen reichen ein herzgesunder Lebensstil und eine medikamentöse Behandlung aus, um das Fortschreiten einer KHK zu bremsen und die Symptome in den Griff zu bekommen. Wenn allerdings trotz dieser Maßnahmen häufige und heftige AnginaPectoris-Anfälle auftreten oder wenn die Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen den Blutfluss so stark einschränken, dass sie die Lebenserwartung vermindern, dann kann eine Ballonaufdehnung oder eine BypassOperation hilfreich sein. Ob ein solcher Eingriff infrage kommt und welches Verfahren am besten geeignet ist, muss individuell entschieden werden. Wichtige Einflussgrößen sind Alter und Gesundheitszustand sowie Lage und Ausdehnung der Veränderungen in den Herzkranzgefäßen. Bei diesem Verfahren wird ein winziger Ballon, der sich an der Spitze eines dünnen Katheters befindet, in die Engstelle vorgeschoben und dann aufgeblasen. Dadurch wird die Engstelle erweitert und so der Blutfluss verbessert. Die Methode wurde 1977 zum ersten Mal angewendet und wurde seitdem kontinuierlich verbessert. Der medizinische Fachbegriff lautet Ballondilatation oder PTCA (Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie). Bei einer Ballonaufdehnung wird unter örtlicher Betäubung eine Bein- oder Armarterie punktiert und eine dünne Hülse in die Schlagader eingesetzt. Durch diesen Zugang wird dann der Herzkatheter in das betroffene Herzkranzgefäß geschoben. Das Vorschieben des Katheters ist in der Regel völlig schmerzfrei. Ist die Spitze im Herzkranzgefäß angelangt, wird über einen Kanal im Herzkatheter Kon- Eine Ballondilatation wird mithilfe eines Herzkatheters durchgeführt. Nach der Injektion von Kontrastmittel in die Herzkranzgefäße kann der Arzt eventuelle Engstellen im Röntgenbild sehen. 79 Kapitel 7 80 Kapitel 7 Bei der Ballonaufweitung wird die Engstelle im Herzkranzgefäß mittels Druck erweitert. Die Ballonaufdehnung mithilfe eines Katheters dauert meistens weniger als eine Stunde. Oft kann der Patient am gleichen Tag wieder nach Hause. trastmittel eingespritzt. Per Röntgenkamera kann sich der Arzt nun einen Überblick über die Verhältnisse in den Herzkranzgefäßen verschaffen. Hat er die Engstelle gefunden, manövriert er den Herzkatheter bis kurz davor. Danach schiebt er über den Kanal im Herzkatheter zunächst einen Führungsdraht und anschließend einen winzigen Ballon in die Engstelle. Liegt der Ballon richtig, wird er mit hohem Druck aufgepumpt. Dadurch wird die Engstelle aufgedehnt. Weil der Ballon während der Aufdehnung ca. 30 bis 60 Sekunden lang das Herzkranzgefäß völlig verschließt, kann es während dieser Zeit zu Beschwerden wie bei einer Angina Pectoris kommen. Wird der Druck im Ballon wieder abgelassen, lässt auch das Engegefühl wieder nach. Um zu prüfen, ob die Engstellen beseitigt wurden und das Blut wieder besser fließt, kann der Arzt erneut Kontrastmittel einspritzen. War der Eingriff erfolgreich, werden alle Schläuche und Drähte wieder entfernt. Die Stelle, an der der Herzkatheter eingeführt wurde, wird entsprechend versorgt. In der Regel dauert die ganze Prozedur nur zwischen einer halben und einer Stunde. In der Regel kann man noch am selben Tag wieder nach Hause. Schwerwiegende Komplikationen sind bei weniger als 2 von 100 Eingriffen zu erwarten. Gefäßstützen Die Aufdehnung der Engstellen in den Herzkranzgefäßen gelingt in über 90 % der Fälle. Leider ist der Behandlungserfolg in bis zu 40 % der Fälle aber nur von kurzer Dauer. Hier tritt innerhalb von sechs Monaten nach dem Eingriff an der gleichen Stelle eine erneute Verengung auf. Später kommt es nur in Ausnahmefällen zu solchen als Restenose bezeichneten Rückfällen. Um Restenose zu verhindern, werden heute häufig sogenannte Stents bei der Ballonaufdehnung verwendet. Dabei handelt es sich um eine Art Röhrchen aus Maschendraht. Sie werden über den Ballon gestreift und mit die- sem an die Engstelle befördert. Wenn nun der Ballon aufgeblasen wird, weitet er nicht nur die Engstelle, sondern auch das Drahtgeflecht aus Edelstahl. Wird der Ballon entleert und entfernt, behält das aufgeweitete Drahtgeflecht seine Form und verhindert, dass die Engstelle wieder zugeht. Das Drahtgeflecht wächst innerhalb von zwei bis vier Monaten in die Gefäßwand ein und wird zum Teil der Arterienwand. Weil bis dahin am Stent Blutgerinnsel entstehen können, muss nach der Prozedur eine Zeit lang eine Kombination aus Acetylsalicylsäure und Clopidogrel eingenommen werden, um die Blutplättchen am Verklumpen zu hindern. 81 Kapitel 7 82 Kapitel 7 Ein Stent ist ein Röhrchen aus Streckmetall. Einmal aufgedehnt, stützt es das Gefäß von innen und vermindert die Gefahr, dass die Engstelle erneut entsteht. vor ihren Stellenwert. Denn nicht immer lässt sie sich durch die Ballonaufdehnung ersetzen. Ein Bypass sollte vor allem dann in Erwägung gezogen werden, wenn mehr als eine Herzkranzarterie betroffen sind oder wenn der Hauptstamm der linken Herzkranzarterie verengt ist. Das Wort „Bypass“ stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Umleitung oder Umgehung. Und genau das ist es, was bei der Operation gemacht wird. Die Chirurgen nehmen ein Gefäß aus dem Körper des Patienten und bilden mit ihm eine Um- leitung um die verengte Stelle herum. Eine solche Operation dauert oftmals mehrere Stunden. Sie erfordert eine Vollnarkose und eine Öffnung des Brustkorbs. Bei der klassischen Methode wird dazu das Brustbein der Länge nach aufgesägt und anschließend der Herzbeutel eröffnet. Um die dünnen Gefäße mit haarfeinen Fäden aneinandernähen zu können, wird das Herz meist am Schlagen gehindert und seine Arbeit für die Dauer der Operation von einer Herzlungenmaschine übernommen. Koronarer Bypass mit einer Vene als Bypassgefäß Beschichtungen gegen Wiederverengung Ein Stent erhöht die langfristigen Erfolgsaussichten einer Ballonaufdehnung. Allerdings kommt es auch mit diesen Gefäßstützen noch bei einigen Patienten zu einer erneuten Verengung des Herzkranzgefäßes. Der Grund ist dann meist ein überschießendes Wachstum der Gefäßwand. Um das zu verhindern, wurden Stents entwickelt, die mit Medikamenten beschichtet sind, die das Zellwachstum vermindern. Diese Spezialstents kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn ein erhöhtes Risiko für eine Wiederverengung besteht. Da es länger dauert, bis beschichtete Stents in die Gefäßwand einwachsen, besteht bei ihnen auch länger die Gefahr eines Blutgerinnsels durch den Stent. Patienten, die einen beschichteten Stent erhalten, müssen daher länger Medikamente einnehmen, die die Verklumpung