als PDF herunterladen - Stiftung Demokratie Saarland

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150
Jahre
Sozialdemokratie
an der Saar
Joachim Heinz
Hans-Joachim Kühn
Stiftung Demokratie Saarland
Bismarckstraße 99 · 66121 Saarbrücken · Telefon (0681) 906260 · Telefax (0681) 9062625
www.stiftung-demokratie-saarland.de · E-Mail: [email protected]
Dialog
21
STIFTUNG DEMOKRATIE SAARLAND
DIALOG 21
Joachim Heinz, Hans-Joachim Kühn
150 Jahre
Sozialdemokratie
an der Saar
Begleitheft zur gleichnamigen
von Joachim Heinz und Hans-Joachim Kühn
unter Mitwirkung von Bernd Rauls, Carmen Oschmann und Rudolf Strumm
erarbeiteten Ausstellung
Saarbrücken 2013
3
Impressum:
Dialog ist eine Reihe der Stiftung Demokratie Saarland.
Die Reihe kann bezogen werden von der Stiftung Demokratie Saarland
Bismarckstraße 99, 66121 Saarbrücken,
Telefon (0681) 906260, Telefax (0681) 9062625
Gestaltung, Satz und Druck: Unionprint GmbH, Saarbrücken
4
Inhalt
Seite
Vorwort Friedel Läpple
7
Grußwort Heiko Maas
9
Einführung
11
150 Jahre Sozialdemokratie an der Saar – Erläuterungen
13
Eröffnungstafel
41
Die Gründungsphase
43
Die Anfänge der SPD-Saar
46
(Anti-)Sozialistengesetze
49
Aufschwung und terra incognita
52
Saarabien
55
„Zerbrecht die Sklavenfessel, macht Euch frei!“
58
Reichstagswahl am 12. Januar 1912
61
Das Saargebiet entsteht – (1920 bis 1935)
64
Die SPD-Saar in den 20er Jahren…
67
Die Arbeiterkulturbewegung
70
Die Arbeiterwohlfahrt
73
Die SPD-Saar vor 1933
76
Nie zu Hitler
79
Die Einheitsfront gegen Hitler
82
Die Saar im Dritten Reich: Ausgrenzung und Kriegswirtschaft
85
Die Saar im Dritten Reich: Verfolgung und Widerstand
88
Demokratischer Neubeginn: Die SPS
91
Errungenschaften und Krise der SPS
94
Der Kampf um das Saarstatut
97
Der Weg nach oben
100
Die SPD an der Regierung
103
Gesichter der Saar-SPD von 1952 bis heute
106
Zeittafel zur Geschichte der SPD an der Saar
111
Abbildungsnachweis
118
Literatur in Auswahl
122
5
Damit
unsere
Demokratie
lebendig
bleibt…
Bismarckstraße 99, 66121 Saarbrücken,
Telefon (0681) 906260 , Telefax (0681) 9062625
6
Vorwort
Friedel Läpple
Am 23. Mai 2013 wird die deutsche Sozialdemokratie
150 Jahre alt: An eben diesem 23. Mai 1863 wurde in
Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gegründet, in dessen kontinuierlicher Linie die Sozialdemokratische Partei Deutschlands steht.
Wie kein anderer Landesverband ist die Geschichte der
Sozialdemokratie an der Saar durch Sonderentwicklungen geprägt. Dies ist der Hintergrund für die Stiftung Demokratie Saarland, die sich
seit ihrer Gründung den Grundwerten der Sozialdemokratie und der Arbeiterbewegung verbunden fühlt, diese einzigartige Geschichte in gebührender Art und Weise in
Erinnerung zu rufen. So soll im Rahmen einer auf fünf Bände angelegten Schriftenreihe die Geschichte der Sozialdemokratie an der Saar von den Anfängen bis zur Gegenwart auf wissenschaftlicher Grundlage beschrieben werden. Darüber hinaus wird eine
23 Tafeln umfassende Ausstellung Zeugnis ablegen über die Geschichte der ältesten
demokratischen Partei in unserem Bundesland. Das vorliegende Begleitheft zur Ausstellung gibt in aller Kürze präzise Erläuterungen zu zeitgeschichtlichen Hintergründen und zu den auf den Tafeln verwendeten Abbildungsmaterialien.
Mit dieser Ausstellung wollen wir einem interessierten Publikum Entstehung und
Entwicklung der Sozialdemokratie in Saarregion, Saargebiet und Saarland anschaulich vor Augen führen. Anhand zahlreicher zeitgenössischer Bilder, Fotografien, Tabellen, Grafiken und Textdokumenten werden einzelne Details optisch ansprechend präsentiert. Die Ausstellung zeichnet einzelne Stationen des besonderen saarländischen
Weges im Kampf der sozialdemokratischen Bewegung um soziale Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie nach.
Ich danke den Ausstellungsmachern: Joachim Heinz und Dr. Hans-Joachim Kühn, die
für die Inhalte verantwortlich zeichnen. Mein Dank gilt aber auch der übrigen Redaktion Rudolf Strumm, Bernd Rauls und insbesondere Carmen Oschmann, die die Ausstellung grafisch gestaltet hat.
Es würde mich sehr freuen, wenn die gelungene Präsentation an vielen Orten innerhalb und außerhalb unserer Region gezeigt würde. Unser Ziel ist es insbesondere
auch bei einem jungen Publikum, das Bewusstsein für eine große Tradition wach zu
rufen, für die es sich auch in Zukunft zu engagieren lohnt.
Friedel Läpple
Stiftung Demokratie Saarland
7
8
Grußwort
Heiko Maas
Am 23. Mai diesen Jahres feiert die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ihr 150jähriges Jubiläum. In
dem Zeitraum seit 1863 hat die SPD sämtliche Höhen
und Tiefen der deutschen Geschichte, mit zwei Weltkriegen, der NS-Herrschaft, dem Kalten Krieg bis hin
zur Deutschen Einheit miterlebt. In all diesen Jahren
hat sich die Sozialdemokratie zum Wohle der Menschen
in unserem Land stark gemacht. Damals wie heute
gelten für uns dabei Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als Handlungsmaßstäbe.
Auch die Entwicklung und die Geschichte der Sozialdemokratie an der Saar wurden
von ganz besonderen historischen Ereignissen geprägt, welche mit der Rolle des
Saarlandes in den vergangenen 150 Jahren zusammenhängen. Vor diesem Hintergrund freue ich mich ganz besonders und bin sehr stolz darauf, dass es im Jubiläumsjahr der SPD erstmals eine Ausstellung mit dem Titel „150 Jahre Sozialdemokratie an
der Saar“ geben wird.
Auf 23 Tafeln wird die Wanderausstellung „150 Jahre Sozialdemokratie an der Saar“
erstmals alle wesentlichen Facetten der saarländischen Sozialdemokratie einschließlich der Arbeiterkulturbewegung darstellen. So erhalten die Besucher Informationen
über die Gründungsphase und die Anfänge der SPD Saar, die Zeit des ersten Weltkriegs, die Entstehung des Saargebiets und die schweren Jahre der Sozialdemokraten
in der NS-Herrschaft unter Hitler. Weiterhin zeigt die Ausstellung, wie sich die SPD
Saar als mitgliederstärkste Partei im Saarland nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt
hat und stellt dem Besucher dabei die entscheidenden Personen von damals und
heute vor.
Damit eine solch umfassende Ausstellung gezeigt werden kann, bedarf es einer Vielzahl von engagierten und tatkräftigen Helferinnen und Helfern. Aus diesem Grund
möchte ich allen an der Ausstellung „150 Jahre Sozialdemokratie an der Saar“ Beteiligten, sowie den zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern recht herzlich für
ihren Einsatz und das mit eingebrachte Herzblut danken. Ohne Sie wäre das alles
nicht möglich gewesen. Ganz besonders möchte ich an dieser Stelle der Stiftung
Demokratie Saarland und der Historischen Kommission der SPD Saar für ihre Arbeit
danken.
Heiko Maas
Landesvorsitzender der SPD Saar
9
10
Einführung
Mit der Ausstellung „150 Jahre Sozialdemokratie an der Saar“ wird erstmals ein Gesamtüberblick über die wesentlichen Phasen der saarländischen Sozialdemokratie
gegeben, deren Geschichte über viele Jahre Sonderentwicklungen gegenüber der
Geschichte der reichs- und bundesdeutschen Sozialdemokratie unterworfen war.
Bis 1933 waren neben der SPD auch die freien Gewerkschaften und die Arbeiterkulturbewegung Teil der deutschen sozialistischen Arbeiterbewegung, sodass auch auf diese Organisationen in angemessenem Umfang einzugehen war. Bernd Rauls und Rudolf Strumm gehörten wie Carmen Oschmann zum Ausstellungsteam, das die Konzeption und die Entstehung von Ausstellung und Begleitheft in vielen Besprechungen
unterstützend begleitet hat, wobei Carmen Oschmann der Dank für die graphische
Gestaltung der Ausstellung gilt. Dank gebührt auch vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern folgender Archive und Bibliotheken, die mit Kompetenz und Hilfsbereitschaft
bei der Beschaffung von Fotos und anderen Abbildungsmaterialien wesentlich zum
Gelingen der Ausstellung beigetragen haben: Landesarchiv Saarbrücken, Stadtarchiv
Saarbrücken, Archiv des Landtags des Saarlandes, Saarbrücker Zeitung, Historisches
Museum Saar, Internationales Institut für Sozialgeschichte Amsterdam, Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn, Bibliothek der Friedrich-EbertStiftung Bonn, Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek. Herrn Konsul a. D.
Harry Walter, Neuss, gilt der Dank für zwei Abdruckgenehmigungen.
Dank gilt auch der Stiftung Demokratie Saarland, ohne deren Finanzierung hätten
Ausstellung und Begleitheft nicht verwirklicht werden können. Das Begleitheft bildet
die Ausstellungstafeln jeweils auf drei Seiten nach, so dass Besucher/innen der Ausstellung sich auch später nochmals deren Inhalte genau vor Augen führen können.
Das Begleitheft zur Ausstellung kann kein Geschichtsbuch über 150 Jahre Entwicklung der Sozialdemokratie an der Saar sein. Es gibt in aller Kürze präzise Erläuterungen zu zeitgeschichtlichen Hintergründen und zu den auf den Tafeln verwendeten
Abbildungsmaterialien.
Für weitere Hintergründe sei verwiesen auf die mehrbändige „Geschichte der sozialdemokratischen Bewegung an der Saar von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert“,
herausgegeben von Reinhard Klimmt, Wilfried Busemann, Joachim Heinz, Bernd Rauls,
Rudolf Strumm. Der Band 3 (Wilfried Busemann, Den eigenen Weg gehen. Die Selbstfindung der Sozialdemokratie an der Saar 1945 bis 1968) erscheint im Sommer 2013.
Saarbrücken, im März 2013
Joachim Heinz
Hans-Joachim Kühn
11
12
150 Jahre
Sozialdemokratie an der Saar –
Erläuterungen zur Ausstellung
23. Mai 1863
Der 23. Mai 1863 gilt als der Gründungstag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands; in Leipzig wurde damals auf Vorschlag von Ferdinand Lassalle der Allgemeine
Deutsche Arbeiter-Verein (ADAV) gegründet und er selbst zum ersten Präsidenten
gewählt.
Die Bewegung ist älter
Unbestritten ist, dass die ideologischen Wurzeln und auch die personellen Verknüpfungen des ADAV auf die Revolution 1848/49 zurückgreifen. Die auf Tafel 1 oben
abgebildete Traditionsfahne des ADAV,
die zum zehnjährigen Gründungsdatum
1873 entstand, spielt durch den in der
Mitte der Fahne abgebildeten Handschlag
auf die 1848 von Stephan Born gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverbrüderung an, die den Handschlag als Symbol der Stärke und der Einheit verwandte. Aber auch die im Vormärz im Ausland
(Schweiz, Frankreich Belgien, England)
entstandenen Vereine wandernder deutscher Handwerkergesellen und emigrierter Intellektueller, wie z.B. Bund der Geächteten, Bund der Gerechten und der
Bund der Kommunisten gehören zum
„Vorhofflimmern1 der deutschen Arbeiterbewegung und der SPD.
Die Hoffnungen Lassalles, der 1864 an
den Folgen von Verletzungen, die er sich
bei einem Duell zugezogen hatte, starb,
auf ein schnelles Wachstum der neuen
Partei erfüllten sich nicht. Zahlreiche Arbeitervereine in Deutschland, u.a. auch
August Bebel mit seinem gewerblichen
SPD-Mitgliedsbuch von Wilhelm Lawall, geboren am
27. 04. 1908, OV Dudweiler, Beitritt am 01. 07. 1925.
Wilhelm Lawall war 1947 Mitglied bzw. stellvertretendes Mitglied der Verfassungskommission des
Saarlandes.
1) Manuel Gogos, Vorhofflimmern – Charisma und Charismatiker der frühen Arbeiterbewegung, in: Anja Kruke/Meik Woyke
(Hrsg.) Deutsche Sozialdemokratie in Bewegung 1848-1863-2013, Berlin 2012, S.16-27
13
Bildungsverein in Leipzig, schlossen sich dem ADAV nicht an. Machtkämpfe im ADAV
in der Nachfolge Lassalles führten zu Abspaltungen. Autoritäre Führungsstrukturen im
ADAV schreckten zusätzlich zahlreiche Arbeiter von der Mitgliedschaft ab. Politisch
spalteten Streitpunkte über die Rolle der Gewerkschaften oder die Frage nach der
nationalen Ausrichtung des Deutschen Reiches (mit oder ohne Österreich) die deutsche Arbeiterbewegung. 1869 entstand in Eisenach mit der von August Bebel und
Wilhelm Liebknecht gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) eine
zweite sozialdemokratische Partei, die
Spaltung vertiefte sich. Mit der „kleindeutschen“ Gründung des Deutschen
Reiches 1871 fiel ein wesentlicher Streitpunkt zwischen den konkurrierenden
Parteien weg. Vor allem aber die Erfahrungen der Unterdrückung durch staatliche Behörden, gesetzliche Maßnahmen
und Unternehmerwillkür, die für beide
Parteien gleich waren, ließ den Ruf nach
Parteieinheit bei den Arbeitern immer
deutlicher werden. Im Mai 1875 wurde
schließlich auf dem Einigungsparteitag in
Gotha die Sozialistische Arbeiterpartei
(SAP) gegründet. Das Gedenkblatt zum
Gothaer Einigungsparteitag (Tafel 1 Mitte) greift wieder das Symbol des Handschlags auf - Bildmitte oben -, was hier
sicherlich auf die konkrete Einigungssituation bezogen ist. Neben der namentlichen Nennung der Kongressdelegierten
sind führende Funktionäre beider ParteiSPD-Mitgliedskarte von Rudolf Strumm, sen., geboren am 27. 02. 1900, OV Elversberg, Beitritt am 29.
en abgebildet. Friedlich neben einander
08. 1922. Er war von 1929 bis 1935 Vorsitzender des
in der Bildmitte sind die ideologischen
„Arbeiter-Theater-Verein Elversberg“. Von 1945 bis
Väter der geeinten Sozialdemokratie ab1965 Vorsitzender der AWO-Altenwald, zeitweise Vorsitzender der SPD Altenwald und Stadtrat in Sulzgebildet: Karl Marx und Ferdinand Lassbach.
alle. Friedrich Engels fehlt übrigens. Dieses Bild täuscht eine (ideologische) Einheit vor, die es in Wirklichkeit nicht gab. Marx und Engels hatten heftige Kritik am
Gothaer Programmentwurf geübt. Für die Parteieinheit erwies sich das Gothaer Programm allerdings als eine gute Grundlage, der Aufstieg der Sozialdemokratie zur
Massenpartei begann. Rückblickend hielt Bebel in seinen Erinnerungen fest: „…es
war kein leichtes Stück, mit den beiden Alten in London sich zu verständigen.“2
Als das Erinnerungsblatt an den 50. Jahrestag der Gründung des ADAV 1903 erschien
(Tafel 1 unten), war die SPD zur Massenpartei und die deutsche sozialistische Arbeiterbewegung zur Massenbewegung geworden. Am oberen Bildrand des Erinnerungsblattes sind die ideologischen Väter Engels, Lassalle und Marx abgebildet sowie die
2) August Bebel, Aus meinem Leben. Ungekürzte Ausgabe. Mit einer Einleitung von Brigitte Brandt, Berlin Bonn 1986, S.428.
Dort auch die spannend zu lesende Darstellung der Vorgeschichte der Einigung, S.386ff.
14
Namen der Gründungsmitglieder des ADAV vom 23. Mai 1863 aufgeführt. Ihrer politischen Bedeutung für die Entwicklung der SPD entsprechend sind die Porträts von
Wilhelm Liebknecht und August Bebel hervorgehoben. Die Quintessenz des Kommunistischen Manifests von 1848, „Proletarier aller Länder vereinigt Euch“ steht in großen Lettern in der Bildmitte sowohl als historischer Hinweis auf die Wurzeln der SPD
als auch als aktuelle Tageslosung, alle Proletarier in der sozialistischen Bewegung zu
vereinen, wovon die deutsche Arbeiterbewegung 1903 trotz des schon gewonnenen
Massenanhangs noch weit entfernt war. Dass die Arbeiterkultur, insbesondere auch
der Arbeitergesang um die Jahrhundertwende eine große Rolle in der sozialistischen Arbeiterbewegung spielte, kommt
durch das Bildnis dreier berühmter Arbeiterdichter und einem kurzen Auszug
aus ihren bekannten Liedern (das Bundeslied von Georg Herwegh, die Arbeiter-Marsaillaise von Jakob Audorf und der
Sozialistenmarsch von Max Kegel) zum
Ausdruck. Abgerundet wird das Erinnerungsblatt an den beiden Außenseiten
mit Porträts führender Sozialisten aus den
Anfangsjahren der Bewegung und am
unteren Bildrand mit Porträts 1903 aktuell führender SPD-Funktionäre.
Die Anfänge der SPD Saar
Von der Entwicklung der Sozialdemokratie in Deutschland, den beiden Parteigründungen 1863 und 1869 wurde in saarländischen Zeitungen zwar berichtet, das
stetig wachsende Industrierevier an Saar
und Blies blieb aber selbst weitgehend
Mitgliedsbuch der „Naturfreundeheim - eingetragene
unberührt von der neuen Bewegung. Bis
Baugenossenschaft m.b.H.“ zum Bau des NaturEnde der 1860er Jahre sind einige Streiks
freundehauses Kirkel mit Sitz in Saarbrücken von Paul
Trapp, Saarbrücken, Beitritt am 15. 04. 1925.
und gewerkschaftliche Gründungsversuche nachweisbar. ADAV und SDAP begannen zunächst vergebens ihre Fühler im Saarrevier auszustrecken. Über den Versuch
hinaus, Namen von vertrauenswürdigen (Berg-)Arbeitern als Ansprechpartner im Saarrevier zu erhalten, ist nichts bekannt. Als eine der ersten bekannten nachweisbaren
Aktionen gilt eine am 4. August 1872 im Baldes’schen Braustübl in der St. Johanner
Bahnhofstraße durchgeführte öffentliche sozialdemokratische Versammlung (Tafel 2
oben und Mitte). Die Anfänge der sozialdemokratischen Bewegung müssen aber schon
früher liegen. Immerhin wurde die Versammlung eingeladen von einem Schreiner aus
St. Johann, Ernst Zimmermann, der vorher von der Eisenbahnwerkstätte in St. Johann
15
entlassen worden war. Er muss zur Durchführung der Veranstaltung den Kontakt
hergestellt haben, entweder zum Vorstand der SDAP oder direkt zu den beiden Wanderagitatoren, die aus Mainz
nach St. Johann gekommen waren, aber
darüber wissen wir nichts. Über die Versammlung wurde sowohl in saarländischen Zeitungen als auch im „Volksstaat“,
der Zeitung der SDAP (Tafel 2 Mitte) ausführlich berichtet. Die beiden Wanderagitatoren - damals eine übliche Methode
die Ideen und Ziele der Sozialdemokratie zu verbreiten - Josef Leyendecker und
Anton Zierfaß waren sowohl in der SDAP
als auch in Gewerkschaftsorganisationen
aktiv und überregional bekannt. Der Korrespondent des „Volksstaats“, der aus
St. Johann berichtete, meldete, dass „die
Herren Leyendecker und Zierfaß“ über die
Arbeiterbewegung referierten. „Die Redner wiesen nach, wie bei den heutigen
Zuständen überall das Bedürfnis und die
Nothwendigkeit hervortrete, daß die ArTeilnehmerkarte vom Jugend-Sport-Fest des „Arbeiter-Turn- und Sportbundes, Landesverband Saargebiet
beiter sich zu Genossenschaften vereie.V.“ am 8. Juli 1934 in Güdingen von Herbert Veit
nigten…“ und die Versammlung beaus Sulzbach-Altenwald.
schließt „sofort zur Gründung von Gewerkschaften zu schreiten …“ Nach dem
Bericht im „Volksstaat“, der von Ernst Zimmermann stammt, erläutert Leyendecker
am Beispiel eines Artikels der liberalen Saarbrücker Zeitung die „Corrumpirtheit der
heutigen Presse“ und ging auf „eine hier stattgefundene Maßregelung resp. Entlassung ...“ ein; es dürfte unstrittig sein, dass damit die Entlassung Zimmermanns aus
der Königlich Preußischen Eisenbahnwerkstätte gemeint war. Der Redner schloss mit
den Worten: „Auch hier beginnt die Dämmerung zu weichen“. In der Folgezeit lassen
sich in St. Johann und Saarbrücken, kaum darüber hinaus, kleinere Aktivitäten einer
sozialdemokratischen Bewegung belegen.
Die Reichstagswahl 1877
Zu verstärkten, nachweisbaren Aktivitäten kam es erst 1876/77 wieder. In St. JohannSaarbrücken hatte sich eine kleine Parteigruppe als Verein konstituiert, dessen Vorsitzender der schon bekannte Ernst Zimmermann war. Gleichzeitig wurde die Bewegung
durch das erneute Auftreten von Wanderagitatoren belebt. Im Frühjahr 1876 agitierte
der Uhrmacher Carl Rudolph Hackenberger in den Saarstädten, wurde aber schon
16
bald wegen „Aufreizung zum Klassenhaß“ angeklagt und zu einem Jahr Gefängnis
verurteilt. Hackenberger, der ursprünglich aus Marienburg in Westpreußen stammte
und nachweislich dort schon für die Sozialdemokratie tätig war, hatte sich als Vorsitzender des Arbeiterbildungsvereins Pforzheim und als viel gefragter Wanderredner
einen Namen gemacht. Hackenberger war auch der erste Kandidat, der in einem
saarländischen Reichstagswahlkreis als Zählkandidat für die Sozialdemokratie aufgestellt wurde. Der inhaftierte Hackenberger wurde im Wahlkreis Saarbrücken zur Reichstagswahl vom 11. Januar 1877 aufgestellt und erhielt im gesamten Wahlkreis 324
Stimmen, 240 davon im Bereich der späteren Großstadt Saarbrücken. Vereinzelte
Stimmen für Hackenberger wurden aber auch in Bergarbeiterdörfern (Dudweiler, Quierschied, Püttlingen, Altenkessel und Sulzbach-Altenwald) abgegeben. Dies ließ die
Königliche Bergwerksdirektion Saarbrücken hellhörig werden, wollte sie doch auf
jeden Fall und mit jedem Mittel ein Übergreifen der sozialdemokratischen Bewegung
auf die Bergarbeiterbevölkerung verhindern.
Mitgliedskarte der „Einheitsfront für den Status Quo“ mit den Unterschriften von Max Braun (SPD) und Fritz
Pfordt (KPD-Saar).
Die Freie Volksstimme
Mit dem Zuzug des jungen, aus Braunschweig stammenden, Agitators Harry Kaulitz
nach St. Johann im Januar 1877 erhielt die sozialistische Bewegung an der Saar eine
neue Qualität. So fand unter seiner Leitung im April 1877 erstmals eine öffentliche
17
Geburtstagsfeier im Gedenken an Ferdinand Lassalle im Saarrevier statt und Kaulitz
nahm im Mai 1877 als erster Delegierter aus dem Saarrevier für St. Johann an dem
Parteitag der SAP (Sozialistische Arbeiterpartei) teil. Höhepunkt und gleichzeitig Anfang vom Ende dieser Entwicklungsphase der saarländischen Sozialdemokratie stellt
die von Kaulitz und dem inzwischen aus der haft entlassenen Hackenberger gemeinsam verantwortete Herausgabe der ersten sozialistischen Zeitung im Saarrevier, „Freie
Volksstimme - Organ für die Bevölkerung des Saar-Gebiets“ dar. Erstmals werden auf
Tafel 2 unten komplette Seiten dieser Zeitung, Seite 1 und Seite 4 der Nr. 1 vom 1. Juli
1877 nachgedruckt. Interessant ist besonders Seite 4. Die Versammlungsankündigungen zeigen die große Aktionsdichte der beiden Agitatoren Kaulitz und Hackenberger.
Im Zeitraum 30. Juni bis 8. Juli 1877 werden zwei Sitzungen der „Preß-Commission“
der „Freie Volksstimme“ und fünf öffentliche Versammlungen angekündigt. Überraschend ist die hohe Anzahl von Anzeigen lokaler Gewerbetreibender. Zehn Annoncen
von Geschäftsleuten aus St. Johann, Saarbrücken und Malstatt-Burbach sind abgedruckt. Teilweise lassen sich die Geschäftsleute als aktive Sozialdemokraten und
Mitglieder der „Preß-Commission“ identifizieren. Das Erscheinen der Zeitung „Freie
Volksstimme“, aber auch der Versuch der Sozialdemokratie, ihre Versammlungen auf
die Wohnorte der Bergleute auszudehnen, rief den konzertierten Widerstand staatlicher Behörden und großer saarländischer Arbeitgeber gegen die Sozialdemokratie an
der Saar hervor.
Mitgliedsbuch der „Union des Réfugiés Sarrois en France“ (Vereinigung der Saar-Flüchtlinge in Frankreich) von
Wilhelm Lawall, Verwaltungssekretär aus Dudweiler. Er war 1935 mit seiner Frau Herta nach Mirande im
Departement Gers in Frankreich emigriert. Die Karte trägt die Unterschrift des Vorsitzenden Karl Mössinger
(SPD).
