Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 1 Hinweis: Manche (sehr wenige) der folgenden Beispiele sind falsch, manche enthalten offene Fragen, manche sind besonders schwierig. Die Lösung eines falschen Beispiels besteht in einer Erklärung, was bzw. warum etwas falsch ist. (Ein falscher Allsatz kann zB durch ein Gegenbeispiel widerlegt werden.) Naive Mengenlehre 1. Welche der folgenden Aussagen gelten allgemein (d.h., für beliebige x, x1 , y, . . .)? Begründen Sie Ihre Antwort (Beweis oder Gegenbeispiel). a. Wenn {x} = {y}, dann ist auch x = y. b. Wenn {x, z} = {y, z}, dann ist auch x = y. c. Wenn {x1 , x2 } = {y1 , y2 }, dann gilt zumindest eine der folgenden beiden Aussagen: (12) x1 = y1 und x2 = y2 ; (21) x1 = y2 und x2 = y1 . d. Wenn {x1 , x2 , x3 } = {y1 , y2 , y3 }, dann ist zumindest eine der folgenden 6 Aussagen wahr: (123) x1 = y1 , x2 = y2 , x3 = y3 . (132) x1 = y1 , x2 = y3 , x3 = y2 . (213) x1 = y2 , x2 = y1 , x3 = y3 . (231) x1 = y2 , x2 = y3 , x3 = y1 . (312) x1 = y3 , x2 = y1 , x3 = y2 . (321) x1 = y3 , x2 = y2 , x3 = y1 . 2. Von der Eigenschaft E wissen wir bereits, dass sie auf alle Singletons (=einelementige Mengen) zutrifft. Nehmen wir an, dass E immer dann auf eine Menge A ∪ {b} zutrifft, wenn E auf A zutrifft (und b beliebig ist). Können wir daraus schließen, • . . . dass E für alle endlichen nichtleeren Mengen gilt? • . . . dass E für alle nichtleeren Mengen gilt? • . . . dass E für alle höchstens abzählbaren nichtleeren Mengen gilt? 3. Zeigen oder widerlegen Sie: Wenn { {x}, {x, y} } = { {x0 }, {x0 , y 0 } }, dann gilt x = x0 und y = y0 . 4. Zeigen oder widerlegen Sie: Wenn { x, {x, y} } = { x0 , {x0 , y 0 } }, dann gilt x = x0 und y = y 0 . 5. Zeigen oder widerlegen Sie: Sei ∗ := {∅}. Wenn { {∅, x}, {∗, y} } = { {∅, x0 }, {∗, y 0 } }, dann gilt x = x0 und y = y 0 . Sei A eine Menge von Mengen. Eine Auswahlfunktion für A ist eine Funktion f , die jedem Element B ∈ A \ {∅} eines seiner Elemente zuweist, d.h. es muss also für alle nichtleeren1 B ∈ A die Beziehung f (B) ∈ B gelten. Geben Sie in den folgenden Aufgaben explizite Auswahlfunktionen für die jeweiligen Mengenfamilien an. 6. A6 sei die Familie aller Teilmengen von N. 7. A7 sei die Familie aller Teilmengen von Z. 8. A8 sei die Familie aller endlichen Teilmengen von R. 9. A9 sei die Familie aller Teilmengen von R. 10. A10 sei die Familie aller Äquivalenzklassen von Cauchyfolgen rationaler Zahlen. ∞ ∞ (Zwei Cauchyfolgen (xn )∞ n=1 , (yn )n=1 heißen äquivalent, wenn die Folge (xn − yn )n=1 ihrer Differenzen eine Nullfolge bildet.) 1 Oft wird vorausgesetzt, dass die leere Menge ∅ kein Element von A ist. Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 2 11. A × B := {(x, y) : x ∈ A, y ∈ B}, wobei (x, y) := {{x}, {x, y}}. Zeigen Sie A × B ⊆ P(P(A ∪ B)) (wobei P(X) := {Y : Y ⊆ X}). 12. Wir schreiben B A für die Menge aller Funktionen von A nach B. Welche der folgenden Aussagen ist richtig? B A ⊆ A × B, 13. Berechnen Sie S A, B A ⊆ P(A × B), SS A, T A, TT B A ⊆ P(P(A ∪ B)), B A ⊆ P(P((A × B))) A für jede der folgenden Mengen A: A1 = {0, 1, 2, 3, 4}, A2 = {0, 2, 4, 6, . . .