III. Die unterbrochene Tradition - Astrologie vor 1100 Gemeinhin geht man mit Blick auf das von Fritz Saxl in seinen Verzeichnissen astrologischer und mythologischer Handschriften zusammengetragene Material davon aus, daß auch die Sternenkunde wie die anderen Bereiche antiken Wissens vom Mittelalter als Erbe übernommen und in den Bibliotheken der Klöster verwahrt wurde, um dann in karolingischer Zeit neu organisiert sowie in neuen Abschriften verbreitet zu werden. Doch dieser Eindruck täuscht! Nur der geringste Teil dieses Wissensgebietes wurde in das mittelalterliche Denkgebäude integriert und als brauchbares Instrumentarium christlicher Lebensbewältigung anerkannt. Das Christentum stand der Astrologie von Anfang an feindlich gegenüber, waren es doch die Götter der abgelehnten heidnischen Religion, die - in den Planeten personifiziert - als Sternenmächte das Schicksal der Menschen lenken sollten. Mit der Vorstellung göttlicher Gnade schien dies ebensowenig vereinbar wie mit der Verantwortung des Gläubigen vor dem Weltenrichter am Jüngsten Tag. Ein Schrifttum allerdings, das sich von christlicher Seite aus mit diesen Aspekten heidnischer Kultur und Wissenschaft auseinandersetzte, hat es erst gegeben, nachdem das Christentum als Staatsreligion etabliert war und aufgrund des damit verbundenen Alleinvertretungsanspruches andere Glaubensrichtungen zu bekämpfen hatte.1 Der Hauptvorwurf der Kirchenväter gegen die Astrologie in jeder Form bestand dabei von Anfang an in der Unterstellung eines umfassenden Fatalismus, einer bis ins Einzelne gehenden Determiniertheit des persönlichen Schicksals. Doch lassen die Argumentationen der christlichen Lehrer eine genauere Sachkenntnis oft vermissen; ihre Gedankengänge verraten häufig nur eine sehr allgemeine Vorstellung der von ihnen kritisierten Wissenschaft.2 Bezeichnend und zugleich mit weitreichenden Folgen für das gesamte Mittelalter ist das Beispiel des Kirchenvaters Augustinus. Die von ihm im V Buch von De civitate Dei zusammengestellten Argumente haben die Position der Kirche über Jahrhunderte hinweg bestimmt. Aber die von ihm angestrebte, grundsätzliche Widerlegung der Astrologie kann allenfalls einen voreingenommenen Leser überzeugen.3 Augustinus konzentriert sich gänzlich auf das Problem des freien Willens, für dessen Existenz die astrologischen Lehren seiner Meinung nach keinen Raum lassen. Das zentrale Argument ist die Verschiedenheit von Zwillingen, das er mit dem biblischen Beispiel von Esau und Jakob illustriert, die unmittelbar aufeinander folgend geboren wurden, »so daß der jüngere den älteren an der Ferse hielt«, aber dennoch in ihrem Leben und ihrem Charakter vollkommen verschieden waren.4 Damit führt er zugleich die höhere Autorität der Bibel ins Feld, an deren Aussagen aus seiner Sicht nicht zu zweifeln ist. Die Auseinandersetzung mit der Astrologie konzentriert sich für ihn allein auf die Frage nach der Relevanz der Geburtshoroskope; alle übrigen Aspekte klammert er weitgehend aus. Den nachweisbaren Einfluß der Sterne auf das Naturgeschehen, beispielsweise die Abfolge der Jahreszeiten und den Wechsel von Ebbe und Flut, streift er nur mit wenigen Bemerkungen (V, 6). Seine Darstellung ist sehr polemisch und verzerrt vielfach die Argumente der Sternkundigen in extremer Weise. In der völlig überzogenen Vorstellung, daß der Astrologe in der Lage sein müßte, auch für jedes einzelne Getreidekorn ein Horoskop zu erstellen, aus dem zu ersehen ist, ob es ausreift oder von Vögeln gefressen wird, endet er in einer Absurdität (V, 7). Die Astrologie ist für Augustinus eine »vana scientia«, keine Wissenschaft, sondern ein leerer, nichtsnutziger Unsinns Die einzig mögliche Erklärung für zutreffende Voraussagen der Astrologen ist von daher die Mithilfe böser Geister: »Erwägt man dies alles, wird man füglich zu dem Glauben kommen, daß, wenn die Astrologen erstaunlicherweise viel Wahres kundtun, dies der geheimen Eingebung böser Geister zuzuschreiben ist, die darauf aus sind, solch falsche und schädliche Meinungen über Sternenschicksale in die menschlichen Seelen zu pflanzen und sie darin zu bestärken, aber nicht etwa der angeblichen Kunst, das Horoskop zu stellen und zu deuten, die gänzlich nichtig ist.«6 Damit erklärt er die Astrologie zu einem Teilaspekt des Aberglaubens, der im Zusammenhang mit der Bekämpfung heidnischer Bräuche und Häresien zu behandeln ist. Unter diesen Vorzeichen des angeblichen Dämonenkultes oder eines Bündnisses mit dem Teufel sind die Vorwürfe der Theologen bis weit in die Neuzeit hinein formuliert worden. Augustinus geht an anderer Stelle sogar so weit, vor der Beschäftigung mit der Sternenkunde ganz allgemein zu warnen, da sie mit einem der verderblichsten Irrtümer auf das engste verbunden sei. Zudem sei die Beobachtung der Sterne von keinerlei Nutzen bei der Interpretation der Heiligen Schrift, abgesehen davon, daß die Berechnung des Mondumlaufes für die Bestimmung des Osterfestes notwendig sei.7 So gerät selbst die Astronomie in den Verdacht des Aberglaubens und wird tendenziell aus dem Kreis der christlich anerkannten Wissenschaften ausgeschlossen. Die Wissenschaft von den Sternen sollte fortan möglichst ignoriert werden. Dazu ist es vor allem aufgrund der von Karl dem Großen betriebenen Kirchenreform, nicht gekommen. Doch die weitgehende Vernachlässigung, welche der Astrologie in den folgenden Jahrhunderten widerfährt, ist in entscheidender Weise schon von Augustinus eingeleitet worden. Selbst die in der Bibel vorhandenen himmlischen Sternzeichen, vor allem jener besondere Stern, der den Magiern die Geburt des Herrn anzeigte und sie nach Bethlehem geleitete, wird von christlichen Autoren nicht als astronomisches Phänomen anerkannt, sondern allein als göttliches Zeichen oder gar als Engel verstanden.8 Ein Großteil der Polemik bei Augustinus und den übrigen Kirchenvätern richtete sich gegen volkstümliche Wahrsagepraktiken, die oftmals astrologische Elemente enthielten. Derartige Formen des Volksglaubens und der Magie lebten zumal im ländlichen Kontext offenbar ungebrochen fort. Dies zeigen die einschlägigen Konzilsbeschlüsse und die Bußkataloge der abendländischen Kirche nur allzu deutlich. Doch eine Kontinuität der Beschäftigung mit Astrologie kann daraus gerade nicht erschlossen werden, da es sich durchweg um Phänomene des Volksglaubens handelt oder allenfalls um Teile einer Laienastrologie, die ohne Himmelsbeobachtung und mit nur sehr wenigen Regeln operiert.9 Auch Isidor von Sevilla (c. 570-636) hat unter dem Einfluß der Kirchenväter in seiner einflußreichen und viel gelesenen Enzyklopädie, die er mit dein Blick auf die Klerikerausbildung verfaßte, die Astrologie