09_September 2006

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INFO
GALIFA CONTACTLINSEN AG
GALIFA News im September 2006
Der seitliche Lidzug zum Absetzen formstabiler Contactlinsen
Was passiert dabei eigentlich?
Beim Tragen formstabiler Contactlinsen gibt es mehrere Vorgehensweisen, diese wieder vom Auge zu entfernen. In der
Praxis haben sich zwei Methoden durchgesetzt: zum einen die Abnahme der Contactlinse mit Hilfe eines Saugers, zum
anderen die Methode über den seitlichen Lidzug.
Täglich erklären wir unserem Kunden, wie er seine formstabilen Contactlinsen durch einen seitlichen Lidzug vom Auge
nehmen kann. Aber warum diese Methode funktioniert, darüber haben sich wenige Anpasser genaue Gedanken
gemacht. Die Entfernung einer formstabilen Contactlinse über den seitlichen Lidzug ist ein weit komplexerer Vorgang
als sich die meisten Anpasser vorstellen.
Um einem Contactlinsenträger die Technik erklären zu können, müssen der Ablauf und die Ursache für das Funktionieren dieser Methode bekannt sein. Jeder einzelne Schritt trägt dazu bei, dass die Contactlinse aus dem Auge fällt.
Die Reihenfolge der Vorgänge ist sehr bedeutend, jeder einzelne Schritt sollte genau erklärt und bewusst vom
Contactlinsenträger durchgeführt werden.
In einer Studie an der Queensland University of Technology in Brisbane, Australien1, wurde untersucht welche Veränderungen am Auge bei der Anwendung der seitlichen Lidzugtechnik entstehen. Die Studienergebnisse sind im Weiteren
aufgezeigt.
DIE VORGEHENSWEISE
Dem Contactlinsenträger wird die
Technik auf folgende Weise erklärt:
Der Zeige- und/oder Mittelfinger wird
an den äusseren Lidwinkel gelegt.
Dann öffnet der Contactlinsenträger
das Auge so weit wie möglich, zieht
die Lider mit dem Zeige- bzw. Mittelfinger schläfenwärts, um sie zu straffen und schliesst anschliessend das
Auge.
VERÄNDERUNGEN DES AUGES
Bei der Untersuchung der seitlichen
Lidzugmethode konnte in oben erwähnter Studie herausgefunden werden, dass sich beim Öffnen und
Schliessen des Auges die Augenposition und beim Ziehen der Augenlider
nach aussen die Hornhauttopographie verändern.
Veränderungen der Hornhauttopographie
Um die Veränderungen der Hornhauttopographie zu messen, die
durch den seitlichen Lidzug entstehen, wurde ein speziell modifiziertes
High Speed Videokeratoskop genutzt. Mit diesem High Speed Video-
keratoskop konnte die HornhautTopographie kontinuierlich mit 50 Aufnahmen pro Sekunde aufgezeichnet
werden. Jedes Auge wurde 10 Sekunden vermessen. Die ersten 3-5 Sekunden blickten die Probanden, mit
dem Kopf stabilisiert in einer Kopfstütze, mit normal geöffnetem Auge
auf den Fixierpunkt. Danach haben
sie ihre Augenlider nach aussen
gezogen, so wie es beim seitlichen
Lidzug praktiziert wird.
Bei allen Probanden war beim Ausführen des seitlichen Lidzugs eine
Versteilung der Hornhaut im vertikalen Meridian und eine Abflachung im
horizontalen Meridian zu beobachten.
In Abbildung 1 und 2 sind die Veränderungen der Hornhaut für den
Probanden S.V. dargestellt. Bei dieser
Testperson konnten sehr grosse
Veränderungen der Hornhaut beobachtet werden. Im Normalzustand
betrug die zentrale Hornhautradiendifferenz 0.2 mm. Bei der Ausführung
des seitlichen Lidzug erhöhte sie sich
auf 1.3 mm, d.h. die Hornhaut wurde
durch den Zug an den Lidern signifikant astigmatisch. (s. auch Home-
page Video 1).
