5. Jahrgang, 1. Ausgabe, 22-38 - - - Rubrik Neue Arzneimittel - - - Was gab es Neues auf dem Arzneimittelmarkt 2010 Teil 2: Osteoporose- und Gichttherapeutika Denosumab (Prolia®) Bazedoxifen (Conbriza®) Febuxostat (Adenuric®) Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 23 - Was gab es Neues auf dem Arzneimittelmarkt 2010 Teil 2: Osteoporose- und Gichttherapeutika * Prof. Dr. Georg Kojda Fachpharmakologe DGPT, Fachapotheker für Arzneimittelinformation Institut für Pharmakologie und klinische Pharmakologie Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf [email protected] *Aus einem Vortrag des Autors vom 24.01.2011 im großen Hörsaal des LFI der Universitätsklinik Köln (organisiert durch Apothekerkammer Nordrhein/Apothekerverband Köln e.V./Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Bezirksstelle Köln) Den Fortbildungsfragebogen zur Erlangung eines Fortbildungspunktes zum Fortbildungstelegramm Pharmazie finden Sie hier: http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Kurzportraet.html Titelbild : Universitätsbibliothek New York , Urheber: Photoprof, Lizenz: Fotolia Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 24 - Denosumab (Prolia®) Arzneistoff Denosumab (Prolia®) Indikationen 1. Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen mit erhöhtem Frakturrisiko. 2. Behandlung von Knochenschwund im Zusammenhang mit Hormonablation bei Männern mit Prostatakarzinom mit erhöhtem Frakturrisiko. Denosumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper (IgG2), der mit hoher Affinität und Spezifität an den RANKL bindet. Zusatznutzen Verbesserung therapeutischer Alternativen bei AlendronatUnverträglichkeit Denosumab (Prolia®) Osteoporose Häufigste Erkrankung der Knochen beim Menschen, Prävalenz 4-8 %, w/m 2:1 Primäre Formen (95%): hauptsächlich postmenopausal (Typ 1) und Altersosteoporose (Typ 2) Postmenopausal zunächst Verlust an spongiöser Knochenmasse (Wirbelbrüche), mit zunehmendem Alter auch Verlust kompakter Knochenmasse (Oberschenkelhalsbrüche) Hauptursachen sind: Sexualhormonmangel, Somatopause, Vitamin DMangel, reduzierte Vitamin D-Hormon(Calcitriol)Synthese in Niere und Knochen, CalcitriolrezeptorMangel, Hyperparathyreodismus Hauptfolgen sind: Knochenbrüche (Wirbel > Schenkelhalsfraktur > Handgelenk > Oberarmkopfbruch) mit konsekutiver muskuloskeletaler Symptomatik einschließlich Immobilität, starken Schmerzen (Kompressionsfrakturen der Wirbelkörper), tiefe Beinvenenthrombose, Lungenembolie und erhöhter Mortalität Bild: Wikipedia (englisch) Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 25 - Denosumab (Prolia®) Menopause (Abfall von Estradiol und Estriol) reduzierte Ca2+-Adsorption (Mangel an Vitamin D und Vitamin D Hormon-Rezeptoren) renaler Ca2+-Verlust vermehrt Zytokine (IL-1, IL-6 und TNFα1) aktivieren Osteoklasten TNFα1 reduziert Synthese von Vitamin D Hormon und bewirkt Osteoblastenapoptose TGF-ß2-Abfall reduziert Osteoklastenapoptose TGF-ß2 -Abfall reduziert Osteoblastenaktivität erhöhte Knochenresorption verminderte Knochenbildung Bild: www.edoctorbd.com erhöhtes Frakturrisiko (insbesondere Wirbelbrüche) 1TNF=Tumor 2TGF= Nekrose Faktor Transforming Growth Factor Denosumab (Prolia®) Altersosteoporose Die Gefahr von Frakturen im Alter wird durch hormonabhängige Veränderungen verstärkt, die die Gefahr von Stürzen erhöhen. Verminderung von Muskelkraft