Das „Sozialistengesetz“ der Saarindustrie
Schon im Frühjahr 1877 hatten die Behörden mit Hausdurchsuchungen bei bekannten
Sozialdemokraten und der polizeilichen Auflösung sozialdemokratischer Versammlungen versucht, die Bewegung zu ersticken. Am 6. Juli 1877 holten die privaten und
staatlichen Arbeitgeber an der Saar bei Anwesenheit des Saarbrücker Landrats von
Geldern zum großen Schlag aus: sie beschlossen das sog. Sozialistengesetz der Saarindustrie (Tafel 3 Mitte). Es war natürlich kein Gesetz im formalen Sinn wie etwa das
18
Bismarck’sche Sozialistengesetz vom Oktober 1878, das durch den Reichstag beschlossen wurde. Es war eine private Absprache aller bedeutenden Arbeitgeber im
Saarrevier, auch der staatlichen, vor allem des Preußischen Bergfiskus, zur kompromisslosen, vor rechtswidrigen Maßnahmen nicht zurück scheuenden Unterdrückung
jeder Art von eigenständiger Arbeiterbewegung oder deren Unterstützung durch Dritte, z.B. durch die Bereitstellung von Versammlungslokalen. Die Durchsetzung dieser
Absprache wurde auch von staatlichen Behörden (Landrat, Polizeibehörden, Bergbehörde) unterstützt; effektive Gegenwehr
oder gar Rechtsmittel gab es für Betroffene nicht, wie sich in der Folgezeit zeigen sollte. Spiritus rector dieser umfassenden Unterdrückungsmaßnahmen war
der Neunkircher Hüttenindustrielle und
Reichstagsabgeordnete Carl Ferdinand
Stumm (Tafel 3 unten). Rücksichtslos,
egoistisch, seine Marktmacht missbräuchlich ausnutzend und gewissenlos auch
gesetzliche Schranken und Rechte DritQuittung über 0,50 Reichsmark (RM) Aufnahmegebühr
ter missachtend hat er im Kampf gegen
und 0,50 RM Mitgliedsbeitrag für den am 01. 06. 1946
dem Ortsverein Otzenhausen der SPD beigetretenen
die sozialistische Arbeiterbewegung im
späteren Nonnweiler Bürgermeister Egon Meier, geSaarrevier die Grundlagen für ein, über
boren am 02. 01. 1925. Otzenhausen gehörte ab dem
seinen Tod hinaus wirksames System der
1. 8. 1946 zum Saarland, der Ortsverein gehörte zuvor
zum Unterbezirk Trier im Bezirk Obere Rheinprovinz.
Rechtlosigkeit, Ausbeutung und sozial
verbrämten Unterdrückung (Wohlfahrtseinrichtungen) initiiert. Die Definitionsmacht darüber, wer als Sozialdemokrat anzusehen ist und welche Handlungen durch das sog. Sozialistengesetz der Saarindustrie
sanktionswürdig sind, behielt er sich vor. „Saarabien“ und „Deutschrußland“ waren
weit über die sozialistische Arbeiterbewegung hinaus reichsweit gebräuchliche Synonyme für die politische Unterdrückungskultur im „Königreich Stumm“. Alle fünf Redakteure der „Freie Volksstimme“ gehörten zu den ersten Opfern der Sozialistenhatz
im Saarrevier. Die „Freie Volksstimme“ musste nach der siebten Ausgabe ihr Erscheinen einstellen. An den beiden Hauptagitatoren wurde ein abschreckendes Exempel
statuiert, sie wurden zu je zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Wirksam aber war
das System. Über viele Jahre fanden sozialdemokratische und gewerkschaftliche Aktivitäten im Saarrevier fast nur noch im Untergrund statt. Bismarcks Gesetz gegen die
gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie - 1878 bis 1890 - (vgl. Tafel 3
oben) fand im Saarrevier kaum noch Sozialdemokraten vor. Die Zeichnung auf Tafel 3
oben stammt von Robert Holoch aus dem Jahr 1879. Der Künstler hat Bismarck zahlreiche Maßnahmen, die vom Reichskanzler gegen politische Gegner, besonders auch
die sozialistische Arbeiterbewegung initiiert waren, bzw. gegen diese wirkten, im
wahrsten Sinne des Wortes ins Gesicht geschrieben. Neben Polizeispitzeln oder der
Bestechung von Journalisten durch den Reptilienfond nimmt das Sozialistengesetz
mit seinen Möglichkeiten der Ausweisungen von sozialdemokratischen Agitatoren aus
ihrer Heimatstadt und des kleinen Belagerungszustandes über Zentren der Sozialdemokratie, eine zentrale Rolle ein.
19
Die „Große Streikzeit“
Das Auslaufen des Bismarck’schen Sozialistengesetztes zum 30. September 1890 spielte
für die Sozialdemokratie im Saarrevier wegen der Fortdauer des regionalen „Sozialistengesetzes“ nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings gelang der Sozialdemokratie
und den freien Gewerkschaften im Windschatten der „Großen Streikzeit“ 1889 bis
1893 ein kurzer neuer Aufschwung.
Miserable Lohnverhältnisse, lange Arbeitszeiten, schlechte Behandlung durch die Vorgesetzten und ein weit verbreitetes System von Bestechlichkeit und Korruption bildeten den Nährboden für das massenhafte Aufbegehren der Saarbergleute. Erstmals in
der Geschichte des Saarbergbaus nahmen die Bergleute die Durchsetzung ihrer Rechte selbst in die Hand. Streikrecht, Koalitionsfreiheit, Versammlungs- und Pressefreiheit, ja, die Behandlung als gleichberechtigter Mensch standen für sie, wie auch für
die Arbeiter in der Hüttenindustrie an der Saar, bisher nur auf dem Papier. Mit dem
Rechtsschutzverein (RSV) der Saarbergleute und in dessen Schatten dem „Alten Verband“, dem freigewerkschaftlichen Bergarbeiterverband (Tafel 4 oben), gelang es
erstmals eigenständige Organisationen mit Massenanhang an der Saar zu bilden. Das
Foto auf Tafel 4 oben, das die Delegierten des 1. Bergarbeitertages in Halle 1890
zeigt, ist von besonderem Interesse für die saarländische Bergarbeiterbewegung, weil
nicht weniger als zwölf Delegierte aus dem Saarrevier (elf aus dem preußischen Teil
und ein Vertreter aus St. Ingbert) abgebildet sind.
Vorläufiger Ausweis der „Sozialdemokratischen Partei Bezirk Saar“ des Verwaltungsangestellten Josef Hoffmann, geboren am 06. 08. 1920, OV Sulzbach, Beitritt am 01. 04. 1946.
20
Anfangs von der Zentrumspartei in Person des Trierer Kaplans Georg Friedrich Dasbach gefördert, entzogen Zentrum und Katholische Kirche der Bergarbeiterbewegung
ihre Unterstützung und verteufelte sie als „sozialdemokratisch“, je mehr sie Eigenständigkeit und Selbstbestimmung zu wahren versuchte. Wie groß das Verlangen
speziell unter den Bergarbeitern nach einer eigenständigen, unabhängigen Interessenvertretung war, zeigen die Ergebnisse der Reichstagswahl vom 20. Februar 1890,
als Vertreter des Rechtschutzvereins (RSV) als Arbeiterkandidaten - nicht als Kandidaten der SPD, die aber im Gegensatz zum Zentrum auf die Aufstellung eigener Kandidaten verzichtete - in den preußischen
Reichstagswahlkreisen an der Saar kandidierten und beachtliche Stimmenergebnisse erzielten. Der Führer des RSVs, Nikolaus Warken, verpasste im Wahlkreis
Saarbrücken nur knapp die Stichwahl
gegen Bergrat Pfaehler, der das Mandat
für die Nationalliberalen mit knapper
absoluter Mehrheit gewann.
Im Windschatten der Bergarbeiterbewegung startete auch die SPD einen neuen
Versuch, im Saarindustrierevier Fuß zu
fassen. Mit dem aus Frankfurt/Main ins
Saarrevier beorderten Metallarbeiter Leopold Emmel (Tafel 4 unten) schickte der
Parteivorstand einen erfahrenen Funktionär, der mit Hilfe einheimischer Sozialdemokraten versuchte, eine gefestigte
Struktur für den Aufstieg der Saar-SPD
zu formen. Es gelang zwar, mit der Zeitung „Bote von der Saar“ über zwei JahMitgliedskarte der „Sozialdemokratischen Partei Saar“
re hinweg zum zweiten Mal eine saarlänvon Heinrich Müller, geboren am 22. 05. 1909, OV
Güdingen, Beitritt am 01. 12. 1945.
dische SPD-Zeitung herauszugeben, zahlreiche Versammlungen mit überregional
bekannten Sozialdemokraten, u.a. mit
Wilhelm Liebknecht und dem „Roten Pfalzgraf“ Franz Josef Ehrhart und als Höhepunkt eine Versammlung mit dem Parteivorsitzenden August Bebel im Bildstocker
Rechtsschutzsaal (Tafel 4 Mitte) durchzuführen und ein gewisser, wenngleich auch
kein bestimmender Einfluss im RSV konnte durch die Sozialdemokratie errungen
werden. Auch nahm mit dem rührigen Dudweiler Sozialdemokraten Nikolaus Fries
erstmals ein Saarländer als Delegierter an einem Parteitag der deutschen Sozialdemokratie, am Erfurter Parteitag 1891, teil. Eine langfristige Stabilisierung der Partei im
Saarrevier misslang aber. Mit dem Niedergang des RSVs und der brutalen Unterdrückung jeglicher Formen autonomer (Berg-)Arbeiterbewegung durch die Königliche
Bergwerksdirektion, den preußischen Behördenapparat und das Arbeitgeberkomitee
unter Führung von Stumm, die die Regelungen des „Sozialistengesetzes“ der Saarin-
21
dustrie auch weiterhin für gültig erklärten und rücksichtslos umsetzten, ging
auch der kurze Aufschwung der Sozialdemokratie zu Ende. Die Ansätze der
sozialistischen und gewerkschaftlichen
Bewegung an der Saar wurden zerschlagen und auf einige wenige Akteure aus
Handwerksberufen im Bereich der Städte St. Johann und Saarbrücken reduziert.
Die Saarregion war für die SPD wieder
„terra incognita“, wie Bebel schon 1891
in einem Schreiben an den Redakteur des
Organs des RSVs „Schlägel und Eisen“,
Peter Braun, formuliert hatte.
Ära Stumm
Das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts
wird auch „Ära Stumm“ genannt, weil der
SPS-Mitgliedsbuch, Nummer 14335, von Heinz
saarländische Hüttenindustrielle reichsGrandmontagne, geboren am 05. 04. 1922, OV Altweit, aber auch im Saarrevier den HöheSaarbrücken, Beitritt am 31. 08. 1954. Heinz
punkt seines politischen Einflusses erGrandmontagne war Geschäftsführer der SAAR MESSE.
reicht hatte. In diesem Zenit deutete sich
aber auch der Niedergang seines „patriarchalischen Despotismus“, des Systems Stumm, an. Zwar blieb das „Sozialistengesetz“ der Saarindustrie weiter in Kraft und die großen freien Gewerkschaften der
Berg- und Metallarbeiter konnten im hoch industrialisierten Saarrevier kaum Mitglieder gewinnen. Aber in den Saarstädten St. Johann und Saarbrücken bildeten die
Handwerkergewerkschaften, insbesondere im Baubereich (Maurer, Holzarbeiter, Tischler, Zimmerleute), stabile gewerkschaftliche Strukturen. So wurde Ende des 19. Jahrhunderts in St. Johann ein Gewerkschaftskartell der freien Gewerkschaften gegründet.
Auch die Sozialdemokratie konnte ab der Jahrhundertwende, weiterhin mit dem klaren Schwerpunkt im Bereich St. Johann-Saarbrücken, wieder Tritt fassen. 1898 wurde
in St. Johann ein Sozialdemokratischer Wahlverein gegründet, in St. Ingbert entstand
1899 ein sozialdemokratischer Verein.
Osterroth, Böckler und Co.
Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts trugen Nikolaus Osterroth, ein entlassener
Bergmann aus der Pfalz, der spätere DGB-Vorsitzende Hans Böckler, der Ende 1903
als Angestellter des Deutschen Metallarbeiterverbandes aus Fürth ins Saarrevier kam
(Tafel 6 oben und Mitte) und Hans Portenkirchner, ein Funktionär des Bergarbeiterverbandes, der ab 1904 das Arbeitersekretariat St. Johann leitete, die Hauptlast beim
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Aufbau sozialdemokratischer und freigewerkschaftlicher Strukturen. Im August 1903
wurde mit Nikolaus Osterroth an der Spitze das Agitationskomitee für das preußische
Saarrevier, die bayrische Saarpfalz und den Wahlkreis Saargemünd gegründet, man
kann vom Gründungsdatum des Landesverbands Saar der SPD sprechen. Ab 1905
erschien für vier Jahre zum dritten Mal eine saarländische SPD-Zeitung, „Saarwacht“.
Trotz all dieser Bemühungen blieben die Erfolge sehr begrenzt, die Zahl der SPDMitglieder im Saarrevier vor 1914 blieb deutlich unter 1000.
„Saarabien“ vor Gericht
Nach Stumms Tod 1901 hatten der Vorsitzende der Bergwerksdirektion Ewald Hilger
(Tafel 5 Mitte) und der Syndikus der Handelskammer Saarbrücken Dr. Alexander Tille
(Tafel 6 unten) dessen sozialpolitisches Erbe als Kämpfer gegen sozialdemokratische
Umtriebe übernommen. Hilger, von seinen Gegnern spöttisch „Saarbismarck“ genannt,
wurde mit seinen Unterdrückungsmethoden, mit dem System der Schwarzen Listen,
Wahlbeeinflussungen und Korruptionspraktiken (Tafel 5 oben und unten, 7 oben) im
Hilger-Krämer-Prozess bloß gestellt. Zwar gewann er formaljuristisch den Prozess
gegen den ehemaligen Bergmann und Sozialdemokraten Karl Krämer, der entlassen
worden war, weil er in St. Ingbert eine Versammlung des Bergarbeiterverbandes besucht hatte. Als aber der sozialdemokratische Vorwärts-Verlag den Prozessbericht als
Broschüre „Saarabien vor Gericht“ (Tafel 5 Mitte) verbreitet, wurde das Klima der
Einschüchterung, der „Stickluft“, die keinen Raum für freies Atmen ließ, wie es der
damals schon renommierte deutsche Soziologe Max Weber ausdrückte, im ganzen
Reich bekannt und Hilger nahm seinen Abschied vom Vorsitz der Bergwerksdirektion
Saarbrücken; er verließ das Saarrevier Richtung Oberschlesien, wo er zukünftig seine
sozialpolitischen Heilslehren als Direktor der Laurahütte verbreitete.
Die Risse, die das saarabische System vor 1914 erhielt, die kleinen Erfolge der Sozialdemokratie auch außerhalb der Großstadt Saarbrücken - so wurden sozialdemokratische Vereine gegründet u.a. in Neunkirchen, Illingen, Schiffweiler, Blieskastel und
Homburg - brachten das System aber vor 1918 nicht zu Fall.
Reichstagswahl 1912
Während die Sozialdemokratie bei der Reichstagswahl im Januar 1912 (Tafel 7 Mitte)
einen großen Erfolg errang, 110 Abgeordnete im Reichstag stellte und erstmals auch
prozentual die meisten Wählerstimmen aller Parteien errang, blieb das Preußische
Saarrevier für die Sozialdemokratie Diaspora. Die kümmerlichen 7,8 Prozent der
Stimmen im Wahlkreis Saarbrücken, waren noch das deutlich beste Wahlergebnis in
den drei preußischen Saarwahlkreisen. Wesentlich besser, wenn auch deutlich hinter
dem Reichsdurchschnitt von 34,8%, waren die Ergebnisse in der bayerischen Saarpfalz (Tafel 7 unten).
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Das Saargebiet entsteht
Die Entstehung des Saargebietes nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg
erfolgte in mehreren Schritten. Während die Saarländer bei den Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung in Weimar im Januar 1919 noch mitwählten, verfolgten
französische Politiker zunächst unverhohlen eine Annexionspolitik, die die Saarregion
unter der französischen Bezeichnung „Sarre“ bereits als französisches Département
betrachtete. Die preußisch-deutschen und bayerischen Briefmarken mit der Germania
und dem Bild König Ludwigs III. zeigen dies durch den Aufdruck „Sarre“ (Tafel 8
Mitte) ebenso wie das große Denkmal in Verdun, wo die Saar unter den Namen der
französischen Départements rangiert: Freilich konnte die französische Politik diese
harte Linie gegenüber den britischen und amerikanischen Alliierten nicht durchsetzen
und das neu gebildete Land an der Saar wurde unter dem Namen Saargebiet der
Verwaltung des neu gegründeten Völkerbundes in Genf unterstellt; in der Regierungskommission hatte in den ersten Jahren ein Franzose - 1920 bis 1926 Victor Rault den Vorsitz, was die dominierende Stellung Frankreichs an der Saar deutlich zeigt; in
der Regierungskommission war auch ein Saarländer vertreten, so ab 1924 Bartholomäus Koßmann. Die französische Währung wurde 1922 schrittweise im Saargebiet
eingeführt (vgl. die Briefmarken, Tafel 8 Mitte), was die saarländische Bevölkerung
vor der im Deutschen Reich nun galoppierenden Inflation bewahrte.
SAJ-Mitgliedskarte, Nummer F 62, von Heinz Grandmontagne, Ortsverband „Viktor Adler“ in Saarbrücken,
Beitritt am 10. 02. 1955.
Militärische und paramilitärische Einheiten
Der Einsatz französischen Militärs während der „Spartakuskrawalle“ (Tafel 8 oben)
und die Stationierung nordafrikanischer Kolonialtruppen als französische Besatzungssoldaten an der Saar zeugt einerseits nicht gerade von feinem Fingerspitzengefühl
der französischen Militärregierung und der Regierungskommission des Völkerbundes,
hatte man sich doch noch wenige Jahre zuvor erbittert im Schützengraben gegenübergelegen; andererseits lassen sich manche Reaktionen der saarländischen Öffentlichkeit im Umgang mit den ausländischen Truppen nur rassistisch deuten.
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Das Bild, das beim Pfingsttreffen des Rotfrontkämpferbundes 1930 in Neunkirchen
entstand (Tafel 8 unten), ist eine der wenigen erhaltenen Photographien, die die
paramilitärisch organisierten Einheiten der verschiedenen Parteien zeigen. Diese hatten die Aufgabe des Ordnungsdienstes bei größeren Veranstaltungen; es kam aber
immer wieder, vor allem zwischen Angehörigen des kommunistischen Rotfrontkämpferbundes und der nationalsozialistischen Sturm-Abteilung (SA) zu Schlägereien in
Wirtshäusern und auf der Straße; so konnten auch die tragenden Parteien der Weimarer Republik (SPD, Zentrum) nicht darauf verzichten, als friedliches Pendant zu den
genannten Institutionen das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold aufzustellen, das es auch
im Saargebiet gab, wo sich freilich das Zentrum nicht daran beteiligte.
Mitgliedskarte Nummer 202 der „Arbeiter-Wohlfahrt für das Saarland e. V.“, Ortsgruppe Dudweiler, von Wilhelm
Lawall.
Die Sozialdemokratische Partei des Saargebiets
Die Niederlage im Ersten Weltkrieg brachte es mit sich, dass die SPD nun schnell die
Ziele erreichte, für die sie im Kaiserreich so lange und unermüdlich gekämpft hatte
(Demokratie, Achtstundentag, Betriebsräte, Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften, Frauenwahlrecht, eine moderne Zivilgesellschaft). Es war selbstverständlich, dass sich
Sozialdemokraten an dem kurzen Zwischenspiel der Arbeiter- und Soldatenräte im
November 1918 beteiligten, das bis heute erst in Ansätzen erforscht ist. Es ist kein
Zufall, dass zahlreiche Ortsvereine der SPD an der Saar Ende 1918 oder im Verlauf des
Jahres 1919 entstanden sind, denn erst jetzt konnte man sich ohne Schikanierung
durch Behörden und Polizei selbst organisieren.
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Trotz aller materiellen Not in der Arbeiterschaft bei der Stillung unmittelbarer menschlicher Grundbedürfnisse - Hunger, Kleidung, Wohnverhältnisse - , besonders in der
unmittelbaren Nachkriegszeit und dann wieder verstärkt durch die Arbeitslosigkeit in
Folge der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger und Anfang der dreißiger Jahre
können diese Jahre doch auch als Blütezeit der Arbeiterkulturbewegung gelten: Große
Teile der arbeitenden Bevölkerung engagierte sich aus eigenem Antrieb in Sport- und
Musikvereinen (Tafel 10 Mitte) und in der Arbeiterwohlfahrt (Tafel 11), die sich den
Idealen einer sozialen und demokratischen Gesellschaft verschrieben und somit zur
Verbreitung und Festigung des auf friedlichen Interessenausgleich nach außen und
innen gerichteten Gedankenguts beitrugen.
Als Wermutstropfen in dieser an sich erfreulichen Entwicklung kann die Spaltung der
linken Arbeiterschaft in Kommunisten und Sozialdemokraten gewertet werden. Auf
Kosten der auf Ausgleich bedachten SPD konnte die stärker gegen das katholische
Zentrum und die aufkommenden Nationalsozialisten polarisierende KP des Saargebietes immer mehr politischen Einfluss gewinnen (Tafel 9 Mitte); die Zerstrittenheit
der Arbeiterparteien trug sicher auch zur späten Gründung der Einheitsfront und zur
Niederlage gegen den Nationalsozialismus bei.
Die SPD im Saarrevier vor 1933
Die SPD verlor nach 1928 mit Beginn der Weltwirtschaftskrise deutlich an Mitgliedern
und Wählern. Der 1918/19 vollzogene Einbruch in die Übermacht des Zentrums im
Saarrevier ging endgültig verloren. Wenn auch nicht ganz so drastisch wie vor 1914,
waren die ländlich und katholisch strukturierten Gebiete der Kreise Merzig, Saarlouis
und St. Wendel wieder Diaspora für die Sozialdemokratie. Zentren der SPD blieben
stark evangelisch geprägte Arbeiterbauerndörfer und städtische Strukturen,
insbesondere Saarbrücken mit seinen Umlandgemeinden. Zwischen Zentrum und der
stark anwachsenden KPD/ Saar verlor die SPD zunehmend Wählerpotential.
Aus dem 1925 im Saargebiet gegründeten Reichsbanner entstand 1932 die „Eiserne
Front“ (Tafel 12 oben), die kämpferisch-aktionistisch gegen die immer offener auftretenden Nationalsozialisten Demokratie, Sozialismus und die Republik verteidigen
wollte. Fritz Dobisch war als Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes Saargebiet (ADGB) ein einflussreicher Funktionär im SPD-Vorstand, zeitweise
SPD-Stadtverordneter in Saarbrücken, übernahm er persönlich die Vertretung des
ADGB in der „Eisernen Front“. Die 1933 anlässlich des 25 jährigen Bestehens der
SPD-Zeitung „Volksstimme“ veröffentlichte Kollage der führenden SPD-Funktionäre
zeigt durch die Hervorhebung des Fotos von Max Braun, seit 1929 Vorsitzender der
Saarsozialdemokraten, seine eindeutig dominierende Position. Mit Meta Wodarczak,
ab 1933 im Bezirksvorstand der Saar-SPD und Vorsitzende der Frauenkommission,
ist nur eine Frau abgebildet, was die starke Unterrepräsentanz von Frauen in der SPD
im Saargebiet drastisch verdeutlicht. Max Braun ist es zu verdanken, dass die SPDSaar in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre die nationale, teils nationalistische Ein-
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heitsfront mit den bürgerlichen Parteien von Anfang der 1920er Jahre aufgab und eine
Politik der Verständigung und Aussöhnung mit Frankreich vertrat. Auch die Erhaltung
der Demokratie als politisches System in Deutschland erhielt für Max Braun zunehmend Bedeutung. „Wenn Deutschland eine ‚Hitler-Regierung‘ bekäme, spekulierte er
bereits öffentlich im Oktober 1932, ‚dann wäre es noch besser, einer selbständigen
Rheinlandrepublik anzugehören und das Saargebiet würde es sich überlegen müssen, ob es sich dieser anschlösse oder beim Völkerbund verbliebe‘“.3
Der saarländische BAV-Vorsitzende Julius Schwarz (Tafel 12 unten), auch viele Jahre
stellvertretender Vorsitzender der Saar-SPD, gehörte zum konservativen, nationalen
Flügel der Saar-Sozialdemokraten. Spätere Versuche der Deutschen Front ihn und
andere führende Gewerkschafter mit Hinweis auf ihre nationale Treue zum deutschen
Vaterland von der SPD zu trennen, misslangen eindeutig.
Mitgliedskarte des „Touristen-Verein - DIE NATURFREUNDE e. V., Landesleitung Saarland“, Ortsgruppe Dudweiler,
von Herta Lawall. Herta Lawall war auch Mitglied der AWO und nach 1945 einige Jahre auch Mitglied des AWOLandesvorstandes.
Nie zu Hitler
Die Saar-Sozialdemokraten waren, daran ließen sie nie einen Zweifel, deutsche Sozialdemokraten; das Votum für die Rückgliederung nach Deutschland in der für 1935
geplanten Volksabstimmung war in der gesamten Völkerbundzeit unstrittig - bis zum
3) Zitiert nach Gerhard Paul/Klaus-Michael Mallmann, Milieus und Widerstand. Eine Verhaltensgeschichte der Gesellschaft im
Nationalsozialismus , Bonn 1995, S.200.
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30. Januar 1933. Erst nach der Machteinsetzung Hitlers durch Reichspräsident
Hindenburg und der gewaltsamen Zerschlagung der Demokratie in Deutschland
im ersten Halbjahr 1933 führte der Diskussionsprozess in der saarländischen
Sozialdemokratie zu der Entscheidung,
eine Rückkehr zu Nazi-Deutschland strikt
abzulehnen. Dies verkündete der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei
des Saargebiets Max Braun Anfang August 1933 in Sulzbach. Auf der großen
antifaschistischen Kundgebung der SPD
am 27. August 1933 in Neunkirchen (Tafel 13, 2 Abb. oben) bekräftigte er die
Entscheidung.
Zunächst versuchte die Saar-SPD den
Völkerbund zu einer Verschiebung der Abstimmung von 1935 zu bewegen, in der
Hoffnung, dass Hitler in ein paar Jahren
Mitgliedsbuch der „Einheitsgewerkschaft der Arbeiabgewirtschaftet habe und nicht mehr an
ter, Angestellten und Beamten Saarland“ von Wilhelm
Lawall. Wilhelm Lawall war am 12. 01. 1946 dem
der Macht sei. Dann könnte die AbstimIndustrieverband (IV) Öffentliche Betriebe und Vermung frei und unbeeinflusst mit einem
waltungen, Ortsverwaltung Saarbrücken beigetreten.
klaren Votum zur Rückkehr nach Deutschland durchgeführt werden. Angesichts der
raschen Machtstabilisierung des NS-Systems in Deutschland und der fehlenden Bereitschaft des Völkerbunds sich wegen des kleinen Saargebiets mit der neuen Reichsregierung anzulegen, war diese Hoffnung nur eine Illusion, die keine reale Grundlage
hatte. Es war seitens der SPdS auch die Hoffnung, nicht vor die sehr schwierige
Entscheidung für den Status quo gestellt zu werden.
Am 12. November 1933 hatte sich die Saar-SPD auf einem außerordentlichen Parteitag von der SOPADE (so nannte sich die SPD im Exil) mit deren Billigung getrennt.
Seitdem nannte sie sich „Sozialdemokratische Landespartei des Saargebiete“ (SPdS).
Die unter der Führung der NSDAP im Laufe des Jahres 1933 gebildete Deutsche Front
vertrat eine zunehmend aggressiv gewaltsame Strategie der Ausgrenzung aller Organisationen und Personen, die nicht bedingungslos für die Rückkehr der Saar zu Hitlerdeutschland eintraten. Das symbolische Aufhängen von Puppen, denen das Namensschild „Max Braun“ oder „Status quo“ umhing, wurde vieler Orts im Saargebiet als
Drohung und zur Abschreckung gegen potentielle Status-quo-Anhänger praktiziert.
Tafel 13 zeigt in der Mitte eine solche Situation. Am Giebel des früheren „Judenhauses“, Besitzer Oppenheimer, in der heutigen Marktstraße in Lebach. Egon Gross, der
das Bild zur Verfügung stellte, datiert die Aufnahme auf vermutlich Ende 1934. Zu
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dieser Zeit könnte das Haus schon im Besitz des späteren NSDAP-Ortsgruppenleiters
Willi Riehm gewesen sein.
