Brucellose Informationen der CVUA

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Brucellose: bei Haustieren getilgt, bei Wildtieren aktuell
Organ- und Hodenentzündung beim Feldhasen nach
Brucelloseinfektion.
Einfluss auch auf Schweinebestände?
Im November 2008 wurde im Revier Aichtal-Grötzingen ein im Verhalten unauffälliger Feldhase erlegt. Beim
Aufbrechen erkannte der Jäger starke krankhafte Veränderungen an den Innereien und den Hoden und
sandte deshalb Organe zur Untersuchung an das Labor Pathologie des CVUA Stuttgart. Hoden und Leber
wiesen Entzündungsherde auf, in denen Brucellen-Keime (Brucella suis 2 ) nachgewiesen werden konnten.
Was ist Brucellose?
Die Brucellose ist eine weltweit verbreitete bakterielle Infektionskrankheit bei Haus- und Wildtieren, die durch
Bakterien der Gattung Brucella (B.) verursacht wird. Eine Anzeigepflicht besteht für die Brucellose der Rinder,
Schafe, Ziegen und Schweine. Gefürchtet und deshalb staatlich bekämpft wird die Brucellose, weil diese vom Tier
auf den Menschen übertragbar ist (Zoonose!) und zu schwerwiegenden Erkrankungserscheinungen führen kann.
Bereits Ende des 18. Jahrhunderts erkannte man, dass Menschen auf der Insel Malta bisweilen nach den Genuss
roher Ziegenmilch an Fieber sterben (Maltafieber). Später stellte man fest, dass eine dem Maltafieber vergleichbare
Erkrankung auch durch den Genuss von Rindermilch übertragen werden kann und zudem Rinder- sowie
Schweineaborte durch diesen bakteriellen Erreger hervorgerufen werden können. Bis in die sechziger Jahre des
letzten Jahrhunderts trat die Brucellose in unseren Nutztierbeständen regelmäßig auf. Jedoch führte die
Pasteurisierung der Milch in allen Molkereien sowie eine konsequente Bekämpfung dieser Tierseuche zu deren
Tilgung. Aufgrund der erfolgreichen Tilgung der Brucellose und auch der Tuberkulose der Rinder verschwanden in
den Achtziger Jahren des letzten Jahrhundert als letzte Zeugen der Brucellose an den Stallwänden die Plaketten
mit der Aufschrift „Brucellose- und Tuberkulose-freier Bestand“. Nach heutigem Wissensstand sind bei
landwirtschaftlichen Nutztieren fünf Arten der GattungBrucella beschrieben: B. abortus (bevorzugtes Wirtstier Rind),
B. melitensis (bevorzugtes Wirtstier Schaf und Ziege), B. suis (bevorzugtes Wirtstier Schwein, bzw. in
südamerikanischen Ländern auch das Rind), B. ovis (bevorzugtes Wirtstier Schafbock) und B. canis (bevorzugtes
Wirtstier Hund). Aufgrund der engen Verwandtschaft vonB. abortus und B. melitensis wir eine gemeinsame Spezies
vermutet. Pathogen für den Menschen sind B. abortus (sog. Morbus Bang), B.melitensis (Maltafieber) und B. suis,
aber auch Brucella canis kann beim Menschen in geringerem Maße Erkrankungen hervorrufen. Weitere vier Arten
sind B. neotomae (Hauptwirt Wüstenratte), B. microti (Hauptwirt Feldmaus),B. cetaceae (Hauptwirt Delphin) und B.
pinnipedialis (Hauptwirt Robbe), die allerdings bisher noch nicht bei landwirtschaftlichen Nutztieren isoliert werden
konnten.
Aufgrund schwerwiegender Infektionen beim Menschen werden auch heute noch die Nutztierbestände durch
serologische Untersuchungen auf das Freisein von Brucellose getestet.
Eigenschaften der Brucellen
Brucellen sind kleine 0,6 bis 1,5 m m lange Stäbchen bis kokkenförmige Bakterien. Sie sind unbewegliche,
gramnegativ und säurefest in der Stamp-Färbung. Sie zeigen aerobes Wachstum und haben im Vergleich zu
anderen Bakterien hohe Nährstofffansprüche an die Nährböden. Sie benötigen Blut- oder traubenzuckerhaltige
Nährböden und bilden dort zarte durchscheinende Kolonien unter CO2-Atmosphäre, so dass diese Keime mit den
in der Routinediagnostik verwendeten Nährmedien nicht anzüchtbar sind. Neben mikroskopischen und kulturellen
Methoden des Erregernachweises ist eine biochemische Biotypisierung zur Differenzierung der Arten nötig. Obwohl
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Brucellen gegen Hitze (Pasteurisierung) und Desinfektionsmittel empfindlich sind, können diese Bakterien in Urin,
Staub, Wasser, Erde oder Milch bei Umgebungstemperatur mehrere Tage bis Wochen überleben.
