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TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
3.1.3
268
Zunehmende Skalenerträge und Unteilbarkeiten
• In der folgenden Analyse soll berücksichtigt werden, dass individuelle Investitionen
in der Regel nicht durch global abnehmende Skalenerträge charakterisiert sind,
sondern lokal zunehmende Skalenerträge aufweisen können.
• Zum Beispiel sind bei Humankapitalinvestitionen zumeist ein Mindestmaß an Investitionen notwendig, um einen marktfähigen Ertrag zu erzielen. So wird erst eine
abgeschlossene Ausbildung oder ein abgeschlossenes Studium auf den Märkten
honoriert.
• Lokal kann eine individuelle Investition durchaus nicht stetig sein und somit durch
zunehmende Skalenerträge gekennzeichnet sein. In der folgenden Analyse wird dies
im Rahmen eines einfachen Modells mit exogenen Faktorpreisen berücksichtigt,
das auf Galor und Zeira (1993) basiert.
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
269
Humankapitalinvestitionen
• Ein Individuum i ist mit einer Arbeitszeit von eins ausgestattet, lt(i) = 1, besitzt
eine “warm-glow” Präferenz und lebt zwei Perioden. In der ersten Periode erhält
es den Lohn wt(i) und die Erbschaft von seinen Eltern. In der zweiten Periode
konsumiert es und spart (für die Erbschaft).
• Investitionen der Eltern in die Ausbildung eines Individuums können das Humankapital erhöhen, so dass es einen höheren Lohn auf den Faktormärkten erhält.
Diese Investition ist mit einer Diskontiuität verbunden, da sie lediglich bei einer
Mindesthöhe von x das Humankapital wirksam erhöht.
• Das Vermögen kt(i) kann auf Kapitalmärkten zu einem festen Zinsatz R angelegt
werden. Die Kapitalmarktimperfektion besteht nun darin, dass für Humankapitalinvestitionen keine Kredite aufgenommen werden können. In anderen Worten,
(zukünftiges) Humankapital ist nicht beleihbar.
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270
• Somit steht für Humankapitalinvestitionen lediglich das individuelle Vermögen zur
Verfügung. Wenn das Vermögen eines Individuums hinreichend groß ist, kann es
durch eine Humankapitalinvestition in Höhe von x das Humankapital des Nachkommens erhöhen, so dass dieser einen Lohn wt+1 = W S erhält.
• Bei jeder Humankapitalinvestition, die geringer als x ist, ist der Ertrag gleich null.
Der Lohnsatz für einen Nachkommen ohne Ausbildung ist dann wt+1 = W N und
geringer als der Lohnsatz für qualifizierte Arbeitskräfte
WN < WS
• Da angenommen wird, dass sowohl die Lohnsätze als auch die Mindestinvestition
konstant sind, ist die Rendite aus der Humankapitalinvestition ebenfalls konstant
und wie folgt definiert
WS − WN
1 + Rh =
x
271
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• Ein Individuum kann nun sein Vermögen in Humankapital investieren oder auf
dem Kapitalmarkt anlegen. Die folgende Annahme über die Renditen stellt sicher,
dass es überhaupt einen Anreiz gibt, in Humankapital zu investieren.
Rh > R
Andernfalls, würde offensichtlich keine Humankapitalinvestition stattfinden und
die Eigenfinanzierungsrestriktion wäre irrelevant.
• Unter dieser Annahme über die Renditen wäre es effizient, das gesamte Vermögen
einer Wirtschaft in Humankapital zu investieren, wenn das durchschnittliche Vermögen hinreichend groß ist s (Kt + RKt + WtL) ≥ x wobei s die aggregierte
Sparquote ist.
• Dies ist in der Regel nicht möglich, wenn das Vermögen ungleich verteilt ist. Dann
kann die Nichtstetigkeit in der individuellen Investitionstechnologie das Spar- und
Investitionsverhalten verzerren und zu einer ineffizienten Allokation führen.
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272
Heterogenes Investitionsverhalten
• Zur Vereinfachung wird angenommen, dass der Nutzen eines Individuums i (logarithmisch) mit dem Konsum ct(i) und mit der Summe at+1(i) + wt+1(i) steigt,
die das Gesamtvermögen, d.h. das Sachvermögen at+1(i) = (1 + R)kt+1(i) und
das Humankapital wt+1(i) des Nachkommens umfasst.