Verminderung des Gleichgewichtsgefühls Verminderung von Reflexen Verminderung der Beweglichkeit Verschlechterung des mentalen Status Merke: Viele Arzneimittel mit sedierenden Eigenschaften (z.B. Schlaf- und Schmerzmittel) erhöhen besonders im Alter die Sturzgefahr. Gleiches gilt auch für viele versteckte Unfallgefahren im Haushalt (z.B. nachts). Bild: www.osteoporosis-bone-loss-information.com Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 26 - Denosumab (Prolia®) Pharmakotherapeutika bei Osteoporose Die Pharmakotherapie der Osteoporose dient in erster Linie dazu Wirbel-, Oberschenkelhals- oder Radiusfrakturen vorzubeugen. Zusätzlich zur ausreichenden Versorgung mit Vitamin D/Kalzium und regelmäßiger körperlicher Bewegung werden fast ausschließlich antiresorptive Arzneistoffe eingesetzt. Die meisten Erfahrungen liegen für die postmenopausale Alendronsäuretherapie vor. Bei Männern ist die Evidenzlage dürftig. Substitutionstherapie 800 IU Vitamin D/1.2g Kalzium/Tag* Pyrophosphatanaloga Bisphosphonate (Alendronsäure) Andere Strontiumranelat (anabol/antiresorptiv) Hormone Estradiol (Estradiol/Gestagen) SERMs (Raloxifen, Bazedoxifen) Calcitonin Teriparatid (anaboler Effekt) Antikörper Denosumab *vor allem für Männer und Frauen mit Risiken wie >60 Jahre, BMI<25 und niedrige Knochendichte Denosumab (Prolia®) Wirkungsmechanismus Knochen passt sich durch permanenten Auf- und Abbau der Knochensubstanz dynamisch den wechselnden Belastungen an. Dies dient der Etablierung der Knochenstabilität bei Wachstum und deren Erhaltung bei Erwachsenen. Fehlende Belastung beispielsweise durch Bewegungsarmut fördert die Osteoporose! sezerniert u.a. Osteoid und Tropokollagen, Einschluss während Kalzifizierung, Differenzierung zum Osteozyt Riesenzellen resorbieren Knochengewebe Osteozyt (Bild: www.abdn.ac.uk) Sensor für Belastungen (Spinnennetz) sezerniert u.a. Wachstumsfaktoren und Prostaglandine aktiviert Osteoblast Knochenstoffwechsel (Bild: www.abdn.ac.uk) Osteoklast (Bild: www.batsoc.org.uk) Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 27 - Denosumab (Prolia®) Wirkungsmechanismus RANK (Receptor Activator of Nuclear Factor Kappa B) RANK Ligand (RANKL) Osteoprotegerin (löslicher RANKL-Rezeptor) Differenzierung zu Osteoklasten und Aktivierung Denosumab modifiziert nach N Engl J Med 2006;354:2250-61 Resorption durch Osteoklasten geht Neubau durch Osteoblasten voraus lokale Faktoren rekrutieren Präosteoklasten (aus hämatopoietischen Stammzellen) Osteoblasten entstehen aus mesenchymalen Progenitorzellen Denosumab fungiert wie Osteoprotegerin als löslicher RANKL-Rezeptor vermindert Osteoklastenbildung und Knochenresorption RANKL ist auch wichtig für B- und T-Zell-Differenzierung (Immunsystem!) Denosumab (Prolia®) Wirbelfrakturen nicht vertebrale Frakturen Klinische Effektivität bei Frauen FREEDOM-Studie 1 (RTC) 7868 Frauen, 60-90 Jahre mit Osteoporose (T score −2.5 bis −4.0) erhielten Placebo oder 60 mg Denosumab s.c. alle 6 Monate über 3 Jahre, Denosumab reduziert das Risiko neuer Wirbelfrakturen um 68 % (primärer Endpunkt, RR=0,32, P<0,001) reduziert der Risiko von Oberschenkelhalsfrakturen um 40 % (sekundärer Endpunkt, HR=0,60, P<0,04) Oberschenkelhals Frakturen reduziert der Risiko von nicht-vertebralen Frakturen um 20 % (sekundärer Endpunkt, HR=0,80, P<0,01) Erhöht Knochendichte an der Wirbelsäule (L1-L4) um 9,2 % sowie am