}, A3 = {1, 3, 5, . . .}, A4 = {3, 4, 5, 6} (Verwenden Sie die Definitionen 0 := ∅, 1 := {0}, . . . , 5= {0, 1, 2, 3, 4}, . . . ) In der ( offiziellen“) Sprache der Mengenlehre verwenden wir neben dem zweistelligen Relations” symbol ε das Gleichheitszeichen, beliebig viele prädikatenlogische Variable x, x1 , A, B, C, etc, die logischen Konstanten > und ⊥, die Junktoren ∧, ∨, ¬, →, ↔ sowie die Quantoren ∀ und ∃, nicht aber die Symbole ∅, {· · · }, ∪, ∩, etc. 14. Übersetzen Sie die folgenden Formeln in die offizielle Sprache der Mengenlehre: a. A = {x} b. B = {x, y} c. C = P ∩ Q S d. D = E, wobei die rechte Seite als {x : ∃E ∈ E(x ∈ E)} definiert ist. S e. F = {U, V }. Aussagenlogik 15. Geben Sie für jede der folgenden Formeln eine Baumdarstellung an, sowie Präfix- und Postfixform. (Präfix=polnische Notation, Postfix=umgekehrte polnische Notation.) p1 → ¬p2 (¬p1 ) → p2 ¬(p1 → p2 ) ¬(¬(p1 → p2 )) p1 16. Geben Sie alle zweistelligen Operationen auf der Menge {wahr, falsch} an, und finden Sie treffende Namen für jede dieser Abbildungen. (Die Abbildung, die dem Paar (wahr, wahr) den Wert wahr zuordnet, den drei anderen Paaren der Wert falsch, könnte man zum Beispiel Konjunktion“, oder und-Verknüpfung“, oder beide“, oder Serienschaltung“ nennen.) ” ” ” ” 17. Wie viele dreistellige Operationen gibt es auf einer zweielementigen Menge? Wie viele nstellige? 18. Zeigen Sie: a. ¬(p1 ∧ p2 ) ⇔ ¬p1 ∨ ¬p2 . b. Für alle Formeln A und B gilt ¬(A ∧ B) ⇔ ¬A ∨ ¬B. c. Für alle Formeln A und B gilt ¬(A ∨ B) ⇔ ¬A ∧ ¬B. 19. Zeigen Sie: (p ∧ q) ∨ (¬p ∧ ¬q) ⇔ (p → q) ∧ (q → p). 20. Seien A und B aussagenlogische Formeln. Dann gilt die Beziehung A ⇒ B“ genau dann, ” wenn > ⇒ A → B“ gilt, d.h., wenn die Formel A → B eine Tautologie ist. ” 21. Seien A und B aussagenlogische Formeln. Dann gilt A ⇒ B“ genau dann, wenn A∧(¬B) ⇒ ” ” ⊥“ gilt. Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 3 Belegungen Sei b eine Belegung, A eine Formel. Statt b̂(A) = 1 sagen wir auch b erfüllt die Formel A“. ” 22. Sei n ≥ 2. Wieviele Belegungen (der Variablen p1 , . . . , pn ) gibt es, die die Formel (p1 → p2 ) ∧ (p2 → p3 ) ∧ · · · ∧ (pn−1 → pn ) erfüllen? 23. Sei n ≥ 2. Geben Sie eine Formel (in den Variablen p1 , . . . , pn ) an, die von genau n Belegungen erfüllt wird. 24. Sei n groß, k ≤ 2n . Geben Sie eine Formel (in den Variablen p1 , . . . , pn ) an, die von genau k Belegungen erfüllt wird. Versuchen Sie, eine möglichst kleine Formel zu finden (mit etwa O(n) Symbolen). CNF, DNF 25. Welche der folgenden Formeln sind in CNF, welche in DNF? ¬p1 , ¬p1 ∨ p2 , ¬(p1 ∨ p3 ), ¬p1 ∧ p4 , ¬p1 → p5 , (¬p1 ∨ p6 ) ∧ p7 , (((p1 ∧ p2 ) ∨ p3 ) ∧ p4 ) Anmerkung: ¬“ bindet stärker als die anderen Junktoren; ¬p1 ∨ p2 ist daher als ((¬p1 ) ∨ p2 ) zu ” lesen. 