der Blutplättchen hemmen. Umleitung des Blutflusses Vor der Erfindung der Ballonaufdehnung war die Bypass-Operation die einzige Möglichkeit, um Patienten mit KHK wieder zu einer besseren Durchblutung zu verhelfen. Im Vergleich zur Ballonaufweitung ist die Bypass-Operation wesentlich aufwendiger und komplexer. Trotzdem hat sie nach wie Für einen Bypass gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder eine Überbrückung mittels einer Vene oder die Verwendung der Arterie, die normalerweise das Brustbein und die Rippen versorgt. Koronarer Bypass mit einer Schlagader als Bypassgefäß Hauptschlagader Bypassvene eingeengte Herzkranzarterie Mammaria-internaBypass links Brustkorbschlag ader eingeengte Herzkranzarterie Für die eigentliche Umleitung gibt es zwei Möglichkeiten. Die ältere ist die Überbrückung mittels einer Vene, die aus dem Bein entnommen wird. Der Chirurg näht das entnommene Gefäß auf der einen Seite an der Hauptschlagader und auf der anderen Seite hinter der Engstelle der Koronararterie an. Bei der neueren Methode verwendet er eine Arterie, die bereits aus der Aorta entspringt und normalerweise das Brustbein und die Rippen versorgt. Die Verwendung dieser Arterie hat sich als besonders erfolgreich hinsichtlich der Langzeiterfolge herausgestellt. Leider ist diese Methode nicht bei allen Patienten möglich. Außerdem werden bei den meisten Operationen gleich mehrere Bypässe gelegt, sodass oft eine Kombination aus den beiden Methoden zum Einsatz kommen muss. Trotz des großen Eingriffs erholen sich die meisten Patienten rasch und können bereits nach drei Tagen wieder aufstehen. Neuere als minimalinvasiv bezeichnete Operationsmethoden verzichten auf die Durchtrennung des Brustbeins und arbeiten stattdessen mit einem fünf bis sieben Zentimeter langen Schnitt zwischen den Rippen. Bei anderen Verfahren wird auf den Einsatz einer Herzlungenmaschine verzichtet und am schlagenden Herzen operiert. Was kommt nach dem Eingriff? Nach der Ballonaufdehnung oder einer Bypass-Operation fühlen sich die Patienten oft so gut, dass sie glauben, sie seien geheilt. Das aber stimmt nicht. Die Ursache – nämlich die Arteriosklerose – ist nach wie vor da. Deshalb gilt es weiterhin, die Risikofaktoren in den Griff zu bekommen und die verordneten Medikamente zuverlässig einzunehmen. Sonst ist die mühsam wiederhergestellte Herzdurchblutung durch neue Ablagerungen bald wieder verloren. Behandlung beim akuten Herzinfarkt Ein Herzinfarkt wird durch einen plötzlich auftretenden kompletten Verschluss eines Herzkranzgefäßes verursacht. Die Ursache ist meist ein Blutgerinnsel, das aufgrund einer Arteriosklerose entsteht. Viele Patienten wissen bis zu ihrem ersten Infarkt nicht, dass sie an einer KHK leiden. Ziel der Behandlung in dieser Notsituation ist, möglichst viel Herzmuskelgewebe vor dem Absterben aufgrund von Sauerstoffmangel zu bewahren. Dafür stehen nur wenige Stunden zur Verfügung. Deshalb beginnt die Behandlung im Idealfall schon im Notarztwagen. Dort bekommen die Patienten Sauerstoff, Nitroglyzerin, Schmerzmittel, Betablocker und ein Mittel, das die Verklumpung der Blutplättchen reduziert. Mehr Informationen zum richtigen Verhalten im Notfall finden Sie im Kapitel 5 ab Seite 63. 83 Kapitel 7 84 Kapitel 7 Die 90 Minuten nach einem Herzinfarkt bieten die besten Behandlungschancen. Durchblutung schnellstens wiederherstellen Im Krankenhaus wird man nach Möglichkeit versuchen, den Verschluss des Herzkranzgefäßes mittels einer Ballonaufdehnung mit oder ohne Stent zu beseitigen. Nur wenn diese Möglichkeit innerhalb eines Zeitraums von zwei Stunden nach Eintreffen des Notarztes nicht gegeben ist, wird man auf eine sogenannte Lysetherapie ausweichen. Dabei wird ein Mittel gespritzt, das Blutgerinnsel auflöst. Gleichzeitig werden Mittel verabreicht, die die Blutgerinnung hemmen und verhindern sollen, dass sich das Gefäß nach der Auflösung des Blutgerinnsels wieder verschließt. Eine solche Therapie ist in bis zu 80 % der Fälle erfolgreich, was sich dadurch äußert, dass die Schmerzen verschwinden und sich das EKG normalisiert. Auch bei einer erfolgreichen Lysetherapie sollten die Patienten so bald wie möglich einer Herzkatheteruntersuchung unterzogen werden, um zu entscheiden, ob weitere Maßnahmen nötig sind. Die Lysetherapie wirkt am besten, wenn sie innerhalb der ersten 90 Minuten nach einem Infarkt durchgeführt wird. Wie geht es weiter? Nach der Akutphase im Krankenhaus sollte unbedingt eine Anschlussheilbehandlung (Reha) erfolgen. Als Infarktpatient sollten Sie außerdem die Ratschläge zum herzgesunden Leben beherzigen, die Sie in Kapitel 5 ab Seite 40 finden. Zusätzlich können folgende Medikamente den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen und dazu beitragen, einen weiteren Infarkt zu verhindern: • Betablocker • Thrombozytenaggregationshemmer • Statine • ACE-Hemmer oder AT1-Blocker Falls Sie bereits einen Herzinfarkt hatten, wird außerdem zu einer jährlichen Grippeimpfung geraten, da Sie im Falle einer Infektion mit der echten Grippe (Influenza) besonders gefährdet sind. Die Rehabilitation Ziel einer sogenannten Reha-Maßnahme ist die Wiedereingliederung in den Alltag und Heranführung an einen neuen gesunden Lebensstil, der weitere Herz- und Gefäßprobleme verhindern soll. Reha-Maßnahmen werden üblicherweise nach einem Herzinfarkt oder einer Bypass-Operation angeboten. Aber auch bei stabiler Angina Pectoris kann eine Reha für Sie sinnvoll sein, wenn trotz Standardtherapie die Belastungsfähigkeit schlecht ist und/oder eine Vielzahl von Risikofaktoren vorliegen. Eine Reha beginnt immer mit einer gründlichen Untersuchung und einem Aufnahmegespräch, in dem auch die Therapieziele festgelegt werden. Danach kümmert sich ein Team von Spezialisten um Körper, Seele und soziale Zusammenhänge. Fast genauso wichtig wie der Rat und die Unterstützung durch diese Experten kann für Sie auch der Kontakt und Austausch mit anderen Betroffenen sein. Wissen macht gesund Wohin zur Reha? Zum Programm in einer Reha gehören nicht nur medizinische Behandlungen und Anwendungen, sondern auch Schulungen, die die Fähigkeit zur Selbsthilfe steigern sollen. Diese Schulungen geben einen Einblick in die Ursachen und Folgen der Erkrankung. Hier lernen Sie Ihre Risikofaktoren kennen und wie man sie vermeidet. Dazu gehören Raucherentwöhnungsprogramme, Stressbewältigungskurse, Ernährungsberatungen und Anleitungen zur Selbstkontrolle von Blutdruck oder Blutzucker. Aufgabe der Reha ist es auch, die optimale Abstimmung der Medikamente