48 Marketing & Verkauf Keine Angst vor dem Preiseinwand Wie man Preisdiskussionen souverän führt – oder ganz vermeidet Auf die Frage, welchen Einwand des Kunden sie am meisten fürchten, kommt von den meisten Aussendienstmitarbeitern spontan die Nennung: «Das ist zu teuer.» Mit dem Preiseinwand muss ein Verkäufer im heutigen Marktumfeld einfach rechnen. Es ist natürlich und verständlich, dass der Kunde die umfassenden Vergleichsmöglichkeiten nutzt, die zum Beispiel das Internet bietet. Er will sicher sein, dass er für ein Produkt oder eine Dienstleistung einen angemessenen Preis zahlt. Werner Berger Mentale Vorbereitung Angelika Rinner «Angemessen» ist dabei glücklicherweise nicht gleichbedeutend mit «am billigsten». Die Mehrheit der Kunden ist sich durchaus bewusst, dass ein Billigangebot mittelfristig doch wieder höhere Kosten bedeuten kann. Dann nämlich, wenn die geringe Qualität des Produkts dazu führt, dass schneller Reparaturoder Neuanschaffungskosten entstehen. KMU-Magazin Nr. 8, Oktober 2008 Wie schafft es nun ein Anbieter, seinem Kunden zu vermitteln, dass das Angebot genau das wert ist, was es kostet? Regel Nummer 1 ist: Der Verkäufer muss zur Preispolitik und zu den Preisen des eigenen Unternehmens stehen können. Es ist eine Frage der Einstellung: Wenn der Verkäufer schon mit dem Gedanken in das Gespräch geht, «der Kunde sagt sicher, das ist zu teuer – und eigentlich hat er ja auch recht», hat er bereits verloren. Regel Nummer 2 zielt ebenfalls auf die Einstellung und mentale Vorbereitung des Verkäufers. Sie lautet: Keine Angst vor dem Preiseinwand haben! Einwände generell sind das Salz in der Suppe des Verkaufs. Ein Kunde, der keine Einwände hat, ist meist ein Kunde ohne Kauflust. Ein Einwand ist ein Kaufsignal, denn Marketing & Verkauf 49 6 Tipps für das Preisgespräch 1. Überzeugend auftreten und anschaulich präsentieren Jeder Kunde erwartet eine beweiskräftige Argumentation oder Demonstration. Was er sieht, fördert seine Kauflust und mindert das in vielen Fällen gesunde Misstrauen. 2. Auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen Wenn der Kunde überzeugt ist, dass der Verkäufer seine Wünsche und Anforderungen genau erfasst hat und diese mit einem massgeschneiderten Angebot abdeckt, ist die Tendenz am Preis herumzunörgeln naturgemäss kleiner. 3. Wertbewusst und rechnerisch korrekt belegen Der Kunde kauft nicht das Produkt, sondern seinen Gegenwert. Deshalb ist es entscheidend, den Wert des Produkts von allen Seiten zu beleuchten und die Nutzen gemeinsam mit dem Kunden rechnerisch belegen er bedeutet, dass der Kunde sich für das Angebot interessiert. Sonst würde er sich gar nicht erst die Mühe eines Einwandes machen, sondern das Gespräch direkt beenden. Die positive Grundhaltung gegenüber Preiseinwänden bedeutet allerdings nicht, dass es einfach ist, sie zu entkräften. Hier braucht es eine gute Vorbereitung des Verkäufers und einen Rucksack mit verschiedenen «Werkzeugen» für den Umgang mit dem Thema Preis. Schauen wir uns einige dieser Werkzeuge genauer an. Die Auswahl wurde unter dem Gesichtspunkt getroffen: Der beste Weg einem Preiseinwand zu begegnen, ist, ihn gar nicht erst aufkommen zu lassen. Wind aus dem Segel nehmen Einer der unschönen Aspekte am Preiseinwand ist, dass man in der Regel nicht weiss, zu welchem Zeitpunkt der Kunde damit kommt. Wenn es dann so weit ist, löst das «zu teuer» des Kunden beim Gegenüber eine Schrecksekunde aus: «Oh nein – was jetzt?», schiesst diesem möglicherweise durch den Kopf. Diese kleine Schreckreaktion schwächt die Verhandlungssouveränität. Wie