Betreuung der Emigranten
Nach der Machteinsetzung Hitlers flohen zahlreiche Menschen, die politisch oder
rassisch verfolgt wurden, aus Deutschland ins Saargebiet. Ein Teil der Emigranten,
vornehmlich die politisch Verfolgten, engagierten sich im Abstimmungskampf auf Seiten
der Status-quo-Bewegung. Aber auch die soziale Betreuung der Emigranten, die
Versorgung mit Essen, Unterkunft, ein wenig Geld oder, was in seltenen Fällen gelang,
die Bereitstellung eines Arbeitsplatzes, stellten die antifaschistischen Organisationen
vor fast unlösbare Probleme. Marie Juchacz, selbst Emigrantin (Tafel 13 unten, Aufnahme ca. 1922), langjährige SPD-Reichstagsabgeordnete und 1919 Mitbegründerin
der Arbeiterwohlfahrt in Deutschland, bot in Räumen in der Saarbrücker Bahnhofstraße 80, 2. Etage, günstiges Essen und einen Platz zum Verweilen, zum Meinungsaustausch und zur Information („Interessante Zeitungen des In- und Auslandes“) an.
Mehrere Zeitzeugen haben diese Emigrantenhilfe in ihren Erinnerungen gewürdigt.
Neben Margarete Buber-Neumann u.a. auch Karl Retzlaw, der in seiner Autobiografie
„Spartacus“ schreibt, „Morgens und mittags ging ich in ein Lokal gegenüber dem
Bahnhof, wo ich wie eilige Reisende morgens Kaffee und mittags einen Teller Kartoffel-, Linsen- oder Erbsensuppe erhalten konnte. Allerdings musste unkomfortabel im
Stehen gegessen werden. All dieses änderte sich erst zum besseren als … Marie
Juchacz … im Zentrum der Stadt ein Café eröffnete. Hier war es möglich Zeitungen und
Zeitschriften zu lesen und sich mit Bekannten und auswärtigen Besuchern zu verabreden. Doch war es nicht ganz gefahrlos, Gestapospitzel fotografierten die Besucher…“.
Die Einheitsfront gegen Hitler, für den Status quo
Nachdem deutlich wurde, dass der Völkerbund an der Abstimmung 1935 festhalten
wird, begann bei den Sozialdemokraten und Kommunisten - dort verbunden mit
personellen Veränderungen im Führungskader - das Umdenken in Richtung Status
quo: 1935 gegen die Rückgliederung zum faschistischen Deutschland. Dabei verlangte sie vom Völkerbund im Falle des Erfolgs des Status quo die Zusage einer zweiten
Abstimmung, wenn Deutschland vom Nationalsozialismus befreit ist. Anfang Juli 1934
(Tafel 14 oben) verkündeten die Kommunisten und die Sozialdemokraten im Saargebiet die Bildung der Einheitsfront für den Status quo. Gemeinsame Aktionen sollten
durchgeführt werden, die Selbständigkeit der beiden Parteien aber erhalten bleiben.
Die unüberbrückbaren ideologischen Meinungsunterschiede, die zwischen SPD und
KPD auch nach dem 30. Januar 1933 im Saargebiet in unverminderter Schärfe ausgetragen wurden, sollten für das gemeinsame Ziel zurückgestellt werden.
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Die Status-quo-Bewegung scheiterte mit einer niederschmetternden Niederlage in
der Volksabstimmung am 13. Januar 1935. Neben der Schwierigkeit, das Votum der
eigenen Anhängerschaft zu vermitteln - die Status-quo-Bewegung erhielt bei der Volksabstimmung ca. 46.000 Stimmen, während allein SPD und KPD bei der letzten Landesratswahl 1932 ca. 120.000 Stimmen erhielten-, misslang der Status-quo-Bewegung die Ausweitung der Einheitsfront zu einer saarländischen Volksfront. Die klare
Stellungnahme insbesondere der katholischen Amtskirche für die Rückgliederung auch
zu Hitlerdeutschland, verhinderte eine nennenswerte Ausdehnung der Status-quoBewegung auf katholische Kreise. Johannes Hoffmann und Pater Hugolinus Dörr, der
überraschend auf der großen antifaschistischen Kundgebung am 26. August 1934 in
Sulzbach als Redner für den Status quo auftrat (Tafel 14 Mitte mit dem schwarzen Hut,
neben ihm Max Braun) blieben mit wenigen Gefährten mutige Einzelkämpfer im christlichen Lager. Der mutige Kampf aller Antifaschisten im Abstimmungskampf 1933/34
gehört bis heute zu den wenigen positiven Meilensteinen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts auf dem steinigen Weg der Saarregion zu einer Politik, die von demokratischen Grundsätzen und von europäischer Verständigung getragen war.
Nach der Volksabstimmung 1935 emigrierten viele politisch und rassisch verfolgte
Saarländer/innen hauptsächlich ins nahe Frankreich, wie Heinrich Wacker und Luise
Schiffgens (Tafel 14 unten). Für viele Emigranten, die schon aus Deutschland ins
Saargebiet gekommen waren, ging die Flucht weiter, wie z.B. für Max Bock (Tafel 14
unten).
Beleg der Aufnahmegebühr von 100,— Franken von Helmut Thull aus Uchtelfangen, der am 27. 05. 1955 der
„Deutsche Sozialdemokratische Partei“ (DSP) beigetreten war, Helmut Thull war von 1955 bis 1958 SPDVorsitzender in Uchtelfangen.
Sozialdemokraten an der Saar im Dritten Reich
Nach der Rückgliederung des Saargebietes an das nationalsozialistische Deutsche
Reich wurden alle politischen Gegner durch ausgefeilte Überwachungs- und Unterdrückungsmaßnahmen mundtot gemacht, bespitzelt und verfolgt. Da dies bereits für
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politisch aufgeklärte Menschen absehbar war, waren viele der exponierten Funktionäre der Hitlergegner bereits aus dem Land emigriert, fast alle anderen enthielten sich
in einer Atmosphäre latenter Angst jeglicher politischer Meinungsäußerung. Man traf
sich privat, wirkte aber aus Angst vor Bespitzelung nicht nach außen (Tafel 16 Mitte).
Neben der Schikanierung und aktiven Verfolgung bestimmter von den Nazis ausgegrenzter Gruppen wie der Juden (Tafel 15 oben), der Sinti und Roma betraf der auf alle
politischen Gegner gerichtete Hass der Nazis in erster Linie die Kommunisten, dann
auch die Sozialdemokraten und Christen. So verdienstvoll und ehrenhaft der Widerstand der Sozialdemokratie gegen die Naziherrschaft war - die Rede des SPD-Vorsitzenden Otto Wels vor der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz im Reichstag
bleibt ein beeindruckendes menschliches und politisches Zeugnis -, so war dieser
Widerstand doch in der Regel nur von einzelnen geleistet, die meist in die Fänge des
verbrecherischen Regimes gerieten.
DSP-Mitgliedskarte von Alois Weber, geboren am 06. 08. 1925, Ortsverein Wadrill, Beitritt am 20. 04. 1955.
In dieser Ausstellung haben wir das Augenmerk auf zwei Personen gerichtet, die
bisher weniger von der Forschung berücksichtigt wurden.
Magdalena Berty (Tafel 16 oben) wurde am 21. Januar 1889 in Merzig geboren. Sie
heiratete am 12. September 1922 in Sulzbach Karl Weber und trat im darauffolgenden
Jahr der SPD bei. Seit 1924 arbeitete sie am Aufbau der Arbeiterwohlfahrt mit und war
seit 1926 auch Mitglied des Arbeiter-Samariter-Bundes. Bis zur Volksabstimmung 1935
war sie Vorstandsmitglied des Ortsvereins Sulzbach und emigrierte mit ihrem Ehemann am 17. Januar desselben Jahres über Forbach ins südfranzösische Departement
Gers (Languedoc), wo sie sich bis Anfang September 1936 aufhielt. Von dort ging sie
nach Spanien und nahm als Röntgenschwester des Internationalen Sanitätsdienstes
Spanien (SSI) am Spanischen Bürgerkrieg teil. Als sich die Niederlage der republikanischen Volksfront abzeichnete, verließ Magdalena Weber im April 1938 Spanien und
begab sich nach Frankreich, wo sie sich in Paris, Montauban und Negrepelisse aufhielt, bevor sie am 26. Juni bis zum 29. Juli 1940 (nach dem Einmarsch der deutschen
Wehrmacht in Frankreich) im Lager Gurs interniert wurde.
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Am 18. Mai 1941 wurde sie durch die französische Polizei des Vichy-Regimes festgenommen und wegen illegaler Betätigung für die Kommunistische Partei, was sie heftig bestritt, zu einer Gefängnisstraße von zwei Jahren verurteilt. Nachdem sie in mehreren französischen Gefängnissen eingesessen hatte, wurde sie im Januar 1942 ins
Militärgefängnis nach Toulouse verlegt, von wo sie im Juli 1942 der Gestapo übergeben und nach Deutschland zurückgeführt wurde. Sommer und Herbst 1942 verbrachte
sie in den Gefängnissen Trier und Saarbrücken. Ein Hochverratsverfahren wegen ihres
Einsatzes im spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Republikaner vor dem Volksgerichtshof wurde gemäß eines Erlasses des Reichsjustizministers vom 31. Januar 1942
eingestellt. Sie wurde wieder der Gestapo übergeben, die sie am 28. November 1942
zu vielen weiteren Spanienkämpferinnen ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück
überstellte, wo sie - nach einem Zwischenaufenthalt im KZ Auschwitz - am 27. April
1945 ermordet wurde.
SPD-Mitgliedskarte von Anna Osterroth, geboren am 04. 01, 1885, OV Saarbrücken-St. Johann, Beitritt 1918.
Sie wurde am 01. 05. 1956 von der SPS in die SPD übernommen.
Julius Strumm (Tafel 16 unten) wurde am 15. Juli 1915 als Sohn der in Frankfurt am
Main beschäftigten Hausangestellten Katharina Strumm in Altenwald bei Sulzbach/
Saar geboren; hier wuchs er bei seinem Großvater Peter Strumm auf. Er besuchte von
1921 bis 1929 die Volksschule. Seine Lehrstelle in einer Dreherei musste er wegen
schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse vorzeitig aufgeben, fand dann Beschäftigung
auf den Gruben Altenwald und Hirschbach, bis er 1933 infolge der Weltwirtschaftskrise entlassen wurde. 1931 war er dem Bergarbeiterverband beigetreten und gehörte
zur Jugendgruppe der Naturfreunde. Bis September 1934 leistete er seinen Dienst im
Reichsarbeitsdienst (RAD), hielt sich danach bei seinem Großvater auf und nahm am
Saarabstimmungskampf teil; dabei wurde er im Dezember 1934 von den Nazis zusammengeschlagen. Da er als Emigrant ohne gültige Papiere die französische Grenze
überschritten hatte, wurde er in Südfrankreich verhaftet und mehrere Monate interniert. Bei der nachfolgenden Beschäftigung bei einem Bauunternehmen erlitt er einen
Unfall, der einen dreimonatigen Krankenhausaufenthalt erforderlich machte. Im Mai
1936 ging er über die grüne Grenze nach Spanien, wo er bei San Sebastian und
Oviedo auf republikanischer Seite an der Front war. Im Herbst 1937 kehrte er nach
Frankreich zurück.
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Am 7. Januar 1938 meldete er sich freiwillig zur französischen Fremdenlegion und tat
bis Juli 1940 Dienst im 1. Kavallerieregiment in Sousse in Tunesien. Mittlerweile wurde
ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Nach seiner freiwilligen Rückkehr aus
Nordafrika unter Zusicherung von Straffreiheit wurde Julius mit anderen Legionären
interniert und von der französischen Gendarmerie am 27. Juli 1941 in Chalon-surSaône der deutschen Sicherheitspolizei überstellt, die ihn am 24. November 1941
wegen Hochverrats anklagte. Das Hochverratsverfahren wegen seines Einsatzes im
spanischen Bürgerkrieg vor dem Volksgerichtshof wurde ebenfalls gemäß des Erlasses des Reichsjustizministers eingestellt Als Spanienkämpfer blieb er in Schutzhaft in
Frankfurt am Main. Am 28. Mai 1942 wurde Julius Strumm von der Gestapo ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Er starb dort zwei Tage vor seinem 27. Geburtstag
am 13. Juli 1942 gegen 21 Uhr. Als Todesursache gab die KZ-Leitung an: „Versagen von
Herz und Kreislauf bei eitriger Rippenfellentzündung“. Die Wahrheit wird wohl anders
ausgesehen haben.
Die Sozialdemokratische Partei des Saarlandes: Neubeginn und Krise
An der Saar dauerte das Tausendjährige Reich der Nationalsozialisten nur zehn Jahre.
So wie in Saarbrücken (Tafel 17 Mitte) und teils noch schlimmer sah es im ganzen
Land aus, vornehmlich im industriellen Kernbereich und im Raum des Westwalls. Am
Ende des Zweiten Weltkriegs lagen nicht nur große Teile des Landes in Trümmern, ca.
35.000 kriegsbedingte Tote waren zu beklagen, die Infrastruktur war weitestgehend
zusammengebrochen und eine Zivilgesellschaft musste und konnte ab der „Stunde
Null“ wieder von Grund auf neu aufgebaut werden. Dazu leisteten Sozialdemokraten
einen erheblichen Beitrag.
Das Wappen des Saarlandes in der Zeit des autonomen Saarstaates war in den
Farben der französischen Trikolore gehalten und wies ein Kreuz auf (Tafel 17 oben). In
der Präambel der saarländischen Verfassung von 1947 war die enge politische und
wirtschaftliche Anlehnung an den französischen Nachbarn festgeschrieben und mit
absoluter Mehrheit stellte die aus dem katholischen Zentrum hervorgegangene Christliche Volkspartei die stärkste politische Kraft, während die Sozialdemokraten ein
rundes Drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Nach anfänglichen Richtungskämpfen setzten sich in der Sozialdemokratie diejenigen Kräfte durch, die mit Richard
Kirn und Heinz Braun an der Spitze unter den von der Besatzungsmacht vorgegebenen Bedingungen einen Ausgleich mit den früheren Kriegsgegnern und eine verstärkte Zusammenarbeit in Europa (Tafel 17 unten) anstrebten. Dadurch war es möglich,
unter sozialdemokratischer Führung eine Sozialpolitik zu gestalten, die die bundesdeutschen Sozialleistungen weit übertraf.
Der Sozialdemokrat Heinrich Wacker, vor 1935 Geschäftsführer des Werkmeisterverbandes an der Saar, hatte für 1. Juli 1945 zur konstituierenden Sitzung einer Einheitsgewerkschaft geladen, in der Kommunisten, Christen und Sozialdemokraten gemeinsam die Interessen der Arbeiterschaft vertreten sollten. Nachdem die französische
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Militärregierung am 10. September 1945 die offizielle Genehmigung zur Gründung von
Gewerkschaften erteilt hatte, entstanden am 18. November 1945 in Landsweiler-Reden der Industrie-Verband Bergbau (IV), am 16. Dezember desselben Jahres in Völklingen der IV Metall und bald darauf zehn weitere Gewerkschaften. Das Prinzip der
Einheitsgewerkschaft verfolgte man aus den Erfahrungen mit dem Dritten Reich, wobei man die Machtübernahme der Nazis der fehlenden Einheit der antifaschistischen
Kräfte zuschrieb. Johannes Hoffmann, der Vorsitzende der CVP, betrieb seit 1946 den
Aufbau einer christlichen Gewerkschaft,
von der er sich die Unterstützung seiner
anfangs nicht unumstrittenen Stellung in
seiner Partei erhoffte. Dadurch waren,
entgegen der ursprünglichen Absicht, die
Gewerkschaften wieder entlang der Parteigrenzen zersplittert.
Der Landtag beschloß 1951 das Gesetz
über die Errichtung der Arbeitskammer
des Saarlandes, die als Körperschaft des
öffentlichen Rechts die Interessen der Arbeitnehmer in der saarländischen Wirtschaft bis heute vertritt. In den Anfangsjahren gehörten die Fortbildungsveranstaltungen für Betriebsräte und die Ermöglichung eines Urlaubsaufenthalts für
Arbeiterfamilien zu ihren Tätigkeitsfeldern. Die Arbeitskammer spielt auch eine
wichtige Rolle in der Sozialpolitik.
Unter den Erfolgen der SPS ist an erster
Stelle die behutsame, aber effektive Sozialversicherungsreform zu nennen, nach
der die Landesversicherungsanstalt zum
zentralen Versicherungsträger wurde.
Natürlich trugen die vergleichsweise hohen Sozialleistungen auch zur Stabilisierung des politischen Systems bzw. der Eigenstaatlichkeit des Saarlandes bei. Nicht zu vergessen sind auch die gewaltigen Leistungen beim Wiederaufbau des Landes und der Versorgung der Kriegsopfer; innerhalb weniger Jahre besserten sich die Wohnverhältnisse und die Versorgungslage der
Bevölkerung in erheblichem Maße. Neben eigenen Produkten konnte man zunehmend auch auf französische Konsumgüter zurückgreifen (Tafel 18 oben und Mitte).
SPD-Mitgliedsbuch von Kurt Achenbach, geboren am
25. 03. 1933, Ortsverein Alt-Saarbrücken, Beitritt am
06. 02. 1961. Kurt Achenbach war von 1974 bis 1982
OV Schriftführer und von 1982 bis 1992 Stellvertretender OV Vorsitzender Alt-Saarbrücken.
Ein Problem, was die SPS unter den vorgegebenen Bedingungen nicht befriedigend
lösen konnte, war die von der französischen Regierung verweigerte Mitbestimmung
in den Betrieben, besonders in der Montanindustrie. So zeichnete sich im politischen
Streit über das Mitbestimmungsgesetz vom Juli 1954 beim Streik im Februar 1955, bei
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dem die saarländische Polizei nicht gerade zimperlich gegen Demonstranten vorging,
eine zunehmende Distanz der Arbeitnehmerschaft zur Saarregierung und zum Saarstaat ab, die sich im Kampf um das Saarstatut deutlich manifestieren sollte.
Der Kampf um das Saarstatut
Aufgrund von Entwicklungen in der europäischen Politik und der angestrebten Integration der Bundesrepublik Deutschland in das westliche Bündnissystem erwies sich
die ungeklärte Frage über den zukünftigen politischen Status des Saarlandes zunehmend als störend. So erhielt die saarländische Bevölkerung zwanzig Jahre nach der
Volksabstimmung vom 13. Januar 1935 erneut die Gelegenheit, am 23. Oktober 1955
über die politische Zukunft ihres Landes abzustimmen (Tafel 19). Das von deutschen
und französischen Politikern 1954 erarbeitete Saarstatut (Tafel 19 Mitte) sah eine
Europäisierung des kleinen Landes an der
Saar unter Beibehaltung des wirtschaftlichen Anschlusses an Frankreich vor; die
Wahlmöglichkeit war auf Zustimmung
oder Ablehnung des Statuts begrenzt,
wobei nicht klar war, was im Falle einer
Ablehnung passieren würde. Der springende Punkt war aber der, dass nach dem
Statut drei Monate vor der Abstimmung
keine Parteien von der Saarregierung
mehr verboten werden durften (wie seit
1952 die Deutsche Sozialdemokratische
Partei [DSP, später SPD]).
So kam es alsbald zur Gründung neuer
Parteien (DPS, CDU und DSP), die sich
in einem Wahlbündnis als Heimatbundparteien zusammenschlossen und als
Neinsager das Statut ablehnten, das von
Mitgliedsbuch der Sozialistischen Jugend Deutschlands
den bisher staatstragenden Parteien CVP
„Die Falken“, Landesverband Saar, aus dem jahre
und SPS als Jasagern befürwortet wur1959.
de. Der vierteljährige Wahlkampf wurde
sehr emotional geführt, aber längst nicht mehr so brutal wie 1935, dennoch kam es
zu Gewaltausbrüchen und Polizeieinsätzen (Tafel 19 oben) und zu einem tiefen Riss
durch die saarländische Gesellschaft und zahlreiche Familien, der über Jahrzehnte
fortbestand. Bei dem Referendum am 23. Oktober 1955 lehnten 67,7 Prozent der
saarländischen Bevölkerung das Saarstatut ab. Die französischen Politiker respektierten dieses eindeutige Votum und machten den Weg frei für neue Verhandlungen, an
deren Ende der Beitritt des Saarlandes als neues Bundesland der Bundesrepublik
Deutschland zum 1. Januar 1957 stand. Die wirtschaftliche Rückgliederung erfolgte
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erst am 6. Juli 1959 (Tag X); diese Übergangsphase vergegenwärtigen Briefmarken der
deutschen Bundespost (u. a. mit dem Bild des Bundespräsidenten Theodor Heuss)
und französischer Währungsangabe (für die im Saarland bis dahin gültigen Franken).
Man kann sich in diesem Zusammenhang vergegenwärtigen, dass im Saarland im 20.
Jahrhundert im Verlaufe von anderthalb Generationen siebenmal die gültige Währung
wechselte: Reichsmark (bis 1922), Französische Franken (bis 1935), Reichsmark (bis
1947), Saarmark (1947), Französische Franken bis 1954, Saarfranken (bis 1959), DMark (bis 2001) und seit 2002 Euro (Tafel 19 unten).
Auch auf der Ebene der politischen Parteien ging die Aussöhnung der Kontrahenten
bei der Volksabstimmung nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten. In der Sozialdemokratie traten zahlreiche Mitglieder der SPS, die ihre Selbstauflösung beschloss, zur
SPD über, die den neuen Vorstand bereits gewählt hatte. Die exponierten Ja-Sager,
zum Beispiel Richard Kirn, Heinz Braun, Angela Stratmann-Braun und Peter Zimmer,
zogen sich freilich aus der Politik zurück.
Die Lösung der Saarfrage hat den Weg
frei gemacht zur deutsch-französischen
Freundschaft seit 1963. Aus heutiger Sicht
kann man festhalten, dass das damals
unterlegene Drittel der Saarbevölkerung
schneller als die Mehrheit den Weg nach
Europa anstrebte, den man einige Jahrzehnte danach mit dem Europa der Vaterländer dennoch beschritt.
Der Weg nach oben
Als Ministerpräsident Röder 1960/61 einer kleinen Koalition mit der FDP den
Vorzug gab und die SPD bei der Regierungsbildung nicht mehr berücksichtigte, wurde der Wechsel in die Opposition
als Schock empfunden. Man zeigte sich
nicht zuletzt überrascht, weil die SPD in
den vergangenen fünf Jahren mit der CDU
gut zusammengearbeitet hatte und in
keinem Bundesland größere Gemeinsamkeiten zwischen beiden Parteien existierten.
SPD-Mitgliedsbuch von Walter Müller, geboren am 22.
04. 1932, OV Hirstein, Beitritt am 01. 02. 1963
Von 1967 bis 1971 veränderte die SPD Saar nachhaltig ihr Gesicht. Damals wurden
wichtige Voraussetzungen für die späteren Erfolge geschaffen. In dieser Phase drängten junge Politiker an die Spitze, die später als Mitglieder der Landesregierung die
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Politik im Saarland gestalten sollten. Der Austausch einer ganzen Funktionärsgeneration, der im Verlauf des Landesparteitages 1970 erfolgte, ist unter anderem aber auch
das Resultat von Veränderungen innerhalb der Mitgliedschaft, die den Aufstieg der
Jungsozialisten überhaupt erst ermöglichten. Die Jungsozialisten bildeten das Herzstück der innerparteilichen Opposition gegen die etablierte Parteiführung, die seit
1955 nahezu unverändert gebliebenen war. Die innerparteiliche Opposition entstand
in der Auseinandersetzung um die Novelle des Rundfunkgesetzes im Jahre 1967. Mit
massiver Schelte gegenüber Landesvorstand und Landtagsfraktion traten die saarländischen Jungsozialisten erstmals in Erscheinung. Ansatzpunkt ihrer Kritik war
das parlamentarische Verhalten einiger
sozialdemokratischer Landtagsabgeordneten, die dem bundesweit umstrittenen
Gesetz zur Privatisierung des Rundfunks
zugestimmt hatten. Im Verlauf der weiteren Entwicklung übernahm die innerparteiliche Oppositionsgruppe in wichtigen
Sach- und Personalfragen wie im Streit
um die Schulreform oder bei der Kandidatennominierung für die Landtagswahl
1970 die Meinungsführerschaft und konnte sich gegen die Spitze von Partei und
Fraktion entscheidend durchsetzen. Friedel Läpple wurde schließlich beim Landesparteitag 1970 gegen Friedel Regitz
mit 153:149 Stimmen als Nachfolger von
Kurt Conrad zum Landesvorsitzenden
gewählt. Zum ersten und bisher einzigen
Male in der langen Geschichte der Sozialdemokratie wurde damit ein noch amtierender Juso-Vorsitzender Vorsitzender
SPD-Mitgliedsbuch aus dem Jahr 1968.
eines Landesverbandes.
Die Verstärkung der innerparteilichen Auseinandersetzungen in der SPD in der zweiten Hälfte der 60er Jahre wurde nicht zuletzt hervorgerufen durch einen Strukturwandel, der die Zusammensetzung der Mitgliedschaft wesentlich veränderte. Im Jahre
1973 kommentierte Willy Brandt die Entwicklung seiner Partei in den letzten Jahren
mit den Worten: „Veränderung bedeutet fast immer Spannung.“ Verändert hatte sich
die Zusammensetzung der SPD seit der Verabschiedung des Godesberger Programms
in der Tat: die Berufs- und Altersstruktur war seit Beginn der sechziger Jahre durch
den Rückgang des Arbeiteranteils und speziell bei den Neuaufnahmen einem starken
Wandel ausgesetzt. Der Arbeiteranteil verringerte sich in der Zeit 1961-1971 bei den
neu aufgenommenen Mitgliedern drastisch. Dagegen stieg der Anteil der Angestellten
und Beamten, sowie der Schüler und Studenten. So war 1968 der Anteil der jungen
Generation bei den Mitgliedern auf 180.000 (25,5 %) gestiegen. Man kann feststellen,
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dass die saarländische Sonderentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg die innerparteiliche Entwicklung der SPD Saar bis 1970 bestimmt hat. Die frühe Übernahme der
SPS wurde von Bonn gesteuert und kann als Beginn eines Anpassungsprozesses
verstanden werden, in deren Verlauf sich die SPD Saar zunehmend in die bundespolitische Entwicklung integrierte. Vor dem Hintergrund der bundespolitischen Kontroversen zwischen CDU und SPD haftete der saarländischen Bereitschaft zur Kooperation mit der regierenden CDU - besonders ausgeprägt beim sogenannten ‚Ministerflügel‘ um Friedel Regitz - etwas Überlebtes an.
Der Haupttrend der Entwicklung der Wahlergebnisse im Saarland seit 1955 wird
durch die kontinuierlichen Stimmengewinne der Sozialdemokraten charakterisiert. Während bei der Landtagswahl 1955
SPD und SPS zusammen nur etwa 20 %
der Stimmen erreichten, erzielte die SPD
Saar bei der Landtagswahl 1985 mit 49,2
% fast die absolute Stimmenmehrheit.