als Aberglauben abgelehnt. Er bemühte sich allerdings um eine differenziertere Definition, indem er zwischen einer astrologia naturalis und einer astrologia superstitiosa unterschied, jenem wirklichen Aberglauben, dem die mathematici anhängen, die aus den Sternen die Zukunft lesen." Hier lag der Ansatz, von dem aus eine Erneuerung astronomischer Bemühungen und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der antiken Sternenwissenschaft im 11. Jahrhundert möglich wurde. Es ist für den Stand der Himmelskunde bezeichnend, daß noch im 11. Jahrhundert ein anonymer Mönch einen Text verfaßt, der völlig laienhaft und ohne jedes astronomische Wissen die Position einiger Sterne für bestimmte Daten und Stunden beschreibt. Ausgehend von einem festen Beobachtungsstandort bestimmt er die Stellung der Gestirne allein nach den architektonischen Merkmalen seines Klosters wie den Fenstern des Refektoriums oder dem Glockenturm." Dieser vollständige Mangel einer adäquaten Methodik ist das Ergebnis der von den Kirchenvätern eingeleiteten Vernachlässigung der astronomischen Wissenschaften. Die wenigen Texte, die weiterhin verfügbar waren und auch gelesen wurden, haben einen rein kosmologischen und oft auch allegorischen Charakter; sie enthalten nur Grundinformationen aus zweiter Hand, die einen wirklichen Einstieg in astronomische Fragen nicht ermöglichen - wie der Kommentar des Macrobius zum Traum des Scipio (c. 400 n. Chr.) oder das monströse Lehrgedicht des Martianus Capella über die Hochzeit von Merkur und Philologin (5. Jahrhundert n. Chr.). Und im Prinzip gilt dies ebenso für den Kommentar des Chalcidius zum Timaios des Platon (4. Jahrhundert n. Chr.).12 Das auf die Bibelinterpretation eingeengte Interessenspektrum filterte die Überlieferung der antiken Texte. Die einzige umfangreiche Abhandlung über Astrologie, die vermutlich schon in karolingischer Zeit greifbar war, waren die matheseos libri VIII, die acht Bücher des Wissens, die Firmicus Maternus 335 n. Chr. geschrieben hatte. Hierbei handelt es sich um eine ausführliche Horoskopkunde, die nun aber die kosmologischen Fragen und die allgemeineren Begründungen der astrologischen Zusammenhänge ausläßt. So dürfte sie wohl nur wenig verstanden worden sein, da die notwendigen Wissensvoraussetzungen fehlten. Die erhaltenen Handschriften reichen zwar bis in das 11. Jahrhundert zurück; aus dieser Zeit stammen auch die ersten Erwähnungen des Werkes in Chroniken. Doch der Charakter dieser frühen Handschriften offenbart, daß die mathesis nicht als wissenschaftlicher Text, sondern als vorbildliches Beispiel für klassischen lateinischen Sprachstil gelesen wurde. Es ging nicht um den Inhalt, sondern um die ausgefeilte Grammatik und die gelungene Wortwahl! Von daher schrieb man diesen Text zusammen mit Werken von Cicero und Seneca ab, wobei häufig die Beispielhoroskope und andere eher technische Einzelheiten ausgelassen wurden.13 Für eine konkrete Anwendung des von Firmicus ausgebreiteten Wissens fehlten dem Leser bis zum 1 i. Jahrhundert zumeist nicht nur die astronomischen Grundlagen, sondern auch die notwendigen Hilfsmittel, insbesondere Tabellen, mit denen sich die Position der Planeten errechnen ließ. Auch das von Manilius im ersten Jahrhundert n. Chr. verfaßte Lehrgedicht astronomica, das in poetischer Einkleidung umfassend über den Aufbau des Himmels und die Astrologie informiert, ist zwar im Mittelalter zuweilen abgeschrieben, aber kaum jemals rezipiert worden.14 Schon in karolingischer Zeit bemüht man sich allerdings um eine Verbesserung des computus, der Wissenschaft von der Zeitberechnung. Hierbei handelt es sich um eine eigene mathematische Disziplin, deren Aufgabe die Kalenderberechnung und vor allem die exakte Bestimmung des Ostertermins ist. Im Auftrag Karls des Großen wird am kaiserlichen Hof die sogenannte Aachener Enzyklopädie verfaßt. Die notwendigen Listen und Tabellen zur Berechnung der Monatsanfänge und des Osterfestes werden jetzt durch einführende Prosatexte ergänzt, die vor allem auf Plimus, aber auch auf Martianus Capella, Macrobius sowie Isidor von Sevilla fußen und die nötigsten kosmologischen und astronomischen Grundinformationen liefern. Hinzu kommt als wesentlicher Bestandteil noch eine Beschreibung der Sternbilder, die auf die Verse des griechischen Dichters Aratos (3. Jh. v. Chr.) zurückgeht. Kommentierende Bemerkungen zu dem mythischen Hintergrund der Konstellationen treten in vielen Handschriften als Ergänzung hinzu.15 In mehr oder weniger umfangreichen Auszügen, verändert durch Umstellungen und Varianten, bildet diese Textzusammenstellung für wenigstens drei Jahrhunderte die Grundlage abendländischer Himmelskunde. Gemeinsam mit diesem karolingischen Kompendium entsteht nach antiken Vorbildern eine Folge von Illustrationen, die mit noch größerer Langlebigkeit tradiert wird.16 Die Darstellungen der Sternzeichen stehen zwischen den Sternbildbeschreibungen zumeist als ungerahmte Figuren, in welche zuweilen auch die Positionen der Einzelsterne mehr oder weniger genau eingetragen sind. Ergänzend werden im Anschluß daran häufig die Wandelsterne oder Planeten in Büstenform wiedergegeben und als Fünfergruppe derart angeordnet, daß wie bei den Augen eines Würfels jeweils vier in den Ecken eines Quadrates zu stehen kommen, während der Fünfte die Mittelposition einnimmt (Quincunxschema). Die bildliche Differenzierung ist durchweg äußerst sparsam und orientiert sich an der antiken Ikonographie der Götter.17 Auch in den Texten werden sie nur sehr summarisch behandelt und in einem Kapitel zusammengefaßt, da sie für die Kalenderberechnung im Grunde keine Rolle spielen. Aratos nennt nicht einmal ihre Namen! Zum Abschluß dieser für das gesamte Mittelalter maßgeblichen Himmelsbeschreibung werden im allgemeinen die beiden luminaria Sonne und Mond als Tages- und Nachtgestirn gemäß ihrer besonderen Bedeutung für den computus in eigenen Textabschnitten beschrieben sowie in gesonderten Bildern vorgeführt. Zwei Bildtypen, die beide antiken Ursprungs sind, stehen dafür zur Verfügung.18 In beiden Fassungen steht die Sonne mit Strahlenkrone auf dem Haupt in der Quadriga des antiken Apoll; Sphaera sowie Peitsche, Zepter oder Fackel sind ihr zuweilen als zusätzliche Attribute beigegeben. Die Pferde ziehen den Wagen in vollem Galopp, so daß der Mantel Sols nach hinten flattert und damit ein zusätzliches Bewegungsmoment in die Darstellung einbringt. Die frontale Wiedergabe, in der die Pferde paarweise nach links und rechts auseinander zu streben scheinen, ist zumeist mit der Einbindung in den kreisförmigen Rahmen eines Medaillonbildes verknüpft. Bei seitlicher Darstellung läßt sich das Bewegungsmotiv