zu finden. Die Behandlungskonzepte der einzelnen Kliniken unterscheiden sich nur unwesentlich voneinander. Die Klinik kann daher nach praktischen Aspekten wie Erreichbarkeit ausgewählt werden. Ob man sich für eine stationäre oder ambulante Reha entscheidet, hängt von persönlichen Vorlieben, der Verfügbarkeit von ambulanten Einrichtungen und der individuellen Leistungsfähigkeit ab. Adressen aller Reha-Kliniken gibt es bei der eigenen Krankenkasse. Reha-Anträge werden üblicherweise schon während der Akutbehandlung gestellt. Im Durchschnitt vergehen zwischen der Entlassung und dem Beginn der Reha rund sieben Tage. Die Reha selbst dauert meist drei Wochen. Bewegung ins Leben bringen Die Bewegungstherapie soll die körperliche Leistungsfähigkeit steigern und einen Grundstock für ein Bewegungsprogramm legen, das Sie zu Hause eigenständig oder in Herzsportgruppen fortführen können. Die Übungen werden in ihrer Intensität genau auf Sie und Ihre körperliche Belastbarkeit abgestimmt. Zurück ins Berufsleben Viele Patienten wollen nach der Reha wieder ins Berufsleben einsteigen. Manchmal ist ihre Leistungsfähigkeit aber eingeschränkt. Die Fachkräfte in der Reha helfen Ihnen, neue Lösungen zu finden, wenn die bisherige Arbeit nicht mehr oder nicht in vollem Umfang ausgeübt werden kann. Ebenso bei Anträgen und Formalitäten etwa für einen Behindertenausweis. 85 Kapitel 7 86 8. Kapitel Behandlung der Herzinsuffizienz Mehr Kraft für müde Pumpen Wie finde ich wieder in meinen Alltag zurück? 87 Behandlung der Herzinsuffizienz Mehr Kraft für müde Pumpen Kapitel 8 88 Kapitel 8 Der Fingerhut (Digitalis) wurde bereits vor über 200 Jahren zur Behandlung der Herzinsuffizienz verwendet. Z iel der Behandlung einer Herzinsuffizienz ist es, das Voranschreiten der Erkrankung zu bremsen. Dafür müssen zunächst einmal die Ursachen ausgeschaltet werden. In den allermeisten Fällen sind das Bluthochdruck und/oder KHK. Deshalb bilden die dort verwendeten Maßnahmen auch in den meisten Fällen die Grundlage der Therapie einer Herzinsuffizienz. Das gilt sowohl für allgemeine Maßnahmen im Sinne eines herzgesunden Lebensstils als auch für die medikamentöse Behandlung. Nur in seltenen Fällen lässt sich eine Herzschwäche durch medizinische Eingriffe zufriedenstellend behandeln. Bei schweren Herzrhythmusstörungen kann ein Herzschrittmacher Abhilfe schaffen. Leben verlängern Wenn eine Herzinsuffizienz medikamentös behandelt wird, dann kommen vor allem blutdrucksenkende Medikamente zum Einsatz. Diese Medikamente sorgen dafür, dass das Herz nicht gegen einen erhöhten Druck ankämpfen muss. Zu ihnen gehören: • ACE-Hemmer • AT1-Rezeptorblocker (nur bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit) • Beta-Rezeptorenblocker • Aldosteron-Antagonisten Für diese Medikamente wurde in medizinischen Studien bei Herzinsuffizienz ein lebensverlängernder Effekt nachgewiesen. Dieser Effekt tritt auch dann auf, wenn kein Bluthochdruck vorliegt. Nähere Informationen zur Wirkweise und den Nebenwirkungen bei diesen Wirkstoffen finden Sie in Kapitel 7 zur Behandlung der KHK. Beschwerden lindern Andere Medikamente werden eingesetzt, um die Symptomatik zu bessern. Dazu gehören vor allem Diuretika, die umgangssprachlich auch als Wassertabletten bezeichnet werden. Diuretika steigern die Urinproduktion und damit die Flüssigkeitsausscheidung. Das senkt einerseits den Blutdruck, hat bei Herzinsuffizienz aber auch günstige Wirkungen auf eventuell vorhandene Wassereinlagerungen. Da durch Diuretika die Flüssigkeitsmenge im Körper vermindert wird, werden auch die Ödeme „ausgeschwemmt“. Mehr Kraft durch Fingerhut Medikamente können das Herz entlasten. Digitalis ist der lateinische Name für die Fingerhutpflanze. Aus ihr wurden schon vor über 200 Jahren Medikamente zur Behandlung von Herzerkrankungen gewonnen. Heute werden vor allem die Wirkstoffe Digoxin und Digitoxin eingesetzt, die man wissenschaftlich als Herzglykoside und umgangssprachlich als Digitalis zusammenfasst. Diese lassen das Herz zwar kräftiger und ökonomischer schlagen, einen lebensverlängernden Effekt haben sie aber offenbar nicht. Bei Patienten mit Vorhofflimmern können sie allerdings auch in frühen Stadien positive Wirkungen entfalten, da sie die Schlagfrequenz vermindern. Was Sie selbst tun können Genau wie bei der KHK ist auch bei der Herzinsuffizienz Eigeninitiative von Vorteil. In den meisten Fällen bedeutet das: • Nicht rauchen • Übergewicht abbauen • Gesund ernähren • Alkohol meiden Tipps zu den einzelnen Punkten sind in Kapitel 5 ab Seite 40 zu finden. Entgegen früherer Meinungen ist Bewegung auch bei Herzinsuffizienz richtig und wichtig. Eine regelmäßige und moderate Bewegung führt bei Patienten oftmals zu einer deutlichen Verbesserung der Belastbarkeit. Um das richtige Maß zu finden, kann Ihr Arzt zum Beispiel mit einem Belastungs-EGK die Grenzen ausloten. Eine gute Möglichkeit ist auch die Teilnahme an einer der vielen Sportgruppen für Patienten mit Herzschwäche. Reisen sind prinzipiell möglich, sollten aber nicht in Gegenden mit extremen klimatischen Bedingungen führen. Auch die dünne Luft im Gebirge kann problematisch sein. Kurze Flugreisen sind oftmals verträglicher als lange Autofahrten. Auf Langstreckenflüge sollten Sie jedoch verzichten. Schwere Infektionskrankheiten wie die echte Grippe (Influenza) können bei Herzinsuffizienz eine erhebliche zusätzliche Belastung darstellen. Deshalb sollten die Patienten alle empfohlenen Impfungen durchführen lassen. Welche das sind, kann man beim Hausarzt erfragen. Den Erfolg einer Herzinsuffizienztherapie kann man auch mit der Waage kontrollieren. Als Herzinsuffizienzpatient sollten Sie sich daher täglich wiegen. Am besten morgens vor dem Frühstück. Der Grund: Jeder Liter Wassereinlagerung wiegt ein Kilogramm. Sprunghafte Gewichtszunahmen von mehr als 2 kg oder -abnahmen von mehr als 1 kg von einem Tag auf den anderen sind verdächtig. In diesen Fällen konsultieren Sie umgehend einen Arzt. Wann wird die Herzschwäche zum Notfall? Eine Herzinsuffizienz kann sich manchmal rapide verschlechtern. Dann tritt binnen weniger Stunden sehr starke Atemnot auf. Ihr Herz schlägt sehr schnell oder unregelmäßig. Die Atmung klingt feucht und rasselnd. Oft besteht auch ein Druckgefühl in der Brust. In solchen Fällen sollte über die 112 oder die örtliche Notrufnummer der Rettungsdienst gerufen werden. Bis zu dessen Eintreffen sollte die betroffene Person aufrecht sitzend gelagert und geschont werden. Medikamente nicht einfach weglassen Egal ob eine