Veranstaltungen | 1. Deutscher Kongress für praktische Krankenhaushygiene, 11./12. September 2014, Hamburg Patientensicherheit durch Infektionsprävention Am 11. und 12.09.2014 fand unter der wissenschaftlichen Leitung von Frau Dr. Susanne Huggett (Ärztliche Leiterin Medilys) und Herrn Prof. Dr. Heinzpeter Moecke (Leiter Konzernbereich Medizin und Wissenschaft, Asklepios Kliniken) der 1. Kongress für praktische Krankenhaushygiene in Hamburg statt. Ziel war es, die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit in der Hygiene herauszuarbeiten und mit praktischen Beispielen zu belegen sowie den vielen neuen ärztlichen und pflegerischen Kolleginnen und Kollegen in der Hygiene Antworten auf ihre Fragen aus dem Alltag in der Krankenhaushygiene zu geben. Über 300 Teilnehmer aus Kliniken, Praxen, Instituten und Behörden aus Deutschland und Österreich diskutierten zwei Tage in Plenarvorträgen und Workshops. Einleitend sprachen die Hamburger Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz Frau Senatorin Cornelia PrüferStorks und die Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft Frau Dr. Claudia Brase Grußworte, mit denen sie die Bedeutung der Hygiene und den Bedarf an Informationen zu Fragen der Hygiene und Infektionsprävention hervorhoben. Aktuelles zur Infektionsprävention Herr PD Dr. Heinz-Michael Just, Nürnberg, Mitglied der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut, stellte die aktuell im Juni 2014 erschienene neue KRINKO-Empfehlung zum Umgang mit Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) vor. Er betonte, dass Hygiene keine Schwarz/Weiß-Antworten geben kann, sondern stets die ärztliche Risikoanalyse die Voraussetzung für angemessene Entscheidungen ist und dabei einrichtungsspezifische sowie patientenbezogene Faktoren zu berücksichtigen sind. Jede Einrichtung muss sicherstellen, dass sie Patienten mit multiresistenten Erregern versorgen kann – die Ablehnung einer Übernahme ist nicht akzeptabel. Die Compliance der Mitarbeiter bezüglich der Einhaltung der geltenden Hygieneregeln hat eine besonders große Be- deutung, denn die Hygiene ist nur so gut wie das schwächste Glied in dieser Kette. Die Isolierung des Patienten ist differenziert zu betrachten und bedeutet nicht, dass der Patient sein Zimmer nicht verlassen kann, sondern mit entsprechenden Maßnahmen wie der hygienischen Händedesinfektion mehr Bewegungsfreiheit möglich ist. Die Qualität der medizinischen Versorgung darf durch eine Isolierung keinesfalls beeinträchtigt werden. Bei der Entlassung des Patienten ist der weiterbehandelnde Arzt vorab zu informieren, ggf. auch das Transportpersonal. Sofern bei der Verlegung oder Entlassung kein Krankenwagen erforderlich ist, kann der Patient ein Taxi oder öffentliche Verkehrsmittel ohne spezielle Schutzvorkehrungen nutzen. Anhand vieler Fotos stellte Herr PD Dr. Georg Schrader, Erfurt, die Hygienemaßnahmen in verschiedenen Einrichtungen, wie z. B. der Feuerwehr, der ambulanten und stationären Pflege sowie dem Rettungsdienst, nicht nur anschaulich und praxisnah, sondern auch kritisch dar, so dass deutlich wurde, wo Handlungsbedarf zur Optimierung der Infektionsprävention besteht. Die Möglichkeiten der Prävention katheter-assoziierter Infektionen unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte eines Maßnahmenbündels verdeutlichte Frau Martina Preuß, Hamburg. Dabei ging sie sowohl auf die Anlage als auch auf die Konnektion/Diskonnektion von Infusionssystemen ein. Neben der Qualifikation des Per- sonals sind auch die Materialien der Katheter von großer Bedeutung. Die Trinkwasserqualität in Deutschland ist gut bis sehr gut. Herr PD Dr. Frank-Albert Pitten, Gießen, erläuterte die Neufassung der Trinkwasserverordnung aus dem Jahr 2013, u. a. die mikrobiologischen Parameter mit ihren Grenzwerten. Dabei hob er Pseudomonas aeruginosa als Indikatorparameter für Trinkwasser sowie dessen Reservoire in wasserführenden Systemen hervor. Im August 2013 kam es in Warstein zu einem der größten Legionellenausbrüche in Deutschland, bei dem über 160 Menschen erkrankten und zwei Patienten an den Folgen der Infektion verstarben. Herr Prof. Dr. Martin Exner, Bonn, schilderte die Quelle und das Ausmaß des Legionellenausbruchs. Diese sind häufig mit Nasskühlwerken assoziiert. Die Frage „Wie viele Rückkühlwerke hat Ihre Klinik?