>>Mit Profitipps rechtssicher handeln > > TO P - T H E M A : T H E R A P I E - T I E R E So sichern Sie den Einsatz in Bezug auf Gesetz und Hygiene ab >>KURZ & KNAPP Immer mehr Pflegeeinrichtungen gestatten Pflegebedürftigen das Mitbringen eigener Tiere. Manche schaffen einrichtungseigene Tiere an. Doch nicht nur hinsichtlich des Therapie-Einsatzes, sondern auch wegen der zu beachtenden Rechtsvorschriften sind intensive Vorbereitungen nötig. Im Folgenden lesen Sie, welche rechtlichen und hygienischen Aspekte von Bedeutung sind. satzes in Ihrer Einrichtung vorzunehmen. Die Nutzenanlyse ist auch Grundlage für die Risikobewertung, die Sie vor der Anschaffung oder Zulassung von Tieren in Ihrer Einrichtung erstellen müssen (siehe unten). Mit Hilfe von Risikobewertung und Nutzenanlyse lässt sich der Einsatz von Tieren ohne weiteren Aufwand in ihr Qualitätssicherungssystem einflechten. Folgendes Muster könen Sie für ihre Nutzenanalyse verwenden: Die wissenschaftlichen Forschungen stecken zwar noch in den Kinderschuhen, doch die bislang nachgewiesenen Wirkungen von Tieren auf Pflegebedürftige beeindrucken. Schon ein einfaches Aquarium im Speiseraum eines Pflegeheimes offenbart erstaunliches, wie unlängst eine US-amerikanische Studie nachgewiesen hat: Die Senioren mit Aquarium hielten sich länger im Speiseraum auf, aßen mehr und nahmen gegenüber den Vergleichsgruppen ohne Aquarium im Durchschnitt sogar 1,5 Kilo Körpergewicht zu. MUSTER >>Was bedeutet das für Sie? Der Einsatz von Tieren birgt zahlreiche Vorteile: 1. Vor allem im Bereich der aktivierenden Pflege können Sie mit Tieren erhebliche Pflegeerleichterungen erreichen. Der Phantasie sind in Punkto Tier-Einsatz kaum Grenzen gesetzt, zumal fast jedes Tier im Prinzip geeignet ist, vorausgesetzt es ist nicht "nur" sozialverträglich, sondern zeigt auch aktives Interesse am Kontakt mit Menschen. 2. wirken sich vielfach positiv auf das Arbeitsklima, die Motivation und Belastbarkeit der Pflegekräfte aus. 3. Tiere fördern und unterstützen die körpereigene Abwehr von Pflegebedürftigen, sie steigern das allgemeine Wohlbefinden und 4. Tiere sind in Bezug auf die Qualitätsprüfungen durch den MDK nach §§ 112, 114 Sozialgesetzbuch (SGB) XI wertvoll. So prüft der MDK unter anderem, ob "geeignete Methoden im Umgang mit gerontopsychiatrisch beeinträchtigten Bewohnern" angewendet werden. Unter den ausdrücklich genannten Voraussetzungen, die die Antwort "Ja" rechtfertigen, finden sich auch "ein gut funktionierender Tierbesuchsdienst" (durch extern wie in Ihrer Einrichtung gehaltene Tiere) und die Möglichkeit "des Mitbringens von Tieren zukünftiger Bewohner". >>Was ist zu tun? Insbesondere im Hinblick auf Punkt 4 ist es sinnvoll, zunächst eine Nutzenanalyse in Bezug auf einen möglichen Tier-Ein- Nutzen-Analyse des Tier-Einsatzes (Vorteile für die Einrichtung) - Reduktion von Schmerz- und Beruhigungsmitteln - Ablenkung, geringerer Pflegeauf wand - Beschleunigung der Heilung - geringerer Materialaufwand - in Krankenstation: kürzere Liegedauer - Verbesserung des individuellen Befindens - Unterstützung der körpereigenen Abwehr - verbesserte Motorik, Zugewinn mentaler Fähigkeiten - Marketingwirksamkeit (Öffentlichkeit nimmt Einrichtung fortschrittlich und positiv wahr) Folgende Anleitung zeigt Ihnen, welche Pflichten Sie erfüllen müssenn, wenn Sie in Ihrer Einrichtung Tiere halten oder Bewohnern das Halten eigener Tiere gestatten wollen: ANLEITUNG 1. Sie müssen eine Risikobewertung vornehmen und schriftlich fixieren. 