Schulterschmerzen „Bei chronischen Überlastun einen Schulterspezialisten a RÜCKEN im Gespräch mit den Schulterspezialisten Dr. med. Sven Lichtenberg und Prof. Dr. med. Markus Loew, Deutsches Gelenkzentrum an der ATOS Klinik Heidelberg Schulterschmerzen sind ja leider ein sehr breites Feld. Warum sollte man zu einem ausgewiesenen Schulterspezialisten gehen? Prof. Dr. med. Markus Loew Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Rheumatologie, Spezielle Orthopädische Chirurgie, Sportmedizin Lichtenberg: Nicht jeder Orthopäde, der sich Schulterspezialist nennt, ist tatsächlich einer. Bei der Arztwahl ist die Zertifizierung der Deutschen Vereinigung für Schulter- und Ellenbogenchirurgie (DVSE) wichtig. Sie ist für den Patienten die Garantie, einen Arzt zu finden, der stets auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand informiert ist und sein Wissen um konservative und operative Verfahren fortlaufend vertieft. Kann sich die Mehrheit der Patienten damit trösten, dass es sich zumeist nur um Verspannungen der Schultermuskulatur handelt? Dr. med. Sven Lichtenberg Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin und Stellv. Ärztlicher Direktor ATOS Klinik Heidelberg 38 Rücken Loew: An kurzzeitigen Überlastungsoder Haltungsbeschwerden mit Muskelverspannungen leiden viele Menschen – das ist kein Grund zur Sorge. Wenn aber diese Schulterschmerzen in den Arm ausstrahlen, beim Bewegen schlimmer werden oder auch nachts auftreten, sollte man eine genaue Untersuchung der Schulter vornehmen lassen. In diesem Fall könnte es sich um eine Schleimbeutelentzündung oder, noch schlimmer, um einen Sehnenschaden an der Rotatorenmanschette handeln. Deshalb ist es in diesen Fällen auch wichtig, dass die Diagnostik nach den neuesten Standards ausgeführt wird, was die körperliche Untersuchung, die wichtige Ultraschalldiagnostik oder auch das MRT betrifft. Reicht bei entzündlichen Veränderungen im Schulterbereich die Selbstmedikation aus? Lichtenberg: Treten erstmals Schmerzen in der Schulter ohne echtes Unfall- oder Überlastungsereignis auf, kann man mit einfachen Entzündungshemmern wie Voltaren oder Ibuprofen eine erste Schmerzreduktion versuchen. Außerdem sollten die schmerzauslösenden Belastungen und Bewegungen vermieden werden. Nutzt dies nichts, sollte ein in Schulterchirurgie erfahrender Arzt aufgesucht werden. Hierdurch kann eine zielorientierte Diagnostik und Schulterschmerzen ungsbeschwerden n aufsuchen!“ schnelle Therapie eingeleitet werden, ohne Zeit zu verlieren. Treten die Beschwerden allerdings nach einem Unfall, Sturz oder Ähnlichem auf, sollte möglichst bald ein Schulterspezialist aufgesucht werden. Auch hier geht es darum, wertvolle Zeit bis zur genauen Diagnosestellung zu sparen und den erlittenen Schaden ggf. auch bald operativ zu reparieren. Leider ist kein Gelenk vor Verschleiß geschützt. Kann es bei einer SchulterArthrose auch zu einem operativen Eingriff kommen? Loew: Arthrosen am Schultergelenk führen durch Knorpelverschleiß zu Entzündungen, Schmerzen und zu einer Einschränkung der Beweglichkeit. Am Ende kann es dadurch zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität kommen. In diesen Fällen sind operative Eingriffe, z. B. eine arthroskopische Knorpeltherapie, die einzige Möglichkeit, den krankhaften Prozess aufzuhalten. Und ist die Schulter durch Arthrose vollständig geschädigt, dann ist ein künstliches Schultergelenk ein Segen für die Betroffenen. Was kann ich tun, um Schulterproblemen generell vorzubeugen? Ist das überhaupt möglich? Loew: Wichtig ist es, Haltungsschäden zu vermeiden, z. B. durch eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes, vor allem aber durch regelmäßige Bewegungs-, Dehnungs- und Muskelaufbauübungen, die man mit einfachen Hilfsmitteln im Selbstprogramm durchführen kann. Eine Sportart, die den Schultergürtel optimal auftrainieren kann, ist das Brustschwimmen. Aber auch Nordic Walking und Joggen mit leichten Gewichten (Heavy Hands) können Haltung und Schultermuskulatur verbessern. Im Fitnessstudio sollte man auf ein ausgewogenes Training der vorderen und hinteren Muskulatur, der Außen- und der Innenrotatoren achten und nicht nur in den Spiegel schauen. Und: schmerzhafte Belastungen vermeiden sowie bei chronischen Überlastungsbeschwerden einen Schulterspezialisten aufsuchen! Impingement Vor allem unter Sportlern und in manchen Berufsgruppen ist das sogenannte „Impingement“ ein Dauerthema. Welche Möglichkeiten sind gegeben, um diese doch oft recht starke Beeinträchtigung hoffentlich für immer zu beheben? Lichtenberg: Das sogenannte Impingement, also das Einklemmen der Sehnen des Schultergelenks (Rotatorenmanschette) unter dem Schulterdach (Acromion), wird heute leider als Diagnose überstrapaziert. So wird jeder Schulterschmerz gerne als Impingement bezeichnet. Ein Schulterspezialist ist jedoch schnell in der Lage, zu erkennen, ob es sich um ein echtes Impingement handelt. Oder ob andere Faktoren, wie eine muskuläre Fehlführung des Schulterblatts, eine Kalkschulter, eine Veränderung an der Bizepssehne oder gar ein Riss der Rotatorenmanschette für die Beschwerden verantwortlich sind. Ist eine Sehnenläsion ausgeschlossen, besteht zunächst die Notwendigkeit, mit Hilfe von Injektionen, Schmerzmitteln und Physiotherapie die Schmerzen zu behandeln. Hierzu bedarf es der optimalen Zusammenarbeit zwischen einem Schulterspezialisten und einem auf die Behandlung von Schultern spezialisierten Krankengymnasten. Erst wenn 3-6 Monate kein Erfolg verzeichnet werden kann, ist die operative Behandlung zu erwägen. Je nach nachgewiesener Veränderung muss dann auch das operative Vorgehen individuell auf den Patienten und seine Ansprüche und Wünsche abgestimmt werden. Rücken 39