Zwischenschritte auf dem Weg zur absoluten Mehrheit 1985 waren die Stimmengewinne bei den Landtagswahlen 1960
und 1965 von 15,7 % bzw. 10,7 %, das
gute Ergebnis bei der Bundestagswahl
1972 (47,9 %) und der Erfolg 1980, bei
der die CDU erstmals bei einer Landtagswahl überflügelt werden konnte. Bei allen Bundestagswahlen seit 1972 erreichte die Saar-SPD deutlich bessere Ergebnisse als die Bundespartei, wobei die
Differenz im Laufe der Zeit größer wurSPD-Mitgliedsbuch aus dem Jahr 1987.
de. Die SPD erkannte die Zeichen der
Zeit und gewann durch das Aufgreifen
von Gedanken der Studenten-, Frauen- und der Friedensbewegung und anderer aktueller bundespolitischer Themen immer mehr Rückhalt unter der saarländischen Bevölkerung.
Nachdem Oskar Lafontaine 1977 den Vorsitz der SPD Saar von Friedel Läpple übernommen hatte, errang die SPD 1980 mit 45,4 % ihr bis dahin bestes Landtagswahlergebnis, scheiterte aber an der Koalition zwischen CDU und FDP. Auf der Basis der
Landtagswahlen vom 10. März 1985 war die SPD bei der Regierungsbildung auf keinen Koalitionspartner angewiesen. Am 9. April 1985 wurde Oskar Lafontaine zum
ersten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des Saarlandes gewählt. Dem ersten Kabinett Lafontaine gehörten folgende Minister an (siehe Tafel 21): Arno Walter
(Justiz), Diether Breitenbach (Kultus), Hans Kasper (Finanzen), Ottokar Hahn (Bundesangelegenheiten), Ministerpräsident Oskar Lafontaine, Jo Leinen (Umwelt), Brunhilde
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Peter (Arbeit), Friedel Läpple (Inneres) und Hans-Joachim Hoffmann (Wirtschaft). Reinhard Klimmt übernahm den Fraktionsvorsitz im Landtag. Zu den erklärten Zielen der
neuen Regierung gehörten die Reduzierung der auf 15 Prozent angestiegenen Arbeitslosenzahlen, die Lösung der Stahlkrise, die Sanierung der miserablen Haushaltslage
des Landes und der Ausbau der Hochschullandschaft bzw. hochschulnaher Forschungsinstitute. Die Klage der saarländischen Regierung gegen den Länderfinanzausgleich
vor dem Bundesverfassungsgericht war 1992 insofern von Erfolg gekrönt, als die
Haushaltsnotlage des Landes anerkannt wurde und damit Ausgleichszahlungen erreicht wurden, was den Landeshaushalt
temporär entlastete. Dass die Bevölkerung die Erfolge der Landesregierung anerkannte, belegen die Ergebnisse der
nachfolgenden Landtagswahlen 1990 und
1994, bei denen die SPD wiederholt die
absolute Mehrheit erreichte.
Oskar Lafontaine spielte als Ministerpräsident des Saarlandes auch eine zunehmend wichtige Rolle in der Bundespolitik. Er trat bei der Bundestagswahl am
2. Dezember 1990 - zwei Monate nach
der deutschen Wiedervereinigung - als
Kanzlerkandidat der SPD an und war von
1995 bis 1999 Vorsitzender der SPD auf
Bundesebene. Nach der Bundestagswahl
im September 1998 übernahm er im 1.
Kabinett Schröder den Posten des Bundesministers der Finanzen. Sein Nachfolger im Amt des saarländischen Ministerpräsidenten wurde sein langjähriger WegDas derzeitige SPD-Mitgliedsbuch, etwa seit 1996.
gefährte Reinhard Klimmt. Oskar Lafontaine legte am 11. März 1999 überraschend alle politischen Ämter nieder; die
SPD Saar verlor daraufhin die Landtagwahl am 5. September 1999. Lafontaine äußerte sich in der Folgezeit kritisch zum Kurs der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder, bevor er 2005 die SPD verließ und in der Partei „Die Linke“ wichtige
Funktionen übernahm.
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■ Tafel 1 oben:
Die Gründungsphase
„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Einigkeit macht stark!“ steht
auf der SPD-Traditionsfahne, die im Archiv der Sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung aufbewahrt wird und an Ferdinand
Lassalle und die Gründung der Deutschen Sozialdemokratie am
23. Mai 1863 erinnert.
Am 23. Mai 1863 wurde Ferdinand Lassalle in einer Arbeiterversammlung in Leipzig zum ersten Präsidenten des Allgemeinen
Deutschen Arbeitervereins (ADAV) gewählt; dieses Datum gilt als
offizielles Gründungsdatum der SPD.
Diese Gründung
war kein Zufall
oder spontanes
Ereignis, sondern
hat sich historisch
entwickelt; sie
ging auf frühere
Versuche zur Bildung von autonomen Arbeitervereinen
zurück.
Insbesondere die
Bildung der ersten
deutschen Massenorganisation
für Arbeiter, die Allgemeine Deutsche
Arbeiterverbrüderung, die durch den Buchdrucker Stephan Born
1848 gegründet wurde, war eine der Wurzeln der Gründung des
ADAV. Darauf verweist auch das Symbol des Handschlags, das in
der Mitte der Traditionsfahne abgebildet ist und schon von der
Arbeiterverbrüderung verwandt worden war.
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■ Tafel 1 Mitte:
In der Nachfolge Lassalles, der schon 1864 in einem Duell starb,
kam es im ADAV zu Richtungskämpfen und Abspaltungen; große
Mitgliedergewinne waren nicht zu verzeichnen. 1869 gründeten
Wilhelm Liebknecht und August Bebel die zweite sozialistische,
die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP). Nach anfänglichen
Auseinandersetzungen zwischen ADAV und SDAP z.B. über die
nationale und die Gewerkschaftsfrage, erkannten beide Parteien,
dass sie im neu gegründeten Deutschen Kaiserreich und besonders
in Preußen gleichermaßen den Unterdrückungsmaßnahmen des
Klassenstaates ausgesetzt waren. Diese Erkenntnis förderte den
Einigungswillen und so wurde 1875 auf dem Einigungsparteitag
die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP)
gegründet. Das Erinnerungsblatt an den
Gothaer Parteitag
zeigt Marx und Lassalle nebeneinander;
beide wurden in der
sozialdemokratischen Bewegung als
hervorragende Vorkämpfer der Arbeiterbewegung hoch verehrt.
Vertreter aus der
Saarregion hatten
bis zu diesem Zeitpunkt weder im
ADAV noch in der
SDAP eine Rolle gespielt. Versuche dieser beiden Organisationen Ende der 1860er Jahre Kontakte ins aufstrebende Industrierevier an der Saar zu knüpfen blieben erfolglos.
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■ Tafel 1 unten:
Zur 50. Wiederkehr der Gründung der deutschen Sozialdemokratie
erschien ein Plakat, das stark die ganze Bandbreite der Sozialdemokratie und die Einheit der Bewegung symbolisieren soll. Im
Erscheinungsjahr
des Plakats 1913 - sicherlich
auch der implizierte Hinweis
darauf, diese Einheit zu wahren,
da die SPD zu
dieser Zeit ideologisch tief zerstritten war. In
vergrößerten Fotos in der oberen
Plakathälfte sind
Wilhelm Liebknecht und August Bebel abgebildet, die der
Lassalle’schen
Gründung 1863
kritisch gegenüberstanden, dann
aber für Jahrzehnte die unumstrittenen Führer der vereinigten Sozialdemokratie
waren. Im Kopf des Plakats sind die Fotos von Friedrich Engels,
Ferdinand Lassalle und Karl Marx abgebildet und die Namen der
Gründungsmitglieder des ADAV aufgeführt. Die Fotos von Marx
und Engels wie auch der Schlusssatz aus dem von beiden 1848
veröffentlichten Kommunistischen Manifest „Proletarier aller Länder vereinigt Euch“ im Zentrum des Plakats verweisen darauf,
dass die Sozialdemokratie ihre programmatischen und personellen Wurzeln deutlich vor der Gründung 1863 sieht, so etwa in der
Revolution von 1848.
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■ Tafel 2 oben:
Die Anfänge der SPD Saar
Eine der ersten öffentlichen Versammlungen von Sozialdemokraten im Saarrevier fand am 04. August 1872 im Saal der Bierbrauerei Gebrüder Baldes, Bahnhofstraße in St. Johann, statt. Später
hatte die Gastwirtschaft an der Ecke Bahnhofstraße/Ufergasse den
Namen „Baldes Braustübl“ und existierte bis vor wenigen Jahren.
Teils bis ins 20. Jahrhundert hatte die Sozialdemokratie große
Probleme, Säle für ihre Veranstaltungen überlassen zu bekommen. Die Wirte wurden von Behörden und der Polizei unter Druck
gesetzt (Saalabtreiberei) und widerriefen die Verträge mit den
Sozialdemokraten. Mit Erlass des Sozialistengesetzes der Saarindustrie verloren einige Wirte in St. Johann-Saarbrücken ihre Konzession, weil sie früher ihre Säle für solche Veranstaltungen zur
Verfügung gestellt hatten. In Neunkirchen hing „König Stumm“
am Werkstor eine Liste von Wirten aus (Hungerliste), deren Gaststätten seine Arbeiter bei Drohung mit Entlassung nicht besuchen
durften, weil z.B. dort eine Gewerkschaftsversammlung stattgefunden hatte.
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■ Tafel 2 Mitte:
Die Anfänge der Deutschen Sozialdemokratie und der Gewerkschaftsbewegung in der Revolution 1848 und bei der Gründung
des ADAV 1863 hatten organisatorisch im Saarrevier keine Resonanz. Die Anfänge der sozialdemokratischen Bewegung liegen in
den 1870er Jahren mit dem Schwerpunkt in der stark von Handwerkern bewohnten Stadt St. Johann. Eine der ersten nachgewiesenen Versammlungen fand am 4. August 1872 im Baldes’schen
Brausaal statt, zu der der
St. Johanner Schreiner
Ernst Zimmermann zwei
Wanderagitatoren der
SDAP aus Mainz begrüßte. Vor etwa 300 Zuhörern wurde eine Resolution zur Bildung von Gewerkschaften verabschiedet. Es fanden weitere
Veranstaltungen statt,
und 1876 wurde der erste sozialdemokratische
Verein in St. Johann mit
Zimmermann als Vorsitzendem gegründet. Zur
Reichstagswahl am 10.
Januar 1877 wurde
erstmals im Saarrevier im
Wahlkreis Saarbrücken ein SPD-Kandidat aufgestellt. Der Uhrmacher Hackenberger hatte 1876 auf mehreren Versammlungen in St.
Johann und Umgebung gesprochen und war u.a. wegen Beleidigung Bismarcks zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden; er wurde
als Kandidat aufgestellt und erhielt gerade einmal 324 Stimmen
im gesamten Wahlkreis. Trotzdem verstärkten die Sozialdemokraten ihre Anstrengungen, um im Saarrevier Fuß zu fassen. Der Parteivorstand sandte mit dem 23 jährigen Harry Kaulitz aus Braunschweig einen neuen Agitator nach St. Johann, der nicht nur zahlreiche Versammlungen abhielt, sondern mit dem entlassenen Hackenberger auch die erste SPD-Zeitung im Saarrevier herausgab.
47
■ Tafel 2 unten:
Ab 1. Juli 1877 erschien in St. Johann die erste sozialdemokratische Zeitung des Saarreviers, die „Freie Volksstimme. Organ für
die Bevölkerung des Saar-Gebiets“. Die Zeitung musste nach sieben Ausgaben ihr Erscheinen einstellen, da alle Redakteure entweder im Gefängnis saßen oder zum Militär eingezogen worden
waren. Die beiden Initiatoren der Zeitung, Kaulitz und Hackenberger, wurden zu je 2_ Jahren Gefängnis verurteilt. Das drastische
Urteil wurde im Vorwärts, dem neuen Zentralorgan der SPD, im
Wortlaut abgedruckt und damit das Saarrevier als politisch
besonders reaktionärer Landesteil bekannt. Als „Deutschrußland“
hatte die Freie Volksstimme das Saarrevier in Anspielung an die
sozial und politisch rückständigen Verhältnisse im Zarenreich benannt. Die Pressekommission der Freien Volksstimme wurde aufgelöst, einige Sozialdemokraten verließen das Saarrevier aus Angst
vor Verfolgung ins benachbarte Ausland oder wurden als ausländische Staatsbürger ausgewiesen. Die Zeit der harten Unterdrückung der gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Bewegung im Saarrevier begann.
48
■ Tafel 3 oben:
(Anti-)Sozialistengesetze
Zwei Attentate auf den Kaiser, mit denen die Sozialdemokratie
nachweislich nichts zu tun hatte, nahm Reichskanzler Bismarck
zum Vorwand, um das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ im Reichstag beschließen zu
lassen. Es verbietet
u.a. sozialdemokratische Zeitungen
und Vereine, die den
Umsturz der Staatsund Gesellschaftsordnung bezwecken. Während der
zwölfjährigen Dauer
(1878-1890) des Gesetzes können die
Sozialdemokraten
weiterhin an Reichstagswahlen teilnehmen und gewinnen
trotz des Verbots
der Partei zunehmend an Stimmen.
Die Reichstagsfraktion übernimmt die
Führung der Partei,
und Parteitage wer„Bismarck ohne Maske“ erschien 1879 in der sozialistischen Zeitschrift „Der wahre Jakob“. Zahlreiche Maßden im Ausland abnahmen Bismarcks im Kampf gegen politische Gegner
gehalten. Auch die
sind ihm ins Gesicht geschrieben.
der SPD nahestehenden Freien Gewerkschaften und ihre Presse werden weitgehend verboten. Über die Zentren der Sozialdemokratie, z.B. Berlin, kann der Belagerungszustand verhängt und die Hauptagitatoren ausgewiesen werden; zahlreiche Funktionäre wandern nach
Amerika aus.
49
■ Tafel 3 Mitte:
Am 6. Juli 1877 trafen sich die Arbeitgeber des Saarreviers in Saarbrücken, um Maßnahmen gegen die sozialdemokratische Agitation zu beschließen. Neben den privaten Arbeitgebern wie etwa
Stumm, Villeroy & Boch oder der Dillinger Hütte waren auch die
staatlichen Arbeitgeber, die Königliche Eisenbahndirektion Saarbrücken und der preußische Staatsbergbau an der Saar sowie der
Saarbrücker Landrat von Geldern anwesend. Das sogenannte Sozialistengesetz der Saarindustrie war natürlich kein rechtlich gültig erlassenes Gesetz, sondern ein willkürliches Repressionsmittel
der Arbeitgeber im Saarrevier gegen die aufkommende autonome
Arbeiterbewegung. Das Sozialistengesetz der Saarindustrie war...
• ...15 Monate vor dem Sozialistengesetz Bismarcks im Reich
beschlossen worden und damit auch Ideengeber für dieses.
• ...viel repressiver als das Reichsgesetz. So sollten „keine Arbeiter auf den Werken geduldet werden, welche sich an socialdemokratischen Agitationen direct oder indirect betheiligen“. Der
Besuch in einer Wirtschaft, in der schon einmal eine sozialdemokratische Versammlung stattgefunden hatte, konnte als Entlassungsgrund ausreichen.
Schutz gegen diese Praktiken, die zunehmend reichsweit an den Pranger gestellt
wurden und dem Saarrevier
in Anlehnung an die damalige soziale und politische
Rechtlosigkeit und Paschawirtschaft im Orient den
Spottnamen „Saarabien“ einbrachte, gab es für die Arbeiter nicht.
Noch Anfang des 20. Jahrhunderts wurde es von den Arbeitgebern an der Saar als
Repressionsmittel, auch gegen andere Gruppierungen,
Seite 1 des Protokolls der Konferenz der
etwa gegen evangelische ArSaararbeitgeber mit dem Beschluss zum
beitervereine, angedroht
Sozialistengesetz der Saarindustrie vom 06.
Juli 1877
oder angewandt.
50
■ Tafel 3 unten:
Als Kaiser Wilhelm II. am 24. April 1892 im Saarrevier Carl Ferdinand Stumm besuchte, äußerte er Sympathie für das System
Stumm; „…es sei sein Wunsch, dass derartige segensreiche und
glückliche Verhältnisse überall in der
deutschen Industrie
herrschen mögen“.
Das sahen nicht nur
Sozialdemokraten
und freie Gewerkschafter anders, sie
mussten weiterhin
unter Ausnahmezustand
leben.
Insbesondere die
großen Industriegewerkschaften Bergarbeiterverband und
Deutscher Metallarbeiterverband hatten
fast ausschließlich
„geheime Mitglieder“. Obwohl oder
gerade weil Bismarcks Sozialisten„König von Saarabien“ (1891)
gesetz ausgelaufen
war, wurde das Sozialistengesetz der Saarindustrie explizit 1894
und 1903 erneut bestätigt. Bezugnehmend auf Stumm und seine
blindwütigen Attacken auch gegenüber den evangelischen Arbeitervereinen erklärte der evangelische Superintendent Zillessen „ich
bin…ein Feind seines Systems, das sich mir je länger je mehr als
das System der brutalen Gewalt unter völliger Nichtachtung des
unveräußerlichen Rechts jeder anderen Persönlichkeit enthüllt hat.“
51
■ Tafel 4 oben:
Aufschwung
und terra incognita
In der großen Streikzeit (1889-1893) gelang erstmals im Saarrevier
die Bildung von Interessenvertretungen der Bergarbeiter auf Massenbasis. Sowohl der Rechtsschutzverein der Saarbergleute (RSV)
als auch der 1889 reichsweit gegründete Bergarbeiterverband (BAV,
„Alte Verband“) hatten zeitweise viele tausend Mitglieder unter
den Saarbergleuten. Im Windschatten der Bergarbeiterbewegung
versuchte auch die Sozialdemokratie im Saarrevier erneut Fuß zu
fassen. Sozialdemokratische Reiseagitatoren und Funktionäre des
BAV, meist aus Westfalen, versuchten für Partei und Gewerkschaft
Aufbauarbeit zu leisten, was insbesondere auf den Widerstand
der christlichen Kirchen, der Zentrumspartei und des preußischen
Behördenapparates stieß, die die Sozialdemokratie verteufelten
und die Bergleute in reichstreuem, christlich-konservativem Fahrwasser halten wollten.
Die Delegierten der 1. Bergarbeiterkonferenz, 15.-19. September 1890 in Halle. Vorne,
4. V. links, der Bergmann Jakob Thome aus Altenwald, 1891 stellvertretender Vorsitzender des BAV.
52
■ Tafel 4 Mitte:
Am Sonntag, 25. September 1892, nachmittags 3 Uhr gab es ein
besonderes Ereignis für die Saarsozialdemokratie. Der Parteivorsitzende August Bebel hielt sich, soweit bekannt, zum einzigen
Mal in seinem Leben im Saarrevier auf, um im Bildstocker Rechtsschutzsaal eine öffentliche Parteiversammlung abzuhalten. Er sprach
über „Ultramontanismus und Socialismus“. Dass nur etwa 500
Zuhörer gekommen waren, lag sicherlich an der Warnung katholischer Geistlicher davor, diese Versammlung zu besuchen, war aber
auch Ausdruck der meist
ablehnenden Haltung der
Saarbergleute gegenüber
der Sozialdemokratie.
Dies spiegelt sich auch
innerhalb des RSV, wo
die Vergabe des Saales
an die Sozialdemokratie
heftig umstritten war.
Hatte Bebel 1891 das
Saarrevier noch als „terra incognita“, als weißen
Fleck für die Sozialdemokratie, bezeichnet, gab er
sich ein Jahr später in
einem Brief an Friedrich
Engels schon optimistischer ... „bis zu den
nächsten Wahlen haben
wir, hoffe ich, festen Fuß gefasst“. Doch Bebel sollte sich täuschen. Nach dem Zusammenbruch der Streikbewegung kam die
Zeit, die auch reichsweit als „Ära Stumm“ bezeichnet wird. Im
Saarrevier wurde das Sozialistengesetz bekräftigt, und im Reichstag brachte Stumm die Umsturzvorlage ein, quasi eine Verschärfung des Bismarck’schen Sozialistengesetztes, in dem er vorschlug,
Sozialdemokraten und Anarchisten das Wahlrecht zu entziehen
und Agitatoren auszuweisen oder zu internieren. Reichsweit konnte Stumm sich zwar nicht durchsetzen, doch im Saarrevier konnte
er - außer in St. Johann-Saarbrücken - weiterhin mit allen Mitteln
jede autonome Arbeiterbewegung unterdrücken.
53
■ Tafel 4 unten:
Vom SPD-Parteivorstand wurde der vorher in Frankfurt/M. tätige
Metallarbeiter Leopold Emmel (1863-1919) ins Saarrevier beordert.
Unter seiner Führung erschien mit der Zeitung Bote von der Saar
zum zweiten Mal ein
sozialdemokratisches Presseorgan
an der Saar. Die Probenummer erschien
am 27. Dezember
1891, am 31. März
1894 musste der
Bote von der Saar
sein Erscheinen einstellen, nachdem
die Zuschüsse der
Berliner Parteikasse
zu groß geworden
waren. Emmel vertrat auch mehrere Jahre das Saarrevier auf den
SPD-Parteitagen. Im Mai 1893 wurde er Vorsitzender des SPDAgitationskomitees für den Regierungsbezirk Trier mit Sitz in
St. Johann. Kandidierte er 1893
u.a. im Wahlkreis Saarbrücken
noch erfolglos, vertrat er den
Wahlkreis Mühlhausen/Elsass
von 1907-1919 als Abgeordneter
im Reichstag.
Leopold Emmel (1863-1919)
54
■ Tafel 5 oben:
Saarabien vor Gericht
Korruption und Bestechung gehörten über viele Jahrzehnte zur
betrieblichen Realität des preußischen Staatsbergbaus an der Saar.
Schon der Führer des Rechtsschutzvereins, Nikolaus Warken, schrieb
in seiner Chronik: „Im Jahre 1889 war es im Bergmannsstand unerträglich… durch Stechereien von Beamten“. Privatarbeiten für Steiger
während der Schichtzeit bei normaler Schichtentlohnung sowie
Geld- und Naturalgeschenke für Steiger waren weit verbreitet. Dies
musste selbst eine amtliche Untersuchung 1890 zugestehen und
führte zur Entlassung einiger Steiger. Doch wie der abgedruckte
Ausschnitt aus dem Vorwärts zeigt, traten Korruption und Bestechung durch Partiemänner und Steiger immer wieder auf. Die Bergleute waren diesen Praktiken oft hilflos ausgeliefert, wollten sie
keine Lohnreduzierung oder Verlegung an schlechte Arbeitsplätze
riskieren. Andererseits verschafften sich einige Bergleute mit dieser „Günstlingswirtschaft“ auch handfeste Vorteile.
Auszug aus dem Vorwärts vom 11. Oktober 1908 mit einem Bericht über Bestechungspraktiken im Saarbergbau
55
■ Tafel 5 Mitte:
„Schwarze Listen, Denunziationen und einträgliche Bespitzelungen - Gendarme, Schutzmänner und Polizeikommissare erhielten
beträchtliche Geldprämien, wenn sie mit Eifer und Erfolg die Sozialdemokratie bekämpft hatten - gehörten von nun an zur politischen Kultur, zum ‚saarabischen‘ Milieu“, heißt es bezugnehmend
auf die Entstehungszeit des Sozialistengesetzes der Saarindustrie in
einem Standardwerk zur Bergarbeiterbewegung an der Saar. Massive
Verletzungen der Meinungs- und
Koalitionsfreiheit, des Vereins- und
Versammlungsrechts sowie Wahlbeeinflussung in großem Stil kennzeichnen das System auch noch im 20.
Jahrhundert. Als der wegen des Besuchs einer Gewerkschaftsveranstaltung entlassene sozialdemokratische
Bergmann Karl Krämer 1903 in zwei
Flugblättern das saarabische System
darstellt und zum Beitritt zum BAV auffordert, verklagt ihn der
Vorsitzende der Bergwerksdirektion Ewald Hilger wegen Beleidigung. Der sozialdemokratische Vorwärtsverlag druckt den Prozessbericht nach, und „Saarabien vor Gericht“ wird in viel tausendfacher Auflage im Saarrevier verteilt.
Durch die Zeugenaussagen werden die
Missstände im Saarrevier vielfach bestätigt; das saarabische System, das
nach dem Soziologen Max Weber
„Stickluft verbreitet…und zwar nicht nur
für Arbeiter, sondern für jeden, der es
wagt, in einer Art politisch tätig zu sein,
die diesen Herren missfällt“ wird reichsweit blamiert. Zu Saarabien gehört auch
die gezielte Zersplitterung der Arbeiterbewegung durch die BergwerksdirekEwald Hilger (1859-1934), von
tion und die Hüttenindustriellen,
1900-1905 Vorsitzender der
insbesondere die Unterstützung der
Bergwerksdirektion SaarbrüOrganisationen, die Streiks ablehnten.
cken
56
■ Tafel 5 unten:
So wie die Arbeitgeber des Saargebiets in den 1870er Jahren extra
einen Stenografen angestellt hatten, der die Versammlungen der
Arbeiterbewegung protokollieren sollte und gleichzeitig den Arbeitern als personifizierte Drohkulisse und Warnung galt, sich devot zu verhalten, gab der Arbeitgeberverband der Saarindustrie
Anfang des 20. Jahrhunderts „Schwarze Listen“ in Form von Rundschreiben, betitelt als „Gewerkschaftliche Nachrichten“ heraus; sie
waren „streng geheim und dürfen von dem Empfänger nicht aus
der Hand gegeben werden“. Neben Informationen über die Entwicklung von Sozialdemokratie und Freien Gewerkschaften wurden auch Berichte über evangelische Arbeitervereine oder Christliche Gewerkschaften abgedruckt, galten beide doch in Unternehmerkreisen als Vorfrucht der Sozialdemokratie. Werksbeamte, aber
auch Arbeiter aus der Werkvereinsbewegung, waren die Zuträger.
Die Hüttenindustrie im Saarrevier war eines der reichsweiten Zentren der antigewerkschaftlichen, jeden Streik ablehnenden, wirtschaftsfriedlichen Werkvereinsbewegung. Sie wurde ab 1906, nach
einem erfolglosen Streik des Christlichen Metallarbeiterverbandes
auf der Burbacher Hütte, gegründet. Vor 1918 waren große Teile
der Hüttenbelegschaften Mitglied dieser Vereine, die auch „Gelbe
Gewerkschaften“, als Synonym für Streikbrecher, genannt und seitens der Industriellen und dem Arbeitgeberverband der Saarindustrie finanziell und ideologisch unterstützt wurden.
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■ Tafel 6 oben:
Zerbrecht die Sklavenfessel,
macht Euch frei!