durch die gegenläufige Fahrtrichtung der beiden Planeten noch unterstreichen. Luna ist weiblichen Geschlechts und trägt die Sichel im Haar. In den Händen hält sie eine oder zwei Fackeln. Zuweilen treibt sie die Ochsen, die ihren Wagen ziehen, mit einer Peitsche zu schnellerem Lauf an; auch eine Sphaerenscheibe ist ihr verschiedentlich in die Hand gegeben worden. Die einzelnen Attribute vermischen sich demnach in der mittelalterlichen Überlieferung, doch der antike Ursprung dieser Ikonographie, vermittelt über karolingische Neufassungen, ist in allen Fällen deutlich. Verschiedentlich gibt es noch weitere Miniaturen, die diese feste Bilderfolge ergänzen. Dazu gehören Gesamtdarstellungen des Sternenhimmels oder Diagramme, welche die Fundamentalkreise des Himmels sowie die Planetenbahnen wiedergeben, weiterhin die Personifikationen der vier Jahreszeiten und der vier Winde. In wenigen Handschriften findet sich auch noch ein Autorenbild des Aratos in antikischer Gewandung gemeinsam mit der vor ihm stehenden Muse Urania, die ihn anleitet; auch hierbei handelt es sich um ein antikes Bildformular.19 Diese zusätzlichen Bilder stehen aber in einem eher lokkeren Verhältnis zu den Texten und werden an durchaus unterschiedlichen Stellen eingeordnet. Eine systematische Bebilderung gibt es also bloß für die Sternbilder, die durch die schematische Wiedergabe der Planeten ergänzt werden. Nur ein vergleichsweise kleiner Teil der umfangreichen Sammelhandschriften zu Computus und Himmelskunde wird demnach mit Illustrationen versehen. Am Hof Ludwigs des Frommen entstehen im 9. Jahrhundert zwei als reine Bildercodices konzipierte Prunkausgaben, die sich im wesentlichen auf die Sternbilderbeschreibungen beschränken und ganzseitige Miniaturen den kurzen Texten gegenüberstellen.20 Es handelt sich um sehr sorgfältig ausgeführte Kopien spätantiker Handschriften, die das humanistische Interesse eines eng begrenzten Hofzirkels spiegeln.21 Diese für den sehr beschränkten Kreis einer höfischen Elite in Auftrag gegebenen Prachthandschriften verändern die geschilderte Situation nicht. Zwar sind die Sternbildillustrationen ungleich aufwendiger ausgeführt und jeder einzelnen Darstellung ist eine eigene Seite eingeräumt, doch die Schwerpunkte der Bilderfolge sind in keiner Weise verschoben. Auch hier werden die Planeten in Büstenform und in der ornamentalen Anordnung des Quincunx-Schema wiedergegeben; auch hier sind allein Sonne und Mond durch Einzelbilder hervorgehoben. Eine Besonderheit bildet jedoch das sogenannte Planetarium der Leidener Sternbilderhandschrift, das nicht allein den Aufbau des Kosmos veranschaulicht, sondern darüber hinaus eine exakte Gestirnskon- stellation so genau wiedergibt, daß sie sich auf den 18. März 816 datieren läßt.22 Die ganzseitige Miniatur reproduziert ein Diagramm, welches die exzentrische Anordnung und die unterschiedliche Größe der Planetenbahnen innerhalb des alles umfassenden Rund des Tierkreises wiedergibt. Dieses Diagramm, das als Schemazeichnung auch in anderen Handschriften vorkommt, wurde für die höfische Prachtausgabe mit figürlichen Medaillons bestückt, die der mathematisch abstrakten Skizze die unmittelbare Anschaulichkeit lebendiger Bilder verleihen.23 Die Darstellungen selbst sind eine jener für die karolingische Kunst so charakteristischen Synthesen, die aus verschiedenen Quellen kompiliert und zugleich einem dezidiert antiken Erscheinungsbild verpflichtet sind. Im Mittelpunkt der Miniatur lagert die halbnackte Personifikation der Mutter Erde. Zwischen die Tierkreiszeichen im äußeren Kreis sind kleine Medaillons mit Monatsbildern eingeschoben, welche die großformatigen Illustrationen einer spätantiken Prunkhandschrift, des sogenannten Chronographen von 354, kopieren, die damals am Aachener Hof verfügbar gewesen ist.24 Völlig singulär sind aber die ganzfigurigen Darstellungen der Planeten, welche in ihren kleinformatigen Rundbildern so exakt auf die einzelnen Bahnen positioniert sind, daß sich das Datum errechnen läßt und das Bild gleichsam als Planetenuhr funktioniert. Die Ikonographie der Wandelsterne folgt in vielen Punkten den in den Sternbilderhandschriften vorhandenen Bildtypen. So sehen wir Sol und Luna auf ihren Wagen einherfahren, während Jupiter auf dem fliegenden Adler thront. Diese Darstellung entspricht genau der Miniatur zu den einleitenden Versen des Aratos, welche den Götterkönig als Herrn des Himmels beschreiben. Das Aussehen der übrigen vier Planeten ist wiederum jener spätantiken Bilderhandschrift entnommen, die man auch für die Monatsbilder benutzte.25 Diese so sorgfältig zusammengestellte Miniatur ist zugleich auch die Wiedergabe eines Horoskopes, da sie für einen bestimmten Zeitpunkt die Stellung der Planeten im Zodiakus festhält. Ob es sich dabei jedoch bloß um ein astronomisches Bravourstück handelte, oder ob man damit weitergehende Intentionen verband, entzieht sich unserer Kenntnis. Ausführlichere Planetenbilder werden demnach in dem Moment konzipiert, wo es um die Veranschaulichung einer auch astrologisch verwertbaren Konstellation geht. Sie bleiben aber in diesem Fall noch an das mathematisch abstrakte Schema gebunden und sind auf kleinformatige Medaillons beschränkt. Auch ist diese Darstellung in jeder Hinsicht- sowohl in Bezug auf das eingeflossene Wissen wie auch auf den künstlerischen Aufwand - einzigartig. Von daher verwundert es nicht, daß sie - abgesehen von einer einzigen Kopie im 10. Jahrhundert - keinerlei Nachfolge gefunden hat.26 Auch wenn es damals am Aachener Hof offenbar Einzelne gegeben hat, welche die Stellung der Planeten mit hinreichender Genauigkeit bestimmen konnten, und Andere, die in der Lage waren, derartige Bilder zu verstehen, so haben wir es doch mit Ausnahmen zu tun, die mit Sicherheit keine Rückschlüsse auf ein umfassenderes astronomisches oder gar astrologisches Interesse erlauben.27 Von daher kann diese zu Recht so berühmte Miniatur der Leidener Handschrift den oben geschilderten Eindruck von der unterbrochenen Tradition astrologischen Wissens auch nicht korrigieren.28 Die in sich geschlossene Bilderfolge der Sternbilderhandschriften wird bis ins 13. Jahrhundert hinein und zuweilen darüber hinaus in großer Zahl kopiert, da sie offenbar zur Grundausstattung astronomischer Einführungstexte gehörte. Es kann hier nicht der Ort sein, diese Rezeptions- und Überlieferungsgeschichte im einzelnen nachzuzeichnen, da sie mit der Geschichte astrologischer Bilder kaum verbunden ist. Bezeichnend ist die deutliche Differenzierung zwischen den luminaria, Sonne und Mond, sowie den übrigen Wandelsternen, die wir in allen Handschriften dieser Tradition antreffen. Die marginale und sehr