Vorkommen und Verbreitung
Brucelloseerkrankungen bei Menschen sind eng assoziiert mit dem Auftreten von Brucellose bei
landwirtschaftlichen Nutztieren. In westeuropäischen und mediterranen Ländern werden immer wieder Fälle bei
Tieren nachgewiesen. Besonders betroffen sind Portugal, Spanien, Malta, Griechenland und in der Türkei. Neben
diesen Ländern ist die Brucellose in sind Afrika, Asien und Lateinamerikateilweise noch weit verbreitet
(endemisches Vorkommen). Tierärzte, Landwirte, Tierpfleger, Schäfer, Schlachthofpersonal, aber auch Melker und
Touristen sind besonders gefährdet.
Die Schweinebrucellose ist in Deutschland nur sehr sporadisch zu beobachten. Der Feldhase und das Wildschwein
sind Reservoir fürBrucella suis, Biotyp 2. Die Bestände in Deutschland gelten als amtlich frei von Rinder-, Schafund Ziegenbrucellose.
Übertragung und Pathogenese
In landwirtschaftlichen Betrieben sind vor allem weibliche Tiere infiziert. Sie scheiden die Erreger mit dem
Fruchtwasser, den Nachgeburten, den Geburtsekreten (Lochien) und auch mit der Milch in großen Mengen aus.
Eine Infektion erfolgt als sog. Schmierinfektion durch kontaminiertes Futter, Einstreu, Milch oder Trinkwasser. Aber
auch Insekten und Hütehunde können diese Erreger verbreiten. Neben der oralen Erregeraufnahme kann der
Erreger auch über die Schleimhäute wie z.B. durch den Deckakt des Bullen, Schaf- oder Ziegenbocks oder des
Ebers weiter übertragen und verbreitet werden. Bei Schweinen mit Weidehaltung ist auch eine Erregerübertragung
durch das Fressen infizierter Hasenkadaver bekannt. Dies ist sicher auch bei Haltung mit Freilauf zu beachten, da
sich Hasen nicht durch die doppelten Zäune abhalten lassen, die Wildscheine von Hausschweinen fernhalten
sollen.
Nach Durchdringen der Schleimhäute oder der Haut (verletzt oder unverletzt) kann der Erreger über die
Lymphknoten und die Lymphe ins Blut gelangen. Fieber ist bei der ein bis drei Wochen anhaltenden Bakteriämie
(Ausbreitung im Blut) typisch. Von Entzündungsherden besonders betroffen sind die Milz, Leber und das
Knochenmark. Bei geschlechtreifen Tieren besteht eine besondere Tendenz die Geschlechtsorgane zu befallen,
was bei weiblichen Tieren vor allem sogenannte Spätaborte und beim männlichen Tieren Hoden- und
Nebenhodenentzündungen sowie auch Entzündungen der akzessorischen Geschlechtsdrüsen verursacht.
Symptomatik beim Menschen
Die Brucellose des Menschen ist eine schwerwiegende oft chronisch und teilweise auch tödlich verlaufende
Infektionskrankheit. Fieber, Übelkeit, Müdigkeit und Kopfschmerzen sind bei der akuten bis subakuten Brucellose
typisch. Schleichend zeigen sich diese Befunde meist bei B. abortusund plötzlich bei B. melitensis. In dem 7-21
Tage anhaltenden Fieberverlauf sind 2- bis 5-tägige fieberfreie Intervalle auffällig. Wird diese Erkrankung nicht als
solche erkannt oder nicht korrekt behandelt, ist eine chronische Brucellose die Folge. Leistungsminderung und
depressive Phasen sind Ausdruck eines solchen Verlaufs. Spondylitiden(entzündliche knöcherne
Wirbelsäulenveränderungen ) und Uveitiden (Entzündung der mittleren Augenhaut) können hierbei häufig mit
entsprechenden Folgeschäden auftreten. Von einer lokalisierten Brucellose spricht man, wenn bei derartigen
chronischen Fällen Endocarditiden (z.B. Herzklappenentzündungen), Arthritiden (Gelenksentzündungen),
Meningitiden (Gehirnhautentzündung), Pankreatitiden (Bauchspeicheldrüsenentzündung) oder auch Bursitiden
(Schleimbeutelentzündungen) auftreten. Aufrechterhalten werden diese Entzündungen durch Infektionsherde in
Knochenmark, Milz und Leber.
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Diagnostik
Eine gezielte Anamnese ist aufgrund der Mannigfaltigkeit der klinischen Erscheinungen unerlässlich. Für den
kulturellen Nachweis sind neben Organproben auch Liquor, Urin oder Knochenmark geeignet. Da Brucellen
langsam wachsen, bilden sich frühestens nach 2-4 Tagen die ersten Kolonien. Über den Anspruch an die
Nährmedien wurde bereits berichtet. Ein Antikörpernachweis kann mittels Rose-Bengal-Test (Agglutinationstest),
Coombs-Test (Nachweis inkompletter Antikörper), ELISA (IgM- und IgG-Antikörpernachweis) oder mittels KBR
erfolgen und stellt bei Haustieren die Grundlage der Brucellosebekämpfung und Überwachung dar. Serologische
Kreuzreaktionen mit anderen Erregern, vor allemYersinia enterocolitica aber auch anderen wieSalmonella sind
abzugrenzen. Molekularbiologische Methoden, wie die PCR sind heute im Rahmen des Erregernachweises wegen
der beschleunigten Diagnose in die Routinediagnostik integriert. Der direkte oder indirekte (serologische) Nachweis
vonBrucella spp. muss bei Hinweis auf eine akute Infektion gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 IfSG namentlich dem
Gesundheitsamt gemeldet werden. Nach der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen § 1 ist die Brucellose
der Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine anzuzeigen und wird staatlich bekämpft.