lässt sich das vermeiden? Wenn der Verkäufer sich bereits vor dem Kundenkontakt bewusst macht, dass mit Preiseinwänden zu rechnen ist, kann er sie in sein Kalkül einbeziehen. Er kann die Taktik «Wind aus dem Segel nehmen» anwenden. Das bedeutet, dass er das Thema Preise und Konditionen gleich zu Beginn des Kundenkontakts anspricht. Das kann zum Beispiel wie folgt geschehen: «Ich kann mir vorstellen, dass Sie heute mit mir besprechen wollen, wie sich ein neuer Auftrag auf das Gesamtvolumen, das Sie mit uns tätigen, und damit auch auf die Konditionen auswirkt. Hierfür habe ich mich vorbereitet. Ich möchte mich dazu ganz am Schluss, wenn wir uns über die Kosten Ihrer zu können. So wird der Kunde kaum oder überhaupt nicht auf den Preis drücken, weil er ihn als angemessen empfindet. 4. Gemeinsam mit dem Kunden die optimale Lösung suchen Wenn der Kunde mit geschickter Fragetechnik in die Lösungsfindung einbezogen wird, kauft er selbst, statt dass man ihm etwas verkaufen muss. Mit diesem Vorgehen kann er sich selbst überzeugen. 5. Durch Fachwissen überzeugen Kompetenz im Fach- und Anwendungswissen ist immer vertrauenerweckend. Wenn der Kunde selbst viel weiss, dann schätzt er das Wissen des Verkäufers umso mehr und achtet ihn. 6. Die Marktverhältnisse und die Konkurrenz des Kunden kennen Dieses Wissen ist dem Kunden Beweismittel für die Kompetenz eines Verkäufers. Erstbevorratung unterhalten, äussern. Sind Sie damit einverstanden?» Dadurch schafft sich der Verkäufer Freiraum, das Thema dann einfliessen zu lassen, wenn der Zeitpunkt für ihn passt. Diesen Freiraum braucht er, um all seine überzeugenden Argumente für sein Leistungspaket aufführen zu können. Preis ins richtige Licht setzen Um Preiseinwände rechtzeitig abzuwenden, ist es wichtig, den Preis von Anfang an ins richtige Licht zu setzen. Die folgenden Gesprächstechniken helfen dabei: Preis nie allein im Raum stehen lassen Sobald der Preis genannt wird, wird direkt die angebotene Leistung daran geknüpft. Zum Beispiel: «Alles in allem kostet das Produkt 880 Franken. Im Preis inbegriffen ist sämtliches Zubehör, ein Jahr Garantie sowie ein Top-Installationsservice.» Eine Erweite- KMU-Magazin Nr. 8, Oktober 2008 50 Marketing & Verkauf rung dazu ist die sogenannte Sandwich-Technik. Hierbei wird der Preis zwischen zwei starken Argumenten platziert. Zum Beispiel: «Wenn man bedenkt, dass dieser Kleinkompressor mit einer Pferdestärke ans 220-VoltNetz angeschlossen werden kann, so ist der Preis von 1590 Franken sehr günstig; besonders, wenn Sie noch berücksichtigen, dass er mit seiner hohen Druckleistung von 12 bar auch noch zum Reifenpumpen, Pressluftschmieren und Ausblasen von Motoren und Maschinen genutzt werden kann.» Nie zu früh vom Preis reden Vor lauter Angst, dass der Kunde mit dem leidigen Preis kommt, initialisieren viele Verkäufer die Preisdiskussion von ihrer Seite zum falschen Zeitpunkt. Bevor sinnvoll über den Preis verhandelt werden kann, muss der Nutzen des Angebots für den Kunden auf dem Tisch sein. Durch wertbewusstes Argumentieren und Demonstrieren kann vermieden werden, dass sich der Kunde in Tiefpreis-Vorstellungen verirrt. Das Thema Preis wird so vorgespurt, dass der Kunde merkt, dass er es nicht mit dem Billiganbieter zu tun hat. Zum Beispiel mit der Positionierung des Unternehmens als «Nummer 1 auf diesem Gebiet». Von der Nummer 1 erwartet der Kunde nicht den billigsten Preis. Bei der Preisangabe zuerst den Grundpreis nennen Der Grundpreis ohne Nebenleistungen oder Zubehörmöglichkeiten stellt die kleinste KMU-Magazin Nr. 8, Oktober 2008 Grösse