Im Durchschnitt aller untersuchten
Probanden flachte die Hornhaut im
horizontalen Meridian um 0.20 mm
ab und versteilte im vertikalen Meridian um 0.22 mm.
Wenn zu Beginn eine Contactlinse
nach dem Gleichlaufprinzip angepasst worden ist, hat die Versteilung
der Cornea durch den seitlichen
Lidzug im vertikalen Meridian ein
Abstehen der Linse zur Folge. Dieses
Abstehen erhöht die Angriffsmöglichkeit der Lider erheblich.
Die Versteilung der Hornhaut entsteht
wahrscheinlich durch den erhöhten
Druck, der durch die gestrafften
Augenlider auf die Hornhaut ausgeübt wird. Schon Gullstrand hat
festgestellt, dass der Druck der Lider
auf den Bulbus einen Astigmatismus
rectus hervorruft.2 In weiteren Studien
wurde festgestellt, dass das Anheben
der Lider von der Oberfläche des
Auges eine Abnahme des Astigmatimus rectus 3 und die Verengung der
Lidspalte einen signifikanten Anstieg 4
mit sich bringt.
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Veränderung der Hornhautradien am Beispiel der Testperson S.V.:
Flacher Meridian
Steiler Meridian
vor dem Ziehen am Augenlid
8.20
8.01
mit nach aussen gezogenen Augenlidern
8.79
7.48
Differenz / Veränderung
0.59 flacher
0.53 steiler
Tabelle 1: Veränderung des steilen und des flachen Hornhautradius beim seitlichen Lidzug für Testperson S.V.
Abbildung 1: Veränderung der Hornhauttopographie beim seitlichen Lidzug für Testperson S.V.. Im linken Bild ist das
Auge normal geöffnet, im rechten Bild sind die Lider nach aussen gezogen, so als ob eine formstabile Contactlinse
vom Auge entfernt werden sollte.
Abbildung 2: Veränderung des steilen und flachen Keratometerwertes beim seitlichen Lidzug für Testperson S.V., kontinuierlich aufgezeichnet mit einem High Speed Videokeratoskop. Beim Ziehen der Augenlider nach aussen wurde der
flache Keratometerwert (flat K) noch flacher und der steile Keratometerwert (steep K) noch steiler.
Veränderung der Augenposition beim
Öffnen und Schliessen des Auges
Mit einer High-Speed Camera konnten die Vorgänge bei kräftigem Öffnen und Schliessen der Lider aufgezeichnet werden.
Die Auswertung dieser Aufnahmen
zeigt, dass sich der Bulbus beim Öffnen des Auges um 0.1 bis 0.2 mm
nach vorne bewegt (Proptosis, s. Abbildung 3 und Homepage Video 2).
Durch diesen Vorgang wird begünstigt, dass die Lider, die sich nach
dem Öffnen des Auges über und
unter dem Contactlinsenrand befinden, den Linsenrand besser greifen
können.
Weiter konnte dargestellt werden,
dass sich der Bulbus beim kräftigen
Schliessen des Auges in die Augenhöhle zurück zieht (Retraction, s. Abbildung 4 und Homepage Video 3).
Dies hat zur Folge, dass die Lider zwischen Contactlinse und den Bulbus
gleiten können.
Bereits in zahlreichen früheren Studien wurde die Verlagerung des Bul-
bus in Richtung Augenhöhle (Retraction) beim Schliessen der Lider beobachtet. In einer Studie von Collins et
al 5 wurde herausgefunden, dass sich
das Auge bei einem kraftvollen
Lidschluss um ca. 0.96 mm und bei
einem normalen Lidschluss um ca.
0.44 mm in die Orbita verlagert. Dies
lässt schliessen, dass das Entfernen
der Contactlinse umso besser funktioniert, je kraftvoller geblinzelt wird.
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Abbildung 3:
Verlagerung des Bulbus nach aussen beim weiten Öffnen des
Auges
oben: Auge normal geöffnet
unten: Auge weit geöffnet, der
Bulbus hat sich beim weit
geöffneten Auge nach
aussen verlagert.