Hans Böckler, bekannt als erster
DGB-Vorsitzender nach 1945, begann
seine hauptamtliche Gewerkschaftskarriere im Saarrevier. Böckler, von
Beruf Metallschläger, hatte sich auf
die Stelle eines „besoldeten Geschäftsführers für die Verwaltungsstelle St. Johann-Saarbrücken“ des
Deutschen Metallarbeiterverbandes
(DMV) beworben und trat die Stelle
Ende 1903 an. Er zog anfangs nach
St. Ingbert, weil in Bayern die Restriktionen zur Bildung von Vereinen
(Gewerkschaften) nicht so rigide
Hans Böckler (1875 -1951) Aufnahwaren wie in Preußen. Böckler kam
me ca. 1931
in schwieriges Terrain. Obwohl das
preußische Saarrevier vor 1914 reichsweit zu den hoch industrialisierten Gebieten zählte, wurden im Preußischen Staatsbergbau
und in der Hüttenindustrie freie
Gewerkschaften und Sozialdemokraten nicht geduldet. In seiner
1906 im Saarrevier veröffentlichten Schrift Es werde Licht prangerte Böckler die hiesigen Verhältnisse an. Politische Unterdrückung,
soziale Ausbeutung durch den
„Humbug aller Prämien und Wohlfahrtseinrichtungen“. Er rät den Arbeitern, endlich den Mut zu haben, sich dem DMV anzuschließen:
„Zerbrecht die Sklavenfessel,
macht Euch frei!“
58
■ Tafel 6 Mitte:
Um die Wende ins 20. Jahrhundert stabilisierte sich die sozialdemokratische Bewegung in der Diaspora des Saarreviers auf niedrigem Niveau und auch nur in wenigen Orten. Nikolaus Osterroth,
entlassener Bergarbeiter aus der Pfalz, war einer der Hauptträger
der Bewegung. Er berichtet in seinen unveröffentlichten Erinnerungen über seine Ankunft in Neunkirchen; „Einige Tage nach unserer Ankunft starb der Beherrscher Neunkirchens, der berüchtigte
König Stumm… niemand durfte Sozialdemokrat sein…“ Außer im
Bereich der späteren Großstadt Saarbrücken gab es nur wenige
Orte mit sozialdemokratischen Ortsvereinen: Dudweiler ca. 1892,
Neunkirchen 1907, Illingen und Schiffweiler 1909. Im bayrischen
Teil des Saarreviers waren es St. Ingbert 1899, Blieskastel 1910
und Homburg 1912. In St. Johann-Saarbrücken hatte die große
Anzahl zugewanderter Handwerker die organisatorische Grundlage für Partei- und Gewerkschaftsstrukturen gelegt. So entstanden
u.a. 1899 das Gewerkschaftskartell St. Johann; mit dem am 16.
August 1903 gegründeten Agitationskomitee für das preußische
Saarrevier, die bayrische Saarpfalz und den Wahlkreis Saargemünd
unter Vorsitz von Nikolaus Osterroth entstand quasi der erste sozialdemokratische Landesverband Saar. 1904 entstand das Arbeitersekretariat St. Johann und ab 1905 erschien die sozialdemokratische Saarwacht, Organ für die Interessen des werktätigen Volkes. Die Mitgliederzahlen der SPD für
das Saarrevier, 1907
224 und 1913 777,
davon 130 Frauen,
machen die Schwäche deutlich.
Nikolaus Osterroth
(1875-1933), Parteisekretär im Saarrevier
und Redakteur der
Saarwacht
59
■ Tafel 6 unten:
Das „System der strengen und der milden Hand“ wurde über Jahrzehnte im staatlichen Bergbau und in der Hüttenindustrie im Saarrevier gepflegt. „Einrichtungen zum Besten der Arbeiter auf den
Bergwerken Preußens“, wie eine offizielle Veröffentlichung die
„Wohltaten“, wie z.B. das Prämienhaussystem, sozialromantisch
umschrieb, wurden für dienstliches und privates Wohlverhalten
der Arbeiter gewährt. Wer dieses Wohlverhalten nach Ansicht der
Arbeitgeber nicht zeigte, lernte das System der strengen Hand mit
Geldstrafen, Entzug der „Wohltaten“ bis hin zur Entlassung und
wirtschaftlichem Ruin kennen. Die Entwicklung kollektiver Gegenmacht durch die Arbeiter und Gewerkschaften wurde sanktioniert,
elementare Menschenrechte den Arbeitern vorenthalten. Gefördert
wurde die individuelle Ohnmacht der Arbeiter, soziale Abhängigkeit und Ausbeutung. Als Nachfolger Stumm’scher Sozialpolitik sah
sich der Syndikus der Saarbrücker Handelskammer Dr. Alexander
Tille, der nicht nur Tarifverträge ablehnte, sondern der Streik wieder
als Erpressung
ansah und wie
Raub und Diebstahl strafrechtlich
verfolgt wissen
wollte.
Dr. Alexander Tille
(1866-1912)
60
■ Tafel 7 oben:
Reichstagswahl
am 12. Januar 1912
Die Ergebnisse der Reichstagswahlen im preußischen Saarrevier
waren im 19. Jahrhundert niederschmetternd für die SPD. Erstmals
trat (nur) im Wahlkreis Saarbrücken 1877 mit dem inhaftierten
Reiseagitator Hackenberger ein SPD-Kandidat an und errang 324
Stimmen. Wie trostlos es während des Sozialistengesetzes war,
zeigt eine anonyme Zuschrift aus Saarbrücken vom April 1885 an
die illegale Zeitschrift „Der Sozialdemokrat“: „Bedaure sehr, dass
ich das Blatt nicht weiter halten kann, indem meine Existenz zu
sehr auf dem Spiel steht. Trotzdem man nicht strafbar ist, (beim
Abonnement einer sozialdemokratischen Zeitung, J-H.) wird man
doch in Untersuchungshaft genommen…“ So wundert es nicht,
dass bei der Wahl 1887 auf Wilhelm Liebknecht, der in allen drei
preußischen Wahlkreisen an der Saar kandidierte, jeweils nur zwischen 16 und 37 Stimmen entfielen. Nur einmal gab es für überparteiliche Arbeiterkandidaten ein besseres Ergebnis, als bei der
Reichstagswahl 1890 Führer des Rechtsschutzvereins - nicht als
Kandidaten der SPD - kandidierten und Nikolaus Warken im Wahlkreis Saarbrücken mit 33,8% fast in die Stichwahl gekommen wäre.
Bericht aus dem illegalen
„Sozialdemokrat“ vom
09. April 1885
61
■ Tafel 7 Mitte:
Die Reichstagswahl vom 12. Januar 1912 war für die SPD reichsweit ein großer Erfolg. Bei einer Wahlbeteiligung von 84,5% stimmten über 4,2 Millionen Wähler, 34,8% der abgegebenen Stimmen,
für die SPD. Erstmals erreichte die SPD reichsweit
den größten Stimmenanteil aller Parteien und 110
von 397 Abgeordnetensitzen. Abgesehen von der
Wahl zur Nationalversammlung 1919, die noch
ganz im Zeichen des revolutionären Umbruchs
vom Kaiserreich zur Republik stand und damit
unter ganz besonderen,
für die Sozialdemokratie
günstigen Bedingungen
stattfand (mit 37,9 %
Stimmenanteil), gelang
es der SPD erst wieder
bei der Bundestagswahl
1961 mit 36,2%, das Ergebnis von 1912 bei einer bundesweiten Wahl zu übertreffen. Die Forderungen auf dem
Wahlplakat weisen aber auch auf die großen Defizite bei Wahlen
im Kaiserreich hin. Zum einen gab es vor 1918 kein Frauenwahlrecht, und zum anderen wurde der Preußische Landtag vor 1918
nach dem, am Steueraufkommen der Wähler orientierten, Dreiklassenwahlrecht gewählt. Darüber hinaus entsprachen 34,8% Stimmenanteil nur 27,7% der Mandate. Diese Differenz erklärt sich
durch die von der Mehrheit im Reichstag bewusst unterlassene
Neueinteilung der Wahlkreise. In den bevölkerungsmäßig stark
anwachsenden industriellen Wahlkreisen, z.B. in Berlin, die zugleich
Hochburgen der SPD waren, waren deutlich mehr Wähler für die
Erringung eines Reichstagsmandats notwendig als in den von den
Konservativen dominierten ländlichen Wahlkreisen.
62
■ Tafel 7 unten:
Zu den Reichstagswahlen im Kaiserreich gab es drei Wahlkreise,
die den preußischen, und zwei, die den bayrischen Teil des Saarreviers abdeckten.
Wahlkreis
Stimmenanteil 1912 in %
228 Saarburg - Merzig - Saarlouis
2,9
229 Saarbrücken
7,8
230 Ottweiler - St. Wendel - Meisenheim
4,0
254 Zweibrücken (mit dem Bezirksamt St. Ingbert)
26,4
255 Homburg (mit dem Bezirksamt Kusel)
17,4
Die Darstellung zeigt, dass die Wahlergebnisse im Saarrevier deutlich hinter dem reichsweiten Ergebnis zurückblieben. Insbesondere
das preußische Saarrevier blieb bis 1918 für die SPD Diaspora.
Dies hing bis ins 20. Jahrhundert mit starken Wahlmanipulationen
und -beeinflussungen sowohl durch die Arbeitgeber als auch durch
Vertreter der katholischen Kirche und des Zentrums zusammen.
„Das Epizentrum des unternehmerischen Wahlterrors hatte sich
bereits… aus Sicht der Wahlprüfungskommission (des Reichstages, J.H.) in das Saarrevier verlagert“, so ein Ergebnis aus einer
Untersuchung „Der Kampf um die Wahlfreiheit im Kaiserreich“.
Auszug aus dem Wahlflugblatt für die Reichstagswahl
1907
63
■ Tafel 8 oben:
Das Saargebiet
entsteht (1920-1935)
Die schon während des Ersten Weltkriegs in Gang gekommene
Spirale von Geldknappheit, Preissteigerung und Inflation drehte
sich immer schneller. Da das Saargebiet noch zum deutschen ZollInland gehörte, war es lukrativ, Luxusartikel und Bedarfsgegenstände ins Reich zu verkaufen, während die einheimischen Bauern
ihre Produkte zurückhielten. Dies führte zu sozialen Spannungen
zwischen Neureichen und der hungernden Arbeiterschaft. Die Angst
vor dem bevorstehenden Winter trieb viele zum Hamstern. In einer großen Demonstration auf dem Saarbrücker Schloßplatz forderten die Bediensteten der Saarbrücker Eisenbahnwerkstätte billige Kohlen und Kartoffeln sowie Maßnahmen gegen den Schleichhandel. Nachmittags streikte bereits das gesamte Revier. Bei gewaltsamen Übergriffen wurden zahlreiche Geschäfte ausgeplündert. Die französische Militärregierung verhängte den Ausnahmezustand und ließ die Innenstädte durch Kavallerie räumen. Die
Spartakuskrawalle vom Oktober 1919 können als politisch noch
indifferentes Aufbegehren der Arbeiterschaft des Saarreviers in
schwieriger wirtschaftlicher Situation interpretiert werden. Nationale und völkische Untertöne waren dabei bereits deutlich zu vernehmen.
französische Kavallerie in Ottweiler
64
■ Tafel 8 Mitte:
Sofort nachdem Philipp Scheidemann am 9. November 1918 in
Berlin die Republik ausgerufen hatte, kamen Abgesandte der aufständischen Matrosen und Arbeiter auch an die Saar, wo zahlreiche Arbeiter- und Soldatenräte entstanden. Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrates Saarbrücken war Valentin Schäfer, der
auch jahrelang Vorsitzender der SPD an der Saar war. Die Tätigkeit
der Räte beschränkte sich zumeist auf das Hissen der roten Fahne, die Kontrolle der Verwaltung und die Entleerung militärischer
Liegenschaften. Unmittelbar nach dem Rückzug der deutschen Truppen von der Front trafen ab 22. November französische Besatzungstruppen in den Städten und Gemeinden an der Saar ein, die
die Arbeiter- und Soldatenräte sofort auflösten. Als Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges bestimmte der Friedensvertrag zu Versailles eine Wiedergutmachung für die während des Kriegs eingetretenen Schäden im nordfranzösischen Industrierevier um Lille
und Roubaix: Die politische Loslösung des Industriereviers an der
mittleren Saar vom deutschen Reich und seinen wirtschaftlichen
Anschluss an Frankreich. Das neugebildete Saargebiet wurde einer international besetzten Regierungskommission des Völkerbundes unterstellt. Nach 15 Jahren sollte die Bevölkerung in einer
Volksabstimmung über ihre politische Zukunft entscheiden. Als
parlamentarische Vertretung der Saarländerinnen
und Saarländer wurde ein Landesrat geschaffen,
der aber nur beratende Funktion hatte. Die Régie
des Mines de la Sarre
löste als französische
Grubenverwaltung den
vormals preußischen
Bergfiskus ab. Sozialdemokratie und Gewerkschaften bekannten sich auch unter
den neuen politischen
Verhältnissen uneingeschränkt zur deutschen
Nation.
65
■ Tafel 8 unten:
Die Spaltung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands entzündete sich an der Einstellung der verschiedenen Flügel der Partei zu den Kriegskrediten von 1914 und zum Weltkrieg überhaupt.
1917 wurde die U(nabhängige) SPD, aus deren revolutionärem
Flügel („Spartakusbund“) im Januar 1919 die Kommunistische Partei entstand, gegründet. Wenngleich diese Entwicklung sich im
nationalen Rahmen auf Reichsebene vollzog, lässt sie sich doch
auch an der Saar bis in die Ortsgruppen der Parteien verfolgen.
Ihren größten Wahlerfolg errang die Sozialdemokratische Partei
des Saargebietes bei der Wahl zur Nationalversammlung in Weimar am 19. Januar 1919, wo sie in allen größeren Industrieorten
des Landkreises Saarbrücken über 40 % der Stimmen erreichte.
Bei den Wahlen zum Landesrat des Saargebietes nahm die Stimmenzahl der SPD stets ab, während die Kommunisten im gleichen
Maße zulegten. Jedoch konnte sie ihre Parteiorganisation im industriellen Ballungsraum des Reviers ausbauen, darüber hinaus
allerdings nur in evangelischen Ortschaften.
Rotfrontkämpferbund Neunkirchen
66
■ Tafel 9 oben:
Die SPD an der Saar
in den Zwanziger Jahren
bis zur Weltwirtschaftskrise
Der sprunghafte Anstieg der Mitgliederzahlen der Freien Gewerkschaften (41.000 im Jahr 1920) und die darauf folgende deutliche
Abnahme (29.000 im Jahr 1927) zeigen, dass ein Klassenbewußtsein weithin fehlte und die Masse der Arbeiterschaft vor allem an
ihren eigenen familiären Verhältnissen interessiert war. Folglich
orientierte sich die Partei bis 1933 an einem nationalen Programm,
wobei sich Max Braun um die deutsch-französische Verständigung
und den Frieden in Europa bemühte.
„Der Widerstand der Regierungskommission und der Franzosen
gegen die sozial- und arbeitsrechtliche Angleichung an die Weimarer Republik, der Streik des Jahres 1923 und das autokratische
Regierungssystem
ließen die Partei ihre
demokratische und
soziale Ideenwelt
vor allem im Zusammenhang mit diesen
saarländischen Konflikten entwickeln.
(…) Die saarländische sozialdemokratische Partei verfolgte eine auf die saarländischen VerhältKarikatur aus der „Saar-Illustrierten“ zur Lohnpolitik
nisse abgestimmte
der französischen Grubenverwaltung
gemässigte sozialistische Linie, die (…)
sich damit vom Radikalismus der Kommunisten distanzierte und
nicht geeignet war, die Masse der Unzufriedenen in den Wahlen zu
gewinnen“ [Maria Zenner, 1966, S. 184 und 188].
67
■ Tafel 9 Mitte:
Bereits die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung am 19. Januar 1919, die den Mehrheitssozialisten an der Saar 36 Prozent der
Stimmen einbrachte, zeigte, dass sich die Verhältnisse an der Saar
nach dem Zusammenbruch des patriarchalischen Systems stark
verändert hatten. Vor allem in den großen Industrieorten mit beachtlichem evangelischem Bevölkerungsanteil errang die SPD weit
über 50 %, während sie in rein katholischen, ländlich geprägten
Bergmannsdörfern nur bis zu 20 % gewann. Auf einen Schlag war
sie zur zweitstärksten politischen Kraft nach dem Zentrum geworden. Bei den folgenden Wahlen zum Landesrat schnitt die SPD
freilich immer schlechter ab, wobei sie ihre Wähler an die kommunistische Partei des Saargebiets verlor, beide sozialistische Parteien errangen zusammen immerhin ein rundes Drittel der Stimmen.
Dabei gingen die Sozialdemokraten von einer ungünstigen Ausgangslage aus: Zunächst fehlte ihnen an der Saar ein ausgebauter
Parteiapparat, ein Stamm von ideologisch und parteipolitisch geschulten Mitgliedern sowie auch Erinnerungen an große Führungsfiguren früherer Zeit. Dennoch haftete der Zugehörigkeit zur Sozialdemokratie in den katholischen Landstrichen an der Saar etwas
Anstößiges an, wozu die Kirche ihren Anteil beitrug, während Sozialdemokraten unaufhörlich betonten, sie seien nicht religionsfeindlich eingestellt, und Christentum und Sozialismus seien
durchaus zu vereinbaren.
68
■ Tafel 9 unten:
Max Braun (1892-1945) kam als gebürtiger Rheinländer 1923 nach
Saarbrücken, um die Leitung der regionalen Tageszeitung der SPD
an der Saar, der Volksstimme, zu übernehmen. 1925 wurde er
Zweiter Vorsitzender der SPD des Saargebiets, bevor er 1929 zum
Ersten Vorsitzenden gewählt wurde. Von 1932 bis 1935 war er
Mitglied des Landesrats und spielte nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland im Abstimmungskampf an der Saar eine wichtige Rolle als Wortführer der Status-Quo-Bewegung. Maßgeblich
setzte er sich für eine Bündelung der bislang zersplitterten antifaschistischen Kräfte ein und erreichte Anfang Juli 1934 die Gründung der Einheitsfront aus Kommunisten und Sozialdemokraten.
Nach dem Debakel der Volksabstimmung emigrierte Max Braun
vor der Eingliederung des Saarlandes ins Deutsche Reich nach
Frankreich. Dort leitete er das Office Sarrois, die Organisation sozialdemokratischer saarländischer Emigranten, und arbeitete für
verschiedene Zeitungen. Im Lutetia-Kreis beteiligte er sich an dem
vergeblichen Versuch, eine „Deutsche Volksfront“ zu schaffen. Nach
der Besetzung Frankreichs durch die Wehrmacht floh er nach England; hier war er weiterhin
antifaschistisch tätig und
arbeitete beim Soldatensender Calais. Max Braun starb
kurz vor der geplanten
Rückkehr aus London am 3.
Juli 1945. Seine Ehefrau Angela Stratmann-Braun, die
ihn auf allen Lebensstationen begleitete, kehrte alleine nach Saarbrücken zurück
und übernahm bald den Vorsitz der Arbeiterwohlfahrt.
Sein Bruder Dr. Heinz Braun
(1883-1962) gehörte von
1947 bis 1955 dem saarländischen Landtag an und fungierte von 1947 bis 1951 und
von 1952 bis 1954 als JusMax und Angela Braun 1935
tizminister.
69
■ Tafel 10 oben:
Die Arbeiterkulturbewegung
Zur Arbeiterkulturbewegung zählten die Bereiche Sport und Wandern ebenso wie die Kultur im engeren Sinne. So gab es Freie
Turn- und Schwimmvereine, Arbeiterfußballvereine, den Arbeiterradfahrerbund, den Arbeiterathletenbund, die Naturfreunde und
den Arbeiterschachverein, während sich die Arbeiterwohlfahrt und
der Arbeiter-Samartiter-Bund den sozialen Diensten widmete und
das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold parteiübergreifend als paramilitärische Schutztruppe zur Verteidigung der Demokratie fungierte. Die einzelnen Vereine, die sich auf Ortsebene durch die
Initiative einheimischer Arbeiter konstituierten, waren in der Regel
auf Reichsebene den einschlägigen Dachverbänden angeschlossen oder arbeiteten mit ihnen zusammen; so gehörte der Freie
Turn- und Schwimmverein Sulzbach zum Arbeiter-Turn- und Sportbund (zuvor Arbeiter-Turnerbund), dessen Wappen die Initialen
der Devise „Froh, Frei, Stark, treu“ trug.
Postkarte des Arbeiter-Turnerbundes
70
■ Tafel 10 Mitte:
Die Zwanziger und die erste Hälfte der Dreißiger Jahre waren, auch
an der Saar, eine Blütezeit der Arbeiterkulturbewegung, die sich
nun, der obrigkeitlichen Fesseln des Kaiserreichs ledig, der Entfaltung der schöpferischen Kräfte des Menschen widmen konnte. Die
Arbeiter trafen sich in zahlreichen Sport- und Musikvereinen. Viele
Arbeitergesangsvereine wurden neugegründet oder umbenannt,
was auf frühere Richtungskämpfe in den Vereinen bzw. frühere
Tarnungen zurückverweist: So konnte aus einem evangelischen
Kirchenchor ein Arbeitergesangverein hervorgehen. Viele Aktivitäten konzentrierten sich bis 1935 in den oft „Volkshaus“ oder „Rotes Haus“ genannten Gemeinschaftshäusern, in denen auch die
Parteisekretariate und Dienststellen der Gewerkschaften untergebracht waren. In der Zeit des Saargebietes konnten sich die sozialdemokratischen Organisationen unbehelligt entfalten, doch erreichten die Sozialdemokraten nie die feste Geschlossenheit des
katholischen Sozialmilieus, mit dem sie sich teilweise überschnitten.
Aufmarsch der Arbeitersportler zum fünfjährigen Stiftungsfest am 30. Juli 1932 mit
dem Spielmannszug des Freien Turn- und Sportvereins Homburg
71
■ Tafel 10 unten:
Der Touristenverein Die Naturfreunde, ursprünglich 1895 in Österreich entstanden, wollte den Arbeitern eine alternative zu den
bürgerlichen Alpenvereinen bieten und sie auch „aus der Enge der
Wohnungen, aus dem Dunst der Fabriken und Wirtshäuser hinausleiten in unsere herrliche Natur, sie der Schönheit und Freude
entgegenführen“ (Karl Renner, späterer österreichischer Kanzler
und Bundespräsident). Die Naturfreunde lehnten die Rekordsucht,
den Leistungs- und Kampfsport ab und entwickelten vielmehr den
Gedanken des Breitensports. Die 1919 in Sulzbach gegründeten
Frohen Wanderer schlossen sich 1921 den Naturfreunden als Ortsgruppe an und wuchsen innerhalb von zehn Jahren auf 800 Mitglieder an. Sie unterhielten eine eigene Musikgruppe und tagten
im Volkshaus. Die aktive Sulzbacher Ortsgruppe baute auch am
Naturfreunde-Haus in Kirkel mit, das 1928 eingeweiht werden konnte; Hausvater wurde Franz Kindel, bis dahin Vorsitzender der Sulzbacher Naturfreunde.
Kinder der Mitglieder des „Arbeiter-Theater-Vereins Elversberg“ am 31. Mai 1931 vor
dem neu erbauten Naturfreundehaus Kirkel
72
■ Tafel 11 oben:
Die Arbeiterwohlfahrt
Die AWO des Saargebietes
hatte bis zum 25. Juli 1929
in dem Partei- und Gewerkschaftshaus in der Brauerstraße 6-8 in Saarbrücken
ihren Sitz, bevor sie in ein
eigenes Gebäude in der Hohenzollernstraße
45
(vormals 37) umzog. Die
Künstlerin Käthe Kollwitz
(1867-1945) aus Berlin übertrug im Jahre 1930 ihren
Holzschnitt „Mütter wehren
die Not von ihren Kindern“
in Sgraffito-Technik an eine
Käthe Kollwitz (rechts) vor ihrem Gemälde,
Wand des Treppenhauses,
gemeinsam mit dem Architekten Otto Zollinum das Gebäude durch
ger (mitte) und dessen Mitarbeiter Streif
(links)
Kunst am Bau aufzuwerten;
nach der Zerstörung des
Werkes durch die Nationalsozialisten trat ein Mosaik des belgischen Künstlers Frans
Masereel an
seine Stelle.
Seit Sommer
1927 gab die
AWO ein eigenes Mitteilungsblatt
neben der
Pa r t e i z e i tung „Volksstimme“
heraus.
AWO 1934 im VolksabstimAWO 1930
mungskampf
73
■ Tafel 11 Mitte:
Auf Initiative des SPD-Parteivorstandes gründete die Reichstagsabgeordnete Marie Juchacz am 13. Dezember 1919 den Hauptausschuß der Arbeiterwohlfahrt als Arbeitsgemeinschaft der SPD. Als
Emigrantin hielt sie sich später von 1933 bis 1935 im Saargebiet
auf. Hier kam es erst am 13. Februar 1924 zur Gründung eines
Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt („AWO Bezirk Saargebiet“).
Angela BraunStratmann, die
Ehefrau des SPDVorsitzenden Max
Braun, wurde zur
Vorsitzenden gewählt und hatte
dieses Amt bis
zum 15. Januar
1935 inne. Die
Zahl der Ortsgruppen der Arbeiterwohlfahrt des
Saargebietes
wuchs zunächst
langsam, verdreifachte sich aber
im Jahre 1927.
Die Selbsthilfeorganisation der Arbeiterschaft, in
der viele Frauen
aktiv waren, kümmerte sich um die
Kindererholung und die Schulspeisungen und führte auch Lebensmittel-Sammlungen für bedürftige Familien durch. Denn in den
zwanziger Jahren herrschte noch vielfach große Armut in den kinderreichen Arbeiterfamilien an der Saar, die durch die Weltwirtschaftskrise ab 1929 noch verstärkt wurde. Nun richtete die AWO
auch Suppenküchen ein.
74
■ Tafel 11 unten:
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Arbeiterwohlfahrt in guter
Zusammenarbeit mit dem saarländischen Minister für Arbeit und
Wohlfahrt Richard Kirn (1902-1988) ihre Arbeit im Sozialbereich
erfolgreich fortsetzen. In ihrer Trägerschaft entstanden, teils gefördert durch die Landesregierung, zahlreiche soziale Einrichtungen,
darunter das Kinderheim Nunkirchen, das Kindererholungsheim
Neuweiler, das Mädchenwohnheim Dudweiler (1953) und das Müttererholungsheim Oberthal (1957) sowie Kindergärten in Haus Furpach, Ludwigsthal und Schiffweiler. Daneben waren die Hauptund ehrenamtlichen Helfer/innen der Arbeiterwohlfahrt in der Krankenpflege, in Nähstuben, der Strafgefangenenfürsorge und in der
Flüchtlingsbetreuung tätig. Den Vorsitz des Bezirks Saar der AWO
übernahmen 1946 Thomas Blanc aus Püttlingen, danach wieder
Angela Stratmann-Braun; ihr folgte 1951 Else Braun, Gattin des
Justizministers Heinz Braun. Die Zahl der Ortsgruppen stieg auf 95
im Jahre 1957 an.
Das Müttererholungs- und Kinderheim in Oberthal
75
■ Tafel 12 oben:
Die Saar-SPD vor 1933
Wie in der Weimarer Republik schon 1931 wurde auch Anfang 1932
im Saargebiet die Eiserne Front als Schutztruppe zur Verteidigung
der Republik gegen den aufkommenden Faschismus gebildet. In
der Saar-Kampfleitung der Eisernen Front waren neben der SaarSPD u.a. die freien Gewerkschaften, der allgemeine deutsche Beamtenbund des Saargebietes, Arbeitersportler, aber auch die
Deutsch-demokratische Partei des Saargebietes vertreten. „Wir Republikaner und Reichsbannerleute, wir Freigewerkschaftler und
Arbeitersportler, wir Sozialisten und Demokraten des Saargebiets
… haben … gerungen … für den Brückenpfeiler deutsch-französischer und europäischer Verständigung auf saardeutschem Boden“
heißt es im Gründungsaufruf vom 6. Februar 1932. Die freien Gewerkschaften wurden
repräsentiert durch
Fritz Dobisch (18901941), den Vorsitzenden des Allgemeinen
Deutschen Gewerkschaftsbundes Saar,
der 1941 im Konzentrationslager Buchenwald ums Leben kam.