Oberschenkelhals um 6,0 % Cummings et al., N Engl J Med 2009 Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 28 - Denosumab (Prolia®) Klinische Effektivität bei Männern Knochendichte Lendenwirbel HALT (RTC) 1468 Männer, >70 Jahre (oder jünger mit T score >−1.0), mit Prostatakarzinom und Adrogenentzugstherapie erhielten Placebo oder 60 mg Denosumab s.c. alle 6 Monate über 3 Jahre, Denosumab erhöht nach 24 Monaten Knochendichte an der Wirbelsäule um 6,7 %, (primärer Endpunkt, P<0.001) erhöht nach 24 Monaten die Knochendichte an der Hüfte um 4,8 %, am Oberschenkelhals um 3,9 % und am unteren Drittel der Speiche um 5,5 % (sekundäre Endpunkte, P<0.001) Wirbelfrakturen reduziert das Risiko neuer Wirbelfrakturen um 62 % (sekundärer Endpunkt, RR=0,38, P<0,006) reduziert nur numerisch das Risiko aller Frakturen (RR=0,72, CI0,48-1,07, P=0,10) Smith et al., N Engl J Med 2009 Denosumab (Prolia®) Indirekter Vergleich mit Alendronsäure Frauen (postmenopausale Osteoporose) Alendronsäure Denosumab vertebrale Frakturen nicht-vertebrale Frakturen vertebrale Knochendichte Langzeiterfahrungen Männer + 9-13 % 10 Jahre1 +9% 5 Jahre (EPAR) Alendronsäure Denosumab vertebrale Knochendichte + 7,1 % +6,7 % Langzeiterfahrungen 2 Jahre2 3 Jahre (Osteoporose / Androgenentzug) vertebrale Frakturen nicht-vertebrale Frakturen 1Bone et al. N Engl J Med. 2004 et al. N Engl J Med. 2004 2Orwoll Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 29 - Denosumab (Prolia®) Direkt-Vergleich mit Alendronsäure Frauen, postmenopausal, niedrige Knochendichte Vorher teils Alendronsäure1 Alendronsäure Denosumab Osteoporotische Frakturen 13/586 (2,2 %) 18/593 (3,0 %) vertebrale Knochendichte + 4,2 % Dauer + 5,3 % 1 Jahr Alendronsäure Denosumab Klinische Frakturen 4/249 (1,6 %) 8/253 (3,2 %) + 1,85 % Dauer 0,37 0,001 1 Jahr Alendronsäure-Switch2 vertebrale Knochendichte P-Wert + 3,03 % 1 Jahr P-Wert 0,382 0,01 1 Jahr Signifikant stärkere Steigerung der Knochendichte durch Denosumab, numerisch mehr Frakturen 1Brown et al. J Bone Miner Res. 2009 et al. J Bone Miner Res. 2010 2Kendler Denosumab (Prolia®) Nebenwirkungen Häufig: schwerwiegend: Harnwegsinfektion; Infektion der oberen Atemwege Einzelne Fälle von Osteonekrose Ischiassyndrom Die meisten Fälle traten bei Krebspatienten auf, jedoch traten einige Fälle bei Patienten mit Osteoporose auf (Fachinfo Prolia®). Katarakte Obstipation Hautausschlag Gliederschmerzen gelegentlich: Divertikulitis bakterielle Entzündung des Unterhautgewebes Infektion der Ohren Ekzeme Osteonekrose durch Bisphophonat bei gleichzeitiger i.v. Zytostatikatherapie (aus JAMA 2006). Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 30 - Denosumab (Prolia®) Kontraindikationen Das Arzneimittel darf nicht angewendet werden Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, Hypokalzämie Schwangerschaft Stillzeit Denosumab (Prolia®) Fazit Denosumab ist ein weiteres antiresorptiv wirksames Prinzip, das über einen neuen Mechanismus die Osteoklastentätigkeit hemmt. Bei Frauen mit postmenopausaler Osteoporose erhöht der Antikörper die Knochendichte und reduziert das Risiko für Wirbelfrakturen, Oberschenkelhalsfrakturen, und nicht-vertebrale Frakturen. Bei Männern mit Prostatakarzinom und Androgenentzug wird die Knochendichte erhöht und das Risiko für vertebrale Frakturen vermindert. Allerdings ist Denosumab nicht besser wirksam als