Abbildung 4:
Zurückziehen des Bulbus beim Ausführen eines starken Lidschlusses
Das rechte Auge, das in dieser Aufnahme zu sehen ist, wird manuell weit aufgehalten. Das linke Auge ist frei und
kann den Lidschluss ausführen.
oben: linkes Auge normal geöffnet,
rechtes Auge wird manuell weit
aufgehalten
unten: Proband führt mit dem linken
Auge einen starken Lidschluss
aus, das rechte Auge zieht sich
parallel dazu in die Orbita zurück.
ZUSAMMENFASSUNG
Um eine formstabile Contactlinse mit
dem seitlichen Lidzug vom Auge zu
entfernen, wird im ersten Schritt das
Auge so weit geöffnet, dass sich die
Lider über und unter dem Linsenrand
befinden. Das weite Öffnen des Auges hat zur Folge, dass sich der Bulbus
leicht nach vorn verlagert. Wenn die
Lider schläfenwärts gezogen werden,
wird die Cornea im vertikalen Meridian steiler und im horizontalen
Meridian flacher. Dadurch hebt die
Contactlinse im vertikalen Meridian
ab. Beim Schliessen des Auges greifen
die Lider die Ränder der Contactlinse
(s. Abbildung 6). Je weiter das Auge
geschlossen wird, desto stärker bewegt sich der Bulbus in die Orbita
zurück und das Oberlid kann hinter
die Contactlinse gleiten (s. Homepage Video 4).
Die seitliche Lidzugtechnik wird durch
die Anatomie der Lidränder begünstigt. Die Lidränder sind flach, ca. 2
mm breit mit einer scharf begrenzten
hinteren Kante, die gegen die bulbäre Bindehaut liegt und einer vorderen
abgerundenen Kante (vgl. Abbildung
5). Wenn die Augenlider gestrafft sind,
liegt die innere Lidkante noch näher
an der bulbären Bindehaut. Aus diesem Grund können die Lider die
Contactlinsenränder, die eine Randdicke von etwa 0.11 bis 0.17 mm haben, greifen. Über die vordere abgerundete Kante der Lidränder kann die
Contactlinse nach aussen vom Auge
gleiten.
Abbildung 5: Form des Unterlides.
Die Lidaussenkante ist abgerundet,
die Lidinnenkante kantiger.
Prozedur
Lidposition
Augenposition
Cornea
Weites Öffnen des
Auges
Lider befinden sich über bzw.
unter dem Linsenrand
Proptosis
Keine Veränderungen
Ziehen der Lider schläfenwärts
Lider werden gestrafft und kommen dadurch näher an den
Augapfel
Proptosis
Versteilung der Cornea im senkrechten Meridian, dadurch
Abheben der Contactlinse im
oberen und unteren Bereich
Kräftiges Blinzeln
Angespannte Lider greifen die
Ränder der Contactlinse, das
Oberlid gleitet bei zunehmendem Lidschluss hinter die Contactlinse
Retraction
Cornea ist im vertikalen
Meridian versteilt, wodurch die
Linse oben und unten absteht
Proptosis = Bulbus bewegt sich nach aussen
Retraction = Bulbus bewegt sich zurück in die Augenhöhle
INFO
Abbildung 6: Auf dieser Abbildung ist
zu erkennen, wie der Contactlinsenrand vom Oberlid auf das Unterlid
gedrückt wird. Der Contactlinsenrand, der nur etwa 1/10 so breit wie
der Lidrand ist, kann von den Lidern
gut gegriffen werden.
EINFLÜSSE AUF DAS FUNKTIONIEREN
DER METHODE
Einige Contactlinsenträger haben
Schwierigkeiten ihre Linsen mit dem
seitlichen Lidzug vom Auge zu entfer-
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nen. Diese Schwierigkeiten können
verschiedene Ursachen haben.
Ein Proband in dieser Studie konnte
die Contactlinse mit dem seitlichen
Lidzug nicht vom Auge entfernen.