Fritz Dobisch
76
■ Tafel 12 Mitte:
Auf dem Gruppenfoto anlässlich des 25 jährigen Bestehens der
sozialdemokratischen Zeitung „Volksstimme“ im Jahre 1933 sind
der Landesvorstand, die Landesratsfraktion und Leiter der Agitationsbezirke der Sozialdemokratischen Partei des Saargebiets (SPdS)
abgebildet. Seiner Bedeutung entsprechend ist das Porträt des
Landesvorsitzenden Max Braun - gekennzeichnet mit der Nr. 1 deutlich vergrößert. Seit 1923 Chefredakteur der Volksstimme, seit
Anfang 1929 Vorsitzender der SPdS,. war er die intellektuell und
politisch dominante Führungsfigur der Saar-Sozialdemokraten.
Seine antifaschistische, republikanische Grundhaltung beinhaltete
für ihn wie für die Saar-SPD bis 1933 das klare Bekenntnis der
Rückkehr des Saargebietes zu Deutschland. Gerade aus den Erfahrungen
des Grenzlandschicksals
des Saargebietes, das
1920 im Versailler Vertrag
für 15 Jahre politisch von
Deutschland abgetrennt
worden war, hatte Max
Braun in der zweiten
Hälfte der 1920er Jahre
für die SPdS die Politik
der Aussöhnung mit
Frankreich als Grundlage der europäischen
Verständigungspolitik
entwickelt. Dem Saargebiet kam dabei eine
Brückenfunktion „zwischen den beiden großen europäischen Kulturnationen Deutschland und Frankreich“ zu. Die auf Frieden und Verständigung ausgerichteten außenpolitischen Positionen der Saar-SPD waren klare Gegenpositionen zur aggressiven, nationalistischen Kriegspolitik der NSDAP, vor der Max Braun vielfach auch in Leitartikeln der
Volksstimme warnte.
77
■ Tafel 12 unten:
Julius Schwarz (1880-1949) war als Vorsitzender des freigewerkschaftlichen Bergarbeiterverbandes (BAV, 1930-35) einer der einflussreichsten Politiker im Saargebiet. Zudem war er ab 1929 SPDStadtratsmitglied in Saarbrücken
und viele Jahre stellvertretender
Vorsitzender der SPdS. 1919-21
und 1933 war er Mitglied im
Preußischen Landtag. Schwarz
war bodenständiger Gewerkschafter und Sozialpolitiker und
von Neigung, Interessen und
Habitus geradezu der Gegenpol
zu Max Braun. Mit der Zerschlagung der freien Gewerkschaften
im Deutschen Reich, am 02. Mai
1933, war es für Schwarz klar,
dass auch die Gewerkschaftsverbände an der Saar in ihrer Existenz bedroht waren. Wie andere
Julius Schwarz
freie Gewerkschaften auch konstituierten sich die freigewerkschaftlichen Bergarbeiter des Saargebietes als selbständige Organisation, und Schwarz gab ab Mai
1933 die Saar-Bergarbeiter-Zeitung heraus. Die Zustände im nazistischen Deutschland wurden darin heftig attackiert.
78
■ Tafel 13 oben:
Nie zu Hitler
Nach anfänglicher Rücksichtnahme auf die Mutterpartei im NSStaat nahm die SPdS ab Mai 1933 in der öffentlichen Auseinandersetzung mit den Zuständen in Hitlerdeutschland keine Rücksichten mehr. Als schwierig erwies sich aber
die Stellungnahme
zur Frage der Rückgliederung der Saar
zu Deutschland. Bis
1933 war auch für die
Saar-SPD völlig unstrittig, dass in der
Volksabstimmung
1935 nur für die
Rückgliederung zu
Deutschland votiert werden kann; das demokratische, freiheitliche Deutschland gab es aber nicht mehr. Deutschland glich nach
Auffassung der Antifaschisten einem Gefängnis, war „vom Feinde
besetzt“. Anfang August 1933 erklärte Max Braun erstmals öffentlich, dass es eine Rückkehr zu einem nationalsozialistischen
Deutschland für die SPD nicht geben könne. Die Saar-SPD, die
sich auf dem Parteitag im November 1933 von der im Deutschen
Reich verbotenen Mutterpartei trennte und sich in „Sozialdemokratische Landespartei des Saargebietes“ umbenannte, versuchte
erfolglos, beim Völkerbund eine Verschiebung der Abstimmung zu erwirken, bis die Nationalsozialisten
in
Deutschland nicht
mehr an der Macht
seien.
79
■ Tafel 13 Mitte:
Mit der Selbstgleichschaltung der bürgerlich-christlichen Organisationen an der Saar und ihrer Unterwerfung unter die Führungsrolle der NSDAP in der Deutschen Front 1933/34 nahmen auch der
psychische und physische Druck und Terror gegen Rückgliederungsgegner ständig zu. Die Terrorskala der Deutschen Front war
groß: Sie reichte von vagen Drohungen wie „Denk an 1935“ über
Angriffe auf Flugblatt- und Zeitungsverteiler der antifaschistischen
Organisationen, Diffamierung und öffentliche Bloßstellung von
Rückgliederungsgegnern als Separatisten und Vaterlandsverräter
bis hin zu Mordanschlägen auf den Führer der Freiheitsfront, den
saarländischen SPD-Vorsitzenden Max Braun. Die symbolische Hinrichtung von Rückgliederungsgegnern - oft in Gestalt der Erhängung einer Puppe, der das Namensschild ‚Max Braun‘ oder „Status quo“ umgehängt war - wirkte auch deshalb stark einschüchternd auf Gegner des NS-Systems, weil dies den realen Umgang
mit politischen Gegnern im NS-Staat symbolisierte, also einem
tatsächlichen Hintergrund entsprach. Nach der Bekanntgabe des
Abstimmungsergebnisses sah Max Braun, wie er später in seinen
Erinnerungen schrieb, in
einer Demonstration der
Deutschen Front seiner
eigenen Hinrichtung zu.
„…Ich hatte diesen Menschen immer wieder
gesagt…’Hitler - das ist
der Krieg!’. Und bei diesem grotesken Schauspiel wurde mir klarer als
je zuvor, dass derselbe
Hexentanz in gleicher
Verruchtheit eines Tages
sich über die Grenzen
hinweg begeben und
noch wilder und hemmungsloser gegen Europa und die übrige Welt
im Amoklauf losgehen
würde.“
80
■ Tafel 13 unten:
Nach dem 30. Januar 1933 kam auf die antifaschistischen Organisationen zunehmend die Aufgabe zu, (politischen) Flüchtlingen
aus NS-Deutschland Überlebenshilfe zu leisten. Allein etwa 1000
sozialdemokratische Flüchtlinge
aus Deutschland und später
Österreich, oft mittellos, waren
mit Essen und Unterkunft zu
versorgen; nur selten konnten
Arbeitsmöglichkeiten vermittelt
werden. Unter den prominenten
SPD-Flüchtlingen befand sich
auch Marie Juchacz (1879-1956),
langjährige SPD-Reichstagsabgeordnete und 1919 Mitgründerin der Arbeiterwohlfahrt. Sie
unterhielt in der Saarbrücker
Bahnhofstraße eine Begegnungsstätte mit Mittagstisch,
wo sich Emigranten aufhalten
Marie Juchacz
konnten, neue Nachrichten aus
Deutschland diskutiert wurden und es zu günstigen Preisen eine
Mahlzeit gab. Ähnliche Anlaufstellen gab es u.a. in der Arbeiterwohlfahrt in der Hohenzollernstraße, wo zeitweise Johanna Kirchner, 1944 von den Nazis ermordet, arbeitete. Aber auch die saarländische Liga für Menschenrechte, die Rote Hilfe der KP und die
Naturfreunde in ihrem Heim in Kirkel betreuten Emigranten.
81
■ Tafel 14 oben:
Die Einheitsfront
gegen Hitler
„Um Hitler an der Saar zu schlagen, rufen die kommunistische
und die Sozialdemokratische Partei die Arbeiter und das ganze
Saarvolk zur Durchführung von gemeinsamen Aktionsmaßnahmen,
gemeinsamen Kundgebungen, Versammlungen und Demonstrationen gegen den Faschismus auf“, heißt es im Gründungsaufruf
der antifaschistischen Einheitsfront Anfang Juli 1934 an der Saar.
Nach der „kampflosen Kapitulation“ der deutschen Arbeiterbewegung wollten SPD und KPD das Saargebiet den Nationalsozialisten nicht kampflos überlassen. Ihrem Aufruf, am 13. Januar 1935
für den Status quo und gegen den Anschluss der Saar an Hitlerdeutschland zu stimmen, folgten nur 8,8%
der Abstimmenden.
Neben dem einschüchternden Terror
der Deutschen Front
sind als weitere Gründe der Niederlage vor
allem die anbiedernde Haltung der christlichen Kirchen gegenüber Hitlerdeutschland und die entpolitisierende, nur auf das
„Gefühl Deutschland“
setzende Propaganda
der Deutschen Front,
die jede andere Entscheidung als Landesverrat brandmarkte,
anzuführen.
82
■ Tafel 14 Mitte:
Die Einheitsfront aus Sozialdemokraten und Kommunisten versuchte mit Hunderten von Veranstaltungen, Flugblättern und zahlreichen Zeitungen die Bevölkerung für das Votum zum Status quo
zu gewinnen; dabei setzte die Einheitsfront ihre Hoffnung darauf,
nach einer positiven Abstimmung für den Status quo werde die
Abstimmung nach dem Ende der NS-Herrschaft wiederholt, und
dann wäre der Weg frei für die Rückkehr der Saar zu einem demokratischen Deutschland. Zentrale Veranstaltungen der Status quoBewegung fanden am 24. August 1934 in Sulzbach und am 6.
Januar 1935 auf dem Wackenberg in Saarbrücken statt. Eine große
Überraschung war der Auftritt von Pater Hugolinus Dörr (18951940) in Sulzbach, der gegen die Bischöfe von Trier und Speyer
und für den Status quo Stellung nahm. Der Auftritt des katholischen Geistlichen lies kurzfristig die Hoffnung bei den Antifaschisten aufkommen, die Einheitsfront zu einer saarländischen Volksfront erweitern zu können. Dies misslang allerdings: Nur ein kleiner Teil des politischen Katholizismus im Umkreis des späteren
saarländischen Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann und einige christliche Gewerkschafter sowie die freien
Gewerkschaften des Saargebietes riefen ebenfalls
zum Votum für den Status quo auf. Viele Männer und Frauen der Einheitsfront und der Status
quo-Bewegung mussten
nach dem 13. Januar 1935
ins Exil, etliche bezahlten
ihr Engagement mit dem
Leben. Der mutige Kampf
dieser Männer und Frauen hat wesentlich dazu
beigetragen, der Welt das
Gesicht des anderen, demokratischen und friedlichen Deutschlands zu
Max Braun und Pater Hugolinus Dörr
zeigen.
83
■ Tafel 14 unten:
Teils schon vor der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses
am 15. Januar 1935 verlassen neben jüdischen Bewohnern auch
zahlreiche, politisch durch das kommende NS-System an der Saar
bedrohte, Antifaschisten
ihre Heimat oder ihren
ersten Fluchtpunkt Saargebiet. Zu letzteren gehören etwa der ehemalige Innenminister der
Weimarer Republik, Wilhelm Sollmann (18811951), der SPD-Reichstagsabgeordnete und
Luise Schiffgens und Heinrich Wacker (retuschierFunktionär der freien
te Photomontage)
Bergarbeitergewerkschaft Heinrich Becker (1877-1964), der SPD-Reichstagsabgeordnete Emil Kirschmann (1888-1948) oder der Frankfurter Funktionär
der Deutschen Metallarbeiterverbandes Max Bock (1888-1953). Aber
auch viele einfache Mitglieder und Funktionäre der SPdS und der
freien Gewerkschaften des Saargebiets, die sich im Abstimmungskampf gegen den Anschluss an Hitlerdeutschland engagiert hatten und die teils unmittelbar nach der Verkündung des Abstimmungsergebnisses von einem nationalistisch-faschistischen Mob
bedroht wurden, gingen ins Exil.
Zu ihnen gehörten u.a. Luise Schiffgens (1892-1954), die in den 1950er
Jahren zeitweise Fraktionsvorsitzende der SPS im saarländischen Landtag war, und Heinrich Wacker (18871970), Geschäftsführer des Werkmeisterbundes an der Saar und von
1933-35 der Führer des Sozialistischen Schutzbundes in Saarbrücken. Nach 1945 wurde er Erster
Vorsitzender der Einheitsgewerkschaft des Saarlandes.
Max Bock
84
■ Tafel 15 oben:
Die Saar im Dritten Reich:
Ausgrenzung und Kriegswirtschaft
Am 1. März 1935 wurde die Saarregion wieder Bestandteil des
Deutschen Reiches. Wer nicht emigriert war, enthielt sich vorsorglich jeder politischen Meinungsäußerung. Um die nationalsozialistische Herrschaft an der Saar zu etablieren, ernannte Hitler Josef
Bürckel, den Gauleiter der NSDAP Rheinpfalz, zum Reichskommissar für die Rückgliederung des Saarlandes. Das öffentliche Vereinswesen wurde gleichgeschaltet. 1937 führten die Nationalsozialisten die christliche Gemeinschaftsschule ein, in der freilich bald
jeder Religionsunterricht entfiel. Die politischen Gegner wurden
verfolgt. Der Hass der Nazis richtete sich vor allem gegen die
Kommunisten, traf aber auch Sozialdemokraten und Christen. Der
differenzierte nationalsozialistische Überwachungsapparat erzeugte
einen starken Anpassungsdruck und hielt die Bevölkerung, vor
allem nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, dauerhaft in Angst
und Schrecken; davon zeugen zahlreiche Verfahren wegen Vergehen gegen die Heimtücke-Verordnung (Führerwitze, Hören feindlicher Sender). Während die nationalsozialistische Herrschaft nach
außen mit beeindruckenden Aufmärschen, schmissiger Musik und
zackigem Auftreten das Bild eines anständigen, sauberen und starken Deutschlands bot, unterdrückte sie nach innen jegliche Äußerung andersdenkender Vorstellungen mit massiver Einschüchterung und brutaler Gewalt.
Aber auch die sozialpolitischen Maßnahmen im NSStaat zugunsten der Arbeiterbevölkerung -“Sozialismus
der Tat“- führten zu Anpassung und politischer Abstinenz, teils sogar zu partieller Zustimmung zum Regime.
85
■ Tafel 15 Mitte:
Die jüdische Bevölkerungsminderheit war, nachdem sie in der Französischen Revolution als Staatsbürger emanzipiert worden war,
im 19. Jahrhundert angewachsen und vielfach als Viehhändler und
Kleingewerbetreibende tätig. Die jüdischen Gemeinden an der Saar
unterhielten 27 Synagogen und 11 Friedhöfe. Mit dem Aufkommen
des Nationalsozialismus und ersten Boykottmaßnahmen im Deutschen Reich wussten die Juden an der Saar, was auf sie zukam.
Wer es sich leisten konnte, verkaufte bereits vor oder nach der
Volksabstimmung seine Liegenschaften und emigrierte ins Ausland. Zahlreiche Handelsunternehmen in den saarländischen Gemeinden wurden 1935 arisiert, darunter viele bis heute alteingesessene Geschäfte. Die Nichtanwendung der die jüdische Bevölkerung diskriminierenden Reichsgesetze an der Saar lief ein Jahr
nach der Rückgliederung (am 29. Februar 1936) aus. Wie im übrigen Deutschland kam es in der sogenannten „Reichskristallnacht“
vom 9. auf den 10. November 1938 zu gewaltsamen Übergriffen
auf Juden, ihre Wohnungen, Synagogengebäude und Friedhöfe.
Zahlreiche Synagogen gingen in Flammen auf, Teile der jüdischen
Bevölkerung wurden vom braunen Mob in ihren Häusern aus dem
Schlaf gerissen, durch die
Stadt getrieben und
schließlich ins Konzentrationslager Dachau verbracht.
Die Synagogen wurden vielfach abgerissen, teils verkauft oder einer anderen
Nutzung
zugeführt.
Schließlich wurden während
des Zweiten Weltkriegs im
Oktober 1942 alle noch im
Saarland, der Pfalz und in
Baden verbliebenen Juden
verhaftet und ins Lager Gurs
in Südwestfrankreich deportiert, von wo sie 1944 ins
Konzentrationslager Auschwitz transportiert und erDie brennende Synagoge in Saarbrücken am
9. November 1938
mordet wurden.
86
■ Tafel 15 unten:
Hermann Röchling (1871-1955) übernahm 1898 die Leitung der
Völklinger Hütte, deren Mehrheitsanteile nach dem Ersten Weltkrieg an Frankreich gefallen waren. Er gehörte als Vertreter der
Liberalen Volkspartei (ab 1924: Deutsch-Saarländische Volkspartei) in allen vier Legislaturperioden (1922-1935) dem Landesrat an
und setzte sich besonders für den Verbleib des Saargebietes bei
Deutschland ein. 1933 gab Hermann Röchling entscheidenden
Anstoß zur Gründung der Deutschen Front, des Wahlkampfbündnisses für die bedingungslose Angliederung des Saargebietes an
das Deutsche Reich zur Saarabstimmung am 13. Januar 1935, und
unterhielt enge Verbindungen zu Nationalsozialisten. 1935 wurde
er Mitglied der NSDAP, trat dem Rüstungsbeirat des Reichswehrministeriums bei und war bald Mitglied der Aufsichtsräte zahlreicher Firmen der kriegswichtigen Montanindustrie. So erhielt er
vielfache Titel und Funktionen, u.a. als Wehrwirtschaftsführer. Nach
dem Westfeldzug wurde Hermann Röchling zum „Generalbevollmächtigten für die Eisen- und Stahlindustrie in Lothringen“ ernannt, deren Ressourcen er der deutschen Kriegswirtschaft dienstbar zu machen suchte.
In der saarländischen
Schwerindustrie,
aber auch in Handel,
Gewerbe und in der
Landwirtschaft, wurden während des
Krieges ca. 60.000
bis 70.000 Zwangsarbeiter eingesetzt, bei
denen es sich um
Treueschwur der Röchling-Arbeiter
Kriegsgefangene
oder unter falschen Versprechungen angelockte Zivilpersonen handelte; sie wurden vielfach in Barackenlagern untergebracht. Obwohl es sich meist um junge Arbeitskräfte handelte, kamen viele
durch Unfälle, Hunger, Bomben und Mißhandlung zu Tode. Hermann Röchling wurde nach den beiden Weltkriegen 1919 und 1947
rechtskräftig als Kriegsverbrecher verurteilt und war wesentlich
für den Einsatz der Zwangsarbeiter in der deutschen Kriegswirtschaft während des Zweiten Weltkriegs verantwortlich.
87
■ Tafel 16 oben:
Die Saar im Dritten Reich:
Verfolgung und Widerstand
Magdalena Weber, geb. Berty (21. Januar 1898 - 27. April 1945):
Magdalena Berty wurde am 21. Januar 1898 in Merzig geboren. Sie
heiratete am 12. September 1922 in Sulzbach Karl Weber und trat
im darauffolgenden Jahr der SPD bei. Sie war Vorstandsmitglied
im Ortsverein Sulzbach und arbeitete bei der Arbeiterwohlfahrt sowie beim Arbeiter-Samariter-Bund mit. Nach der
Emigration ins südfranzösische Departement Gers ging
sie 1936 nach Spanien und
nahm bis 1938 als Röntgenschwester des Internationalen Sanitätsdienstes Spanien (SSI) am Spanischen Bürgerkrieg teil. Als sich die Niederlage der republikanischen Volksfront abzeichnete, begab sich Magdalena Weber im April 1938
nach Frankreich. Am 18. Mai 1941 wurde sie durch die französische
Polizei des Vichy-Regimes festgenommen und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Im Juli 1942
wurde sie der Gestapo
übergeben und nach
Deutschland zurückgeführt.
Sommer und Herbst 1942
verbrachte sie in den Gefängnissen Trier und Saarbrücken, bevor sie am 28.
November 1942 ins FrauenKonzentrationslager RaMagdalena („Lenchen“) Weber mit vier Kavensbrück überstellt wurde,
meraden der Internationalen Brigaden (zweiwo sie am 27. April 1945
ter von rechts Hermann Drumm, Bergmann
aus Wiebelskirchen)
ermordet wurde.
88
■ Tafel 16 Mitte:
Beim Aufbau der von den Nationalsozialisten propagierten „Volksgemeinschaft“ kam es immer wieder zu sozialen Konflikten, widerständigem Verhalten und zu einzelnen Zusammenstößen mit
den Repräsentanten des nationalsozialistischen Apparates, ohne
dass freilich der Rückhalt des Systems jemals ernsthaft bedroht
war. Der den Machthabern zur Verfügung stehende Repressionsapparat, der im Einzelfall Exempel statuierte, ließ die Beherrschten aber weitgehend im Unklaren darüber, wie er im Einzelfall
zuschlagen würde. So diente er vor allem zur Verbreitung einer
latenten Angst und erzeugte einen Druck zu konformem Verhalten
auch bei denen, die innerlich das System ablehnten. Bereits unmittelbar nach der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses am
15. Januar 1935 trieb eine Welle von Übergriffen die exponierten
Funktionäre der Einheitsfront in die Emigration. Widerstand gegen
die NS-Herrschaft konnte von da an nur noch mit bescheidenen
Mitteln von außen geleistet werden. Aktiver Widerstand, meist im
Ausland, blieb eine Sache von wenigen Einzelnen; gleichwohl erregten viele die Aufmerksamkeit der Verfolger bei geringsten öffentlichen Meinungsäußerungen. Gauleiter
Bürckel betonte erfolgreich die integrative Seite der NS-Arbeiterpolitik und trug so
zur äußerlichen Anpassung der Arbeiterschaft bei, die trotz
des geübten privaten
Zusammenhalts das
Ausbluten ihres Milieus nicht verhindern
konnten. Auch die
Kommunisten schotteten sich im linksproletarischen Milieu ab;
ihre wenigen Widerstandsgruppen blieverbotene Naturfreundegruppe
ben ohne Resonanz.
89
■ Tafel 16 unten:
Julius Strumm (15. Juli 1915 - 13. Juli 1942)
Julius Strumm wuchs in Sulzbach bei seinem Großvater auf. Er trat eine Lehrstelle in
einer Dreherei an und war danach auf den
Gruben Altenwald und
Hirschbach beschäftigt,
bis er 1933 infolge der
Weltwirtschaftskrise entlassen wurde. 1931 war
er dem Bergarbeiterverband beigetreten und
gehörte zur JugendgrupJulius Strumm bei den
pe der Naturfreunde. Im
Naturfreunden und als
Saarabstimmungskampf
Fremdenlegionär
wurde er im Dezember
1934 von den Nazis zusammengeschlagen, 1935 emigrierte er nach
Frankreich. Von Mai 1936 bis Herbst 1937 kämpfte er auf rotspanischer Seite im Bürgerkrieg, von Januar 1938 bis Juli 1940 diente er
in der französischen Fremdenlegion. Trotz Zusicherung von Straffreiheit wurde Julius im Juli 1941 der deutschen Sicherheitspolizei
überstellt, die ihn am 24. November 1941 wegen Hochverrats anklagte. Man konnte ihm zwar nichts nachweisen; dennoch verblieb er als Spanienkämpfer in Schutzhaft in Frankfurt/Main. Am
28. Mai 1942 wurde Julius Strumm von der Gestapo ins Konzentrationslager Dachau
gebracht. Er starb
dort - fast 27 Jahre
alt - am 13. Juli 1942
gegen 21 Uhr. Als Todesursache gab die
KZ-Leitung an: „Versagen von Herz und
Kreislauf bei eitriger
Rippenfellentzündung“.
Julius Strumm im Naturfreundelager
90
■ Tafel 17 oben:
Demokratischer Neubeginn:
Die SPS
Der französische Militärgouverneur Grandval betrieb neben dem
Wiederaufbau auch den der saarländischen Montanindustrie, die
Frankreich Reparationen leisten sollte. Der Parteikongress der SPS
am 9. März 1947 forderte erstmals „Die Saarindustrie dem Saarvolk!“ Am 17. Mai setzte Grandval feierlich eine Kommission ein,
die eine Verfassung für das Saarland ausarbeiten sollte. Bei den
Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung am 5. Oktober
1947, die sich als Landtag konstituierte, errang die SPS 32,8 %
der Stimmen und wurde damit zweitstärkste Partei. Die SPS unter
Richard Kirn trat in eine Regierungskoalition unter Ministerpräsident Johannes Hoffmann (CVP, 51,2 %) ein und erwies sich als
dauerhaft mitgestaltende
politische Kraft im Saarland. Die Politik der Saarregierung war geprägt
vom engen wirtschaftlichen Anschluss und der
politischen Anlehnung an
Frankreich, von einer klerikalen Ausrichtung und
einer hohen sozialen Sicherung, wobei für letzteres insbesondere die
SPS einstand. Die Präambel der saarländischen
Verfassung schrieb die
Wirtschaftsunion und eine
enge politische Anbindung an Frankreich fest
und stellte vage ein internationales Statut für
das Saarland in Aussicht.
Deckblatt einer Broschüre, die Schülerinnen und
Schülern zur Schulentlassung überreicht wurde
91
■ Tafel 17 Mitte:
Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren 35.000 Menschen aus
dem Saarland kriegsbedingt ums Leben gekommen; rund 110.000
saarländische Männer befanden sich in Kriegsgefangenschaft, von
130.000 Wohngebäuden sind 60.000, von 376 Kirchen 262, von
600 Schulen 390 und von 56 Krankenhäusern 42 zerstört worden.
Von 270 großen Industriebetrieben sind nur 100 völlig unbeschädigt, von 94 Eisenbahnbrücken sind 25 intakt, von 162 Straßenbrücken 27. Der Bevölkerung fehlte das Nötigste zum Überleben.
Zunächst stellte die Bewältigung des Alltags und die Beseitigung
der Trümmermassen und anderer Kriegsrelikte die Bevölkerung,
die vielfach in Notunterkünften hausen mußte, vor erhebliche Probleme; die Sicherstellung der Ernährung und Reparaturen leichterer Gebäudeschäden hatten Vorrang. Politische Parteien (CVP, SPS,
KP) wurden erst am 13. Februar 1946 zugelassen. Nach einer inoffiziellen Gründung der Sozialdemokratische Partei des Saarlandes
(SPS) im Hinterzimmer eines Saarbrücker Gasthauses wurde auf
dem Gründungsparteitag der SPS am 6. Januar 1946 Richard Kirn
zum Vorsitzenden gewählt. Wenige Tage später erfolgte am 10.
Januar 1946 die Gründungsversammlung der Christlichen Volkspartei (CVP). Bei den ersten Gemeinderatswahlen im Saarland am
15. September 1946 errang die SPS 25,5 % der Stimmen, auf die
CVP entfielen 52,4 %, die Kommunistische Partei des Saarlandes
9,1 % und freie Listen 13 %.
Die zerstörte Malstatter Brücke in Saarbrücken
92
■ Tafel 17 unten:
Die sozialdemokratische Partei fühlte sich zunächst der deutschen
Sozialdemokratie zugehörig und bezeichnete sich in ihren Anfängen als „Sozialdemokratische Partei, Bezirk Saar“. Erst auf dem
Parteitag im Juni 1947 verstand sie sich als „organisatorisch von
der Sozialdemokratischen Partei Deutschland getrennt“ und nahm
den Namen „Sozialdemokratische Partei Saar“ an. Diese Umbenennung war Ausdruck innerparteilicher Diskussionen in den frühen Nachkriegsjahren, bei denen sich zwei Lager gegenüberstanden. Der SPS-Parteivorsitzende Richard Kirn, der Minister für Arbeit und Wohlfahrt war, und seine Anhänger waren mit dem wirtschaftlichen Anschluß an Frankreich und einer zukünftigen Autonomie des Saarlandes einverstanden. Der Wiederaufbau der saarländischen Montanindustrie ohne Reparationen gehörte zu den
ersten Prioritäten sozialdemokratischer Politik und wurde von der
SPS weithin als Bedingung für ihre Zustimmung zur Autonomielösung verstanden. Der Streit um die außenpolitische Orientierung
der SPS schwelte aber weiter, so dass es 1952 zur (illegalen)
Gründung der Deutschen Sozialdemokratischen Partei Saar (DSP,
später SPD-Landesverband Saar) kam.
