Vergiftungen mit Psilocybinhaltigen Pilzen
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Dr. K.W. Rumpf, Göttingen Vergiftungen mit Psilocybinhaltigen Pilzen Vortrag auf dem 3. Pilzsachverständigentreffen des GIZNord am 13.6.2009 Hof Sudermühle, Egestorf Die 10 Pilzgift-Syndrome Amatoxin-Syndrom Orellanus-Syndrom Gyromitrin-Syndrom Coprin-Syndrom Pantherina-Syndrom Psilocybin-Syndrom Muscarin-Syndrom Paxillus-Syndrom Gastrointestinales Syndrom Die 10 Pilzgift-Syndrome Amatoxin-Syndrom Orellanus-Syndrom Gyromitrin-Syndrom Coprin-Syndrom Pantherina-Syndrom Psilocybin-Syndrom Muscarin-Syndrom Paxillus-Syndrom Gastrointestinales Syndrom Rhabdomyolyse-Syndrom Zur Geschichte von Psilocybin/Psilocin • Zeremonieller Gebrauch von halluzinogenen Pilzen in alten Kulturen (z.B. Mexiko, Indonesien) • 1955: Wiederentdeckung der „Magic mushrooms“ durch Valentina Pavlovna und Robert Gordon Wasson in Mexiko • In den 60-iger Jahren Propagierung der „magic mushrooms“ durch Timothy Leary • Seither zunehmende Verbreitung in westlichen Ländern vor allem bei Jugendlichen „Magic Mushrooms“ aus: Kaufmann, P. (2007) Wien. Med. Wschr. 157: 493-502 Schema: Psilocybe cyanescens Toxine: Psilocybin Psilocin Schema: Amanita pantherina Toxine: Ibotensäure Muscimol Bezeichnungen für „Magic Mushrooms“ • Zauberpilze • Philosopher‘s stones • Philosophen-Trüffel • Lachpilze • „Shrooms“ • „Psilos“ • funny mushrooms • Narrische Schwammerl • „Fleisch der Götter“ • Wunderpilze Die rechtliche Situation bei Psilocybinhaltigen Pilzen Erwerb, Besitz, Benutzung,Handel • Sie ist verwirrend für Nichtjuristen • Sie ändert sich ständig • Sie ist sehr unterschiedlich in verschiedenen Ländern – in den EU Staaten – in den Staaten der USA Die rechtliche Situation in Deutschland • • • • • Besitz von frischen Pilzen verboten * / ** Besitz von getrockneten Pilzen verboten Besitz von Sporen legal*** Kulturen auf Mycelstufe legal*** Kulturen auf Pilzstufe verboten *Das deutsche Recht unterscheidet bei der Beurteilung nach dem vorgesehenen Verwendungsgrund. Frischpilze sind nur dann illegal, wenn sie für den Gebrauch als Rauschmittel vorgesehen sind. ** Seit dem 1. Juli gelten Psilocybinhaltige Pilze unabhängig vom vorgesehenen Verwendungszweck als illegal.Siehe dazu Entwurf der 15. BtMG-Änderungsverordnung. *** Sporen und Kulturen auf Mycelstufe sind dann illegal, wenn sie für den Gebrauch als Rauschmittel vorgesehen sind. Die rechtliche Situation in den Niederlanden • • • • • • Besitz von frischen Pilzen legal Besitz von getrockneten Pilzen verboten Besitz von Sporen legal Kulturen auf Mycelstufe legal Kulturen auf Pilzstufe legal Handel mit frischen Pilzen legal Schwierigkeiten und Handicaps bei der Diagnose der Psilocybin-Intoxikation Schwierigkeiten und Handicaps bei der Diagnose der Psilocybin-Intoxikation • Es gibt keinen spezifischen chemischen Routinetest wie bei anderen Giften Schwierigkeiten und Handicaps bei der Diagnose der Psilocybin-Intoxikation • Es gibt keinen spezifischen chemischen Routinetest wie bei anderen Giften • Die mykologische Diagnose von Psilocybinhaltigen Pilzen ist oft nicht einfach Schwierigkeiten und Handicaps bei der Diagnose der Psilocybin-Intoxikation • Es gibt keinen spezifischen chemischen Routinetest wie bei anderen Giften • Die mykologische Diagnose von Psilocybinhaltigen Pilzen ist oft nicht einfach • Die Patienten mit Psilocybin-Intoxikation sind häufig polytoxikoman und der Anteil der Psilocybin-Komponente am Krankheitsbild ist schwer zu beurteilen Schwierigkeiten und Handicaps bei der Diagnose der Psilocybin-Intoxikation • Es gibt keinen spezifischen chemischen Routinetest wie bei anderen Giften • Die mykologische Diagnose von Psilocybinhaltigen Pilzen ist oft nicht einfach • Die Patienten mit Psilocybin-Intoxikation sind häufig polytoxicoman und der Anteil der Psilocybin-Komponente am Krankheitsbild ist schwer zu beurteilen • Die Angaben der Patienten sind oft unsicher und relevante Fakten werden verschwiegen Werbung aus dem Internet Es ist an Alles gedacht…. Werbung aus dem Internet Es ist an Alles gedacht…. Anreisebeschreibungen Werbung aus dem Internet Es ist an Alles gedacht…. Anreisebeschreibungen Materialien zur Kultur Werbung aus dem Internet Es ist an Alles gedacht…. Anreisebeschreibungen Materialien zur Kultur Literatur Werbung aus dem Internet Es ist an Alles gedacht…. „Starter-Kit“ “Mycelium-Box“ Anreisebeschreibungen Materialien zur Kultur Literatur Die klinische Symptomatik der Psilocybin-Intoxikation • Beginn § 20 Minuten nach Ingestion • Anhalten der Wirkungen für 4-6 Stunden • Physische Symptome – Tachykardie, Blutdrucksteigerung, Pupillenerweiterung („Mydriasis“), Myokardinfarkte • Psychische Symptome – – – – – – Rauschartige Zustände optische Halluzinationen, Farbwahrnehmungen Veränderung des „Körpergefühls“ Veränderung der Raum/Zeitwahrnehmung akute Psychosen, Angst- und Panikzustände „Flashback“ nach Monaten (?), späte Depressionen (?) Besonderheiten der PsilocybinIntoxikation • Meist wird die Intoxikation als „bewußtseinserweiternd“ und beglückend wahrgenommen • Sogenannte „Horrortrips“ führen zu fremd- und selbstgefährdendem Verhalten und akuten deliranten Psychosen • Die Umgebungssituation scheint bei der Ausbildung der Symptomatik von Bedeutung zu sein: unruhige/problematische Umgebung führt eher zu „Horrortrips“ Welche Pilze enthalten Psilocybin/Psilocin? • • • • • • • • Psilocybe ssp = Kahlköpfe Stropharia cubensis = Kubanischer Träuschling Panaeolus (Copelandia) = Düngerlinge Conocybe ssp = Glockenschüpplinge Gymnophilus ssp = Flämmlinge Pluteus ssp = Dachpilze Inocybe ssp = Risspilze Lycoperdon ssp = Stäublinge Psylocybin/Psilocin-haltige Pilze Panaeolus cyanescens Psilocybe semilanceata Psilocybe cyanescens Panaeolus foenisecii Stropharia cubensis Panaeolus cyanescens Psilocybe semilanceata Die chemische Struktur von Psilocybin/Psilocin Die chemische Struktur von Psilocybin/Psilocin = für die Wirkung wichtige strukturelle Ähnlichkeiten Die chemische Struktur von Psilocybin/Psilocin und verwandter Substanzen physiol. ZNS Überträgerstoff Pilzgift Pilzgift synthet. Halluzinogen = für die Wirkung wichtige strukturelle Ähnlichkeiten Herkunft Zum Mechanismus der Wirkungen von Psilocybin/Psilocin • Interferenz mit dem Metabolismus des Neurotransmitters Serotonin • Einfluß auf cerebrale Serotoninrezeptoren (5-HT1-7 Rezeptoren) – Interaktion