• Die Höhe der Investitionen in das Humankapital der Nachkommen χt(i) entscheidet, ob die Nachkommen einen Lohn wt+1(i) = W S oder wt+1(i) = W N
erhalten. Die Budgetrestriktion eines Individuum i lautet
kt+1(i) = (1 + R) kt(i) + wt(i) − ct(i) − χt(i)
⇒ at+1(i) = (1 + R) (at(i) + wt − ct − χt)
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273
• Das allgemeine Problem eines Individuums i lässt sich dann wie folgt zusammenfassen
max ln [ct(i)] + (1 + ρ)−1 ln [at+1(i) + wt+1(i)]
s.t.
at+1(i) = (1 + R) (at(i) + wt(i) − ct(i) − χt(i))
(
W N if χt(i) < x
wt+1(i) =
W S if χt(i) ≥ x
• Für die Analyse makroökonomischer Effekte der Ungleichheit ist es ausreichend
zwei Typen von Individuen zu betrachten, ein reiches r und ein armes p.
— Ein reiches Individuum, dessen Gesamtvermögen hinreichend groß ist, wird sich
für χt = x ⇒ wt+1(r) = W S entscheiden, während für ein armes Individuum
χt = 0 ⇒ wt+1(p) = W N die optimale Entscheidung ist.
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at+1 + wt+1
WS
WN
x
at(p) + wt(p)
x
at(r) + wt(r)
Konsum/Sparentscheidung armer und reicher Individuen
ct
275
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• Da ein Individuum keinen Einfluss auf das geerbte Vermögen besitzt, wird es
at(i) + wt(i) als gegeben betrachten. Im Optimum wird es den Nutzen durch eine
optimale Wahl von ct(i) und at+1(i) maximieren.
• Das Problem eines reichen Individuums (χt = x, wt+1(r) = W S )
h
i
−1
S
max ln ct(r) + (1 + ρ) ln at+1(r) + W
at+1(i)
lässt sich durch Elimination von ct(i) wie folgt zusammenfassen.
"
#
h
i
at+1(r)
−1
S
max ln at(r) + wt(r) − x −
+ (1 + ρ) ln at+1(r) + W
1+R
at+1(i)
Als Bedingung erster Ordnung erhält man
1
1
1
1
=
1 + R at(r) + wt(r) − x − at+1(i)
1 + ρ at+1(r) + W S
1+R
Ã
1
⇔
(at(r) + wt(r) − x) =
1+ρ
!
2 + ρ at+1(r)
WS
+
1+ρ 1+R
1+R
276
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und unter Verwendung von wt+1(r) = W S
at+1(r) + wt+1(r) =
Ã
1+R
2+ρ
!µ
1
at(r) + wt(r) − x +
WS
1+R
¶
(49)
• Analog lautet das Problem eines armes Individuums (χt = 0, wt+1(p) = W N )
"
#
h
i
at+1(p)
−1
N
+ (1 + ρ) ln at+1(p) + W
max ln at(p) + wt(p) −
1+R
at+1(i)
und führt zur folgenden Bedingung erster Ordnung
Ã
WN
1+R
at+1(p) + wt+1(p) =
at(p) + wt(p) +
2+ρ
1+R
!
(50)
277
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Langfristiges Gleichgewicht
• Die Bedingungen (49) und (50) beschreiben die Dynamik in dem Gesamtvermögen
einer reichen Dynastie at(r) + wt(r) bzw. einer armen Dynastie at(p) + wt(p).
• Beide Differenzengleichungen weisen den selben Eigenwert 1+R
2+ρ auf. Wenn dieser
kleiner als eins ist, sind diese Differenzengleichungen stabil.
• Unter der Annahme 1+R
2+ρ < 1 lässt sich dann unmittelbar zeigen, dass das jeweilige Gesamtvermögen zu den folgenden unterschiedlichen Steady State Niveaus
konvergiert
W S − (1 + R)x
ass(r) + wss(r) =
1+ρ−R
WN
und ass(p) + wss(p) =
1+ρ−R
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278
• Aus der Annahme Rh > R, folgt zudem, dass das Steady State Gesamtvermögen
einer reichen Dynastie größer ist
ass(r) + wss(r) > ass(p) + wss(p)
• Folglich kann aufgrund der Diskontinuität eine Vermögensungleichheit langfristig
erhalten bleiben. Das Vermögen einer ärmeren Dynastie konvergiert zu einem niedrigeren langfristigen Niveau als das Vermögen einer reicheren Dynastie, die allein
in der Lage ist, in Humankapital zu investieren.