Dieser Proband zeigte die geringste
Veränderung in der Hornhauttopographie im Vergleich zu den anderen
Testpersonen. Dies kann auf eine
geringere Lidspannung zurückzuführen sein. Durch eine geringere
Lidspannung ist der Druck auf das
Auge und somit die Versteilung des
vertikalen Meridians geringer.
Bei den meisten Probanden fand der
Vorgang wie oben beschrieben statt,
d.h. die Contactlinse wurde vom
Ober- und Unterlid gegriffen, der
Bulbus verlagert sich in die Orbita
und das Oberlid konnte hinter die
Contactlinse gleiten (s. Homepage
Video 4). Bei einer Testperson wurde
dokumentiert, dass das obere Ende
der Contactlinse vom Oberlid an den
Bulbus gedrückt wurde, wodurch die
Contactlinse unten abgehoben ist
und aus dem Auge fiel (s. Homepage
Video 5). Unterschiede in der Art und
Weise, wie die Contactlinse vom
Auge fällt, können auf eine unterschiedlich starke Veränderung der
Hornhauttopographie und der Augenposition zurückzuführen sein.
Weitere Unterschiede sind in der
Anwendung der Technik begründet:
nicht jeder Contactlinsenträger zieht
die Augenlider in die selbe Richtung
oder mit der selben Kraft. Unterschiede bestehen ebenso in der
Stärke des Lidschlusses.
Weitere Einflüsse können die Blickrichtung und somit die Contactlinsenposition auf dem Auge haben.
Einigen Contactlinsenträgern gelingt
es leichter die Contactlinse zu entfernen, wenn sie in Richtung Nase
schauen bevor sie das Auge schliessen.
Ebenso spielt die angepasste Contactlinse eine Rolle: eine im vertikalen
Meridian tendentiell flach angepasste Linse bietet den Lidern eine bessere Möglichkeit die Linsenränder zu
greifen, als eine steil oder sehr gross
angepasste Linse.
Fazit:
Der seitliche Lidzug ist eine von verschiedenen Möglichkeiten, eine formstabile Contactlinse aus dem Auge zu entfernen. Jeder einzelne Schritt bei der Anwendung dieser Methode trägt dazu bei, dass die Contactlinse vom Auge
fällt. Aus diesem Grund sollte die Methode bewusst Schritt für Schritt erklärt und vom Contactlinsenträger ausgeführt
werden. Wenn die Methode nicht funktioniert, ist zunächst die Vorgehensweise erneut zu erklären. Es ist darauf zu
achten, dass das Auge vor dem Zug an den Augenlidern weit genug geöffnet wurde. Es sollte kräftig geblinzelt und
ggf. in Richtung Nase geblickt werden.
Je besser der Contactlinsenanpasser versteht wie sich das Auge bei der Anwendung dieser Technik verändert, desto
verständlicher kann er es seinen Contactlinsenträgern erklären.
VIDEOAUFNAHMEN
Auf unserer Homepage www.galifa.ch/Fachgeschäfte/Monatsbriefe finden Sie die Videos zu den im Text erwähnten
Veränderungen des Auges.
Wir danken dem Contact Lens and Visual Optics Laboratory der Queensland University of Technology, Brisbane,
Australien (http://www.hlth.qut.edu.au/opt/ research/contacts/index.jsp) für die Bereitstellung der Videos.
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The biomechanics of rigid contact lens removal, Contact Lens & Anterior Eye 28 (2005) 121-125, M. J. Collins, S. Voetz, N. Bretschneider.
Gullstrand A. The cornea. In: Southall JPC, ed. Helmholtz's Treatise on Physiological Optics. New York: Dover, 1962:320-1
Wilson G, Bell CH, Chotai S: The effect of lifting the lids on corneal astigmatism. American Journal of Optometry and Physiological Optics, 1982, 59-8:
670- 674
Grey C, Yap M: Influence of Lid Position on Astigmatism. American Journal of Optometry and Physiological Optics, 1986, 63-12: 966-969
Collins M, Smyth W, Seawright J, Kelly S: The synkinesis between antero-posterior eye position and lid fissure width. Clinical & Experimental Optometry,
1992, 75.2: 38- 41.
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