mit 5-HT2A-Rezeptor – Ev. auch mit anderen 5-HAT-Rezeptoren – Aufhebung halluzinogener Wirkungen durch 5-HT2A-Antagonisten Looking on the bright side: Biased attention and the human serotonin transporter gene Fox E. et al (25. Feb. 2009) Proc.Royal Soc B online Der Genotyp des Serotonin Transporter Gens (SS/SL/LL) beeinflußt unsere Sicht der Dinge: ob wir Alles eher locker sehen oder ängstlich und pessimistisch Wie gefährlich ist eine Vergiftung mit Psilocybin/Psilocin haltigen „Magic Mushrooms“? • In aller Regel keine Lebensgefährdung (natürlich besteht eine Dosisabhängigkeit) • Beim Erwachsenen müssen große Mengen eingenommen werden, bis bedrohliche Symptome (Kreislaufkollaps, Krampfanfälle) auftreten ( > 20 Pilze) • Kleinkinder, die akzidentelle Vergiftungen erleiden, sind am ehesten gefährdet „Magic Mushrooms“ in Göttingen? • Nach Auskunft der Göttinger Polizei – kein bekannter Handel mit „magic mushrooms“ • Nach Auskunft der GIZ Nord – mehrere Fälle von Intoxikationen Verwechslung von „Magic mushrooms“ mit Cortinarius orellanus/orellanoides (Raff et al. 1992; Franz et al. 1996) aus: Franz, M. et al (1996): Nephrol. Dial. Transplant 11: 2324-2327 Therapie der Psilocybin/PsilocinIntoxikation • keine kausale Therapie möglich • Symptomatische Therapie – Sedation mit Benzodiazepinen – Abdunkelung der Räumlichkeit – Ausschaltung akustischer Reize – Neuroleptika bei psychotischen Zuständen Zwei Pilze, die Rhabdomyolysen verursachen (??) Russula subnigricans Tricholoma equestre Identifizierung eines neuen Pilzgiftes Identification of the toxic trigger in mushroom poisoning Masanori Matsuura1, Yoko Saikawa1, Kosei Inui2, Koichi Nakae3, Masayuki Igarashi3, Kimiko Hashimoto4 & Masaya Nakata1 Nature Chem Biol online 24.5.2009 Strukturformel des Giftes von Russula subnigricans: Cycloprop-2-ene Karboxylsäure („Russulin“) CO2H HC CH Strukturformel von Coprin HO H 2C H2 C H N O2 NH2 C H2 OH O Coprin und Cycloprop-2-ene Karboxylsäure CO2H HC CH HO H2C H2 C H N O2 „Russulin“ (Cycloprop-2-ene Karboxylsäure) NH2 C H2 OH O Coprin Eigenschaften von Cycloprop-2-ene carboxylic acid • Vorkommen in Russula subnigricans (Japan) • Hochtoxisch in Mäusen, wo es oral appliziert massive Rhabdomyolysen auslöst (Letaldosis bei der Maus: 2.5 mg/kg, entsprechend dem Verzehr von 2-3 Pilzen beim Menschen) • Der Ausstrom der CK aus den lädierten Muskelzellen ist hoch (etwa das 20-fache der oberen Normgrenze) • Bei Raumtemperatur haltbar über 1 Tag (50%) CPK-Werte bei Mäusen nach 5 mg/kg Cycloprop-2-ene carboxylic acid (oral) Kontrolle CPK (U/L) MeOH Extrakt 1gm/kg PD 70 mg/kg 240 ± 34 171 ± 15 397 ± 21 Pilztoxin 5 mg/kg 3441 ! 1012 Welche Fragen ergeben sich aus den Befunden von Matsuura? • Gibt es in Europa ebenfalls Pilze mit diesem Gift? • Gibt es in Europa ebenfalls myotoxische Russula-Arten? • Sind die (nicht unbestritten gebliebenen) Fälle von Rhabdomyolysen nach Tricholoma equestre in Wirklichkeit durch andere Spezies ausgelöst worden? Fazit: Pilzvergiftungen bleiben ein spannendes toxikologisches Thema…. Und: lassen wir uns trotzdem nicht abschrecken So schön kann Pilzsuchen sein (Die Ausbeute von 10 Minuten Suchen in einem Wald in Südnorwegen)