summarische Behandlung der übrigen Planeten ist charakteristisch für ein am computus ausgerichtetes Interesse, dem es bloß um eine allgemeine astronomische Beschreibung der Himmelskörper geht. Diese Unterscheidung widerspricht aber jedem astrologischen Verständnis. Denn für die Astrologie sind gerade die Planeten von besonderer Bedeutung und zwar alle gleicher- maßen, so daß wir es mit einer Siebener-Gruppe zu tun haben. Von den Sternbildern hingegen sind eigentlich nur die Tierkreiszeichen relevant, und hier verdienen vor allem die besonderen Bezüge zu einzelnen Planeten Beachtung, während in den erwähnten Sternbilderhandschriften die Zodiakalzeichen in die Reihe der übrigen Fixsternbilder eingeordnet sind. So spiegelt diese seit dem frühen Mittelalter verbreitete Bilderfolge nur allzu deutlich das Desinteresse an astrologischen Fragen, das auch die Überlieferung der wissenschaftlichen Texte prägt. Es geht vielmehr um allgemeine astronomische Grundvorstellungen und dies ändert sich erst in den Jahren um 1100, als im Zuge der sogenannten Renaissance des 12. Jahrhunderts durch eine rege Übersetzertätigkeit neue Lehrbücher und neues Wissen erschlossen wird. Darüber wird weiter unten noch zu reden sein. Auch außerhalb der Überlieferungsketten der Buchmalerei wird die so erfolgreiche Bilderfolge zur Wiedergabe allgemeiner kosmologischer Zusammenhänge eingesetzt. Ein gut dokumentiertes Beispiel bietet der Sternenmantel Kaiser Heinrichs 11. aus dem ersten Viertel des 11.Jahrhunderts.29 Inschriftlich als Beschreibung des gesamten Weltenkreises (descriptio tocius orbis) ausgewiesen, sehen wir hier in konzentrischer Anordnung um den Weltenherrscher Christus in Form der Majestas Domini die himmlische Hierarchie der Engel, Apostel und Heiligen erweitert um die bekannte Folge der Sternbilder. Sol und Luna präsidieren hier gewissermaßen in prominenter Position den Sternzeichen, so wie es Cherubim und Seraphim bei der Schar der Heiligen tun. Der aus der Aratea-Tradition übernommene Zyklus der Sternbilder steht hier für die Darstellung des Kosmos und soll auf diese Weise den universellen Herrschaftsanspruch zur Anschauung bringen. Es sind weder astronomische, noch in irgendeiner Weise astrologische Fragen, die hier thematisiert werden, und so ist auf die Wiedergabe der übrigen fünf Planeten auch ganz verzichtet worden. Die marginale Rolle, welche die Planetenbilder in der Handschriftenüberlieferung des frühen Mittelalters spielen, wird dadurch ein weiteres Mal unterstrichen. Im Verlauf des i1. Jahrhunderts jedoch ist ein zunehmendes Interesse an astronomischen Fragen und Zusammenhängen zu beobachten, das auch zur Übernahme des von den Arabern aus antiken Vorläufern entwickelten Astrolabiums führt. Dieses Instrument, das für Jahrhunderte zur Grundausrüstung der Sternkundigen gehören sollte, vereinfachte eine exakte Himmelsbeobachtung in starkem Maße. So genügte es, den Höhenwinkel eines einzigen, gut sichtbaren Sternes zu messen, um anhand der einen errechneten Position auch die Stellung aller übrigen Fixsterne auf dem Astrolabium ablesen zu können. Die für die Horoskoperstellung so zentrale exakte Bestimmung des Aszendenten ließ sich auf diese Weise problemlos und leicht bewerkstelligen.30 Erste Texte, die den Gebrauch dieses neuartigen Instrumentes erklären, wurden schon kurz vor 1000 in Spanien aus dem Arabischen übersetzt. Über die Abtei von Fleury, die Domschule von Reims, an der Gerbert von Aurillac (940/50-1003) wohl schon 989 das Astrolab benutzte, sowie das Kloster der Reichenau läßt sich die Rezeption dieses für die Erforschung des Himmels so wichtigen Instrumentes verfolgen. Doch das Interesse an diesem neuen Gerät konzentrierte sich ganz auf seinen Nutzen für die Zeitberechnung. Es war die Möglichkeit der genauen Bestimmung von Zeit und damit auch der exakten Terminierung der liturgischen Feste, welche die lateinischen Mönche faszinierte und ihre Beschäftigung mit arabischer Mathematik veranlaßte. Ihr Ziel war es, die von Gott dem Menschen zugemessene Zeit gewissenhaft zu verwalten; dies wurde dann im Rahmen der Bemühungen um eine Klosterreform regelrecht zum Programm erhoben. Die Abschnitte jedoch, welche in den von ihnen kopierten Lehrbüchern den Wert des Astrolabiums für Geographie und Astronomie erklärten, wurden nur allzu häufig gar nicht erst abgeschrieben.31 Aus dem Regensburger Benediktinerkloster St. Emmeram stammt ein eigentümliches Monument, das seine Entstehung der gleichen Interessenlage sowie dem Bestreben verdankt, die Sternenkunde auf eine solidere Grundlage zu stellen. Aus lokalem Kalkstein gearbeitet, erhebt sich eine senkrecht stehende Kreisscheibe über einer achteckigen Stütze. Auf der einen Seite dieser Scheibe sind die Fundamentalkreise des Himmels eingraviert, die über ehemals vorhandene Metallstifte bei einer leicht erhöhten Aufstellung am nächtlichen Sternenhimmel anzupeilen waren. Verwitterungsspuren belegen, daß die Stele tatsächlich im Freien stand. Die umlaufende Inschrift informiert uns zudem genauestens über die Funktion dieses ungewöhnlichen Instrumentes: CLIMA CICLI CARDO CELI COLUS EXTIMA SIGNI MULTUS AD HEC USUS EST PATET HINC SUB ACUMINE VISUS (Die Breitenkreise, die Hauptpunkte des Himmels, die Lage der äußersten Tierkreiszeichen, alles dieses wird beim Blick auf die Stifte offenbar). Es handelt sich also ohne Frage um ein fest aufgestelltes astronomisches Instrument. Auf der anderen Seite jener Kreisscheibe kniet eine fast vollplastisch herausgearbeitete Figur in einem kurzen, knielangen Gewand, die zum Himmel aufblickt und uns somit jene Position vorführt, die der Benutzer auf der anderen Seite des Monumentes einzunehmen hat, wenn er sich dieses Instrumentes bedienen will. Der rechte Arm ist auf das aufgestellte Knie gestützt und hielt ein heute verlorenes Gerät zur Sternbeobachtung. Die Inschrift SIDEROS MOTUS RADIO PERCURRIT ARATUS (Der Sterne Lauf hat Aratos mit dem Zeichenstab gemessen) legt es nahe, in der kauernden Gestalt den antiken Sternkundigen Aratos zu erkennen, obwohl das kurze Gewand so gar nicht dem üblichen Gelehrtentypus entspricht. Demnach wäre hier der Verfasser jener Verse geehrt, nach denen man im Mittelalter die 48 Sternbilder lernte und die in den computistischen Sammelhandschriften von jenem erwähnten Sternbilderzyklus illustriert wurden. Verschiedentlich findet sich in diesen Handschriften auch ein Autorenbild des Aratos, welches die figürliche Ausgestaltung dieses Instrumentes angeregt haben mag. Dieses nach unserem Wissensstand einzigartige Monument geht mit großer Wahrscheinlichkeit auf die bis 1069 währende Tätigkeit des gelehrten Mönches Wilhelm zurück, des späteren Abtes