19.08.2009: Die Nixon-Médic

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19.08.2009: Die Nixon-Médici-Connection (Tageszeitung junge Welt)
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19.08.2009 / Ausland / Seite 6
Die Nixon-Médici-Connection
»Geheimes Protokoll« veröffentlicht: USA warben für Chile-Putsch 1973
Benjamin Beutler
Die Dokumente, die am Sonntag in den USA veröffentlicht wurden, haben es in sich. Demnach waren die
USA unter Präsident Richard Nixon (1969–1974) nicht nur direkt am Putsch gegen den chilenischen
Präsidenten Salvador Allende am 11. September 1973 beteiligt. Sie warben zudem offenbar bei anderen
lateinamerikanischen Staaten, mindestens jedoch bei der brasilianischen Militärjunta, um
Unterstützung hierfür. Dieses geht aus einem »geheimen Gesprächsprotokoll« hervor, das nun zur
Veröffentlichung freigegeben und vom an der George-Washington-Universität ansässigen »Nationale
Sicherheitsarchiv« vorgestellt wurde.
Demnach fand am 9. Dezember 1971 im Weißen Haus ein Treffen zwischen Nixon und Brasiliens
Juntachef Emilio Médici statt. Inhalt des Gesprächs war die Diskussion von Möglichkeiten, nicht nur
Allende, sondern auch andere als »kommunistisch« eingeschätzte Staaten, wie etwa die Regierung Fidel
Castros auf Kuba, zu stürzen oder zu destabilisieren. »Wir müssen alles tun, um neue Allendes und
Fidels zu verhindern, und versuchen diese Trends umzukehren«, so Nixon. Auf die Frage, ob Brasilien
die chilenischen Militärs in der Lage sähe, einen Staatsstreich gegen die Regierung Allende
durchzuführen, antwortete Médici: Er habe den Eindruck, daß sie es wären. Der General fügte hinzu,
daß man »bereits Austauschprogramme mit den chilenischen Militärs« unterhalte.
Auch über andere Länder sprachen die beiden Staatschefs. Médici fragte Nixon, ob Brasilien die
Exilkubaner unterstützen sollte. Diese besäßen Kräfte, »um das Castro-Regime zu stürzen«. Nixon
antwortete darauf, alles sei möglich, solange nicht bekannt wird, daß »wir unsere Hände im Spiel
haben«. Es gebe »eine Menge Sachen, die Brasilien als südamerikanisches Land machen kann – die USA
aber nicht«.
Einigkeit wurde darüber erzielt, daß »es für Brasilien und die Vereinigten Staaten sehr wichtig ist, in
diesem Feld eine sehr enge Zusammenarbeit zu erreichen«, so die schriftliche Zusammenfassung des
Meetings. »Wenn Geld nötig ist oder andere diskrete Hilfe, dann sind wir in der Lage, diese zugänglich
zu machen«, bot Nixon an. Abseits regulärer diplomatischer Kanäle wurde eine direkte, »geheime«
Kontaktaufnahme vereinbart. Auf US-Seite wurde Außen- und Sicherheitsberater Henry Kissinger
beauftragt, auf der Gegenseite Brasiliens Außenminister Gibson Barbosa. Zwei Jahre später, am 11.
September 1973, putschte das chilenische Militär. Der 1970 demokratisch gewählte Volksfront-Präsident
wurde bei dem vom US-Geheimdienst CIA unterstützten Staatsstreich getötet.
»Die Dokumente öffnen die Tür zu einer neuen, unerzählten Geschichte zu den Bemühungen, Allende zu
stürzen«, urteilte am Sonntag Peter Kornbluh, Direktor des »Nationalen Sicherheitsarchivs«. »Sogar
gemessen daran, was wir schon über die ausgedehnten Kontakte zwischen den USA und
lateinamerikanischen Alliierten während des Kalten Krieges wissen: Diese Dokumente enthüllen ein
höheres Kooperationsniveau, als bisher bekannt war«, kommentierte Michael Shifter, Vizepräsident des
Washingtoner Lateinamerika-Forschungsinstituts Inter-American- Dialogue.
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19.08.2009 05:59
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