93
■ Tafel 18 oben:
Errungenschaften und
Krise der SPS
Eine organisatorische Vereinheitlichung der Sozialversicherungsträger war auf Initiative französischer Vertreter vorgesehen und
wurde in der Verwaltungskommission heftig diskutiert. Im Juni
1947 wurde die Landesversicherungsanstalt (LVA) zum zentralen
Versicherungsträger für die Kranken-, Mutterschafts-, Todesfall-,
Arbeitsunfall-, Invaliditäts- sowie die Pensionsversicherung; sie
regelte hinfort auch die Beziehungen zu Verbänden und Vereinigungen der Heilberufe, zu den Heilanstalten und Erholungsheimen. Damit fanden ein organisatorisches Chaos und unterschiedliche Beiträge ein Ende. Die saarländische Sozialversicherungsreform war insgesamt betrachtet eine behutsame Reform, die das
Saarland nicht völlig von der deutschen Sozialversicherungstradition abtrennte und den Versicherten ein relativ hohes Leistungsniveau bescherte. Die Herausforderung der Kriegsopferversorgung
nach 1945 wurde gemeistert. Die Anzahl der Feiertage und die
Leistungen in der
Familienpolitik des
Saarlandes lagen
deutlich über dem
Stand in der Bundesrepublik. Dabei
ist nicht zu verkennen, dass die saarländische Sozialpolitik auch dazu
diente, die Eigenstaatlichkeit des
Landes zu stabilisieren.
Wohnverhältnisse
94
■ Tafel 18 Mitte:
Zunächst ist generell die Leistung der SPS beim Aufbau eines
demokratischen und sozialen Gemeinwesens an der Saar zu würdigen. In der Verfassungskommission, in der die SPS mit fünf
Mitgliedern vertreten war und Richard Kirn den stellvertretenden
Vorsitz innehatte, trug die SPS Wesentliches zur demokratischen
Grundlegung des Saarlandes bei, besteht doch die Verfassung
von 1947 (nach Wegfall der umstrittenen Präambel und weiteren
Aktualisierungen) im Kern bis heute. Von 1947 bis 1951 und von
1952 bis 1954 stellte die SPS in der Regierungskoalition den Minister für Arbeit und Wohlfahrt Richard Kirn, der auch stellvertretender Ministerpräsident war, und den Minister für Justiz Heinz
Braun, den Bruder des 1945 verstorbenen früheren SPD-Vorsitzenden Max Braun. So bestimmte sozialdemokratisches Gedankengut weitgehend die Justiz- und Sozialpolitik der „Ära Hoffmann“.
Richard Kirn
95
■ Tafel 18 unten:
Da die französische Regierung an einer möglichst ungestörten
Kontrolle über die saarländische Montanindustrie interessiert war,
gestand der französische Hochkommissar Gilbert Grandval den
saarländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nur sehr
geringe Einflussmöglichkeiten in der Schwerindustrie zu. Durch
die fehlende Mitbestimmung und das oftmals überhebliche Auftreten französischer Ingenieure und Steiger, das unangenehm an
die Zeiten preußischer Herrschaft erinnerte, verspielte die saarländische Landesregierung den verdienten Kredit für ihre moderne
Sozialpolitik. Im Juli 1954 wurde schließlich nach heftigen Diskussionen ein saarländisches Mitbestimmungsgesetz verabschiedet,
das sich deutlich am bundesdeutschen Modell orientierte, aber
den Gewerkschaften nicht weit genug ging. Zwar zerbrach die Regierungskoalition zwischen CVP und SPS nicht primär über dieses
Gesetz, es hat aber die Unzufriedenheit weiter Bevölkerungsteile
mit dem herrschenden System an der Saar deutlich verstärkt. Bei
dem von der IV Metall am 23. Februar 1955 organisierten Generalstreik kam es in Saarbrücken zu einem rabiaten Einsatz der Polizei, die mit Schlagstöcken gegen die friedlich Demonstrierenden
vorging.
Saarländische Polizei im Einsatz gegen Demonstranten
96
■ Tafel 19 oben:
Der Kampf
um das Saarstatut
Der Volksabstimmungskampf um das Saarstatut begann im Juli
1955. Zu diesem Zeitpunkt konnte die seit 1952 existente Deutsche Sozialdemokratische Partei unter Kurt Conrad (DSP, später
SPD) aus der Illegalität auftauchen, CDU und DPS (Demokratische
Partei Saar) wurden neu gegründet und schlossen sich im Spätsommer zum Deutschen Heimatbund zusammen. Die prodeutschen
Parteien standen als „Neinsager“ den „Jasagern“ von CVP und
SPS gegenüber. Für eine große Irritation sorgte die an die saarländischen Bevölkerung gerichtete Bitte des Bundeskanzlers Adenauer,
das von ihm ausgehandelte Statut anzunehmen. Vor allem die
vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen unterstützten
Heimatbundparteien entfalteten eine wahre Propagandaschlacht
mit Flugblättern, Aufklebern und Plakaten. Im August 1955 wurden innerhalb einer Woche 51 Personen, darunter 18 Polizisten,
verletzt. Der Unmut großer Teile der Bevölkerung mit der Regierung Johannes Hoffmann spiegelte sich in der Parole „Der Dicke
muß weg!“ Die Befürworter des Statuts hingegen unterstellten
den Neinsagern wegen ihres nationalistisch geführten Wahlkampfs
faschistisches Gedankengut und verwiesen auf ihre sozialen Errungenschaften.
Die Frage nach
dem zukünftigen
Status des Saarlandes münzten
die Saarländer
mehrheitlich in
eine Bekundung
ihres Willens, zum
neuen deutschen
Staat zu gehören,
um.
Polizeieinsatz bei einer Wahlkampfveranstaltung
97
■ Tafel 19 Mitte:
Nachdem der Bundestag 1952 das Selbstbestimmungsrecht der
Saarländer gefordert hatte, wurden bei der darauffolgenden Landtagswahl im Saarland ein Viertel der Stimmen ungültig abgegeben. Im Zuge der Integration der jungen Bundesrepublik ins westliche Bündnissystem (Montanunion, Europarat, Westeuropäische
Verteidigungsgemeinschaft, NATO) - erwiesen sich die Meinungsverschiedenheiten über die politische Zukunft des Saarlandes zunehmend als Hemmnis. Frankreichs politische Schwierigkeiten (Indochinakrieg, Freiheitsbestrebungen in Nordafrika und die inflationäre Entwicklung des französischen Francs) einerseits und das
beginnende „Wirtschaftswunder“ in der Bundesrepublik
andererseits steigerten die Unzufriedenheit der saarländischen Bevölkerung mit dem wirtschaftlichen Anschluss an Frankreich. Die
französische Nationalversammlung lehnte am 30. August 1954 einen gemeinsamen Plan des Europarats, der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) und der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) zur Saarfrage ab. Im Rahmen der Errichtung der
Westeuropäischem Union (WEU) und der Integration der Bundesrepublik in die NATO verhandelten deutsche und französische
Politiker weiter; am 23. Oktober 1954 unterzeichneten Bundeskanzler Adenauer und der französische Ministerpräsident MendèsFrance ein Saarstatut, das die endgültige Regelung der Saarfrage
bis zu einem künftigen Friedensvertrag aufschob, die
wirtschaftliche
Union mit Frankreich sowie die politische Autonomie
des Saarlandes bis
dahin festschreiben sollte.
Bundeskanzler Adenauer und Ministerpräsident MendèsFrance unterzeichnen das Saarstatut
98
■ Tafel 19 unten:
Am 23. Oktober 1955 lehnten 67,7 Prozent der Saarländer das
Saarstatut ab. Die Öffentlichkeit und die maßgeblichen Politiker
bewerteten das Abstimmungsergebnis als Willensbekundung der
Saarländer für einen Anschluss an die Bundesrepublik Deutschland. Nach einjährigen Verhandlungen unterzeichneten am 27.
Oktober 1956 die
Außenminister von
Frankreich und
Deutschland, Heinrich von Brentano
und Christian Pineau, in Luxemburg
den „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Französischen Republik zur
Regelung der Saarfrage“ (Saarvertrag, Luxemburger Vertrag). Der saarländische Landtag erklärte seinen Beitritt zur Bundesrepublik, und das Saarland
wurde am 1. Januar 1957 Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland. Die wirtschaftliche Übergangphase währte bis zum „Tag X“
(6. Juli 1959); bis dahin gehörte das Saarland zum französischen
Zollgebiet und es galt die
Frankenwährung (100 Franken
= 0,8507 DM). Der erbittert
geführte Wahlkampf um das
Saarstatut hinterließ noch auf
Jahre und Jahrzehnte Folgeschäden; so waren ganze Familien zwischen Ja-Sagern und
Nein-Sagern auf Jahrzehnte
zerrissen und sprachen nicht
mehr miteinander; Freundschaften zerbrachen.
99
■ Tafel 20 oben:
Der Weg nach oben
Bei der Landtagswahl 1965 erreichte die SPD erstmals 40,7 Prozent der Stimmen, denn sie konnte sich in der Opposition deutlicher profilieren als zuvor in der auf weitestgehende Übereinstimmung angelegten Heimatbund-Koalition. Als eine Zäsur in der Parteigeschichte kann der Landesparteitag 1970 gelten, bei dem sich
Friedel Läpple als neuer Landesvorsitzender mit 153 : 146 Stimmen gegen Friedel Regitz durchsetzte. Durch diesen Generationswechsel veränderte sich bei der Landtagswahl 1975, zu der die
SPD mit dem Spitzenkandidaten Friedel Läpple antrat, das Parteiensystem auf Landesebene: Erstmals wurde ein Machtwechsel durch
eine SPD/FDP-Koalition denkbar. Ein persönlicher Erfolg Läpples
war die Entscheidung des Bundeskabinetts am 30. Mai 1973 für
den Ausbau der Saar zur Großschifffahrtsstraße. Nachdem Oskar
Lafontaine 1977 den Vorsitz der SPD Saar übernommen hatte,
errang die SPD 1980 mit 45,4 % ihr bis dahin bestes Landtagswahlergebnis, scheiterte aber an der Koalition zwischen CDU und
FDP. Nun blieb der neuen Führungsmannschaft nur noch die Möglichkeit, zur Ablösung der konservativen Regierung eine eigene
absolute Mehrheit anzustreben. Der lange Weg in die Staatskanzlei wurde gefördert durch den gesellschaftlichen Wandel, die Auflösung der alten Milieus, die erhöhte Mobilität der Bevölkerung,
verstärkten Einfluss der modernen Medien und vor allem das geschickte Aufgreifen von Themen, die die Menschen bewegten.
Friedel Läpple,
der Vorsitzende
der SPD-Landtagsfraktion
Kurt Conrad,
SPD- Landesgeschäftsführer
Paul Grabe &
Ministerpräsident Franz-Josef
Röder
100
■ Tafel 20 Mitte:
Als ein Vierteljahr nach der Volksabstimmung über das Saarstatut
der saarländische Landtag am 18. Oktober 1955 neu gewählt wurde, wurde die CDU mit 25,4 % die stärkste Kraft und die CVP
erreichte immerhin 21,8 %. Zweitstärkste Kraft im Landtag wurde
die aggressiv prodeutsche DPS, die mit der Volksabstimmung eigentlich bereits am Ziel ihrer politischen Wünsche war und sich
1957, um nicht unterzugehen, als FDP-Landesverband neu formierte. Die sozialdemokratischen Stimmen teilten sich die DSP,
die bald den Namen SPD-Landesverband Saar annahm (14,3 %),
und die SPS, die auf 5,8 Prozent der Stimmen abstürzte. Die Kräfteverhältnisse der beiden sozialdemokratischen Parteien an der
Saar waren mit der Landtagswahl geklärt. Die führenden Personen
der SPS zogen sich wegen der wenig ehrenhaften Bedingungen
zur Übernahme der SPS durch die SPD enttäuscht aus der Politik
zurück und ebneten somit den Weg für eine zügige Vereinigung
der Genossen in der SPD. Die SPS löste sich auf einem Parteitag
am 18. März 1956 auf, ihre Mitglieder traten größtenteils der SPD
bei. Zunächst im Rahmen der Heimatbund-Koalition aus CDU, DPS
und SPD war die Saar-SPD von 1955 bis 1960 in wechselnden
Regierungskoalitionen unter den CDU-Ministerpräsidenten Ney,
Reinert und Röder vertreten. Die Wahlergebnisse der SPD steigerten sich von den bescheidenen Ansätzen 1955 kontinuierlich bis
zum Erreichen der absoluten Mehrheit und zur Übernahme ihrer
Alleinregierung im Jahre 1985.
101
■ Tafel 20 unten:
War die Politik der Saar-SPD in den 1960er Jahren weitgehend
durch eine Politik des Konsenses zwischen den Parteien geprägt,
so änderten sich im Zeitraum zwischen 1967 und 1970 die Strukturen und Machtverhältnisse. Von 1955 bis 1970 wurden die Partei
und die Landtagsfraktion von Kurt Conrad und seinem Stellvertreter Friedel Regitz geführt; die Fraktion dominierte offensichtlich
die Meinungsbildung in der SPD, der Flügelkämpfe fremd waren.
Beim Streit um die geplante Privatisierung des Rundfunks traten
die Jungsozialisten 1967 erstmals an die Öffentlichkeit, indem sie
das Verhalten einiger Abgeordneter während des Gesetzgebungsverfahrens kritisierten. Beim Landesparteitag 1968 sprachen sich
die Jusos für eine Trennung von Amt und Mandat aus und empfahlen eine grundsätzliche Neuausrichtung der Parteiarbeit,
insbesondere ein intensiveres Eingehen auf die Wünsche der Bevölkerung. Die SPD erkannte die Zeichen der Zeit und gewann
durch das Aufgreifen von Gedanken der Studenten-, Frauen- und
der Friedensbewegung und anderer aktueller bundespolitischer
Themen immer mehr Rückhalt unter der saarländischen Bevölkerung.
Pfingsttreffen der Saar-SPD 1977: Parlamentarischer Staatssekretär Alwin Brück, Friedel Läpple, Willy Brandt, Hajo Hoffmann, SPD-Landesgeschäftsführer Hans-Jürgen
Petersdorf und Heinz Grandmontagne
102
■ Tafel 21 oben:
Die SPD an der Regierung
(1985-1999)
Die Lösung der Stahlkrise, die allen europäischen Standorten der
Schwerindustrie durch Überproduktion und verstärkte Konkurrenz
zu schaffen machte, wurde durch die Zentralisierung und Spezialisierung der saarländischen Eisenhütten, unterstützt durch sozialverträgliche Personalentlassungen und Frühpensionierungen, erreicht. Im Grunde handelte es sich um eine regionale Strukturanpassungsmaßnahme im europäischen Rahmen, bei der das Saarland 1986 mit Unterstützung der Gewerkschaften und Betriebsräte
die Mehrheit der Anteile des Stahlunternehmens ARBED Saarstahl
übernahm. Zu den Schwerpunkten der Regierungsarbeit gehörte
auch die Förderung des wirtschaftlichen Strukturwandels, der geprägt ist von einer Erhaltung eines konkurrenzfähigen Kerns an
industrieller Produktion hin zur Neuansiedlung vor allem kleiner
und mittelständischer Unternehmen, die neue Produkte herstellen, zur Förderung des Technologietransfers und zur weiteren Erschließung europäischer Märkte. Ökologische Kriterien sollten stärker als bisher berücksichtigt werden, verschiedene Infrastrukturmaßnahmen (Autobahn A8, Saarbahn, Müllentsorgungsprojekte)
wurden umgesetzt. Im Schulwesen konnten zur Verbesserung der
Chancengleichheit von Kindern aller sozialen Schichten die Gesamtschulen als Regelschulen eingeführt werden.
Die 1986 in der Stahlkrise stillgelegte Völklinger Hütte ist heute ein beeindruckendes
Industriedenkmal und zählt zum Weltkulturerbe
103
■ Tafel 21 Mitte:
Bei den Landtagswahlen am 10. März 1985 erreichte die SPD Saar
erstmals die absolute Mehrheit (SPD 26 Sitze, CDU 20, FDP 5) und
war nun zur Regierungsbildung auf keinen Koalitionspartner angewiesen. Am 9. April 1985 wurde Oskar Lafontaine zum ersten
Sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des Saarlandes gewählt.
Dem ersten Kabinett Lafontaine gehörten folgende Minister an
(siehe Abbildung): Arno Walter (Justiz), Diether Breitenbach (Kultus), Hans Kasper (Finanzen), Ottokar Hahn (Bundesangelegenheiten), Ministerpräsident Oskar Lafontaine, Jo Leinen (Umwelt),
Brunhilde Peter (Arbeit), Friedel Läpple (Inneres) und Hans-Joachim Hoffmann (Wirtschaft). Reinhard Klimmt übernahm den Fraktionsvorsitz im Landtag. Zu den erklärten Zielen der neuen Regierung gehörten die Reduzierung der auf 15 Prozent angestiegenen
Arbeitslosenzahlen, die Lösung der Stahlkrise, die Sanierung der
miserablen Haushaltslage des Landes und der Ausbau der Hochschullandschaft bzw. hochschulnaher Forschungsinstitute. Die Klage
der Saarländischen Regierung gegen den Länderfinanzausgleich
vor dem Bundesverfassungsgericht war 1992 insofern von Erfolg
gekrönt, als die Haushaltsnotlage des Landes anerkannt wurde
und damit mehr Ausgleichszahlungen und Schuldenerlasse der
Banken erreicht wurden, was die finanziellen Nöte der Landesregierung eine Zeit lang entlastete. Dass die Bevölkerung die Erfolge der Landesregierung anerkannte, belegen die Ergebnisse der
nachfolgenden Landtagswahlen 1990 und 1994, bei denen die
SPD wiederholt die absolute Mehrheit erreichte und mehr als 40000
Mitglieder im Saarland hatte.
104
■ Tafel 21 unten:
Oskar Lafontaine spielte als Ministerpräsident des Saarlandes auch
eine zunehmend wichtige Rolle in der Bundespolitik. Er trat bei
der Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 - zwei Monate nach
der deutschen Wiedervereinigung - als Kanzlerkandidat der SPD
an und war von 1995 bis 1999 Vorsitzender der SPD auf Bundesebene. Nach der Bundestagswahl im September, bei der Gerhard
Schröder Bundeskanzler wurde, übernahm er am 27. Oktober 1998
den Posten des Bundesministers der Finanzen und gab am 9.
November 1998 sein Amt als Regierungschef des Saarlandes auf.
Sein Nachfolger im Amt des saarländischen Ministerpräsidenten
wurde sein langjähriger Weggefährte Reinhard Klimmt. Oskar Lafontaine legte am 11. März 1999 überraschend alle politischen
Ämter nieder, die SPD-Saar verlor darauf hin die Landtagswahl am
5. September 1999. Lafontaine äußerte sich in der Folgezeit kritisch zum Kurs der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder, bevor er 2005 sein SPD-Parteibuch zurückgab und in der
Partei „Die Linke“ wichtige Funktionen übernahm.
105
■ Tafel 22 oben:
Gesichter der Saar-SPD
Die Vorsitzenden der SPD an
der Saar von 1956 bis heute
Kurt Conrad, Vorsitzender der SPD
Saar von 1952 bis 1970
Geboren am 19. Oktober 1911 in Homburg, gest. 16. Juli 1982 in Homburg.
Conrad arbeitete nach einer Mechanikerlehre als Werkmeister, bis er
1940 als Soldat eingezogen wurde.
Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft arbeitete er zunächst
als Verwaltungsangestellter bei der
Stadtverwaltung Homburg, wo er bis
1956 geschäftsführender Bürgermeister war. Conrad gehört bereits von
1929 bis 1935 der SPD im Saargebiet an. Nach dem zweiten Weltkrieg trat er zunächst der SPS bei, wurde aber bereits 1952 Vorsitzender der bis 1955 im Saarland verbotenen SPD und beteiligte
sich auf der Seite der Heimatbundparteien (SPD, CDU und DPS)
am Abstimmungskampf für das Referendum am 23. Oktober 1955.
Von 1957 bis 1959 vertrat er den Wahlkreis Homburg im Deutschen Bundestag und war gleichzeitig auch Mitglied des Europaparlaments. Vom 10. Januar 1956 bis zum 13. Oktober 1957 war
Conrad Arbeitsminister und vom 26. Februar 1959 bis 17. Januar
1961 Innenminister des Saarlandes.
Friedel Läpple, Vorsitzender der SPD Saar von 1970 bis 1977
Geboren am 20. Juni 1938 in Schiffweiler.
Läpple arbeitete nach dem Studium an der Pädagogischen Hochschule Saarbrücken und der Universität Tübingen als Sonderschul-
106
lehrer und Schulleiter. Er gehörte von
1970 bis 1999 dem saarländischen
Landtag an. Als Fraktionsvorsitzender (1973-1985), Vorsitzender der
saarländischen SPD (1970-1977) und
Mitglied des SPD-Bundesvorstandes
(1973-1979) war Läpple bei der Landtagswahl 1975 Spitzenkandidat seiner Partei, die aber trotz Stimmenmehrheit der Opposition nicht die
absolute Mehrheit der Sitze erreichen
konnte. Nach dem Regierungswechsel an der Saar war Läpple von 1985
bis 1999 saarländischer Innenminister im Kabinett von Oskar Lafontaine. In zwei stark diskutierten politischen Streitschriften (Profit
durch Krankheit und Gesundheit ohne Ausbeutung) beschäftigte
er sich in den Siebziger Jahren mit alternativen Modellen zur Reform des bundesdeutschen Gesundheitswesens.
Oskar Lafontaine, Vorsitzender der
SPD Saar von 1977 bis 1996
Geboren am 16. September 1943 in
Saarlouis-Roden.
Oskar Lafontaines politischer Schwerpunkt lag zunächst in der Kommunal- und Landespolitik. Von 1970 bis
1975 gehörte er dem Landtag an. In
der Landeshauptstadt Saarbrücken
war Lafontaine von 1974 bis 1976
zuerst Bürgermeister, dann als Nachfolger 1985 Oberbürgermeister. Bei
seiner politischen Arbeit profitierte
er von seiner katholischen Erziehung und der Herkunft aus dem
Arbeitermilieu, ein nicht für seine Partei, aber für das gesamte
Saarland identitätsstiftender Hintergrund. Nachdem die SPD 1985
die absolute Mehrheit errungen hatte, wurde Lafontaine am 9.
April zum ersten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des
Saarlands gewählt. Die SPD konnte auch 1990 und 1994 ihre ab-
107
solute Mehrheit verteidigen. Zu Lafontaines Erfolgen gehören die
Verringerung der Arbeitslosigkeit, die Lösung der Stahlkrise und
die Besserung der Landesfinanzen durch eine Teilentschuldung. Er
profilierte sich in dieser Zeit auch in der Friedensbewegung und
als Vertreter eines ökologischen Sozialismus. Bei der Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 war er Kanzlerkandidat der SPD und
von 1995 bis 1999 Bundesvorsitzender der SPD. Nach der Bundestagswahl im September 1998 übernahm er unter Kanzler Gerhard
Schröder das Bundesministerium der Finanzen, legte aber im März
1999 überraschend alle politischen Ämter nieder. 2005 verließ Oskar
Lafontaine die SPD und trat der neugebildeten Wahlalternative
Arbeit und soziale Gerechtigkeit bei, die auf seine Initiative hin
ein Wahlbündnis mit der PDS einging, woraus nach zwei Jahren
die neue Partei Die Linke hervorging. Von 2005 bis 2009 war
Lafontaine zusammen mit Gregor Gysi Fraktionsvorsitzender der
Linksfraktion im deutschen Bundestag, von 2007 bis 2009 einer
der beiden Parteivorsitzenden. Seit 2009 leitet er die Fraktion der
Linken im saarländischen Landtag, seit Mai 2012 ist er in dieser
Funktion auch Oppositionsführer.
Reinhard Klimmt, Vorsitzender der
SPD Saar von 1996 bis 2000
Geboren am 16. August 1942 in Berlin.
Der in Osnabrück aufgewachsene
Reinhard Klimmt kam durch das Studium der Geschichte ins Saarland,
wo er 1964 der SPD beitrat und in
den folgenden Jahren vielfältige
Funktionen übernahm, zunächst als
Vorsitzender der saarländischen
Jungsozialisten (1970-1975). Seit
1975 gehörte er dem saarländischen
Landtag an, wo der von 1985 bis 1998 als Vorsitzender die Landtagsfraktion der mit absoluter Mehrheit regierenden SPD leitete.
Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehörte die berufliche Bildung,
die Medienpolitik und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
mit Lothringen und Luxemburg. Als enger politischer Weggefährte
108
Oskar Lafontaines war er von 1976 bis 1996 Vorsitzender der SPD
Saarbrücken. 1996 wurde er Nachfolger Lafontaines als Landesvorsitzender der saarländischen SPD. Von 1998 bis 1999 amtierte
er als Ministerpräsident des Saarlandes und von 1999 bis 2000
als Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Klimmt
ist darüber hinaus Autor und Kunstsammler.
Heiko Maas, Vorsitzender der SPD
Saar von 2000 bis heute
Geboren am 19. September 1966 in
Saarlouis.
Nach einem Jurastudium wurde er
1992 Vorsitzender der Jusos. Von Ministerpräsident Oskar Lafontaine
gefördert, erhielt er 1994 ein Landtagsmandat und wurde 1996 Staatssekretär im Ministerium für Umwelt,
Energie und Verkehr, in dem er 1998
zum jüngsten Minister Deutschlands
aufstieg. Nach langjähriger Arbeit als
Oppositionsführer ist er seit 9. Mai
2012 saarländischer Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und
Energie sowie stellvertretender Ministerpräsident.