von Hirsau (gest. 1091). Wilhelm kam wohl schon in jungen Jahren nach St. Emmeram, wo er mit einer Reihe anderer Mönche intensive astronomische Studien betrieb und durch eine kontinuierliche Himmelsbeobachtung die erhebliche Verschiebung des Frühlingsaequinaktiums gegenüber den in den älteren Texten überliefertem Datum nachweisen konnte. Dies hatte für die Berechnung des Ostertermins entscheidende Konsequenzen. Seine Ergebnisse hielt er in einer »De astronomia« betitelten Schrift fest, die zwar nur in ihrem Anfangsteil überliefert ist, aber die erwähnte Gravur der Kreisscheibe in Gestalt einer Zeichnung enthält.32 Die beschriebene Steinstele setzt offensichtlich ein von Wilhelm konstruiertes Hilfsmittel der Himmelsbeobachtung in eine dauerhafte sowie künstlerisch aufwendige Form um, die ihm einen repräsentativen Charakter verleiht. So konnte das neu erarbeitete Wissen wirkungsvoll demonstriert und im Unterricht anschaulich vermittelt werden. Zugleich besaß man damit auch eine sehr präzise Sternenuhr, mit der sich während der Nacht anhand der Sternbewegungen die Stunden bestimmen ließen.33 Zeitbestimmung und Kalenderberechnung waren eben nach wie vor die wichtigsten Motive für die aufwendige Beschäftigung mit der Himmelskunde. Auch wenn diese Stele sicherlich Dokument einer intensiven astronomischen Praxis in Form einer längerfristigen und systematischen Himmelsbeobachtung ist, erlaubt sie dennoch keine Rückschlüsse auf ein spezifisch astrologisches Interesse. Doch ist bemerkenswert, daß die gelehrte Beschäftigung mit der Himmelskunde im Rahmen des Klosters derart ostentativ zur Schau gestellt wurde. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ändert sich die Situation merklich; in den computistischen Sammelhandschriften erhalten jetzt zunehmend jene Texte ein größeres Gewicht, die astronomische Zusammenhänge und astrologische Grundbegriffe erklären. Auch auf die Nützlichkeit der Sternenwissenschaften wird jetzt verstärkt hingewiesen, doch fehlen immer noch jegliche Hinweise auf eine wie auch immer geartete astrologische Praxis, die über das Niveau volkstümlichen Aberglaubens hinausginge.34 Charakteristisch für die größere Akzeptanz der Himmelskunde wie für die unverändert engen Grenzen des verfügbaren Wissens ist ein Text, der aller Wahrscheinlichkeit nach im süddeutschen Raum in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts wohl für den Schulgebrauch zusammengestellt wurde. Unter dem Titel »De mundi celestis terrestrisque constitutione« bemüht sich der anonyme Autor, die ihm erreichbaren Informationen zu Astronomie und Astrologie zusammenzutragen und zu systematisieren.35 Der erste Teil beschreibt den Aufbau des Kosmos beginnend bei den einzelnen Elementen und durch die verschiedenen Sphären voranschreitend bis zu den Planeten. Auffällig ist neben der kosmologisch geprägten Darstellungsweise ein ausgeprägtes Interesse an astrologischen Fragen, die detaillierter ausgebreitet werden als in jedem anderen Text des früheren Mittelalters. So spricht der anonyme Verfasser ausführlich über die verschiedenen Häuser aller Planeten. Er trägt aus den ihm zugänglichen Quellen, wie Macrobius, Platons Timaeus mit dem Kommentar des Chalcidius, den Kommentar des Servius zur Aeneis des Vergil sowie natürlich Hyginus und Fulgentius die verschiedenen Informationen zusammen und bemüht sich dabei deutlich um eine Vereinheitlichung und Systematisierung der Terminologie. Bemerkenswert ist, daß er weder Firmicus Maternus noch Manilius kennt; es standen ihm also keine Abschriften dieser ausführlicheren Abhandlungen zur Verfügung, so daß auch er nur auf Wissen aus zweiter Hand angewiesen war. So gelingt es dem Autor nicht, eine exakte Vorstellung von der astronomischen Ordnung des Kosmos zu vermitteln, und die astrologischen Angaben bleiben sehr allgemein. Nach wie vor überwiegt das Material mit computistischer Relevanz. Der Unterschied zu den etwa ein halbes Jahrhundert später verfaßten Abhandlungen, die von den übersetzten Werken arabischer Wissenschaftler ausgingen, ist mehr als deutlich. Wichtiger in unserem Zusammenhang ist jedoch eine spanische Handschrift, die im Jahr 1056 geschrieben wurde und vermutlich aus dem Kloster S. Maria de Ripoll stammt, wo sie möglicherweise von einem Mönch namens Oliva zusammengestellt wurde.36 Es handelt sich um das zu diesem Zeitpunkt bei weitem umfangreichste Kompendium zu Zeitbestimmung, Natur und Kosmos. Der vierte, De astronomia betitelte Teil, beschäftigt sich auf über 120 Seiten ausschließlich mit der Sternenwissenschaft. Gewissenhaft und im Bemühen um Vollständigkeit hat der Autor die einzelnen Informationen aus den verfügbaren Texten, insbesondere Macrobius, Chalcidius, Hyginus und Plinius, zusammengetragen. Bei den Beschreibungen der Planeten und der einzelnen Sternbilder kommen als weitere Quellen mythographischen Charakters noch Isidor und Fulgentius hinzu. Die Schilderungen der Himmelskörper und ihrer Konfigurationen werden wie immer durch die üblichen Illustrationen ergänzt. Doch ist der traditionelle Sternbilderzyklus hier in sehr bezeichnender Weise modifiziert worden! Die einzelnen Sterntypen werden m deutlich unterschiedlichen Bildern vorgestellt; so entsteht eine Differenzierung, die ohne Frage auf ein tieferes Verständnis der Astronomie zurückgeht. Zum einen werden die Tierkreiszeichen gemäß ihrer größeren Bedeutung gesondert vor den übrigen Sternbildern abgehandelt, während sie üblicherweise in die topographisch ausgerichtete Abfolge der Figurationen eingeordnet sind und nicht eigens hervorgehoben werden. Hier sind sie als einfarbige, nur in Blautönen gehaltene Figuren wiedergegeben, die ohne Rahmen vor dem Pergamentgrund stehen. Die übrigen Sternbilder hingegen sind als abschattierte Zeichnungen in einem gerahmten Bildfeld vor blauem oder grünem Hintergrund gehalten. Wiederum gänzlich anders treten die Wandelsterne auf, die entgegen der Tradition zu Beginn und nicht am Ende jenes Tiber quartus de astronomia besprochen werden. Sonne und Mond, die in ihren üblichen Wagen einherfahren, sind in große Medaillonbilder mit einem differenzierten Hintergrund eingebunden. Die übrigen fünf Planeten stehen in sehr viel kleineren Kreismedaillons, die von einem Strahlenkranz umgeben sind. Das überlieferte Quincunx-Schema ist aufgegeben worden, um die Planeten in ganzfigurigen Einzelbildern vorführen zu können. Die Darstellung in Kreisform faßt sie zudem in ihrer Eigenschaft als bewegliche Himmelskörper in besonderer Weise zusammen. Sie werden jetzt auch nicht mehr bloß in einem zusammenfassenden Text abgehandelt, sondern wie die Sternbilder in einzelnen Unterkapiteln erklärt, in denen die entsprechenden