Alendronsäure. Einzige Ausnahme im direkten Vergleich ist die geringfügig bessere Erhöhung der Knochendichte (Surrogatparameter) bei postmenopausaler Osteoporose nach einem Jahr Behandlung. Denosumab könnte wegen seines Wirkungsmechanismus Infektionen oder Tumorprogression begünstigen, weshalb der Langzeitsicherheit große Bedeutung zukommt. Diese läßt sich bislang nur schlecht abschätzen, da erst etwa 200 Patienten länger als 4 Jahre behandelt worden sind (Stand März 2010). Für Patienten, die Alendronsäure nicht einnehmen können (z.B. Reflux, Achalasie, Bettlägerigkeit), erscheint Denosumab als die am besten wirksame Alternative (cave: Hypokalzämie bei Niereninsuffizienz). Im Gegensatz dazu ist die Indikation bei Tumorpatienten kritisch zu sehen. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 31 - Bazedoxifen (Conbriza®) Arzneistoff Bazedoxifen (Conbriza®) Indikation Behandlung der postmenopausalen Osteoporose bei Frauen mit einem erhöhten Frakturrisiko Zusatznutzen bislang nicht nachgewiesen Bazedoxifen (Conbriza®) Tamoxifen – Raloxifen (Rezeptorspezifität von selektiven EstrogenrezeptorModulatoren, SERMs) EstrogenRezeptorKomplex Estrogenrezeptor α partialagonistische Wirkung EstrogenRezeptorKomplex Estrogenrezeptor ß antagonistische Wirkung Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 32 - Bazedoxifen (Conbriza®) Mechanismen der differenten Wirkung der SERMs: Abhängigkeit der Wirkung von Koregulatoren Dimerisierter Estrogen-Rezeptor Antagonist Korepressor Protein ERE Unbekannter Koaktivator SERMs ERE Koaktivator Agonist EstrogenRezeptor Dimerisierter Erstrogen-Rezeptor Die Aktivität der SERMs wird von der relativen Expression koregulatorischer Proteine (Korepressoren und Koaktivatoren) in den verschiedenen Zielzellen bestimmt. Daher können SERMs sowohl Estrogenagonistische als auch Estrogenantagonistische Wirkungen auslösen ERE N Engl J Med 2003;348:1192-a Bazedoxifen (Conbriza®) Ausgewählte Wirkungen und Nebenwirkungen von Estradiol und SERMs Effekt Estrogen Tamoxifen Raloxifen Hitzewallungen Uterusblutungen Endometriumkarzinomrisiko Prävention postmenopausalen Knochenverlustes Brustkrebsrisiko positive Lipoproteinveränderung venöse Thrombosen N Engl J Med 2003;348:1192-a Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 33 - Bazedoxifen (Conbriza®) Klinische Effektivität bei Frauen vertebrale Frakturen Knochendichte lumbal nicht vertebrale Frakturen Knochendichte Hüfte J Bone Miner Res 2008;23:1923–1934. Bazedoxifen (Conbriza®) Nebenwirkungen Die häufigstenarzneimittelbedingten Nebenwirkungen in doppelblinden, randomisierten Studien waren Hitzewallungen und Muskelkrämpfe (einschliesslich Krämpfe in den Beinen). Sehr häufig: Selten (schwerwiegend): Hitzewallungen Retina-Venenthrombose Muskelkrämpfe (einschl. Krämpfe in den Beinen) Lungenembolie tiefe Venenthrombose Häufig: Überempfindlichkeit Schläfrigkeit Mundtrockenheit Urtikaria Peripheres Ödem Triglycerid-Blutwerte erhöht, Alaninaminotransferase erhöht; Aspartataminotransferase erhöht Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 34 - Bazedoxifen (Conbriza®) Kontraindikationen Das Arzneimittel darf nicht angewendet werden Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, bestehenden oder früheren venösen thromboembolischen Erkrankungen, einschliesslich tiefer Venenthrombose, Lungenembolie und Retina-Venenthrombose nicht abgeklärter