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at+1 + wt+1
WS
Δ
at + wt
Langfristige Vermögensungleichheit
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• Ganz offensichtlich ist das anfängliche Vermögen at(i)+wt(i) dafür entscheidend,
ob ein Individuum reich oder arm ist. Der Schwellenwert ist gerade so groß, dass das
Gesamtvermögen vollständig für Humankapitalinvestitionen und für den Konsum
verwendet wird
∗
= WS
c∗t = (at + wt)∗ − x ⇒ a∗t+1 + wt+1
• Die Hinterlassenschaft besteht dann lediglich aus dem Humankapital, da nicht
am Kapitalmarkt investiert wird. Der Nutzen an diesem Schwellenwert lautet
£
¤
∗
ln (at + wt) − x + (1 + ρ)−1 ln[W S ] und ist gerade größer als der Nutzen
aus einer reinen Kapitalmarktanlage des Vermögens.
• Wenn das Humankapital W S ausreichend ist, damit der Nachkomme wiederum
in Humankapital investiert, wird die Dynastie dauerhaft reich sein. (Andernfalls,
werden die Nachkommen verarmen.) Dies ist in der Abbildung dargestellt, wobei
∆ = [W S − W N − (1 + R)x]/(2 + ρ) ist. Die Nachkommen eines armen
Individuums bleiben dauerhaft arm.
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281
• Die Kombination von fehlenden Kapitalmärkten (und somit von Eigenfinanzierungsrestriktionen) und steigenden Skalenerträgen individueller Investitionen kann
somit erklären, dass anfängliche Vermögensungleichheiten dauerhaft erhalten bleiben.
Zunehmende Skalenerträge in ärmeren Volkswirtschaften
• Die Existenz von zunehmenden Skalenerträgen individueller Investitionen kann
noch einen weiteren Effekt haben. Angenommen, eine Volkswirtschaft ist durch ein
niedriges Gesamtvermögen gekennzeichnet, das einem durchschnittlichen Individuum eine Humankapitalinvestition nicht ermöglicht, s (Kt + RKt + WtL) < x.
• Bei einer Gleichverteilung würde kein Individuum in Humankapital investieren. Bei
einer Ungleichverteilung könnte allerdings der reichere Teil der Bevölkerung in
Humankapital investieren und somit die gesamtwirtschaftliche Effizienz erhöhen.
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
282
• Folglich kann eine Ungleichverteilung in einer ärmeren Volkwirtschaft für die gesamtwirtschaftliche Produktion durchaus förderlich sein. Dessen ungeachtet, wird
bei der vorliegenden Struktur die Ungleichheit nicht reduziert.
• Dies könnte sich allerdings ändern, wenn man die Dynamik der Faktorpreise in
einer wachsenden Wirtschaft berücksichtigt (was in der vorangegangenen Analyse
nicht getan wurde). Wenn zum Beispiel Löhne im Wachstumsprozess steigen, wird
eine konstante Mindestinvestition für immer weniger Individuen relevant.
• Auf dieser Weise können Humankapitalinvestitionen eines (reichen) Teils der Bevölkerung Humankapitalinvestition von Dynastien ermöglichen, die vormals arm
waren und im Verlauf der Wachstumsprozesses einen im Vergleich zur Mindestinvestition gestiegenen Lohn erhalten.
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3.1.4
283
Mindestinvestitionen bei endogenen Faktorpreisen
• In der vorangegangenen Analyse wurde zur Vereinfachung angenommen, dass sich
Faktorpreise im Lauf des wirtschaftlichen Entwicklungsprozesses nicht ändern.
• Wie in den ersten Kapiteln gezeigt wurde, können sich Faktorpreise durch die
Kapitalakkumulation ändern. Als Folge können sich auch die Implikationen der
Ungleichheit bei fehlende Kapitalmärkten verändern.
• In der folgenden Analyse wird wiederum angenommen, dass individuelle Investitionen durch Eigenfinanzierungsrestriktionen eingeschränkt sind und durch Mindestinvestitionen charakterisiert sind.
• Im Vergleich zur vorangegangenen Analyse wird nun angenommen, dass die beiden
Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit (zuvor ausgebildete und nicht-ausgebildete
Arbeit) nicht vollständig substituierbar sind.
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284
• Die Produktionstechnologie zeichnet sich zudem dadurch aus, dass unterhalb einer
Mindestinvestitionssumme keine Erträge erwirtschaftet werden. Diese Annahme
lässt sich auch als Existenz von Fixkosten in der Produktion interpretieren.