Abschnitte aus Isidor, Hyginus und Fulgentius ohne Rücksicht auf die zwangsläufigen Wiederholungen zusammengestellt sind. Die knappen astronomischen Angaben zu Größe, Erscheinungsbild und Umlaufzeit werden somit durch die ausführlichen mythographischen Passagen des Isidor und Fulgentius ergänzt, die, ohne auf die Himmelskörper abzuzielen, Aussehen und Bedeutung der antiken Götter schildern. Aus diesen mythologischen Beschreibungen ist auch die Ikonographie dieser frühen Planetendarstellungen entwickelt. Sonne und Mond entsprechen dem frontalen Typus der Bildtradition. Sie treten in herrschaftlichen Gewändern auf; die Sonne ist zudem mit Sphaera und Strahlenkrone ausgezeichnet, Luna hingegen mit Mondsichel, Fackel und Peitsche, mit der sie ihr Ochsengespann zu wildem Galopp antreibt. Farblich sind die beiden luminaria darüber hinaus gemäß ihrer äußeren Erscheinung differenziert. Während So] in hellrotem Mantel vor dunkelrotem Grund auftritt, sehen wir Luna in grünem Mantel vor einem blauen Feld. Die Charakterisierung der übrigen Planeten ist eher rudimentär, ihr Erscheinungsbild bleibt vage. Sie tragen, abgesehen von Venus, alle die gleiche mittelalterliche Kleidung: ein kurzes, knielanges Gewand über eng anliegenden Hosen. Die wenigen Attribute, die sie spezifizieren, entsprechen den Angaben von Isidor und Fulgentius. Mars, der in den Texten als Krieger bezeichnet wird, ist mit Schwert und Schild bewaffnet, den Kopf schmückt ein überdimensionierter Haarschopf, der fast wie ein Helm aussieht.37 Merkur trägt den gebogenen Hirtenstab statt des schlangenumwundenen Caduceus und die Flügel wachsen ihm direkt aus Kopf und Beinen? Jupiter als jugendlicher, bartloser Mann ist sogar ohne jegliche Attribute, nur mit ausgebreiteten Armen wiedergegeben. Denn bei dem Fürsten der Götter schildern sowohl Isidor wie Fulgentius nicht die konkreten Merkmale seiner Gestalt, sondern nur die verschiedenen Erscheinungsformen, derer sich Jupiter bei seinen irdischen Liebschaften bediente.39 Venus ist in ähnlicher Pose zu sehen und in zeitgenössische Frauenkleider gehüllt. Die Angaben des Fulgentius, der sie als nackt, im Meer badend, umgeben von Rosen und Tauben sowie in Begleitung der drei Grazien beschreibt und ihr eine Muschel in die Hand gibt, sind in die Bildgestalt nicht eingegangen.40 Saturn schließlich hält eine Sense und über seinen Kopf fällt ein helles Tuch, das jenes verhüllte Haupt wiedergeben soll, das im Text erwähnt wird.41 Die Beschreibungen der Mythographen werden in dieser spanischen Handschrift herangezogen, um die knappen astronomischen Angaben, die damals verfügbar waren, zu erweitern. Die astrologischen Handbücher der arabischen Wissenschaft waren dem Kompilator des Textes offensichtlich noch nicht zugänglich.42 Obwohl die bildliche Darstellung der Planeten nicht wie bei den Sternbildern aus der Wiedergabe der Verteilung der Einzelsterne legitimiert ist, besteht sichtlich ein Bedürfnis, auch von den ‚wandernden’ Himmelskörpern eine der Anschaulichkeit der Konstellationen vergleichbare, konkrete Vorstellung zu entwickeln. Dies führt zu ersten, noch völlig der mythographischen Tradition verhafteten Bildfassungen. Zu den oben besprochenen, in ein Kosmosschema integrierten Planetendarstellungen in der Leidener Handschrift vom Hof Ludwigs des Frommen (814-840) lassen sich keine Verbindungen knüpfen, so daß diese spanischen Miniaturen als unmittelbare Neuschöpfungen anzusprechen sind. Daß es sich bei den Planeten um Einzelsterne handelt, ist dabei durch die Darstellung in den Strahlenmedaillons sehr sinnfällig gemacht worden, während die Luminaria entsprechend ihrer optischen Dominanz am Himmel in großen Kreisbildern zu sehen sind. Die Bilder sind somit auf eine Anschaulichkeit hin konzipiert, die mit Elementen der realen Erscheinung der Himmelskörper korreliert. Das erstaunlichste Merkmal dieser Handschrift ist aber die Reihenfolge, in der die Wandelsterne vorgeführt werden: es ist die astrologische Ordnung der Wochentagsgötter! Obwohl in einem eigenen Kapitel die kosmologische Ordnung der Planeten nach den Umlaufzeiten bzw. der Entfernung von der Erde erklärt wird, beschreibt sie der Autor gemäß der Abfolge der Wochentage, die nach ihnen benannt sind.43 An Sonne und Mond schließt sich Mars für Dienstag an, danach Merkur für Mittwoch, Jupiter für Donnerstag, Venus für Freitag und schließlich Saturn für Samstag. Ausgangspunkt dieser ungewöhnlichen Gliederung bildet offenbar die Bemerkung des Fulgentius, in der er erklärt, daß die Wochentage nach den antiken Göttern benannt sind.44 Damit wird zugleich die Brücke zur Kalenderberechnung geschlagen, die das Thema der ersten beiden Teile dieser Handschrift bildet. Ob den spanischen Mönchen aber damals die astrologische Bedeutung dieser Wochentagsgötter bekannt war, scheint zweifelhaft, denn weder in dem Codex noch in vergleichbaren Schriften, wie dem erwähnten »De mundi celestis terrestrisque constitutionea«, ist davon die Rede. Doch verbirgt sich dahinter wohl auch die Vorstellung, daß die Planeten das irdische Geschehen stärker beeinflussen als dies in den computistischen Sammelwerken beschrieben ist. Da den einzelnen Planeten jeweils ein- bis zweiseitige Texte eingeräumt werden, ist zwischen Folio 169v und 174r auf jeder Doppelseite ein Planetenbild zu sehen, so daß die Miniaturenfolge beim Benutzen der Handschrift durchaus als Zyklus erfahren wird. So ist die ungewöhnliche Reihenfolge zu rezipieren, auch ohne daß im Text ausführlich darauf eingegangen wird. Die Handschrift aus S. Maria de Ripoll überschreitet in der konsequenten Verbindung der tradierten Himmelskunde mit dem mvthographischen Wissen den durch den computus abgesteckten Horizont. Unübersehbar ist das gesteigerte Interesse an astronomischen und kosmologischen Zusammenhängen, das jetzt auch die astrologischen Fragen zumindest berührt. Der überlieferte Sternbilderzyklus wird mit einer neuartigen Systematik versehen, die der unterschiedlichen Bedeutung der Konstellationen Rechnung trägt. Es werden neue Planetenbilder entwickelt, deren Einzelheiten zwar der mvthographischen Tradition entstammen und deshalb die Wandelsterne nur sehr unzureichend charakterisieren, die aber auf ihre astrologische Relevanz doch deutlich verweisen. Die Hervorhebung dieser für die Horoskopie so wichtigen Himmelskörper in Einzelbildern sowie die ungewöhnliche Reihenfolge verrät einen deutlichen Interessenwandel, der schon auf die Bemühungen des nächsten Jahrhunderts vorausweist. Im Grunde haben wir es mit dem ersten astrologischen Bilderzyklus des nachantiken Abendlandes zu tun, dessen bescheidenes Aussehen und die Abhängigkeit von einer anders gearteten