Aktueller Fall mit pathologisch-anatomischen, mikroskopischen und
bakteriologischen Befunden
Bei der pathologischen Untersuchung der eingesandten Feldhasenorgane wurden in der Leber massenhaft kleine
weiß-beige Nekroseherde erkannt. Der Hoden (Abb. 1 und 2) sowie der Nebenhoden waren eitrig entzündet und
wiesen starke Verwachsungen mit dem Umgebungsgewebe (Hodensack, Skrotum) auf. Bei histologischen
(feingeweblichen) Untersuchungen waren herdförmig bis konfluierende (verschmelzende) Nekrosen mit
dystrophischer Verkalkung und ausgeprägten entzündlichen Zellinfiltraten inklusive Epitheloidzellen und
Langhanszellen auffällig. Derartige Befunde sind für granulomatöse Entzündungen der Brucellose aber auch der
Mykobakteriosen typisch. Bei der Anzucht und mittels PCR wurden aus Leber und Hoden Brucella sp.
nachgewiesen. Eine biochemische Typisierung (Phänotypisierung) am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Jena ergab
Brucella suis 2.
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Abb. 1 und 2: Hodenbrucellose, Feldhase (eingescannte Dias aus dem Archiv STUA/CVUA Stuttgart)
Abb. 3 (links): Brucellose, Feldhase (eingescanntes Dia aus dem Archiv STUA/CVUA Stuttgart)
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Abb. 4 (rechts): Brucellose, Hinterlauf , Feldhase (eingescanntes Dia aus dem Archiv STUA/CVUA Stuttgart)
Abb. 5 (links): Hodenbrucellose, Feldhase
Abb. 6 (rechts): Brucellose, Leber, Feldhase
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Abb. 7 und 8: Stamp-Färbungen von Lungenabklatsch (aktueller oben beschriebener Fall)
Zusammenfassend ist anzumerken, dass nicht nur die Tularämie eine bei Feldhasen vorkommende und auf den
Menschen übertragbare Infektionskrankheit (Zoonose) darstellt. Sowohl bei der Tularämie als auch bei der
Brucellose sind für den Menschen schwere Folgen zu befürchten.
Vorsicht ist daher auch für Jäger bei Kontakt geboten. Insbesondere sollten aber auch Spaziergänger keine
geschwächten oder toten Hasen anfassen, sondern den Jagdpächter informieren. Dieser bringt das Tier / die Tiere
zu dem für den entsprechenden Regierungsbezirk zuständigen Untersuchungsamt. Eine Versendung per Post sollte
aus Infektionsschutzgründen auf keinen Fall erfolgen! Wieder einmal zeigte sich, dass Jäger auf
Organveränderungen achten sollten. Allerdings treten diese typischen Veränderungen nicht immer auf. Oftmals sind
die Tiere nur geschwächt oder werden verendet aufgefunden. In Gebieten mit Hasenbrucellose sollten
Vorkehrungen zum Schutz vor Kontakt mit Hasen getroffen werden.
Die größte Gefahr für den Menschen geht von Rohmilch und daraus hergestellten Produkten aus, was vor allem im
Urlaub z.B. in den Ländern des Mittelmeergebietes oder in Teilen Afrika beachtet werden sollte.
Literatur
Dahme, E., Weiss, E. (2007): Grundriss der speziellen pathologischen Anatomie der Haustiere. 6. Auflage, Enke
Verlag Stuttgart.
Friedrich-Loeffler Institut: Amtliche Methodensammlung für anzeigepflichtige Tierseuchen, Stand Juni 2008
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Krauss, H., Weber, A., Appel, M., Enders, B., Graevenitz, A.v., Isenberg, H.D., Schiefer, H.G., Slenczka, W.,
Zahner, H. (2004): Zoonosen. Von Tier zu Mensch übertragbare Infektionskrankheiten. 3. Auflage, Deutscher Ärzte
Verlag, Köln.
Rolle, M., Mayr, A. (2007): Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8. Auflage, Enke Verlag
Stuttgart.
http://www.rki.de/cln_100/nn_466810/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber__Mbl__Brucellose.html
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Autor(en): Dr. Birgit Blazey
Bericht erschienen am 22.04.2009 10:43:28
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Sigmaringen sowie des Staatlichen Tierärztlichen Untersuchungsamtes (STUA) Aulendorf - Diagnostikzentrum.
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