Salbei Die Natur ist der Arzt Salvia officinalis Sonderdruck-Auszug (ISBN 978-3-938336-00-7, 84 Seiten) NHV Theophrastus 08-08-0272 Herausgeber: Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus e.V. (NHV Theophrastus), Sitz München, VR-Nr. 16437, www.nhv-theophrastus.de Kontakt über: NHV Theophrastus Organisationsbüro, Bayreuther Str. 12, 09130 Chemnitz Tel.: (0371) 6665812, Fax: (0371) 6665813, E-Mail: [email protected] Die Mutter aller Kräuter Die Echte Salbei stellt sich vor Die fünf bis zehn Blüten sitzen an den Enden der Triebe in einer lockeren Traube. Die rachenförmigen Blüten sind hell- bis violettblau. Die 3–10 cm langen, elliptischen Blätter sind gestielt oder sitzend, gegenständig am Stengel angeordnet. Die Blätter sind grünlich grau und filzig, der Blattrand ist fein gekerbt. Die vierkantigen Stängel sind filzig behaart, unten verholzt und oben krautig. Die Früchte bestehen aus vier rundlichen, glatten dunkelbraunen Nüsschen. Im europäischen Raum sind 36 Salbeiarten bekannt. Doch nur die Echte Salbei, die Salvia officinalis, hat eine herausragende Bedeutung in ihrer zentralen Stellung unter den Heilpflanzen erlangt. Verwendet werden in erster Linie die Salbeiblätter, aber auch die Blüten und Wurzeln. Der sogenannte Halbstrauch ist mehrjährig und gehört zu den Lippenblütlern (Labiatae), er wird bis zu 60 cm hoch. Die Mutter aller Kräuter Salbei Triebspitze Die Salbei bietet 60 Inhaltsstoffe Die über die Jahrhunderte überlieferten Erkenntnisse zu den Heilkräften der Salbei beruhten größtenteils auf einem Erfahrungswissen. Die genauen Wirkungsweisen blieben meistens unbekannt. Auch heute ist nur teilweise wissenschaftlich erforscht und bestätigt, welcher Wirkstoff welche Wirkung hervorruft, wobei man davon ausgehen kann, dass die heilkundliche Wirkung der Salbeipflanze in der Summe ihrer Wirkstoffe begründet liegt. So sind die Salbeiinhaltsstoffe chemisch und damit auch pharmakologisch in den unterschiedlichsten Stoffgruppen vertreten. Insgesamt verfügt die Salbei über 60 Einzelwirkstoffe. Das ätherische Salbeiöl wird wie andere ätherische Öle durch Destillation gewonnen. Der starke Geruch und die Tatsache, dass sie flüchtig sind, unterscheidet die ätherischen Öle von den sogenannten fetten Ölen (z.B. Leinöl oder Sonnenblumenöl), die auf Papier einen Fettfleck hinterlassen. Ätherische oder flüchtige Öle werden in allen Pflanzenteilen in besonderen Zellen oder Die vielfältige Heilkraft der Salbei ist pharmakologisch eine Summenwirkung der verschiedenen Stoffgruppen. Übersicht wichtiger Salbeiinhaltsstoffe Stoffgruppe Stoffart(en) Wirkung/Eigenschaften ätherisches Öl Hauptbestandteile: Thujon, Kampfer, Cineol, Borneol u.a. Hemmung des Wachstums von Bakterien, Viren und Pilzen Polyphenole Diterpen Carnosol (Pikrosalvin, Bitterstoff), entsteht aus Carnosolsäure durch Oxidation mit Sauerstoff appetitanregend, verdauungsfördernd Carnosolsäure (Salvin), vor allem in der Frischpflanze enthalten Radikalfänger, antioxidativ Rosmarinsäure und Gerbstoffe, Flavonoide (Pflanzenfarbstoffe) wie Apigenin und Luteolin Radikalfänger, antioxidativ und entzündungshemmend Triterpenoide Ursolsäure, Oleanolsäure entzündungshemmend Mineralstoffe Calcium, Magnesium, Eisen, Zink für verschiedene Stoffwechselprozesse bedeutsam Hohlräumen abgelagert. Wahrscheinlich stellen die ätherischen Öle für die Pflanze auch einen gewissen Schutz vor Bakterien, Pilzen und anderen Schädlingen dar. Besonders große Mengen solcher Öle produziert die Pflanze in Perioden lebhafter Entwicklung, z.B. in der Blütezeit. Salbeiöl speziell wirkt antibakteriell, virustatisch (virushemmend) und antimykotisch (gegen Pilze), ebenso wie das in jüngster Zeit bekannt gewordene Teebaumöl. Die Mutter aller Kräuter Die Bestandteile Thujon und Kampfer bedingen den typischen, würzigen Salbeigeruch. Thujon wirkt antibakteriell, entzündungshemmend und schmerzlindernd, Kampfer fördert die Durchblutung und Cineol wirkt antiseptisch und schleimverflüssigend. Das Diterpen Salvin, auch Carnosolsäure genannt, wirkt appetit- und speichelflussanregend sowie verdauungsfördernd. Rosmarinsäure, Flavonoide und Salvin wirken vor allem antioxidativ und entzündungshemmend, aber auch virustatisch. Das Eisen ist wichtig für die Bildung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin. Salvia officinalis als Briefmarkenmotiv im ehemaligen Jugoslawien. Die Salbeiwurzeln und –blüten unter der Lupe Die oben beschriebenen Hauptwirkstoffe sind hauptsächlich in den Blättern in nennenswerten Mengen vorhanden. Die Salbeiblüten und