dar. Deshalb ist es von Vorteil, diese Zahl zuerst zu nennen. Kleinstmögliche Preiseinheit anbieten «Der Stückpreis beträgt 52 Rappen bei einem Bezug von 10 000 Stück» wirkt günstiger als «Der Tausenderpreis beträgt 5200 Franken». Das Prinzip der optisch geringer erscheinenden Preislage nutzen 100, 1020 oder 20 000 Franken wirken als Preisangabe wesentlich teurer als 97, 950 oder 19 900 Franken. Weitere Gesprächstechniken Bringt der Kunde den Preiseinwand trotzdem, helfen folgende Gesprächstechniken, den Preis gegenüber dem Wettbewerbsangebot ins richtige Licht zu setzen: Die Preiseinwände des Kunden hinterfragen Für eine gute Gegenargumentation ist es unerlässlich, genau zu hinterfragen, was hinter dem Wettbewerbsangebot steckt, das der Kunde als günstiger ins Feld führt. Zum Beispiel so: «Sie sagen, das andere Produkt des Wettbewerbers sei billiger – wie sieht die Differenz in Euro und Cent aus?» oder «Wie hoch ist denn der Preis, und ist das … inbegriffen?» oder «Im Zusammenhang mit welchen Bestell- und Lieferkonditionen bekom- men Sie beim Mitbewerber diesen Rabatt?» Den Preis des Gesamtpakets aufzeigen Wenn einzelne Produkte oder Dienstleistungen im vorgelegten Angebot teurer sind als bei der Konkurrenz, wird dem Kunden aufgezeigt, dass er dafür bei anderen Bestellpositionen weniger zahlt. Eine Variante davon ist, ihm die Vollkostenrechnung aufzuzeigen. Zum Beispiel, dass das angebotene Verbindungssystem zwar in den Einzelteilen teurer ist, aber durch die einfache Montage im Vergleich zur derzeitigen Methode des Kunden sehr viel Zeit gespart werden kann – was wiederum eine erhebliche Einsparung von Kosten bedeutet. Nur den Mehrpreis relativieren Bei Investitionsgütern wird der Mehrpreis durch die Anzahl der Amortisationsjahre geteilt. Dann wird der Jahresamortisationspreis nochmals relativiert durch Aufzeigen der speziellen Vorteile oder Dienstleistungen, die hinter dem Angebot stehen. Zum Beispiel: «Wenn Sie den Mehrpreis von 10 000 Franken auf die vorgesehenen 10 Amortisationsjahre umlegen, macht das pro Jahr 1000 Franken. Das sind im Monat 80 Franken. Wenn Sie jetzt das Design und unsere Serviceleistungen mit berücksichtigen, wie stark fällt da dieser Mehrpreis für Sie noch ins Gewicht?» Eine Demonstration oder eine Probelieferung anbieten Was der Kunde selbst als Vorteil oder beson- Marketing & Verkauf 51 dere Qualität erlebt hat, führt leichter zur Kaufentscheidung und reduziert den Drang, weiteren Preisdruck auszuüben. Im Notfall einen Kompromiss anbieten Im Notfall ist es sinnvoll, einen Kompromiss anzubieten, der weniger kostet, aber auch einen Vorteil für das verkaufende Unternehmen bringt (z.B. grössere Bestellmenge, Einmallieferung statt mehrerer Teillieferungen, Abschluss eines längerfristigen Vertrags, Eindeckung in anderen Artikelbereichen). Vom Billigeren zum Teureren Eine weitere Taktik ist, bewusst zuerst eine billigere Variante anzubieten und dann die teurere. Was passiert dabei? Angenommen, ein Kunde steht in einem Sport-Center. Er hat vor, ein Mountainbike zu kaufen. Er ist nur Hobby-Sportler und möchte deshalb nicht allzu viel Geld ausgeben. Der Verkäufer zeigt demzufolge zuerst ein einfaches Modell. Es genügt den Anforderungen des Hobby-Sportlers absolut und ist preislich attraktiv. Der Kunde könnte sich jetzt einfach dafür entscheiden. Da zeigt ihm der Verkäufer noch eine Alternative. Er zieht seinen Joker aus dem Ärmel: Das Traummodell eines Mountainbikes. Der Rahmen ist von Hand zusammengesetzt und jede Schweissnaht ist so präzise, dass sie eine echte Zierde ist. Kurbel, Lenker und