Uterusblutung Anzeichen oder Symptome eines Endometriumkarzinoms Frauen im gebährfähigen Alter erhöhtes Risiko für venöse thromboembolische Ereignisse stark eingeschränkte Leber- und/oder Nierenfunktion Schwangerschaft Stillzeit Bazedoxifen (Conbriza®) Fazit Bazedoxifen ist der zweite Vertreter der selektiven Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERMs), einer Arzneimittelgruppe, deren antiosteoporotische Eigenschaften denen von Alendronsäure im Hinblick auf Knochendichte und vertebrale Frakturen unterlegen sind. Ein Effekt auf nicht-vertebrale Frakturen wurde bislang nicht gezeigt. Die Erhöhung der Knochendichte sowie die Reduktion vertebraler Frakturen durch Bazedoxifen unterscheidet sich nicht von den Effekten durch Raloxifen. Ähnliches gilt auch für die Art und Rate von Nebenwirkungen. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 35 - Febuxostat (Adenuric®) Arzneistoff Febuxostat (Adenuric®) Indikation Behandlung der chronischen Hyperurikämie bei Erkrankungen, die bereits zu Uratablagerungen geführt haben (einschliesslich eines aus der Krankengeschichte bekannten oder aktuell vorliegenden Gichtknotens und/oder einer Gichtarthritis). Febuxostat ist ein nicht-purinerger Xanthinoxidase-Hemmer. Zusatznutzen bislang nicht nachgewiesen Febuxostat (Adenuric®) Klinische Effektivität Patienten mit mindestens einem Gichtanfall während einer 4-Wochen-Periode [%] Ziel der Pharmakotherapie der Hyperurikämie ist die Vermeidung von akuten Gichtanfällen. Febuxostat senkt die Harnsäurespiegel stärker als Allopurinol (Standardtherapeutikum), nicht jedoch die Häufigkeit von Gichtanfällen. Initialer Harnsäurespiegel (mg/dl) Febu 80mg 9.80±1.24 Febu 120 mg 9.84 ± 1.26 Allopurinol 9.90 ± 1.23 Harnsäuresenkung < 6,0 mg/dl Febu 80mg Febu 120 mg 53% 62% (136/255) (154/250) Allopurinol 21 % (53/251) Periode Becker MA et al. N Engl J Med 2005 Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 36 - Febuxostat (Adenuric®) Nebenwirkungen Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen (Prüfarztbewertung) sind Leberfunktionsstörungen (3,5%), Durchfall (2,7%), Kopfschmerzen (1,8%), Übelkeit (1,7%) und Hautausschlag (1,5%) (Durchfall, Übelkeit und Erbrechen sind häufiger bei Patienten, die gleichzeitig mit Colchicin behandelt werden.) In den ersten 8 Wochen kam es bei der 120 mg-Dosierung zu einer signifikanten ca. 60%igen Steigerung von Gichtanfällen. Gelegentlich: Erhöhung der Amylase im Blut, Rückgang der Thrombozytenzahl, Häufig: Erhöhung des Kreatinins im Blut, Rückgang des Hämoglobins, Kopfschmerzen Erhöhung des Blutharnstoffs, Erhöhung des LDH, Erhöhung der Triglyzeride Durchfall, Übelkeit Schwindel, Parästhesie, Somnolenz, Geschmacksveränderung Hautausschlag Auffällige Lebertestwerte Bauchschmerzen, gastroösophageale Refluxkrankheit, Erbrechen, Mundtrockenheit, Dyspepsie, Verstopfung, hohe Stuhlfrequenz, Flatulenz, gastrointestinale Beschwerden Nephrolithiasis, Hämaturie, Pollakisurie Dermatitis, Urtikaria, Pruritus Arthralgie, Arthritis, Myalgie, Muskelkrampf, Schmerzen des Stütz- und Halteapparats Gewichtszunahme, gesteigerter Appetit Hypertonie, Flush, Hitzewallungen Abgeschlagenheit, Ödem, grippeähnliche Symptome Verminderte Libido Febuxostat (Adenuric®) Kontraindikationen Das Arzneimittel darf nicht angewendet werden Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile, ischämischer Herzkrankheit