26. Geben Sie zu 3 Formeln im vorigen Beispiel, die nicht in CNF sind, eine äquivalente Formel in CNF an. 27. Detto für DNF. Interpolation 28. Sei A eine Formel, die nur die Variablen p1 , . . . , pn verwendet, und sei B eine Formel, die nur die Variablen pk , . . . , pk+` verwendet, 1 < k ≤ n < k + `. Nehmen wir weiters an, dass A ⇒ B gilt. Zeigen Sie, dass es dann eine Formel C geben muss, die nur die Variablen pk , . . . , pn verwendet, sodass sowohl A ⇒ C als auch C ⇒ B gilt. (Wir nennen so eine Formel C einen Interpolanten“.) ” 29. Sei A eine Formel, die nur die Variablen p1 , . . . , pn verwendet, und sei B eine Formel, die nur die Variablen pk , . . . , pk+` verwendet, mit n < k. Nehmen wir weiters an, dass A ⇒ B gilt. Dann gilt zumindest eine der folgenden Aussagen: • A ⇒ ⊥. (Mit anderen Worten: A ist Kontradiktion.) • > ⇒ B. (Mit anderen Worten: B ist Tautologie.) (Insbesondere gibt es also eine Formel C, die keine Variablen verwendet, und die A ⇒ C und C ⇒ B erfüllt.) Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 4 Erfüllbarkeit Eine Menge Σ von aussagenlogischen Formeln heißt erfüllbar“, wenn es eine Belegung b der in ” Σ vorkommenden aussagenlogischen Variablen gibt, die für alle A ∈ Σ die Bedingung b̂(A) = 1 erfüllt. Wir nennen eine Menge Σ *erfüllbar, wenn jede endliche Teilmenge von Σ erfüllbar ist. 30. Sei Σ eine Menge von aussagenlogischen Formeln, A eine aussagenlogische Formel. Zeigen Sie: (a) Σ ist genau dann erfüllbar, wenn zumindest eine der Mengen Σ∪{A}, Σ∪{¬A} erfüllbar ist. (b) Σ ist genau dann *erfüllbar, wenn zumindest eine der Mengen Σ ∪ {A}, Σ ∪ {¬A} *erfüllbar ist. 31. Geben Sie eine *-erfüllbare Menge an, die nicht erfüllbar ist. 32. Zeigen Sie: (a) Wenn Σ *erfüllbar ist, und für jede aussagenlogische Variable p entweder p ∈ Σ oder (¬p) ∈ Σ gilt, dann ist Σ auch erfüllbar (und zwar durch genau eine Belegung). (b) Wenn Σ *erfüllbar ist, dann gibt es eine *erfüllbare Menge Σ0 ⊇ Σ die die Bedingung in (a) erfüllt. Überabzählbare Mengen Wir betrachten eine aussagenlogische Sprache mit einer (möglicherweise überabzählbaren) festen Variablenmenge V . (Formeln und Klauseln sind weiterhin endlich.) Eine Menge Σ von Formeln heißt *erfüllbar, wenn jede endliche Teilmenge erfüllbar ist. Σ heißt maximal *erfüllbar“, wenn Σ zwar *erfüllbar ist, aber es keine echte Obermenge von Σ gibt, die ” auch noch *erfüllbar ist. 33. Für jede *erfüllbare Menge Σ gibt es eine maximal *erfüllbare Obermenge Σ0 ⊇ Σ. (Hinweis: Wohlordnung, oder Lemma von Zorn, oder Lemma von Tukey.) 34. Sei Σ maximal *erfüllbar. Dann ist Σ erfüllbar, und es gibt genau eine Belegung b, die Σ erfüllt. Unendliche Klauseln“ ” Für die nächsten beiden Aufgaben betrachten wir eine Sprache mit abzählbar vielen aussagenlogischen Variablen. Eine ∞ Klausel ist eine endliche oder unendliche Menge von Literalen. Eine Belegung b erfüllt eine ∞ Klausel C, wenn es ein Literal L ∈ C mit b̂(L) = 1 gibt. Eine Menge M von ∞ Klauseln heißt erfüllbar, wenn es eine Belegung gibt, die alle ∞ Klauseln in M erfüllt; M ist *erfüllbar, wenn jede endliche Teilmenge erfüllbar ist. 35. Geben Sie eine *erfüllbare Menge von ∞ Klauseln an, die nicht erfüllbar ist. 36. Geben Sie eine unerfüllbare Menge M von ∞ Klauseln an, die unter Resolution abgeschlossen ist, aber nicht die leere Klausel enthält. ( Unter Resolution abgeschlossen“ heißt: Wann ” immer p ∈ C ∈ M , ¬p ∈ D ∈ M , dann ist auch (C \ {p}) ∪ (D \ {¬p}) in M .) Wenn möglich, wählen Sie M so, dass (a) die Menge der Klauseln (=endliche ∞ Klauseln) (b) oder: dass die Menge der unendlichen in M endlich ist. ∞ Klauseln in M endlich ist. (c) oder sogar: dass M endlich ist. (D.h., (a) und (b) gelten.) Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 5 Topologischer Zugang Die Menge B aller totalen Belegungen b : {p1 , p2 , . . .} → {0, 1} trägt eine natürliche Topologie, die so genannte Produkttopologie; eine Basis für diese Topologie besteht aus den Mengen Oc := {b : b setzt c fort}, wobei c alle endlichen partiellen Belegungen durchläuft. (B wird dadurch zu einem kompakten Hausdorff-Raum, und sogar homöomorph zur Cantormenge.) Sei K ⊆ B eine Menge von totalen Belegungen. Wir nennen eine Menge Σ von Formeln (oder Klauseln) K-erfüllbar, wenn es eine Belegung b ∈ K gibt, die Σ erfüllt. Eine Menge ist K-*erfüllbar, wenn jede endliche Teilmenge K-erfüllbar ist. 37. Charakterisieren Sie die Eigenschaft Jede K-*erfüllbare Menge ist auch K-erfüllbar“ durch ” eine topologische Bedingung an die Menge K. König Ein Baum (T, <) ist eine partiell geordnete Menge mit kleinstem Element, in der für alle t ∈ T die Menge T<t := {x : x < t} endlich und linear geordnet ist. Ein Ast ist eine maximale linear geordnete Teilmenge. Lev(n, T ) = {t ∈ T : T<t hat n Elemente}. 38. Sei (T, <) ein unendlicher Baum, sodass Lev(n, T ) für alle n endlich ist. Zeigen Sie, dass T einen unendlichen Ast hat. Resolution 39. Sei M die folgenden Menge von Klauseln: M := {{¬p, q}; {¬r, s}; {p, r}} Finden Sie die kleinste Menge von Klauseln, die M enthält und unter Resolution abgeschlossen ist. 40. Zeigen Sie, dass die leere Klausel mit (mehrfach ausgeführter) Resolution aus den Klauseln { {¬p, q}; {¬r, s}; {p, r}; {¬q}; {¬s} } herleitbar ist. 41. Geben Sie eine unerfüllbare (nichtleere) Menge von Klauseln an, die weder die leere Klausel noch einelementige Klauseln enthält. 42. Wir interpretieren p → q als Abkürzung für ¬(p ∧ ¬q). Bilden Sie unter Verwendung der Regel ¬¬A ⇔ A eine zur Negation von (¬p ∨ q) → (p → q) äquivalente Formel in konjunktiver Form, schreiben Sie sie als Klauselmenge, und zeigen Sie dann mit dem Resolutionsverfahren, dass diese Klauselmenge unerfüllbar (und somit die ursprüngliche Formel eine Tautologie) ist. 43. Analog für (p → q) → (q → r) → (p → r) . 44. Gegeben ist die Klauselmenge M = {{p, q}; {p, ¬q, r}; {p, ¬q, ¬r}; {¬p, q}; {¬p, ¬q, ¬r}}. Ist die leere Klausel in M̂ enthalten? (Erinnerung: M̂ ist definiert als die kleinste unter Resolution abgeschlossenen Menge, die M enthält.) 45. Sei M eine Klauselmenge und M 0 = {C ∈ M | es gibt keine Variable p mit p ∈ C und ¬p ∈ C}. Zeigen Sie dass M und M 0 äquivalent sind. (Das heißt: Jede Belegung b, die M erfüllt, erfüllt auch M 0 , und umgekehrt.) Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 6 46. Sei M eine Klauselmenge und C, D ∈ M wobei C echte Teilmenge von D ist (C ⊂ D). Zeigen Sie dass M und M 0 = M \ {D} äquivalent sind. 47. Zeigen Sie dass die Klauselmenge M = {{¬p1 , p3 }; {p1 , p2 }; {¬p3 }; {¬p2 , p3 }; } unerfüllbar ist a) durch Angabe ihres semantischen Baumes und b) durch Angabe einer Resolutionswiderlegung. 48. Seien A = {a1 , . . . , an } und B = {b1 , . . . , bk } endliche Mengen. Sei P = {pi,j | 1 ≤ i ≤ n, 1 ≤ j ≤ k} eine Menge aussagenlogischer Variablen. Jede Belegung b von P induziert eine Relation Rb ⊆ A × B durch (ai , bj ) ∈ Rb gdw b(pi,j ) = 1. Finden Sie aussagenlogische Formeln ϕ1 , ϕ2 , ϕ3 , ϕ4 so dass: 1. b̂(ϕ1 ) = 1 gdw Rb ist eine Funktion 2. b̂(ϕ2 ) = 1 gdw Rb ist eine injektive Funktion 3. b̂(ϕ3 ) = 1 gdw Rb ist eine surjektive Funktion 4. b̂(ϕ4 ) = 1 gdw Rb ist eine bijektive Funktion Für welche (n, k) ∈ N × N ist ϕ2 unerfüllbar? (Anmerkung: Die Größe der Formeln hängt von n und k ab.) 49. Ein Sudoku ist eine Matrix S = (si,j ) ∈ {λ, 1, . . . , 9}9×9 wobei das Symbol λ für “leer” stehen soll. Eine Lösung von S ist eine Matrix L = (li,j ) ∈ {1, . . . , 9} so dass gilt: 1. si,j 6= λ impliziert li,j = si,j , und 2. Für die folgenden K ⊆ {1, . . . , 9} × {1, . . . , 9} gilt: (i1 , j1 ), (i2 , j2 ) ∈ K, (i1 , j1 ) 6= (i2 , j2 ) impliziert li1 ,j1 6= li2 ,j2 (a) Für jede Zeile, (b) Für jede Spalte, (c) Für jede 3x3-Matrix mit Startkoordinaten kongruent 1 modulo 3 Finden Sie, ähnlich wie in Beispiel 48, eine Menge P aussagenlogischer Variablen, eine Bijektion von Belegungen von P mit Relationen über {1, . . . , 9} × {1, . . . , 9} × {1, . . . , 9} sowie eine Formel ϕS so dass b̂(ϕS ) = 1 gdw b eine Lösung von S induziert. Ableitungskalküle In den folgenden Beispielen betrachten wir Zeichenfolgen (Strings), die aus den Zeichen 1, +, = zusammengesetzt sind. Auch die leere Folge gilt als Zeichenfolge; sie hat Länge 0. Meist wird sie mit ε oder mit Λ bezeichnet. Gewisse Zeichenfolgen zeichen wir als ableitbar“ aus. ” Gewisse Zeichenfolgen nennen wir Axiome“; Axiome A schreiben wir in der Form ” ∅ A an. Wir lesen dies als A ist ableitbar“. Eine Regel“, die wir in der Form ” ” A1 , . . . , A n (∗) B schreiben, lesen wir als Wenn A1 , . . . , An ableitbar sind, dann auch B“. ” Die Menge der ableitbaren Zeichenfolgen ist die kleinste Menge M , die alle Axiome enthält und unter allen Regeln abgeschlossen ist. (Das heißt: Wann immer eine Regel (∗) haben, deren Vor” aussetzungen“ A1 , . . . , An in M liegen, muss auch die Folgerung“ B in M liegen.) ” Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 50. Wir betrachten ein Ableitungssystem mit dem einzigen Axiom 7 ∅ und den Regeln 1 + 1 = 11 A A=B (für jede Zeichenfolge A) und für beliebige Zeichenfolgen A, B. 1A1 A1 = 1B Zeigen Sie, dass die Zeichenfolgen 11 + 11 = 1111 und 11111 + 11 = 1111111 ableitbar sind. 51. Zeigen Sie, dass die folgenden Zeichenfolgen alle nicht ableitbar sind: 1 + 1 + 1 = 111, 1 + 1 = 111, 1 = 1. 