• Für den Fall einer Investition, die die Mindestinvestitionssumme übersteigt, besitzt
die Produktionsfunktion konventionelle Eigenschaften. Insbesondere weist sie dann
konstante Skalenerträge auf.
• Somit besitzt die Produktion auf aggregierter Ebene konstante Skalenerträge, während die individuelle Produktion lokal zunehmende Skalenerträge besitzt. Wie in
der neoklassischen Wachstumstheorie werden Löhne folglich mit dem aggregierten
Kapitalstock steigen.
• Unter diesen Annahmen ist es möglich, dass es durch einen sogenannten “trickledown” Effekt bei einer anfänglichen Ungleichverteilung zu einer langfristigen Konvergenz der Einkommensverteilung kommt.
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
285
Mindestinvestitionen
• Um die Analyse zu vereinfachen, wird angenommen, dass Individuen eine Periode
lang leben und aufgrund von “warm-glow” Präferenzen Erbschaften hinterlassen.
• Zudem besitzen alle Individuen (bzw. Haushalte) eine Arbeitsausstattung in Höhe
von eins, lt(i) = 1, die sie in der eigenen oder einer fremden Produktion einsetzen
können.
• Es wird wiederum angenommen, dass Kapitalmärkte nicht vorhanden sind, so dass
Individuen bei ihren individuellen Investitionen auf ihr eigenes Vermögen angewiesen sind. Im Gegensatz dazu ist ein perfekter Arbeitsmarkt vorhanden.
• In der Periode t ist ein Individuum i ∈ I mit einer Hinterlassenschaft von kt(i)
ausgestattet. Zu Beginn einer Periode fällt es seine Investitionsentscheidung.
286
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
• Wenn es reich genug ist, d.h. die Hinterlassenschaft hinreichend groß ist, wird es
die Mindestinvestitionssumme Φ aufbringen und produzieren. Andernfalls, kann es
nicht produzieren. Zur Vereinfachung wird angenommen, dass es dann die Erbschaft unverzinst “lagert”.
• Am Ende der Periode entscheidet es sich, in welcher Weise es die Ressourcen
zwischen Konsum ct und Hinterlassenschaft kt+1 aufteilt. Hierbei orientiert es
sich an der folgenden logarithmischen Nutzenfunktion
u(ct(i), kt+1(i)) = ln ct(i) +
1
ln kt+1(i)
1+ρ
• Die individuelle Produktionstechnologie weist wie in der vorangegangenen Analyse
eine Unstetigkeit auf. Die Produktion z eines Individuums i lässt sich wie folgt
zusammenfassen
z(lt(i), kt(i)) =
(
0
kt(i) < Φ
f (lt(i), kt(i)) kt(i) ≥ Φ
wobei f (.) abnehmende Skalenerträge des Kapitals aufweist, fk > 0 und fkk < 0.
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
287
• Die Produktionstechnologie ist für alle Individuen identisch und besitzt für Φ = 0
konventionelle neoklassische Eigenschaften.
• Von Abschreibungen wird abgesehen, so dass die Budgetrestriktion eines Individuums i wie folgt lautet
kt+1(i) = yt(i) − ct(i)
wobei yt(i) das gesamte Einkommen eines Individuums bezeichnet.
• Falls das individuelle Vermögen Φ übersteigt, wird ein Individuum Unternehmer
und seine Gesamtinvestition ist mit dem Vermögen kt(i) identisch. Andernfalls
wird es ein Arbeitnehmer, der in der Produktion eines anderen Unternehmers
arbeitet und sein Vermögen nicht investiert.
• Da Arbeitsmärkte perfekt sind, d.h. wt(i) = Wt gilt, führt das Gewinnmaximierungsproblem eines Unternehmers i zu der folgenden bekannten Arbeitsnachfra-
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
288
gebedingung (lt(i) bezeichnet nun den Arbeitseinsatz in der Produktion)
max f (lt(i), kt(i)) − Wtlt(i)
lt(i)
⇒ Wt = f (kt(i)/lt(i)) − fk (kt(i)/lt(i)) · (kt(i)/lt(i))
wobei die Eigenschaft konstanter Skalenerträge verwendet wurde.