Salbeiwurzeln wurden erst relativ spät wissenschaftlich auf ihre Inhaltsstoffe untersucht. Die Wurzeln wurden 1989 vom Institut für Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften der DDR in Leipzig erforscht, die Blüten und Wurzeln im Jahr 1987 von Analytikon, Gesellschaft für Chemische Analytik und Consulting GmbH, Berlin. Salbeiwurzeln enthalten nur Spuren an ätherischem Öl und nur 1% Gerbstoffe. Die Blüten enthalten wenig Kampfer, dagegen höhere Konzentrationen an anderen Terpenen. Die Salbeipflanze ist auch dadurch gekennzeichnet, dass sie ein harziges Produkt absondert. Die Bildung dieses nativen Salbeiharzes kann durch Verwundung der Pflanze gesteigert werden. Die erstmalige chemische Untersuchung eines denaturierten Salbeiharzes, das durch die ethanolische Extraktion der Blütenstände von Salvia officinalis gewonnen wurde, erfolgte 1956/57. Dabei konnte insbesondere die polyphenolische Struktur des Harzes nachgewiesen werden. Diese Struktur lässt auch auf antioxidative Eigenschaften schließen. Salbeiblüten Geistliche, Kaiser und Gelehrte Seit vielen tausend Jahren wissen Heilkräuterexperten aus aller Welt um die Heilkräfte der Salbeipflanze. An berühmten Persönlichkeiten, die mit Respekt und Anerkennung die Salbei als Kostbarkeit, göttliches Geschenk und außerordentliches Arzneimittel loben, mangelt es nicht. Ihnen war es zu ihrer Zeit bereits ein dringendes Bedürfnis, ihr Wissen um die Salbei für die nachkommenden Generationen schriftlich festzuhalten. Die Referenzen der Kaiser, Geistlichen und Gelehrten haben bis heute überdauert. 6000 v. Chr. Die Ägypter verewigen eine der Salbei ähnelnde Pflanze in Stein. 3000 v. Chr. Kaiser Shen-Nung empfiehlt in der »Materia Medica« die Wurzeln der Rotwurzelsalbei. 1500 v. Chr. Im Papyrus Ebers wird die Salbei als juckreizstillende Pflanze genannt. 400 v. Chr. Hippokrates wendet Salbei bei vielerlei Beschwerden an. 50 v. Chr. Plinius d.Ä. hält im 22. und 26. Buch seiner Naturgeschichte seine Erfahrungen mit »saluia« fest. 1. Jhd. n. Chr. Dioskurides verfasst die fünfbändige Arzneimittellehre »De materia medica«, in welcher auch die Salbei ihren festen Platz hat. 130-190 n. Chr. Galen ist einer der bedeutendsten Ärzte der römischen Kaiserzeit. Seine Schriften sind im Mittelalter medizinische Lehrgrundlage. 812 Kaiser Karl der Große verordnet im »Capitulare de villis et cortis« den Salbeianbau in ganz Europa. 840 Abt Walafrid Strabo lobt in seinem Werk »Hortulus« die Salbei als »Mutter aller Kräuter«. 1098-1179 Die heilig gesprochene Äbtissin Hildegard von Bingen lehrt Anbau und Anwendung von Salbei. 1200 Die Ärzteschule von Salerno prägt den heute noch oft zitierten Lobvers: »Cur moriatur homo cui salvia crescit in hortis?« Soll der Mensch sterben, dem Salbei im Garten wächst? 1493-1541 Paracelsus praktiziert und lehrt ganzheitliches Heilen u.a. mit Salbei. um 1480-1538 Der Maler Albrecht Altdorfer verewigt die Mutter Gottes mit der Salbeipflanze an ihrer Seite auf einem Gemälde, das heute noch in der Alten Pinakothek in München bewundert werden kann. 1539 Hieronymus Bock schreibt in seinem »New Kreutterbuch«: »Unter allen Stauden ist kaum ein Gewächs über den Salbei erhaben, denn er dient den Ärzten, den Köchen, den Armen und Reichen gleichermaßen.« 1688 Paulini verfasst eine 441 Seiten umfassende Monographie über »Das heilige Kraut oder die edle Salbei«. Geistliche, Kaiser und Gelehrte Während in Deutschland die wie auch der Salbei möglich ist, sagen die Österreicher ausschließlich der Salbei. 1700-1772 Van Swieten untersucht erstmalig die schweißhemmende Wirkung der Salbei. 1778 Der Botaniker und Apotheker Dr. John Hill schreibt einen »Bestseller« mit dem Titel »Das heilige Kraut oder die Kräfte der Salbey zur Verlängerung des menschlichen Lebens«. 1821-1897 Pfarrer Sebastian Kneipp kürt das Salbeiblatt offiziell zum Zahnpflegeund Zahnheilmittel. 1930 »Atemdoktor« Dr. med. Ludwig Schmitt entwickelt nach historischem Vorbild das stärkende und entspannende »Salbeielexier«. 1991 Prof. Dr. Carl Heinz Brieskorn veröffentlicht in der Zeitschrift Phytotherapie 12 die neuesten Forschungsergebnisse über Salbeiinhaltsstoffe und deren therapeutischen Wert. Prof. Dr. med. Siegfried Müller »Die Salbei ist für mich eine der faszinierendsten und potentesten Heilpflanzen überhaupt. Sie wirkt unter anderem durch ihren hohen Gehalt an Polyphenolen, wie Flavonoiden auch antioxidativ und beeinflusst die sog. Lipidperoxidation, die als einer der wesentlichen Faktoren für die Entwicklung gefährlicher Herz- und Kreislauferkrankungen gilt.«