Herzinsuffizienz Beschwerden verursacht oder nicht, sie sollte auf jeden Fall behandelt werden – je früher, desto besser. Auch wenn noch keine ausgeprägten Symptome vorliegen, sollten Sie die verordneten Medikamente einnehmen. Da sie das Fortschreiten der Erkrankung hemmen, bedeutet ein frühzeitiger Einsatz langfristig einen weitgehenden Erhalt der Herzfunktion. Auch wenn Sie sich eigentlich wohlfühlen, sollten Sie die Tabletten trotzdem regelmäßig einnehmen. Ziel der Behandlung ist nicht eine direkte Verbesserung der Symptome, sondern eine langfristige Hemmung des Fortschreitens der Herzschwäche. Insbesondere bei Digitalis ist eine zuverlässige Einnahme von großer Bedeutung, da es bei zu niedriger Dosierung nicht wirkt, bei zu hoher aber gefährliche Nebenwirkungen haben kann. 89 Kapitel 8 Jeder Patient mit Herzinsuffizienz sollte einmal täglich auf die Waage. Ein neues Herz Wenn alle genannten Maßnahmen versagen, dann ist eine Herztransplantation der letzte Ausweg. Weil es nicht genügend Spenderorgane gibt, kommen nur Patienten für eine Transplantation infrage, die gute Aussichten auf einen Behandlungserfolg haben. Das bedeutet, dass keine weiteren schweren Erkrankungen vorliegen dürfen und dass weder ein Nikotin- noch ein Alkoholmissbrauch vorliegt. Die Wartezeit für ein Spenderorgan kann trotzdem mehrere Jahre dauern. Nach einer Herztransplantation muss verhindert werden, dass der Köper das Spenderorgan abstößt. Hierfür sind Medikamente einzunehmen, die die Funktion des Immunsystems hemmen. Dadurch ist die Infektionsanfälligkeit von Transplantatempfängern deutlich höher. Die Patienten müssen daher geeignete Maßnahmen ergreifen, um Infektionen zu vermeiden. Ansonsten kann das Leben mit einem Spenderherzen weitgehend normal verlaufen und eine deutlich bessere Lebensqualität aufweisen als vor der Transplantation. Herztransplantation als letzter Ausweg 90 9. Kapitel DMP – Disease-Management-Programm Behandlung mit System 91 DMP – Disease-Management-Programm Behandlung mit System Kapitel 9 Der Hausarzt ist Ansprechpartner und Koordinator der Behandlung im DMP. V iele Menschen in Deutschland leiden an chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel einer KHK oder Diabetes. Sie brauchen eine kontinuierliche und vorausschauende ärztliche Behandlung und Überwachung. Die Medizin in Deutschland ist aber traditionell eher auf Heilung als auf Überwachung und Verhütung von Krankheiten ausgerichtet. Deshalb kommt es bei chronischen Erkrankungen nicht selten zu einer unsystematischen Vorgehensweise mit unnötigen Doppeluntersuchungen sowie Unter-, Über- oder gar Fehlversorgung des Patienten. Behandlung von Patienten mit chronischen Erkrankungen koordinieren und strukturieren, um so Folgeerkrankungen zu verhindern. Alle Maßnahmen werden dabei nach wissenschaftlich gesichertem medizinischem Wissensstand aufeinander abgestimmt. Entsprechende Programme werden auch als strukturierte Behandlungsprogramme oder Chronikerprogramme bezeichnet. Die Disease-Management-Programme der AOK heißen „AOK-Curaplan“ und zählen mehrere Millionen Teilnehmer. 92 Kapitel 9 Kontinuierliche Behandlung Disease-Management-Programme wurden in Deutschland 2001 eingeführt. Die Idee für solche Programme stammt ursprünglich aus den USA. In Deutschland werden DiseaseManagement-Programme derzeit für folgende Erkrankungen angeboten: • Koronare Herzkrankheit (KHK) • Diabetes mellitus • Chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen (COPD) • Asthma bronchiale • Brustkrebs Patienten, die mehrere der genannten Erkrankungen aufweisen, können auch in mehrere Disease-Management-Programme einschrieben werden. Um eine kontinuierliche Betreuung von Patienten mit chronischen Krankheiten zu gewährleisten, werden die Aktivitäten von Haus- und Fachärzten sowie Krankenhäusern, Apotheken und Reha-Einrichtungen koordiniert. Die notwendigen Therapieschritte werden optimal aufeinander abgestimmt. Durch die strukturierte Behandlung und Vorbeugung soll auf lange Sicht auch ein Beitrag zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen geleistet werden. Einfach gut informiert Hauptziel: weniger Folgeerkrankungen Disease-Management-Programme, auch DMPs genannt, sollen solche unstrukturierten Behandlungen vermeiden und die Disease-Management-Programme setzen auch auf Information. Als Patient werden Sie über Krankheit und Behandlung umfassend aufgeklärt. Dabei kommen folgende Maßnahmen zum Einsatz: • Informationsbroschüren wie die vorlie- gende • Schulungen • Telefonische Beratungsgespräche • Erinnerungen per Telefon, Brief, E-Mail oder SMS z. B. an anstehende Untersuchungen Um den ordnungsgemäßen Ablauf der Behandlungsprogramme sicherzustellen, ihre Wirksamkeit zu dokumentieren und die Maßnahmen kontinuierlich zu verbessern, wird für jeden Patienten ein Dokumentationsbogen ausgefüllt und an die Krankenkasse übermittelt. Disease-Management-Programme sind vor allem für Patienten geeignet, die sich mit ih- DMP-Vorteile im Überblick • Regelmäßige Untersuchungen und kontinuierliche Betreuung • Behandlung mit bewährten Medikamenten • Genaue Abstimmung zwischen dem koordinierenden Arzt und allen Fachärzten • Umfangreiche Informationen über die Erkrankung • Angebot von Schulungen • Motivation durch Vereinbarung von individuellen Therapiezielen • Unterstützung bei der Planung von Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen rer Erkrankung auseinandersetzen und aktiv an der Behandlung teilnehmen wollen. Die Teilnahme an einem Disease-ManagementProgramm wie AOK-Curaplan ist für Sie freiwillig und kostenlos. Voraussetzung für die Teilnahme ist lediglich, dass eine gesicherte Diagnose vorliegt. Ob das der Fall ist, stellt der Hausarzt fest. Der Hausarzt als Koordinator Der Hausarzt ist meist Ihr Ansprechpartner für das gesamte Behandlungsprogramm. In Einzelfällen kann diese Aufgabe aber auch von Internisten oder Kardiologen übernommen werden. Ihr DMP-Arzt koordiniert die notwendigen Untersuchungen und Behandlungen bei Spezialisten oder, falls nötig, auch mit einem Krankenhaus. So werden Doppeluntersuchungen und Mehrfachbehandlungen vermieden. Gemeinsam mit dem Arzt vereinbaren Sie individuelle Therapieziele, die auf Ihre persönliche Lebens- und Krankheitssi- tuation zugeschnitten sind. Die Ziele können zum Beispiel bestimmte Blutdruck- oder Blutfettwerte sein. Sie werden dokumentiert und sollen Ihnen, aber auch dem Arzt einen Anreiz geben, möglichst gut bei der Behandlung mitzuwirken. Der Arzt prüft auch, ob die im Programm vorgesehenen Schulungen dabei helfen können, besser mit der Erkrankung umzugehen, und empfiehlt Ihnen gegebenenfalls die Teilnahme. Er dokumentiert regelmäßig wichtige Behandlungsdaten und hat so einen umfassenden, stets aktuellen Überblick über den Stand Ihrer Therapie. DMPs wirken Studien und Auswertungen haben übrigens bereits die Wirksamkeit von Disease-Management-Programmen bewiesen: DMP-Patienten haben bessere Blutdruckwerte, gehen häufiger zu Schulungen und Kontrolluntersuchungen und bekommen öfter die für sie passenden Medikamente. Beratung zum Thema Disease-ManagementProgramme gibt es beim Hausarzt und den gesetzlichen Krankenkassen. 