• Wie man unmittelbar erkennt, ist die linke Seite in der zweiten Zeile (Wt) für
alle Unternehmen identisch, und die rechte Seite ausschließlich eine Funktion des
Faktoreinsatzverhältnisses kt(i)/lt(i). Letzteres ist demnach für alle Unternehmer
identisch.
• Das Vermögen eines Unternehmers (kt(i) > Φ) am Ende einer Periode lautet
Wt + (1 + Rt)kt(i), wobei Rt die Kapitalertragsrate ist. Da diese auch eine
Funktion des Faktoreinsatzverhältnisses kt(i)/lt(i) ist, ist auch sie für alle Unternehmen identisch.
289
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
• Im Gegensatz dazu beträgt das Vermögen eines Arbeitnehmers (kt(i) < Φ) am
Ende einer Periode: Wt + kt(i).
• Wie im vorherigen Kapitel gezeigt, führt die simple “warm-glow” Nutzenspezifikation zu einer einfachen Konsum- und Sparentscheidung, die durch eine konstante
Sparquote s = 1/ (2 + ρ) gekennzeichnet ist
ct (i) = (1 − s)yt (i)
und kt+1 (i) = syt (i)
• Berücksichtigt man, dass bei kt(i) > Φ das Einkommen yt gleich Wt+(1 + Rt) kt(i)
und bei kt(i) < Φ gleich Wt + kt(i) ist, lässt sich die individuelle Vermögensdynamik wie folgt zusammenfassen
kt+1(i) =
(
s [Wt + kt(i)]
kt(i) < Φ
s [Wt + (1 + Rt) kt(i)] kt(i) ≥ Φ
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
290
• Zeichnet man diese Akkumulationsgleichung in ein kt/kt+1-Diagramm, weist sie
für kt(i) < Φ und für kt(i) < Φ unterschiedliche Steigungen (s bzw. s(1 + Rt))
und einen Ordinatenabschnitt sWt auf (siehe Abbildung).
• Im Unterschied zur vorherigen Analyse von Verteilungseffekten bei zunehmenden
Skalenerträgen der individuellen Produktion, ist die Entlohnungsrate des nichtakkumulierbaren Faktors Wt zustandsabhängig und steigt mit einem wachsenden
aggregierten Kapitalstock.
• Dies hat zur Folge, dass eine anfängliche Ungleichverteilung nicht zwangsläufig
mit einer langfristigen Ungleichverteilung des Vermögens (und des Einkommens)
verbunden sein muss.
• Inbesondere lassen sich zwei Szenarien für ein langfristiges Gleichgewicht unterscheiden, nämlich ein egalitärer Steady State und eine Zwei-Klassengesellschaft.
291
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kt+1
sWt
Φ
Individuelle Vermögensdynamik
kt
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
292
Ein egalitärer Steady State
• Im Laufe des Wachstumsprozesses ist es möglich, dass der aggregierte Kapitalstock, d.h. die Investitionen der Unternehmer, und damit die Lohnrate hinreichend
groß ist, so dass auch Arbeitnehmer die Mindestinvestitionssumme aufbringen können (“trickle-down”).
• In diesem Fall steigt der Ordinatenabschnitt in der Abbildung, so dass es keinen
Schnittpunkt mehr mit der 45◦-Linie links von Φ gibt. Der aggregierte Steady
State Kapitalstock ist an dieser Stelle durch die folgende (implizite) Bedingung
determiniert: K eg = s [W eg (K eg ) + K eg ] = Φ ⇒
h
i
eg
eg
eg
eg
0
eg
W (K ) = F (K ) − K F (K ) = Φ (1 − s) /s.