oder dekompensierte Herzinsuffizienz Patienten mit stark erhöhter Harnsäurebildungsrate (z.B. bei malignen Erkrankungen und deren Behandlung) veränderte Schilddrüsenfunktion schwere Nierenfunktionseinschränkung (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min) schwere Leberfunktionseinschränkung (Child-Pugh-Klassifikation C) Kinder und Jugendliche Schwangerschaft Stillzeit Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 37 - Febuxostat (Adenuric®) Fazit Abgesehen von der Einführung von Rasburicase (Fasturtec®) in 2001, welches allerdings nur für die Behandlung der Hyperurikämie im Rahmen des Tumorlysesyndroms verwendet werden darf, ist Febuxostat seit Jahrzehnten die erste Neuerung, die eine Reduktion der Harnsäurebildung auslöst. Folgerichtig wurde Febuxostat in einer Vergleichsstudie gegen Allopurinol geprüft. Febuxostat senkt die Harnsäurespiegel stärker als Allopurinol, nicht jedoch die Häufigkeit von Gichtanfällen, dem eigentlichen Ziel der Pharmakotherapie der Hyperurikämie. In den ersten 8 Wochen kam es bei der 120 mg-Dosierung zu einer signifikanten ca. 60%igen Steigerung von Gichtanfällen. Wegen solcher Anfälle war in dieser Gruppe die Studienabruchquote 3-mal größer als in der Allopurinolgruppe. Vorsicht geboten ist bei ischämischer Herzkrankheit, dekompensierter Herzinsuffizienz und veränderter Schilddrüsenfunktion. Bei Kontraindikationen für Allopurinol (Leber- und Niereninsuffizienz) ist Febuxostat keine Alternative zu Allopurinol. Bei anderen Allopurinol-Unverträglichkeiten oder unzureichender Wirkung verbessert Febuxostat die Alternativen zur Behandlung der Hyperurikämie. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38 Neue Arzneimittel 2010 – Osteoporose- und Gichttherapeutika - 38 - Hinweise 1) Die Bezeichnung Zusatznutzen bezieht sich auf das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarkts (AMNOG), wonach der g-BA eine Nutzenbewertung neu zugelassener Arzneimittel nach § 35 a SGB V durchführt. Es handelt sich bei den Kommentaren um eine klinisch-pharmakologische Kurz-Einschätzung des Autors, die auf den publizierten Zulassungsstudien und/oder den „European Public Assessment Report der europäischen Zulassungsbehörde „European Medicinal Agency (EMA) beruht. 2) Die Informationen zu den Arzneimitteln sind verkürzt dargestellt. Ausführlichere Informationen finden besonders interessierte Leser unter Weblink 1. 3) Eine vollständige Liste der 21 im Jahr 2010 zugelassen Arzneistoffe mit Indikationen und derzeitigem Zusatznutzen bei dieser Indikation ist unter folgendem Link erhältlich: http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/fortbildungkoeln/index.html Weblinks 1) wissenschaftliche Diskussion der Arzneistoffdaten einschließlich Nutzen-Risiko Einschätzung in den European Public Assessment Reports (EPARs,) der Zulassungsbehörde European Medicinal Agency (EMA), verzeichnet nach Handelsnamen, abgelegt unter Assessment History (nur in englischer Sprache) http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/landing/epar_search.jsp&murl=menus/medicines/medicines.jsp&mid=WC0b01ac058001d125&jsenabled=true Literatur Zitate zu Leitlinien, Phase III-Studien und anderer verwendeter Literatur sind auf Nachfrage beim Autor erhältlich Impressum: http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/impressum.html Fortbildungstelegramm Pharmazie 2011;5(1):22-38