Tradition deutlich die Pioniersituation spiegelt, aus der heraus er entstand. Der Codex aus S. Maria de Ripoll ist durch den Text begleitende, kleinformatige Illustrationen gekennzeichnet, die des Rahmens, der ihren Bildcharakter betont, gar nicht bedürfen. Damit zeigt er unverkennbar Merkmale jener in den Klöstern beheimateten Tradition der Wissensvermittlung, die den Bildern nur einen geringen Raum zubilligt. Die Erkenntnis von der Unzulänglichkeit des verfügbaren Wissens führte dann zu jenem Unterlegenheitsgefühl, das in dem folgenden Jahrhundert die rege Übersetzertätigkeit aus dem Arabischen veranlaßt, deren Hauptschauplatz wiederum Spanien ist. Doch die neuen Interessen, deren erste Spuren schon in dieser Handschrift zu fassen sind, sprengen sehr bald die Grenzen klösterlicher Wissenschaft. Die Mönche, die aus ihren Schreibstuben aufbrechen - so könnte man vereinfacht sagen - kehren nicht dorthin zurück. Ihr neues Wissen trägt Früchte unter veränderten Bedingungen, welche die aufblühenden Kathedralschulen und die sich rapide entwickelnde Laienkultur der Höfe bereit stellen. Anmerkungen zu Kapitel III 1 Laistner 1941, S. 255, vergleiche auch Wedel 1920, S. 15 ff. 2 Bouché - Leclercq 1899, S. 617, Thorndike I 1923, S. 504ff. Zum Problem des Determinismus und der Position der Astrolgen dazu Lipton 1978, S. 133f. Ich bezeichne Astrologie durchweg als Wissenschaft, da sie in den fraglichen Jahrhunderten von Befürwortern wie Gegnern generell in dieser Weise angesprochen wurde. 3 Siehe die ausführliche Analyse bei Thorndike, ebd., vergleiche auch Wedel 1920, S. 15 ff. Zur Bedeutung dieser Überlegungen des Augustinus für das ganze Mittelalter vgl. Schmitt 1993,S. 23ff. 4 Augustinus, De Civitate Dei, V, 4: »Nati sunt duo gemini antiqua patrum memoria ... sie alter post altrum, ut posterior plantam prioris teneret. « 5 Die Bezeichnung »vana scientia« in der Überschrift zu V, 5; im Verlaufe dieses Kapitels dann die Formulierung: »... ac sie omnis huius artis vel potius vanitatis commenta tollantur?« 6 Schlußsatz von De Civitate Dei V 7: »His omnibus. consideratis non immerito creditur, cum astrologi mirabiliter multa vera respondent, occulto instinctu fieri spirituum non bonorum, quorum cura est has falsa et noxias opiniones de astralibus fatis inserere humanis mentibus atque firmare, non horoscopi notati et inspecti aliqua arte, quae nulla est.« Deutsche Fassung zitiert nach der Übersetzung von W. Thimme, München 1955/1978, S.232. 7 De doctrina Christiana, 11, 29: »Siderum autem cognoscendorum non narratio sed denlonstratio est, quorum per pauca Scriptura commemorat. Sicut autem plurimis notus est lunae cursus, qui etiam ad passionem Domini anniversarie celebrandum solemniter adhibetur; sie paucissimis caeterorum quoque siderum vel ortus, vel occasus, vel alia quaelibet momenta sine ullo sunt errore notissima. Quae per se ipsam cognitio, quamquam superstitione non alliget, non multum tamen ac prope nihil adiuvat tractationem divinarum Scripturarum, et infructuosa intentione plus impedit; et quia familiaris est perniciosissimo errori fatua fata cantantium, commodius honestiusque contemnitur.« Vgl. Thorndike 1 1923, S. 521. 8 Dazu Laistner 1941, S. 260 ff. 9 Hierzu vor allem Laistner 1941 passim sowie speziell S. 263 ff; ebenso Bouche-Leclercq 1899, S. 624. Auch das von Flint 1990 zusammengetragene Material betrifft vor allen Dingen unterschiedlichste Formen der Magie. Für eine Kontinuität plädieren Boll 1931, S. 183ff, der aber von den »banalen mechanischen Wahrsagemitteln der Laienastrologie« spricht, sowie Thorndike 1 1923, S. 690ff, obwohl er sie richtig als »cruder modes of divination« charakterisiert. Vgl. auch Beaujouan 1982, S. 479f. 10 Etymologiae III, 27, 1-2: »... superstitiosa vero est quam mathematici sequuntur qui in stellis augurantur.« Siehe Laistner 1941, S. 267f und Wedel 1920, S. 27f. Die Begriffe astronomia und astrologia werden in den Quellen nicht scharf getrennt, sondern häufig synonym gebraucht, entgegen der Definition von Isidor, die eine Trennung zwischen Astronomie und Astrologie nahe legen würde, siehe die instruktive Zusammenstellung von Belegen bei Laistner 1941, S. 267, Anm. 52. 11 Horologium Stellare Monasticarum, Ed. G. Constable, in: Consuetudines Benedictinae Variae (sacc. XI - sacc. XIV), Corpus Consuetudinum Monasticum, Vol. 6, Siegburg 1975. Vgl. Beaujouan 1982, S.477. Zur Verbreitung derartiger Verfahren der Zeitbestimmung Dolirn-van Rossum 1992, S. 69. 12 Vgl. die Übersicht bei Pedersen 1978, S. 305 sowie bei Lemay 1987, S. 63 ff, der die genannten Texte folgendermaßen charakterisiert: »they flow freely in the high athmosphere of rhetoric.«; zu Macrobius Albrecht 1994, S. 1179ff, zu Martianus Capella ebd. S. 1184ff, zu Chalcidius ebd. S. 1318. Zur handschriftlichen Überlieferung des Macrobius-Textes Reynolds 1983, S. 222ff, zu Martianus Cappella ebd. S. 24 5 ff. 13 Hierzu Lipton 1978, S. 39f, vergleiche allgemein auch Wedel 1920, S. 14, 32 sowie Gundel/Gundel 1966, 5.234 und Albrecht 1994, S. 1276ff. Laistner 1941, S. 273 vermutet die Existenz von Manuskripten schon in karolingischer Zeit. Es ist bezeichnend, daß für einen astronomisch ausgerichteten Text wie »De Mundi Celestis Terrestrisque Constitutione« von PSBeda im 11. Jahrhundert Firmicus Maternus nicht benutzt wurde; dazu s. u. 14 Erst 1417 kam es durch Poggio Bracciolini zu einer Wiederentdeckung , die dem Werk eine bedeutende Wirkung in der Renaissance sicherte. Albrecht 1994, S. 769ff sowie 777, Lemay 1992, S. 107f. Zur handschriftlichen Überlieferung Reynolds 1983, S. 235ff, zur Rezeption in der Renaissance Hübner 1980. 15 Grundlegend Borst 1994, S. 156ff sowie Borst 1993. Zum computus allgemein Borst i990 sowie Haskins 1924, S. 83 f. 16 Nachwievor grundlegend Thiele 1898, jetzt auch Haffner 1997, S. 71 ff; darüber hinaus vor allem McGurk 1983,S. 51 f, McGurk 1981 sowie McGurk/ Saxl 1966, S. XVf und speziell S. XVII, weiterhin Panofsky/Saxl 1933, S. 232f und Mütherich 1989 sowie van Euw 1993. 17 McGurk 1983, S. 76; siehe auch Panofsky/Saxl 1933, S. 242. 18 Hierzu Kerscher 1988, der eine allgemeine Übersicht der erhaltenen Darstellungen zusammenstellt, sowie Mütherich 1989, S. 57f und Haffner 1997 19 McGurk 1983, S. 73f mit Übersichtstabelle zur Häufigkeit der einzelnen Darstellungen; Haffner 1997, S. 31 ff; zu den Schemata van Euw 1993. 