• Im allgemeinen ist der aggregierte Kapitalstock durch die Gesamtinvestition der
Unternehmer gegeben. Angenommen, die Verteilung des Vermögens ist durch die
293
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
Verteilungsfunktion P (kt(i)) charakterisiert. Dann lässt sich der Anteil der Unternehmer β t in jedem Zeitpunkt wie folgt definieren
β t = 1 − Pt(Φ)
• Definiert man zudem den durchschnittlichen Kapitalstock der Individuen mit einem
individuellen Vermögen, der Φ übersteigt kt(i) ≥ Φ, mit K t, dann lässt sich der
aggregierte (produktive) Kapitalstock folgendermaßen zusammenfassen
Kt = β tK t
• In jeder Periode erfüllen folglich der Reallohn und die Kapitalertragsrate die folgenden beiden Bedingungen
³
´
³
´
0
Wt(β tK t) = F β tK t − F β tK t · β tK t
³
´
³
´
0
Rt β tK t = F β tK t
294
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
• In einem egalitären Steady State werden alle Individuen langfristig dasselbe Vermögen aufweisen, d.h. es würde dann nur noch ein Schnittpunkt in der Abbildung
existieren. Alle Individuen sind dann reich genug, um die Mindestinvestition aufzubringen
und
kss = Kss > Φ
β eg
ss = 1
• Da alle Individuen Unternehmer sind, lässt sich die Dynamik des aggregierten
Kapitalstocks leicht aus der Akkumulationsgleichung eines Unternehmers ableiten
kt+1(i) = s h[Wt + (1 + Rt) kt(i)] i
⇒ β tK t+1 = s Wtβ t + (1 + Rt)β tK t
eg
• Da in einem egalitären Steady State β ss = 1 gilt, erhält man die folgende Bedingung für den aggregierten Steady State Kapitalstock:
eg
eg
eg
sWss
eg
Kss =
eg
1 − s(1 + Rss )
eg
eg
wobei Wss und Rss Funktionen von Kss sind und Kss > K eg gilt.
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
295
Eine Zwei-Klassengesellschaft
• Allerdings ist es nicht selbstverständlich, dass der aggregierte Kapitalstock im
Verlauf des Wachstumsprozesses einen Wert K eg überschreitet, der es auch den
Arbeitnehmern ermöglicht, effizient zu investieren.
• In einem solchen Fall würde das Vermögen der reichen Haushalte (Unternehmer) zu
einem niedrigeren langfristigen Wert konvergieren, der es nach wie vor ermöglicht,
effizient zu investieren.
• Arbeitnehmer werden allerdings langfristig einen Lohn erhalten, der zu niedrig ist,
um die Mindestinvestitionssumme aufzubringen.
• Im Steady State wäre dann der Anteil der Unternehmer kleiner als eins β css < 1 und
der Wert des aggregierten Kapitalstocks, d.h. des aggregierten ermögens reicher
296
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
Haushalte K R, durch die Kapitalakkumulationsbedingung charakterisiert
h
i
R
= s Wtβ t + (1 + Rt)Kt
c
sWss
R
c
⇒ Kss = β ss
c )
1 − s(1 + Rss
c und Rc Funktionen von K R und vom Unternehmeranteil β c sind.
wobei Wss
ss
ss
ss
R
Kt+1
• Alle Individuen, deren Vermögen zu gering ist, werden denselben Steady State
Vermögenswert aufweisen. Analog ergibt sich für das aggregierte Vermögen der
Arbeitnehmer K P , das nicht in die Produktion investiert wird, die folgende Steady
State Bedingung
P
Kt+1
=
h
s Wt (1 − β t) + KtP
i
c
sWss
P
c
⇒ Kss = (1 − β ss)
1−s
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297
P /(1−
• Das langfristige Vermögen eines repräsentativen armen Individuums lautet Kss
P < (1 − β c )Φ ⇒
β css) und ist geringer als die Mindestinvestitionssumme: Kss
ss
c
sWss
<Φ
1−s
• Offensichtlich ist die Wahrscheinlichkeit für die Existenz einer Zwei-Klassengesellschaft
umso größer, je höher die Mindestinvestitionssumme Φ und je geringer die Sparquote ist.
• Im Steady State der Zwei-Klassengesellschaft weisen die reichen Individuen ein
hohes Vermögen auf, das durch die Unfähigkeit der armen Haushalte zu investieren
mit einem hohen Grenzertrag R verbunden ist.
• Gleichsam ist der aggregierte Kapitalstock geringer als in einer egalitären Gesellschaft, da arme Haushalte ihr Vermögen nicht in die Produktion investieren.
TU Dortmund, SS 10, Wachstums- und Verteilungstheorie
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• Es lässt sich somit zusammenfassen, dass es bei zunehmenden Skalenerträgen
der individuellen Produktion und fehlenden Kapitalmärkten sowohl zu einer Vermögenskonvergenz durch einen “trickle-down” Effekt kommen kann, als auch zu
einer langfristigen Ungleichverteilung, wenn der “trickle-down” Effekt nicht stark
genug ausgeprägt ist.
— Es konnte somit auch bei endogenen Faktorpreisen die Möglichkeit einer dauerhaften Einkommensungleichheit nachgewiesen werden. Diese ist allerdings
degeneriert, da sie nur zwei Gruppen (Klassen) von Individuen unterscheidet.
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