52. Geben Sie ein Kriterium an, das entscheidet, ob eine vorgegebene Zeichenfolge ableitbar ist. In den folgenden Beispielen betrachten wir Zeichenfolgen, die aus 1, +, !, = zusammengesetzt sind. ∅ und die folgenden Regeln: Unser Ableitungssystem enthält nun das einzige Axiom 1! A! A! A+B =C 1A! A+1=A A + B1 = CA (für beliebige Zeichenfolgen A, B, C). 53. Zeigen Sie, dass die Zeichenfolgen 1111! und 1111 + 11 = 11111111 ableitbar sind. 54. Geben Sie ein Kriterium an, das entscheidet, ob eine vorgegebene Zeichenfolge ableitbar ist. 55. Geben Sie ein (möglichst einfaches) Ableitungssystem an, in dem eine Zeichenfolge der Form 1n (also n aufeinanderfolgende Einser) genau dann ableitbar ist, wenn n > 1 ist und keine Primzahl ist. In den folgenden Beispielen betrachten wir Zeichenfolgen, die aus 0, 1, = zusammengesetzt sind. ∅ und die folgenden Regeln: Unser Ableitungssystem enthält nun das einzige Axiom 1=1 A=B A=B A0 = BB A1 = BB1 (für beliebige Zeichenfolgen A, B). 56. Zeigen Sie, dass in diesem System die Zeichenfolgen 11 = 111 und 110 = 111111 ableitbar sind. 57. Geben Sie ein Kriterium an, das entscheidet, ob eine vorgegebene Zeichenfolge ableitbar ist. Wir betrachten nun einen aussagenlogische Sprache, in der nur die Variablen p1 , p2 , . . . sowie die Junktoren → und ¬ vorkommen (keine weiteren Junktoren). Für alle Formeln A, B, C sind die folgenden drei Formeln Axiome: • A → (B → A) • A → (B → C) → (A → B) → (A → C) • (¬B → ¬A) → (A → B) Die einzige Regel ist Modus Ponens: A → B, A B 58. Alle ableitbaren Formeln sind Tautologien. 59. Zeigen Sie, dass für jede Formel A die Formel A → A ableitbar ist. (Hinweis: Betrachten Sie das zweite Axiom mit B := A und C := (A → A).) 60. A → ¬¬A ist ableitbar. 61. ¬¬A → A ist ableitbar. (Anmerkung: Man kann zeigen, dass die ableitbaren Formeln genau die Tautologien sind.) Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 8 Prädikatenlogik: Gültigkeit Wir betrachten in den folgenden Übungsbeispielen eine prädikatenlogische Sprache mit Relationssymbolen P , Q, R, ≤, sowie (wenn nötig oder sinnvoll) weiteren Funktions- und Konstantensymbolen f , g, +, 0, c, d, . . . (Die Stelligkeit ist jeweils dem Kontext zu entnehmen.) Welche der folgenden Formeln sind allgemeingültig (d.h., gelten in jeder Struktur unserer Sprache, unter jeder Belegung)? Geben Sie gegebenenfalls ein Gegenbeispiel an (wenn möglich, ein endliches). 62. (∀x∃y R(x, y)) → (∃y∀x R(x, y)), (∀x∃y x ≤ y) → (∃y∀x x ≤ y) 63. (∀x∃y R(x, y)) → (∀y∃x R(y, x)), (∀x∃y x ≤ y) → (∀y∃x y ≤ x) 64. (∃y∀x R(x, y)) → (∀x∃y R(x, y)), (∃y∀x x ≤ y) → (∀x∃y x ≤ y) 65. ∀x ∀y ∀z (R(x, y) ∧ R(y, z)) → R(x, z) ∧ ∀x ∃y R(x, y) → ∃x R(x, x) 66. ∃x( ∃y P (y) → P (x) ). Wir vereinbaren, dass Quantoren stärker binden als Junktoren. Gemeint ist also die Formel ∃x ∃y P (y) → P (x) . 67. ∀x(P x → Qx) → (∀x P x) → (∀x Qx) Logische Axiome, MP 68. Sei h ein Homomorphismus von den aussagenlogischen in die prädikatenlogischen Formeln (einer festen Sprache L ), d.h. h(>) = >, h(⊥) = ⊥, h(ϕ ∧ ψ) = h(ϕ) ∧ h(ψ), und analog für die anderen Junktoren. Sei U eine L -Struktur, und sei b eine Belegung (im prädikatenlogischen Sinn). Dann gibt es eine aussagenlogische Belegung b0 , die bb0 (A) = b̂(h(A)) für alle aussagenlogischen Formeln A erfüllt. 