Sattelstütze sind aus Carbon, was ungemein edel aussieht. Die Schaltung zu bedienen macht allein schon wegen des angenehmen Klick-Geräusches Spass. Der Verkäufer nimmt sich jetzt ganz bewusst stark zurück. Er will dem Kunden das Modell ja eigentlich gar nicht verkaufen … nur mal zeigen. Er lässt das Mountainbike für sich selbst wirken. Er verlässt sich darauf, dass es beim Kunden Emotionen auslöst, sein inneres Bedürfnis nach Schönheit und Status anspricht. Kaum hat der Kunde dieses wunderbare Rad einmal gesehen und angefasst, mögli- cherweise sogar ausprobiert, wirkt das billige Modell gleich noch blasser. Die Chance ist gross, dass der Kunde nun beginnt, rationale Rechtfertigungen dafür zu suchen, warum er in Wirklichkeit genau dieses braucht und nicht das billige. Das teurere Modell ist natürlich viel besser verarbeitet und wird länger halten, sagt er sich. Ausserdem ist es ja auch eine Sicherheitsfrage. Bei den qualitativ hochwertigen Teilen kann es nicht passieren, dass plötzlich die Kurbel oder der Lenker bricht, wenn er bergab über Stock und Stein fährt. Kurz: Er schafft es, sich selbst zu überzeugen – das muss der Verkäufer jetzt gar nicht mehr tun. Die Frage nach dem Preis kommt gar nicht mehr auf. «Wenn Sie weniger Geld ausgeben wollen, empfehle ich Ihnen das billigere Modell», würde der Verkäufer sonst kontern. Ein bisschen Luxus Die Steigerungstaktik funktioniert insbesondere, wenn es um Dinge für den persönlichen Literatur Mehr zum Thema Preisverhandlungen und alles weitere Wissenswerte rund um das Thema Verkauf von der seriösen Vorbereitung auf den Kunden über die zielführende Struktur des Verkaufsgesprächs bis zu Abschluss und Nachbereitung findet sich im Verkaufshandbuch «BestSeller» von Werner Berger und Angelika Rinner. Das praxisorientierte Buch wird durch seine Ergänzung mit Checklisten, Arbeitsaufgaben und Platz für eigene Gedanken und Notizen für den Leser zum persönlichen Nachschlagewerk auf dem Weg zum Top-Verkäufer. Werner Berger / Angelika Rinner «BestSeller» Das Verkaufshandbuch. Grundlagen, Instrumente, Erfolg Verlag A & O des Wissens, 2006 365 Seiten, gebunden ISBN 978-3-905-32715-1 CHF 88.– Lebensstandard, um ein Stückchen Luxus, geht. Bei einfachen Dingen wie Brot, Butter und Benzin wissen die meisten Leute bis auf den Rappen genau, was sie kosten und wo sie es noch zwei Rappen billiger bekommen. Hier geht es um schlichte Bedürfniserfüllung. Dort, wo es um die emotionale Ebene geht, geben Kunden viel bereitwilliger Geld aus. Wenn sie den flauschigeren Stoff der teureren Jacke spüren, das elegante Klicken des einzigartigen Schliessmechanismus der Sportwagentür hören oder den aromatischen Duft der edlen Kaffeesorte in der Nase haben, denken sie nicht an den Preis. Porträt Angelika Rinner und Werner Berger gehören zu den erfolgreichsten Trainern und Coachs in den Bereichen Führung und Verkauf. Sie leiten die in der Schweiz domizilierte Werner Berger & Partner AG. Angelika Rinner ist Diplom-Psychologin mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie und eignete sich ihren praktischen Erfahrungsschatz durch ihre Tätigkeit in der internationalen Unternehmensberatung an. Werner Berger hat viele Jahre in Führungspositionen im In- und Ausland gearbeitet und gibt nun seit über 14 Jahren sein Knowhow mit Begeisterung weiter. Fragen Werner Berger Geschäftsleiter [email protected] Angelika Rinner Diplom-Psychologin Stv. Geschäftsleiterin [email protected] Werner Berger & Partner AG Grundstrasse 10, 6343 Rotkreuz Tel. 041 792 27 29 www.wernerberger.com KMU-Magazin Nr. 8, Oktober 2008