93 Kapitel 9 94 Aufgabe des DMP KHK Kapitel 9 • Verminderung der Sterblichkeit von KHK-Patienten durch Vermeidung von (weiteren) Herzinfarkten • Vermeidung der Entstehung oder Verschlimmerung einer Herzinsuffizienz • Verbesserung der Lebensqualität durch Vermeidung von Angina-Pectoris-Beschwerden und Erhaltung der Belastungsfähigkeit AOK-Curaplan Koronare Herzkrankheit Das Programm „AOK-Curaplan Koronare Herzkrankheit“ richtet sich speziell an Menschen mit KHK. Teilnehmen können AOKVersicherte, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben oder bei denen mittels einer Herzkatheteruntersuchung eine Verengung der Herzkranzgefäße festgestellt wurde. Patienten mit Angina-Pectoris-Beschwerden kommen für eine Teilnahme infrage, wenn aufgrund ihres Risikoprofils, ihrer Beschwerden und ihrer Befunde mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit eine KHK vorliegt. Durch eine strukturierte und langfristige Behandlung im Rahmen des Disease-Management-Programms soll vor allem verhindert werden, dass Sie einen Herzinfarkt oder einen Wiederholungsinfarkt erleiden. Außerdem sollen Ihre krankheitsbedingten Beschwerden vermindert und Ihre Leistungsfähigkeit und Lebensqualität verbessert werden. Die Behandlung erfolgt auf der Grundlage von Empfehlungen, die Ärzte und Krankenkassen gemeinsam erarbeitet haben. Sie beruhen auf gesichertem medizinischem Wissen. Hilfe zur Selbsthilfe Wie bereits beschrieben, lässt sich eine KHK nicht ausschließlich mit Tabletten oder medizinischen Eingriffen behandeln. Mindestens genauso wichtig ist eine Veränderung der Lebensgewohnheiten. Um Sie dabei zu unterstützen, bietet AOK-Curaplan Ihnen neben speziellen Schulungen auch wertvolle Informationen und viele praktische Angebote für die persönliche Lebensführung an. Die Schulungen werden von speziell dafür qualifizierten Fachkräften durchgeführt. Alle Schulungsprogramme sind außerdem geprüft und haben ihre Wirksamkeit in Studien bewiesen. Je nach individueller Situation kommen für Patienten mit KHK folgende Schulungsthemen infrage: • Bluthochdruck (nur wenn ein erhöhter Blutdruck vorliegt) • Gerinnungshemmung (nur für Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen müssen) • Verschiedene Schulungen zum Thema Typ-2-Diabetes (nur für Patienten mit Zuckerkrankheit) Auch für schwache Herzen Patienten, die zusätzlich zu einer Koronaren Herzkrankheit an einer Herzschwäche leiden, werden im Programm AOK-Curaplan besonders zielgerichtet betreut. Denn das sogenannte „Modul Herzinsuffizienz“ ist genau auf die Bedürfnisse dieser Patienten ausgerichtet. Dabei geht es zum Beispiel um die Verordnung der richtigen Medikamente oder um die rechtzeitige Überweisung zu Fachärzten, wenn sich die Erkrankung verschlechtert. Vom „Modul Herzinsuffizienz“ können alle Patienten profitieren, die in das Programm „AOK-Curaplan Koronare Herzkrankheit“ eingeschrieben sind und bei denen der Arzt zusätzlich eine Herzschwäche festgestellt hat. Eine Extraeinschreibung ist nicht erforderlich. Auch die Behandlungsempfehlungen im „Modul Herzinsuffizienz“ sind von medizinischen Experten entwickelt worden und basieren auf gesicherten medizinischen Erkenntnissen. Die persönliche Dokumentation 95 Kapitel 9 Damit beim Disease-Management-Programm nichts vergessen wird, füllt der Arzt mit dem Patienten zusammen regelmäßig eine Dokumentation aus. Auch der Patient bekommt einen Ausdruck. Die Daten aus der Dokumentation gehen außerdem an eine Datenstelle, die sie nach einer Auswertung und Qualitätssicherung an die Krankenkassen und eine gemeinsame Einrichtung von Ärzten und Krankenkassen weiterleitet. Auf dem Bogen finden sich alle wichtigen Angaben zur Erkrankung. Es lohnt sich daher, wenn Sie die Bögen ein wenig studieren und sie in einem Ordner sammeln, damit Sie bei Bedarf nachschauen können, was sich geändert hat. Leider ist der Dokumentationsbogen nicht immer selbsterklärend. Wenn man einzelne Punkte nicht versteht, kann man sie natürlich mit dem Arzt besprechen. Punkte, die häufig zu Rückfragen führen, erläutern wir auf den folgenden Seiten. Schulungen helfen dabei, die eigene Erkrankung besser zu verstehen und praktische Fähigkeiten wie zum Beispiel das richtige Blutdruckmessen zu üben. 96 Kapitel 9 Es lohnt sich, dass Sie sich mit dem Dokumentationsbogen vertraut machen, auch wenn er auf den ersten Blick ein wenig kompliziert aussieht. Der Bogen kann bei Ihnen anders aussehen, weil die Ärzte verschiedene Computerprogramme benutzen – die Inhalte sind aber gleich. 97 Kapitel 9 98 Kapitel 9 Administrative Daten Relevante Ereignisse In diesem Absatz wird vermerkt, wegen welcher Erkrankung Sie in das Behandlungsprogramm eingeschrieben wurden und ob das Modul Chronische Herzinsuffizienz ebenfalls zum Tragen kommt. Hier werden alle Vorfälle und Maßnahmen eingetragen, die durch die KHK bedingt wurden. Relevante Ereignisse können eine instabile Angina Pectoris, ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall sein. Das Feld Diagnostische und/oder koronartherapeutische Interventionen beschreibt Herzkatheteruntersuchungen, Erweiterung von Engstellen in den Herzkranzgefäßen mit Ballonkatheter und/oder Stent sowie Bypass-Operationen. Im Feld Stationäre Behandlungen wird angegeben, ob es seit dem Ausfüllen des letzten Bogens zu einem KHK-bedingten Notfall gekommen ist, der eine Krankenhausaufnahme notwendig machte. Es ist eines der Ziele des Behandlungsprogrammes, solche Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Anamnese und Befunddaten In diesem Abschnitt finden Sie Angaben zu Ihrer Krankengeschichte (Anamnese) und zu den Ergebnissen von Untersuchungen. Die meisten Angaben sind selbsterklärend. Im Feld LDL-Cholesterin vermerkt der Arzt, wie viel „schlechtes“ Cholesterin Sie im Blut haben. Zu viel Cholesterin im Blut erhöht das Risiko für einen Herzinfarkt. Im Feld Begleiterkrankungen finden sich alle