2. Sie müssen die Tierhaltung in Ihren Hygieneplan integrieren. 3. Die Tiere müssen ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten und behandelt werden. Tipp: Bestimmen Sie einen geeigneten Mitarbeiter, der die alleinige Verantwortung für die Tiere und ihren Einsatz bei den Pflegebedürftigen trägt. Dafür müssen Sie beim Amtstierarzt eine Erlaubnis zum Halten von Tieren nach § 11 des Tierschutzgesetzes beantragen. Der Amtstierarzt prüft sowohl Sachkunde als auch die Haltungs- und Einsatzbedingungen Ihrer Tiere. Kosten für die Erlaubnis: 30 Euro. >>Gesetzliche Vorschriften Folgende Vorschriften sind beim Einsatz von Tieren in Einrichtungen von Bedeutung: n das Infektionsschutzgesetz n die Krankenhausgesetze der Bundesländer n die Empfehlungen des Robert-KochInstituts n die Biostoffverordnung TRBA 500 und TRBA/BGR 250 n die Qualitätsanforderungen des SGB V n die Vorgaben des örtlich zuständigen Gesundheits- und Veterinäramts n die Lebensmittelrichtlinie EG 852/2004 n das Tierschutzgesetz n das Medizinprodukterecht Wichtig: Keine dieser Vorschriften untersagt Besuch, Einsatz oder Haltung von Tieren in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern. Quintessenz aus allen relevanten Vorschriften der genannten Gesetze: Tiere dürfen sich fast überall aufhalten, wenn die hygienischen Voraussetzungen beachtet werden. Tiere in Ihren Hygieneplan zu integrieren, verursacht dabei weder zusätzlichen Aufwand noch extra Kosten (Checkliste siehe unten). >>Haftung Alle Schäden, die durch Tiere verursacht werden können, sind über Haftpflichtversicherungen abzudecken. Hunde brauchen dabei eine eigene Haftpflichtversicherung. Alle anderen Tiere können über die normale Haftpflichtversicherung des Halters oder über die Ihrer Einrichtung versichert werden. Wichtig: Lassen Sie sich schriftlich von der Versicherung zusagen, dass auch der therapeutische Einsatz der Tiere von der Versicherung abgedeckt wird. Verlangen Sie eine solche schriftliche Zusage auch von Ihren externen Tierbesuchsdienstlern. Manche Versicherungen bestätigen auf bloße telefonische Nachfrage den Versicherungsschutz, ohne zu prüfen, ob dieser in ihren Verträgen überhaupt vorgesehen ist. >>Risikobewertung und Hygieneplan Neben der Beachtung der tierschutzrechtlichen Aspekte schreibt der Gesetzgeber gemäß Biostoffverordnung zwingend eine schriftlich fixierte Risikoanalyse hinsichtlich des Einsatzes von Tieren in Pflege- und anderen Einrichtungen vor. Die folgende Checkliste bezieht sich exemplarisch auf die wichtigsten Risiken. Weitere Informationen zur Risikobewertung erhalten Sie beim Robert-Koch-Institut, im Internet unter www.rki.de. Diese hat eine Broschüre "Heimtierhaltung - Chancen und Risiken für die Gesundheit" (Heft 19, 2003) herausgegeben, die sie kostenlos im Internet herunterladen können. Ob in Ihrer Einrichtung die Hygienevorschriften eingehalten werden und ob Sie eine Risikobewertung vorweisen können, wenn Sie Tiere halten, prüfen insbesondere die Gesundheits- und Veterinärämter und auch der MDK. Pflege & Urteil praktisch / 7_2006 / 7 >>Mit Profitipps rechtssicher handeln CHECKLISTE 1. Mögliche Risiken bei Annäherung an das Tier ... (z.B. Hund, Katze) sind gegeben durch - Streicheln, Belecken (Übertragung von Bakterien und Pilzen, Würmern, Eitererregern, Flöhen) - Verletzungen (z.B. durch Bisse, Kratzer) - Unfälle (z.B. Sturz) - allergische Reaktionen (bei entsprechender Disposition) 2. Übertragungswege (Zoonosen) - Tier 1 ➝ Tier 2 ➝ Mensch (durch Streicheln, Belecken - z.B. Vogelgrippe) - Futter ➝ Tier ➝ Mensch (enteral - z.B. Dosenfutter mit Salmonellen) - Tier ➝ Vektor ➝ Mensch (durch Biss, Stich - z.B. Zecke, FSME, Borreliose) - Tier ➝ Lebensmittel ➝ Mensch (enteral - z.B. Hund wälzt sich in Kot, wird gestreichelt) - Tier ➝ Luft ➝ Mensch (Staub, Atemwege - z.B. durch Volieren: Papageienkrankheit) - Tier ➝ Wasser ➝ Mensch (enteral, Wunden) - Mensch ➝ Tier ➝ Mensch (Streicheln, Belecken - z.B. multiresistente Erreger) 3. Folgende Risikoerreger können durch Tiere übertragen werden: Risikoerreger Infektion beim Tier Häufigkeit der Übertragung Übertragungsrisiko Darmbakterien bei Hunden 50 - 75 % selten durch Tiere, häufiger gering (Campylobakter) Katzen 45 % durch Lebensmittel Salmonellen bei Hund, Katze 1 - 2 % selten durch Tiere, häufiger gering bei Hund, Katze; Schildkröten 60 % durch Lebensmittel bei Schildröten hoch EHEC-Infektion bei Hunden 6 % selten durch Tiere, häufiger bisher kein Fall der (Durchfallerreger) durch Lebensmittel Übertragung bekannt Alveoläre Echinokokkose Hund, Katze 25 - 40 % selten, Ausschluss durch gering (Fuchsbandwurm) Entwurmung Tollwut Hund, Katze, andere selten, Ausschluss durch gering (Lyssa-Viren) 1-5% Impfung 4. Risiken für das Tier - Tabletten - Keime auf dem Fußboden, an Händen, multiresistente Erreger - Stress / Überforderung - Unfälle - Desinfektionsmitteleinsatz 5. Risiken der Pflegebedürftigen durch - reduzierte Abwehr - Barrierestörungen (z.B. Wunden ohne Verband, Neurodermitis) - atypische Zugänge zum Körper (Katheder, Sonden, Drainagen) - Zusatzrisiken (Kortison, Diabetes, Asthma) 6. Gegenanzeigen - symptomatische Allergien, Asthma (ausweichen auf Tierart möglich, die keine Reaktionen hervorruft) - schwere Formen von Neurodermitis - immunsupprimierende Erkrankungen - Akuterkrankungen (z.B. Lungenentzündung) - Zytostatikatherapie - Malignome und andere konsumierende Erkrankungen - Multimorbidität (Diabetes + Asthma + ...) - Besiedelung mit multiresistenten Erregern 8. Tiere im Hygieneplan Sämtliche durch Tiere möglichen Risiken sind durch gewöhnliche Hygienemaßnahmen zu minimieren: - Betreuung durch den Tierarzt - Erfüllung der veterinärmedizinischen Anforderungen (Nachweis regelmäßiger Impfungen, Entwurmungen, Erkrankungen) - Erfüllung der Reinigungsanforderungen - ärztliche Untersuchung sämtlicher Verletzungen, die durch ein Tier oder während seiner Anwesenheit geschehen - Festlegung räumlicher Zugangsbeschränkungen: Tiere dürfen nicht in Räume gelangen, wo n Nahrungsmittel gelagert oder zubereitet werden (Küche, Lagerraum; wo Speisen verzehrt werden sind Tiere erlaubt), n sich Pflegebedürftige befinden, - deren Immunsystem außer Kraft gesetzt ist, - die an symptomatischen Allergien leiden, - intensivmedizinischer Behandlung bedürfen, - Träger multiresistenter Erreger oder - mit einem Tierbesuch nicht einverstanden sind. - Maßnahmen bei Krankheit des Tieres - Dokumentation des Tier-Einsatzes (Erreichung bestimmter Therapie-Ziele in Zusammenarbeit mit Therapeuten) - Bei Erkrankungen Pflegebedürftiger den (Haus-)Arzt auf Zoonosen hinweisen (Humanmediziner sind keine Veterinäre: Viele können entsprechende Symptome nicht oder nur schwer zuordnen) >>Weitere Informationen www.therapie-tiere.de, www.mit-hunden-therapieren.de, www.lernen-mit-tieren.de Pflege & Urteil praktisch / 7_2006 / 8 n