109
110
Zeittafel zur Geschichte der SPD
an der Saar
1832 - 1848 Auslandsvereine deutscher Handwerker und Intellektueller
1848
Kommunistisches Manifest von Karl Marx und Friedrich Engels
1863
23. 05.: Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV);
Ferdinand Lassalle wird dessen erster Präsident
1869
07. 08.: Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei
(SDA) in Eisenach durch August Bebel und Wilhelm Liebknecht
1872
07./08.: Erste SDAP-Versammlungen in St. Johann zur Gründung von
Gewerkschaften
1875
22. 05.: Zusammenschluss von ADAV und SDA zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP)
1876
In St. Johann entsteht ein sozialdemokratischer Wahlverein
1877
01. 07.: „Freie Volkstimme“, erste sozialdemokratische Zeitung erscheint im
Saarrevier
1877
04. 07.: Das „Sozialistengesetz der Saarindustrie“ wird beschlossen
1878
19. 10. bis 30. 09. 1890: „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ (Bismarcks Sozialistengesetz)
1889
14. 07.: Gründung der II. Internationale in Paris und Festlegung des 1. Mai
als Kampftag der internationalen Arbeiterbewegung für den Achtstundentag
1890
16./17. 11.: Gründungskongress der Generalkommission der Gewerkschaften
1891
19. 10.: Erfurter SPD-Programm verabschiedet
1893
21. 05.: Agitationskomitee für den Regierungsbezirk Trier in Saarbrücken
gegründet
1898
15. 05.: Sozialdemokratischer Wahlverein für das Saarrevier gegründet
1899
03. 10.: Der Ortsverein St. Ingbert wird als erster sozialdemokratischer
Verein im bayerischen Saarrevier gegründet
111
1899
Gründung eines Gewerkschaftskartells in St. Johann
1900
18. 02.: Gründung des Arbeitergesangvereins „Bruderbund“ in Saarbrücken
1903
16. 08.: Agitationskomitee für das preußische Saarrevier, die bayerische
Saarpfalz und den Wahlkreis Saargemünd mit Sitz in Saarbrücken gegründet
1903
15. 11.: Hans Böckler beginnt seine hauptamtliche Gewerkschaftskarriere im
Saarrevier
1904
In Saarbrücken besteht ein „sozialdemokratischer Frauenbildungsverein“
1913
27. 04.: Erste „Sektion“ des Touristenvereins „Die Naturfreunde“ im
Saarrevier in St. Ingbert
1914
04. 08.: Erste Bewilligung der Kriegskredite im Reichstag, auch durch die
SPD
1917
06. 04.: „Unabhängige SPD“ (USPD) als Abspaltung von der
(Mehrheits-)SPD gegründet
1918
03. 11.: Beginn der „Novemberrevolution“ in Kiel mit der reichsweiten
Gründung von Arbeiter- und Soldatenräten, so auch in Saarbrücken unter
Führung des SPD-Vorsitzenden Valentin Schäfer
1918
09. 11.: Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann ruft die „freie deutsche
Republik“ aus
1918
15. 11.: Stinnes-Legien-Abkommen
1918
30. 11.: Einführung des Frauenwahlrechts
1919
01. 01.: Gründung der KPD
1919
01. 01.: Sozialdemokratische Tageszeitung „Volksstimme“ wird jetzt in
Saarbrücken gedruckt
1919
11. 02.: Der Sozialdemokrat Friedrich Ebert wird Reichspräsident
1919
Gründung der Unterbezirke Merzig, Ottweiler, Saarbrücken-Land, Saarlouis
und St. Wendel
1919
SPD beginnt nach einem Parteitagsbeschluss reichsweit mit der „Betriebsgruppenarbeit“
112
1920
10. 01.: Versailler Friedensvertrag tritt in Kraft, Bildung des „Saargebietes“
1920
29. 04.: „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer“ (AsL) in
Saarbrücken gegründet
1920
14. 08.: Saarbrücker SPD bildet Großstadtortsgruppe (= Unterbezirk)
1922
24. 09.: M(ehrheits)SPD und Teile der U(nabhängigen)SPD fusionieren
zur V(ereinigten)SPD
1922
Im „Restkreis Wadern“ wird ein zum Unterbezirk Trier gehörender
„SPD Kreis Wadern“ gegründet
1922
25. 06.: Erste Wahlen zum Landesrat des Saargebietes,
die Saar-SPD erringt 6 Sitze
1923
01. 02.: Die pfälzischen Unterbezirke Homburg und St. Ingbert schließen
sich dem „Bezirk Saarbrücken“ an
1923
07. 09.: Erste bekannte Tagung der Jungsozialisten von der Saar im
SPD-Parteibüro, Brauerstraße, in Saarbrücken
1924
In Saarbrücken-Land Gründung der Unterbezirke Obere Saar (06. 01.),
Sulzbach (17. 01.), Völklingen (12. 01.)
1924
13. 02.: Die Arbeiterwohlfahrt Saar e. V. wird in Saarbrücken gegründet
1927
Im „oberen Illtal“ gründet die SPD einen „Unterbezirk Illingen“
1929
Max Braun wird Vorsitzender der Saar-SPD
1930
Gründung von 14 „Rote Falken“-Gruppen der „Arbeitsgemeinschaft der
Kinderfreunde“ im Saargebiet
1930
06. 04.: Unterbezirks-Parteitag Saargebiet gründet im „Ludwigspark“ ein
„SPD-Frauenwerbekomitee“
1930
27. 07.: SPD Saargebiet gründet „Kommunalpolitische Vereinigung“,
Max Braun wird Vorsitzender
1933
04. 05.: SPD-Vorstand beschließt als SOPADE ins Exil zu gehen,
zuerst nach Saarbrücken, dann ab 2. Juni nach Prag
1933
22. 06.: SPD-Verbot im Deutschen Reich
113
1933
12. 11.: Die Saar-SPD trennt sich als „Sozialdemokratische Landespartei des
Saargebietes“ (SPdS) auf einem Parteitag von der SOPADE
1934
02. 07.: SPdS und KPD-Saar bilden „Einheitsfront gegen Rückgliederung
des Saargebietes an Nazi-Deutschland“
1935
13. 01.: Erste Saarabstimmung
1935
15. 01.: Verkündung des Ergebnisses: 90,4 % der Saarländer stimmen für
den Anschluss an Hitler-Deutschland
1935
01. 03.: Das Saargebiet kommt zu Hitler-Deutschland, Verbot der Saar-SPD
1935 - 1945: Hunderte von Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen aus dem
Saargebiet gingen ins Exil, leisteten in unterschiedlicher Form Widerstand,
viele von Ihnen ließen im Freiheitskampf ihr Leben
1945
19. 04.: Wiedergründung der SPD in Hannover
1945
03.07.: Max Braun stirbt wenige Tage vor seiner Rückkehr ins Saarland in
London
1945
21.10.: Im Sitzungsaal des Rathauses Völklingen wird die „SP, Bezirk Saar“
(wieder-)gegründet
1946
21. 04.: Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED in der sowjetischen
Besatzungszone (SBZ = später DDR)
1946
27. 04.: Wiedergründung der „Falken“ in Saarbrücken
1946
09. 05.: Kurt Schumacher wird SPD-Vorsitzender in den drei Westzonen
1946
22. 06.: Die „Volksstimme“ erscheint wieder, gedruckt in Saarbrücken
1946
30. 06.: Richard Kirn wird Vorsitzender der „Sozialdemokratischen Partei,
Bezirk Saargebiet“ (SPS)
1947
Die SPS trennt sich von der (westdeutschen) SPD
1947
05. 10.: Wahlen zur „Gesetzgebenden Versammlung des Saarlandes“,
die SPS bekommt 17 Sitze
1949
Kurt Schumacher wird SPD-Kanzlerkandidat
114
1952
Abspaltung der (prodeutschen) „Deutschen sozialdemokratischen Partei“
(DSP) von der SPS. Die DSP wird nicht zugelassen, arbeitet illegal,
Kurt Conrad wird Vorsitzender
1955
Zulassung der „Deutschen sozialdemokratischen Partei“ (DSP),
Conrad bleibt Vorsitzender
1955
10. 08.: DSP gibt die Tageszeitung „Saarbrücker Allgemeine Zeitung“ (AZ)
in Dudweiler heraus
1955
23. 10.: Zweite Saarabstimmung, 67,7 % stimmen mit NEIN, damit gegen
das Saarstatut
1955
19. 11.: Die DSP nennt sich „SPD Landesverband Saar“, Kurt Conrad bleibt
Vorsitzender
1956
18. 03.: Die SPS löst sich in der Festhalle in Sulzbach auf einem
a. o. Landesparteitag auf
1956
30. 04.:“Volksstimme“ und „AZ“ fusionieren zur „Saarbrücker Allgemeine
Zeitung“ (AZ)
1959
15. 11.: SPD verabschiedet das Godesberger Programm
1964
15. 02.: Willy Brandt wird Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat
1966
01. 12.: Große Koalition in Bonn, erste Regierungsverantwortung der SPD
nach 1945 im Bund
1967
17. 03.: Die Unterbezirke Obere Saar, Sulzbach und Völklingen bilden
wieder den Unterbezirk Saarbrücken-Land
1967
15. 04.: Friedel Läpple wird Juso-Landesvorsitzender
1967
27. 04.: Die „Saarbrücker Allgemeine Zeitung“ (AZ) wird eingestellt
1969
21. 10.: Willy Brandt wird zum ersten sozialdemokratischen Bundeskanzler
gewählt
1970
11. 10.: Friedel Läpple wird SPD-Landesvorsitzender,
1970
15. 11.: Reinhard Klimmt wird Juso-Landesvorsitzender
1972
14. 12.: Willy Brandt wird als Bundeskanzler wiedergewählt
115
1973
31. 10.: „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Ärzte und Apotheker“
(AsÄ - heute ASG) im Saarland gegründet
1974
01. 01.: Die Gebiets- und Verwaltungsreform im Saarland tritt in Kraft
1974
Der SPD-Landesvorstand beschließt die Gründung der
SPD-Gemeindeverbände
1974
06. 05.: Willy Brandt tritt als Bundeskanzler zurück, Helmut Schmidt wird
am 16. Mai Bundeskanzler
1974
11. 06.: Die Unterbezirke Homburg und St. Ingbert fusionieren zum neuen
Unterbezirk Saarpfalz
1977
10. 09.: Oskar Lafontaine wird SPD-Landesvorsitzender
1980
Die SPD-Saar wird stärkste Partei im Landtag und stellt ab 21. Mai den
Landtagspräsidenten
1982
01. 10.: Bruch der SPD-FDP-Koalition in Bonn und Sturz von
Bundeskanzler Helmut Schmidt
1983
Hans-Jochen Vogel wird Kanzlerkandidat
1985
SPD gewinnt die Landtagswahl, Oskar Lafontaine wird am 9. April
Ministerpräsident
1987
Hans-Jochen Vogel wird SPD-Parteivorsitzender
1988
30. 08.: Einführung der Frauenquote in der SPD
1989
Gründung der Sozialdemokratischen Partei (SDP) in der DDR
1990
Oskar Lafontaine wird erneut Ministerpräsident
1990
Oskar Lafontaine wird SPD-Kanzlerkandidat
1991
Björn Engholm wird SPD-Parteivorsitzender
1993
Rudolf Scharping wird SPD-Parteivorsitzender
1994
Rudolf Scharping wird SPD-Kanzlerkandidat
1994
SPD gewinnt erneut die Landtagswahl im Saarland, Lafontaine bleibt
Ministerpräsident
116
1995
Oskar Lafontaine wird SPD-Parteivorsitzender
1996
21. 06.: Reinhard Klimmt wird SPD-Landesvorsitzender
1998
Die SPD gewinnt die Bundestagswahl, Gerhard Schröder wird Bundeskanzler
1998
Oskar Lafontaine wird Bundesfinanzminister
1998
09. 11.: Reinhard Klimmt wird Ministerpräsident des Saarlandes
1999
11. 03.: Lafontaine tritt überraschend als Bundesfinanzminister,
Bundestagsabgeordneter und SPD-Parteivorsitzender zurück
1999
Die SPD verliert die Kommunalwahlen und die Landtagswahl im Saarland
1999
29. 09.: Reinhard Klimmt wird Bundesverkehrsminister
2000
15. 11.: Reinhard Klimmt tritt als Bundesverkehrsminister und
am 20. Dezember als Landesvorsitzenden zurück
2000
20. 12.: Heiko Maas wird SPD-Landesvorsitzender
2012
CDU und SPD bilden im Saarland nach vorgezogenen Neuwahlen
eine große Koalition
117
Abbildungsnachweis
Broschüre:
Abbildungen auf den Seiten 13 bis 16 und 18 bis 39: Sammlung von Rudolf
Strumm, Saarbrücken-Altenkessel.
Abbildung auf Seite 17: Landesarchiv Saarbrücken, Nachlass Bruch, Nummer 146.
Tafel 0
Flugblatt „Die Kandidaten“, aus: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-EbertStiftung (AdsD) Bonn 6/FLBL 004618.
Flugblatt „Bundeskanzler“, aus: AdsD 6/FLBL 001247 (Rechteinhaber Herr Harry
Walter, Konsul a. D., Neuss).
Tafel 1
Abb. oben: Traditionsfahne, aus: AdsD FA065639.
Abb. Mitte: AdsD 6/FATB 002570; Abb. unten, aus: AdsD 6/PLKA 026866.
Tafel 2
Abb. oben: Stadtarchiv Saarbrücken, AK 2907.
Tafel 3
Abb. oben: AdsD.
Abb. unten: Landesarchiv Saarbrücken (LA SB)BHV 593.
Tafel 4
Abb. oben, aus: Archiv für soziale Bewegungen im Haus der Geschichte des
Ruhrgebiets an der Ruhruniversität Bochum.
Abb. unten: Archiv des Internationaal Institut voor Sociale Geschiedenis,
Amsterdam.
Tafel 5
Abb. Mitte: LAS B163/ 5G.
Tafel 6
Abb. oben: AdsD 6/FOTA 047290; Abb. Mitte, aus: LAS.
Abb. unten: Landesarchiv Saarbrücken, B HV 42S.
Tafel 7
Abb. Mitte, aus: AdsD KA014126.
Tafel 8
Abb. oben: Wolfgang JÄGER und Klaus TENFELDE, Bildgeschichte der deutschen
Arbeiterbewegung, München 1989, S. 90.
Abb. Mitte: Hans-Joachim KÜHN, Beckingen-Düppenweiler
Abb. unten: Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT
118
(Hg.), Richtig daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins Saarrevier 1815-1955,
Bonn 31995, S. 100.
Tafel 9
Abb. oben: Ludwig LINSMAYER, Politische Kultur im Saargebiet 1920-1932, Symbolische Politik, verhinderte Demokratisierung, nationales Kulturleben in einer abgetrennten Region, Saarland-Bibliothek, Band 2, St. Ingbert 1992, S. 203.
Abb. Mitte: Jürgen HANNIG (Hg.), Die Saarregion, Zeugnisse ihrer Geschichte, Quellenleseheft zur Regionalgeschichte, Frankfurt am Main 1995, S. 83, Quelle 60.
Abb. unten: Gerhard PAUL, Max Braun. Eine politische Biographie, St. Ingbert 1987,
S. 90.
Tafel 10
Abb. oben: Hans Joachim TEICHLER und Gerhard HAUK (Hg.), Illustrierte Geschichte des
Arbeitersports, Bonn 1987, S. 27.
Abb. Mitte: Aufmarsch der Arbeitersportler zum fünfjährigen Stiftungsfest in
Limbach am 30. Juli 1932 mit dem Spielmannszug des „Freien Turn- und Sportvereins“ Homburg, aus: Gerhard PAUL, „Mach dich frei!“ Die Arbeiterkulturbewegung
der Saargebietszeit, in: Klaus Michael MALLMANN / Gerhard PAUL / Ralph SCHOCK /
Reinhard KLIMMT (Hg.) Richtig daheim waren wir nie. Entdeckungsreisen ins
Saarrevier 1815 - 1955, Bonn 31995, S. 98 - 102, hier: S. 99.
Abb. unten: Rudolf Strumm, Saarbrücken-Altenkessel.
Tafel 11
Abb. oben rechts: Das Haus der Arbeiterwohlfahrt in Saarbrücken, in Festschrift zur
Einweihung des Hauses der Arbeiterwohlfahrt in Saarbrücken, 1930, S. 24
Abb. oben links: 80 Jahre Arbeiterwohlfahrt Altenwald-Schnappach, Festschrift,
Sulzbach 2005, S. 26 und 31.
Abb. Mitte: Die Ortsvereine der Arbeiterwohlfahrt 1927, aus: Unterbezirks-Parteitag
am 4. und 5. Februar 1928 zu Saarbrücken im Stadtpark Ludwigsberg, in: Rudolf
STRUMM (Hg.), Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. Kleine Chronik der Arbeiterwohlfahrt im Saarland für die Jahre 1924 bis 2012, Saarbrücken 2012, S. 6 (ohne
Seitenzählung) und in: 80 Jahre Arbeiterwohlfahrt Altenwald-Schnappach, Festschrift, Sulzbach 2005, S. 22.
Abb. unten: Arbeiterwohlfahrt Saar 1924-1974, Eine Darstellung der Aufgaben und
Arbeit gestern und heute, Arbeiterwohlfahrt Landesverband Saar e.V., Saarbrücken
1974, S. 44.
Tafel 12
Alle Abbildungen privat, Rechteinhaber unbekannt.
Tafel 13
Abb. oben rechts, aus: Stadtarchiv Saarbrücken, NL: M1298-27.
Abb. oben links, aus: Stadtarchiv Saarbrücken, Bestand AF: AF 1794 (Nachlass
Schuler).
119
Abb. unten, aus: AdsD 6/FOTA 007074; Abb. Mitte, aus: Privat, Egon Gross, Lebach.
Tafel 14
Abb. Mitte, aus: Stadtarchiv Saarbrücken, Bestand AF: AF 1676a (Nachlass Schuler).
Abb. unten: Luise Schiffgens, Heinrich Wacker, aus: Archiv Landtag des Saarlandes;
Max Bock, aus: AdsD FA 031363.
Tafel 15
Abb. oben: Hans-Joachim KÜHN, „Freiheit, Brot Gerechtigkeit!“ Die Arbeiterbewegung
an der Saar, Katalog zur Ausstellung der Stiftung Demokratie Saarland, Saarbrücken
2007, S. 87.
Abb. Mitte: Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT
(Hg.), Richtig daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins Saarrevier 1815-1955,
Bonn 31995, S. 191.
Abb. unten: Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT
(Hg.), Richtig daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins Saarrevier 1815-1955,
Bonn 31995, S. 165.
Tafel 16
Abb. oben rechts: Rudolf Strumm, Saarbrücken-Altenkessel.
Abb. oben links: Rudolf Strumm, Saarbrücken-Altenkessel.
Abb. Mitte: Gerhard PAUL, Klaus-Michael MALLMANN, Milieus und Widerstand, eine
Verhaltensgeschichte der Gesellschaft im Nationalsozialismus, Widerstand und
Verweigerung im Saarland 1935-1945, Band 3, Bonn 1995, Abb. 24 (nach S. 320).
Abb. unten: Rudolf Strumm, Saarbrücken-Altenkessel.
Tafel 17
Abb. oben: Hans-Joachim Kühn, Beckingen-Düppenweiler.
Abb. Mitte: Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der Saarstaat, L’ Etat Sarrois, Bilder einer
vergangenen Welt, Images d’un monde passé, Echolot. Historische Beiträge des
Landesarchivs Saarbrücken, Band 2, Saarbrücken 2005, S. 44.
Abb. unten: Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der Saarstaat, L’ Etat Sarrois, Bilder
einer vergangenen Welt, Images d’ un monde passé, Echolot. Historische Beiträge
des Landesarchivs Saarbrücken, Band 2, Saarbrücken 2005, S. 356.
Tafel 18
Abb. oben: Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der Saarstaat, L’ Etat Sarrois, Bilder einer
vergangenen Welt, Images d’ un monde passé, Echolot. Historische Beiträge des
Landesarchivs Saarbrücken, Band 2, Saarbrücken 2005, S. 312.
Abb. Mitte: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung (AdsD) Bonn
(Rechteinhaber Herr Harry Walter, Konsul a.D., Neuss).
Abb. unten: Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der Saarstaat, L’ Etat Sarrois, Bilder
einer vergangenen Welt, Images d’ un monde passé, Echolot. Historische Beiträge
des Landesarchivs Saarbrücken, Band 2, Saarbrücken 2005, S. 267.
120
Tafel 19
Abb. oben: Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT
(Hg.), Richtig daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins Saarrevier 1815-1955,
Bonn 31995, S. 259.
Abb. Mitte: Ludwig LINSMAYER, Die Geburt des Saarlandes, Zur Dramaturgie eines
Sonderweges, Echolot. Historische Beiträge des Landesarchivs Saarrücken, Band 3,
Saarbrücken 2006, S. 186.
Abb. unten: 10-, 20- 50- und 100-Saarfranken-Münzen 1954; Briefmarke Sammlung
Hans-Joachim KÜHN.
Tafel 20
Abb. oben: Friedel Läpple im Gespräch mit seinem Vorgänger im Amt des Landesvorsitzenden der SPD Saar, Kurt Conrad, Landesgeschäftsführer Paul Grabe und
Ministerpräsident Dr. Franz-Josef Röder im saarländischen Landtag (Oktober 1970),
Foto: F. Hartung, in: Franz-Rudolph KRONENBERGER, Herbert MANDELARTZ und Bernd RAULS
(Hg.), Friedel Läpple. Politiker, Saarländer, Demokrat, 15 Jahre Innenminister im
Saarland, St. Ingbert 1999, Abb. 7, nach S. 198.
Abb. Mitte: Grafik Bernd Rauls.
Abb. unten: Pfingsttreffen der SPD-Saar 1977: Parlamentarischer Staatssekretär
Alwin Brück, Friedel Läpple, Willy Brandt, Hajo Hoffmann, SPD-Landesgeschäftsführer Hans-Jürgen Petersdorf sowie Heinz Grandmontagne, Foto: W.
Wunderlich, in: Franz-Rudolph KRONENBERGER, Herbert MANDELARTZ und Bernd RAULS
(Hg.), Friedel Läpple. Politiker, Saarländer, Demokrat, 15 Jahre Innenminister im
Saarland, St. Ingbert 1999, Abb. 15, nach Seite 198.
Tafel 21
Abb. Mitte: Friedel LÄPPLE, Glücksmomente. Eine Autobiographie, St. Ingbert, 2009,
S.214.
Abb. unten: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung (AdsD)
Bonn.
Tafel 22
Abb. 1 - 5: Archiv des Landtags des Saarlandes.
121
Literatur in Auswahl
Luitwin BIES und Horst BERNARD (Hg.), Saarländerinnen gegen die Nazis, verfolgt vertrieben - ermordet. Im Auftrag der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschisten e. V., Saarbrücken 2004.
Peter BRANDT / Detlef LEHNERT, „Mehr Demokratie wagen“. Geschichte der Sozialdemokratie 1830-2010, Berlin 2013.
Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der Saarstaat, L ‚Etat Sarrois, Bilder einer vergangenen
Welt, Images d‘ un monde passé, Echolot. Historische Beiträge des Landesarchivs
Saarbrücken, Band 2, Saarbrücken 2005.
Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Das Saarland 1957-2006: 50 Jahre in Wort und Bild,
Echolot. Historische Beiträge des Landesarchivs Saarbrücken, Band 5, Saarbrücken
2007.
Wilfried BUSEMANN, Kleine Geschichte der saarländischen Gewerkschaften nach 1945,
Saarbrücken 2005.
Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert. Herausgegeben vom Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschland,
2. Auflage, Berlin 2013.
Bernd FAULENBACH, Geschichte der SPD. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München
2012.
Helga GREBING, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Von der Revolution 1848
bis ins 21. Jahrhundert, Berlin 2007.
Joachim HEINZ, Arbeiter und Arbeiterbewegung an der Saar 1933-1935, Hausarbeit zur
akademischen Abschlußprüfung (Magisterprüfung) der Philosophischen Fakultät der
Universität des Saarlandes, Saarbrücken 1988.
Joachim HEINZ und Gerhard PAUL, Max Braun, ein früher Europäer, Festschrift der SPD
Saar zum 100. Geburtstag, Schriftenreihe der SPD Saar 4/92, Saarbrücken 1992.
Joachim HEINZ, „Nie zu Hitler!“ Die antifaschistische Einheitsfront-Kundgebung, 26.
August 1934, Sulzbach/Saar, Begleitbuch zur Ausstellung der Stiftung Demokratie Saarland, Saarbrücken 2009.
Hans-Christian HERRMANN, Sozialer Besitzstand und gescheiterte Sozialpartnerschaft.
Sozialpolitik und Gewerkschaften im Saarland 1945 bis 1955, Veröffentlichungen der
Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung, Band 28, Saarbrücken 1996.
122
Rainer HUDEMANN, Armin HEINEN in Zusammenarbeit mit Johannes GROSSMANN und Marcus
HAHN, Das Saarland zwischen Frankreich, Deutschland und Europa 1945-1957, Ein
Quellen- und Arbeitsbuch, Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung, Band 41, Saarbrücken 2007.
Wolfgang JÄGER und Klaus TENFELDE, Bildgeschichte der deutschen Arbeiterbewegung,
München 1989.
Karl-Ludwig JÜNGST, Arbeiterbewegung in Sulzbach 1920-1935, Sulzbach 1984.
Daniel KIRCH, Sonderpolitikzone Saarland, Die Entwicklung des Parteiensystems von
1985 bis 2009, Marburg 2012.
Franz-Rudolph KRONENBERGER, Herbert MANDELARTZ und Bernd RAULS (Hg.), Friedel Läpple.
Politiker, Saarländer, Demokrat, 15 Jahre Innenminister im Saarland, St. Ingbert 1999.
Anja KRUKE / Meik WOYKE (Hg.), Deutsche Sozialdemokratie in Bewegung 1848-18632013, Bonn 2012.
Hans-Joachim KÜHN, „Freiheit, Brot Gerechtigkeit!“ Die Arbeiterbewegung an der Saar,
Katalog zur Ausstellung der Stiftung Demokratie Saarland, Saarbrücken 2007.
Ernst KUNKEL, Die Sozialdemokratische Partei des Saargebietes im Abstimmungskampf
1933/1935, Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten im Saarland, Saarbrücken ohne Jahr (um 1968).
Ernst KUNKEL, Dokumente und Erinnerungen zur Geschichte der SPS 1935-1956, Saarbrücken-Dudweiler 1980.
Friedel LÄPPLE, Glücksmomente, Eine Autobiographie, St. Ingbert 2009.
Ludwig LINSMAYER, Politische Kultur im Saargebiet 1920-1932, Symbolische Politik, verhinderte Demokratisierung, nationales Kulturleben in einer abgetrennten Region, Saarland-Bibliothek, Band 2, St. Ingbert 1992.
Ludwig LINSMAYER (Hg.), Der 13. Januar, Die Saar im Brennpunkt der Geschichte, Echolot. Historische Beiträge des Landesarchivs Saarrücken, Band 1, Saarbrücken 2005.
Ludwig LINSMAYER Die Geburt des Saarlandes, Zur Dramaturgie eines Sonderweges,
Echolot. Historische Beiträge des Landesarchivs Saarrücken, Band 3, Saarbrücken
2006.
Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT (Hg.), Richtig
daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins Saarrevier 1815-1955, Bonn 31995.
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Dieter MUSKALLA, NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel, Gleichschaltung - Neuordnung - Verwaltung, Veröffentlichungen der Kommission für saarländische Landesgeschichte und Volksforschung, Band 25, Saarbrücken 1995.
Gerhard PAUL, Max Braun. Eine politische Biographie, St. Ingbert 1987.
Gerhard PAUL, Klaus-Michael Mallmann, Milieus und Widerstand, eine Verhaltensgeschichte der Gesellschaft im Nationalsozialismus, Widerstand und Verweigerung im
Saarland 1935-1945, Band 3, Bonn 1995.
Bernd RAULS, Die SPD im Saarland. Struktur und innerparteiliche Entwicklung 19551985, Hausarbeit zur Erlangung des Grades Magister Artium im Fach Politikwissenschaft
der Universität Trier, Trier 1989.
Johannes SCHÄFER, Das autonome Saarland. Demokratie im Saarstaat 1945-1957, St.
Ingbert 2012.
Rudolf STRUMM, Daten und Fakten zur Organisationsgeschichte der SPD Saar, Saarbrücken 1998.
Hans Joachim TEICHLER und Gerhard HAUK (Hg.), Illustrierte Geschichte des Arbeitersports, Bonn 1987.
Maria ZENNER, Parteien und Politik im Saargebiet unter dem Völkerbundregime 19201935, Veröffentlichungen der Kommission für saarländische Landesgeschichte und
Volksforschung, Band 3, Saarbrücken 1966.
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