relevanten Erkrankungen außer der KHK. Dazu gehören insbesondere jene Erkrankungen, die das KHK-Risiko erhöhen, also Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes. Das Feld Angina Pectoris gibt an, ob Beschwerden im Sinne einer Brustenge vorliegen und ob diese dem typischen Bild einer Angina Pectoris entsprechen oder ob sie atypisch sind, also anders als bei den meisten Patienten. Das Feld Serum-Elektrolyte erscheint nur, wenn gleichzeitig eine Herzschwäche vermerkt wurde. Er gibt an, ob die Blutwerte für Stoffe wie Natrium und Kalium bestimmt, also untersucht wurden. Bei Herzinsuffizienz sollte dies mindestens halbjährlich erfolgen. Die Werte haben Einfluss auf die Medikation. Medikamente Hier finden Sie alle relevanten und bei KHK empfohlenen Klassen von Medikamenten. Die Funktionsweise dieser Wirkstoffgruppen finden Sie in Kapitel 6 dieses Buches. Der etwas sperrige Begriff HMG-CoA-Reduktasehemmer ist übrigens nur ein anderer Name für die zur Cholesterinsenkung benutzten Statine. Ob Sie ein Medikament aus der jeweiligen Wirkstoffklasse benötigen, hängt von Ihrer persönlichen Risikokonstellation für Herz und Gefäße ab. Schulungen Wenn eine Schulung hilfreich sein könnte, wird der Arzt dies unter Schulung empfohlen vermerken. Sollte er eine Schulung empfohlen haben, wird er im Feld Empfohlene Schulung wahrgenommen ankreuzen, ob Sie auch dort waren. Empfohlene Schulungen sollten Sie unbedingt wahrnehmen. „Schwänzt“ man ohne guten Grund, kann dies zu einem Ausschluss aus dem DMP führen. 99 Kapitel 9 100 Glossar Hilfe – Herzrisiko! Die wichtigsten Fachausdrücke ACE-Hemmer Gruppe von Medikamenten, die die Bildung eines blutdrucksteigernden Hormons (Angiotensin II) hemmen. Acetylsalicylsäure (ASS) Schmerzmittel und Thrombozytenaggregationshemmer (siehe dort). Ambulante Behandlung Eine Behandlung, bei der man nicht stationär aufgenommen wird, also nicht in einer Klinik o. Ä. übernachtet. Behandlungsplan Wenn Sie weitere Informationen wünschen, können Sie das mit dem DMP-Arzt besprechen. Er wird es dann in das Feld Vom Patienten gewünschte Informationsangebote eintragen. Es gibt Untersuchungen und Behandlungen, die der DMP-Arzt nicht selbst ausführen kann. In diesem Fall wird er die Unterstützung von Fachärzten oder Krankenhäusern in Anspruch nehmen. Sollte bei Ihnen wegen der KHK eine Facharztuntersuchung oder Krankenhausbehandlung notwendig sein, wird dies im Feld KHK-bezogene Über- bzw. Einweisung veranlasst vermerkt. Das Feld Regelmäßige Gewichtskontrolle empfohlen erscheint nur, wenn eine Herzinsuffizienz vorliegt. Eine regelmäßige Gewichtskontrolle kann in diesem Falle wegen eventueller Wassereinlagerungen sehr wichtig sein. Wie häufig eine Kontrolluntersuchung nötig ist, trägt der Arzt im Feld Dokumentationsintervall ein. Das Plus von AOK-Curaplan Der Dokumentationsbogen ist ein wichtiger Teil des Behandlungsprogrammes. Zusammen mit den anderen Maßnahmen sorgt er dafür, dass Sie bei KHK mit oder ohne Herzinsuffizienz regelmäßig untersucht, informiert und beraten werden. Die Strukturierung der Behandlung garantiert außerdem eine optimale und bewährte Vorgehensweise, bei der keine wesentlichen Schritte übersehen werden können. Für Sie als Herzpatient bedeutet das ein Plus an Sicherheit, Gesundheit und wahrscheinlich auch an Lebensjahren. Anamnese Krankengeschichte, die beim Gespräch von Arzt und Patient erhoben wird. Angina Pectoris Brustenge, hervorgerufen durch Sauerstoffmangel des Herzens. Wird meist durch eine Arteriosklerose hervorgerufen, die die Herzkranzgefäße verengt. Tritt vor allem bei körperlichen Belastungen, Stress oder Kälte auf. Angiografie Röntgenuntersuchung zur Darstellung von Blutgefäßen nach Injektion eines Kontrastmittels. Arterien Gefäße, die Blut vom Herzen wegleiten. Mit Ausnahme der Lungenarterien fließt in Arterien immer sauerstoffreiches Blut. AT1-Blocker Gruppe von Medikamenten, die die Wirkung des blutdrucksteigernden Hormons Angiotensin II vermindern, indem sie den AT1-Rezeptor blockieren. Atherosklerose/Arteriosklerose Krankhafte Veränderungen der Arterien mit beetartigen Fetteinlagerungen, Verhärtungen und Verkalkungen (Plaques). Bewirkt Einengungen und Elastizitätsverlust der Arterien. Die Folge kann eine verminderte Durchblutung der durch die Arterie versorgten Gebiete sein. Blutplättchen Siehe Thrombozyten. Ballondilatation Aufdehnung einer Engstelle in Hohlorganen durch einen Ballon (auch Ballonaufdehnung genannt). Wird am Herzen vor allem zur Aufdehnung von Herzkranzgefäßen angewendet (PTCA= Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie). Bypass-Operation Anlegen eines künstlichen Umgehungskreislaufs bei verengten Herzkranzgefäßen zur Verbesserung der Durchblutung des Herzmuskels. Betablocker Gruppe von Medikamenten, die die Wirkung der Stressbotenstoffe Adrenalin und Noradrenalin hemmen und dadurch den Blutdruck und die Herzfrequenz senken. Blutdruck Der Druck, mit dem das Blut durch die Gefäße gepumpt wird. Man unterscheidet zwischen dem oberen (systolischen) Wert unmittelbar nach dem Zusammenziehen des Herzens und dem unteren (diastolischen) Wert in der Erschlaffungsphase. Blutdrucksenker (= Antihypertonika oder Antihypertensiva) Medikamente zur Senkung des Blutdrucks. Blutgerinnsel (Thrombus) Pfropf in den Gefäßen, der aus geronnenem Blut besteht. Bluthochdruck (= Hypertonie) Zu hoher Blutdruck. Beginnt bei Werten von ca. 140/90 mmHg. Bluthochdruck ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung einer Arteriosklerose und KHK. Blutzucker Glukose (Traubenzucker), die im Blut transportiert wird und als Energieträger für die Körperzellen dient. Erhöhte Blutzuckerspiegel werden als Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) bezeichnet. Cholesterin Fettähnliche Substanz. Ausgangsstoff vieler Hormone und der Gallensäuren. Cholesterin wird in der Leber produziert und/oder mit der Nahrung aufgenommen. Im Blut wird Cholesterin in Form von Lipoproteinen transportiert. Diese Lipoproteine kommen als LDL und HDL vor. Diabetes mellitus (= Zuckerkrankheit) Stoffwechselerkrankung, die mit erhöhtem Blutzuckerspiegel einhergeht. Dies stellt einen wichtigen Risikofaktor für die Entstehung einer Arteriosklerose und KHK dar. Diagnose Erkennen und Bezeichnen einer Erkrankung anhand von Patientenangaben (Anamnese und Beschwerden) und Untersuchungsergebnissen (Befunde). Diuretika ( = Wassertabletten) Gruppe von Medikamenten, die die Ausscheidung von Wasser und Salzen steigern. Diuretika werden zur Ausschwemmung von Ödemen (= Wassereinlagerungen im Gewebe) und zur Blutdrucksenkung verwendet. Hilfe – Herzrisiko! Die wichtigsten Fachausdrücke Disease-Management-Programm Auch: DMP. Strukturierte Behandlungsprogramme bei Patienten mit lang anhaltenden Gesundheitsstörungen. Sie sollen zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung beitragen. EKG/Elektrokardiogramm Aufzeichnung der bei der Herztätigkeit entstehenden elektrischen Vorgänge über Elektroden. Fettsäuren Bestandteile von Fettmolekülen. Man unterscheidet zwischen gesättigten, einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren haben sich für die Ernährung von Herzpatienten als besonders günstig erwiesen. HDL High Denstiy Lipoprotein – Fetttransportprotein mit hoher Dichte. Transportiert überschüssiges Cholesterin und andere Fette von den Organen zurück zur Leber. Hohe HDL-Cholesterin-Werte schützen vor Arteriosklerose. HDL-Cholesterin wird daher oft als „gutes“ Cholesterin bezeichnet. Herzecho (= Echokardiografie, Herzultraschall) Ultraschalluntersuchung, bei der hochfrequente Schallwellen durch das Herzgewebe reflektiert werden. Aus den Reflexionen lassen sich Bilder erzeugen, die eine Aussage über die Herzform und Herzfunktion ermöglichen. Herzinfarkt Schwere Schädigung des Herzmuskels aufgrund von akutem Sauerstoffmangel – meist bedingt durch den Verschluss eines Herzkranzgefäßes aufgrund eines Blutgerinnsels. Herzinsuffizienz (= Herzschwäche) Unfähigkeit des Herzens, bei mäßiger Belastung ausreichend Blut zu pumpen. Herzkatheteruntersuchung Untersuchung des Herzens durch einen elastischen dünnen Schlauch, der über eine Arterie zum Herzen und in die Herzkranzgefäße vorgeschoben wird. Dabei können Messungen erfolgen und die Herzkranzgefäße mittels Kontrastmittel röntgenologisch dargestellt werden. Über einen Herzkatheter kann auch ein kleiner Ballon an Engstellen dirigiert werden, um diese zu erweitern (siehe Ballondilatation). Herzklappenfehler Herzklappen können aus unterschiedlichen Gründen Defekte aufweisen wie z. B. Verwachsungen, Verdickungen oder Verkalkungen. Dadurch schließen sie nicht mehr richtig oder verhindern einen optimalen Blutdurchfluss. Herzkranzgefäße Arterien, die das Herz auf der Außenseite wie ein Kranz umschließen und es mit Sauerstoff versorgen. Herzrhythmusstörungen Unregelmäßigkeiten und krankhafte Abweichungen des Herzschlags, z. B. zu schnell, zu langsam, zu unregelmäßig. Kalorien Veraltete Maßeinheit für die Energie. Bei Lebensmitteln häufig noch gebräuchlich. Angabe dann meist in Kilokalorien (kcal). 1 Kilokalorie = 1.000 Kalorien. Neuere Einheit ist Joule (1 Kalorie = 4,185 Joule). 101 102 Glossar Glossar Kammerflimmern Schwerste und lebensgefährliche Form der Herzrhythmusstörungen: Das Herz zieht sich nur noch in einzelnen Abschnitten unregelmäßig zusammen und verliert seine Pumpfunktion fast vollständig. Kardiologie Spezialgebiet der Medizin, das sich mit dem Herzen befasst. Koronarangiografie Darstellung der Herzkranzgefäße durch Kontrastmittelinjektion und Röntgendurchleuchtung im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung. Koronararterien Siehe Herzkranzgefäße. Koronare Herzkrankheit (KHK) Minderdurchblutung des Herzmuskels durch Einengung oder Verschluss der Herzkranzgefäße. Die Folgen sind Schmerzen in der Brust, die akut (siehe Herzinfarkt) oder chronisch (siehe Angina Pectoris) auftreten. LDL (= Low Density Lipoprotein – Fetttransportprotein mit niedriger Dichte) Transportiert überschüssiges Cholesterin und andere Fette von der Leber zu den Organen. Hohe LDL-Cholesterin-Werte begünstigen eine Arteriosklerose. LDLCholesterin wird daher oft als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet. Lipide Oberbegriff für Fettsubstanzen wie z. B. Cholesterin oder Triglyzeride (siehe jeweils dort). Lipidsenker Medikamente zur Behandlung von Störungen des Fettstoffwechsels. Hilfe – Herzrisiko! Die wichtigsten Fachausdrücke mmHg Millimeter Quecksilbersäule. Maßeinheit für Druck, insbesondere Blutdruck. Rezidiv Wiederauftreten einer bestimmten Krankheit oder Gesundheitsstörung. Nitrate Stickstoffverbindungen, die in der Medizin zur Erweiterung von Gefäßen eingesetzt werden. Risikofaktor Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, eine bestimmte Krankheit zu erleiden. Omega-3-Fettsäuren Bestimmte Art von Fettsäuren, die z. B. in Seefisch enthalten ist. Sollen günstige Auswirkungen auf bestimmte Herzkrankheiten haben. Schaufensterkrankheit (= Claudicatio intermittens = intermittierendes Hinken). Durchblutungsstörungen der Beine, die die Betroffenen zwingen, nach einer gewissen Gehstrecke stehen zu bleiben und zu warten, bis wieder genug Sauerstoff in den Beinmuskeln ankommt. Ursache ist meist eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (siehe pAVK), die durch eine Arteriosklerose der Beinarterien verursacht wird. Östrogen Weibliches Geschlechtshormon. pAVK Periphere arterielle Verschlusskrankheit. Meist durch Arteriosklerose verursachte Durchblutungsstörung der Beine. Kann zur Schaufensterkrankheit und zum Raucherbein führen. Plaque Hier: Ablagerungen in den Gefäßinnenwänden. PTCA Perkutane transluminale Koronarangiografie (siehe Ballondilatation). Raucherbein Schwere Durchblutungsstörung eines Beines, die zum Absterben von Haut und Gewebe führt (offenes Bein). Wird meist durch Arteriosklerose hervorgerufen und kann auch bei Nichtrauchern auftreten. Renin-Hemmer Gruppe von Medikamenten, die die Bildung eines blutdrucksteigernden Hormons (Angiotensin II) hemmen. Schlaganfall (= Insult, Apoplex) Akut auftretende Durchblutungsstörung des Gehirns aufgrund eines Blutgerinnsels oder einer Blutung, bei der Hirngewebe durch Sauerstoffmangel zugrunde geht. Ursache ist meist eine Arteriosklerose der Hirngefäße oder der Halsschlagadern. Stationäre Behandlung Behandlung im Krankenhaus, im Gegensatz zur ambulanten Behandlung (siehe dort). Stent Gefäßstütze aus einem engmaschigen Gitter, das nach einer Ballondilatation (siehe dort) eingesetzt wird, um das Risiko einer erneuten Verengung zu verringern. Stress Reaktion des Organismus auf psychische und physische Belastungen. Sympathikus Strang des autonomen Nervensystems, der unter anderem den Herzschlag steigert. Thrombolyse Gabe von Medikamenten, die zur Auflösung eines Blutgerinnsels führen, um die Durchblutung wiederherzustellen. Thrombozyten (= Blutplättchen) Kleinste Zellen des Blutes, die eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung spielen. Sie heften sich bei einer Verletzung des Blutgefäßes an das umliegende Gewebe und aneinander an. Auf diese Weise entsteht ein vorläufiger Verschluss der Verletzung. Die verklumpten Thrombozyten sondern außerdem Botenstoffe ab, die die Blutgerinnung aktivieren, wodurch ein stabilerer Verschluss entsteht. Thrombozytenaggregationshemmer Medikamente, die das Verklumpen von Thrombozyten und dadurch die Bildung von Blutgerinnseln verhindern. Wichtigster Vertreter ist die Acetylsalicylsäure (ASS). Thrombus Blutpfropf, der durch Gerinnung von Blut entstanden ist. Ursache für die Thrombenentstehung ist meist eine Arteriosklerose. Thromben sind die häufigste Ursache für einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Transfettsäuren Fettsäuren in der Nahrung, die den LDLCholesterinspiegel anheben. Triglyzeride Eine Fettart. Vorhofflimmern Häufige Herzrhythmusstörung, hervorgerufen durch rasche und unkoordinierte Kontraktionen der Herzvorhöfe. Kann die Pumpleistung des Herzens vermindern. 