69. Schließen Sie aus der vorigen Aufgabe: Wenn A aussagenlogische Tautologie ist, h ein Homomorphismus, dann ist h(A) allgemeingültig. 70. Sei ϕ und ψ Formeln einer Sprache L , M eine Struktur für L und b eine Belegung. Zeigen Sie: Wenn M |= ϕ[b] und M |= (ϕ → ψ)[b], dann M |= ψ[b]. Zeigen Sie: Wenn M |= ϕ und M |= (ϕ → ψ), dann M |= ψ. 71. Sei x nicht frei in ϕ. Dann ist ϕ ↔ ∀x ϕ allgemeingültig. 72. Jede Formel der Form ∀x (ϕ → ψ) → (∀x ϕ → ∀x ψ) ist allgemeingültig. Geben Sie ein (möglichst einfaches) Beispiel einer Formel der Form (∀x ϕ → ∀x ψ) → ∀x (ϕ → ψ), die nicht allgemeingültig ist. Substitution 73. Wählen Sie eine Sprache L , und geben Sie eine (möglichst einfache) Formel ϕ sowie Terme s, t in dieser Sprache an, sodass die Formeln ϕ[x/s, y/t] (ϕ[x/s])[y/t] (ϕ[y/t])[x/s] alle verschieden sind. (Mit ϕ[x/s, y/t] ist gemeint, dass in der Formel alle freien Vorkommnisse von x durch s und gleichzeitig alle freien Vorkommnisse von y durch t ersetzt werden.) 74. Sei M eine Struktur, sei b eine Belegung, seien s und t Terme, und x eine Variable. Sei a := b̄(t). Dann ist b̄(s[x/t]) = bx/a (s). (Mit bx/a ist jene Belegung b0 gemeint, die b0 (x) = a erfüllt, und sonst mit b übereinstimmt.) Logik und Grundlagen Martin Goldstern, Stefan Hetzl, WS 2016/17 9 75. Sei M eine Struktur, sei b eine Belegung, sei ϕ Formel, sei t Term, und x eine Variable. Dann ist b̂(ϕ[x/t]) = bd x/a (ϕ) mit a := b̄(t) (wenn die Substitution ϕ[x/t] erlaubt ist). 76. Geben Sie (in einer geeigneten Sprache) eine (möglichst einfache) Formel ϕ an, sowie einen Term t, eine Struktur M und eine Belegung b, sodass mit b0 := bx/b̄(t) die Werte b̂(ϕ[x/t]) und bb0 (ϕ) verschieden sind. Modelle von Formeln, |= 77. Geben Sie eine Formel A (ohne freie Variable) an, sodass für jede endliche nichtleere Menge U die folgenden Aussagen äquivalent sind: (a) Die Anzahl der Elemente von U ist gerade (b) Es gibt ein Modell U mit Universum U , sodass U |= A (Hinweis: Bijektion) In dieser wie auch in den nächsten beiden Aufgaben können Sie die Sprache geeignet wählen. 78. Geben Sie eine Formel A (ohne freie Variable) an, sodass für jede Struktur U mit endlichem Universum U die folgenden Aussagen äquivalent sind: (a) Die Anzahl der Elemente von U ist gerade (b) U |= A 79. Geben Sie eine Formel A (ohne freie Variable) an, sodass für jede Struktur U mit Universum U die folgenden Aussagen äquivalent sind: (a) U hat genau 3 Elemente (b) U |= A 80. Seien σ, τ geschlossene Formeln. Zeigen Sie: (a) {σ} τ genau dann, wenn σ → τ . (b) Sei Σ Menge von geschlossenen Formeln. Σ ∪ {σ} τ genau dann, wenn Σ σ → τ . 81. Geben Sie Formeln ϕ und ψ (in einer geeigneten Sprache L ) an, sodass zwar (a) aber nicht (b) gilt: (a) Für alle L -Strukturen M gilt: wenn M |= ϕ, dann M |= ψ. (b) Für alle L -Strukturen M gilt: M |= ϕ → ψ. 82. Geben Sie Formeln ϕ und ψ an, sodass im vorigen Beispiel zwar (b) aber nicht (a) gilt.