Proseminar Saul Kripke: ‚Name und Notwendigkeit‘ Anne Wegner Protokoll zur Seminarsitzung vom 05.05.2010 Man sollte zwischen drei Arten von Fragen unterscheiden können: 1. Epistemische Fragen sind solche, die mit dem Zugang zu den Dingen zusammenhängen. Sie betrachten alles was Erkenntnis betrifft. Wie können wir eine Tatsache erkennen? Wie können wir wissen, dass Köln am Rhein liegt? 2. Semantische Fragen beschäftigen sich mit der Bedeutung. Was bedeutet der Ausdruck „Köln liegt am Rhein?“ Was ist die Bedeutung eines Namens? Haben Namen einen Sinn? Was sorgt dafür, dass ein bestimmtes Wort auf irgendein Ding auf der Welt referiert? 3. Metaphysische Fragen beschäftigen sich u.a. mit der Frage, welche Dinge es gibt. Wie sind sie beschaffen? Liegt Köln am Rhein? Fragen über Möglichkeit und Notwendigkeit De re - Ist die Frage über eine Sache und hat nichts mit Bedeutung zu tun. Bsp.: Wir reden über eine beliebige Person. Diese Person hätte auch der Präsident sein können. De dicto - Beschäftigt sich mit dem sprachlichen Ausdruck. Bsp.: Der Ausdruck „Junggeselle” beinhaltet bereits, dass wir über einen unverheirateten Mann reden. Daran schließt das Problem von Kripke. Im Falle einer Modalität „de dicto“ ergibt sich die Notwendigkeit aus der Art und Weise wie eine Sache beschrieben wird. Nehmen wir an, man hat mal einen Tisch besessen und möchte wissen, ob es diesen Tisch noch gibt. Dann will man eine Bedingung für die Tischidentität angeben. Dasselbe gilt auch für Städte, Restaurants, Personen usw. Nehmen wir zum Beispiel an, wir haben eine Person A, entfernen ihr das Gehirn und setzen es in den Kopf von Person B ein. Ist die Person A jetzt die Person B? Der Körper ist dann noch ungefähr der gleiche, man besitzt aber ganz andere psychische Merkmale. A hat jetzt alle Eigenschaften von B und andersrum. Die grundlegende Frage ist nun: Wer ist jetzt A und wer ist B? Die meisten Leute würden sagen, die Identität des Körpers ist nicht so wichtig wie die Psyche. Es gibt aber noch viel komplexere Fragen: Was, wenn man z.B. nur eine Hirnhälfte austauscht? Das Problem wäre hier, die Identitätsrelation zu bestimmen. Wann ist wer wer? Es entsteht das Problem, Kriterien angeben zu müssen. Dabei entscheidet man zwischen notwendigen und hinreichenden. Welche sind die Bedingungen, dass es dieses Ding ist und kein anderes? Und was ist die Bedingung, dass es ein anderes ist? Notwendig: Wenn etwas nicht diese Bedingungen erfüllt, dann ist es auch nicht dieses Ding. Die bestimmte genetische Konstitution ist notwendig, damit es diese bestimmte Person ist. Es gibt keine Welt in der es dieses Ding gibt, die Bedingungen dafür aber nicht erfüllt sind. Wenn es dieses Ding gibt, erfüllt es auch diese Bedingungen. Hinreichend: Wenn etwas x ist, dann ist es auch dieses Ding. Es kann notwendig für mich sein, aus Molekülen zu bestehen. Sonst wäre es nicht ich. Etwas kann aber aus Molekülen bestehen, aber trotzdem nicht ich sein. Wenn etwas Hans ist, dann besteht es aus Molekülen. (Das heißt es ist notwendig, dass Hans aus Molekülen besteht.) Wenn etwas aus Molekülen besteht, muss es nicht Hans sein. (Das heißt es ist nicht hinreichend dafür, Hans zu sein, dass etwas aus Molekülen besteht.) Beispiel für eine hinreichende Bedingung: Wenn es regnet, ist die Straße nass. Regen ist hier hinreichend dafür, dass die Straße nass ist, allerdings nicht notwendig, da die Straße auf viele andere Weisen hätte nass werden können. Kripke meint, dass dieses Problem der Identität zum Teil auf einem Missverständnis beruht. Meint man, man müsse dieses Problem lösen, sieht man unseren Zugang zu den Möglichkeiten wie folgt: Man redet über Eigenschaften, die den Dingen bloß kontingenterweise oder notwendig zukommen. Der Tisch vor uns hätte auch grün sein können. Es existieren mehrere Welten und wir müssen eine finden, in der der Tisch tatsächlich grün ist. Wir müssen herausfinden, in welcher Welt derselbe Tisch diese Eigenschaften hat. Wir müssen, da wir jede Welt kennen, sagen können in welcher Welt was genau der Fall ist. Wenn wir uns die Welt angucken, sind uns nur ihre Eigenschaften gegeben. Wir haben also erstmal nur eine qualitative Beschreibung unserer Welt. Was darin nicht stehen darf ist z.B. ein „der da vorne ist Nixon”, denn so was ist uns nicht direkt gegeben. Wir wissen nicht, wer Personen sind oder wie sie heißen. Kripke denkt, dass wir vorgeben wer welche Person ist. Es stellt sich die Frage, wie unser Zugang zu anderen Welten in Wirklichkeit ist. Die Antwort lautet, dass wir sie nicht durch ein Fernrohr ansehen. Wir legen in unserer täglichen Redeweise schon fest, wer welche Person ist. Somit haben wir keine rein qualitative Beschreibung. Wir können auch Dinge festlegen, die unmöglich sind. Zum Beispiel können wir sagen, dass Nixon diese oder jene Eltern haben könnte, obwohl er notwendigerweise andere Eltern hatte. Es scheint also Kontexte zu geben, bei denen wir in Probleme geraten. Nehmen wir an, Nixons Eltern sind NixonA und NixonB. Kripke würde sagen, es handelt sich hierbei notwendigerweise um seine Eltern, denn sonst hätte er einen anderen genetischen Aufbau. Aber was würde Kripke sagen, wenn sich doch herausstellen würde, dass er tatsächlich doch andere Eltern hat? Kripke würde „es hätte sich herausstellen können” im epistemischen Sinne verstehen. Diese Aussage ist notwendig, aber nicht epistemisch notwendig. Das bedeutet also nicht, dass es eine mögliche Welt gibt, in der diese Person andere Eltern hat, als sie in Wirklichkeit hat. Starrer Designator: Wir sehen uns den Namen „Nixon” an. Diese bezeichnet in jeder möglichen Welt das Ding, das er bei uns bezeichnet und ist somit ein starrer Designator. Ein eindeutig nicht starrer Designator ist „der höchste Berg der Welt.” Beide Ausdrücke sind Designatoren, denn ein Designator ist ein Ausdruck der eine Extension hat. In unserer Welt bezeichnet der Name „Mount Everest” den höchsten Berg der Welt. In anderen Welten bezeichnet dieser Ausdruck ein anderes Ding. Der höchste Berg der Welt hätte also auch nicht der höchste sein können. Der, der es tatsächlich ist, ist es nicht notwendigerweise. Also ist der Ausdruck „der höchste Berg der Welt“ nicht starr. Aber Nixon ist notwendigerweise Nixon, also ist „Nixon“ starr. Der Ausdruck „Nixon” bezieht sich in jeder Welt auf diese Person.