20 Dies sind der Leidener Vossianus (Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit Ms. Voss. Lat. Q. 79) und London, Brit. Mus. Harley 647, Thiele 1898, S. 77f; Saxl/ Meier 1953, S. XIIIf; Köhler/Mütherich IV, 1971, S. 101ff, i08ff; McGurk 1983, S. 74f und jetzt vor allem Mütherich 1989. Zu nennen wäre hier auch noch Göttweig, Stiftsbibliothek Ms. 146 (Kopie des 15. Jahrhunderts eines karolingischen Originals); dazu Kerscher 1988, S. 34f. 21 In den gleichen Zusammenhang gehören auch die Kopien zweier weiterer antiker Bildhandschriften, der illustrierte Terenz Vat. lat. 3868 und der Agrimensorencodex Vat. Pal. lat. 1564; hierzu Mütherich 1989, S. 67. Zur Beschränkung der karolingischen Renaissance auf sehr kleine, an den Höfen konzentrierte Elitezirkel siehe u.a. LeGoff 1986, S. 17f sowie Ladner 1982, S. 3. 22 Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit Ms. Voss. Lat. Q. 79, Fol. 93 y. Van Euw 1993, S. 263 ff; Eastwood 1983 sowie Aratea 1989, S. 53ff und 78ff; zum Datum Mostert/Mostert 1990; vgl. auch Borst 1994, S. 169f. Die ausführlichen Inschriften sind aus Plinius exerpiert. 23 Eine entsprechende Schemazeichnung in Madrid, Bibl. Nac. Cod. 3307, Fol. 65y; Abb. bei van Euw 1993, Abb. 23. 24 Dieses auch als Filocalus Kalender bezeichnete Werk ist heute verloren und nur durch Nachstiche des 17. Jahrhunderts bekannt; Stern 1953. 25 Saturn ist derart in eine Toga gekleidet, daß eine Schulter frei bleibt, er hat das Gewand allerdings nicht wie sonst als Schleier über den Kopf geführt. In der erhoben Rechten hält er einen Gegenstand, der vermutlich die Sichel meint. Merkur ist nackt, mit der vorgestreckten Rechten weist er den Geldbeutel vor, den Caduceus hat er über die linke Schulter gelegt, auf dem Kopf sind Flügel angebracht. Mars zeigt die Kopfwendung und den wehenden Mantel des Vorbildes, allerdings ist er in eine Rüstung gekleidet und steht in einem Streitwagen. Venus präsentiert sich mit nacktem Oberkörper und hält mit der erhoben Rechten einen Gegenstand in Kopfhöhe. Von der Venusdarstellung des Chronographen von 354 besitzen wir keine Nachzeichnung, doch zeigen Kopien in Handschriften des 15. Jahrhunderts die gleichen Merkmale; dort hält Venus eine Blume sowie eine Pfauenfeder, Z. B. Vat. Pal. lat. 1370, Fol. 991, Stern 1953, Abb. XX, 4, s. u. Kap. XVI, 1. Der karolingische Maler hat das antike Vorbild also nicht einfach übernommen, sondern die Darstellungen nach seinen Vorstellungen adaptiert. Vgl. auch Haffner 1997, S. 68f. 26 Boulogne sui mer, Bibl. municip. Ms. 188, vielleicht durch Abt Odbert von S. Berät (986-1008). 27 Siehe dazu Borst 1994, S. 166ff sowie S. 149 zur Ablehnung der Astrologie. Auch Hrabanus Maurus gehörte zu den wenigen, die eine Planetenkonstellation bestimmen konnten; ebd. S. 179. 28 Auch die Encyklopädie »De originibus rerum« des Hrabanus Maurus macht hier keine Ausnahme. Denn die berühmten Darstellungen der antiken Gottheiten im Codes: 132 von Montecassino illustrieren Buch XV, Kap. 6 »De düs gentilium«, in denn es gerade nicht um astronomische Fragen, sondern allein um Mvthographie geht; Reuter 1984, S. 175; Himmelmann 1985, S. 96ff. Die Himmelsbeschreibung findet sich an ganz anderer Stelle in Buch IX, Kap. ;ff. Die einzelnen Himmelskörper werden dort im christlichen Sinne allegorisiert; so wird der Himmel als Christus, der Mond als die Kirche und die Sterne als die Schar der Heiligen begriffen. Illustriert werden nur Sol und Luna in Kap. 9 bzw. 10 gemäß der Bildtradition der Sternbilderhandschriften; Reuter 1984, S. 137ff. 29 Schramm/Mütherich 1962, S. 163, Nr. 1„0 sowie O'Connor1980. 30 Zur Funktionsweise des Astrolabiums Harrner 1939 sowie Drever 1979, S. 21 ff. 31 Dazu ausführlich Borst 1989; vgl. auch Borst 1990, S. 44ff. Die Kenntnis des Astrolabiums blieb aber zunächst noch auf einen relativ kleinen Kreis beschränkt; Pedersen 1978, S. 309ff; Lipton 1978, S. 37f. 32 Diese Zusammenhänge sind von Wiesenbach 1991 ausführlich nachgewiesen worden, zur Stele, S. 135 ff; zur kunsthistorischen Analyse Strobel 1965, S. 44ff. Vgl. auch Settis 1986, S. 419ff sowie Destombes 1966, S. 38, der die Stele etwas ungenau als »cadran solaire vertical« bezeichnet. Die Zeichnung der Fundamentalkreise in Clm 14689, Fol. 231. Der Prolog von »De astronomia« ediert bei Migne, PI, r S0, S.1639 ff. 33 Einfachere Ausführungen derartiger Sternenuhren waren seit dem frühen 9. Jahrhundert in Gebrauch, wie Wiesenbach 1993 nachgewiesen hat. 34 Lipton 1978, S. 39f, Laistner 1941, S. 260; Haskins 1924, S. 83. Auch die von Vvver 1936 zusammengestellten Texte ändern nichts an diesem Bild; denn zum einem finden sich dort nur astrologische Grundinformationen aus zweiter Hand, vor allem nach Firrnicus Maternus und Isidor, zum anderen scheint die Zahl der frühen Manuskripte aus dein 10. und 11. Jahrhundert immer extrem gering gewesen zu sein; vgl. Lipton, ebd. 35 Der Verfasser des anonymen Textes wird mit dem Hilfsnamen Ps-Bcda bezeichnet. Edition mit gründlicher Einführung und englischer Übersetzung von C. Burnett 1985. Im Quellenanhang, XX, i, S. 211 f., die wenigen Angaben zu den Planeten. 36 Vat. Reg. lat. 123, die Handschrift ist 36,5 x 27,9 cm groß und enthält 223 Folii. Sie gliedert sich im wesentlichen in vier Teile: Fol. i r-741 De sole, Fol. 741-t 10v De luna, Fol. 1271-150y De natura rerum, Fol. 1521-218v De astronomia. Borst 1994, S. 219f; Saxl I, S. 45 ff; Saxl III, S. LXVIII; Haskins 1924, S. 8, Anm. 18, S. 83 f zum computistischen Charakter der Handschrift; vgl. auch Pijoän 1912. 37 Vat. Reg. lat. 123, Fol. 169v-170r. Bei Mars fehlt der Abschnitt aus Fulgentius. 38 Vat. Reg. lat. 123, Fol. 170v-171 r, auf 170v nach Isidor: »Alus enim habet in capite et in pedibus ... virga reuet, qua serpentes dividet ...« Diese Merkmale werden von Isidor knapp gedeutet, ohne daß dis aber in einem astrologischen Zusammenhang geschieht. So stehen die Flügel für das durch die Luft eilende Wort der Rede und der die Schlangen teilende Stab für das Schlichten von Streit. Die zusätzlichen Angaben des Fulgentius, der unter anderem den Hahn in Begleitung des Merkur schildert, finden keine Berücksichtigung im Bild. 39 Vat. Reg. lat. 123, Fol. 171 r-171 v. 40 Vat. Reg. lat. 123, Fol. 172r-173r, der Bericht des Fulgentius auf Fol. 172v. 41 Vat. Reg. lat. 123, Fol. 173 r-174r. Fol. 173r nach Fulgentius: »Saturnus ... senior, velato capite, falcem ferens«, vgl. Saxl I, S.108, vgl. auch Panofsky/Saxl 1933, S. 254. Auch Isidor macht entsprechende Angaben (Fol. 173v). 42 C. H. Haskins betont zu Recht, daß Vat. Reg. lat. 123 noch keinerlei Elemente der arabischen Sternenkunde enthält; Haskins 1924, S. 8, Anm. 18. Vgl. auch Haskins 1927, S. 303 zum Wissensstand um 1100. 43 Vat. Reg. lat. 123, fol. 167v nach Beda. Zu den Wochentagsgöttern s. Kap. II. Vgl. auch die späteren Ausmalungen in Angera, Kap. IX, und Foligno, Kap. XII, 3. 44 Vat. Reg. lat. 123, Fol. 170v bei der Beschreibung des Merkur: »... ex quo etiam diel nomina invenerunt.«