“ konnte nicht jeder Zuhörer im Auditorium beantworten. Die Empfehlung von Robert Koch „Alles selbst ansehen!“ ist sicher ein genauso wichtiger Rat wie die Aussage Churchills „Look at the facts before they look at you.“ Der Jurist Herr Dr. Martin Liebig, Hamburg, zeigte anhand von Beispielen, wie Fallstricke in der Hygiene im klinischen Alltag vermieden werden können. Korrekte Dokumentation und sorgfältige Befunderhebung sind bei Erfüllung des geforderten Hygienestandards gemäß KRINKO eine gute Voraussetzung dafür, dass eine Erregerübertragung als Einzelfall nicht zu einer Haftung führt. Über 300 Besucher aus Kliniken, Praxen, Instituten und Behörden aus Deutschland und Österreich nahmen am 1. Deutschen Kongress für praktische Krankenhaushygiene teil. Hyg Med 2014; 39 – 10 419 | Veranstaltungen Antiseptika – Möglichkeiten und Grenzen In einer umfangreichen Übersicht stellte Herr Prof. Dr. Axel Kramer, Greifswald, Kriterien für die Wirkstoffauswahl zur Hautantiseptik, die Indikationen für remanente Zusätze sowie die Bedeutung von antiseptisch imprägniertem Nahtmaterial zur Prävention postoperativer Wundinfektionen dar. Er zeigte auf, wie effektiv die antiseptische Ganzkörperwaschung in der Infektionsprävention ist. Präparate zur Mundhöhlenantiseptik wurden vergleichend gegenübergestellt. Eine Indikation für ihren Einsatz ergibt sich z. B. bei beatmeten Patienten, in der Zahnmedizin und in der Geriatrie. Darüber hinaus wurde die Antiseptik am Auge und in der Wunde erläutert. Umgang mit speziellen sowie multiresistenten Erregern Die Clostridium difficile-Infektion (CDI) ist inzwischen die vierthäufigste nosokomiale Infektion und bedeutet für Kliniken eine zunehmende medizinische Herausforderung. Der Erreger kann Toxine bilden, die für die z. T. schweren Krankheitsverläufe verantwortlich sind. Als Mikrobiologin stellte Frau Dr. Corina Ilchmann, Hamburg, die Diagnostik, die Therapie und die Hygienemaßnahmen bei CDI dar. Frau Dr. Sabine Rüsch-Gerdes, Borstel, erläuterte die aktuelle Situation der Tuberkulose, insbesondere die weltweite Resistenzentwicklung mit Schwerpunkt in bestimmten Regionen wie z. B. Kasachstan. Sie erklärte, welche Hygienemaßnahmen bei der zunehmenden Anzahl resistenter Tuberkulosen unbedingt beachtet werden müssen. Aus aktuellem Anlass gab Frau Dr. Susanne Huggett, Hamburg, einen Überblick über das Virale Hämorrhagische Fieber Ebola in Westafrika und die Maßnahmen, die in unseren medizinischen Einrichtungen in einem Verdachtsfall erforderlich sind. Aktuelle Fragen der Teilnehmer konnten damit geklärt werden. Herr PD Dr. Christian Brandt, Frankfurt/ Main, machte deutlich, dass Hygienekonzepte für MRSA nicht automatisch auf andere Erreger übertragbar sind und KRINKOEmpfehlungen nicht alle Fragen lösen. Gerade wenn „Darm- und Feuchtkeime“ identifiziert werden sollen, muss festgelegt sein, wer auf welchen Erreger gescreent wird. 420 Hyg Med 2014; 39 – 10 Der Kontakt zum Gesundheitswesen im Ausland ist dabei besonders zu berücksichtigen. Auf jeden Fall sollte die Standardhygiene grundsätzlich verbessert werden. Antibiotic Stewardship Einen Überblick über die Entstehung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen und den Zusammenhang mit dem Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin gab