103 Hilfe – Herzrisiko! Stichwortverzeichnis Stichworte A ACE-Hemmer 69 | 84 | 87 | 100 Acetylsalicylsäure 72 | 80 | 100 | 102 Angina Pectoris 31 | 32 | 33 | 35 | 75 | 76 | 77 | 79 | 84 | 100 | 101 Angiografie 100 AOK-Curaplan 91 | 93 | 94 | 95 Arteriosklerose, Atherosklerose 26 | 27 | 28 | 31 | 32 | 75 | 83 | 100 | 101 | 102 AT1-Blocker 84 | 100 E Echokardiografie 39 Entspannung 9 | 46 Ernährung 19 | 24 | 41 | öö | 57 | 58 | 59 | 71 | 72 | 101 B Ballonaufdehnung 78 | 80 | 81 | 82 | 83 | 84 | 100 Ballondilatation 78 | 100 | 101 | 102 Belastungs-EKG 32 | 48 Betablocker 75 | 77 | 83 | 84 Bewegung 41 | 42 | 45 | 47 | 48 | 50 | 60 | 62 | 71 | 72 | 85 | 88 Blutdruck 9 | 10 | 15 | 16 | 19 | 20 | 25 | 42 | 43 | 47 | öö | 58 | 61 | 62 | 67 | 68 | 72 | 77 | 85 | 88 | 93 | 94 | 100 Blutdruckmessung 16 | 62 | 63 Blutgerinnsel 28 | 33 | 34 | 72 | 80 | 83 | 84 | 100 Bluthochdruck 19 | 20 | 21 | 23 | 37 | 41 | 50 | 56 | 62 | 67 | 68 | 70 | 72 | 87 | 94 | 100 Blutplättchen 28 | 33 | 72 | 80 | 81 | 83 | 100 | 102 Body-Mass-Index, BMI 23 | 24 Bypass, Bypass-Operation 78 | 81 | 82 | 83 | 84 | 100 H HDL-Cholesterin 22 | 57 | 101 Herzinfarkt 17 | 20 | 24 | 25 | 27 | 28 | 29 | 31 | 33 | 34 | 35 | 37 | 39 | 43 | 50 | 59 | 63 | 64 | 65 | 67 | 72 | 73 | 75 | 77 | 83 | 84 | 94 | 101 | 102 Herzkatheteruntersuchung 84 | 94 | 101 Herzkranzgefäße 12 | 27 | 31 | 33 | 76 | 78 | 94 | 100 | 101 Herzrhythmusstörung 39 Herzschmerzen 9 Herzschwäche, Herzinsuffizienz 33 | 37 | 39 | 77 | 87 | 88 | 89 | 95 | 101 Herztransplantation 89 C Cholesterin 20 | 21 | 22 | 27 | 42 | 57 | 58 | 71 | 100 | 101 L LDL-Cholesterin 21 | 57 | 58 | 71 | 101 D Diabetes 22 | 23 | 69 | 72 | 91 | 92 | 94 | 100 Digitalis 87 | 88 | 89 Diuretika 69 | 87 | 88 | 100 F Fibrate 71 G Glukose 22 | 100 K Kaffee 59 Kalziumantagonisten 77 Kammerflimmern 34 | 101 Kohlenhydrate 57 | 58 Koronarangiografie 101 | 102 Koronare Herzkrankheit (KHK) 19 | 92 | 101 M Magnesium 56 N Nitrate 76 | 102 Notarzt 76 O Ödeme 37 | 38 | 69 | 88 Omega-3-Fettsäuren 54 | 56 | 57 | 102 P Plaque 31 | 102 R Rauchen 19 | 23 | 24 | 29 | 41 | 42 | 44 | 45 | 46 Rehabilitation 84 Reisen 88 Risikofaktoren 19 | 21 | 23 | 25 | 27 | 28 | 29 | 33 | 41 | 47 | 50 | 67 | 68 | 83 | 84 | 85 Rotwein 54 | 56 S Salz 53 | 56 | 58 | 59 | 69 Schaufensterkrankheit 28 | 33 | 35 | 102 Schlaganfall 27 | 33 | 102 Sport 24 | 49 Statine 71 | 75 | 84 Stress 11 | 19 | 20 | 25 | 42 | 46 | 47 | 59 | 60 | 61 | 62 | 100 | 102 T Thrombozyten 33 | 72 | 100 | 102 Transfettsäuren 57 | 102 Triglyzeride 22 | 58 | 71 | 101 | 102 U Übergewicht 19 | 23 | 24 | 50 | 51 | 52 | 57 | 62 | 88 104 Impressum Hilfe – Herzrisiko! Impressum Autor Hinweis Dr. med. Albert Röder Die Informationen in diesem Buch wurden von den Autoren, der Redaktion und den Herausgebern nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig erwogen und geprüft, stellen aber keinen Ersatz für eine medizinische Betreuung jeglicher Art dar. Dies gilt insbesondere für die in diesem Buch vorgestellten Heilmittel, die je nach Konstitution des Anwenders Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen oder zu Nebenwirkungen führen können. Bevor Sie ein hier aufgeführtes Heilmittel anwenden, sollten Sie daher in jedem Fall vorab mit Ihrem Arzt oder Apotheker Kontakt aufnehmen und sich entsprechend beraten lassen. Autoren, Herausgeber und Redaktion übernehmen keinerlei Haftung für etwaige Personen- oder Sachschäden, die sich aus dem Gebrauch oder Missbrauch der in diesem Buch aufgeführten Anwendungsmöglichkeiten ergeben. Die Verwendung von Texten und Bildern, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung der Herausgeber unzulässig und strafbar. Herausgeber AOK-Bundesverband Rosenthaler Straße 31 · 10178 Berlin Freigabe durch BVA: Juni 2015 Deutscher Hausärzteverband e. V. Edmund-Rumpler-Straße 2 51149 Köln Koordination Peter Willenborg, AOK-Bundesverband Medizinische Redaktion Rajko Ninic, AOK-Bundesverband Realisation medi cine medienproduktions gmbh Andreas Görner, Projektleitung V Vorhofflimmern 38 | 73 | 88 | 102 Torsten Schack, Grafik W Wassereinlagerungen 38 | 39 | 69 | 88 | 100 Christine Krebber, Zeichnungen Karin Neumert-Marutschke, Gestaltungskonzeption Copyright für diese Ausgabe Petra Greiner-Senft, Lektorat Volkhardt Caruna Medien, Druck Bildnachweis AOK-Bundesverband medi cine medienproduktions gmbh Michael Jarmusch, Fotografie Jochen Tack, Fotografie © 2016 medi cine medienproduktions gmbh Bischheimer Weg 1 55129 Mainz Hilfe – Herzrisiko! Curaplan Patienten-Handbuch zu Koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz Eine Verengung der Herzkranzgefäße ist die Ursache für die Koronare Herzkrankheit. Der Herzmuskel bekommt nicht genug Sauerstoff, es kann zu Schmerzen in der Brust oder sogar zu einem Herzinfarkt kommen. Auch eine verminderte Pumpleistung des Herzens, die sogenannte Herzinsuffizienz, kann eine Folge sein. Ziel der Behandlung ist es, einen Infarkt oder eine Verschlechterung der Erkrankung zu verhindern, Beschwerden zu vermeiden und die Belastungsfähigkeit der Patienten zu erhalten. Dieses Patienten-Handbuch möchte Ihnen näher bringen, welche Ursachen zu einer Koronaren Herzkrankheit oder zu einer Herzinsuffizienz führen. Es stellt Ihnen die modernen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten vor und gibt Ihnen Tipps und Anregungen für ein herzgesundes Leben. Werden Sie zusammen mit Ihrem Arzt zum Gesundheitsmanager in eigener Sache. So können Sie selbst aktiv an Ihrer Behandlung mitarbeiten, Ängste vor der Krankheit überwinden und Notfälle wie einen Herzinfarkt verhindern. Schutzgebühr: 9,90 EUR