Prof. Dr. Peter Heisig, Hamburg. Die Epidemiologie resistenter grampositiver und gramnegativer Erreger stellte Herr Prof. Dr. Hinrik von Wulffen anhand eigener Daten aus Hamburg vor: An der sinkenden Anzahl von positiven Blutkulturen lässt sich ableiten, dass das MRSA-Management inzwischen effektiv ist. Der Nachweis von 3/4MRGN bei bestimmten Erregern wie Klebsiellen nimmt dagegen deutlich zu. Frau Dr. Kirsten Bollongino stellte beispielhaft die Arbeit des Hamburger MRE Netzwerks und ihre Ziele insbesondere die Infektionsprävention und die Einbindung aller Akteure im Gesundheitswesen sowie das seit Juli 2014 existierende Hamburger Modellprojekt „MRGN Screening“ vor. Frau Dr. Ingeborg Kirchhoff, Hamburg, informierte über die gesetzlichen Grundlagen zum Infektionsschutz und ging insbesondere auf die Neufassung des Infektionsschutzgesetz (IfSG) § 23 mit der Erfassung nosokomialer Infektionen ein. Außerdem stellte sie die Anforderungen vor, die sich aus der Hamburger Hygieneverordnung 2012 ergeben. Herr Dr. Tim Eckmanns, Berlin, stellte die laborgestützte Surveillance bakterieller Erreger und ihrer Resistenzen (ARS) aus klinischen Isolaten vor. Das Ziel ist die Erstellung einer Referenzdatenbank zur deutschlandweiten Resistenzsituation. Die Ergebnisse werden aus einer interaktiven Resistenzdatenbank generiert und können nach Regionen differenziert werden. Zu nosokomialen Infektionen und Antibiotikaanwendungen referierte Frau Prof. Dr. Petra Gastmeier, Berlin. Die Anzahl nosokomialer Infektionen hat sich in den letzten 20 Jahren nicht wesentlich geändert hat. Zwar gehen die durch grampositive Erreger verursachten Infektionen zurück, allerdings nimmt die Anzahl der Infektionen zu, an denen gramnegative Erreger beteiligt sind. Postoperative Wundinfektionen sind inzwischen die häufigsten nosokomi- alen Infektionen. Die Anzahl der Antibiotikaanwendungen ist gestiegen, so dass in Zukunft unbedingt die Indikationen konsequenter geprüft werden sollten, insbesondere die Dauer der perioperativen Antibiotikaprophylaxe. Herr Prof. Dr. Stefan Schwarz, Mariensee, gab einen Überblick über die Indikationen für Antibiotika in der Veterinärmedizin und den verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika. Durch die neuen gesetzlichen Anforderungen und Leitlinien sollen die Risiken der Resistenzentwicklung minimiert werden. Das Antibiotikamanagement in der Humanmedizin im klinischen Alltag stellte Herr Prof. Dr. Jörg Braun, Hamburg, vor. Er führte u. a. die Indikationen für verschiedene Substanzgruppen unter Berücksichtigung der aktuellen Resistenzsituation sowie den Nutzen und die Risiken von Reserveantibiotika aus. Der sorgsame und zielgerichtete Umgang mit Antibiotika und eine entsprechende Surveillance des Antibiotikaverbrauchs muss Teil des klinischen Alltags werden. In elf Workshops konnten die Teilnehmer Themen aus dem praktischen Alltag der Krankenhaushygiene vertiefen und in Kleingruppen besprechen: von der präoperativen Vorbereitung über das Wundmanagement, Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE), Neonatalogie bis zum praktischen Umgang mit Gefäßkathetern. Zusätzlich wurde der Kongress von einer Poster- und Industrieausstellung begleitet, bei der sich die Teilnehmer über neue Produkte zur Infektionsprävention mit Kollegen und Kolleginnen austauschen konnten. Die Themenvielfalt und Praxisrelevanz des Kongresses wurden von den Teilnehmern sehr geschätzt. Der Kongress im Zentrum von Hamburg bei bestem Spätsommerwetter war ein großer Erfolg. Teilnehmer, Referenten, Aussteller und Organisatoren haben sich sehr positiv geäußert. Dr. Birgit Berger Asklepios Kliniken GmbH, Ärzteakademie Dr. Susanne Huggett MEDILYS Laborgesellschaft mbH Der 2. Kongress für praktische Krankenhaushygiene in Hamburg wird vom 8. – 9. September 2016 stattfinden.